Straffung der offenen Koordinierung im Bereich Sozialschutz

Mit dem Ziel, die Methoden und Verfahren zur Koordinierung der Politik der Mitgliedstaaten im Bereich Sozialschutz zu ergänzen und aufzuwerten, legt die Kommission eine Mitteilung zur Straffung der offenen Koordinierungsmethode vor. Diese Straffung soll die Qualität und die Kohärenz der generellen sozioökonomischen Governance der Europäischen Union (EU) stärken.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Stärkung der sozialen Dimension der Lissabonner Strategie: Straffung der offenen Koordinierung im Bereich Sozialschutz [KOM(2003) 261 endgültig - Amtsblatt L 314 vom 13.10.2004].

ZUSAMMENFASSUNG

Die Mitteilung der Kommission bezieht sich auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit und der Koordinierung der Politiken im Bereich Sozialschutz. Die Mitgliedstaaten bleiben zwar in vollem Umfang verantwortlich für die Finanzierung und die Organisation ihrer Schutzsysteme, die Gemeinschaft übernimmt jedoch die wesentliche Aufgabe, die Tätigkeit der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Verwirklichung verschiedener Ziele im Bereich des Sozialschutzes zu unterstützen und zu ergänzen, wie im Vertrag von Amsterdam und im Vertrag von Nizza festgehalten. Die Schlussfolgerungen von Lissabon (März 2000) gehen auch davon aus, dass die modernisierten und verbesserten Systeme ein grundlegendes Element für die Erreichung des Ziels einer integrierten sozioökonomischen Strategie für Europa in den kommenden zehn Jahren darstellen (2000-2010).

Verstärkung der sozialen Dimension der Lissabonner Strategie

Die politische Zusammenarbeit im Bereich des Sozialschutzes ist ein gutes Stück vorangekommen, als der Europäische Rat von Lissabon seine Vision einer integrierten sozioökonomischen Strategie für Europa - mit einem Zeithorizont bis 2010 - umriss. Der Beitrag zu dieser Strategie setzt die Straffung der Prozesse zur Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik voraus.

Die wirtschaftspolitische Koordinierung erfolgt im Rahmen der Grundzüge der Wirtschaftspolitik, der multilateralen Überwachung des Follow-ups der Grundzüge der Wirtschaftspolitik und des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Koordinierung der Beschäftigungspolitik erfolgt im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie (EBS) und der beschäftigungspolitischen Leitlinien, die allgemeine Ziele und Prioritäten für die Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten festlegen, die auf nationaler Ebene im Rahmen nationaler Aktionspläne umgesetzt werden. Die wichtigsten Zielsetzungen sind Vollbeschäftigung, Arbeitsplatzqualität, Förderung des sozialen Zusammenhalts und der sozialen Integration.

Die Straffung stellt einen deutlichen Fortschritt dar, doch aufgrund der starken Zunahme der Zahl der verschiedenen Prozesse zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik mit anderen, mit ihr zusammenhängenden Politiken hatte es sich als notwendig herausgestellt, die offene Koordinierungsmethode im Bereich Sozialschutz weiter zu straffen.

Die offene Koordinierungsmethode und ihre Rolle innerhalb der Gesamtstrategie

Die offene Koordinierungsmethode wurde vom Rat von Lissabon als Mechanismus zur Koordinierung und Förderung der Arbeiten im Bereich der sozialen Eingliederung und der Renten eingestuft, wodurch in diesen Bereichen Fortschritte erzielt wurden. Fragen im Zusammenhang mit Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege - wesentliche Elemente der Entwicklung des europäischen Sozialmodells - wurden jedoch bislang im Rahmen der Zusammenarbeit im Bereich Sozialschutz nicht eingehend erörtert. Daher müssen gezieltere Maßnahmen für diese Aspekte entwickelt werden.

Nach Ansicht der Kommission sollten die künftigen Arbeiten nicht wie bisher separat durchgeführt werden, sondern innerhalb einer vereinheitlichten Struktur, die sämtliche Aspekte des Sozialschutzes abdeckt. Dabei sollten sich die Arbeiten im Prinzip den drei Pfeilern zuordnen lassen, die den drei Politikbereichen soziale Eingliederung, Renten sowie Gesundheit und Langzeitpflege entsprechen.

Der Rat von Lissabon hat die offene Koordinierungsmethode eingeführt, um vorbildliche Verfahren zu verbreiten und eine maximale Konvergenz im Hinblick auf die wichtigsten Zielsetzungen der EU zu gewährleisten. Die offene Koordinierungsmethode ist als flexibles Instrument der Governance konzipiert, das die bestehende Gemeinschaftsmethode und andere im Vertrag verankerte Prozesse, wie die Grundzüge der Wirtschaftspolitik und die EBS, die nach wie vor die wichtigsten Instrumente bleiben, ergänzt. Die offene Koordinierungsmethode wird Fall für Fall eingesetzt, parallel zum programmatischen gesetzgeberischen Konzept in bestimmten Bereichen, wie Beschäftigungs- und Sozialpolitik. Kurz gesagt soll sie Gemeinschaftsmaßnahmen ergänzen und nicht ersetzen und stets das institutionelle Gleichgewicht wahren.

Im Rahmen der künftigen Zusammenarbeit im Bereich Sozialschutz mittels der offenen Koordinierungsmethode wird eine detaillierte Analyse der Probleme vorzunehmen sein, vor denen die nationalen Systeme stehen. Insbesondere wird auf die Frage einzugehen sein, welchen Beitrag sie zur Lissabonner Strategie leisten können.

Um einen gestrafften Ansatz für die politische Zusammenarbeit im Bereich der drei Pfeiler des Sozialschutzes (soziale Eingliederung, Renten sowie Gesundheit und Langzeitpflege) zu schaffen, schlägt die Europäische Kommission vor, dass alle zu erreichenden Ziele im Jahr 2006 vom Rat auf Vorschlag der Kommission überprüft und ersetzt werden. Die neuen gemeinsamen Zielsetzungen müssen im Rahmen der Lissabonner Strategie abgesteckt werden und eng mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik und den beschäftigungspolitischen Leitlinien abgestimmt werden, die 2006 angenommen werden. Die im Rahmen der offenen Koordinierungsmethode erzielten Fortschritte im Rentenbereich müssen ebenfalls 2006 geprüft werden.

Die gemeinsamen Zielsetzungen müssen auch eine bestimmte Anzahl von Querschnittsfragen enthalten, die von generellem Interesse sind, wie zum Beispiel das Gender Mainstreaming.

Berichterstattung

Das zentrale Instrument des neuen, gestrafften Prozesses wird ein gemeinsamer Sozialschutzbericht sein, der die Fortschritte in sämtlichen von den gemeinsamen Zielen abgedeckten Bereichen dokumentieren und bewerten wird. Dieser Bericht wird den „Bericht über die soziale Sicherheit in Europa" ersetzen, und zwar gemäß dem Beschluss über die Einsetzung des Ausschusses für Sozialschutz, und 2005 erstmalig erscheinen. 2006 werden die Mitgliedstaaten Berichte über den sozialen Schutz und die soziale Eingliederung erstellen, in denen sie ihre Strategien zur Erreichung der gemeinsamen Zielsetzungen darlegen; in den Jahren 2007 und 2008 werden sich die vorgelegten Berichte hauptsächlich mit den Fortschritten bei der Durchführung dieser Strategie beschäftigen. Nach 2006 werden die nationalen Berichte sowohl die NAP (Eingliederung) als auch die nationalen Rentenstrategieberichte ersetzen.

Indikatoren

Eine besondere Herausforderung für den neuen, gestrafften Prozess im Bereich Sozialschutz besteht darin, die Fortschritte im Bereich Sozialschutz transparent und effektiv darzustellen. Die Entwicklung eines Satzes gemeinsam vereinbarter Indikatoren ist also eine notwendige Voraussetzung. Dies setzt die Entschlossenheit der Mitgliedstaaten voraus, so wichtige Instrumente weiterzuentwickeln wie ESSPROSS (Ausgaben in verschiedenen Zweigen des Sozialschutzes), SILC (die jährliche EU-weite Erhebung über Einkommen und Lebensbedingungen der Haushalte) oder das „System of Health Accounts" (SHA).

Die Jahre 2003-2006 sollten genutzt werden, um die Bedingungen für den Start des neuen Prozesses zu schaffen. In diesem Zeitraum werden Maßnahmen in den Bereichen soziale Eingliederung, Renten und Gesundheitswesen getroffen.

Die Mitteilung nennt auch die Schritte, die bis zur Straffung der Prozesse im Jahr 2006 zu unternehmen sind (Anhang I); sie gibt einen Überblick über die Umsetzung der Straffung in den Jahren 2006-2009 (Anhang II); sie stellt dar, wie der gestraffte Prozess im Bereich Sozialschutz parallel zu den gestrafften Grundzügen der Wirtschaftspolitik und einer gestrafften EBS ab dem Jahr 2006 funktionieren wird (Anhang III).

VERWANDTE RECHTSAKTE

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2006 über das Europäische System Integrierter Sozialschutzstatistiken [KOM(2006) 11 - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]Mitentscheidungsverfahren (COD/2006/0004)

Schlussfolgerungen des Rates vom 20. Oktober 2003 über die offene Koordinierungsmethode in Bezug auf angemessene und sichere Renten [Amtsblatt Nr. C 260 vom 29.10.2003] (pdf )

Mitteilung der Kommission - Eine konzertierte Strategie zur Modernisierung des Sozialschutzes [KOM(1999) 347 endgültig - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

Letzte Änderung: 25.01.2005