Governance beim Konsens über die Entwicklungshilfe

Die Millenniumsentwicklungsziele (MDG) können nur mit verantwortungsvoller Staatsführung („Good Governance") erreicht werden. In dieser Mitteilung wird angeregt, „Good Governance" in den Entwicklungsländern verstärkt durch die Europäische Union (EU) zu unterstützen, und die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, ihre diesbezüglichen Bemühungen einheitlicher zu gestalten.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 30. August 2006 „Governance im Rahmen des Europäischen Konsenses über die Entwicklungspolitik - Schritte für ein harmonisiertes Konzept in der Europäischen Union" [KOM(2006) 421 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

Im Rahmen des Europäischen Konsenses über die Entwicklungspolitik war immer wieder betont worden war, wie wichtig es ist, das Konzept der demokratischen Staatsführung („Governance") in die jeweiligen sektorbezogenen Programme einzubeziehen; daher schlägt die Kommission der Europäischen Union (EU) ein einheitliches Governance-Konzept vor.

Neues Konzept

Die Kommission macht deutlich, dass für demokratische „Governance" ein einheitliches Konzept unter Einbeziehung aller dazugehörigen Komponenten (politisch, wirtschaftlich, sozial, umweltbezogen) gefunden werden muss, denn „Good Governance" ist weitaus mehr als nur Korruptionsbekämpfung: sie erstreckt sich auch auf Aspekte wie Gesundheitsversorgung, Bildung und Justiz, Pluralismus der Medien, funktionierende Institutionen, Umgang mit öffentlichen Geldern und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen.

Als Anreiz für die Entwicklungsländer, ihre Reformbemühungen weiter zu intensivieren, liegt der Schwerpunkt des von der Kommission vorgeschlagenen Konzepts auf dem politischen Dialog, dem Respekt gegenüber der Eigenverantwortung der Regierungen und der Bürger der Partnerländer für die Reformprozesse sowie Maßnahmen zur Schaffung von Anreizen. Welche Reformen und Unterstützungsmaßnahmen angesichts der Verhältnisse in einem Land die richtigen sind, kann nur anhand einer Governance-Bewertung für das betreffende Land entschieden werden. Dafür ist ein mitspracheorientierter Ansatz erforderlich, der den Akteuren vor Ort (wie der Regierung und der Zivilgesellschaft) Anreize bietet, eigene Analyseinstrumente und -kapazitäten aufzubauen.

Geht man davon aus, dass bereits geeignete Voraussetzungen für die demokratische Kontrolle, die Finanzverwaltung und die Institutionenbildung vorhanden sind, so lassen sich die „Governance" und die zentralen bzw. örtlichen Behörden durch ein Haushaltsstützungsprogramm stärken. Die Kommission betont, dass dies bereits verstärkt gemacht werde, denn damit könne man den Problemen durch mangelnde politische Legitimierung und schwache Kapazitäten dauerhaft begegnen, wie dies für mehrere Entwicklungsländer, insbesondere mit instabiler Lage, typisch ist.

Für den Erfolg dieses neuen Konzepts ist die Fähigkeit der Geber ausschlaggebend, sich im Hinblick auf ein einheitliches Vorgehen gegenseitig abzustimmen, insbesondere bei den Governance-Analyseinstrumenten und den Reaktionsstrategien. In dieser Hinsicht haben sich die Mitgliedstaaten und die Kommission weiter auf eine gemeinsame Programmplanung zubewegt und Leitlinien für einen komplementären Ansatz und die gegenseitige Arbeitsteilung entwickelt.

Länder Afrikas, im Karibischen und im Pazifischen Raum (AKP-Staaten)

„Governance" ist bereits Bestandteil des regelmäßigen politischen Dialogs mit den AKP-Ländern, wird jedoch künftig noch stärker zum Tragen kommen. Gemäß Programmplanung des 9. Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) wurden 870 Mio. EUR (d. h. 10 % der programmierbaren Zuweisungen) für diesbezügliche Programme bereitgestellt. Außerdem ist im 10. EEF die Schaffung einer Zuweisung mit Anreizcharakter, verteilt auf die nationalen Zuweisungen (2,7 Mrd. EUR) und einen Regionalfonds (300 Mio. EUR), vorgesehen. Der Anspruch eines Lands auf diese Anreizreserve wird von der Ergebnissen eines Dialogs über den eigenen Governance-Plan mit der Kommission abhängig gemacht. Hierzu wird über jedes Land ein Governance-Profil erstellt.

Außerdem beeinflusst „Governance" als Querschnittsthema das Vorgehen in allen Bereichen der Entwicklungszusammenarbeit. Gleichzeitig werden neue Vorgehensweisen, abgestimmt auf die neuen Bestimmungen des Cotonou-Abkommens und die für Afrika, die Karibik und den Pazifischen Raum beschlossenen Regionalstrategien, eingeführt.

In Afrika ist Governance auch fester Bestandteil des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen den gesamtafrikanischen Institutionen und der EU. Die Kommission schlägt eine verstärkte Unterstützung für die Organe der Afrikanischen Union und den afrikanischen Peer-Review-Mechanismus (African Peer Review Mechanism, APRM) aus der „Neuen Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas" (NEPAD) vor.

Sonstige Entwicklungsländer

Die EU setzt sich für mehr Demokratie, die stärkere Achtung der Menschenrechte und bessere „Governance" in allen Entwicklungsländern ein, wobei die jeweilige Strategie auf die Besonderheiten der einzelnen Regionen abgestimmt sein sollte.

Bei der Entwicklungszusammenarbeit mit Ländern, die unter die Nachbarschaftspolitik fallen, werden die Schwerpunktbereiche für die finanzielle Förderung durch EU anhand der mit den betroffenen Ländern gemeinsam beschlossenen Aktionspläne mit Schwerpunkt „Governance" ausgewählt. Die in den verschiedenen Governance-Bereichen erzielten Fortschritte werden mit einem regelmäßigen Monitoring bewertet. Für den Bereich „Governance" gibt es außerdem Kooperationsmechanismen wie Twinning, TAIEX und die Initiative SIGMA, die ursprünglich im Kontext der Erweiterungen entwickelt worden waren. Eine weitergehende finanzielle Unterstützung für die politischen und wirtschaftlichen Reformen in diesen Ländern ist nun mit der neuen „Governance-Fazilität" möglich.

Bereits in einer Mitteilung von 2005 hatte die Kommission zugesagt, „Governance" in den lateinamerikanischen Ländern zu unterstützen. Sie möchte ihre Unterstützung für die Modernisierung des Staats in der Region weiter vorantreiben und hat dafür einen Ansatz gewählt, der den Bedürfnissen der einzelnen Länder gerecht wird und abhängig von der politischen Stabilität anders aussehen kann. Da die regionale Integration die Einführung und Achtung gemeinsamer Vorschriften voraussetzt, unterstützt die Kommission diese Politik weiter, die im Wirtschafts- und Handelsbereich eine wichtige Vermittlerfunktion für „Good Governance" hat.

In Asien wird die EU den Dialog mit China und Indien fortführen. Mit den zentralasiatischen Ländern wird ergänzend zum politischen Dialog, der sowohl auf regionaler als auch auf bilateraler Ebene stattfindet, ein Sonderberichterstatter für demokratische „Governance" vor Ort tätig sein. Über „Governance" wird auch bei der Zusammenarbeit mit dem Verband Südostasiatischer Staaten (ASEAN) und dem informellen Dialog des Asien-Europa-Treffens (ASEM) gesprochen. Bei der Programmplanung des Zeitraums 2007-2013 ist „Governance" ein Querschnittsthema für alle Entwicklungshilfemaßnahmen in den Ländern der Region und stellt für mehrere Länder einen Schwerpunktbereich der Entwicklungszusammenarbeit dar.

VERBUNDENE RECHTSAKTE

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss vom 20. Oktober 2003 „Governance in Entwicklungsländern" [KOM(2003) 615 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

Letzte Änderung: 11.10.2007