Sozialpolitische Agenda

Die Europäische Kommission schlägt eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung des europäischen Sozialmodells vor. Diese neue Agenda soll helfen, die Vollbeschäftigung, die wirtschaftliche Dynamik sowie den sozialen Zusammenhalt und die Fairness in der Europäische Union (EU) zu fördern.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Sozialpolitische Agenda [KOM(2000) 379 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

1. Die Überlegungen, die dieser Kommissionsmitteilung zugrunde liegen, wurden in den Vorbereitungen für den Europäischen Rat von Lissabon (März 2000) artikuliert. Ergebnis dieses Rates war eine politische Vereinbarung mit dem Ziel, „die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen [...], der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen".

2. Mit dieser neuen Agenda schlägt die Kommission einen umfassenden, einheitlichen Ansatz für die Europäische Union vor, um die neuen Herausforderungen an die Sozialpolitik anzugehen. Die neue Agenda hebt die grundlegende Verbindung zwischen der Wirtschaftsstärke Europas und seinem Sozialmodell hervor und versucht, eine positive und dynamische Wechselwirkung von Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik herbeizuführen.

3. Sie umfasst eine Reihe von Maßnahmen, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Rolle der Sozialpolitik als produktiver Faktor verstärkt wird, wobei folgende Aspekte zum Tragen kommen: Beschäftigung und Arbeitsqualität, wissensbestimmte Wirtschaft, die soziale Situation in den Mitgliedstaaten, die Erweiterung und die Internationalisierung.

Beschäftigung und Arbeitsqualität

4. Die Europäische Union hat bei der Verbesserung der wirtschaftlichen Grunddaten und der Arbeitsplatzbeschaffung bereits einiges erreicht. Trotzdem ist die aktuelle Beschäftigungsquote nach wie vor unzureichend und die Arbeitslosigkeit verbleibt auf einem hohen Niveau (etwa 9 % der europäischen Erwerbsbevölkerung). So wurde das Ziel gesetzt, die Beschäftigungsquote bis 2010 so nahe wie möglich an 70 % heranzubringen.

5. Die Beschäftigungsstrategie erfordert Maßnahmen zur Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen: Ausbau der Rolle des Europäischen Sozialfonds (ESF) als wichtigstes Gemeinschaftsinstrument zur Förderung der Humanressourcenentwicklung; Weiterentwicklung der Evaluierung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, und zwar auf der Grundlage eines Peer-Review-Ansatzes und eines Austausches bewährter Verfahren; Gewährleistung der Übereinstimmung von Wirtschafts-, Struktur- und Beschäftigungspolitik.

Die wissensbestimmte Wirtschaft

6. Eine wissensbestimmte Gesellschaft und Wirtschaft tragen zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum, höherer Beschäftigung und mehr sozialem Zusammenhalt bei. Trotz der europäischen Forschungsinitiativen und des Aktionsplans „e-Europe" ist festzustellen, dass Europa hinter den USA zurückliegt, wenn es darum geht, neue Technologien zu assimilieren.

7. Das vorrangige Ziel der Kommission besteht also darin, den Aufbau der wissensbestimmten Wirtschaft zu beschleunigen, damit in Europa mehr Arbeitsplätze geschaffen werden können. Dies setzt voraus, dass Zielsetzungen der wissensbasierten Gesellschaft in der europäischen Beschäftigungsstrategie (EBS) verfolgt werden; es geht darum, lebenslanges Lernen zu gewährleisten, die Qualifikationslücken zu schließen, die geschlechtsspezifischen Diskrepanzen abzubauen und die Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen, Wissenschaftszentren, Universitäten und Schulen auf europäischer Ebene zu fördern.

Die soziale Situation in den Mitgliedstaaten

8. Die einzelstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit sind mit einer ganzen Reihe gemeinsamer Herausforderungen konfrontiert, wie zum Beispiel der Notwendigkeit, sich an die im Wandel befindliche Welt der Arbeit anzupassen sowie auch an neue Familienstrukturen, anhaltende geschlechtsspezifische Diskrepanzen und demografische Veränderungen. Unterbleiben Anpassung und Modernisierung der Sozialschutzsysteme, würde dadurch das Risiko erhöht, dass sich Arbeitslosigkeit, Armut und soziale Ausgrenzung verstärken.

9. In dem Bestreben, Armut und Ausgrenzung zu eliminieren und die Eingliederung aller Menschen in das wirtschaftliche und soziale Leben zu fördern, schlägt die Kommission verschiedene Maßnahmen vor. Es geht insbesondere darum, mehr und bessere Beschäftigungsmöglichkeiten für benachteiligte Gruppen zu eröffnen, einschließlich von Behinderten, ethnischen Minderheiten und neuen Immigranten, und die Wirkung des ESF, einschließlich der Gemeinschaftsinitiative EQUAL, zu bewerten und neue Strategien auszugestalten, darunter auch im Bereich allgemeine und berufliche Bildung, um die Bemühungen der Mitgliedstaaten zu unterstützen.

Die Erweiterung

10. Durch die Vorbereitung auf die Mitgliedschaft in der Europäischen Union werden die Beitrittsländer veranlasst, einen umfangreichen Bestand an Rechtsvorschriften und Regelungen zu übernehmen, damit bis zum Beitrittszeitpunkt die Übereinstimmung mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand im Sozial- und Arbeitsrecht gewährleistet ist.

11. Um dazu beizutragen, dass die Erweiterung der Union unter Bedingungen einer ausgewogenen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung vorbereitet wird, schlägt die Kommission vor, die Ausarbeitung von Überarbeitungen der Beschäftigungspolitik zusammen mit allen Beitrittsländern fortzusetzen, eine Zusammenarbeit der Organisationen der Zivilgesellschaft in der EU mit denen in den Beitrittsländern zu fördern, eine gemeinsame Analyse im Bereich des Sozialschutzes in Angriff zu nehmen und die erfolgreiche Beteiligung von Beitrittsländern an gemeinschaftlichen Aktionsprogrammen im Sozialbereich als Teil der Beitrittsvorbereitungsstrategie sicherzustellen.

Die Internationalisierung

12. Internationalisierung und Globalisierung sind wichtige Aspekte des Wandels, mit dem Europa und seine Sozialsysteme konfrontiert sind. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass soziale Ziele aufgeben werden, sondern dass vielmehr ein verstärkter Bedarf an sozialen Investitionen und sinnvollen sozialpolitischen Maßnahmen besteht.

13. Das grundlegende Ziel besteht darin, die Beschäftigungsdimension und die soziale Dimension der Globalisierung zu verstärken, und zwar durch die Beachtung der Kernarbeitsnormen, die Kooperation mit internationalen Organisationen (IAO, OECD, Europarat) sowie die Förderung einer integrierten wirtschaftlichen und sozialen Agenda in einer globalen Wirtschaft.

Hintergrund

14. Um die auf dem Lissabonner Gipfel eingegangenen politischen Verpflichtungen zum Erfolg zu führen, schlägt die Kommission eine neue Agenda für den Fünfjahres-Zeitraum 2000-2005 vor, die zur Weiterentwicklung der sozialen Ziele von Lissabon beitragen soll.

VERWANDTE RECHTSAKTE

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Umsetzung der sozialpolitischen Agenda - Übersicht [KOM(2004) 137 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Halbzeitüberprüfung der sozialpolitischen Agenda [KOM(2003) 312 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Umsetzung der sozialpolitischen Agenda - Eine Bilanz [KOM(2003) 57 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Anzeiger über die Umsetzung der sozialpolitischen Agenda [KOM(2002) 89 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Umsetzung der sozialpolitischen Agenda - Übersichtstabelle [KOM(2001) 104 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

Letzte Änderung: 10.02.2005