Ausbau der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit in der Europäischen Union

Die Zusammenarbeit der Polizeidienste und Zollverwaltungen ist für die Bewahrung eines Raumes der Sicherheit von zentraler Bedeutung. In der vorliegenden Mitteilung erläutert die Kommission die Maßnahmen und Aktionen, die seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam am 1. Mai 1999 durchgeführt wurden, und macht Verbesserungsvorschläge für den Ausbau der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Ausbau der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit in der Europäischen Union [KOM(2004) 376 endg. - nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

ZUSAMMENFASSUNG

Raum der Sicherheit. Die Kommission verabschiedete am 18. Mai 2004 eine Mitteilung über den Ausbau der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit. Darin empfiehlt sie die Intensivierung des Informationsaustauschs und den Ausbau der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Es gilt, eine gemeinsame Kultur, gemeinsame Instrumente und Methoden zu entwickeln. Die Notwendigkeit, in diesem politischen Bereich Fortschritte zu erzielen, ergibt sich aus den Herausforderungen der heutigen Welt, insbesondere bei der Bekämpfung des Terrorismus. Die Kommission unterstreicht die Faktoren, die sich auf die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit auswirken:

Die Kommission analysiert die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit in der Europäischen Union seit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam im Jahr 1999. Sie beschränkt sich dabei auf die Zusammenarbeit zwischen den Polizeidiensten und den Zollbehörden der Mitgliedstaaten im Rahmen der Bekämpfung der Kriminalität. Die Mitteilung befasst sich nicht oder nur eingeschränkt mit Angelegenheiten der justiziellen Zusammenarbeit, der gegenseitigen Amtshilfe in Zollangelegenheiten im Rahmen der ersten Säule und mit den Präventionsinstrumenten. Die polizeiliche Zusammenarbeit in der Europäischen Union ergänzt die bereits bestehende bilaterale Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten. Sie wird mit Mitteln aus dem Programm AGIS gefördert.

DIE POLIZEILICHE ZUSAMMENARBEIT

Die Kommission befasst sich mit den Fortschritten und der Bewertung der Arbeit der Polizei sowie anderer zuständiger Dienste bei der Zusammenarbeit im Rahmen von Schengen, bei Europol, bei der operativen polizeilichen Zusammenarbeit, der Europäischen Polizeiakademie (EPA) und bei anderen Punkten, die in Artikel 30 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) genannt werden, wie z. B. Ermittlungstechniken oder Terrorismusbekämpfung.

Das Schengener Übereinkommen

Mit dem Vertrag von Amsterdam wurde das Übereinkommen zur Durchführung des Schengener Übereinkommens von 1990 in den Rahmen der Europäischen Union einbezogen. Ziel des Schengener Übereinkommens ist die Abschaffung der Personenkontrollen an den Binnengrenzen. Die polizeiliche Zusammenarbeit bildet eine ergänzende Maßnahme zur Gewährleistung der Sicherheit. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, eine Anzahl von Bestimmungen bezüglich der polizeilichen Zusammenarbeit an ihren gemeinsamen Binnengrenzen sowie an den Außengrenzen des Schengen-Gebiets (Landgrenzen, internationale Flughäfen, Seegrenzen) einzuhalten, um dem Sicherheitsdefizit entgegenzuwirken, das durch die Abschaffung der Binnengrenzkontrollen entstehen könnte. Der Wiener Aktionsplan von 1998 und die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere von 1999 ergänzen die Definition dieses Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.

Die Kommission bewertet einige Artikel des Schengener Übereinkommens, die ihrer Meinung nach für die polizeiliche Zusammenarbeit am wichtigsten sind. Dabei handelt es sich um die folgenden Artikel:

Die Zusammenarbeit innerhalb von Europol

Im Zusammenhang mit Europol wurden mehrere Maßnahmen eingeleitet, die im EUV und im Wiener Aktionsplan genannt werden, deren Bilanz jedoch dürftig ausfällt. So wurde beispielsweise im Jahr 2000 vom Rat ein Protokoll verabschiedet, das die Zuständigkeit von Europol auf die Geldwäsche ausdehnt, aber bis zum Zeitpunkt dieser Mitteilung von neun Staaten immer noch nicht ratifiziert worden ist. Außerdem wird Europol durch die Vorbehalte der Mitgliedstaaten, Europol Informationen und Auskünfte zu übermitteln, in seiner operativen Entwicklung behindert. In der Mitteilung werden die Fortschritte aufgeführt, die mit der Unterzeichnung von Kooperationsabkommen mit Drittstaaten erreicht wurden, wie z. B. mit den USA nach den Anschlägen vom 11. September. Die Kommission weist darauf hin, dass eine unabdingbare Voraussetzung für ein gutes Funktionieren von Europol das Europol-Informationssystem (EIS) ist, an dem Europol seit einigen Jahren arbeitet. Das Europol-Informationssystem soll die Speicherung und Abfrage von Daten der Mitgliedstaaten über die organisierte Kriminalität ermöglichen. Die Kommission hat Empfehlungen für die Verstärkung der demokratischen Kontrolle von Europol ausgearbeitet. Sie ist der Meinung, dass ein Sensibilisierungsprogramm für die Entwicklung des gegenseitigen Verständnisses und für die Zusammenarbeit zwischen Europol und den Polizeidiensten der Mitgliedstaaten unverzichtbar ist.

Die „Task Force der europäischen Polizeichefs"

Der Europäische Rat hat in seinen Schlussfolgerungen von Tampere die Einrichtung einer operativen Verbindungsstruktur gefordert, innerhalb der die Verantwortlichen der europäischen Polizeidienste in Zusammenarbeit mit Europol Erfahrungen, bewährte Methoden und Informationen zu den Trends in der grenzüberschreitenden Kriminalität austauschen können. Diese „Task Force der europäischen Polizeichefs" tritt zweimal im Jahr zusammen. Sie hat zahlreiche Initiativen eingeleitet, insbesondere zum Schutz des Euro, die jedoch bislang keinen Mehrwert auf EU-Ebene bewirkt haben. Die Kommission erklärt diesen Mangel an Ergebnissen mit der Tatsache, dass die Leiter der Polizeidienste der Mitgliedstaaten sich mit einer Vielzahl von Bereichen befassen müssen und deshalb den europäischen Angelegenheiten keine Priorität einräumen können. Außerdem sind auch die Befugnisse der Vertreter der Polizei sehr verschieden. In manchen Staaten gibt es nur einen einzigen Leiter der Polizei, während in den föderal organisierten Staaten die Vertretung der Polizei sehr viel komplexer ist. Die Arbeit der Task Force wird auch durch organisatorische Probleme erschwert: Bei einer Zusammenkunft pro Ratsvorsitz ist die Tagesordnung zwangsläufig sehr überfrachtet, was eine effektive Arbeit nicht gerade erleichtert. Dennoch tragen die Sitzungen erheblich zur Verbesserung der bilateralen Kontakte bei. Bei einem Treffen im März 2004 befassten sich die Mitglieder der Task Force mit einem Diskussionspapier über die Zukunft der Task Force im Lichte des im Entwurf für eine Europäische Verfassung niedergelegten Vorschlags.

Europäische Polizeiakademie (EPA)

Der Rat verabschiedete am 22. Dezember 2000 [ABl. L 336 vom 30.12.2000] einen Beschluss über die Errichtung einer Europäischen Polizeiakademie (EPA). Diese vertieft die Kenntnisse der Polizei der Mitgliedstaaten über die nationalen Polizeisysteme und -strukturen der anderen Mitgliedstaaten. Ein weiteres Ziel der EPA ist es, die gegenseitigen Kenntnisse über Europol und die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit in der Europäischen Union und auf internationaler Ebene zu verbessern.

Die Anfänge der EPA waren schwierig: Sie verfügte weder über ein Budget noch über eine Rechtspersönlichkeit und stieß auf administrative Schwierigkeiten. Durch einen Beschluss des Rates vom 26. Juli 2004 wurde der EPA eine Rechtspersönlichkeit verliehen [2004/556/JAI - Amtsblatt L 251 vom 27.7.2004]. Trotz der Schwierigkeiten, die mit ihrer Errichtung verbunden waren, konnte die EPA deutliche Fortschritte erzielen:

Die Kommission weist darauf hin, dass der Mangel an Sprachkenntnissen bei den europäischen Polizeibediensteten eine effiziente Zusammenarbeit behindern kann. Die EPA muss gemeinsame Programme und Schulungen für die Prioritätsbereiche der polizeilichen Zusammenarbeit ausarbeiten.

Sonstige Themen der polizeilichen Zusammenarbeit

In der Mitteilung werden noch weitere wichtige Bereiche der polizeilichen Zusammenarbeit genannt:

DIE ZOLLBEHÖRDLICHE ZUSAMMENARBEIT

Die zollbehördliche Zusammenarbeit spielt eine wichtige Rolle bei der wirksamen Bekämpfung der schweren internationalen Kriminalität: illegaler Handel mit Suchtstoffen, Waffen, Munition und Sprengstoffen, Straftaten in Zusammenhang mit gefährlichem Abfall, Raub von Kulturgütern, Material oder Geräten zur Herstellung atomarer, biologischer oder chemischer Waffen usw.

Der Wiener Aktionsplan nennt konkrete Einzelziele für diese Zusammenarbeit. Dazu gehört insbesondere die Ratifizierung folgender Übereinkommen:

Die zollbehördliche Zusammenarbeit hat ihren Ursprung in den zwischenstaatlichen Bestimmungen des Maastrichter Vertrags von 1992 über die Europäische Union. Dennoch bezieht sich ein nicht unerheblicher Teil der zollbehördlichen Zusammenarbeit auf die erste Säule: Artikel 135 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ermächtigt den Rat, auf Vorschlag der Kommission Maßnahmen zur Stärkung der zollbehördlichen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu treffen.

VORSCHLÄGE FÜR EINE EFFIZIENTE ZUSAMMENARBEIT

Die Kommission strebt Verbesserungen in folgenden Bereichen an:

- Verschmelzung der vorhandenen Systeme zu einem einzigen „Unions-Informationssystem";

- Beibehaltung der unabhängigen Systeme und gegebenenfalls Schaffung neuer Systeme entsprechend dem künftigen Bedarf;

- Prüfung der Möglichkeit einer Harmonisierung der Datenformate und der jeweiligen Zugriffsregeln zwischen den verschiedenen Systemen und anschließend Durchführung der Harmonisierung.

Die Kommission erinnert an die rechtlichen und politischen Verpflichtungen im Bereich der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit, die sich aus dem EUV und den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates ergeben. Darüber hinaus analysiert die Kommission die wichtigsten Faktoren, die sich auf die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit auswirken.

Die rechtlichen und politischen Verpflichtungen im Bereich der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit basieren auf:

Die Kommission betont, dass von einigen Ereignissen wichtige politische Impulse für Fortschritte in diesem Bereich ausgegangen sind. Die Störungen der öffentlichen Ordnung während der Tagungen des Europäischen Rates in Nizza und Göteborg im Jahr 2001 haben dazu beigetragen, dass die Zusammenarbeit im Bereich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung intensiviert wurde. Ebenso haben die Anschläge vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten zu einer verstärkten Zusammenarbeit in der Terrorismusbekämpfung geführt.

VERBUNDENE RECHTSAKTE

Empfehlung des Rates vom 27. April 2006 über Vereinbarungen zwischen Polizei, Zoll und anderen spezialisierten Strafverfolgungsbehörden zur Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität [Amtsblatt C 124 vom 25.5.2006]

Letzte Änderung: 21.08.2006