Die weiteren Organe und Einrichtungen der Union

EINLEITUNG

Um das reibungslose Funktionieren der europäischen Organe in einer erweiterten Union zu gewährleisten, müssen diese an die neue Zahl der Mitgliedstaaten angepasst werden. Neben der Kommission, dem Rat und dem Gerichtshof wurden auch die anderen Organe, wie das Europäische Parlament, der Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Ausschuss der Regionen, der Rechnungshof und die Europäische Zentralbank, durch den Vertrag von Nizza einer Reform unterzogen.

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Die Zahl der jedem Mitgliedstaat zugewiesenen Sitze war in der Geschichte der europäischen Einigung oft Gegenstand langer Diskussionen. Die zwei wesentlichen Herausforderungen in dieser Auseinandersetzung sind zum einen die nötige Beibehaltung einer gewissen Proportionalität zwischen den Sitzen im Parlament und der Bevölkerung der Mitgliedstaaten und zum anderen die Gewährleistung, dass auch die verschiedenen politischen Strömungen aus den bevölkerungsschwächeren Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Vertretung haben. Dazu kommt noch, dass die Gesamtzahl der Abgeordneten eine gewisse Schwelle nicht überschreiten darf, um die Effizienz der Arbeit des Parlaments nicht zu beeinträchtigen.

Der Vertrag von Amsterdam hatte die Zahl der Abgeordneten auf 700 festgelegt. Der Vertrag von Nizza ändert Artikel 189 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) durch die neue Festlegung der Höchstzahl der Parlamentarier auf 732.

Mit dem Vertrag von Nizza sollten die Organe der Union auf die bevorstehende Erweiterung der EU vorbereitet werden. Daher sieht der Vertrag Bestimmungen vor, die an die verschiedenen möglichen Entwicklungen angepasst werden können. Denn zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags von Nizza war noch nicht abzusehen, wie viele Staaten genau ihre Verhandlungen zum Abschluss bringen können würden und wann die Erweiterung in Kraft treten sollte (in einem oder in mehreren Schritten).

Vor diesem Hintergrund sind die folgenden zwei Bestimmungen des Vertrags von Nizza zu verstehen:

Das genannte Protokoll über die Erweiterung der Europäischen Union sieht zudem vor, dass bei einer Gesamtzahl der Sitze unter 732 (im Fall einer Erweiterung in mehreren Schritten wie bei Rumänien und Bulgarien) die Zahl der in jedem Mitgliedstaat zu wählenden Abgeordneten anteilig so korrigiert wird, dass die Gesamtzahl so nahe wie möglich bei 732 liegt.

Nach dieser Korrektur darf allerdings die Zahl der Abgeordneten je Land die den Mitgliedstaaten derzeit zugewiesene Zahl nicht überschreiten. Damit werden die freien Sitze nur zwischen den Mitgliedstaaten aufgeteilt, die bei der Neuverteilung Sitze im Parlament eingebüßt haben. Umgekehrt darf die Gesamtzahl der Sitze im Parlament vorübergehend 732 überschreiten, wenn im Laufe der Legislaturperiode weitere Staaten beitreten. Ab der Legislaturperiode 2009-2014 muss die Höchstzahl von 732 Sitzen wieder eingehalten werden.

Inzwischen wurden die Bestimmungen des Vertrags von Nizza im Beitrittsvertrag, der am 16. April 2003 in Athen unterzeichnet wurde, übernommen. Die Verteilung der Sitze für die Legislaturperiode 2004-2009 ist in der unten stehenden Tabelle angegeben. Sie ist das Ergebnis der Beitrittsverhandlungen, in denen - abweichend von der oben erwähnten Erklärung Nr. 20 - beschlossen wurde, die Tschechische Republik und Ungarn gleich wie Griechenland, Belgien und Portugal zu behandeln. Der Beitrittsvertrag hat zudem die Gesamtzahl der Abgeordneten zum Europäischen Parlament anteilsmäßig korrigiert, damit diese Zahl nach der Wahl 2004 bei 732 liegt.

In den Beitrittsverhandlungen mit Rumänien und Bulgarien wird man sich schließlich auf die Zahl der Abgeordneten aus diesen Ländern einigen müssen. Erklärung Nr. 20 der Konferenz, auf der der Vertrag von Nizza angenommen wurde, legt den gemeinsamen Standpunkt fest, den die Mitgliedstaaten in diesen Verhandlungen einzunehmen beabsichtigen: 33 Sitze für Rumänien und 17 für Bulgarien. Wie erwähnt, muss der Beitrittsvertrag dieser beiden Länder die Zahl ihrer Sitze anteilsmäßig korrigieren.

ZUSAMMENSETZUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IN DER LEGISLATURPERIODE 2004-2009

Mitgliedstaat

Sitze im Europäischen Parlament

Deutschland

99

Vereinigtes Königreich

78

Frankreich

78

Italien

78

Spanien

54

Polen

54

Niederlande

27

Griechenland

24

Tschechische Republik

24

Belgien

24

Ungarn

24

Portugal

24

Schweden

19

Österreich

18

Slowakei

14

Dänemark

14

Finnland

14

Irland

13

Litauen

13

Lettland

9

Slowenien

7

Estland

6

Zypern

6

Luxemburg

6

Malta

5

Gesamt

732

DER EUROPÄISCHE WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS

Der Vertrag von Nizza ändert die Bestimmungen betreffend den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA). Artikel 257 EG-Vertrag, der die Herkunft der Vertreter aus den verschiedenen wirtschaftlichen und sozialen Bereichen der organisierten Zivilgesellschaft festlegt, wird durch eine neu hinzugefügte Kategorie zur Vertretung der Verbraucher geändert.

Artikel 258 bestimmt die neue Zusammensetzung des Ausschusses, wobei die Höchstzahl seiner Mitglieder auf 350 begrenzt wird. Im Hinblick auf die Erweiterung legt Erklärung Nr. 20 im Anhang an den Vertrag von Nizza den gemeinsamen Standpunkt der Mitgliedstaaten in den Beitrittsverhandlungen fest. In dieser Erklärung entschied sich die Regierungskonferenz für eine lineare Anpassung der Sitze, das heißt die derzeitigen Mitgliedstaaten behalten nach der Erweiterung auf 27 Mitgliedstaaten die gleiche Anzahl der Sitze wie bisher. Die Verteilung der Sitze ist mit derjenigen im Ausschuss der Regionen identisch (siehe unten stehende Tabelle).

Folglich legt der Beitrittsvertrag für die 25 Mitgliedstaaten die Zahl der Mitglieder des Ausschusses auf 317 fest. Erklärung Nr. 20 sieht 15 Sitze für Rumänien und 12 für Bulgarien vor.

Schließlich wird in Artikel 259 der Übergang zur Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit im Rat bei der Ernennung der Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses verankert.

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Die Zusammensetzung des Ausschusses der Regionen und die Verteilung der Sitze auf die Mitgliedstaaten ist mit derjenigen im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss identisch. Der Vertrag von Nizza bestimmt auch hier die Höchstzahl der Mitglieder mit 350, und Erklärung Nr. 20 legt den gleichen gemeinsamen Standpunkt der Mitgliedstaaten in den Beitrittsverhandlungen fest. Folglich führte der Vertrag dieselben Anpassungen ein (siehe unten stehende Tabelle).

Der Vertrag von Nizza enthält die Bedingungen für die Mitgliedschaft im Ausschuss der Regionen. Der geänderte Artikel 263 macht die Ausübung eines Mandats im Ausschuss der Regionen von nun an von der Ausübung eines auf Wahlen beruhenden Mandats in einer regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft oder von der politischen Verantwortlichkeit gegenüber einer gewählten Versammlung abhängig. Gemäß Artikel 263 endet die Amtszeit der Mitglieder des Ausschusses automatisch bei Ablauf des Mandats, aufgrund dessen sie vorgeschlagen wurden.

Schließlich wird in Artikel 263 a der Übergang zur Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit im Rat bei der Ernennung der Mitglieder des Ausschusses der Regionen verankert.

DER EUROPÄISCHE WIRTSCHAFTS- UNS SOZIALAUSSCHUSS / DER AUSSCHUSS DER REGIONEN - VERTEILUNG DER SITZE AUF DIE 25 MITGLIEDSTAATEN

Mitgliedstaat

Sitze im Wirtschafts- und Sozialausschuss / Ausschuss der Regionen

Deutschland

24

Vereinigtes Königreich

24

Frankreich

24

Italien

24

Spanien

21

Polen

21

Niederlande

12

Griechenland

12

Tschechische Republik

12

Belgien

12

Ungarn

12

Portugal

12

Schweden

12

Österreich

12

Slowakei

9

Dänemark

9

Finnland

9

Irland

9

Litauen

9

Lettland

7

Slowenien

7

Estland

7

Zypern

6

Luxemburg

6

Malta

5

Gesamt

317

DER RECHNUNGSHOF

Der Vertrag von Nizza ändert Artikel 247 EG-Vertrag durch die Festlegung der Zahl der Mitglieder des Rechnungshofs auf eines je Mitgliedstaat. Damit wurde die bisherige Vorgehensweise, nach der die genaue Zahl der Mitglieder festgelegt wurde (die übrigens immer der Zahl der Mitgliedstaaten entsprach), durch ein System ersetzt, das die Änderung dieses Artikels bei jeder Erweiterung vermeidet. Zudem wird in Artikel 247 EG-Vertrag ebenfalls der Übergang zur Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit im Rat bei der Ernennung der Mitglieder des Rechnungshofs verankert.

DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

Der Vertrag von Nizza ändert in Artikel 5 das Protokoll über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank im Anhang des EG-Vertrags. Dem Artikel 10 dieser Satzung wird durch den Vertrag von Nizza ein Absatz angefügt, demzufolge der Rat, der in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs tagt, die Bestimmungen zur Regelung des Stimmrechts der Gouverneure der nationalen Zentralbanken im Rat der Gouverneure einstimmig ändern kann. Mit diesen Änderungen soll die Effizienz der Arbeit des Rats der Gouverneure nach der Erweiterung der Union und dem Beitritt neuer Mitgliedstaaten in das Euro-Währungsgebiet gewährleistet werden. Auf der Grundlage einer Empfehlung der Europäischen Zentralbank verabschiedete der Rat am 21. März 2003 eine entsprechende Entscheidung, die nach Ratifizierung durch die nationalen Parlamente in Kraft treten wird.

ÜBERSICHTSTABELLE

Artikel

Thema

EG-Vertrag

189

Europäisches Parlament - Zahl der Mitglieder

190

Europäisches Parlament - Verteilung der Sitze auf die Mitgliedstaaten

247

Rechnungshof - Zahl der Mitglieder

257 - 258

Wirtschafts- und Sozialausschuss - Zusammensetzung

259

Wirtschafts- und Sozialausschuss - Ernennung der Mitglieder

263

Ausschuss der Regionen - Zusammensetzung

EG-Vertrag - Protokolle

Prot

-

Vertrag von Nizza - Protokolle

Protokoll über die Erweiterung der EU - Bestimmungen betreffend das Europäische Parlament - Artikel 2

-

Vertrag von Nizza - Erklärungen

Erklärung Nr. 20 zur Erweiterung der Europäischen Union - Tabelle der Sitzverteilung im Europäischen Parlament, im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und im Ausschuss der Regionen in einer Union mit 27 Mitgliedstaaten

-

Beitrittsvertrag

Art. 11 und 25: Europäisches ParlamentArt. 14: Europäischer Wirtschafts- und SozialausschussArt. 15: Ausschuss der Regionen

-

Letzte Änderung: 28.09.2007