Zehn Jahre Partnerschaft Europa-Mittelmeer

Nach zehn Jahren Partnerschaft Europa-Mittelmeer ist für die EU der Zeitpunkt gekommen, die Beziehungen zu den Mittelmeerdrittländern zu bilanzieren und ihr solidarisches Engagement für diese Länder zu bekräftigen. Die Kommission stellt hiermit eine neue Methode für die Kooperation vor, deren Grundelemente in fünfjährigen Arbeitsprogrammen und in prioritären, auf die Zukunft der Region ausgerichteten Aktionen bestehen.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 12. April 2005 - „Zehn Jahre Partnerschaft Europa-Mittelmeer - ein Arbeitsprogramm zur Bewältigung der Kernaufgaben der nächsten fünf Jahre" [KOM(2005) 139 endg. - Nicht im Amtsblatt erschienen]

ZUSAMMENFASSUNG

Die Kommission hat mit Blick auf die Zukunft der Mittelmeerdrittländer und der weiteren Entwicklung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Mittelmeerregion prioritär zu behandelnde thematische Schwerpunkte ausgewählt.

Es handelt sich um die drei folgenden thematischen Schwerpunkte:

Es ist der Wunsch der Kommission, das Potenzial der Partnerschaft Europa-Mittelmeer voll auszuschöpfen. Sie ist der Auffassung, dass sich die Kooperation nach eingehender Prüfung der Fortschritte und Fehlschläge methodisch noch verbessern lässt.

Der institutionelle Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik eignet sich dazu, ein neues Kooperationsmodell zu entwickeln. Künftig finden die Kooperationsmaßnahmen auf der Grundlage eines Fünfjahresarbeitsprogramms statt und können sowohl auf die Assoziationsabkommen Europa-Mittelmeer als auch auf die Aktionspläne im Rahmen der Nachbarschaftspolitik aufbauen.

Menschenrechte und Demokratie

Der mit der Partnerschaft Europa-Mittelmeer eingeführte politische Dialog dient dem Ziel, bei allen Partnern eine in Bezug auf Demokratie und Wahrung der Menschenrechte gemeinsame Einstellung zu entwickeln. Bestimmten Themen wie Gleichstellung, Förderung der Grundrechte und der sozialen Rechte oder der Rolle der Bürgergesellschaft wird künftig besonderes Gewicht beizumessen sein.

Die Kommission ist der Auffassung, dass der politische Dialog neuer Impulse bedarf, damit die Stabilität und Sicherheit in der Mittelmeerregion gewährleistet werden können. Sie schlägt die Abhaltung einer Konferenz mit dem Thema Menschenrechte und Demokratisierung auf subregionaler Ebene vor. Ferner unterstützt sie die Einrichtung einer Demokratiefazilität im Rahmen des europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments.

Beschäftigungswirksames Wirtschaftswachstum

Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Ziele durch eine Liberalisierung des Handels und durch eine subregionale Integration erreicht werden können. Der Handel der Partner untereinander ließe sich namentlich in folgender Weise intensivieren:

Bildungswesen

Soll die Partnerschaft Europa-Mittelmeer zu einer Verbesserung des Bildungs- und Berufsbildungsniveaus führen, dann bedarf dies einer Intensivierung der bilateralen Kooperation. Die Kommission plant bereits für 2007 eine Aufstockung der Finanzhilfe um mindestens 50 %. In Entsprechung zu den entwicklungspolitischen Millenniumszielen geht es bei dieser Kooperation in erster Linie darum, mit dem Illetrismus aufzuräumen, die Grundschule für alle einzuführen und sämtliche Ungleichbehandlungen zwischen Jungen und Mädchen auf sämtlichen Stufen des Bildungswesens zu beseitigen.

Im Hochschulwesen gilt es, die Mobilität durch eine Ausweitung der bereits vorhandenen Programme und Einführung neuer von den Mittelmeerdrittländern mitfinanzierter Stipendiumprogramme zu fördern.

Gerechtigkeit, Sicherheit und Freiheit

Die Kommission plant eine Reihe von Aktionen zur Verstärkung der Kooperation, namentlich im Bereich Migration und soziale Eingliederung der Migranten. Sie verweist darauf, dass die örtlichen Gebietskörperschaften und die Bürgergesellschaft in diesen Bereichen eine herausragende Rolle spielen.

Terrorismusbekämpfung

In diesem Bereich gilt es, im Wege eines politischen Dialogs auf regionaler Ebene eine stärker praxisbezogene und konsequentere Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung zu verfolgen. Die bilaterale Kooperation allein hat sich als unzulänglich erwiesen, und nun wird ein erster Schritt auf dem Wege zu einer Intensivierung der Zusammenarbeit in diesem Bereich darin bestehen, dass die Partner einen gemeinsamen Verhaltenskodex ausarbeiten.

Massenvernichtungswaffen und die europäische Außen- und Sicherheitspolitik bzw. Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Wenn alle Ziele der Partnerschaft Europa-Mittelmeer verwirklicht werden, dann sollte es auch möglich sein, sämtliche Massenvernichtungswaffen aus der Mittelmeerregion zu verbannen und zu gewährleisten, dass die Mittelmeerdrittländer ihre diesbezüglichen internationalen Verpflichtungen einhalten. Der Generalsekretär bzw. der Hohe Vertreter für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) hat die Initiative ergriffen und ein Werkstattgespräch zu diesem Thema anberaumt, bei dem es um eine Weiterentwicklung der Zusammenarbeit Europa-Mittelmeer im Rahmen der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik geht.

Nahostfriedensprozess und die Beilegung der übrigen Gewaltkonflikte

Konflikte behindern Fortschritte in der Partnerschaft Europa-Mittelmeer, und deshalb fördert die EU die Zusammenarbeit und den politischen Dialog zwischen den jeweiligen Streitparteien. Der so genannte Barcelona-Prozess ist zwar kein Forum, das sich zur Streitbeilegung eignet, liefert aber die Instrumente, die eine Aufrechterhaltung des Friedens ermöglichen.

Die Kommission schlägt den Partnern in Europa und im Mittelmeerraum die Unterzeichnung einer Charta für Frieden und Stabilität sowie eine stärkere regionale Integration im Rahmen der neuen europäischen Nachbarschaftspolitik vor. Dieser Strategievorschlag kann auch auf den israelisch-palästinensischen Konflikt Anwendung finden und lässt sich auf die Beilegung anderer Konflikte wie beispielsweise den Westsahara- Konflikt übertragen, der die Integrationsfortschritte innerhalb der „Union du Maghreb arabe" nachhaltig behindert.

Zivilgesellschaft

Die neu gegründete Anna Lindh-Stiftung (EN) (FR) zur Förderung des Dialogs der Kulturen dürfte der Teilhabe der Bürgergesellschaft am so genannten Barcelona-Prozess förderlich sein. Zusätzliche Einrichtungen wie beispielsweise die Schaffung eines Zivilforums Europa-Mittelmeer sind jedoch erforderlich, damit diese Teilhabe konkrete Gestalt annehmen kann. Die Arbeitsergebnisse eines solchen Forums werden dann im Wege der neuen europäischen Nachbarschaftspolitik und des damit verbundenen Finanzinstruments vor Ort umgesetzt.

Die Kommission unterstützt die Bemühungen des Internationalen Arabischen Frauenforums (EN) um den Aufbau eines Netzes arabischer Frauen, die in ihrem jeweiligen Beruf einen wichtigen Platz einnehmen.

Hintergrund

Die Kommission legt mit dieser Mitteilung den Rahmen zur Vorbereitung der 2005 anberaumten Außenministertreffen fest. Im Vordergrund steht die Sonderkonferenz von Barcelona, die dem zehnjährigen Bestehen der festen Zusammenarbeit der Europäischen Union und der Mittelmeerdrittländer im Geiste der Partnerschaft, des Dialogs und der Kooperation gewidmet ist.

Die für Luxemburg anberaumte Konferenz « Barcelona VII » wird sich um konkrete Fortschritte in den vorgenannten Bereichen bemühen. Dazu legt die Kommission eine Liste von Empfehlungen einschließlich eines Zeitplans für Maßnahmen vor, die kurz- und mittelfristig umgesetzt werden müssen, damit bis 2010 die volle Integration des Raumes Europa-Mittelmeer erreicht werden kann.

VERBUNDENE RECHTSAKTE

GIPFEL VON BARCELONA ZUM 10. JAHRESTAG DER PARTNERSCHAFT EUROPA-MITTELMEER, 27.-28. NOVEMBER 2005

Erklärung , angenommen auf dem Gipfeltreffen zum 10. Jahrestag der Partnerschaft Europa-Mittelmeer, 27.-28. November 2005. Fünfjähriges Arbeitsprogramm, angenommen auf dem Gipfeltreffen zum 10. Jahrestag der Partnerschaft Europa-Mittelmeer, 27.-28. November 2005.

Auf dem Gipfel von Barcelona wurden neue Ziele und ein neues fünfjähriges Arbeitsprogramm angenommen, mit dem Ziel, die Zusammenarbeit im Rahmen der Partnerschaft für die Bürger spürbarer und sichtbarer zu gestalten (EN) (PDF ). Partnerschaft in den Bereichen Politik und Sicherheit. Die EU und ihre Partner setzen sich weiter dafür ein, dass die Europa-Mittelmeer-Region zu einem Raum des Friedens, der Sicherheit und der Wohlfahrt wird. Dieses Engagement umfasst sowohl Bemühungen zur Lösung des Nahost-Konflikts als auch zur Stärkung der Partnerschaft, zur Entwicklung gemeinsamer Projekte für die Region, zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung, wie auch zur Konsolidierung des Rechtsstaates, der Demokratie und der Menschenrechte. Die Bürger und die Zivilgesellschaft sollten stärker eingebunden werden, insbesondere in den politischen Entscheidungsprozess. Die EU wird die Reformen nach den gemeinsamen Grundsätzen und Werten sowie nach den im Rahmen der Aktionspläne festgelegten Prioritäten der ENP unterstützen. Die Partner verpflichten sich ihrerseits vor allem dazu, die internationalen Wahlrechtsnormen einzuhalten, den in den Assoziationsverträgen vorgesehenen Dialog über die Menschenrechte zu vertiefen und den Verhaltenskodex zur Bekämpfung des Terrorismus anzuwenden. Der Dialog im Bereich der ESVP und in Sicherheitsfragen sollte ebenfalls verstärkt werden, um die Zusammenarbeit der Partner in den Bereichen Konfliktverhütung, Vorbeugung von Naturkatastrophen, Krisenmanagement und Zivilschutz zu konsolidieren.

Nachhaltige sozioökonomische Entwicklung und Reformen. Die Partnerschaft Europa-Mittelmeer hat zum Ziel, das Beschäftigungsniveau und die BIP-Rate anzuheben sowie die Armut und das soziale Gefälle zu mindern. Dazu ist es notwendig, günstige Bedingungen für Unternehmen, insbesondere KMU, zu schaffen. Die Partner erstellen einen Fahrplan, in dem der Weg zur Schaffung einer Freihandelszone Europa-Mittelmeer bis zum Jahr 2010 festgelegt wird. Der Handel mit Agrar- und Fischereierzeugnissen ebenso wie der Dienstleistungsverkehr sollen schrittweise liberalisiert werden. Daher ist eine Beschleunigung beim Abschluss der Assoziationsverträge erforderlich, ebenso wie bei den Regionalabkommen, bilateralen Freihandelsabkommen und dem Inkrafttreten des Abkommens von Agadir. Die bestehenden Instrumente wie das Ursprungsprotokoll Paneuropa-Mittelmeer sollten ebenfalls gefördert werden. Die Zusammenarbeit umfasst außerdem die Bereiche Industrieerzeugnisse, Gesundheit, Umwelt, Verkehr, Energie und Tourismus. Es ist geplant, die Gemeinschaftsprogramme, z.B. das Eureka-Programm im Bereich Forschung und Innovation, für alle Partner zu öffnen und die in der EU-Regionalpolitik angewandte Methodik auf letztere auszuweiten.

Unterrichtswesen und soziokultureller Austausch. Aufgrund seiner großen Bedeutung für die politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung muss das Unterrichtswesen verbessert und gestärkt werden, damit die Millenniumsziele im Entwicklungsbereich verwirklicht werden können. Daher werden Ziele festgelegt, um eine qualitativ hochwertige Bildung zu gewährleisten, die für alle zugänglich und an die Erfordernisse des Arbeitsmarkts angepasst ist. Hierzu sollen im Rahmen der Hilfeprogramme der EU und der nationalen Programme, einschließlich des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (ENPI), mehr Mittel für das Unterrichtswesen bereitgestellt werden, die Zahl der Schulanmeldungen durch eine größere Anzahl an Schulen erhöht und die Programme zur Bekämpfung des Analphabetismus ausgeweitet werden. Durch Maßnahmen zur Unterstützung der Anna-Lindh-Stiftung, zur Einbindung der Zivilgesellschaft und Förderung der Mobilität, etc. werden auch die interkulturelle Kenntnis und das interkulturelle Verständnis maßgeblich gefördert.

Migration, soziale Integration, Justiz und Sicherheit. Diese Fragen werden im Rahmen eines globalen und integrierten Ansatzes sowie im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit angegangen. Letztere erfolgt durch Zusammenkünfte auf Minister- und Expertenebene, Foren zum Austausch von Erfahrungen und zum Dialog, durch die Unterstützung der Ursprungs- und Transitländer sowie durch die Stärkung der administrativen und institutionellen Kapazitäten. Die Zusammenarbeit im Bereich der illegalen Einwanderung wird in allen ihren Aspekten gestärkt (Rückübernahmeabkommen, Bekämpfung des Menschenhandels, Stärkung der Kapazitäten). Die Zusammenarbeit zwischen den juristischen Berufen einerseits und zwischen den Polizeidiensten und Strafverfolgungsbehörden andererseits soll durch Kontakte, Schulungen und technische Hilfe im Rahmen der vorhandenen Instrumente (Euromed Justice, Euromed Police, etc.) gestärkt werden.

Europa-Mittelmeer-Verhaltenskodex für die Terrorismusbekämpfung, angenommen auf dem Gipfeltreffen anlässlich des 10. Jahrestages der Partnerschaft Europa-Mittelmeer, 27.-28. November 2005 [EN ] (PDF).

SCHLUSSFOLGERUNGEN DER 7. TAGUNG DER AUSSENMINISTER IM RAHMEN DER EUROPA-MITTELMEER-PARTNERSCHAFT, LUXEMBURG, 30.-31. MAI 2005 [EN ] (PDF).

WEITERE EINSCHLÄGIGE DOKUMENTE

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Vorbereitung der Tagung der Außenminister im Rahmen der Partnerschaft Europa-Mittelmeer in Tampere (27. - 28. November 2006) - Die Europa-Mittelmeer-Partnerschaft: Zeit zum Handeln [KOM(2006)0620 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]. Auf der Konferenz von Tampere nimmt die Kommission eine Bestandsaufnahme der Zusammenarbeit im Rahmen der Partnerschaft Europa-Mittelmeer vor. Dabei schlägt sie Schlüsselbereiche vor, für die im Rahmen der Umsetzung des fünfjährigen Arbeitsprogramms weitere Maßnahmen erforderlich sind. Bei diesen Schlüsselbereichen handelt es sich um den Dialog in den Bereichen Politik und Sicherheit, die Umsetzung des Verhaltenskodex zur Bekämpfung des Terrorismus, die Schaffung eines Raums Europa-Mittelmeer für Handel und Investitionen sowie die Bereiche Energie und Verkehr, Umwelt, Bildung und soziale Entwicklung, Stärkung der Rolle der Frauen in der Gesellschaft, Informationsgesellschaft, interkultureller Dialog und Einwanderung.

Darüber hinaus schlägt die Kommission vor, die Arbeitsmethoden zu überarbeiten und die Kommunikation im Rahmen der Partnerschaft und die Vorbereitung der im Rahmen der Partnerschaft stattfindenden Tagungen und Konferenzen zu verbessern, indem die Teilnehmer stärker eingebunden werden und mehr Verantwortung erhalten.

Letzte Änderung: 09.02.2008