Grundsatz der Gleichbehandlung von Frauen und Männern außerhalb des Arbeitsmarktes

Ziel dieser Richtlinie ist die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen und die Förderung der Gleichbehandlung in anderen Bereichen des täglichen Lebens als der Beschäftigung und dem Erwerbsleben.

RECHTSAKT

Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen

ZUSAMMENFASSUNG

Ziel dieser Richtlinie ist die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen und die Förderung der Gleichbehandlung in anderen Bereichen des täglichen Lebens als der Beschäftigung und dem Erwerbsleben.

WAS IST DER ZWECK DIESER RICHTLINIE?

Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines Rahmens für die Bekämpfung jedweder Art von Diskriminierung beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen auf öffentlicher wie privater Ebene.

Die Richtlinie gilt für alle Personen, die Güter und Dienstleistungen bereitstellen, die der Öffentlichkeit ohne Ansehen der Person zur Verfügung stehen (also unabhängig von den persönlichen Umständen des Dienstleistungsempfängers) und die außerhalb des Bereichs des Privat- und Familienlebens angeboten werden. Der Begriff „Dienstleistungen“ bezieht sich auf die Bereitstellung von Dienstleistungen gegen Entgelt.

Die Richtlinie gilt nicht für Medien- und Werbeinhalte oder das Bildungswesen.

WICHTIGE ECKPUNKTE

Diskriminierungsverbot für Personen, die Güter und Dienstleistungen liefern bzw. erbringen: Prinzipiell verbietet die Richtlinie

Eine unterschiedliche Behandlung kann nur dann zulässig sein, wenn sie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Ein legitimes Ziel kann beispielsweise sein: der Schutz von Opfern sexueller Gewalt (wie die Einrichtung einer Zufluchtsstätte für Personen gleichen Geschlechts), die Vereinsfreiheit (Mitgliedschaft in privaten Klubs, die nur den Angehörigen eines Geschlechts zugänglich sind) und die Organisation sportlicher Tätigkeiten, zu denen ausschließlich die Angehörigen eines Geschlechts zugelassen sind. Beschränkungen sollten jedoch angemessen und erforderlich sein.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz schließt positive Maßnahmen, mit denen geschlechtsspezifische Benachteiligungen im Bereich Waren und Dienstleistungen verhindert oder ausgeglichen werden, nicht aus.

Diese Richtlinie legt lediglich Mindestanforderungen fest. So können die EU-Länder Vorschriften beibehalten, die ein höheres Schutzniveau bieten.

Anwendung auf das Versicherungswesen: Die Richtlinie verbietet geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Berechnung von Versicherungsprämien und -leistungen im Zusammenhang mit Versicherungsverträgen, die nach dem 21. Dezember 2007 geschlossen wurden.

Die EU-Länder können dennoch entscheiden, Unterschiede bei den Prämien und Leistungen dann zuzulassen, wenn die Berücksichtigung des Geschlechts bei einer auf relevanten versicherungsmathematischen und statistischen Daten beruhenden Risikobewertung ein bestimmender Faktor ist. In seinem Urteil bezüglich der Test-Achats-Rechtssache (C-236/09) erklärte der Gerichtshof der Europäischen Union die Ausnahme von der Regel geschlechtsneutraler Versicherungsprämien und -leistungen mit Wirkung vom 21. Dezember 2012 jedoch für ungültig.

Fortan gelten für alle nach dem 21. Dezember 2012 geschlossenen Verträge nur noch geschlechtsneutrale Versicherungstarife. Zur Umsetzung des Urteils des Gerichtshofs verabschiedete die Kommission Leitlinien zur Anwendung der Richtlinie auf das Versicherungswesen

Kosten im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft dürfen auf keinen Fall zu unterschiedlichen Prämien und Leistungen führen.

Mit der Förderung der Gleichbehandlung befasste Stellen: Jedes EU-Land bezeichnet eine oder mehrere Stellen, deren Aufgabe darin besteht, die Verwirklichung der Gleichbehandlung von Männern und Frauen auf nationaler Ebene zu fördern und zu beobachten. Zu den Zuständigkeiten der oben genannten Stellen gehört, i) Diskriminierungsopfer auf unabhängige Weise zu unterstützen; ii) unabhängige Untersuchungen durchzuführen; iii) unabhängige Berichte zu veröffentlichen und Empfehlungen vorzulegen.

Rechtsschutz: Die EU-Länder stellen sicher, dass alle Diskriminierungsopfer ihre Ansprüche aus dieser Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg geltend machen können und dass ihnen der entstandene Schaden ausgeglichen oder ersetzt wird. Zudem können sich Verbände, Organisationen oder andere juristische Personen mit rechtmäßigem Interesse im Namen der beschwerten Person oder zu deren Unterstützung an Gerichts- und/oder Verwaltungsverfahren beteiligen.

Unterstützen die vor Gericht dargelegten Tatsachen die Annahme, dass eine Form der Diskriminierung vorliegt, muss die beklagte Partei beweisen, dass keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vorliegt (Umkehr der Beweislast).

Weiterhin ist es an den EU-Ländern, Sanktionen im Fall eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu verhängen.

WANN TRITT DIE RICHTLINIE IN KRAFT?

Die Richtlinie trat am 21. Dezember 2004 in Kraft und musste bis spätestens 21. Dezember 2007 durch die EU-Länder in einzelstaatliches Recht umgesetzt werden.

HINTERGRUND

Die Gleichstellung von Männern und Frauen gehört zu den Grundprinzipien der Europäischen Union und ist in den Artikeln 2 und 3 des Vertrags über die Europäische Union verankert. Geschlechterdiskriminierung kann ein Hindernis für eine vollständige, erfolgreiche Eingliederung von Männern und Frauen in das wirtschaftliche und soziale Leben darstellen.

SCHLÜSSELBEGRIFFE

Unmittelbare Diskriminierung: wenn eine Person aufgrund ihres Geschlechts in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

Mittelbare Diskriminierung: wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

Belästigung: wenn unerwünschte geschlechtsbezogene Verhaltensweisen gegenüber einer Person erfolgen, die bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

Sexuelle Belästigung: jede Form von unerwünschtem Verhalten sexueller Natur, das sich in verbaler, nichtverbaler oder physischer Form äußert und das bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

BEZUG

Rechtsakt

Datum des Inkrafttretens

Termin für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten

Amtsblatt der Europäischen Union

Richtlinie 2004/113/EG

21.12.2004

21.12.2007

ABl. L 373 vom 21.12.2004, S.37-43

Letzte Aktualisierung: 26.02.2015