Übertragung von Unternehmen
ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:
Mitteilung (KOM (2006) 117 endgültig) - Unternehmensübertragung - Kontinuität durch Neuanfang
WAS IST DER ZWECK DIESER MITTEILUNG?
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Sie verdeutlicht, wie eine erfolgreiche Unternehmensübertragung wichtige Wachstums- und Beschäftigungsperspektiven bietet und dass daher unbedingt verhindert werden muss, dass ein Unternehmen nur wegen rechtlicher und steuerlicher Hindernisse bei der Übertragung scheitert.
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Diese Mitteilung der Europäischen Kommission enthält Empfehlungen an die Länder der Europäischen Union (EU) über die Schaffung geeigneter Voraussetzungen für Unternehmensübertragungen.
WICHTIGE ECKPUNKTE
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Wenn ein Unternehmer in den Ruhestand geht, bleibt ihm in den meisten Fällen nichts anderes übrig, als sein Unternehmen zu schließen. Häufig scheitert die Übertragung sogar von wirtschaftlich gesunden Unternehmen an juristischen, steuerlichen und psychologischen Hindernissen. Einen Nachfolger zu finden ist heutzutage noch schwieriger geworden, da Unternehmen meist nicht mehr innerhalb der Familie übertragen, sondern von Dritten übernommen werden. Zudem sind die allermeisten Bürger in Europa lieber Angestellte als Unternehmer, und unternehmerisch denkende Menschen wollen lieber ihr eigenes Unternehmen gründen, als ein fremdes zu übernehmen.
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Dabei kann es äußerst vorteilhaft sein, ein bestehendes Unternehmen zu übernehmen (Produktionsanlagen, Kundenstamm, Know-how, Ruf der Firma usw. sind vorhanden). Außerdem wirkt sich eine erfolgreiche Unternehmensübertragung positiv auf das Wachstum aus und ist damit ein entscheidender Faktor in der Verwirklichung der Ziele der Strategie Europa 2020. Bestehende Unternehmen stellen im Durchschnitt fünf Arbeitsplätze, während bei einer Unternehmensgründung nur zwei Arbeitsplätze entstehen.
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Unternehmensübertragungen sind eine Erscheinung, die in den kommenden zehn Jahren noch enorm zunehmen wird. Ein Drittel aller Unternehmer in der Europäischen Union werden in den kommenden zehn Jahren in den Ruhestand treten. Davon betroffen sind geschätzte 690 000 kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und 2,8 Mio. Arbeitsplätze im Jahr. Darum müssen unbedingt die richtigen Voraussetzungen für die Übertragung von Unternehmen geschaffen werden.
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Aus diesem Grund schlägt die Kommission den EU-Ländern mehrere Verbesserungsmaßnahmen vor:
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1.
Mehr politische Aufmerksamkeit für Unternehmensübertragungen
Die EU-Länder sollten die Unternehmensübertragung systematisch als Alternative zur Unternehmensgründung fördern. Die EU-Länder sollten daher prüfen, ob alle Fördermaßnahmen für Unternehmensgründungen nicht ebenso für Unternehmensübertragungen geeignet wären.
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2.
Sensibilisierung aller Beteiligten
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Die aktuellen Sensibilisierungsbemühungen reichen nicht aus. Einschlägige Maßnahmen wurden erst von der Hälfte aller EU-Länder eingeführt. Sensibilisierungsmaßnahmen sollten sich neben den Unternehmern im Vorruhestandsalter ganz besonders an potenzielle Jungunternehmer richten, weil die Übernahme eines bestehenden Unternehmens häufig eine interessante Alternative zur Gründung eines neuen Unternehmens darstellt. Die Kommission empfiehlt infolgedessen, Unternehmer verstärkt für eine rechtzeitige Planung der Übertragung ihrer Firma zu sensibilisieren; dies kann beispielsweise über die Handelskammern oder über andere Ansprechpartner wie Steuerberater, Rechnungsprüfer oder auch Banken geschehen.
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Ferner fordert die Kommission die EU-Länder auf, Mentorenmodelle zu unterstützen, damit Unternehmer bei der Übertragung Hilfestellung erhalten.
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Schließlich sollten die EU-Länder Unternehmer auch auf direktem Weg sensibilisieren, zum Beispiel indem Unternehmer über einer gewissen Altersgrenze angeschrieben werden.
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3.
Leichtere Änderung der Rechtsform eines Unternehmens
Als juristische Hilfsmittel, mit denen sich die Schließung einer Firma vermeiden lässt, sind Erbverträge, Gesellschaftsverträge, die Gründung einer GmbH oder auch die Umwandlung zu nennen. Ein Erbvertrag, der in relativ vielen Ländern sogar verboten ist, ein Gesellschaftsvertrag oder auch die Gründung einer GmbH ermöglichen es, im Fall des Todes des Inhabers oder eines Gesellschafters die Kontinuität des Unternehmens sicherzustellen. Durch die rechtliche Umgestaltung eines Unternehmens vor seiner Übertragung kann wiederum eine Liquidation des Unternehmens beim Wechsel seiner Rechtsform vermieden werden.
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4.
Verbesserungen bei der Finanzierung von Übertragungen
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Es bestehen nur selten günstige finanzielle Voraussetzungen für eine Unternehmensübertragung. Sie kann auf mehrere Hindernisse stoßen:
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Für eine Übertragung wird mehr Kapital benötigt als für eine Gründung, und die Finanzierungsinstrumente, die für Unternehmensgründungen konzipiert wurden, reichen für eine Übertragung häufig nicht aus.
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Banken sind in vielen Fällen der Auffassung, dass die Finanzierung einer Übertragung vor allem von Kleinunternehmen zu kostspielig und riskant ist.
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Mitunter ist es schwierig, rechtzeitig eine finanzielle Lösung zu finden, die häufig in einer Kombination von Beteiligungs- und Fremdkapital besteht.
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Die Kommission empfiehlt daher den EU-Ländern, günstige finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen und beispielsweise Startkapital, Darlehen und Bürgschaften zu gewähren. Die Bürgschaften für Beteiligungskapital in KMU sollten auch die Investitionen von lokalen oder regionalen Fonds umfassen, die Gründungs- und/oder Startkapitel sowie Mezzanin-Finanzierungen (Kombination aus Beteiligungskapital und Fremdkapital) bereitstellen.
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5.
Unternehmensübertragungen steuerlich begünstigen
Zwar genießen Übertragungen an Familienmitglieder in vielen Ländern bereits Erleichterungen, aber die Übertragung an Dritte muss noch mehr gefördert werden, insbesondere durch Steuernachlässe bei Erlösen aus dem Verkauf eines Unternehmens, spezielle Erleichterungen für Einkommen, das in ein anderes Unternehmen reinvestiert oder für die Finanzierung des Ruhestands des Unternehmensinhabers verwendet wird, oder auch Steuervergünstigungen für Investitionen von Arbeitnehmern in ihre eigene Firma.
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6.
Transparente Börsen für Unternehmensübertragungen
Durch die Schaffung unparteilicher, neutraler Dienste zur Vermittlung zwischen potenziellen Käufern und Verkäufern könnte man transparente Börsen für Unternehmensübertragungen aufbauen. In einigen Ländern nehmen die Handelskammern derartige Aufgaben wahr.
Eine vollständige Umsetzung dieser Empfehlungen setzt voraus, dass eine Förderinfrastruktur geschaffen wird, mit der man Hunderttausende betroffene Unternehmen erreichen kann, die in den nächsten Jahren übertragen werden sollen. Für den Aufbau dieser Umsetzungsinfrastruktur stehen die EU-Länder, ihre nationalen, regionalen und lokalen Behörden sowie die Unternehmensfördereinrichtungen in der Pflicht. Dies beinhaltet hauptsächlich die Verbreitung von Informationen bei den Trägern der Unternehmensförderung, die Ausbildung der Ausbilder und die Entwicklung entsprechenden Ausbildungsmaterials.
HINTERGRUND
HAUPTDOKUMENT
Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemeinschaft für Wachstum und Beschäftigung: Unternehmensübertragung - Kontinuität durch Neuanfang (KOM(2006) 117 endgültig vom 14.3.2006)
Letzte Aktualisierung: 01.12.2016