Jahresbericht zur Menschenrechtslage 2005

Dieser siebte Jahresbericht der Europäischen Union (EU) zur Menschenrechtslage deckt den Zeitraum von Juli 2004 bis Juni 2005 ab. Er gibt einen Überblick über die Aktivitäten der EU in Bezug auf die Menschenrechtslage in Drittländern, über die multilateralen Maßnahmen und bestimmte wichtige Themen. Die Außenbeziehungen bilden ebenso einen Schwerpunkt dieses Berichts wie die Situation innerhalb der EU.

RECHTSAKT

Jahresbericht der Europäischen Union zur Menschenrechtslage 2005. Coreper/Rat der Europäischen Union vom 3. Oktober 2005.

ZUSAMMENFASSUNG

Dieser Bericht weist gegenüber den früheren Berichten einige Unterschiede auf, so enthält er erstmals einen vom Europäischen Parlament verfassten Abschnitt über dessen Tätigkeit im Bereich der Menschenrechte. Im Anschluss an den Beschluss von 2003, den Aufgabenbereich der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit dahingehend auszuweiten, dass sie zu einer Agentur für Menschenrechte wird, wurde im Juni 2005 ein Vorschlag für eine Verordnung zur Errichtung dieser Agentur angenommen.

Bei der jährlichen Tagung der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen in Genf nahm das Europäische Parlament eine Entschließung an. Diese Entschließung enthält Empfehlungen an die Kommission und den Rat hinsichtlich des von der EU einzunehmenden Standpunkts in den Verhandlungen mit anderen Ländern.

In der Entschließung vom 24. Februar 2005 ging das Europäische Parlament auch auf Themen wie den Schutz der Menschenrechte bei der Terrorismusbekämpfung, die Freiheit der Meinungsäußerung, die Rechte des Kindes, den Menschenhandel und die Menschenrechtsverteidiger ein. Im Jahr 2004 vergab das Europäische Parlament seinen jährlichen Menschenrechtspreis, den Sacharow-Preis für geistige Freiheit, an den weißrussischen Journalistenverband wegen seines Engagements für die Redefreiheit und die Förderung eines unabhängigen Journalismus in Belarus. Das Europäische Parlament führte viele Einzelfälle auf, die politische Gefangene, aus Gesinnungsgründen inhaftierte Personen sowie inhaftierte und Schikanen oder Drohungen ausgesetzte Journalisten, Wissenschaftler, Gewerkschaftsmitglieder und Menschenrechtsverteidiger betrafen.

Instrumente und Initiativen der EU in Drittländern

Es ist hervorzuheben, dass die EU im Mai 2004 eine Gemeinsame Aktion betreffend die Unterstützung der Europäischen Union beim Aufbau einer Integrierten Polizeieinheit in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) annahm. Außerdem startete sie im April 2005 die Polizeimission der Europäischen Union EUPOL „Kinshasa" zur Stärkung der inneren Sicherheit.

Die EU unternahm bei einigen Ländern und internationalen Gremien Demarchen, wie beispielsweise bei der Menschenrechtskommission und der Generalversammlung der Vereinten Nationen, um für ihre Initiativen, die Menschenrechtsaspekte der VN-Reform sowie das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) um Unterstützung zu werben.

Menschenrechtsdialoge und Ad-hoc-Konsultationen gab es mit China (das aufgefordert wurde, gemäß seinen internationalen Verpflichtungen den Grundsatz der „Nicht-Zurückweisung" auf nordkoreanische Flüchtlinge in China anzuwenden), Iran und Russland. Troika-Konsultationen zu Menschenrechtsfragen fanden mit den Vereinigten Staaten, Kanada, Japan, Neuseeland und den Bewerberländern statt.

Ende Juni 2005 wurden im Rahmen der Europäischen Initiative für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR), dem wichtigsten EU-Einzelbudget zur Förderung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, mehr als 1000 Projekte in der ganzen Welt unterstützt. Im Jahr 2004 standen Mittel im Umfang von mehr als 100 Millionen Euro zur Verfügung, mit denen Projekte in 32 Ländern finanziert wurden. Die Projekte deckten vier vorrangige Bereiche ab: Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und verantwortungsvoller Staatsführung, Abschaffung der Todesstrafe, Bekämpfung von Folter und Straflosigkeit, Unterstützung der internationalen Strafgerichte und des Internationalen Strafgerichtshofs sowie Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung.

Themenbereiche

Die Themenbereiche decken eine breite Palette von Maßnahmen ab.

Im Jahr 2004 haben fünf Länder die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft: Bhutan, Griechenland, Samoa, Senegal und die Türkei. In Kirgisistan kündigte der Präsident an, dass das seit 1998 geltende Moratorium für Hinrichtungen um ein Jahr verlängert werde. In Tadschikistan wurde das geltende Moratorium am 8. Juli 2004 durch ein Gesetz über die Aufhebung der Anwendung der Todesstrafe bestätigt. Jedoch bedauerte die EU, dass die Moratorien im Libanon und in Indonesien sowie das faktische Moratorium in Indien beendet wurden, das Moratorium in Afghanistan unterbrochen wurde und die irakische Übergangsregierung beschlossen hat, die Todesstrafe wieder in ihre Rechtsordnung einzuführen.

Die EU nahm auch Bezug auf die Misshandlungen im Abu-Ghraib-Gefängnis und rief Algerien, Ägypten, Indien, Indonesien, Israel, die Russische Föderation, Tunesien und die Vereinigten Staaten auf, den Sonderberichterstatter für Folter zu einem Besuch einzuladen.

Auf dem Gebiet der Rechte des Kindes hat sich die EU verstärkt um die Umsetzung der im Dezember 2003 angenommenen EU-Leitlinien zu Kindern und bewaffneten Konflikten bemüht. Aus den Leitlinien ergibt sich für die EU die Verpflichtung, den Auswirkungen bewaffneter Konflikte auf Kinder durch Beobachtung und Berichterstattung durch Missionsleiter, militärische Befehlshaber und Sonderbeauftragte der EU sowie durch politischen Dialog und Zusammenarbeit Rechnung zu tragen. Außerdem gibt es das Programm „Mehr Sicherheit im Internet" (Safer Internet Plus) zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Internet, das sich über vier Jahre (2005-2008) erstreckt und mit einem Budget von 45 Millionen Euro ausgestattet ist.

Im Einklang mit ihren Bemühungen für die Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) führte die EU im Verlauf des ganzen Jahres Demarchen bei Staaten durch, die nicht Vertragsparteien sind, um diese Länder zur Ratifizierung des Römischen Statuts zu ermutigen. Außerdem vereinbarten die EU und die AKP-Länder, ihr gemeinsames Engagement für den IStGH im neuen Cotonou-Abkommen zu verankern. Die EU unterstützte auch andere Sondergerichtshöfe in politischer und finanzieller Hinsicht, wie beispielsweise den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, den Sondergerichtshof für Sierra Leone und den Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda. Die EU forderte die rasche Einsetzung der Khmer-Rouge-Sonderkammern in Kambodscha.

Im Hinblick auf die EG-Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Diskriminierung erzielten die Mitgliedstaaten Fortschritte bei der Umsetzung der beiden im Jahr 2000 vom Ministerrat angenommenen Richtlinien der EG gegen Diskriminierung. In Bezug auf die Nichtdiskriminierungspolitik veröffentlichte die Europäische Kommission im Mai 2004 ein Grünbuch zum Thema „Gleichstellung sowie Bekämpfung von Diskriminierungen in einer erweiterten EU". Im Juni 2005 nahm die Kommission die Mitteilung „Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für alle - eine Rahmenstrategie" an.

Mitarbeit der EU in internationalen Gremien

Der Dritte Ausschuss der UN-Generalversammlug hielt seine Tagung vom 4. Oktober bis 24. November 2004 ab. Die gemeinsam von der EU und einigen lateinamerikanischen Ländern eingebrachte Resolution zu den Rechten des Kindes wurde angenommen. Die andere thematische Resolution der EU über religiöse Intoleranz wurde ebenfalls erfolgreich durchgebracht.

In Bezug auf die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen beteiligte sich die EU aktiv an den Diskussionen über die Einsetzung eines Menschenrechtsrats, der die CHR ersetzen soll. Ferner brachten die EU und ihre Mitgliedstaaten 40 % der von der Kommission angenommenen Resolutionen ein.

Die EU arbeitet bei einer Reihe von gemeinsamen Programmen, die über die Europäische Initiative für Demokratie und Menschenrechte finanziert werden, erfolgreich mit dem Europarat zusammen. Gemeinsame Programme für Georgien, den südlichen Kaukasus, Bosnien und Herzegowina, Serbien und Montenegro sowie die Ukraine sind angelaufen.

Länderspezifische Themen

Die Situationen in den einzelnen Ländern sind sehr unterschiedlich: in einigen Ländern, wie der Ukraine und Moldau gab es deutliche Fortschritte; in anderen Ländern, wie in der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK) und in Iran, hat sich fast nichts verbessert. Der Einfluss der EU schwankt sehr stark und in den meisten Ländern kann sie lediglich gut zureden und gelegentlich verurteilen.

In Europa hat die EU einen erheblichen Einfluss und fungiert als wirkungsvoller Katalysator für Veränderungen. Zum Beispiel war die Beitrittsperspektive in der Türkei ein erheblicher Anreiz für Reformen. Anderenorts, wie in Afrika und Asien, zeigt die langfristige Zusammenarbeit allmählich erste Früchte. Die Zusammenarbeit der EU mit der Afrikanischen Union (AU) stärkt das Vorgehen der Afrikanischen Kommission für die Rechte von Menschen und Völkern und die Friedenssicherungsfähigkeiten der AU.

Letzte Änderung: 01.03.2007