Auf dem Weg zu einer Verteidigungsgüterpolitik der Europäischen Union

Die Kommission entwickelt Perspektiven zur Stärkung der europäischen Rüstungsindustrie.Sie will ihre Marktposition ausbauen, um die EU in die Lage zu versetzen, den Aufbau einer echten und wirksamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik anzugehen und so die Position Europas auf internationaler Ebene zu festigen.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission vom 11. März 2003: „Auf dem Weg zu einer Verteidigungsgüterpolitik der Europäischen Union" [KOM (2003) 113 endg. - nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund

Die Europäische Union gibt jährlich 160 Milliarden EUR für die Verteidigung aus, wohingegen der Verteidigungshaushalt der USA 390 Milliarden USD beträgt. Die Verteidigungsausgaben der EU-Mitgliedstaaten sind also nur halb so hoch wie diejenigen der USA. Die „tatsächliche militärische Leistungsfähigkeit" der EU-Mitgliedstaaten liegt bei etwa 10 Prozent der militärischen Kapazitäten der USA. Diese Mitteilung ist einer größeren Effizienz bzw. Rentabilität der öffentlichen Rüstungsausgaben gewidmet.

Eine angemessene Verteidigung und eine entsprechende industrielle Grundlage könnten nicht nur der Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen der EU und den USA, sondern auch der kollektiven Sicherheit im Rahmen der NATO förderlich sein. Dies gilt umso mehr, als die Effizienz der multinationalen europäischen Korps wie Eurocorps, Eurofor, Euromafor und künftig auch der Schnellen Eingreiftruppe von einer stärkeren Kompatibilität der nationalen Rüstungsgüter bzw. dem Einsatz von Geräten vergleichbaren Typs abhängt.

Die Tagungen des Europäischen Rates 1999 in Köln und Helsinki haben zu Fortschritten auf dem Wege einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) geführt. Es wurden neue EU-Gremien wie der Politische und Sicherheitspolitische Ausschuss, der EU-Militärausschuss und der EU-Militärstab geschaffen. Anfang 2003 wurde durch die so genannten Berlin-plus-Vereinbarungen eine bessere Zusammenarbeit mit der NATO vereinbart, damit die EU für Operationen im Rahmen der ESVP auf NATO-Einrichtungen zurückgreifen kann.

Um - wie es anlässlich der Tagung des Europäischen Rates in Lissabon im März 2000 vereinbart wurde - die Europäische Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt machen zu können, sind alle Politikfelder gefordert. In diesem Zusammenhang ist die industrielle Dynamik - und das gilt auch für die Rüstungsindustrie - von entscheidender Bedeutung. Die Rüstungsindustrie ist jedoch auf „flankierende Begleitmaßnahmen" in den Bereichen Handel, Binnenmarkt, Forschung und Wettbewerb angewiesen.

Artikel 296 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft schränkt die Öffnung des Markts für Rüstungsgüter und den einschlägigen Handel ein, indem er den Mitgliedstaaten das Recht auf Schutz ihrer Sicherheitsinteressen zubilligt. Durch eine eindeutigere Unterscheidung zwischen den Vorschriften, die dem vergemeinschafteten Bereich zuzuordnen sind, und denen, die in den Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik fallen, könnten gemeinsame Vorschriften für Rüstungsgüter leichter erlassen werden.

Allmähliche Umsetzung einer europäischen Rüstungspolitik

Um zusätzlich zu den nationalen Politiken eine europäische Rüstungspolitik aufzubauen, müssen folgende 4 Bereiche schrittweise vergemeinschaftet werden:

In dieser Mitteilung wird vorgeschlagen, den Prozess der Vergemeinschaftung mit Hilfe nachstehend aufgeführter Maßnahmen voranzutreiben:

In einem übergeordneten Rahmen müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten Überlegungen zu Vorschlägen über ein europäisches Beschaffungsamt für Rüstungsgüter, zur Versorgungssicherheit und zum Handel mit Rüstungsgütern anstellen.

Bezüglich der Vorschläge für ein europäisches Beschaffungsamt für Rüstungsgüter hat die Arbeitsgruppe für Verteidigungsfragen des europäischen Konvents die Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit in der strategischen Rüstungsforschung in ihre Empfehlungen aufgenommen. Auch wenn dieses Amt auf zwischenstaatlicher Ebene arbeiten muss, werden die Mitgliedstaaten bereit sein, der Gemeinschaft dort, wo sich dies anbietet (Marktmechanismen, Erfahrungen aus den zivilen Forschungsrahmenprogrammen usw.), größere Zuständigkeiten einzuräumen.

Da bei der Beschaffung von Rüstungsmaterial und sonstigen Ausrüstungen eine stärkere Verflechtung Voraussetzung für die Entwicklung der europäischen Rüstungsindustrie ist, darf sich die Beschaffungspolitik künftig nicht mehr nur auf die nationale Ebene beschränken, sondern muss sich im Rahmen von Programmen innerhalb und außerhalb der Europäischen Union entwickeln.

Schließlich muss die Europäische Union noch bei Handelsfragen auf einen gerechteren Zugang zu den außereuropäischen Rüstungsmärkten - insbesondere in den USA - hinwirken. Die europäischen Unternehmen sind hier insofern benachteiligt, als ihnen der US-amerikanische Markt verschlossen bleibt, während die europäischen Märkte nichteuropäischen Produkten offen stehen.

VERBUNDENE RECHTSAKTE

Grünbuch der Kommission vom 23. September 2004 über die Beschaffung von Verteidigungsgütern [KOM(2004) 608 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

Mitteilung vom 4. Dezember 1997: „Umsetzung der Unionsstrategie im Bereich der Verteidigungsindustrie" [KOM(97) 583 - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

Die Kommission will die Umstrukturierung des Rüstungssektors erleichtern. Sie ersucht den Rat, einen gemeinsamen Standpunkt anzunehmen, um so die Debatte über die grundsätzlichen Fragen in Verbindung mit der Entwicklung einer europäischen Rüstungspolitik zu eröffnen. Sie schlägt die Einführung eines vereinfachten Systems für die innergemeinschaftlichen Transfers vor sowie die Einführung transparenter und nichtdiskriminierender Regeln und Mechanismen im Beschaffungswesen. Die Kommission stellt einen Aktionsplan für die Verteidigungsindustrie auf. Dort schlägt sie die Annahme von verbindlichen Vorgaben für das öffentliche Auftragswesen, für Zölle, Waffenexporte und die Normen der Industrie in diesem Sektor vor.

Mitteilung vom 24. Januar 1996: „Die Herausforderungen für die europäische Rüstungsindustrie - ein Beitrag für Aktionen auf europäischer Ebene" [KOM(96) 10 - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

Die Kommission unterstreicht die Notwendigkeit der Rationalisierung des Verteidigungssektors. Sie spricht sich dafür aus, für militärische Ausrüstungen die in der EU angewandten Beschaffungsverfahren anzuwenden - wobei den Mitgliedstaaten Abweichungen zum Schutz ihrer nationalen Interessen gestattet sein sollen -, den innergemeinschaftlichen Handel mit Rüstungsgütern zu vereinfachen, die Kontrolle des Exports militärischer Ausrüstungen schrittweise auf die Gemeinschaftsebene zu verlagern, die Wettbewerbsvorschriften auf die Rüstungsindustrie anzuwenden sowie einen Gemeinschaftsmechanismus zur Unterstützung der Umstrukturierung der einschlägigen Industrien vorzusehen.

Letzte Änderung: 12.01.2006