Staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen in kleine und mittlere Unternehmen

In den Leitlinien werden die Bedingungen festgelegt, unter denen staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind.

RECHTSAKT

Leitlinien der Gemeinschaft vom 18. August 2006 für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen in kleine und mittlere Unternehmen [Amtsblatt C 194 vom 18.8.2006].

ZUSAMMENFASSUNG

Auf dem Risikokapitalmarkt besteht eine Kapitalmarktlücke, d. h. ein anhaltender Mangel an Beteiligungskapital, der zulasten der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) geht. Besonders betroffen sind High-Tech-Unternehmen sowie Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial. Die Beteiligungsfinanzierung ist für die Entwicklung von Unternehmen, insbesondere in ihren frühen Wachstumsphasen, von entscheidender Bedeutung. Eine solche Kapitalmarktlücke kann daher unter bestimmten Bedingungen staatliche Beihilfen rechtfertigen, mit denen der Zugang zu Risikokapital verbessert wird. Diese Leitlinien beziehen sich auf Risikokapitalbeihilfen für KMU. Ausgenommen von ihrem Anwendungsbereich sind jedoch Beihilfen für Unternehmen im Schiffbau und in der Kohle- und der Stahlindustrie sowie Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten.

ABWÄGUNG

Beihilfen sind verstärkt nach ökonomischen Gesichtspunkten zu prüfen. Daher wird eine Abwägung der potenziellen positiven und negativen Auswirkungen vorgenommen. Diese Abwägung beinhaltet drei Fragestellungen, und zwar ob die Beihilfe

Marktversagen

In Europa liegt kein generelles Versagen des Risikokapitalmarktes vor. Es bestehen jedoch Beteiligungskapitallücken in bestimmten Entwicklungsphasen der Unternehmen. Die Bereitstellung von Beteiligungskapital stellt sowohl den Investor als auch das Unternehmen, in das investiert wird, vor zahlreiche Herausforderungen. So muss der Investor die gebotenen Sicherheiten sorgfältig prüfen, die Unternehmensstrategie analysieren, die Umsetzung der Strategie verfolgen und eine Ausstiegsstrategie entwickeln, damit er eine angemessene Rendite aus der Veräußerung seiner Beteiligung erzielen kann. Das Zielunternehmen wiederum muss den Investor in seine Entscheidungen einbinden und die Vorteile und Risiken kennen, die mit einer Kapitalbeteiligung von außen verbunden sind.

Anreizeffekt und Angemessenheit

Staatliche Risikokapitalbeihilfen sollen zu mehr privaten Investitionen führen. Es wird davon ausgegangen, dass sie einen Anreizeffekt haben, wenn sie die in den Leitlinien festgelegten Voraussetzungen erfüllen. Die Notwendigkeit, Anreize zu schaffen, hängt vom Ausmaß des Marktversagens ab. Bei der einschlägigen Überprüfung der Beihilfen werden folgende Kriterien berücksichtigt: die Investitionstranchen pro Zielunternehmen, der Umfang der Beteiligung privater Investoren, die Größe des Unternehmens und die zu finanzierende Entwicklungsphase.

Eine Risikokapitalbeihilfe ist angemessen, wenn sie darauf abzielt, Anreize für die Bereitstellung von Beteiligungskapital für KMU in der Seed-, der Anlauf- oder der frühen Entwicklungsphase zu schaffen. Sie ist hingegen unnötig, wenn sie über das hinausgeht, was erforderlich ist, um eine vermehrte Bereitstellung von Risikokapital zu bewirken.

ANWENDBARKEIT VON ARTIKEL 107 ABSATZ 1 AEUV

Die Kommission prüft das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe auf den folgenden drei Ebenen: a) Investoren, b) Investmentfonds, Anlageinstrument und/oder deren Verwalter und c) Unternehmen, in die investiert wird.

Finanzierungen in Form von Risikokapital, bei denen es sich um De-minimis-Beihilfen handelt, fallen nicht unter Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (vormals Artikel 87 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV)).

PRÜFUNG DER VEREINBARKEIT DER BEIHILFEN MIT DEM GEMEINSAMEN MARKT

Beihilfen, die die Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige oder Regionen erleichtern sollen, sind mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, wenn sie die Handelsbedingungen nicht in einem Maße verändern, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. In den Leitlinien sind die Kriterien aufgeführt, nach denen die Vereinbarkeit von Beihilfen geprüft wird.

Form der Beihilfe

Die Wahl der Form der Beihilfe ist Sache der Länder der Europäischen Union (EU). Die Kommission prüft, ob dadurch Investitionsanreize geboten werden und ob ein gewinnorientiertes Vorgehen gewährleistet ist. Es gibt vier Prüfkriterien:

Voraussetzungen für die Vereinbarkeit

Eine Risikokapitalbeihilfe ist mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllt:

EINGEHENDE PRÜFUNG DER VEREINBARKEIT VON BEIHILFEN MIT DEM GEMEINSAMEN MARKT

Bei folgenden Beihilfen ist eine eingehende Prüfung erforderlich:

Positive und negative Auswirkungen der Beihilfen

Insbesondere bei positiven Auswirkungen der Beihilfen verlangt die Kommission bei Investitionen, die 1,5 Mio. EUR pro KMU und Jahr übersteigen, weitere Belege dafür, dass ein Marktversagen vorliegt. Bei der Prüfung der Frage, ob eine Beihilfemaßnahme geeignet ist, werden unter anderem folgende Faktoren berücksichtigt: Bestehen eines Investitionsausschusses, Umfang der Beihilfe/des Fonds, Beteiligung von Business Angels oder Vorliegen eines Anreizeffekts.

Abwägung und Entscheidung

Die Bewertung jedes Einzelfalls stützt sich auf eine umfassende Analyse der voraussichtlichen positiven und negativen Auswirkungen der staatlichen Beihilfe. Auf dieser Grundlage wird die Kommission prüfen, ob die Beihilfe den Handel in einem Maße beeinträchtigt, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

Diese Leitlinien gelten bis zum 31. Dezember 2013. Die Kommission hat 2010 eine Mitteilung zur Änderung dieser Leitlinien veröffentlicht.

Letzte Änderung: 25.10.2011