Gemeinschaftsstrategie für Umwelthormone

Die Kommission hat eine Strategie ausgearbeitet, um das Problem der für Gesundheit und Umwelt schädlichen Umwelthormone vordringlich anzugehen.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 17. Dezember 1999 über eine Gemeinschaftsstrategie für Umwelthormone [KOM(1999) 706 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund Das Phänomen „Umwelthormone" ist nicht neu. Es hat jedoch in jüngster Zeit starke Beachtung in den Medien gefunden und in der Bevölkerung in besonderem Maße Besorgnis ausgelöst. Einige Mitgliedstaaten haben bereits Maßnahmen getroffen, um die Verwendung bestimmter einschlägiger Stoffe einzuschränken oder zu untersagen. Obgleich auf diesem Gebiet noch viel Forschungsarbeit zu leisten ist, hat die Kommission - in Anbetracht der wachsenden Besorgnisse der Bevölkerung und der auf unterschiedlichen Ebenen erzielten Forschungsergebnisse, die die im Zusammenhang mit diesen Stoffen stehenden Probleme bestätigen - beschlossen, dieses Phänomen rasch anzugehen.

Definition Das endokrine System besteht aus einer Anzahl Drüsen sowie den von diesen produzierten Hormonen, die die Entwicklung, das Wachstum, die Fortpflanzung und das Verhalten von Tieren und Menschen steuern. Man geht davon aus, dass die Funktionen dieses Systems durch Umwelthormone beeinflusst (oder „gestört") werden können.

Störend auf das Hormonsystem können sich die natürlichen Hormone, die synthetisch hergestellten Hormone und bestimmte Chemikalien auswirken. Die negativen Auswirkungen von Umwelthormonen auf Gesundheit und Umwelt scheinen vor allem mit der Exposition gegenüber synthetisch hergestellten Hormonen und Chemikalien im Zusammenhang zu stehen. Sie führen u. a. zu Fortpflanzungs- und Entwicklungsstörungen sowie zu bestimmten Krebserkrankungen. Fortpflanzungsstörungen lassen sich an zahlreichen Spezies deutlich nachweisen. So konnte beispielsweise die Maskulinisierung bei weiblichen marinen Schnecken festgestellt werden. Die Auswirkungen auf das Hormonsystem wildlebender Tiere sind ebenfalls beträchtlich.

Strategie In den derzeitigen Rechtsvorschriften werden die schädlichen Auswirkungen der Umwelthormone nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Zur Bewältigung des Problems schlägt die Kommission in dieser Mitteilung eine Strategie vor, die kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen umfasst. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass zu diesem Thema umfangreiche Forschungsarbeiten erforderlich sind und dass es derzeit noch keine anerkannten Prüfmethoden zur eindeutigen Identifizierung hormonell wirksamer Stoffe gibt. Die Strategie basiert vielmehr auf vorliegenden Informationen, und sie sollte flexibel genug sein, um neue wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigen zu können.

Zudem basieren die Maßnahmen auf einer Beurteilung des wahrscheinlichen Zeitrahmens, in dem Ergebnisse erzielt werden können, d. h. 1-2 Jahre für kurzfristige, 2-4 Jahre für mittelfristige und mehr als 4 Jahre für langfristige Maßnahmen.

Kurzfristige Maßnahmen

Mittelfristige Maßnahmen

Langfristige Maßnahmen

Außerdem muss sichergestellt werden, dass auch andere Maßnahmen - wie die Rechtsvorschriften über den Umweltschutz (z. B. die Wasserrahmenrichtlinie) oder den Verbraucherschutz - die hormonelle Wirkung von Chemikalien berücksichtigen.

VERBUNDENE RECHTSAKTE

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 14. Juni 2001 zur Umsetzung der Gemeinschaftsstrategie für Umwelthormone [KOM(2001) 262 endg. - Bisher nicht veröffentlicht] Diese Mitteilung ist der erste Bericht über die Umsetzung der Strategie für Umwelthormone. Sie gibt einen Überblick über die bei der Umsetzung der Strategie erzielten Fortschritte und über die in Zukunft erforderlichen Maßnahmen.

Eine der kurzfristigen Maßnahmen, die im Laufe des Jahres 2000 in Angriff genommen wurden, war die Erstellung einer prioritären Liste mit 553 künstllich hergestellten Stoffen und 9 synthetischen oder natürlichen Hormonen. Ferner wurde eine Liste prioritärer Maßnahmen zur Bewertung der endokrinen Wirkung dieser Stoffe aufgestellt. Schließlich veranstaltete die Kommission vom 18. bis 20. Juni 2001 in Schweden eine Konferenz über Stoffe mit endokriner Wirkung.

Die Kommission beteiligt sich weiterhin an der „Endocrine Disrupter Testing and Assessment Task Force" der OECD, die mit dem Ziel der Entwicklung anerkannter Prüfmethoden für Umwelthormone eingesetzt worden ist. Jüngsten Schätzungen zufolge dürften anerkannte Prüfmethoden für die menschliche Gesundheit im Jahre 2002, für Umweltwirkungen zwischen 2003 und 2005 zur Verfügung stehen.

Im Fünften Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration sind Untersuchungen über Stoffe mit endokriner Wirkung als vorrangig eingestuft. Eine gezielte Aufforderung zur Einreichung von Forschungsvorschlägen wurde im Mai 2001 veröffentlicht und mit Haushaltsmitteln in Höhe von 20 Mio. Euro ausgestattet.

Was die Rechtsvorschriften anbelangt, so sieht die vorgeschlagene Revision der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit unter anderem eine Vereinfachung der Bedingungen und Verfahren für dringende Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene vor. Darüber hinaus wird die Problematik der Stoffe mit endokriner Wirkung speziell im Zusammenhang mit bestehenden oder neuen Rechtsvorschriften (Wasserrahmenrichtlinie) sowie im Weißbuch über eine Strategie für die zukünftige Chemikalienpolitik behandelt.

Nach den vorbereitenden Arbeiten im Jahre 2000 soll das Jahr 2001 einer vertieften Untersuchung und Bewertung der Stoffe dienen. Ebenfalls sollen im Zeitraum 2001-2002 vorrangig Daten erfasst und Forschungsprojekte in die Wege geleitet werden. Darüber hinaus sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, die derzeitigen Risikobewertungsverfahren für chemische Altstoffe im Rahmen der bestehenden Rechtsvorschriften zu beschleunigen.

Letzte Änderung: 25.08.2006