ISSN 1977-0642

doi:10.3000/19770642.L_2013.181.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 181

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

56. Jahrgang
29. Juni 2013


Inhalt

 

I   Gesetzgebungsakte

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EU) Nr. 605/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1185/2003 des Rates über das Abtrennen von Haifischflossen an Bord von Schiffen

1

 

*

Verordnung (EU) Nr. 606/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen

4

 

*

Verordnung (EU) Nr. 607/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 552/97 des Rates zur vorübergehenden Rücknahme der allgemeinen Zollpräferenzen für Waren aus Myanmar/Birma

13

 

*

Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates

15

 

*

Verordnung (EU) Nr. 609/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung und zur Aufhebung der Richtlinie 92/52/EWG des Rates, der Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG der Kommission, der Richtlinie 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnungen (EG) Nr. 41/2009 und (EG) Nr. 953/2009 des Rates und der Kommission ( 1 )

35

 

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

 

 

BESCHLÜSSE

 

 

2013/312/EU

 

*

Beschluss des Europäischen Rates vom 28. Juni 2013 über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments

57

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Gesetzgebungsakte

VERORDNUNGEN

29.6.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 181/1


VERORDNUNG (EU) Nr. 605/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 12. Juni 2013

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1185/2003 des Rates über das Abtrennen von Haifischflossen an Bord von Schiffen

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 43 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EG) Nr. 1185/2003 des Rates (3) enthält ein allgemeines Verbot des so genannten „Finning“ von Haien, bei dem die Haifischflossen abgetrennt und die übrigen Haifischteile ins Meer zurückgeworfen werden.

(2)

Fische, die zum Taxon Elasmobranchii gehören (einschließlich Haie und Rochen), sind im Allgemeinen besonders durch Überfischung gefährdet, da ihr Lebenszyklus durch langsames Wachstum, späte Geschlechtsreife und eine geringe Zahl von Nachkommen gekennzeichnet ist, auch wenn nicht alle Arten dieselbe biologische Produktivität aufweisen. Im Allgemeinen wurden in den letzten Jahren einige Hai-Populationen stark befischt, auch durch Schiffe, die unter der Flagge eines Mitgliedstaats in Unions- und Nicht-Unionsgewässern operieren, und sie sind durch einen dramatischen Anstieg der Nachfrage nach Haiprodukten, insbesondere nach Haifischflossen, ernsthaft bedroht.

(3)

Haifischflossen gehören nicht traditionell zur europäischen Küche; allerdings sind Haie ein notwendiger Bestandteil der Meeresökosysteme der Union. Die Bewirtschaftung und Erhaltung von Haibeständen sowie, allgemeiner gesprochen, die Förderung einer nachhaltig betriebenen Fischerei zum Nutzen der Umwelt und der in der Fischerei tätigen Menschen sollten daher vorrangige Bedeutung haben.

(4)

Die aktuellen auf der Untersuchung von Haifangraten basierenden wissenschaftlichen Erkenntnisse weisen im Allgemeinen darauf hin, dass viele Haibestände stark gefährdet sind, auch wenn die Situation nicht für alle Arten bzw. nicht einmal für dieselbe Art in unterschiedlichen Meereszonen die gleiche ist. Nach Angaben der Weltnaturschutzunion (IUCN) sind mehr als 25 % aller pelagischen Haiarten, von denen mehr als 50 % große Hochseehaie sind, bedroht. In den vergangenen Jahren wurde der Fang, das Mitführen an Bord, das Umladen oder Anlanden einer wachsenden Anzahl von Haiarten, einschließlich von Haien, deren Flossen wertvolle Handelsgüter sind, im Unionsrecht oder im Rahmen der regionalen Fischereiorganisationen verboten.

(5)

Der Blauhai (Priconace glauca) und der Makrelenhai (Isurus oxyrinchus), die von der IUCN als „potenziell gefährdet“ bzw. „verletzlich“ eingestuft wurden, gehören aktuell zu den am häufigsten von den Unionsflotten gefangenen Haiarten, wobei der Blauhai ungefähr 70 % der insgesamt gemeldeten Anlandungen von Haien ausmacht. Andere Arten wie der Hammerhai und der Seidenhai werden in den Unions- und Nicht-Unionsgewässern jedoch auch gefangen und tragen zur wirtschaftlichen Rentabilität der Fischereien bei.

(6)

Die Verordnung (EG) Nr. 1185/2003 gestattet derzeit den Mitgliedstaaten, spezielle Fangerlaubnisse zu erteilen, die das Verarbeiten von Haien an Bord von Schiffen in Form des Abtrennens der Haifischflossen vom Haifischkörper erlaubt. Um sicherzustellen, dass eine Übereinstimmung zwischen dem Gewicht der Haifischflossen und dem Körpergewicht des Haies besteht, wurde ein Gewichtsverhältnis von „Flossen zum Körper“ festgesetzt. Bei der Verwendung des Verhältnisses „Flossen zum Körper“ gibt es gravierende Schwierigkeiten der Kontrolle und Durchsetzung. Die Verwendung eines solchen Verhältnisses ist für die Beseitigung der Fangaufwertungspraxis nicht ausreichend, und aufgrund der Unterschiede bei der Art, die Flosse abzuschneiden, und der Variabilität von Flossengröße und -gewicht bei verschiedenen Haiarten könnte dessen Verwendung dazu führen, dass Finning unerkannt stattfindet. Flossen und Körper können nach der Verarbeitung in unterschiedlichen Häfen angelandet werden. Unter diesen Umständen ist die Datenerhebung (unter anderem zu Artenbestimmung und Populationsstruktur) beeinträchtigt, die dazu dient, wissenschaftliche Gutachten für Bestanderhaltungs- und -bewirtschaftungsmaßnahmen zu untermauern.

(7)

Angesichts des im Jahr 1999 von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) verabschiedeten Internationalen Aktionsplans für die Erhaltung und Bewirtschaftung von Haien sollte die Union alle erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung der Haie und zur Verringerung von Abfällen und Rückwürfen bei Haifängen ergreifen. In seinen Schlussfolgerungen vom 23. April 2009 befürwortete der Rat die allgemeine Herangehensweise und die spezifischen Ziele der Union, wie in der einschlägigen Mitteilung der Kommission vom 5. Februar 2009 über einen Aktionsplan der Europäischen Gemeinschaft für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Haibestände ausgeführt. Der Rat forderte die Kommission auch auf, besonderes Augenmerk auf das Abtrennen von Haifischflossen zu legen und möglichst bald einen Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1185/2003, insbesondere hinsichtlich der abweichenden Regelungen und der diesbezüglichen Verfahrensweisen, vorzulegen.

(8)

Der Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für die Fischerei (STECF) erkennt das Problem des Hai-Finnings an, fordert seine Einstellung ohne Ausnahmen und rät, dass alle Elasmobranchii-Arten mit unversehrten Flossen am Körper angelandet werden sollten.

(9)

Die regionalen Fischereiorganisationen befassen sich zunehmend mit dem Thema Hai-Finning. Zudem geben ihre wissenschaftlichen Gremien der Anlandung von Haien mit unversehrten Flossen am Körper den Vorzug und stellen hierzu fest, dass dies die beste Möglichkeit ist, Hai-Finning zu verhindern und die Erhebung der für Bestandsschätzungen erforderlichen Daten zu erleichtern. In den seit 2007 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen jährlich verabschiedeten Resolutionen zu nachhaltiger Fischerei, in der globalen IUCN-Richtlinie gegen Hai-Finning von 2008 und auf der Konferenz zur Überprüfung des Übereinkommens über Fischbestände von 2010 wurden die Staaten aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass alle Haie mit unversehrten Flossen am Körper angelandet werden.

(10)

2010 und 2011 hat die Kommission im Rahmen der verpflichtenden Folgenabschätzung eine öffentliche Konsultation durchgeführt, um Informationen über die am besten geeignete Art und Weise der Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1185/2003 zu erhalten. Die Kommission kam in ihrer Folgenabschätzung zu dem Ergebnis, dass jene Verordnung vorsehen sollte, dass alle Haie mit unversehrten Flossen am Körper angelandet werden, um sicherzustellen, dass das grundlegende Ziel der Erhaltung der Haibestände erreicht wird.

(11)

Die Verordnung (EG) Nr. 1185/2003 sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EG) Nr. 1185/2003 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 2 Nummer 3 wird gestrichen.

2.

In Artikel 3 wird folgender Absatz eingefügt:

„(1a)   Unbeschadet des Absatzes 1 dürfen Haifischflossen zur Erleichterung der Lagerung an Bord eingeschnitten und an den Körper gefaltet, aber vor der Anlandung nicht vom Körper getrennt werden.“

3.

Artikel 4 und 5 werden gestrichen.

4.

Artikel 6 erhält folgende Fassung:

„Artikel 6

Berichte

(1)   Für Fischereifahrzeuge, die die Flagge eines Mitgliedstaats führen und Haie fangen, an Bord halten, umladen oder anlanden, übermittelt der Flaggenmitgliedstaat gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 des Rates vom 20. November 2009 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Kontrollregelung zur Sicherstellung der Einhaltung der Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik (4) und gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 404/2011 der Kommission vom 8. April 2011 mit Durchführungsbestimmungen für die Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 des Rates (5) der Kommission jährlich bis zum 1. Mai einen zusammenfassenden Bericht über seine Durchführung dieser Verordnung im Vorjahr. In dem Bericht werden die von dem Flaggenmitgliedstaat durchgeführte Überwachung der Einhaltung dieser Verordnung durch seine Fischereifahrzeuge in Unions- und Nicht-Unionsgewässern sowie die von ihm im Falle von Verstößen ergriffenen Durchsetzungsmaßnahmen beschrieben. Insbesondere gibt der Flaggenmitgliedstaat sämtliche der folgenden Informationen an:

Zahl der Anlandungen von Haien;

Zahl, Tag und Ort der durchgeführten Inspektionen;

Zahl und Art der aufgedeckten Verstöße, einschließlich vollständiger Identifizierung der betreffenden Schiffe und der auf die einzelnen Verstöße angewandten Sanktionen, und

Gesamtanlandungen nach Art (Gewicht/Anzahl) und Hafen.

(2)   Nach der Vorlage des zweiten Jahresberichts der Mitgliedstaaten gemäß Absatz 1 erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 1. Januar 2016 Bericht über das Funktionieren dieser Verordnung und die einschlägigen internationalen Entwicklungen.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am siebten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 12. Juni 2013.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

L. CREIGHTON


(1)  ABl. C 181 vom 21.6.2012, S. 195.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 22. November 2012 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 6. Juni 2013.

(3)  ABl. L 167 vom 4.7.2003, S. 1.

(4)  ABl. L 343 vom 22.12.2009, S. 1.

(5)  ABl. L 112 vom 30.4.2011, S. 1.“


29.6.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 181/4


VERORDNUNG (EU) Nr. 606/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 12. Juni 2013

über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 81 Absatz 2 Buchstaben a, e und f,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Anhörung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Union hat es sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist und der Zugang zum Recht, insbesondere durch den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen, erleichtert wird. Zum schrittweisen Aufbau eines solchen Raums muss die Union Maßnahmen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug erlassen, insbesondere wenn dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist.

(2)

Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sieht vor, dass die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen beruhen muss.

(3)

In einem gemeinsamen Rechtsraum ohne Binnengrenzen sind Bestimmungen, die eine zügige und einfache Anerkennung und gegebenenfalls Vollstreckung von in einem Mitgliedstaat angeordneten Schutzmaßnahmen in einem anderen Mitgliedstaat sicherstellen, unerlässlich damit gewährleistet ist, dass der einer natürlichen Person in einem Mitgliedstaat gewährte Schutz in jedem anderen Mitgliedstaat, in den diese Person reist oder umzieht, aufrechterhalten und fortgesetzt wird. Es muss sichergestellt werden, dass die legitime Wahrnehmung des Rechts der Unionsbürger, sich gemäß Artikel 3 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und gemäß Artikel 21 AEUV im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, für die Unionsbürger nicht zum Verlust dieses Schutzes führt.

(4)

Das gegenseitige Vertrauen in die Rechtspflege in der Union sowie das Ziel, einen zügigeren und kostengünstigeren Umlauf von Schutzmaßnahmen innerhalb der Union zu gewährleisten, rechtfertigen den Grundsatz, wonach in einem Mitgliedstaat angeordnete Schutzmaßnahmen in allen anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden, ohne dass es hierzu besonderer Verfahren bedarf. Eine in einem Mitgliedstaat angeordnete Schutzmaßnahme („Ursprungsmitgliedstaat“) sollte daher so behandelt werden, als wäre sie in dem Mitgliedstaat angeordnet worden, in dem um Anerkennung ersucht wird („ersuchter Mitgliedstaat“).

(5)

Um das Ziel des freien Verkehrs von Schutzmaßnahmen zu erreichen, ist es erforderlich und angemessen, dass die Vorschriften über die Anerkennung und gegebenenfalls Vollstreckung von Schutzmaßnahmen im Wege eines Unionsrechtsakts festgelegt werden, der verbindlich und unmittelbar anwendbar ist.

(6)

Diese Verordnung sollte für Schutzmaßnahmen gelten, die angeordnet werden, um eine Person zu schützen, wenn es ernsthafte Gründe zu der Annahme gibt, dass das Leben dieser Person, ihre körperliche oder psychische Unversehrtheit, ihre persönliche Freiheit, ihre Sicherheit oder ihre sexuelle Integrität in Gefahr ist, beispielsweise zur Verhütung jeder Form von geschlechtsbezogener Gewalt oder Gewalt in engen Beziehungen wie körperliche Gewalt, Belästigung, sexuelle Übergriffe, Stalking, Einschüchterung oder andere Formen der indirekten Nötigung. Es ist hervorzuheben, dass diese Verordnung für alle Opfer gilt, und zwar unabhängig davon, ob sie Opfer von geschlechtsbezogener Gewalt sind oder nicht.

(7)

Mit der Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten (3) wird sichergestellt, dass Opfer von Straftaten angemessene Informationen und Unterstützung erhalten.

(8)

Diese Verordnung ergänzt die Richtlinie 2012/29/EU. Die Tatsache, dass eine Person Gegenstand einer in Zivilsachen angeordneten Schutzmaßnahme ist, schließt nicht zwingend aus, dass diese Person als „Opfer“ im Sinne der genannten Richtlinie gilt.

(9)

Der Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt unter die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen im Sinne des Artikels 81 AEUV. Diese Verordnung gilt nur für Schutzmaßnahmen, die in Zivilsachen angeordnet werden. Schutzmaßnahmen, die in Strafsachen angeordnet werden sind von der Richtlinie 2011/99/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Europäische Schutzanordnung (4) erfasst.

(10)

Der Begriff Zivilsachen sollte im Einklang mit den Grundsätzen des Unionsrechts autonom ausgelegt werden. Für die Beurteilung des zivilrechtlichen Charakters einer Schutzmaßnahme sollte nicht entscheidend sein, ob eine zivil-, verwaltungs- oder strafrechtliche Behörde die Schutzmaßnahme anordnet.

(11)

Diese Verordnung sollte das Funktionieren der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (5) (im Folgenden „Brüssel-IIa-Verordnung“) nicht beeinträchtigen. Entscheidungen, die gemäß der Brüssel-IIa-Verordnung ergehen, sollten weiterhin gemäß jener Verordnung anerkannt und vollstreckt werden.

(12)

Die vorliegende Verordnung trägt den unterschiedlichen Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten Rechnung und berührt nicht die nationalen Systeme für die Anordnung von Schutzmaßnahmen. Diese Verordnung verpflichtet die Mitgliedstaaten weder dazu, ihre nationalen Systeme dahin gehend zu ändern, dass Schutzmaßnahmen in Zivilsachen angeordnet werden können, noch dazu, für die Zwecke der Anwendung dieser Verordnung Schutzmaßnahmen in Zivilsachen einzuführen.

(13)

Um den unterschiedlichen Arten von Behörden, die in den Mitgliedstaaten Schutzmaßnahmen in Zivilsachen anordnen, Rechnung zu tragen, sollte diese Verordnung — anders als in anderen Bereichen der justiziellen Zusammenarbeit — für Entscheidungen sowohl von Gerichten als auch von Verwaltungsbehörden gelten, sofern Letztere Garantien insbesondere hinsichtlich ihrer Unparteilichkeit und des Rechts der Parteien auf gerichtliche Nachprüfung bieten. In keinem Fall sollten die Polizeibehörden als Ausstellungsbehörden im Sinne dieser Verordnung gelten.

(14)

Gemäß dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung sollten Schutzmaßnahmen, die in dem Ursprungsmitgliedstaat in Zivilsachen angeordnet werden, in dem ersuchten Mitgliedstaat als Schutzmaßnahmen in Zivilsachen im Sinne dieser Verordnung anerkannt werden.

(15)

Gemäß dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung entspricht die Anerkennung der Gültigkeitsdauer der Schutzmaßnahme. Unter Berücksichtigung der Vielfalt der Schutzmaßnahmen nach dem Recht der Mitgliedstaaten, insbesondere ihre Dauer betreffend, und der Tatsache, dass diese Verordnung typischerweise in dringenden Fällen angewandt werden wird, sollte die Wirkung der Anerkennung nach dieser Verordnung jedoch ausnahmsweise auf einen Zeitraum von 12 Monaten ab der Ausstellung der in dieser Verordnung vorgesehenen Bescheinigung beschränkt sein, unabhängig davon, ob die Schutzmaßnahme (sei sie nun vorläufig, befristet oder unbefristet) eine längere Gültigkeitsdauer hat.

(16)

In Fällen, in denen die Dauer einer Schutzmaßnahme länger als 12 Monate ist, sollte die Beschränkung der Wirkung der Anerkennung nach dieser Verordnung nicht das Recht der geschützten Person berühren, die Schutzmaßnahme gemäß jedwedem anderen hierfür zur Verfügung stehenden Rechtsakt der Union geltend zu machen oder eine nationale Schutzmaßnahme im ersuchten Mitgliedstaat zu beantragen.

(17)

Die Befristung der Wirkung der Anerkennung hat aufgrund der Besonderheit des Gegenstands dieser Verordnung Ausnahmecharakter und sollte nicht als Präzedenzfall für andere Instrumente in Zivil- und Handelssachen herangezogen werden.

(18)

Diese Verordnung sollte ausschließlich die Anerkennung der im Rahmen einer Schutzmaßnahme auferlegten Verpflichtung behandeln. Sie sollte nicht die Verfahren zur Durchführung oder Vollstreckung der Schutzmaßnahme regeln und auch keine potenziellen Sanktionen umfassen, die verhängt werden könnten, wenn im ersuchten Mitgliedstaat gegen die im Rahmen der Schutzmaßnahme angeordnete Verpflichtung verstoßen wird. Diese Angelegenheiten bleiben dem Recht dieses Mitgliedstaats überlassen. Im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und insbesondere dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung müssen die Mitgliedstaaten jedoch sicherstellen, dass nach dieser Verordnung anerkannte Schutzmaßnahmen im ersuchten Mitgliedstaat wirksam werden können.

(19)

Durch diese Verordnung erfasste Schutzmaßnahmen sollten einer geschützten Person Schutz an ihrem Wohnort oder Arbeitsort oder an jedem anderen Ort bieten, den diese Person regelmäßig aufsucht, wie z. B. dem Wohnort enger Verwandter oder der von ihrem Kind besuchten Schule oder Bildungseinrichtung. Unabhängig davon, ob der fragliche Ort oder die Ausdehnung der Fläche, der/die durch die Schutzmaßnahme erfasst wird, in der Schutzmaßnahme durch eine oder mehrere konkrete Anschriften oder durch Bezugnahme auf ein bestimmtes abgegrenztes Gebiet beschrieben ist, der (denen) sich die gefährdende Person nicht nähern darf bzw. das sie nicht betreten darf (oder eine Kombination aus diesen beiden Kriterien), bezieht sich die Anerkennung der mit der Schutzmaßnahme angeordneten Verpflichtung auf den Zweck, den dieser Ort für die geschützte Person hat, und nicht auf die konkrete Anschrift.

(20)

Daher, und sofern der Charakter und die wesentlichen Elemente der Schutzmaßnahme beibehalten werden, sollte die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats befugt sein, die faktischen Elemente der Schutzmaßnahme anzupassen, wenn diese Anpassung erforderlich ist, damit die Anerkennung der Schutzmaßnahme im ersuchten Mitgliedstaat praktisch wirksam wird. Zu den faktischen Elementen gehören die Anschrift, der Ort im Allgemeinen oder der Mindestabstand, den die gefährdende Person zur geschützten Person, zur Anschrift oder zum Ort im Allgemeinen halten muss. Die Art und der zivilrechtliche Charakter der Schutzmaßnahme dürfen durch eine solche Anpassung jedoch nicht berührt werden.

(21)

Um jede mögliche Anpassung einer Schutzmaßnahme zu erleichtern, sollte die Bescheinigung angeben, ob die in der Schutzmaßnahme angegebene Anschrift den Wohnort, den Arbeitsort oder einen Ort, den die geschützte Person regelmäßig aufsucht, darstellt. Außerdem sollte in der Bescheinigung gegebenenfalls das abgegrenzte Gebiet (ungefährer Radius um die konkrete Anschrift) angegeben werden, das für die der gefährdenden Person im Rahmen der Schutzmaßnahme auferlegte Verpflichtung gilt.

(22)

Um den freien Verkehr von Schutzmaßnahmen in der Union zu erleichtern, sollten mit dieser Verordnung ein einheitliches Muster für eine entsprechende Bescheinigung festgelegt und ein mehrsprachiges Standardformular für diesen Zweck bereitgestellt werden. Die Ausstellungsbehörde sollte die Bescheinigung auf Ersuchen der geschützten Person ausstellen.

(23)

Das mehrsprachige Standardformular der Bescheinigung sollte so wenige Freitextfelder wie möglich enthalten, so dass die Übersetzung oder Transkription in den meisten Fällen durch Verwendung des Standardformulars in der jeweiligen Sprache kostenfrei für die geschützte Person erfolgen kann. Kosten für eine Übersetzung, die über den Text des mehrsprachigen Standardformulars hinaus erforderlich ist, sind nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats zuzuweisen.

(24)

Enthält eine Bescheinigung freien Text, so sollte die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats darüber entscheiden, ob eine Übersetzung oder Transkription erforderlich ist. Dies sollte die geschützte Person oder die Ausstellungsbehörde im Ursprungsmitgliedstaat nicht daran hindern, aus eigener Initiative für eine Übersetzung oder Transkription zu sorgen.

(25)

Um sicherzustellen, dass die Verteidigungsrechte der gefährdenden Person auch in Fällen gewahrt werden, in denen eine Schutzmaßnahme bei Nichteinlassung auf das Verfahren oder im Rahmen eines Verfahrens angeordnet wurde, in dem die vorherige Unterrichtung der gefährdenden Person nicht vorgesehen ist (Ex-parte-Verfahren), sollte die Bescheinigung nur dann ausgestellt werden können, wenn diese Person Gelegenheit dazu hatte, Vorkehrungen für ihre Verteidigung gegen die Schutzmaßnahme zu treffen. Zur Verhinderung einer Umgehung und in Anbetracht der typischen Dringlichkeit der Fälle, in denen Schutzmaßnahmen notwendig sind, sollte es jedoch nicht erforderlich sein, dass die Frist für die Geltendmachung dieser Verteidigungsrechte abgelaufen ist, bevor eine Bescheinigung ausgestellt werden kann. Die Bescheinigung sollte ausgestellt werden, sobald die Schutzmaßnahme im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist.

(26)

Da in Bezug auf die Verfahren Einfachheit und Schnelligkeit angestrebt werden, sieht diese Verordnung einfache und zügige Methoden vor, um der gefährdenden Person die Verfahrensschritte zur Kenntnis zu bringen. Diese spezifischen Methoden der Unterrichtung sollten jedoch aufgrund der Besonderheit des Gegenstands dieser Verordnung nur für deren Zwecke gelten; sie sollten nicht als Präzedenzfall für andere Instrumente in Zivil- und Handelssachen gelten und sie sollten die Verpflichtungen eines Mitgliedstaats betreffend die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivilsachen im Ausland, die sich aus einem bilateralen oder multilateralen Übereinkommen zwischen diesem Mitgliedstaat und einem Drittstaat ergeben, nicht berühren.

(27)

Wenn die Bescheinigung der gefährdenden Person zur Kenntnis gebracht wird und auch bei jeglicher Anpassung der faktischen Elemente einer Schutzmaßnahme im ersuchten Mitgliedstaat, sollte das Interesse der geschützten Person an einer Geheimhaltung ihres Aufenthaltsorts und anderer Kontaktdaten gebührend berücksichtigt werden. Solche Angaben sollten der gefährdenden Person nicht mitgeteilt werden, es sei denn, eine solche Mitteilung ist für die Einhaltung oder die Vollstreckung der Schutzmaßnahme erforderlich.

(28)

Gegen die Ausstellung der Bescheinigung sollte kein Rechtsbehelf eingelegt werden können.

(29)

Die Bescheinigung sollte berichtigt werden, wenn sie aufgrund eines offensichtlichen Fehlers oder offensichtlicher Ungenauigkeiten — wie einem Tippfehler oder einem Fehler bei der Transkription oder der Abschrift — die Schutzmaßnahme nicht korrekt wiedergibt, beziehungsweise aufgehoben werden, wenn sie eindeutig zu Unrecht erteilt wurde, beispielsweise wenn sie für eine Maßnahme verwendet wurde, die nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt, oder wenn sie unter Verstoß gegen die Anforderungen an ihre Ausstellung ausgestellt wurde.

(30)

Die ausstellende Behörde im Ursprungsmitgliedstaat sollte der geschützten Person auf Ersuchen dabei behilflich sein, Informationen über die Behörden des ersuchten Mitgliedstaats zu erhalten, bei denen die Schutzmaßnahme geltend zu machen oder die Vollstreckung der Schutzmaßnahme zu beantragen ist.

(31)

Eine geordnete Rechtspflege erfordert es, dass in zwei Mitgliedstaaten keine miteinander unvereinbaren Entscheidungen ergehen sollten. Deshalb sollte diese Verordnung in Fällen der Unvereinbarkeit mit einer im ersuchten Mitgliedstaat ergangenen oder anerkannten Entscheidung die Möglichkeit der Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung der Schutzmaßnahme vorsehen.

(32)

Aus Gründen des öffentlichen Interesses kann unter außergewöhnlichen Umständen eine Verweigerung durch das Gericht des ersuchten Mitgliedstaats, die Schutzmaßnahme anzuerkennen oder zu vollstrecken, gerechtfertigt sein, wenn deren Anwendung mit der öffentlichen Ordnung (ordre public) dieses Mitgliedstaats offensichtlich unvereinbar wäre. Jedoch sollte das Gericht den Vorbehalt der öffentlichen Ordnung dann nicht zur Verweigerung der Anerkennung oder Vollstreckung einer Schutzmaßnahme anwenden dürfen, wenn dies gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und insbesondere gegen ihren Artikel 21 verstoßen würde.

(33)

Wird die Schutzmaßnahme im Ursprungsmitgliedstaat aufgehoben oder wird die Bescheinigung dort aufgehoben, so sollte auch die zuständige Stelle im ersuchten Mitgliedstaat nach Vorlage der entsprechenden Bescheinigung die Wirkung der Anerkennung und gegebenenfalls die Vollstreckung der Schutzmaßnahme aussetzen oder aufheben.

(34)

Eine geschützte Person sollte in anderen Mitgliedstaaten wirksamen Zugang zum Recht haben. Zur Gewährleistung eines solchen wirksamen Zugangs in von dieser Verordnung erfassten Verfahren ist nach Maßgabe der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (6) Prozesskostenhilfe zu gewähren.

(35)

Um die Anwendung dieser Verordnung zu erleichtern, sollten die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, im Rahmen des mit der Entscheidung 2001/470/EG des Rates (7) eingerichteten Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen bestimmte Informationen zu ihren nationalen Vorschriften und Verfahren betreffend Schutzmaßnahmen in Zivilsachen bereitzustellen. Die von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Informationen sollten über das europäische E-Justiz-Portal zugänglich sein.

(36)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse im Hinblick auf die Erstellung und spätere Änderung der in dieser Verordnung vorgesehenen Formulare übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (8), ausgeübt werden.

(37)

Für den Erlass von Durchführungsrechtsakten zur Erstellung und späteren Änderung der in dieser Verordnung vorgesehenen Formulare sollte das Prüfverfahren angewandt werden.

(38)

Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Sie sucht insbesondere die Verteidigungsrechte und das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Artikeln 47 und 48 der Charta zu wahren. Ihre Anwendung sollte unter Beachtung dieser Rechte und Grundsätze erfolgen.

(39)

Da das Ziel der Verordnung, nämlich die Schaffung von Regeln für einen einfachen und zügigen Mechanismus zur Anerkennung von in einem Mitgliedstaat angeordneten Schutzmaßnahmen in Zivilsachen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(40)

Gemäß Artikel 3 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls (Nr. 21) über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts haben diese Mitgliedstaaten mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten.

(41)

Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls (Nr. 22) über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(42)

Der Europäische Datenschutzbeauftragte hat am 17. Oktober 2011 (9), gestützt auf Artikel 41 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (10), eine Stellungnahme abgegeben —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

GEGENSTAND, ANWENDUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand

Diese Verordnung legt Vorschriften für einen einfachen und zügigen Mechanismus zur Anerkennung von Schutzmaßnahmen fest, die in einem Mitgliedstaat in Zivilsachen angeordnet wurden.

Artikel 2

Anwendungsbereich

(1)   Diese Verordnung gilt für Schutzmaßnahmen in Zivilsachen, die eine Ausstellungsbehörde im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 angeordnet hat.

(2)   Diese Verordnung gilt für grenzüberschreitende Fälle. Für die Zwecke dieser Verordnung wird ein Fall als ein „grenzüberschreitender Fall“ angesehen, wenn die Anerkennung einer Schutzmaßnahme, die in einem Mitgliedstaat angeordnet wurde, in einem anderen Mitgliedstaat beantragt wird.

(3)   Diese Verordnung gilt nicht für Schutzmaßnahmen, die unter die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 fallen.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„Schutzmaßnahme“ jede von der Ausstellungsbehörde des Ursprungsmitgliedstaats gemäß ihrem innerstaatlichen Recht angeordnete Entscheidung — ungeachtet ihrer Bezeichnung —, mit der der gefährdenden Person eine oder mehrere der folgenden Verpflichtungen auferlegt werden, die dem Schutz einer anderen Person dienen, wenn deren körperliche oder seelische Unversehrtheit gefährdet sein könnte:

a)

das Verbot oder die Regelung des Betretens bestimmter Orte, an denen die geschützte Person wohnt, an denen sie arbeitet oder die sie regelmäßig aufsucht oder an denen sie sich regelmäßig aufhält,

b)

das Verbot oder die Regelung jeglicher Form des Kontakts mit der geschützten Person, auch telefonisch, auf elektronischem Weg, per Post oder Fax oder mit anderen Mitteln,

c)

das Verbot oder die Regelung, sich der geschützten Person mehr als bis auf eine vorgeschriebene Entfernung zu nähern,

2.

„geschützte Person“ eine natürliche Person, die Gegenstand des Schutzes ist, der durch eine Schutzmaßnahme gewährt wird,

3.

„gefährdende Person“ eine natürliche Person, der eine oder mehrere der unter Nummer 1 genannten Verpflichtungen auferlegt wurden,

4.

„Ausstellungsbehörde“ jedes Gericht oder jede andere Behörde, die ein Mitgliedstaat als für die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallenden Sachverhalte zuständig benennt, sofern diese andere Behörde den Parteien Garantien hinsichtlich der Unparteilichkeit bietet und sofern ihre Entscheidungen im Zusammenhang mit der Schutzmaßnahme nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem sie tätig ist, von einem Gericht nachgeprüft werden können und vergleichbare Wirkungen und Folgen haben wie die einer Entscheidung eines Gerichts, die denselben Gegenstand betrifft,

5.

„Ursprungsmitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, in dem die Schutzmaßnahme angeordnet wird,

6.

„ersuchter Mitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung und gegebenenfalls die Vollstreckung der Schutzmaßnahme beantragt wird.

KAPITEL II

ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG VON SCHUTZMASSNAHMEN

Artikel 4

Anerkennung und Vollstreckung

(1)   Eine in einem Mitgliedstaat angeordnete Schutzmaßnahme wird in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf, und ist dort vollstreckbar, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf.

(2)   Eine geschützte Person, die in dem ersuchten Mitgliedstaat eine in dem Ursprungsmitgliedstaat angeordnete Schutzmaßnahme geltend machen will, hat der zuständigen Behörde des ersuchten Mitgliedstaats Folgendes vorzulegen:

a)

eine Kopie der Schutzmaßnahme, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt,

b)

die nach Artikel 5 im Ursprungsmitgliedstaat ausgestellte Bescheinigung und

c)

erforderlichenfalls eine Transkription und/oder Übersetzung der Bescheinigung gemäß Artikel 16.

(3)   Die Bescheinigung ist nur insoweit wirksam, als die Schutzmaßnahme vollstreckbar ist.

(4)   Ungeachtet dessen, ob die Schutzmaßnahme eine längere Gültigkeitsdauer hat, ist die Wirkung der Anerkennung gemäß Absatz 1 auf 12 Monate, gerechnet ab dem Tag der Ausstellung der Bescheinigung, befristet.

(5)   Das Verfahren für die Vollstreckung von Schutzmaßnahmen unterliegt dem Recht des ersuchten Mitgliedstaats.

Artikel 5

Bescheinigung

(1)   Die Bescheinigung wird von der Ausstellungsbehörde des Ursprungsmitgliedstaats auf Ersuchen der geschützten Person unter Verwendung des gemäß Artikel 19 erstellten mehrsprachigen Standardformulars mit den in Artikel 7 vorgesehenen Angaben ausgestellt.

(2)   Gegen die Ausstellung einer Bescheinigung ist kein Rechtsbehelf möglich.

(3)   Auf Ersuchen der geschützten Person stellt die Ausstellungsbehörde des Ursprungsmitgliedstaats der geschützten Person unter Verwendung des gemäß Artikel 19 erstellten mehrsprachigen Standardformulars eine Transkription und/oder Übersetzung der Bescheinigung aus.

Artikel 6

Voraussetzungen für die Ausstellung der Bescheinigung

(1)   Die Bescheinigung darf nur dann ausgestellt werden, wenn die gefährdende Person gemäß dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats von der Schutzmaßnahme in Kenntnis gesetzt worden ist.

(2)   Wurde die Schutzmaßnahme bei Nichteinlassung auf das Verfahren angeordnet, kann die Bescheinigung nur dann ausgestellt werden, wenn der gefährdenden Person das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück zugestellt wurde oder wenn sie gegebenenfalls auf anderem Wege gemäß dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats rechtzeitig und in einer Weise über die Einleitung des Verfahrens in Kenntnis gesetzt wurde, die es ihr erlaubt hat, Vorkehrungen für ihre Verteidigung zu treffen.

(3)   Wenn eine Schutzmaßnahme im Rahmen eines Verfahrens angeordnet wurde, in dem nicht vorgesehen ist, dass die gefährdende Person zuvor unterrichtet wird (Ex-parte-Verfahren), so kann die Bescheinigung nur dann ausgestellt werden, wenn diese Person das Recht hatte, gegen die betreffende Schutzmaßnahme nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats einen Rechtsbehelf einzulegen.

Artikel 7

Inhalt der Bescheinigung

Die Bescheinigung enthält die folgenden Informationen:

a)

den Namen und die Anschrift/Kontaktdaten der Ausstellungsbehörde,

b)

das Aktenzeichen,

c)

das Ausstellungsdatum der Bescheinigung,

d)

Angaben zu der geschützten Person: Name, Geburtsdatum und -ort, sofern verfügbar, und die für Zustellungen zu verwendende Anschrift, der eine deutlich sichtbare Warnung vorangeht, dass diese Anschrift der gefährdenden Person bekanntgegeben werden kann,

e)

Angaben zu der gefährdenden Person: Name, Geburtsdatum und -ort, sofern verfügbar, und die für Zustellungen zu verwendende Anschrift,

f)

alle für die Vollstreckung der Schutzmaßnahme erforderlichen Informationen, gegebenenfalls einschließlich der Art der Maßnahme und der Verpflichtung, die der gefährdenden Person damit auferlegt wird, und unter Angabe der Funktion des Ortes und/oder des abgegrenzten Gebiets, dem diese Person sich nicht nähern beziehungsweise das sie nicht betreten darf,

g)

die Dauer der Schutzmaßnahme,

h)

die Dauer der Wirkung der Anerkennung gemäß Artikel 4 Absatz 4,

i)

eine Erklärung, dass die in Artikel 6 niedergelegten Voraussetzungen erfüllt sind,

j)

eine Belehrung über die nach den Artikeln 9 und 13 gewährten Rechte,

k)

zur Erleichterung der Bezugnahme, den vollständigen Titel dieser Verordnung.

Artikel 8

Zustellung der Bescheinigung an die gefährdende Person

(1)   Die Ausstellungsbehörde des Ursprungsmitgliedstaats setzt die gefährdende Person über die Bescheinigung sowie über die Tatsache in Kenntnis, dass die Ausstellung der Bescheinigung die Anerkennung und gegebenenfalls gemäß Artikel 4 die Vollstreckbarkeit der Schutzmaßnahme in allen Mitgliedstaaten zur Folge hat.

(2)   Hat die gefährdende Person ihren Wohnsitz im Ursprungsmitgliedstaat, so erfolgt die Zustellung der Bescheinigung nach dem Recht dieses Mitgliedstaats. Hat die gefährdende Person ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem Ursprungsmitgliedstaat oder in einem Drittstaat, so erfolgt die Zustellung per Einschreiben mit Rückschein oder gleichwertigem Beleg.

Fälle, in denen die Anschrift der gefährdenden Person nicht bekannt ist oder in denen die gefährdende Person sich weigert, den Erhalt der Zustellung zu bestätigen, unterliegen dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats.

(3)   Angaben über den Aufenthaltsort und andere Kontaktdaten der geschützten Person werden der gefährdenden Person nicht mitgeteilt, es sei denn, die Mitteilung dieser Angaben ist für die Einhaltung oder die Vollstreckung der Schutzmaßnahme erforderlich.

Artikel 9

Berichtigung oder Aufhebung der Bescheinigung

(1)   Unbeschadet des Artikels 5 Absatz 2 wird die Bescheinigung auf Ersuchen der geschützten oder der gefährdenden Person, das an die Ausstellungsbehörde des Ursprungsmitgliedstaats zu richten ist, oder von dieser Behörde von Amts wegen

a)

berichtigt, wenn aufgrund eines Schreibfehlers eine Abweichung zwischen der Schutzmaßnahme und der Bescheinigung besteht; oder

b)

aufgehoben, wenn sie unter Berücksichtigung der Voraussetzungen gemäß Artikel 6 und des Anwendungsbereichs dieser Verordnung offenkundig zu Unrecht erteilt wurde.

(2)   Das Verfahren für die Berichtigung bzw. die Aufhebung der Bescheinigung, einschließlich eines etwaigen Rechtsbehelfs, unterliegt dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats.

Artikel 10

Hilfestellung für die geschützte Person

Die Ausstellungsbehörde des Ursprungsmitgliedstaats ist der geschützten Person auf deren Ersuchen hin dabei behilflich, die gemäß den Artikeln 17 und 18 bereitgestellten Informationen über die Behörden des ersuchten Mitgliedstaats zu erhalten, bei denen die Schutzmaßnahme geltend gemacht oder die Vollstreckung der Schutzmaßnahme beantragt werden kann.

Artikel 11

Anpassung der Schutzmaßnahme

(1)   Die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats passt, sofern und soweit erforderlich, die faktischen Elemente der Schutzmaßnahme an, um der Schutzmaßnahme in diesem Mitgliedstaat Wirkung zu verleihen.

(2)   Das Verfahren für die Anpassung der Schutzmaßnahme unterliegt dem Recht des ersuchten Mitgliedstaats.

(3)   Die Anpassung der Schutzmaßnahme wird der gefährdenden Person mitgeteilt.

(4)   Hat die gefährdende Person ihren Wohnsitz im ersuchten Mitgliedstaat, so erfolgt die Mitteilung nach dem Recht dieses Mitgliedstaats. Hat die gefährdende Person ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem ersuchten Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat, so erfolgt die Mitteilung per Einschreiben mit Rückschein oder gleichwertigem Beleg.

Fälle, in denen die Anschrift der gefährdenden Person nicht bekannt ist oder in denen die gefährdende Person sich weigert, den Erhalt der Mitteilung zu bestätigen, unterliegen dem Recht des ersuchten Mitgliedstaats.

(5)   Die geschützte und die gefährdende Person können einen Rechtsbehelf gegen die Anpassung der Schutzmaßnahme einlegen. Das Rechtsbehelfsverfahren unterliegt dem Recht des ersuchten Mitgliedstaats. Das Einlegen eines Rechtsbehelfs hat jedoch keine aufschiebende Wirkung.

Artikel 12

Ausschluss einer Nachprüfung in der Sache

Eine in dem Ursprungsmitgliedstaat angeordnete Schutzmaßnahme darf im ersuchten Mitgliedstaat keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden.

Artikel 13

Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung

(1)   Auf Antrag der gefährdenden Person wird die Anerkennung und gegebenenfalls die Vollstreckung der Schutzmaßnahme versagt, soweit diese Anerkennung

a)

der öffentlichen Ordnung (ordre public) des ersuchten Mitgliedstaats offensichtlich widersprechen würde oder

b)

mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die im ersuchten Mitgliedstaat ergangen oder anerkannt worden ist.

(2)   Der Antrag auf Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung wird bei dem Gericht des ersuchten Mitgliedstaats eingereicht, das dieser Mitgliedstaat der Kommission gemäß Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer iv mitgeteilt hat.

(3)   Die Anerkennung der Schutzmaßnahme darf nicht mit der Begründung versagt werden, dass im Recht des ersuchten Mitgliedstaats eine solche Maßnahme für denselben Sachverhalt nicht vorgesehen ist.

Artikel 14

Aufhebung der Anerkennung oder Vollstreckung

(1)   Wird eine Schutzmaßnahme im Ursprungsmitgliedstaat ausgesetzt oder aufgehoben oder wird ihre Vollstreckbarkeit ausgesetzt oder beschränkt oder wird die Bescheinigung gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b aufgehoben, so stellt die Ausstellungsbehörde des Ursprungsmitgliedstaats auf Ersuchen der geschützten oder der gefährdenden Person eine Bescheinigung über diese Aussetzung, Beschränkung oder Aufhebung unter Verwendung des gemäß Artikel 19 erstellten mehrsprachigen Standardformulars aus.

(2)   Nach Vorlage der gemäß Absatz 1 ausgestellten Bescheinigung durch die geschützte oder die gefährdende Person setzt die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats die Wirkung der Anerkennung und gegebenenfalls die Vollstreckung der Schutzmaßnahme aus oder hebt sie auf.

KAPITEL III

ALLGEMEINE UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 15

Legalisation oder ähnliche Förmlichkeiten

Im Rahmen dieser Verordnung bedarf es hinsichtlich der Urkunden, die in einem Mitgliedstaat ausgestellt werden, weder der Legalisation noch einer ähnlichen Förmlichkeit.

Artikel 16

Transkription oder Übersetzung

(1)   Eine Transkription oder Übersetzung, die im Rahmen dieser Verordnung verlangt wird, erfolgt in die Amtssprache oder in eine der Amtssprachen des ersuchten Mitgliedstaats oder in eine andere Amtssprache der Organe der Union, die dieser Mitgliedstaat angegeben hat zu akzeptieren.

(2)   Vorbehaltlich des Artikels 5 Absatz 3 ist eine Übersetzung nach Maßgabe dieser Verordnung von einer Person vorzunehmen, die zur Anfertigung von Übersetzungen in einem der Mitgliedstaaten befugt ist.

Artikel 17

Informationen für die Öffentlichkeit

Die Mitgliedstaaten übermitteln im Rahmen des durch die Entscheidung 2001/470/EG geschaffenen Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen im Hinblick auf die Bereitstellung von Informationen für die Öffentlichkeit eine Beschreibung der innerstaatlichen Vorschriften und Verfahren im Zusammenhang mit Schutzmaßnahmen in Zivilsachen, einschließlich Informationen zu der Art von Behörden, die für Angelegenheiten, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen, zuständig sind.

Die Mitgliedstaaten halten diese Informationen auf dem neuesten Stand.

Artikel 18

Mitteilungen der Informationen durch die Mitgliedstaaten

(1)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission bis zum 11. Juli 2014 die folgenden Informationen mit:

a)

die Art der Behörden, die für die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallenden Angelegenheiten zuständig sind, gegebenenfalls unter Angabe

i)

der Behörden, die dafür zuständig sind, Schutzmaßnahmen anzuordnen und Bescheinigungen gemäß Artikel 5 auszustellen,

ii)

der Behörden, bei denen eine in einem anderen Mitgliedstaat angeordnete Schutzmaßnahme geltend gemacht werden kann und/oder die für die Vollstreckung einer solchen Maßnahme zuständig sind,

iii)

der Behörden, die für die Anpassung von Schutzmaßnahmen gemäß Artikel 11 Absatz 1 zuständig sind,

iv)

der Gerichte, bei denen ein Antrag auf Versagung der Anerkennung und gegebenenfalls der Vollstreckung gemäß Artikel 13 einzureichen ist,

b)

die Sprache oder Sprachen, in der bzw. denen Übersetzungen gemäß Artikel 16 Absatz 1 zugelassen sind.

(2)   Die Angaben nach Absatz 1 werden von der Kommission in geeigneter Weise der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, insbesondere über die Website des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen.

Artikel 19

Erstellung und spätere Änderung der Formulare

Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Erstellung beziehungsweise späteren Änderung der in den Artikeln 5 und 14 genannten Formulare. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 20 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 20

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Artikel 21

Überprüfung

Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss bis zum 11. Januar 2020 einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung. Dem Bericht werden erforderlichenfalls Vorschläge zur Änderung dieser Verordnung beigefügt.

Artikel 22

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 11. Januar 2015.

Diese Verordnung gilt für Schutzmaßnahmen, die am oder nach dem 11. Januar 2015 angeordnet wurden, unabhängig davon, wann das Verfahren eingeleitet worden ist.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Straßburg am 12. Juni 2013.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

L. CREIGHTON


(1)  ABl. C 113 vom 18.4.2012, S. 56.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 22. Mai 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 6. Juni 2013.

(3)  ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57.

(4)  ABl. L 338 vom 21.12.2011, S. 2.

(5)  ABl. L 338 vom 23.12.2003, S. 1.

(6)  ABl. L 26 vom 31.1.2003, S. 41.

(7)  ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 25.

(8)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.

(9)  ABl. C 35 vom 9.2.2012, S. 10.

(10)  ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.


29.6.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 181/13


VERORDNUNG (EU) Nr. 607/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 12. Juni 2013

zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 552/97 des Rates zur vorübergehenden Rücknahme der allgemeinen Zollpräferenzen für Waren aus Myanmar/Birma

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 207,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Nach Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 552/97 des Rates vom 24. März 1997 zur vorübergehenden Rücknahme der allgemeinen Zollpräferenzen für Waren aus der Union Myanmar (2) in der Fassung von Artikel 28 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 732/2008 des Rates vom 22. Juli 2008 über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen ab dem 1. Januar 2009 (3) werden die mit der Verordnung (EG) Nr. 732/2008 eingeräumten Zollpräferenzen für Myanmar/Birma vorübergehend zurückgenommen.

(2)

Nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 732/2008 können die Präferenzregelungen im Rahmen jener Verordnung für alle oder bestimmte Waren mit Ursprung in einem begünstigten Land ausgehend von den Schlussfolgerungen der einschlägigen Aufsichtsgremien bei schwerwiegenden und systematischen Verstößen gegen Grundsätze, die in den in Anhang III Teil A jener Verordnung aufgeführten Übereinkommen niedergelegt sind, vorübergehend zurückgenommen werden.

(3)

Das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über Zwangs- oder Pflichtarbeit, 1930 (Nr. 29) ist in Anhang III Teil A der Verordnung (EG) Nr. 732/2008 aufgeführt.

(4)

Nach Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 552/97 sollte selbige Verordnung außer Kraft gesetzt werden, sobald anhand eines Berichts der Kommission über Zwangsarbeit in Myanmar/Birma festgestellt wird, dass die in Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 732/2008 genannten Praktiken nicht mehr vorkommen.

(5)

Am 13. Juni 2012 verabschiedete die Internationale Arbeitskonferenz (IAK) eine Resolution betreffend die gemäß Artikel 33 der IAO-Verfassung angenommenen Maßnahmen zu Myanmar („Resolution concerning the measures on the subject of Myanmar adopted under article 33 of the ILO Constitution“, im Folgenden „IAK-Resolution“). Die IAK nahm die am 4. Juni 2012 vom Ausschuss der IAK für die Anwendung der Normen angenommenen Schlussfolgerungen zur Kenntnis und beschloss angesichts der Tatsache, dass eine Beibehaltung der bestehenden Maßnahmen nicht mehr dazu beitragen würde, das gewünschte Ergebnis zu erreichen, die Aufhebung von Beschränkungen, durch die die Regierung von Myanmar/Birma von technischer Zusammenarbeit und Hilfe seitens der IAO ausgeschlossen war. Ferner setzte sie für ein Jahr die Forderung der IAO aus, wonach deren Mitglieder durch eine Überprüfung der Beziehungen mit Myanmar/Birma sicherstellen sollten, dass im Rahmen dieser Beziehungen nicht auf Zwangsarbeit zurückgegriffen wird.

(6)

Am 17. September 2012 veröffentlichte die Kommission einen Bericht „gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 552/97 in Bezug auf Zwangsarbeit in Myanmar/Birma“ mit diesen Feststellungen (im Folgenden „Bericht“). Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Fortschritte, die von Myanmar/Birma bei der Erfüllung der IAO-Empfehlungen erzielt und von den zuständigen IAO-Aufsichtsgremien bestätigt wurden, bedeuten, dass die Verstöße gegen die im IAO-Überkommen Nr. 29 niedergelegten Grundsätze nicht mehr als „schwerwiegend und systematisch“ betrachtet werden, und empfiehlt, Myanmar/Birma die allgemeinen Zollpräferenzen wieder einzuräumen.

(7)

Angesichts der IAK-Resolution und des Berichts sowie gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 552/97 sollte daher die vorübergehende Rücknahme der Myanmar/Birma durch die Verordnung (EG) Nr. 732/2008 gewährten Zollpräferenzen mit dem Datum der Annahme der IAK-Resolution aufgehoben werden.

(8)

Die Kommission sollte weiterhin die Entwicklungen in Bezug auf Zwangsarbeit in Myanmar/Birma überwachen und gemäß den geltenden Verfahren, nötigenfalls auch mit erneuten Rücknahmeverfahren, darauf reagieren —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EG) Nr. 552/97 wird aufgehoben.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 13. Juni 2012.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 12. Juni 2013.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

L. CREIGHTON


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 23. Mai 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 10. Juni 2013.

(2)  ABl. L 85 vom 27.3.1997, S. 8.

(3)  ABl. L 211 vom 6.8.2008, S. 1.


29.6.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 181/15


VERORDNUNG (EU) Nr. 608/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 12. Juni 2013

zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 207,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In seiner Entschließung vom 25. September 2008 über einen europäischen Gesamtplan zur Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie fordert der Rat, dass die Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Vorgehen der Zollbehörden gegen Waren, die im Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu verletzen, und die Maßnahmen gegenüber Waren, die erkanntermaßen derartige Rechte verletzen (2), überarbeitet wird und die Maßnahmen gegenüber Waren, die erkanntermaßen derartige Rechte verletzen, überprüft werden.

(2)

Das Inverkehrbringen von Waren, die Rechte geistigen Eigentums verletzen, fügt Rechtsinhabern, Rechtenutzern oder Gruppen von Erzeugern und gesetzestreuen Herstellern und Händlern erheblichen Schaden zu. Außerdem könnten durch derartiges Inverkehrbringen Verbraucher getäuscht werden und mitunter Gefahren für ihre Gesundheit und ihre Sicherheit ausgesetzt sein. Daher sollte so weit wie möglich verhindert werden, dass solche Waren auf den Unionsmarkt gelangen, und es sollten Maßnahmen zur Bekämpfung dieses rechtswidrigen Inverkehrbringens getroffen werden, ohne den rechtmäßigen Handel zu beeinträchtigen.

(3)

Die Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 zeigte, dass angesichts der wirtschaftlichen, handelspolitischen und rechtlichen Entwicklungen bestimmte Verbesserungen des rechtlichen Rahmens erforderlich sind, um die Durchsetzung von Rechten geistigen Eigentums durch die Zollbehörden zu stärken und zugleich eine angemessene Rechtssicherheit zu gewährleisten.

(4)

Die Zollbehörden sollten dafür zuständig sein, die Rechte geistigen Eigentums bei Waren durchzusetzen, die gemäß den Zollvorschriften der Union der zollamtlichen Überwachung oder Zollkontrollen unterliegen, und angemessene Kontrollen in Bezug auf diese Waren durchzuführen, um Vorgänge zu verhindern, die gegen die Rechtsvorschriften im Bereich des geistigen Eigentums verstoßen. Die Durchsetzung von Rechten geistigen Eigentums an der Grenze — dort, wo die Waren der zollamtlichen Überwachung oder Zollkontrollen unterliegen oder hätten unterliegen sollen — stellt einen effizienten Weg dar, um den Rechtsinhabern sowie den Rechtenutzern und Gruppen von Erzeugern einen raschen und wirksamen Rechtsschutz zu bieten. Wird die Überlassung der Waren ausgesetzt oder werden die Waren von den Zollbehörden an der Grenze zurückgehalten, so sollte nur ein einziges Rechtsverfahren notwendig sein, während für auf dem Markt aufgefundene Waren, die aufgeteilt und an Einzelhändler geliefert wurden, für das gleiche Durchsetzungsniveau mehrere getrennte Verfahren notwendig sein sollten. Eine Ausnahme sollte für Waren gelten, die im Rahmen der Regelung der Verwendung zu besonderen Zwecken in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wurden, da solche Waren trotz ihrer Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr unter zollamtlicher Überwachung bleiben. Diese Verordnung sollte nicht für Waren im persönlichen Gepäck von Reisenden gelten, sofern diese Waren für den persönlichen Gebrauch bestimmt sind und es keine Hinweise darauf gibt, dass gewerblicher Handel vorliegt.

(5)

Die Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 gilt nicht für bestimmte Rechte geistigen Eigentums, und bestimmte Rechtsverletzungen sind von ihrem Geltungsbereich ausgenommen. Zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten geistigen Eigentums sollte das Eingreifen der Zollbehörden auf andere Arten von Rechtsverletzungen ausgeweitet werden, die nicht unter die Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 fallen. Über die bereits unter die Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 fallenden Rechte hinaus sollten daher auch Handelsnamen, sofern sie nach den nationalen Rechtsvorschriften als ausschließliche Rechte geistigen Eigentums geschützt sind, Topografien von Halbleitererzeugnissen sowie Gebrauchsmuster und Vorrichtungen, die hauptsächlich entworfen, hergestellt oder angepasst werden, um die Umgehung technischer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern, erfasst sein.

(6)

Rechtsverletzungen infolge des sogenannten illegalen Parallelhandels und infolge von Mengenüberschreitungen sind aus dem Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 ausgeschlossen. Waren, die Gegenstand des illegalen Parallelhandels sind, also Waren, die mit Zustimmung des Rechtsinhabers hergestellt wurden, aber im Europäischen Wirtschaftsraum erstmals ohne seine Zustimmung in Verkehr gebracht wurden, und Waren, die durch Mengenüberschreitungen hergestellt wurden, also Waren, die von einer vom Rechtsinhaber zur Herstellung einer bestimmten Menge von Waren ordnungsgemäß ermächtigten Person in Überschreitung der zwischen dieser Person und dem Rechtsinhaber vereinbarten Mengen hergestellt wurden, werden als Originalwaren hergestellt, und es scheint daher nicht angemessen, dass die Zollbehörden ihre Anstrengungen auf diese Waren konzentrieren. Deshalb sollten der illegale Parallelhandel und Waren, die durch Mengenüberschreitungen hergestellt wurden ebenfalls aus dem Geltungsbereich der vorliegenden Verordnung ausgeschlossen werden.

(7)

Die Mitgliedstaaten sollten in Zusammenarbeit mit der Kommission geeignete Schulungen für Zollbedienstete anbieten, um die ordnungsgemäße Durchführung dieser Verordnung sicherzustellen.

(8)

Diese Verordnung wird, sobald sie in vollem Umfang angewendet wird, weiter zu einem Binnenmarkt beitragen, der einen wirksameren Schutz der Rechtsinhaber sicherstellt, Kreativität und Innovationen fördert und die Verbraucher mit zuverlässigen und hochwertigen Erzeugnissen versorgt, wodurch im Gegenzug grenzübergreifende Geschäfte zwischen Verbrauchern, Unternehmern und Händlern ausgeweitet werden.

(9)

Die Mitgliedstaaten sehen sich im Zollwesen immer knapperen Ressourcen gegenüber. Daher sollten Technologien für das Risikomanagement sowie Strategien für die optimale Nutzung der Ressourcen, die den Zollbehörden zur Verfügung stehen, gefördert werden.

(10)

Diese Verordnung enthält lediglich Verfahrensvorschriften für die Zollbehörden. Entsprechend werden mit dieser Verordnung keine Kriterien festgelegt, nach denen sich eine Verletzung von Rechten geistigen Eigentums feststellen lässt.

(11)

Gemäß der „Erklärung über das TRIPS-Übereinkommen und die öffentliche Gesundheit“, die auf der WTO-Ministerkonferenz in Doha vom 14. November 2001 verabschiedet wurde, kann und sollte das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte geistigen Eigentums (TRIPS-Übereinkommen) so ausgelegt und umgesetzt werden, dass es das Recht der WTO-Mitglieder fördert, die öffentliche Gesundheit zu schützen und insbesondere den Zugang zu Arzneimitteln für alle zu sichern. Im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Union und ihrer Politik auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit sollten die Zollbehörden daher in Bezug auf Arzneimittel, bei denen die Durchfuhr durch das Zollgebiet der Union mit oder ohne Umladung, Einlagerung, Teilung oder Änderung der Beförderungsart oder Wechsel des Verkehrsmittels nur Teil eines gesamten Weges ist, der außerhalb des Zollgebiets der Union beginnt und endet, bei der Einschätzung der Gefahr, dass Rechte geistigen Eigentums verletzt werden, berücksichtigen, ob eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Umleitung solcher Arzneimittel auf den Unionsmarkt besteht.

(12)

Diese Verordnung sollte die Bestimmungen über die Zuständigkeit der Gerichte, insbesondere gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (3), unberührt lassen.

(13)

Personen, Rechtenutzer, Einrichtungen oder Gruppen von Erzeugern, die in eigenem Namen ein Gerichtsverfahren wegen einer möglichen Verletzung eines Rechts geistigen Eigentums einleiten können, sollten berechtigt sein, einen Antrag zu stellen.

(14)

Um zu gewährleisten, dass die Rechte geistigen Eigentums unionsweit durchgesetzt werden, sollte Personen oder Einrichtungen, die die Durchsetzung eines im gesamten Unionsgebiet geltenden Rechts geistigen Eigentums erwirken wollen, erlaubt werden, sich an die Zollbehörden eines einzigen Mitgliedstaats zu wenden. Diesen Antragstellern sollte es möglich sein zu beantragen, dass diese Behörden entscheiden, dass sowohl in ihrem eigenen Mitgliedstaat als auch in jedem anderen Mitgliedstaat Maßnahmen ergriffen werden, um das Recht geistigen Eigentums durchzusetzen.

(15)

Um die zügige Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums zu gewährleisten, sollte dafür gesorgt werden, dass die Zollbehörden, wenn es hinreichende Anhaltspunkte dafür gibt, dass die ihrer Überwachung unterliegenden Waren Rechte geistigen Eigentums verletzen, entweder auf eigene Initiative oder auf Antrag die Überlassung der Waren aussetzen oder die Waren zurückhalten können, damit eine Person oder Einrichtung, die zur Antragstellung berechtigt ist, ein Verfahren zur Feststellung, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt wurde, einleiten kann.

(16)

Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 können die Mitgliedstaaten ein Verfahren vorsehen, nach dem bestimmte Waren vernichtet werden können, ohne dass ein Verfahren zur Feststellung, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist, eingeleitet werden muss. Wie in der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Dezember 2008 zu den Auswirkungen von Produktfälschung auf den internationalen Handel (4) anerkannt wird, hat sich dieses Verfahren in den Mitgliedstaaten, in denen es angewendet wird, als sehr erfolgreich erwiesen. Daher sollte dieses Verfahren bei allen Verletzungen von Rechten geistigen Eigentums zwingend vorgeschrieben und angewendet werden, sofern der Anmelder oder der Besitzer der Waren einer Vernichtung zustimmt. Darüber hinaus sollte im Rahmen dieses Verfahrens vorgesehen werden, dass die Zollbehörden davon ausgehen können, dass der Anmelder oder der Besitzer der Waren der Vernichtung der Waren zugestimmt hat, wenn er sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist ausdrücklich abgelehnt hat.

(17)

Um den Verwaltungsaufwand und die Kosten so gering wie möglich zu halten, sollte für Kleinsendungen nachgeahmter und unerlaubt hergestellter Waren ein besonderes Verfahren eingeführt werden, das eine Vernichtung dieser Waren ohne die ausdrückliche Zustimmung des Antragstellers im jeweiligen Fall ermöglicht. Jedoch sollte ein allgemeines Ersuchen des Antragstellers in dem Antrag vorgeschrieben werden, damit dieses Verfahren angewendet werden kann. Außerdem sollten die Zollbehörden die Möglichkeit haben, zu verlangen, dass der Antragsteller die durch die Anwendung dieses Verfahrens entstehenden Kosten trägt.

(18)

Im Interesse einer größeren Rechtssicherheit ist es anzeigt, die Fristen für die Aussetzung der Überlassung oder die Zurückhaltung von Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, und die Bedingungen für die Weitergabe von Informationen über die zurückgehaltenen Waren an betroffene Personen und Einrichtungen durch die Zollbehörden nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 zu ändern.

(19)

Unter Berücksichtigung des vorläufigen und vorbeugenden Charakters der von den Zollbehörden in Anwendung dieser Verordnung ergriffenen Maßnahmen und den gegensätzlichen Interessen der von den Maßnahmen betroffenen Parteien sollten einige Aspekte der Verfahren angepasst werden, um die reibungslose Anwendung dieser Verordnung sicherzustellen und zugleich die Rechte der betroffenen Parteien zu wahren. Im Zusammenhang mit den verschiedenen in dieser Verordnung vorgesehenen Mitteilungen sollten die Zollbehörden anhand der Dokumente betreffend die Zollbehandlung oder die Situation, in der sich die Waren befinden, die betroffene Person unterrichten. Darüber hinaus sollte in Anbetracht der Tatsache, dass das Verfahren für die Vernichtung von Waren bedeutet, dass sowohl der Anmelder oder der Besitzer der Waren als auch der Inhaber der Entscheidung ihre etwaigen Einwände gegen die Vernichtung parallel mitteilen sollten, dafür Sorge getragen werden, dass der Inhaber der Entscheidung die Möglichkeit erhält, auf einen möglichen Einwand des Anmelders oder des Besitzers der Waren gegen die Vernichtung zu reagieren. Deshalb sollte sichergestellt werden, dass der Anmelder oder der Besitzer der Waren vor dem oder am gleichen Tag wie der Inhaber der Entscheidung über die Aussetzung der Überlassung der Waren oder ihre Zurückhaltung unterrichtet wird.

(20)

Die Zollbehörden und die Kommission werden ermutigt, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten mit der Europäischen Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums zusammenzuarbeiten.

(21)

Um den internationalen Handel mit Waren, die Rechte geistigen Eigentums verletzen, zu unterbinden, bestimmt das TRIPS-Übereinkommen, dass die WTO-Mitglieder den Informationsaustausch zwischen den Zollbehörden über diesen Handel fördern. Daher sollten die Kommission und die Zollbehörden der Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, mit den einschlägigen Behörden von Drittländern Informationen über mutmaßliche Verstöße gegen Rechte geistigen Eigentums auszutauschen, einschließlich zu Waren, die sich auf der Durchfuhr durch das Gebiet der Union befinden und ihren Ursprung im Hoheitsgebiet dieser Drittländer haben oder für diese Drittländer bestimmt sind.

(22)

Im Interesse der Effizienz sollten die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates vom 13. März 1997 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung (5) angewendet werden.

(23)

Für die Haftung der Zollbehörden sollten die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten maßgeblich sein, wobei das Stattgeben eines Antrags durch die Zollbehörden für den Fall, dass Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, von den Zollbehörden nicht entdeckt und überlassen oder nicht zurückgehalten werden, keinen Anspruch des Inhabers der Entscheidung auf Entschädigung begründet.

(24)

Da die Zollbehörden auf Antrag tätig werden, sollte festgelegt werden, dass der Inhaber der Entscheidung alle Kosten erstattet, die den Zollbehörden bei der Durchsetzung seiner Rechte geistigen Eigentums entstanden sind. Dies sollte den Inhaber der Entscheidung jedoch nicht daran hindern, vom Rechtsverletzer oder anderen Personen, die nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Waren gefunden wurden, als verantwortlich gelten könnten, Schadenersatz zu fordern. Dazu könnten gegebenenfalls Vermittler zählen. Im Fall von Kosten und Schäden, die anderen Personen als den Zollbehörden aufgrund einer Zollmaßnahme entstehen, bei der auf der Grundlage einer Forderung einer dritten Partei im Zusammenhang mit Rechten geistigen Eigentums die Überlassung der Waren ausgesetzt oder Waren zurückgehalten werden, sollten die im Einzelfall geltenden einschlägigen Rechtsvorschriften maßgeblich sein.

(25)

Mit dieser Verordnung wird die Möglichkeit eingeführt, dass die Zollbehörden die Beförderung von Waren, die vernichtet werden sollen, zwischen verschiedenen Orten des Zollgebiets der Union unter zollamtlicher Überwachung zum Zweck der Vernichtung zulassen. Die Zollbehörden können ferner beschließen, diese Waren zur Wiederverwertung oder zur Verwendung der Waren außerhalb des geschäftlichen Verkehrs, auch zu Sensibilisierungs-, Schulungs- und Bildungszwecken, in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen.

(26)

Die Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch den Zoll führt zum Austausch von Daten im Zusammenhang mit den Entscheidungen über die betreffenden Anträge. Eine solche Verarbeitung von Daten umfasst auch personenbezogene Daten und sollte im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Union, wie in der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (6) und der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (7) festgelegt, vorgenommen werden.

(27)

Der Austausch von Informationen bezüglich Entscheidungen über Anträge und das Tätigwerden von Zollbehörden sollte durch eine zentrale elektronische Datenbank erfolgen. Die Einrichtung, die diese Datenbank kontrolliert und verwaltet und die Einrichtungen, die für die Sicherheit der Verarbeitung der in der Datenbank erfassten Daten zuständig ist, sollten bestimmt werden. Bei der Einführung jedweder Form der Interoperabilität oder des Austauschs sollte in erster Linie dem Grundsatz der Zweckbindung Rechnung getragen werden, d. h. die Daten sollten ausschließlich für die Zwecke genutzt werden, für die die Datenbank eingerichtet wurde; weitere Formen des Austauschs oder der Vernetzung, die diesen Zwecken nicht entsprechen, sollten untersagt sein.

(28)

Um sicherzustellen, dass die Definition des Begriffs „Kleinsendung“ angepasst werden kann, wenn sie sich angesichts der Notwendigkeit, die wirksame Abwicklung des Verfahrens zu gewährleisten, als unpraktikabel erweist, oder um erforderlichenfalls eine Umgehung dieses Verfahrens hinsichtlich der Zusammensetzung der Sendungen zu vermeiden, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zur Änderung der nicht wesentlichen Elemente der Definition des Begriffs „Kleinsendung“, nämlich der in dieser Definition genannten spezifischen Mengen, zu erlassen. Bei ihren Vorbereitungsarbeiten sollte die Kommission unbedingt angemessene Konsultationen unter Einbeziehung von Sachverständigen durchführen. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte sollte die Kommission eine gleichzeitige, zügige und angemessene Weiterleitung der einschlägigen Dokumente an das Europäische Parlament und den Rat gewährleisten.

(29)

Um einheitliche Bedingungen für die Umsetzung der Vorschriften über die praktischen Modalitäten für den Datenaustausch mit Drittländern und der Vorschriften über die Formblätter für den Antrag und für das Ersuchen um Verlängerung des Zeitraums für das Tätigwerden der Zollbehörden zu gewährleisten, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse, namentlich zur Festlegung dieser praktischen Modalitäten und zur Ausarbeitung von Standardformblättern, übertragen werden. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (8), ausgeübt werden. Zur Ausarbeitung der Standardformblätter sollten die betreffenden Durchführungsrechtsakte, obwohl der Gegenstand der durchzuführenden Bestimmungen der vorliegenden Verordnung unter die gemeinsame Handelspolitik fällt, angesichts ihrer Art und ihrer Auswirkungen im Beratungsverfahren angenommen werden, da sich alle in die Formblätter aufzunehmenden Einzelheiten unmittelbar aus dem Wortlaut der vorliegenden Verordnung ergeben. In diesen Durchführungsrechtsakten werden somit nur Format und Aufbau des Formblatts festgelegt; sie haben keine weiteren Auswirkungen auf die gemeinsame Handelspolitik der Union.

(30)

Die Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 sollte aufgehoben werden.

(31)

Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 konsultiert und hat am 12. Oktober 2011 eine Stellungnahme abgegeben (9)

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

GEGENSTAND, ANWENDUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)   In dieser Verordnung wird festgelegt, unter welchen Bedingungen und nach welchen Verfahren die Zollbehörden tätig werden, wenn Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (10) im Zollgebiet der Union der zollamtlichen Überwachung oder Zollkontrollen unterliegen oder hätten unterliegen sollen, insbesondere Waren in folgenden Situationen:

a)

wenn sie zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr, zur Ausfuhr oder zur Wiederausfuhr angemeldet werden;

b)

wenn sie in das Zollgebiet oder aus dem Zollgebiet der Union verbracht werden;

c)

wenn sie in ein Nichterhebungsverfahren überführt oder in eine Freizone oder ein Freilager verbracht werden.

(2)   In Bezug auf die Waren, die der zollamtlichen Überwachung oder Zollkontrolle unterstehen, führen die Zollbehörden unbeschadet der Artikel 17 und 18 angemessene Zollkontrollen durch und treffen angemessene Maßnahmen zur Sicherung der Nämlichkeit der Waren gemäß Artikel 13 Absatz 1 und Artikel 72 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 im Einklang mit Risikoanalysekriterien, um Handlungen zu verhindern, die gegen die im Gebiet der Union geltenden Rechtsvorschriften im Bereich geistigen Eigentums verstoßen, und um mit Drittländern bei der Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums zusammenzuarbeiten.

(3)   Diese Verordnung gilt nicht für Waren, die im Rahmen der Regelung der Verwendung zu besonderen Zwecken in den zollrechtlich freien Verkehr überführt wurden.

(4)   Diese Verordnung gilt nicht für Waren ohne gewerblichen Charakter, die im persönlichen Gepäck von Reisenden mitgeführt werden.

(5)   Diese Verordnung gilt nicht für Waren, die mit Zustimmung des Rechtsinhabers hergestellt wurden, sowie für Waren, die von einer vom Rechtsinhaber zur Herstellung einer bestimmten Menge von Waren ordnungsgemäß ermächtigten Person unter Überschreitung der zwischen dieser Person und dem Rechtsinhaber vereinbarten Mengen hergestellt wurden.

(6)   Durch diese Verordnung werden nationales Recht oder Unionsrecht im Bereich geistigen Eigentums oder die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Strafverfahren nicht berührt.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„Recht geistigen Eigentums“:

a)

eine Marke;

b)

ein Geschmacksmuster;

c)

ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder den Rechtsvorschriften der Union;

d)

eine geografische Angabe;

e)

ein Patent nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder den Rechtsvorschriften der Union;

f)

ein ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (11);

g)

ein ergänzendes Schutzzertifikat für Pflanzenschutzmittel im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel (12);

h)

ein gemeinschaftliches Sortenschutzrecht im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (13);

i)

ein Sortenschutzrecht nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften;

j)

eine Topografie eines Halbleitererzeugnisses nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder den Rechtsvorschriften der Union;

k)

ein Gebrauchsmuster, soweit es nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder den Rechtsvorschriften der Union als ein Recht geistigen Eigentums geschützt ist;

l)

ein Handelsname, soweit er nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder den Rechtsvorschriften der Union als ein ausschließliches Recht geistigen Eigentums geschützt ist;

2.

„Marke“:

a)

eine Gemeinschaftsmarke im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (14);

b)

eine in einem Mitgliedstaat oder, soweit Belgien, Luxemburg und die Niederlande betroffen sind, beim Benelux- Amt für geistiges Eigentum eingetragene Marke;

c)

eine aufgrund internationaler Vereinbarungen eingetragene Marke mit Wirkung in einem Mitgliedstaat oder in der Union;

3.

„Geschmacksmuster“:

a)

ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (15);

b)

ein in einem Mitgliedstaat oder, soweit Belgien, Luxemburg und die Niederlande betroffen sind, beim Benelux-Amt für geistiges Eigentum eingetragenes Geschmacksmuster;

c)

ein aufgrund internationaler Vereinbarungen eingetragenes Geschmacksmuster mit Wirkung in einem Mitgliedstaat oder in der Union;

4.

„geografische Angabe“:

a)

eine geschützte geografische Angabe oder Ursprungsbezeichnung für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (16);

b)

eine Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe für Wein im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (17);

c)

eine geografische Angabe für aromatisierte Getränke aus Weinbauerzeugnissen im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 des Rates vom 10. Juni 1991 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung aromatisierter weinhaltiger Getränke und aromatisierter weinhaltiger Cocktails (18);

d)

eine geografische Angabe für Spirituosen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen (19);

e)

eine geografische Angabe für Waren, die nicht unter die Buchstaben a bis d fallen, soweit sie nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder den Rechtsvorschriften der Union als ein ausschließliches Recht geistigen Eigentums gilt;

f)

eine geografische Angabe gemäß Vereinbarungen zwischen der Union und Drittländern, die als solche in derartigen Vereinbarungen aufgeführt ist;

5.

„nachgeahmte Waren“:

a)

Waren, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie angetroffen werden, Gegenstand einer eine Marke verletzenden Handlung sind und auf denen ohne Genehmigung ein Zeichen angebracht ist, das mit der für derartige Waren rechtsgültig eingetragenen Marke identisch oder in seinen wesentlichen Merkmalen nicht von einer solchen Marke zu unterscheiden ist;

b)

Waren, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie angetroffen werden, Gegenstand einer eine geografische Angabe verletzenden Handlung sind und auf denen ein Name oder ein Begriff angebracht ist oder die mit einem Namen oder einem Begriff bezeichnet werden, der im Zusammenhang mit dieser geografischen Angabe geschützt ist;

c)

jegliche Art von Verpackungen, Etiketten, Aufklebern, Prospekten, Bedienungs- oder Gebrauchsanweisungen, Garantiedokumenten oder sonstigen ähnlichen Artikeln, auch gesondert gestellten, die Gegenstand einer eine Marke oder geografische Angabe verletzenden Handlung sind, auf denen ein Zeichen, Name oder Begriff angebracht ist, das bzw. der mit einer rechtsgültig eingetragenen Marke oder geschützten geografischen Angabe identisch ist oder in seinen wesentlichen Merkmalen nicht von einer solchen Marke oder geografischen Angabe zu unterscheiden ist, und die für die gleiche Art von Waren wie die, für die die Marke oder geografische Angabe eingetragen wurde, verwendet werden können;

6.

„unerlaubt hergestellte Waren“ Waren, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie sich befinden, Gegenstand einer ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht oder ein Geschmacksmuster verletzenden Tätigkeit sind und die Vervielfältigungsstücke oder Nachbildungen sind oder solche enthalten und ohne Zustimmung des Inhabers des Urheberrechts oder verwandten Schutzrechts oder des Geschmacksmusters oder ohne Zustimmung einer vom Rechtsinhaber im Herstellungsland ermächtigten Person angefertigt werden;

7.

„Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen“ Waren, bei denen es hinreichende Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie in dem Mitgliedstaat, in dem sie sich befinden, dem Anschein nach einzustufen sind als

a)

Waren, die in diesem Mitgliedstaat Gegenstand einer ein Recht geistigen Eigentums verletzenden Handlung sind;

b)

Vorrichtungen, Erzeugnisse oder Bestandteile, die hauptsächlich entworfen, hergestellt oder angepasst werden, um die Umgehung von Technologien, Vorrichtungen oder Bestandteilen zu ermöglichen oder zu erleichtern, die im normalen Betrieb Handlungen verhindern oder einschränken, die sich auf Werke beziehen, die nicht vom Inhaber des Urheberrechts oder eines verwandten Schutzrechts genehmigt worden sind und die sich auf Handlungen beziehen, die diese Rechte in diesem Mitgliedstaat verletzen;

c)

Formen oder Matrizen, die eigens zur Herstellung von Waren, die Rechte geistigen Eigentums verletzen würden, entworfen wurden oder im Hinblick darauf angepasst wurden, wenn diese Formen oder Matrizen sich auf Handlungen beziehen, die Rechte geistigen Eigentums in diesem Mitgliedstaat verletzen;

8.

„Rechtsinhaber“ den Inhaber eines Rechts geistigen Eigentums;

9.

„Antrag“ einen bei der zuständigen Zolldienststelle gestellten Antrag auf Tätigwerden der Zollbehörden im Hinblick auf Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen;

10.

„nationaler Antrag“ einen Antrag auf Tätigwerden der Zollbehörden eines Mitgliedstaats in dem betreffenden Mitgliedstaat;

11.

„Unionsantrag“ einen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrag auf Tätigwerden der Zollbehörden dieses Mitgliedstaats und eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten in ihren jeweiligen Staaten;

12.

„Antragsteller“ die Person oder Einrichtung, in deren Namen ein Antrag gestellt wird;

13.

„Inhaber der Entscheidung“ den Inhaber einer Entscheidung, mit der einem Antrag stattgegeben wurde;

14.

„Besitzer der Waren“ die Person, die Eigentümer der Waren ist, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, oder eine ähnliche Verfügungsbefugnis über diese Waren besitzt oder in deren tatsächlicher Verfügungsgewalt sich diese Waren befinden;

15.

„Anmelder“ den Anmelder im Sinne von Artikel 4 Nummer 18 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92;

16.

„Vernichtung“ die physische Vernichtung, Wiederverwertung oder das aus dem Verkehr ziehen in einer Weise, die den Inhaber der Entscheidung vor Schaden bewahrt;

17.

„Zollgebiet der Union“ das Zollgebiet der Gemeinschaft im Sinne von Artikel 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92;

18.

„Überlassen einer Ware“ die Überlassung der Ware im Sinne von Artikel 4 Nummer 20 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92;

19.

„Kleinsendung“ eine Post- oder Eilkuriersendung, die

a)

höchstens drei Einheiten enthält

oder

b)

ein Bruttogewicht von weniger als zwei Kilogramm hat.

Im Sinne des Buchstabens a sind „Einheiten“, Waren gemäß Einreihung in die Kombinierte Nomenklatur nach Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates von 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (20), sofern sie unverpackt sind, oder die verpackten Waren, wie sie für den Einzelverkauf an den Endverbraucher bestimmt sind.

Im Sinne dieser Definition gelten gesonderte Waren, die unter denselben KN-Code fallen, als verschiedene Einheiten, und Waren, die als in einen KN-Code eingereihte Warenzusammenstellungen gestellt werden, als eine Einheit;

20.

„verderbliche Waren“ Waren, die nach Ansicht der Zollbehörden verderben, wenn sie bis zu 20 Tage ab dem Zeitpunkt der Aussetzung ihrer Überlassung oder ihrer Zurückhaltung aufbewahrt werden;

21.

„ausschließliche Lizenz“ eine Lizenz (allgemeiner oder begrenzter Art), die den Lizenznehmer unter Ausschluss aller anderen Personen, einschließlich des Lizenzgebers, dazu ermächtigt, ein Recht geistigen Eigentums auf die in der Lizenz genehmigte Weise zu nutzen.

KAPITEL II

ANTRÄGE

ABSCHNITT 1

Antragstellung

Artikel 3

Berechtigung zur Antragstellung

Die folgenden Personen und Einrichtungen sind, soweit sie berechtigt sind, ein Verfahren zur Feststellung einzuleiten, ob in dem Mitgliedstaat bzw. den Mitgliedstaaten, in dem bzw. denen ein Tätigwerden der Zollbehörden beantragt wird, ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist, berechtigt:

1.

einen nationalen Antrag oder einen Unionsantrag zu stellen:

a)

Rechtsinhaber;

b)

Verwertungsgesellschaften im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums (21);

c)

Berufsorganisationen im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 2004/48/EG;

d)

Vereinigungen im Sinne von Artikel 3 Nummer 2 und Artikel 49 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012, Gruppen von Erzeugern im Sinne von Artikel 118e der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 oder ähnliche im Unionsrecht über geografische Angaben, insbesondere in den Verordnungen (EWG) Nr. 1601/91 und (EG) Nr. 110/2008 bestimmte Gruppen von Erzeugern, die Erzeuger von Erzeugnissen mit einer geografischen Angabe vertreten, oder Vertreter solcher Gruppen sowie Wirtschaftsteilnehmer, die zur Verwendung einer geografischen Angabe berechtigt sind, und für eine solche geografische Angabe zuständige Kontrollstellen oder Behörden;

2.

einen nationalen Antrag zu stellen:

a)

zur Nutzung von Rechten geistigen Eigentums ermächtigte Personen oder Einrichtungen, die vom Rechtsinhaber förmlich ermächtigt wurden, Verfahren zur Feststellung, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist, einzuleiten;

b)

in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über geografische Angaben bestimmte Gruppen von Erzeugern, die Erzeuger von Erzeugnissen mit geografischen Angaben vertreten, oder Vertreter solcher Gruppen und Wirtschaftsteilnehmer, die zur Verwendung einer geografischen Angabe berechtigt sind, sowie für eine solche geografische Angabe zuständige Kontrollstellen oder Behörden;

3.

einen Unionsantrag zu stellen: Inhaber von im gesamten Gebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten gültigen ausschließlichen Lizenzen, wenn diese Lizenzinhaber in diesen Mitgliedstaaten vom Rechtsinhaber förmlich ermächtigt wurden, Verfahren zur Feststellung, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist, einzuleiten.

Artikel 4

Rechte geistigen Eigentums, für die Unionsanträge gestellt werden können

Unionsanträge können nur für Rechte geistigen Eigentums gestellt werden, die auf Rechtsvorschriften der Union mit unionsweiter Rechtswirkung beruhen.

Artikel 5

Antragstellung

(1)   Jeder Mitgliedstaat benennt die Zolldienststelle, die für die Annahme und die Bearbeitung des Antrags auf Tätigwerden zuständig ist (im Folgenden „zuständige Zolldienststelle“). Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission hiervon, und die Kommission veröffentlicht eine Liste der von den Mitgliedstaaten benannten zuständigen Zolldienststellen.

(2)   Anträge werden bei der zuständigen Zolldienststelle gestellt. Für Anträge ist das Formblatt gemäß Artikel 6 zu verwenden; die Anträge haben die darin geforderten Informationen zu enthalten.

(3)   Wird ein Antrag nach der Mitteilung der Zollbehörden über die Aussetzung der Überlassung oder die Zurückhaltung der Waren gemäß Artikel 18 Absatz 3 gestellt, so hat dieser Antrag folgende Anforderungen zu erfüllen:

a)

Er ist innerhalb von vier Arbeitstagen nach der Mitteilung über die Aussetzung der Überlassung oder die Zurückhaltung der Waren bei der zuständigen Zolldienststelle zu stellen;

b)

es muss sich um einen nationalen Antrag handeln;

c)

er muss die nach Artikel 6 Absatz 3 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Von den Angaben gemäß Buchstaben g, h oder i jenes Absatzes kann der Antragsteller jedoch absehen.

(4)   Mit der Ausnahme der Fälle nach Artikel 3 Nummer 3 kann je Mitgliedstaat nur ein nationaler Antrag und ein Unionsantrag für dasselbe in diesem Mitgliedstaat geschützte Recht geistigen Eigentums gestellt werden. In den Fällen gemäß Artikel 3 Nummer 3 ist mehr als ein Unionsantrag zulässig.

(5)   Wird einem Unionsantrag für einen Mitgliedstaat stattgegeben, der bereits durch einen anderen Unionsantrag erfasst ist, dem für denselben Antragsteller und dasselbe Recht geistigen Eigentums stattgegeben wurde, so werden die Zollbehörden dieses Mitgliedstaats auf der Grundlage des Unionsantrags tätig, dem zuerst stattgegeben wurde. Sie unterrichten die zuständige Zolldienststelle des Mitgliedstaats, in dem dem späteren Unionsantrag stattgegeben wurde, die die Entscheidung über das Stattgeben dieses späteren Unionsantrags ändert oder aufhebt.

(6)   Stehen für die Entgegennahme und die Bearbeitung von Anträgen rechnergestützte Systeme zur Verfügung, sind die Anträge und ihre Anlagen im Wege der elektronischen Datenverarbeitung einzureichen. Die Mitgliedstaaten und die Kommission entwickeln, warten und verwenden diese Systeme im Einklang mit dem mehrjährigen strategischen Aktionsplan gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Entscheidung Nr. 70/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über ein papierloses Arbeitsumfeld für Zoll und Handel (22).

Artikel 6

Antragsformblatt

(1)   Die Kommission erstellt ein Antragsformblatt im Wege von Durchführungsrechtsakten. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem Beratungsverfahren gemäß Artikel 34 Absatz 2 erlassen.

(2)   Das Antragsformblatt bestimmt, welche Informationen der betroffenen Person gemäß der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG bereitgestellt werden müssen.

(3)   Die Kommission stellt sicher, dass vom Antragsteller auf dem Formblatt insbesondere folgende Informationen beizubringen sind:

a)

Angaben zum Antragsteller;

b)

den Status des Antragstellers im Sinne von Artikel 3;

c)

Unterlagen die geeignet sind, gegenüber der zuständigen Zolldienststelle den Nachweis zu erbringen, dass der Antragsteller zur Antragstellung berechtigt ist;

d)

wenn der Antragsteller den Antrag über einen Vertreter stellt, Angaben zu der ihn vertretenden Person und Nachweis ihrer Befugnisse zu seiner Vertretung gemäß den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Antrag gestellt wird;

e)

das durchzusetzende Recht oder die durchzusetzenden Rechte geistigen Eigentums;

f)

im Falle eines Unionsantrags die Mitgliedstaaten, in denen ein Tätigwerden der Zollbehörden beantragt wird;

g)

besondere Merkmale und technische Daten der Originalwaren, gegebenenfalls auch Kennzeichnungen wie Strichcodes und Abbildungen;

h)

Informationen, die es den Zollbehörden ermöglichen, die betreffenden Waren leicht zu erkennen;

i)

Informationen, die für die Analyse und die Bewertung des Risikos einer Verletzung des betreffenden Rechts bzw. der betreffenden Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden wichtig sind, wie etwa die autorisierten Vertriebshändler;

j)

die Angabe, ob nach Maßgabe der Buchstaben g, h oder i dieses Absatzes erteilte Informationen im Einklang mit Artikel 31 Absatz 5 nur einer beschränkten Verarbeitung unterliegen sollen;

k)

die Angaben zu allen vom Antragsteller für die Übernahme von juristischen und technischen Fragen benannten Vertreter;

l)

eine Verpflichtungserklärung des Antragstellers, die zuständige Zolldienststelle über alle in Artikel 15 genannten Fälle zu unterrichten;

m)

eine Verpflichtungserklärung des Antragstellers, alle Informationen, die für die Analyse und die Bewertung des Risikos einer Verletzung des betreffenden Rechts bzw. der betreffenden Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden wichtig sind, zu übermitteln und zu aktualisieren;

n)

eine Verpflichtungserklärung des Antragstellers zur Übernahme der Haftung unter den Bedingungen gemäß Artikel 28;

o)

eine Verpflichtung des Antragstellers zur Übernahme der Kosten gemäß Artikel 29 unter den dort genannten Bedingungen;

p)

ein Einverständnis des Antragstellers, dass die von ihm übermittelten Daten durch die Kommission und die Mitgliedstaaten verarbeitet werden;

q)

die Angabe, ob der Antragsteller die Anwendung des Verfahrens nach Artikel 26 beantragt und, soweit die Zollbehörden dies verlangen, der Übernahme der Kosten für die Vernichtung der Waren im Rahmen dieses Verfahrens zustimmt.

ABSCHNITT 2

Entscheidungen über Anträge

Artikel 7

Bearbeitung unvollständiger Anträge

(1)   Ist die zuständige Zolldienststelle bei Eingang eines Antrags der Ansicht, dass der Antrag nicht alle nach Artikel 6 Absatz 3 vorgeschriebenen Angaben enthält, so fordert sie den Antragsteller auf, die fehlenden Angaben innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Eingang dieser Mitteilung nachzureichen.

In diesem Fall wird die in Artikel 9 Absatz 1 genannte Frist ausgesetzt, bis die erforderlichen Angaben eingehen.

(2)   Legt der Antragsteller die fehlenden Angaben nicht innerhalb der in Absatz 1 Unterabsatz 1 genannten Frist vor, so lehnt die zuständige Zolldienststelle den Antrag ab.

Artikel 8

Gebühren

Dem Antragsteller wird keine Gebühr zur Deckung der aus der Bearbeitung des Antrags entstehenden Verwaltungskosten in Rechnung gestellt.

Artikel 9

Mitteilung von Entscheidungen über die Stattgabe oder die Ablehnung von Anträgen

(1)   Die zuständige Zolldienststelle teilt dem Antragsteller ihre Entscheidung über die Stattgabe oder die Ablehnung des Antrags innerhalb von 30 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags mit. Im Fall der Ablehnung versieht die zuständige Zolldienststelle ihre Entscheidung mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung.

(2)   Wurde der Antragsteller vor der Antragstellung über die Aussetzung der Überlassung oder die Zurückhaltung der Waren durch die Zollbehörden unterrichtet, so teilt die zuständige Zolldienststelle dem Antragsteller ihre Entscheidung über die Stattgabe oder die Ablehnung des Antrags innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Eingang des Antrags mit.

Artikel 10

Entscheidungen über Anträge

(1)   Eine Entscheidung über die Stattgabe nationaler Anträge und Entscheidungen über ihre Aufhebung oder Änderung wird bzw. werden in dem Mitgliedstaat, in dem der nationale Antrag gestellt wurde, an dem Tag wirksam, der auf den Tag der Entscheidung über die Stattgabe folgt.

Eine Entscheidung über die Verlängerung des Zeitraums für das Tätigwerden der Zollbehörden wird in dem Mitgliedstaat, in dem der nationale Antrag gestellt wurde, an dem Tag wirksam, der auf den Tag des Ablaufs des zu verlängernden Zeitraums folgt.

(2)   Eine Entscheidung über die Stattgabe von Unionsanträgen und Entscheidungen über ihre Aufhebung oder Änderung wird bzw. werden wirksam:

a)

in dem Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, an dem Tag, der auf den Tag der Entscheidung über die Stattgabe folgt;

b)

in allen anderen Mitgliedstaaten, in denen ein Tätigwerden der Zollbehörden beantragt wurde an dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die Zollbehörden gemäß Artikel 14 Absatz 2 unterrichtet werden, unter der Voraussetzung, dass der Inhaber der Entscheidung seine Pflichten gemäß Artikel 29 Absatz 3 in Bezug auf Übersetzungskosten erfüllt hat.

Eine Entscheidung über die Verlängerung des Zeitraums für das Tätigwerden der Zollbehörden wird in dem Mitgliedstaat, in dem der Unionsantrag gestellt wurde, und in allen anderen Mitgliedstaaten, in denen ein Tätigwerden der Zollbehörden beantragt wurde, an dem Tag wirksam, der auf den Tag des Ablaufs des zu verlängernden Zeitraums folgt.

Artikel 11

Zeitraum für das Tätigwerden der Zollbehörden

(1)   Gibt die zuständige Zolldienststelle einem Antrag statt, so setzt sie den Zeitraum fest, in dem die Zollbehörden tätig werden müssen.

Dieser Zeitraum beginnt an dem Tag, an dem die Entscheidung über die Stattgabe des Antrags gemäß Artikel 10 wirksam wird, und darf ein Jahr ab dem Tag, der auf den Tag der Entscheidung über die Stattgabe folgt, nicht überschreiten.

(2)   Enthält ein Antrag, der nach der Mitteilung der Zollbehörden über die Aussetzung der Überlassung oder die Zurückhaltung der Waren gemäß Artikel 18 Absatz 3 gestellt wird, die in Artikel 6 Absatz 3 Buchstaben g, h oder i genannten Informationen nicht, so wird ihm nur in Bezug auf die Aussetzung der Überlassung oder die Zurückhaltung der betreffenden Waren stattgegeben, es sei denn, diese Informationen werden innerhalb von 10 Arbeitstagen nach der Mitteilung über die Aussetzung der Überlassung oder die Zurückhaltung der Waren nachgereicht.

(3)   Wird ein Recht geistigen Eigentums ungültig oder ist der Antragsteller aus anderen Gründen nicht mehr zur Antragstellung berechtigt, so werden die Zollbehörden nicht tätig. Die Entscheidung über die Stattgabe des Antrags wird von der zuständigen Zolldienststelle, die sie erlassen hat, entsprechend aufgehoben oder geändert.

Artikel 12

Verlängerung des Zeitraums für das Tätigwerden der Zollbehörden

(1)   Ist der Zeitraum für das Tätigwerden der Zollbehörden abgelaufen, so kann er auf Antrag des Inhabers der Entscheidung von der zuständigen Zolldienststelle, die die erste Entscheidung erlassen hat, nach Tilgung aller Verbindlichkeiten, die der Inhaber der Entscheidung gegenüber den Zollbehörden im Rahmen dieser Verordnung hat, verlängert werden.

(2)   Geht der Antrag auf Verlängerung des Zeitraums für das Tätigwerden der Zollbehörden weniger als 30 Arbeitstage vor Ablauf des zu verlängernden Zeitraums bei der zuständigen Zolldienststelle ein, so kann sie den Antrag ablehnen.

(3)   Die zuständige Zolldienststelle teilt dem Inhaber der Entscheidung ihre Entscheidung über die Verlängerung des Zeitraums innerhalb von 30 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags nach Absatz 1 mit. Die zuständige Zolldienststelle setzt den Zeitraum fest, in dem die Zollbehörden tätig werden müssen.

(4)   Der verlängerte Zeitraum für das Tätigwerden der Zollbehörden beginnt an dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der vorherige Zeitraum abgelaufen ist, und darf ein Jahr nicht überschreiten.

(5)   Wird ein Recht geistigen Eigentums ungültig oder ist der Antragsteller aus anderen Gründen nicht mehr zur Antragstellung berechtigt, so werden die Zollbehörden nicht tätig. Die Entscheidung über die Verlängerung des Zeitraums wird von der zuständigen Zolldienststelle, die sie erlassen hat, entsprechend aufgehoben oder geändert.

(6)   Dem Inhaber der Entscheidung wird keine Gebühr zur Deckung der aus der Bearbeitung des Verlängerungsantrags entstehenden Verwaltungskosten in Rechnung gestellt.

(7)   Die Kommission erstellt ein Formblatt für einen Verlängerungsantrag im Wege von Durchführungsrechtsakten. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem Beratungsverfahren gemäß Artikel 34 Absatz 2 erlassen.

Artikel 13

Änderung der Entscheidung hinsichtlich der Rechte geistigen Eigentums

Die zuständige Zolldienststelle, die die Entscheidung über die Stattgabe des Antrags erlassen hat, kann die Liste der in der Entscheidung aufgeführten Rechte geistigen Eigentums auf Antrag des Inhabers der Entscheidung ändern.

Wird ein neues Recht geistigen Eigentums hinzugefügt, so muss der Antrag die Informationen gemäß Artikel 6 Absatz 3 Buchstaben c, e, g, h und i enthalten.

Wird eine Entscheidung über die Stattgabe eines Unionsantrags dahin gehend geändert, dass Rechte geistigen Eigentums hinzugefügt werden, so können dies nur unter Artikel 4 fallende Rechte geistigen Eigentums sein.

Artikel 14

Mitteilungspflichten der zuständigen Zolldienststelle

(1)   Die zuständige Zolldienststelle, bei der ein nationaler Antrag gestellt wurde, übermittelt den Zollstellen des betreffenden Mitgliedstaats die folgenden Entscheidungen unverzüglich, nachdem diese erlassen wurden:

a)

Entscheidungen über die Stattgabe des Antrags;

b)

Entscheidungen über die Aufhebung von Entscheidungen über die Stattgabe des Antrags;

c)

Entscheidungen über die Änderung von Entscheidungen über die Stattgabe des Antrags;

d)

Entscheidungen über die Verlängerung des Zeitraums für das Tätigwerden der Zollbehörden.

(2)   Die zuständige Zolldienststelle, bei der ein Unionsantrag gestellt wurde, übermittelt den zuständigen Zolldienststellen des in dem Unionsantrag genannten Mitgliedstaats oder der in dem Unionsantrag genannten Mitgliedstaaten die folgenden Entscheidungen unverzüglich, nachdem diese erlassen wurden:

a)

Entscheidungen über die Stattgabe des Antrags;

b)

Entscheidungen über die Aufhebung von Entscheidungen über die Stattgabe des Antrags;

c)

Entscheidungen über die Änderung von Entscheidungen über die Stattgabe des Antrags;

d)

Entscheidungen über die Verlängerung des Zeitraums für das Tätigwerden der Zollbehörden.

Die zuständige Zolldienststelle des in dem Unionsantrag genannten Mitgliedstaats oder der in dem Unionsantrag genannten Mitgliedstaaten leitet diese Entscheidungen unverzüglich, nachdem sie diese erhalten hat, an ihre Zollstellen weiter.

(3)   Die zuständige Zolldienststelle des in dem Unionsantrag genannten Mitgliedstaats oder der in dem Unionsantrag genannten Mitgliedstaaten kann die zuständige Zolldienststelle, die die Entscheidung über die Stattgabe des Antrags erlassen hat, auffordern, ihr zusätzliche für die Umsetzung dieser Entscheidung als notwendig erachtete Informationen zu übermitteln.

(4)   Die zuständige Zolldienststelle leitet ihre Entscheidung über die Aussetzung des Tätigwerdens der Zollbehörden nach Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 16 Absatz 2 unmittelbar, nachdem diese erlassen wurde, an die Zollbehörden ihres Mitgliedstaats weiter.

Artikel 15

Mitteilungspflichten des Inhabers der Entscheidung

Der Inhaber der Entscheidung unterrichtet unverzüglich die zuständige Zolldienststelle, die dem Antrag stattgegeben hat, wenn

a)

ein in dem Antrag aufgeführtes Recht geistigen Eigentums ungültig wird;

b)

er aus anderen Gründen nicht mehr zur Antragstellung berechtigt ist;

c)

sich die in Artikel 6 Absatz 3 genannten Angaben ändern.

Artikel 16

Nichterfüllung der Pflichten des Inhabers der Entscheidung

(1)   Verwendet der Inhaber der Entscheidung die von den Zollbehörden übermittelten Informationen für andere als die in Artikel 21 vorgesehenen Zwecke, so kann die zuständige Zolldienststelle des Mitgliedstaats, in dem die Informationen bereitgestellt oder missbraucht wurden,

a)

eine von ihr erlassene Entscheidung aufheben, mit der einem nationalen Antrag zugunsten des Inhabers der Entscheidung stattgegeben wurde und es ablehnen, den Zeitraum für das Tätigwerden der Zollbehörden zu verlängern;

b)

in seinem Hoheitsgebiet für den Zeitraum, in dem die Zollbehörden tätig werden müssen, die Gültigkeit einer Entscheidung aussetzen, mit der einem Unionsantrag des Inhabers der Entscheidung stattgegeben wurde.

(2)   Die zuständige Zolldienststelle kann entscheiden, das Tätigwerden der Zollbehörden bis zum Ende des Zeitraums für das Tätigwerden dieser Behörden auszusetzen, wenn der Inhaber der Entscheidung

a)

die Mitteilungspflichten gemäß Artikel 15 nicht erfüllt;

b)

die Verpflichtung zur Rücksendung der Muster nach Artikel 19 Absatz 3 nicht einhält;

c)

die Pflichten gemäß Artikel 29 Absätze 1 und 3 in Bezug auf Kosten und Übersetzung nicht erfüllt;

d)

ohne triftigen Grund die in Artikel 23 Absatz 3 oder Artikel 26 Absatz 9 vorgesehenen Verfahren nicht einleitet.

Bei einem Unionsantrag wird die Entscheidung über die Aussetzung des Tätigwerdens der Zollbehörden nur in dem Mitgliedstaat wirksam, in dem diese Entscheidung erlassen wird.

KAPITEL III

TÄTIGWERDEN DER ZOLLBEHÖRDEN

ABSCHNITT 1

Aussetzung der Überlassung oder Zurückhaltung von Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen

Artikel 17

Aussetzung der Überlassung oder Zurückhaltung von Waren nach Stattgabe eines Antrags

(1)   Ermitteln die Zollbehörden Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, das in einer Entscheidung über die Stattgabe eines Antrags aufgeführt ist, so setzen sie die Überlassung der Waren aus oder halten die Waren zurück.

(2)   Vor der Aussetzung der Überlassung oder der Zurückhaltung der Waren können die Zollbehörden den Inhaber der Entscheidung auffordern, ihnen sachdienliche Informationen zu diesen Waren zu übermitteln. Die Zollbehörden können dem Inhaber der Entscheidung auch Informationen über die tatsächliche oder geschätzte Menge der Ware und ihre tatsächliche oder vermutete Art sowie gegebenenfalls Abbildungen davon übermitteln.

(3)   Die Zollbehörden unterrichten den Anmelder oder den Besitzer der Waren innerhalb eines Arbeitstags nach der Aussetzung der Überlassung der Waren oder der Zurückhaltung der Waren über diese Aussetzung oder diese Zurückhaltung.

Beschließen die Zollbehörden, den Besitzer der Waren zu unterrichten, und sind mehrere Personen als Besitzer der Waren anzusehen, so sind die Zollbehörden nicht verpflichtet, mehr als eine dieser Personen zu unterrichten.

Die Zollbehörden unterrichten den Inhaber der Entscheidung über die Aussetzung der Überlassung der Waren oder die Zurückhaltung am gleichen Tag wie den Anmelder oder den Besitzer der Waren, oder umgehend im Anschluss an deren Unterrichtung.

Die Mitteilungen enthalten Angaben zu dem in Artikel 23 genannten Verfahren.

(4)   Die Zollbehörden informieren den Inhaber der Entscheidung und den Anmelder oder den Besitzer der Waren über die tatsächliche oder geschätzte Menge und die tatsächliche oder vermutete Art der Waren, deren Überlassung ausgesetzt ist oder die zurückgehalten werden, und übermitteln gegebenenfalls verfügbare Abbildungen davon. Die Zollbehörden informieren den Inhaber der Entscheidung ferner, auf Antrag und soweit ihnen diese Informationen vorliegen, über die Namen und Anschriften des Empfängers, des Versenders und des Anmelders oder des Besitzers der Waren, das Zollverfahren sowie den Ursprung, die Herkunft und die Bestimmung der Waren, deren Überlassung ausgesetzt ist oder die zurückgehalten werden.

Artikel 18

Aussetzung der Überlassung oder Zurückhaltung von Waren vor Stattgabe eines Antrags

(1)   Erkennen die Zollbehörden Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, die nicht von einer einem Antrag stattgebenden Entscheidung umfasst sind, so können sie die Überlassung dieser Waren aussetzen oder diese Waren zurückhalten, es sei denn, es handelt sich um verderbliche Waren.

(2)   Bevor die Zollbehörden die Überlassung der Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, aussetzen oder derartige Waren zurückhalten, können sie — ohne hierbei andere Informationen verfügbar zu machen als solche über die tatsächliche oder geschätzte Anzahl der Waren und ihre tatsächliche oder vermutete Art sowie gegebenenfalls Abbildungen davon — Personen oder Einrichtungen, die im Zusammenhang mit der vermuteten Verletzung von Rechten geistigen Eigentums möglicherweise zur Antragstellung berechtigt sind, auffordern, ihnen sachdienliche Informationen zu übermitteln.

(3)   Die Zollbehörden unterrichten den Anmelder oder den Besitzer der Waren innerhalb eines Arbeitstags nach der Aussetzung der Überlassung der Waren oder deren Zurückhaltung über diese Aussetzung oder Zurückhaltung.

Beschließen die Zollbehörden, den Besitzer der Waren zu unterrichten, und sind mehrere Personen als Besitzer der Waren anzusehen, so sind die Zollbehörden nicht verpflichtet, mehr als eine dieser Personen zu unterrichten.

Die Zollbehörden unterrichten Personen oder Einrichtungen, die im Zusammenhang mit der vermuteten Verletzung von Rechten geistigen Eigentums zur Antragstellung berechtigt sind, am gleichen Tag wie den Anmelder oder den Besitzer der Waren, oder umgehend im Anschluss an deren Unterrichtung, von der Aussetzung der Überlassung oder der Zurückhaltung der Waren.

Die Zollbehörden können die zuständigen Behörden konsultieren, um zur Antragstellung berechtigte Person oder Einrichtungen zu ermitteln.

Die Mitteilung an den Anmelder oder den Besitzer der Waren enthält Angaben zu dem in Artikel 23 genannten Verfahren.

(4)   Unmittelbar nach Erfüllung aller Zollförmlichkeiten genehmigen die Zollbehörden die Überlassung der Waren oder beenden deren Zurückhaltung, sofern sie

a)

innerhalb eines Arbeitstags nach der Aussetzung der Überlassung oder der Zurückhaltung der Waren keine Personen oder Einrichtungen ermittelt haben, die im Zusammenhang mit der vermuteten Verletzung von Rechten geistigen Eigentums zur Antragstellung berechtigt sind;

b)

einen Antrag gemäß Artikel 5 Absatz 3 nicht erhalten oder ihn abgelehnt haben.

(5)   Wird einem Antrag stattgegeben, so informieren die Zollbehörden den Inhaber der Entscheidung auf Antrag und soweit ihnen diese Informationen vorliegen, über die Namen und Anschriften des Empfängers, des Versenders und des Anmelders oder des Besitzers der Waren, das Zollverfahren sowie den Ursprung, die Herkunft und die Bestimmung der Waren, deren Überlassung ausgesetzt ist oder die zurückgehalten werden.

Artikel 19

Prüfung und Entnahme von Proben oder Mustern der Waren, deren Überlassung ausgesetzt ist oder die zurückgehalten werden

(1)   Die Zollbehörden geben dem Inhaber der Entscheidung und dem Anmelder oder dem Besitzer der Waren Gelegenheit, die Waren, deren Überlassung ausgesetzt ist oder die zurückgehalten werden, zu prüfen.

(2)   Die Zollbehörden können Proben oder Muster, die für die Waren repräsentativ sind, entnehmen. Sie können diese Proben oder Muster dem Inhaber der Entscheidung auf dessen Antrag hin und ausschließlich zum Zweck der Analyse und zur Vereinfachung des darauf folgenden Verfahrens in Verbindung mit nachgeahmten und unerlaubt hergestellten Waren zur Verfügung stellen oder übermitteln. Analysen dieser Proben oder Muster werden unter der alleinigen Verantwortung des Inhabers der Entscheidung durchgeführt.

(3)   Sofern die Umstände es gestatten, gibt der Inhaber der Entscheidung die Proben und Muster nach Absatz 2 nach Abschluss der technischen Analyse, spätestens aber vor der Überlassung der Waren oder der Beendigung ihrer Zurückhaltung zurück.

Artikel 20

Bedingungen für die Lagerung

Die Bedingungen für die Lagerung der Waren für die Dauer einer Aussetzung der Überlassung oder einer Zurückhaltung werden von den Zollbehörden festgelegt.

Artikel 21

Zulässige Verwendung bestimmter Informationen durch den Inhaber der Entscheidung

Hat der Inhaber der Entscheidung die Informationen gemäß Artikel 17 Absatz 4, Artikel 18 Absatz 5, Artikel 19 oder Artikel 26 Absatz 8 erhalten, so darf er sie nur zu folgenden Zwecken offenbaren oder verwenden:

a)

zur Einleitung und im Rahmen von Verfahren, die der Feststellung dienen, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist;

b)

in Verbindung mit strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit der Verletzung eines Rechts geistigen Eigentums, die von Behörden in dem Mitgliedstaat, in dem die Waren angetroffen wurden, durchgeführt werden;

c)

zur Einleitung und im Rahmen von Strafverfahren;

d)

zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber dem Rechtsverletzer oder anderen Personen;

e)

zur Erzielung einer Einigung mit dem Anmelder oder dem Besitzer der Waren über die Vernichtung der Waren gemäß Artikel 23 Absatz 1;

f)

zur Erzielung einer Einigung mit dem Anmelder oder dem Besitzer der Waren über die Höhe der Sicherheit gemäß Artikel 24 Absatz 2 Buchstabe a.

Artikel 22

Austausch von Informationen und Daten zwischen den Zollbehörden

(1)   Um einen Beitrag zur Unterbindung des internationalen Handels mit Waren, die Rechte geistigen Eigentums verletzen, zu leisten, können die Kommission und die Zollbehörden der Mitgliedstaaten unbeschadet der in der Union geltenden Datenschutzbestimmungen bestimmte ihnen vorliegende Daten und Informationen mit den zuständigen Behörden in Drittländern entsprechend den praktischen Modalitäten nach Absatz 3 austauschen.

(2)   Die Daten und Informationen gemäß Absatz 1 werden ausgetauscht, um ein zügiges und wirksames Vorgehen gegen Sendungen von Waren, die ein Recht geistigen Eigentums verletzen, zu ermöglichen. Diese Daten und Informationen können Sicherstellungen, Trends und allgemeine risikorelevante Informationen betreffen, auch in Bezug auf Waren, die sich auf der Durchfuhr durch das Gebiet der Union befinden und ihren Ursprung im Hoheitsgebiet von Drittländern haben oder für ein solches Hoheitsgebiet bestimmt sind. Diese Daten und Informationen können, wo es zweckmäßig erscheint, gegebenenfalls Folgendes umfassen:

a)

Art und Menge der Waren,

b)

mutmaßlich verletztes Recht geistigen Eigentums,

c)

Ursprung, Herkunft und Bestimmung der Waren,

d)

Informationen über Verkehrswege, insbesondere

i)

Name des Schiffes oder Registrierungskennzeichen des Verkehrsmittels,

ii)

Referenznummern des Frachtbriefs oder anderer Transportdokumente,

iii)

Anzahl der Behälter,

iv)

Gewicht der Ladung,

v)

Bezeichnung und/oder Codierung der Waren,

vi)

Reservierungsnummer,

vii)

Plombennummer,

viii)

Ort der ersten Beladung,

ix)

Ort der abschließenden Entladung,

x)

Orte der Umladung,

xi)

voraussichtliches Datum der Ankunft am Ort der abschließenden Entladung;

e)

Informationen über Beförderung von Behältern, insbesondere

i)

Behälternummer,

ii)

Ladezustand,

iii)

Datum der Beförderung,

iv)

Art der Beförderung (Beladen, Entladen, Umladen, Einfuhr, Ausfuhr usw.),

v)

Name des Schiffes oder Registrierungskennzeichen des Verkehrsmittels,

vi)

Nummer der Reise/Fahrt,

vii)

Ort,

viii)

Frachtbrief oder anderes Transportdokument.

(3)   Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Festlegung der Einzelheiten der notwendigen praktischen Modalitäten für den Daten- und Informationsaustausch gemäß den Absätzen 1 und 2. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem Prüfverfahren gemäß Artikel 34 Absatz 3 erlassen.

ABSCHNITT 2

Vernichtung von Waren, Einleitung von Verfahren und frühzeitige Überlassung von Waren

Artikel 23

Vernichtung von Waren und Einleitung von Verfahren

(1)   Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, können unter zollamtlicher Überwachung vernichtet werden, ohne dass festgestellt werden muss, ob gemäß den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Waren angetroffen wurden, ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist, sofern alle nachstehend aufgeführten Bedingungen erfüllt sind:

a)

Der Inhaber der Entscheidung hat den Zollbehörden innerhalb von zehn Arbeitstagen oder im Fall verderblicher Waren innerhalb von drei Arbeitstagen nach der Mitteilung über die Aussetzung der Überlassung der Waren oder deren Zurückhaltung schriftlich bestätigt, dass seines Erachtens ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist;

b)

der Inhaber der Entscheidung hat den Zollbehörden seine Zustimmung zur Vernichtung der Waren innerhalb von zehn Arbeitstagen oder im Fall verderblicher Waren innerhalb von drei Arbeitstagen nach der Mitteilung über die Aussetzung der Überlassung der Waren oder deren Zurückhaltung schriftlich bestätigt;

c)

der Anmelder oder der Besitzer der Waren hat den Zollbehörden seine Zustimmung zur Vernichtung der Waren innerhalb von zehn Arbeitstagen oder im Fall verderblicher Waren innerhalb von drei Arbeitstagen nach der Mitteilung über die Aussetzung der Überlassung der Waren oder deren Zurückhaltung schriftlich bestätigt. Hat der Anmelder oder der Besitzer der Waren den Zollbehörden innerhalb dieser Fristen weder seine Zustimmung zur Vernichtung der Waren noch seinen Widerspruch gegen diese Vernichtung bestätigt, so können die Zollbehörden davon ausgehen, dass der Anmelder oder der Besitzer der Waren mit der Vernichtung dieser Waren einverstanden ist.

Unmittelbar nach Erfüllung aller Zollförmlichkeiten überlassen die Zollbehörden die Waren oder beenden deren Zurückhaltung, wenn sie vom Inhaber der Entscheidung innerhalb der Fristen gemäß Unterabsatz 1 Buchstaben a und b nicht sowohl die schriftliche Bestätigung, dass seines Erachtens ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist, als auch seine Zustimmung zur Vernichtung der Waren erhalten haben, es sei denn, diese Behörden sind über die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist, ordnungsgemäß unterrichtet worden.

(2)   Die Vernichtung der Waren erfolgt unter zollamtlicher Überwachung auf Verantwortung des Inhabers der Entscheidung, sofern die nationalen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Waren vernichtet werden, nichts anderes vorsehen. Vor der Vernichtung der Waren können Proben oder Muster durch die zuständigen Behörden entnommen werden. Vor der Vernichtung entnommene Proben oder Muster können zu Bildungszwecken verwendet werden.

(3)   Wenn der Anmelder oder der Besitzer der Waren seine Zustimmung zur Vernichtung nicht schriftlich bestätigt hat und nicht nach Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c unter Beachtung der dort genannten Fristen davon ausgegangen wird, dass er mit der Vernichtung einverstanden ist, teilen die Zollbehörden dem Inhaber der Entscheidung dies unverzüglich mit. Der Inhaber der Entscheidung leitet innerhalb von zehn Arbeitstagen oder im Fall verderblicher Waren innerhalb von drei Arbeitstagen nach der Mitteilung über die Aussetzung der Überlassung der Waren oder deren Zurückhaltung ein Verfahren zur Feststellung ein, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt wurde.

(4)   Außer im Falle von verderblichen Waren können die Zollbehörden die Fristen gemäß Absatz 3 gegebenenfalls auf ordnungsgemäß begründeten Antrag des Inhabers der Entscheidung um höchstens zehn Arbeitstage verlängern.

(5)   Unmittelbar nach Erfüllung aller Zollförmlichkeiten überlassen die Zollbehörden die Waren oder beenden deren Zurückhaltung, wenn sie innerhalb der Fristen gemäß den Absätzen 3 und 4 über die Einleitung von Verfahren zur Feststellung, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt wurde, nicht ordnungsgemäß nach Absatz 3 unterrichtet worden sind.

Artikel 24

Frühzeitige Überlassung der Waren

(1)   Wenn die Zollbehörden über die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung, ob ein Geschmacksmuster, ein Patent, ein Gebrauchsmuster, eine Topografie eines Halbleitererzeugnisses oder ein Sortenschutzrecht verletzt ist, unterrichtet wurden, kann der Anmelder oder der Besitzer der Waren bei den Zollbehörden die Überlassung der Waren oder die Beendung ihrer Zurückhaltung vor Ende dieses Verfahrens beantragen.

(2)   Die Zollbehörden überlassen die Waren oder beenden deren Zurückhaltung nur dann, wenn alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

Der Anmelder oder der Besitzer der Waren hat eine Sicherheit geleistet, deren Höhe so bemessen ist, dass sie zum Schutz der Interessen des Inhabers der Entscheidung ausreicht;

b)

die Behörde, die für die Feststellung, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist, zuständig ist, hat keine Sicherungsmaßnahmen zugelassen;

c)

alle Zollförmlichkeiten sind erfüllt.

(3)   Die Leistung der Sicherheit nach Absatz 2 Buchstabe a lässt andere Rechtsbehelfe, die der Inhaber der Entscheidung in Anspruch nehmen kann, unberührt.

Artikel 25

Zur Vernichtung bestimmte Waren

(1)   Gemäß Artikel 23 oder 26 zur Vernichtung bestimmte Waren dürfen nicht

a)

in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden, es sei denn, die Zollbehörden entscheiden mit Zustimmung des Inhabers der Entscheidung, dass dies zur Wiederverwertung oder zur Verwendung der Waren außerhalb des geschäftlichen Verkehrs, auch zu Sensibilisierungs-, Schulungs- und Bildungszwecken, notwendig ist. Die Bedingungen, unter denen die Waren in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden können, werden von den Zollbehörden festgelegt;

b)

das Zollgebiet der Union verlassen;

c)

ausgeführt werden;

d)

wiederausgeführt werden;

e)

in ein Nichterhebungsverfahren übergeführt werden;

f)

in eine Freizone oder ein Freilager verbracht werden.

(2)   Die Zollbehörden können die Beförderung der in Absatz 1 genannten Waren zwischen verschiedenen Orten des Zollgebiets der Union unter zollamtlicher Überwachung zum Zweck der Vernichtung unter zollamtlicher Kontrolle zulassen.

Artikel 26

Verfahren für die Vernichtung von Waren in Kleinsendungen

(1)   Dieser Artikel gilt für Waren, die alle folgenden Bedingungen erfüllen:

a)

Es handelt sich um Waren, die im Verdacht stehen, nachgeahmte oder unerlaubt hergestellte Waren zu sein;

b)

es handelt sich nicht um verderbliche Waren;

c)

es handelt sich um Waren, für die eine Entscheidung über die Stattgabe eines Antrags ergangen ist;

d)

der Inhaber der Entscheidung hat in seinem Antrag die Anwendung des Verfahrens nach diesem Artikel beantragt;

e)

es handelt sich um Waren, die in Kleinsendungen transportiert werden.

(2)   Wird das Verfahren nach diesem Artikel angewendet, gelten Artikel 17 Absätze 3 und 4 sowie Artikel 19 Absätze 2 und 3 nicht.

(3)   Die Zollbehörden unterrichten den Anmelder oder den Besitzer der Waren innerhalb eines Arbeitstags nach der Aussetzung der Überlassung der Waren oder deren Zurückhaltung über die Aussetzung der Überlassung der Waren oder deren Zurückhaltung. Die Mitteilung über die Aussetzung der Überlassung der Waren oder deren Zurückhaltung enthält folgende Informationen:

a)

dass die Zollbehörden beabsichtigen, die Waren zu vernichten,

b)

die Rechte des Anmelders oder des Besitzers der Waren gemäß den Absätzen 4, 5 und 6.

(4)   Der Anmelder oder der Besitzer der Waren erhält Gelegenheit, innerhalb von zehn Arbeitstagen nach der Mitteilung über die Aussetzung der Überlassung der Waren oder deren Zurückhaltung Stellung zu nehmen.

(5)   Die betreffenden Waren können vernichtet werden, wenn der Anmelder oder der Besitzer der Waren innerhalb von zehn Arbeitstagen nach der Mitteilung über die Aussetzung der Überlassung der Waren oder deren Zurückhaltung den Zollbehörden seine Zustimmung zur Vernichtung der Waren bestätigt hat.

(6)   Hat der Anmelder oder der Besitzer der Waren den Zollbehörden innerhalb der Frist gemäß Absatz 5 weder seine Zustimmung zur Vernichtung der Waren noch seinen Widerspruch gegen diese Vernichtung bestätigt, so können die Zollbehörden davon ausgehen, dass der Anmelder oder der Besitzer der Waren mit der Vernichtung einverstanden ist.

(7)   Die Vernichtung erfolgt unter zollamtlicher Überwachung. Die Zollbehörden übermitteln dem Inhaber der Entscheidung auf Antrag und soweit angemessen Informationen über die tatsächliche oder vermutete Menge und die Art der vernichteten Waren.

(8)   Wenn der Anmelder oder der Besitzer der Waren seine Zustimmung zur Vernichtung der Waren nicht bestätigt hat und nicht gemäß Absatz 6 davon ausgegangen wird, dass er seine Zustimmung hierzu bestätigt hat, unterrichten die Zollbehörden den Inhaber der Entscheidung unverzüglich hierüber und über Menge und Art der Waren und übermitteln gegebenenfalls Abbildungen davon. Die Zollbehörden informieren den Inhaber der Entscheidung ferner, auf Antrag und soweit ihnen diese Informationen vorliegen, über die Namen und Anschriften des Empfängers, des Versenders, des Anmelders und des Besitzers der Waren, das Zollverfahren sowie den Ursprung, die Herkunft und die Bestimmung der Waren, deren Überlassung ausgesetzt ist oder die zurückgehalten werden.

(9)   Unmittelbar nach Erfüllung aller Zollförmlichkeiten genehmigen die Zollbehörden die Überlassung der Waren oder beenden deren Zurückhaltung, wenn sie vom Inhaber der Entscheidung nicht innerhalb von zehn Arbeitstagen nach der Mitteilung gemäß Absatz 8 über die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist, unterrichtet wurden.

(10)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 35 zur Änderung der Mengenangaben in der Definition des Begriffs „Kleinsendung“ delegierte Rechtsakte zu erlassen, wenn sich diese Definition angesichts der Notwendigkeit, die wirksame Abwicklung des im vorliegenden Artikel vorgesehenen Verfahrens zu gewährleisten, als unpraktikabel erweist, oder um erforderlichenfalls eine Umgehung dieses Verfahrens hinsichtlich der Zusammensetzung der Sendungen zu vermeiden.

KAPITEL IV

HAFTUNG, KOSTEN UND SANKTIONEN

Artikel 27

Haftung der Zollbehörden

Unbeschadet der nationalen Rechtsvorschriften begründet die Entscheidung über die Stattgabe eines Antrags für den Fall, dass Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, von einer Zollstelle nicht erkannt und überlassen oder nicht zurückgehalten werden, keinen Anspruch des Inhabers dieser Entscheidung auf Entschädigung.

Artikel 28

Haftung des Inhabers der Entscheidung

Wird ein nach dieser Verordnung ordnungsgemäß eingeleitetes Verfahren aufgrund einer Handlung oder einer Unterlassung des Inhabers der Entscheidung eingestellt oder werden Proben oder Muster, die gemäß Artikel 19 Absatz 2 entnommen wurden, aufgrund einer Handlung oder einer Unterlassung des Inhabers der Entscheidung nicht zurückgegeben oder aber beschädigt und unbrauchbar oder wird anschließend festgestellt, dass die betreffenden Waren kein Recht geistigen Eigentums verletzen, so haftet der Inhaber der Entscheidung gegenüber dem Besitzer der Waren oder dem Anmelder, der in dieser Hinsicht einen Schaden erlitten hat, im Einklang mit den geltenden anwendbaren Rechtsvorschriften.

Artikel 29

Kosten

(1)   Auf Verlangen der Zollbehörden erstattet der Inhaber der Entscheidung die Kosten, die den Zollbehörden oder anderen im Auftrag der Zollbehörden handelnden Parteien ab dem Zeitpunkt der Zurückhaltung oder der Aussetzung der Überlassung der Waren, einschließlich Lagerung und Behandlung der Waren, gemäß Artikel 17 Absatz 1, Artikel 18 Absatz 1 und Artikel 19 Absätze 2 und 3 sowie bei der Anwendung von Abhilfemaßnahmen wie z. B. der Vernichtung der Waren gemäß den Artikeln 23 und 26 entstehen.

Der Inhaber einer Entscheidung, dem die Aussetzung der Überlassung der Waren oder ihre Zurückhaltung mitgeteilt wurde, wird auf Antrag von den Zollbehörden darüber unterrichtet, wo und in welcher Weise die betreffenden Waren gelagert werden und welche Kosten schätzungsweise mit ihrer Lagerung nach diesem Absatz verbunden sind. Die Informationen zu den geschätzten Kosten können je nach den Umständen der Lagerung und der Art der Waren bezogen auf Zeit, Erzeugnisse, Volumen, Gewicht oder Dienstleistung angegeben werden.

(2)   Dieser Artikel gilt unbeschadet des Rechts des Inhabers der Entscheidung, vom Rechtsverletzer oder von anderen Personen nach den anwendbaren Rechtsvorschriften Schadenersatz zu fordern.

(3)   Der Inhaber einer Entscheidung über die Stattgabe eines Unionsantrags stellt der zuständigen Zolldienststelle oder den Zollbehörden, die im Zusammenhang mit Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, tätig werden sollen, die erforderlichen Übersetzungen zur Verfügung und trägt deren Kosten.

Artikel 30

Sanktionen

Die Mitgliedstaaten tragen — gegebenenfalls auch durch Festlegung von Bestimmungen über die Einführung von Sanktionen — dafür Sorge, dass der Inhaber der Entscheidung den Verpflichtungen nach dieser Verordnung nachkommt. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die betreffenden Bestimmungen und jede spätere Änderung dieser Bestimmungen unverzüglich mit.

KAPITEL V

INFORMATIONSAUSTAUSCH

Artikel 31

Austausch von Daten zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission über Entscheidungen im Zusammenhang mit Anträgen und mit der Zurückhaltung von Waren

(1)   Die zuständigen Zolldienststellen übermitteln der Kommission unverzüglich Folgendes:

a)

Entscheidungen über die Stattgabe von Anträgen, einschließlich des Antrags und seiner Anlagen;

b)

Entscheidungen über eine Verlängerung des Zeitraums für das Tätigwerden der Zollbehörden oder Entscheidungen, mit denen Entscheidungen über die Stattgabe eines Antrags widerrufen oder geändert werden;

c)

die Aussetzung einer Entscheidung über die Stattgabe eines Antrags.

(2)   Unbeschadet des Artikels 24 Buchstabe g der Verordnung (EG) Nr. 515/97 übermitteln die Zollbehörden der Kommission, wenn die Überlassung der Waren ausgesetzt wird oder die Waren zurückgehalten werden, alle sachdienlichen Informationen, einschließlich Angaben zu Menge und Art der Waren, Wert, Rechten geistigen Eigentums, Zollverfahren, Herkunfts-, Ursprungs- und Bestimmungsländern und Verkehrswegen und -mitteln, mit der Ausnahme von persönlichen Daten.

(3)   Die Übermittlung der Informationen gemäß den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels und der gesamte Austausch von Daten über Entscheidungen zu Anträgen gemäß Artikel 14 zwischen den Zollbehörden der Mitgliedstaaten erfolgt über eine zentrale Datenbank der Kommission. Die Informationen und Daten werden in dieser Datenbank gespeichert.

(4)   Zur Verarbeitung der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Informationen wird die in Absatz 3 dieses Artikels genannte zentrale Datenbank in elektronischer Form eingerichtet. Die zentrale Datenbank enthält die in Artikel 6 Absatz 3, Artikel 14 und diesem Artikel genannten Informationen, einschließlich personenbezogener Daten.

(5)   Die Zollbehörden der Mitgliedstaaten und die Kommission haben zur Erfüllung ihrer rechtlichen Verantwortlichkeiten bei der Anwendung dieser Verordnung den erforderlichen Zugang zu den Informationen in der zentralen Datenbank. Der Zugang zu Informationen, die nach Artikel 6 Absatz 3 einer beschränkten Verarbeitung unterliegen sollen, ist auf die Zollbehörden der Mitgliedstaaten begrenzt, in denen ein Tätigwerden der Zollbehörden beantragt wurde. Auf begründeten Antrag der Kommission können die Zollbehörden der Mitgliedstaaten der Kommission Zugang zu diesen Informationen gewähren, wenn dies für die Anwendung dieser Verordnung unbedingt erforderlich ist.

(6)   Die Zollbehörden geben die Informationen über Anträge, die der zuständigen Zolldienststelle übermittelt wurden, in die zentrale Datenbank ein. Die Zollbehörden, die Informationen in die zentrale Datenbank eingestellt haben, ändern, ergänzen, korrigieren oder löschen diese Informationen soweit erforderlich. Jede Zollbehörde, die Informationen in die zentrale Datenbank eingestellt hat, ist dafür verantwortlich, dass diese Informationen zutreffend, zweckmäßig und sachdienlich sind.

(7)   Die Kommission trifft geeignete technische und organisatorische Vorkehrungen für den zuverlässigen und sicheren Betrieb der zentralen Datenbank. Die Zollbehörden der einzelnen Mitgliedstaaten treffen geeignete technische und organisatorische Vorkehrungen für die Wahrung der Vertraulichkeit und die Sicherheit der Datenverarbeitung, was die Bearbeitungsvorgänge durch ihre Zolldienststellen und die im Hoheitsgebiet des jeweiligen Mitgliedstaats für den Zugriff auf die zentrale Datenbank genutzten Geräte betrifft.

Artikel 32

Einrichtung einer zentralen Datenbank

Die Kommission richtet die in Artikel 31 genannte zentrale Datenbank ein. Diese Datenbank ist so bald wie möglich, spätestens aber am 1. Januar 2015, betriebsbereit.

Artikel 33

Datenschutzbestimmungen

(1)   Die Verarbeitung personenbezogener Daten in der zentralen Datenbank der Kommission erfolgt im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und unter Aufsicht des Europäischen Datenschutzbeauftragten.

(2)   Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten erfolgt im Einklang mit der Richtlinie 95/46/EG und unter Aufsicht der unabhängigen öffentlichen Kontrollstelle des Mitgliedstaats gemäß Artikel 28 jener Richtlinie.

(3)   Personenbezogene Daten werden ausschließlich für die Zwecke dieser Verordnung erfasst und genutzt. Die entsprechend erfassten personenbezogenen Daten müssen zutreffend sein und ständig aktualisiert werden.

(4)   Jede Zollbehörde, die personenbezogene Daten in die zentrale Datenbank eingestellt hat, kontrolliert die Verarbeitung dieser Daten.

(5)   Betroffene Personen haben das Recht auf Zugang zu den personenbezogenen Daten, die sie betreffen und die in der zentralen Datenbank verarbeitet werden, und gegebenenfalls auf Berichtigung, Löschung oder Sperrung der personenbezogenen Daten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und den innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG.

(6)   Alle Anträge auf Ausübung des Rechts auf Zugang, Berichtigung, Löschung oder Sperrung werden den Zollbehörden übermittelt und von ihnen bearbeitet. Hat eine betroffene Person einen Antrag auf Ausübung dieses Rechts bei der Kommission gestellt, so leitet die Kommission diesen Antrag an die zuständigen Zollbehörden weiter.

(7)   Personenbezogene Daten werden ab dem Tag, an dem die einschlägige Entscheidung über die Stattgabe des Antrags aufgehoben wurde oder an dem der für das Tätigwerden der Zollbehörden maßgebliche Zeitraum abgelaufen ist, für höchstens sechs Monate gespeichert.

(8)   Hat der Inhaber der Entscheidung Verfahren gemäß Artikel 23 Absatz 3 oder Artikel 26 Absatz 9 eingeleitet und die Zollbehörden über die Einleitung dieser Verfahren unterrichtet, so werden personenbezogene Daten für sechs Monate gespeichert, nachdem in den Verfahren endgültig festgestellt worden ist, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt wurde.

KAPITEL VI

AUSSCHUSS, BEFUGNISÜBERTRAGUNG UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 34

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von dem Ausschuss für den Zollkodex, der durch die Artikel 247a und 248a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 eingesetzt wurde, unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Artikel 35

Ausübung übertragener Befugnisse

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 26 Absatz 10 wird der Kommission auf unbestimmte Zeit ab dem 19. Juli 2013 übertragen.

(3)   Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 26 Absatz 10 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem in dem Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig an das Europäische Parlament und den Rat.

(5)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 26 Absatz 10 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

Artikel 36

Gegenseitige Amtshilfe

Die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 515/97 gelten sinngemäß für die vorliegende Verordnung.

Artikel 37

Berichterstattung

Die Kommission übermittelt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 31. Dezember 2016 einen Bericht über den Stand der Umsetzung dieser Verordnung. Dieser Bericht enthält erforderlichenfalls geeignete Empfehlungen.

Dieser Bericht nimmt Bezug auf etwaige nach dieser Verordnung eingetretene einschlägige Vorfälle im Zusammenhang mit auf der Durchfuhr durch das Zollgebiet der Union befindlichen Arzneimitteln, einschließlich einer Beurteilung ihrer möglichen Auswirkungen auf die Verpflichtungen, die die Union im Rahmen der auf der WTO-Ministerkonferenz in Doha vom 14. November 2001 verabschiedeten „Erklärung über das TRIPS-Übereinkommen und die öffentliche Gesundheit“ hinsichtlich des Zugangs zu Arzneimitteln eingegangen ist, sowie der Maßnahmen, die zur Behebung nachteiliger Auswirkungen ergriffen wurden.

Artikel 38

Aufhebung

Die Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 wird mit Wirkung vom 1. Januar 2014 aufgehoben.

Verweise auf die aufgehobene Verordnung gelten als Verweise auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der im Anhang festgelegten Entsprechungstabelle zu lesen.

Artikel 39

Übergangsbestimmungen

Anträge, denen im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 stattgegeben wurde, behalten für den in der Entscheidung über die Stattgabe des Antrags festgelegten Zeitraum für das Tätigwerden der Zollbehörden ihre Gültigkeit und werden nicht verlängert.

Artikel 40

Inkrafttreten und Anwendung

(1)   Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)   Sie gilt ab dem 1. Januar 2014, mit folgenden Ausnahmen:

a)

Die Artikel 6, Artikel 12 Absatz 7 und Artikel 22 Absatz 3 gelten ab 19. Juli 2013,

b)

die Artikel 31 Absätze 1 und 3 bis 7 sowie Artikel 33 gelten ab dem Zeitpunkt, an dem die in Artikel 32 genannte zentrale Datenbank eingerichtet ist. Die Kommission veröffentlicht diesen Zeitpunkt.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 12. Juni 2013.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

L. CREIGHTON


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 3. Juli 2012 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 16. Mai 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 11. Juni 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  ABl. L 196 vom 2.8.2003, S. 7.

(3)  ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1.

(4)  ABl. C 45 E vom 23.2.2010, S. 47.

(5)  ABl. L 82 vom 22.3.1997, S. 1.

(6)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.

(7)  ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.

(8)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.

(9)  ABl. C 363 vom 13.12.2011, S. 3.

(10)  ABl. L 302 vom 19.10.1992, S. 1.

(11)  ABl. L 152 vom 16.6.2009, S. 1.

(12)  ABl. L 198 vom 8.8.1996, S. 30.

(13)  ABl. L 227 vom 1.9.1994, S. 1.

(14)  ABl. L 78 vom 24.3.2009, S. 1.

(15)  ABl. L 3 vom 5.1.2002, S. 1.

(16)  ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 1.

(17)  ABl. L 299 vom 16.11.2007, S. 1.

(18)  ABl. L 149 vom 14.6.1991, S. 1.

(19)  ABl. L 39 vom 13.2.2008, S. 16.

(20)  ABl. L 256 vom 7.9.1987, S. 1.

(21)  ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 45.

(22)  ABl. L 23 vom 26.1.2008, S. 21.


ANHANG

Entsprechungstabelle

Verordnung (EG) Nr. 1383/2003

Vorliegende Verordnung

Artikel 1

Artikel 1

Artikel 2

Artikel 2

Artikel 3

Artikel 1

Artikel 4

Artikel 18

Artikel 5

Artikel 3 bis 9

Artikel 6

Artikel 6 und 29

Artikel 7

Artikel 12

Artikel 8

Artikel 10, 11, 12, 14 und 15

Artikel 9

Artikel 17 und 19

Artikel 10

Artikel 11

Artikel 23

Artikel 12

Artikel 16 und 21

Artikel 13

Artikel 23

Artikel 14

Artikel 24

Artikel 15

Artikel 20

Artikel 16

Artikel 25

Artikel 17

Artikel 18

Artikel 30

Artikel 19

Artikel 27 und 28

Artikel 20

Artikel 6, 12, 22 und 26

Artikel 21

Artikel 34

Artikel 22

Artikel 31 und 36

Artikel 23

Artikel 24

Artikel 38

Artikel 25

Artikel 40


29.6.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 181/35


VERORDNUNG (EU) Nr. 609/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 12. Juni 2013

über Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung und zur Aufhebung der Richtlinie 92/52/EWG des Rates, der Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG der Kommission, der Richtlinie 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnungen (EG) Nr. 41/2009 und (EG) Nr. 953/2009 des Rates und der Kommission

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) hat die Kommission bei Maßnahmen, welche die Verwirklichung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Ziel haben und die unter anderem Gesundheit, Sicherheit und Verbraucherschutz betreffen, von einem hohen Schutzniveau auszugehen, wobei sie insbesondere alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen Entwicklungen berücksichtigt.

(2)

Der freie Verkehr von sicheren und bekömmlichen Lebensmitteln ist ein wichtiger Aspekt des Binnenmarkts und trägt wesentlich zum Schutz der Gesundheit und des Wohlergehens der Bürger und zur Wahrung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Interessen bei.

(3)

Das Lebensmittelrecht der Union soll unter anderem gewährleisten, dass kein Lebensmittel in Verkehr gebracht werden darf, das als nicht sicher einzustufen ist. Daher sollten alle Stoffe, die als gesundheitsschädlich für die betreffenden Bevölkerungsgruppen oder als ungeeignet für den menschlichen Verzehr betrachtet werden, bei der Zusammenstellung der Lebensmittelkategorien, die in den Anwendungsbereich der vorliegenden Verordnung fallen, ausgeschlossen werden.

(4)

In der Richtlinie 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind (3), sind allgemeine Vorschriften für die Zusammensetzung und Herstellung von Lebensmitteln festgelegt, die besonders beschaffen sind, damit sie den besonderen Ernährungsanforderungen des Personenkreises entsprechen, für den sie bestimmt sind. Die meisten Bestimmungen dieser Richtlinie gehen auf das Jahr 1977 zurück und erfordern eine Überprüfung.

(5)

Die Richtlinie 2009/39/EG enthält eine einheitliche Bestimmung des Begriffs „Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind“, sowie allgemeine Kennzeichnungsanforderungen, die unter anderem besagen, dass solche Lebensmittel mit einem Hinweis auf ihre Eignung für den angegebenen Ernährungszweck versehen sein sollten.

(6)

Die allgemeinen Anforderungen an Zusammensetzung und Kennzeichnung, die in der Richtlinie 2009/39/EG niedergelegt sind, werden durch eine Reihe von Unionsrechtsakten ohne Gesetzescharakter für bestimmte Lebensmittelkategorien ergänzt. So sind in den Richtlinien der Kommission 96/8/EG vom 26. Februar 1996 über Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung (4) und 1999/21/EG vom 25. März 1999 über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (5) harmonisierte Vorschriften festgelegt. In ähnlicher Weise legt Richtlinie 2006/125/EG der Kommission (6) harmonisierte Vorschriften für Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder fest. Die Richtlinie 2006/141/EG der Kommission (7) legt harmonisierte Vorschriften in Bezug auf Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung fest und die Verordnung (EG) Nr. 41/2009 der Kommission (8) harmonisierte Vorschriften betreffend die Zusammensetzung und Kennzeichnung von Lebensmitteln, die für Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit geeignet sind.

(7)

Außerdem sind harmonisierte Vorschriften in der Richtlinie 92/52/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung zur Ausfuhr in Drittländer (9) und in der Verordnung (EG) Nr. 953/2009 der Kommission vom 13. Oktober 2009 über Stoffe, die Lebensmitteln für eine besondere Ernährung zu besonderen Ernährungszwecken zugefügt werden dürfen (10), festgelegt.

(8)

In der Richtlinie 2009/39/EG ist vorgesehen, dass Lebensmittel, die von den Lebensmittelunternehmern als „Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind“ präsentiert werden und für die keine besonderen Vorschriften im Unionsrecht festgelegt worden sind, vor ihrem Inverkehrbringen in der Union auf einzelstaatlicher Ebene einem allgemeinen Notifizierungsverfahren unterliegen, um eine wirksame Überwachung dieser Lebensmittel durch die Mitgliedstaaten zu ermöglichen.

(9)

Aus einem Bericht der Kommission vom 27. Juni 2008 an das Europäische Parlament und den Rat über die Durchführung des Notifizierungsverfahrens geht hervor, dass es bei der Definition von „Lebensmitteln, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind“, die durch nationale Behörden anscheinend unterschiedlich ausgelegt werden kann, zu Problemen kommen kann. Daher kam die Kommission zu dem Schluss, dass eine Überarbeitung der Richtlinie 2009/39/EG erforderlich ist, um eine wirksamere und einheitlichere Durchführung der Unionsrechtsakte zu gewährleisten.

(10)

Die Schlussfolgerungen des Kommissionsberichts vom 27. Juni 2008 über die Durchführung des Notifizierungsverfahrens wurden in einem Untersuchungsbericht von Agra CEAS Consulting vom 29. April 2009 über die Überarbeitung der Richtlinie 2009/39/EG bestätigt; außerdem wurde in dem Bericht darauf hingewiesen, dass aufgrund der breiten Begriffsbestimmung in dieser Richtlinie derzeit immer mehr Lebensmittel als für eine besondere Ernährung geeignet gekennzeichnet und vermarktet werden. In dem Bericht wurde auch betont, dass die Art der Lebensmittel, auf die diese Richtlinie angewandt wird, je nach Mitgliedstaat sehr unterschiedlich ist; ähnliche Lebensmittel könnten gleichzeitig in verschiedenen Mitgliedstaaten in Verkehr gebracht werden und in dem einen als Lebensmittel für eine besondere Ernährung und in dem anderen als Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs, einschließlich Nahrungsergänzungsmitteln, für die allgemeine Bevölkerung oder aber für Untergruppen, beispielsweise für schwangere oder postmenopausale Frauen, ältere Erwachsene, Kinder im Wachstum, Jugendliche, unterschiedlich aktive Menschen usw. vermarktet werden. Durch diese Situation wird der Binnenmarkt gestört, es kommt zu Rechtsunsicherheit für die zuständigen Behörden, Lebensmittelunternehmer, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), und Verbraucher; Marktmissbrauch und Wettbewerbsverzerrung können nicht ausgeschlossen werden. Es ist daher notwendig, durch eine Vereinfachung des rechtlichen Rahmens die Auslegungsunterschiede zu beseitigen.

(11)

Andere in jüngster Zeit verabschiedete Rechtsakte der Union sind offensichtlich besser an einen sich weiterentwickelnden und innovativen Lebensmittelmarkt angepasst als die Richtlinie 2009/39/EG. Besonders relevant und wichtig sind diesbezüglich die Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (11), die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (12) und die Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen sowie bestimmten anderen Stoffen zu Lebensmitteln (13). Die in diesen Unionsrechtsakten enthaltenen Bestimmungen würden des Weiteren ausreichen, um eine Reihe der von der Richtlinie 2009/39/EG erfassten Lebensmittelkategorien zu regeln, und dies mit geringerem Verwaltungsaufwand und mehr Klarheit in Bezug auf Geltungsbereich und Ziele.

(12)

Darüber hinaus zeigt die Erfahrung, dass bestimmte in der Richtlinie 2009/39/EG enthaltene oder in ihrem Rahmen erlassene Vorschriften das Funktionieren des Binnenmarktes nicht mehr wirksam gewährleisten.

(13)

Daher sollte das Konzept „Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind“ abgeschafft und die Richtlinie 2009/39/EG durch den vorliegenden Rechtsakt ersetzt werden. Um die Anwendung des vorliegenden Rechtsakts zu vereinfachen und um die Einheitlichkeit der Anwendung in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten, sollte für diesen Rechtsakt die Form einer Verordnung gewählt werden.

(14)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (14) wurden gemeinsame Grundsätze und Begriffsbestimmungen für das Lebensmittelrecht der Union eingeführt. Gewisse in der genannten Verordnung festgelegte Begriffsbestimmungen sollten auch für die vorliegende Verordnung gelten.

(15)

Eine begrenzte Zahl von Lebensmittelkategorien stellt die teilweise oder einzige Nahrungsquelle für bestimmte Bevölkerungsgruppen dar. Diese Lebensmittelkategorien sind für die Regulierung bestimmter Krankheitsbilder und/oder, um den Ernährungsanforderungen bestimmter eindeutig bezeichneter gefährdeter Bevölkerungsgruppen gerecht zu werden, unverzichtbar. Zu diesen Lebensmittelkategorien gehören Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung, Getreidebeikost und andere Beikost sowie Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke. Erfahrungsgemäß reichen die Bestimmungen der Richtlinien 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG aus, um den freien Verkehr dieser Lebensmittelkategorien auf zufriedenstellende Weise zu gewährleisten und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau zu garantieren. Daher sollte der Schwerpunkt der vorliegenden Verordnung unter Berücksichtigung der Richtlinien 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG auf den allgemeinen Zusammensetzungs- und Informationsanforderungen in Bezug auf diese Lebensmittelkategorien liegen.

(16)

Zudem wird angesichts des wachsenden Bevölkerungsanteils, der mit Übergewicht und Adipositas zusammenhängende Probleme hat, eine zunehmende Zahl von Lebensmitteln als Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung in Verkehr gebracht. Bei den derzeitig in Verkehr gebrachten Lebensmitteln kann unterschieden werden zwischen Erzeugnissen, die für eine kalorienarme Ernährung bestimmt sind und zwischen 3 360 kJ (800 kcal) und 5 040 kJ (1 200 kcal) enthalten, sowie Erzeugnissen, die für eine sehr kalorienarme Ernährung bestimmt sind, die üblicherweise weniger als 3 360 kJ (800 kcal) enthält. Angesichts der Besonderheit dieser Lebensmittel ist es angebracht, hierfür bestimmte besondere Vorschriften festzulegen. Erfahrungsgemäß reichen die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 96/8/EG aus, um den freien Verkehr von Lebensmitteln, die als Tagesration für gewichtskontrollierende Ernährung angeboten werden, auf zufriedenstellende Weise zu gewährleisten und gleichzeitig einen hohen Gesundheitsschutz zu garantieren. Daher sollte der Schwerpunkt der vorliegenden Verordnung unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 96/8/EG auf den allgemeinen Zusammensetzungs- und Informationsanforderungen an Lebensmittel zum Ersatz einer Tagesration, einschließlich von Lebensmitteln mit sehr niedrigem Kaloriengehalt, liegen.

(17)

In der vorliegenden Verordnung sollten unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG unter anderem die Begriffsbestimmungen für Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung, Getreidebeikost und andere Beikost sowie für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Tagesrationen für eine gewichtskontrollierende Ernährung festgelegt werden.

(18)

In der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 werden die Grundsätze der Risikoanalyse im Zusammenhang mit Lebensmitteln festgelegt sowie die Strukturen und Verfahren für die wissenschaftlichen und technischen Bewertungen, die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden „Behörde“) durchgeführt werden. Für die Zwecke der vorliegenden Verordnung sollte die Behörde zu allen Belangen konsultiert werden, die die öffentliche Gesundheit tangieren könnten.

(19)

Es ist wichtig, dass die Zutaten, die bei der Herstellung der von der vorliegenden Verordnung erfassten Lebensmittel verwendet werden, den Ernährungsanforderungen der Personen, für die diese Lebensmittel bestimmt sind, entsprechen und für diese geeignet sind und dass ihre ernährungsphysiologische Eignung durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten nachgewiesen ist. Eine solche Eignung sollte durch eine systematische Auswertung der verfügbaren wissenschaftlichen Daten nachgewiesen werden.

(20)

Die im einschlägigen Unionsrecht, insbesondere in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs (15), festgelegten Höchstgehalte für Pestizidrückstände sollten unbeschadet besonderer, in der vorliegenden Verordnung festgelegter Bestimmungen und unbeschadet der im Einklang mit der vorliegenden Verordnung erlassenen delegierten Rechtsakte gelten.

(21)

Die Verwendung von Pestiziden kann zu Pestizidrückständen in von der vorliegenden Verordnung erfassten Lebensmitteln führen. Deshalb sollte die Verwendung unter Berücksichtigung der Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (16) so weit wie möglich eingeschränkt werden. Eine Einschränkung oder ein Verbot ihrer Verwendung würde jedoch nicht notwendigerweise garantieren, dass die von dieser Verordnung erfassten Lebensmittel und damit auch Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder pestizidfrei sind, da bestimmte Pestizide die Umwelt kontaminieren und ihre Rückstände möglicherweise in diesen Lebensmitteln zu finden sind. Um gefährdete Bevölkerungsgruppen zu schützen, sollte daher der Höchstgehalt an Pestizidrückständen in diesen Lebensmitteln auf das niedrigste erreichbare Maß festgelegt werden, wobei die gute landwirtschaftliche Praxis sowie andere Expositionsquellen wie Umweltkontamination zu berücksichtigen sind.

(22)

Verbote und Einschränkungen für den Einsatz bestimmter Pestizide, die jenen der Anhänge der Richtlinien 2006/125/EG und 2006/141/EG entsprechen, sollten in den gemäß dieser Verordnung erlassenen delegierten Rechtsakten berücksichtigt werden. Diese Verbote und Einschränkungen sollten regelmäßig aktualisiert werden, wobei Pestiziden, die Wirkstoffe, Safener oder Synergisten enthalten, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (17) als mutagene Stoffe der Kategorie 1A oder 1B, als karzinogene Stoffe der Kategorie 1A oder 1B oder als reproduktionstoxische Stoffe der Kategorie 1A oder 1B oder als Stoffe mit endokrinschädigenden Eigenschaften eingestuft sind, die für den Menschen schädlich sein könnten, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.

(23)

Stoffe, die in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (18) fallen, sollten nicht zu den von der vorliegenden Verordnung erfassten Lebensmitteln gezählt werden, sofern sie nicht zusätzlich zu den in der vorliegenden Verordnung und in den gemäß der vorliegenden Verordnung erlassenen delegierten Rechtsakten festgelegten Bedingungen auch die Bedingungen für das Inverkehrbringen nach der Verordnung (EG) Nr. 258/97 erfüllen. Wenn die Herstellungsverfahren eines Stoffes, der nach dieser Verordnung verwendet worden ist, erheblich geändert werden oder die Partikelgröße eines solchen Stoffes beispielsweise durch Nanotechnologie geändert wird, sollte dieser Stoff als ein anderer betrachtet werden als der, der nach dieser Verordnung verwendet worden ist, und gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97 und anschließend gemäß der vorliegenden Verordnung einer erneuten Beurteilung unterzogen werden.

(24)

Die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (19) legt allgemeine Kennzeichnungsbestimmungen fest. Grundsätzlich sollten diese allgemeinen Kennzeichnungsbestimmungen auf die von der vorliegenden Verordnung erfassten Lebensmittelkategorien angewendet werden. In der vorliegenden Verordnung sollten jedoch, soweit dies für ihre besonderen Ziele erforderlich ist, Ausnahmen von der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 bzw. Anforderungen, die über deren Bestimmungen hinausgehen, festgelegt werden.

(25)

Die Kennzeichnung, Aufmachung und Bewerbung von Lebensmitteln, die unter diese Verordnung fallen, sollten diesen Lebensmitteln keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen lassen. Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke sind jedoch zum Diätmanagement von Patienten bestimmt, deren Fähigkeit beispielsweise zur Aufnahme gewöhnlicher Lebensmittel aufgrund einer spezifischen Krankheit oder Störung oder spezifischer Beschwerden eingeschränkt, behindert oder gestört ist. Der Hinweis auf Diätmanagement von Krankheiten, Störungen oder Beschwerden, für die das Lebensmittel bestimmt ist, sollte nicht als Zuschreibung einer Eigenschaft hinsichtlich der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit gelten.

(26)

Um gefährdete Verbraucher zu schützen, sollten die Kennzeichnungsvorschriften eine genaue Produktidentifizierung durch Verbraucher gewährleisten. Bei Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung sollten alle Angaben in Wort und Bild eine eindeutige Unterscheidung zwischen den verschiedenen Anfangsnahrungen ermöglichen. Schwierigkeiten bei der Bestimmung des genauen Alters eines auf einer Kennzeichnung abgebildeten Säuglings könnten die Verbraucher verwirren und die Produktidentifizierung erschweren. Diese Gefahr sollte durch geeignete Kennzeichnungsbeschränkungen vermieden werden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Säuglingsanfangsnahrung eine Nahrung darstellt, die für sich allein die Ernährungsanforderungen von Säuglingen von der Geburt bis zur Einführung einer angemessenen Beikost deckt, ist eine ordnungsgemäße Produktidentifizierung zudem von größter Bedeutung für den Verbraucherschutz. Angemessene Beschränkungen hinsichtlich der Aufmachung von Säuglingsanfangsnahrung und der Werbung hierfür sollten daher eingeführt werden.

(27)

In der vorliegenden Verordnung sollten unter Berücksichtigung der Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG die Kriterien für die besonderen Zusammensetzungs- und Informationsanforderungen in Bezug auf Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung, Getreidebeikost und andere Beikost, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung festgelegt werden.

(28)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 werden Regeln und Bedingungen hinsichtlich der Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel aufgestellt. Grundsätzlich sollten diese Regeln für die von der vorliegenden Verordnung erfassten Lebensmittelkategorien gelten, sofern in der vorliegenden Verordnung oder in den in ihrem Rahmen erlassenen delegierten Rechtsakten nichts anderes verfügt wird.

(29)

Gemäß den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollten Säuglinge mit geringem Geburtsgewicht Muttermilch erhalten. Jedoch können für Säuglinge mit geringem Geburtsgewicht und Frühgeborene oft besondere Ernährungsanforderungen bestehen, denen die Muttermilch oder die gewöhnliche Säuglingsanfangsnahrung nicht genügt. Die Ernährungsanforderungen eines Säuglings mit geringem Geburtsgewicht und eines Frühgeborenen können vom medizinischen Zustand dieses Säuglings abhängen, insbesondere von seinem Gewicht im Vergleich zum Gewicht eines gesunden Säuglings bzw. von der Zahl der Wochen, die er zu früh geboren wurde. Es ist auf Einzelfallbasis zu entscheiden, ob der Zustand des Säuglings die Verwendung eines Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke unter ärztlicher Aufsicht erfordert, das für die Ernährungsanforderungen von Säuglingen entwickelt wurde (Anfangsnahrung) und an das in seinem Fall spezifische Diätmanagement angepasst ist.

(30)

In der Richtlinie 1999/21/EG wird vorgeschrieben, dass bestimmte Zusammensetzungsanforderungen für Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung nach der Richtlinie 2006/141/EG auch auf Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke für Säuglinge abhängig von deren Alter anzuwenden sind. Einige Bestimmungen der Richtlinie 2006/141/EG, unter anderem solche hinsichtlich Etikettierung, Aufmachung, Werbung sowie hinsichtlich Werbe- und Handelspraktiken, gelten derzeit jedoch nicht für solche Lebensmittel. Aufgrund der Marktentwicklungen und eines erheblichen Zuwachses solcher Lebensmittel ist es erforderlich, die Anforderungen für Anfangsnahrung für Säuglinge zu überprüfen, wie die Anforderungen an die Verwendung von Pestiziden in Erzeugnissen, die zur Herstellung dieser Anfangsnahrung bestimmt sind, Pestizidrückstände, Kennzeichnung, Aufmachung, Werbung sowie Werbe- und Handelspraktiken, die gegebenenfalls auch für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, die für die Ernährungsanforderungen von Säuglingen entwickelt wurden, gelten sollten.

(31)

In der Union werden immer mehr Milchgetränke und gleichartige Erzeugnisse auf den Markt gebracht, die als besonders geeignet für Kleinkinder beworben werden. Diese Erzeugnisse, die aus Proteinen tierischen oder pflanzlichen Ursprungs wie Kuhmilch, Ziegenmilch, Soja oder Reis gewonnen werden können, werden oft als „Wachstumsmilch“, „Milch für Kleinkinder“ oder unter ähnlichen Bezeichnungen angeboten. Für diese Erzeugnisse gelten derzeit verschiedene Rechtsakte der Union, wie die Verordnungen (EG) Nr. 178/2002, (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 und die Richtlinie 2009/39/EG, sie fallen hingegen nicht unter die bestehenden spezifischen Maßnahmen, die für Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder gelten. Darüber, ob die genannten Erzeugnisse den spezifischen Ernährungsanforderungen der Zielbevölkerungsgruppe gerecht werden, herrschen unterschiedliche Auffassungen. Die Kommission sollte daher nach Konsultation der Behörde dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Frage vorlegen, ob gegebenenfalls besondere Vorschriften für die Zusammensetzung und Kennzeichnung von diesen Erzeugnissen sowie gegebenenfalls in Bezug auf andere Anforderungen an diese erforderlich sind. In diesem Bericht sollte unter anderem den Ernährungsanforderungen von Kleinkindern und der Rolle dieser Erzeugnisse in ihrer Ernährung unter Berücksichtigung der Verbrauchsgewohnheiten, der Nährstoffzufuhr und der Höhe der Exposition von Kleinkindern durch Schadstoffe und Pestizide Rechnung getragen werden. Darüber hinaus sollte in diesem Bericht bewertet werden, welche Zusammensetzung diese Erzeugnisse haben und ob sie im Vergleich zu einer normalen kindgerechten Ernährung während der Abstillzeit einen ernährungsphysiologischen Nutzen haben. Die Kommission könnte diesem Bericht einen Gesetzgebungsvorschlag beifügen.

(32)

Gemäß der Richtlinie 2009/39/EG können außerdem für die folgenden zwei Gruppen von Lebensmitteln, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, besondere Vorschriften erlassen werden: „Lebensmittel für intensive Muskelanstrengungen, vor allem für Sportler“ und „Lebensmittel für Personen, die unter einer Störung des Glukosestoffwechsels leiden (Diabetes)“. Was besondere Vorschriften für Lebensmittel für Personen mit einer Störung des Glukosestoffwechsels (Diabetes) angeht, so kam die Kommission in ihrem Bericht an das Europäische Parlament und den Rat vom 26. Juni 2008 über Lebensmittel für Personen, die unter einer Störung des Glukosestoffwechsels (Diabetes mellitus) leiden, zu dem Schluss, dass eine wissenschaftliche Grundlage für die Festlegung bestimmter Zusammensetzungsanforderungen fehlt. Bei Lebensmitteln für intensive Muskelanstrengungen, vor allem für Sportler, konnte keine Einigung über besondere Vorschriften erzielt werden, da die Ansichten der Mitgliedstaaten und Interessenträger über Geltungsbereich, Zahl der Unterkategorien, der zu berücksichtigenden Lebensmittel, Kriterien für die Festlegung der Zusammensetzungsanforderungen und potenzielle Auswirkungen auf die Innovation bei der Produktentwicklung weit auseinandergingen. Daher sollten zum jetzigen Zeitpunkt keine besonderen Vorschriften ausgearbeitet werden. Auf Grundlage der von den Lebensmittelunternehmern eingereichten Anträge ist für die einschlägigen Anträge inzwischen in Einklang mit den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 die Zulassung erwogen worden.

(33)

Es gibt jedoch unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, ob zusätzliche Vorschriften für Lebensmittel, die für Sportler bestimmt sind, und die auch als Lebensmittel für intensive Muskelanstrengungen bezeichnet werden, erforderlich sind, um einen angemessenen Verbraucherschutz zu gewährleisten. Die Kommission sollte daher ersucht werden, dem Europäischen Parlament und dem Rat nach Anhörung der Behörde einen Bericht über die Frage vorzulegen, ob gegebenenfalls Vorschriften für Lebensmittel, die für Sportler bestimmt sind, erforderlich sind. Die Anhörung der Behörde sollte dem Bericht des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses vom 28. Februar 2001 über die Zusammensetzung und die Merkmale von Lebensmitteln für intensive Muskelanstrengungen, vor allem für Sportler, Rechnung tragen. In ihrem Bericht sollte die Kommission insbesondere bewerten, ob Bestimmungen zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes erforderlich sind.

(34)

Die Kommission sollte technische Leitlinien annehmen können, die bezwecken, es Lebensmittelunternehmen, insbesondere KMU, zu erleichtern, diese Verordnung einzuhalten.

(35)

Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Marktlage sowie der Richtlinien 2006/125/EG und 2006/141/EG sowie der Verordnung (EG) Nr. 953/2009 sollte eine Unionsliste mit Stoffen der folgenden Kategorien — Vitamine, Mineralstoffe, Aminosäuren, Carnitin und Taurin, Nucleotide, Cholin und Inositol — erstellt und als Anhang in die vorliegende Verordnung aufgenommen werden. Von den Stoffen, die in diese Kategorien fallen, sollten nur diejenigen den unter diese Verordnung fallenden Lebensmitteln zugesetzt werden dürfen, die in die Unionsliste aufgenommen wurden. Bei der Aufnahme von Stoffen in die Unionsliste ist anzugeben, welcher Kategorie von unter diese Verordnung fallenden Lebensmitteln diese Stoffe zugesetzt werden dürfen.

(36)

Die Aufnahme von Stoffen in die Unionsliste sollte nicht bedeuten, dass es erforderlich oder wünschenswert ist, dass sie einer oder mehreren unter diese Verordnung fallenden Lebensmittelkategorien zugesetzt werden. Die Unionsliste ist lediglich dazu bestimmt wiederzugeben, welche Stoffe einer bestimmten Stoffkategorie als Zusatz für eine oder mehrere unter diese Verordnung fallende Lebensmittelkategorien zugelassen sind, während die besonderen Zusammensetzungsanforderungen dazu dienen sollen, die Zusammensetzung jeder einzelnen unter diese Verordnung fallenden Lebensmittelkategorie festzulegen.

(37)

Einige Stoffe, die den unter diese Verordnung fallenden Lebensmitteln zugesetzt werden dürfen, könnten zu technologischen Zwecken als Lebensmittelzusatzstoffe, Farbstoffe oder Aromen oder zu anderen derartigen Zwecken zugesetzt werden, einschließlich zugelassener önologischer Verfahren und Verarbeitungsprozessen, die in den entsprechenden auf Lebensmittel anwendbaren Rechtsakten der Union vorgesehen sind. Die Spezifikationen für diese Stoffe werden auf Unionsebene festgelegt. Es ist angezeigt, die Spezifikationen für diese Stoffe unabhängig vom Zweck ihrer Verwendung in Lebensmitteln anzuwenden, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(38)

Für die Stoffe auf der Unionsliste, für die bisher noch keine Reinheitskriterien auf Unionsebene festgelegt worden sind, und um den Schutz der öffentlichen Gesundheit auf hohem Niveau zu gewährleisten, sollten allgemein annehmbare, von internationalen Organisationen oder Einrichtungen, unter anderem vom Gemeinsamen FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) sowie im Europäischen Arzneibuch, empfohlene Reinheitskriterien angewandt werden. Unbeschadet der Bestimmungen des AEUV sollten die Mitgliedstaaten nationale Vorschriften beibehalten dürfen, in denen strengere Reinheitskriterien festgelegt sind.

(39)

Zur Festlegung der Anforderungen für die unter diese Verordnung fallenden Lebensmittelkategorien sollte der Kommission gemäß Artikel 290 AEUV die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte in Bezug auf die Festlegung der Anforderungen an die Zusammensetzung und Informationen hinsichtlich der von der vorliegenden Verordnung erfassten Lebensmittelkategorien, einschließlich zusätzlicher Kennzeichnungsanforderungen zu oder Ausnahmen von der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 sowie hinsichtlich der Zulassung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben, übertragen werden. Damit die Verbraucher zudem rasch den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt, insbesondere in Bezug auf innovative Erzeugnisse, nutzen können und somit die Innovation gefördert wird, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte zu erlassen, auch zum Zweck einer regelmäßigen Aktualisierung dieser besonderen Anforderungen, wobei alle einschlägigen Daten, auch die von den interessierten Parteien bereitgestellten Daten, zu berücksichtigen sind. Um dem technischen Fortschritt, den wissenschaftlichen Entwicklungen oder der Gesundheit der Verbraucher Rechnung zu tragen, sollte der Kommission darüber hinaus die Befugnis übertragen werden, nach Artikel 290 AEUV Rechtsakte in Bezug auf die Ergänzung der Unionsliste um zusätzliche Kategorien von Stoffen mit ernährungsbezogener oder physiologischer Wirkung oder hinsichtlich der Streichung solcher Kategorien von den Kategorien der Stoffe, die unter die Unionsliste fallen sollen, zu erlassen. Zum gleichen Zweck und vorbehaltlich der in dieser Verordnung festgelegten zusätzlichen Anforderungen sollte der Kommission ferner die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte nach Artikel 290 AEUV in Bezug auf die Änderung der Unionsliste durch Ergänzung eines neuen Stoffs oder der Streichung eines Stoffs oder der Ergänzung, Streichung oder Änderung von Elementen betreffend einen Stoff auf der Unionsliste zu erlassen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, zügig und auf angemessene Weise übermittelt werden.

(40)

Um einheitliche Voraussetzungen für die Durchführung dieser Verordnung zu gewährleisten, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden, damit sie entscheiden kann, ob ein bestimmtes Lebensmittel unter die Verordnung fällt und zu welcher Lebensmittelkategorie es gehört. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (20), ausgeübt werden.

(41)

Derzeit sind die Regeln für die Verwendung der Angaben „glutenfrei“ und „sehr geringer Glutengehalt“ in der Verordnung (EG) Nr. 41/2009 festgelegt. Mit dieser Verordnung werden die Informationen harmonisiert, die Verbraucher über das Nichtvorhandensein oder geringe Vorhandensein von Gluten in Lebensmitteln erhalten, und es werden spezielle Regeln für Lebensmittel aufgestellt, die zur Reduzierung des Glutengehalts einer oder mehrerer glutenhaltiger Zutaten oder als Ersatz für solche glutenhaltigen Zutaten in spezieller Weise hergestellt, zubereitet und/oder verarbeitet werden, sowie für weitere Lebensmittel, die ausschließlich aus Zutaten hergestellt wurden, die von Natur aus glutenfrei sind. In der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 wird geregelt, welche Informationen für alle Lebensmittel, einschließlich nicht vorverpackter Lebensmittel, über das Vorhandensein von Zutaten wie glutenhaltigen Zutaten, bei denen wissenschaftlich belegt ist, dass sie Allergien oder Unverträglichkeiten verursachen können, bereitzustellen sind, damit insbesondere diejenigen Verbraucher, die unter einer Lebensmittelallergie oder -unverträglichkeit leiden, etwa Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit, eine fundierte Wahl treffen und Lebensmittel auswählen können, die für sie unbedenklich sind. Im Interesse der Klarheit und Kohärenz sollten die Regeln für die Verwendung der Angaben „glutenfrei“ und „sehr geringer Glutengehalt“ auch im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 geregelt werden. Rechtsakte, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 zu erlassen sind, um die Regeln für die Verwendung der Angaben „glutenfrei“ und „sehr geringer Glutengehalt“ aus der Verordnung (EG) Nr. 41/2009 zu übernehmen, sollten Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit mindestens das gleiche Schutzniveau bieten, wie es derzeit die Verordnung (EG) Nr. 41/2009 tut. Die Übernahme der Regeln sollte vor Anwendung der vorliegenden Verordnung abgeschlossen sein. Ferner sollte die Kommission prüfen, wie zu gewährleisten ist, dass Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit angemessen über den Unterschied zwischen Lebensmitteln, die zur Reduzierung des Glutengehalts einer oder mehrerer glutenhaltiger Zutaten in spezieller Weise hergestellt, zubereitet und/oder verarbeitet, und Lebensmitteln, die ausschließlich aus Zutaten hergestellt wurden, die von Natur aus glutenfrei sind, unterrichtet werden.

(42)

Für die Zusammensetzung und die Kennzeichnung bezüglich des Nichtvorhandenseins oder des geringen Vorhandenseins von Laktose in Lebensmitteln bestehen derzeit auf Ebene der Union keine Harmonisierungsvorschriften. Diese Angaben sind für Menschen mit Laktoseunverträglichkeit jedoch wichtig. In der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 wird geregelt, welche Informationen hinsichtlich von Stoffen, bei denen wissenschaftlich belegt ist, dass sie Allergien oder Unverträglichkeiten verursachen können, bereitzustellen sind, damit Verbraucher, etwa Menschen mit einer Laktoseunverträglichkeit, eine fundierte Wahl treffen und Lebensmittel auswählen können, die für sie unbedenklich sind. Im Interesse der Klarheit und Kohärenz sollte die Festlegung von Regeln für die Verwendung von Angaben wie „laktosefrei“ oder „sehr geringer Laktosegehalt“ in der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 geregelt werden, wobei dem wissenschaftlichen Gutachten der Behörde vom 10. September 2010 über Laktosegrenzwerte für Laktoseintoleranz und Galaktosämie Rechnung getragen werden sollte.

(43)

Lebensmittel mit der Angabe „Mahlzeit für eine gewichtskontrollierende Ernährung“, die einen Teil der täglichen Nahrungsmittelration ersetzen sollen, gelten als Lebensmittel für eine besondere Ernährung und unterliegen derzeit den besonderen Bestimmungen gemäß Richtlinie 96/8/EG. Auf dem Markt sind jedoch immer mehr Lebensmittel zu finden, die für die Gesamtbevölkerung bestimmt sind und die Angaben tragen, die als gesundheitsbezogene Angaben für eine gewichtskontrollierende Ernährung präsentiert werden. Zur Vermeidung jeglicher Gefahr einer Verwechslung innerhalb dieser Gruppe von zur Gewichtskontrolle vermarkteten Lebensmitteln und im Interesse der Rechtssicherheit und Kohärenz von Rechtsakten der Union sollten diese Angaben allein der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 unterliegen und den in jener Verordnung enthaltenen Anforderungen genügen. Die technischen Anpassungen in der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 in Bezug auf gesundheitsbezogene Angaben über Gewichtskontrolle und im Hinblick auf Lebensmittel, die als „Mahlzeit für eine gewichtskontrollierende Ernährung“ angeboten werden, und der Bedingungen für die Verwendung dieser Angaben gemäß der Richtlinie 96/8/EG sollten vor der Anwendung der vorliegenden Verordnung vorgenommen werden.

(44)

Diese Verordnung berührt nicht die Verpflichtung zur Achtung der Grundrechte und der allgemeinen Rechtsgrundsätze, einschließlich der Meinungsfreiheit, gemäß Artikel 11 in Verbindung mit Artikel 52 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und anderen einschlägigen Bestimmungen.

(45)

Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Einführung von Zusammensetzungs- und Informationsanforderungen für bestimmte Lebensmittelkategorien, die Einführung einer Unionsliste von Stoffen, die bestimmten Lebensmittelkategorien hinzugefügt werden dürfen, und die Festlegung von Vorschriften zur Aktualisierung der Unionsliste auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher aufgrund des Umfangs der vorgeschlagenen Maßnahme besser auf Unionsebene zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht die vorliegende Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(46)

Gemäß der Richtlinie 92/52/EWG müssen Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung, die aus der Union ausgeführt oder wiederausgeführt werden, dem Unionsrecht entsprechen, sofern das einführende Land nichts anderes verlangt oder die Vorschriften des einführenden Landes nichts anderes festlegen. Für Lebensmittel wurde dieser Grundsatz bereits in der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 festgelegt. Der Einfachheit und Rechtssicherheit halber sollte die Richtlinie 92/52/EWG daher aufgehoben werden.

(47)

Die Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG, 2006/141/EG, 2009/39/EG sowie die Verordnungen (EG) Nr. 41/2009 und (EG) Nr. 953/2009 sollten auch aufgehoben werden.

(48)

Es sind angemessene Übergangsmaßnahmen erforderlich, damit sich die Lebensmittelunternehmer an die Bestimmungen dieser Verordnung anpassen können —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand

(1)   Mit dieser Verordnung werden Zusammensetzungs- und Informationsanforderungen bezüglich folgender Lebensmittelkategorien festgelegt:

a)

Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung;

b)

Getreidebeikost und andere Beikost;

c)

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke;

d)

Tagesrationen für eine gewichtskontrollierende Ernährung.

(2)   In dieser Verordnung werden eine Unionsliste der Stoffe, die einer oder mehreren in Absatz 1 genannten Lebensmittelkategorien zugesetzt werden dürfen, sowie die Regeln, die für die Aktualisierung dieser Liste gelten, festgelegt.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

(1)   Für die Zwecke dieser Verordnung gelten für die Begriffe

a)

„Lebensmittel“, „Lebensmittelunternehmer“, „Einzelhandel“ und „Inverkehrbringen“ die Begriffsbestimmungen gemäß Artikel 2 und Artikel 3 Nummern 3, 7 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002;

b)

„vorverpacktes Lebensmittel“, „Kennzeichnung“ und „technisch hergestelltes Nanomaterial“ die Begriffsbestimmungen gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstaben e, j bzw. t der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011;

c)

„nährwertbezogene Angabe“ und „gesundheitsbezogene Angabe“ die Begriffsbestimmungen gemäß Artikel 2 Absatz 2 Nummern 4 bzw. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006.

(2)   Ferner bezeichnet der Ausdruck

a)

„Säugling“ ein Kind unter 12 Monaten;

b)

„Kleinkind“ ein Kind im Alter zwischen einem Jahr und drei Jahren;

c)

„Säuglingsanfangsnahrung“ Lebensmittel, die zur Verwendung für Säuglinge während der ersten Lebensmonate bestimmt sind und bis zur Einführung einer angemessenen Beikost für sich allein die Ernährungsanforderungen dieser Säuglinge decken;

d)

„Folgenahrung“ Lebensmittel, die zur Verwendung für Säuglinge ab Einführung einer angemessenen Beikost bestimmt sind und den größten flüssigen Anteil einer nach und nach abwechslungsreicheren Kost für diese Säuglinge darstellen;

e)

„Getreidebeikost“ Lebensmittel,

i)

die zur Deckung der besonderen Bedürfnisse gesunder Säuglinge während der Abstillzeit und zur Ergänzung der Ernährung und/oder progressiven Gewöhnung an normale Lebensmittel bei gesunden Kleinkindern bestimmt sind und

ii)

die zu einer der folgenden Kategorien gehören:

einfache Getreideprodukte, die mit Milch oder anderen geeigneten nahrhaften Flüssigkeiten zubereitet sind oder zubereitet werden müssen;

Getreideprodukte mit einem zugesetzten proteinreichen Lebensmittel, die mit Wasser oder anderen eiweißfreien Flüssigkeiten zubereitet sind oder zubereitet werden müssen;

Teigwaren, die nach dem Kochen in siedendem Wasser oder anderen geeigneten Flüssigkeiten verzehrt werden;

Zwiebacke und Kekse, die entweder direkt oder nach dem Zerkleinern unter Zusatz von Wasser, Milch oder anderen geeigneten Flüssigkeiten verzehrt werden;

f)

„Beikost“ Lebensmittel zur Deckung der besonderen Bedürfnisse gesunder Säuglinge während der Abstillzeit und zur Ergänzung der Ernährung und/oder progressiven Gewöhnung an normale Lebensmittel bei gesunden Kleinkindern, mit Ausnahme von

i)

Getreidebeikost und

ii)

Milchgetränken und gleichartigen Erzeugnissen, die für Kleinkinder bestimmt sind;

g)

„Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ unter ärztlicher Aufsicht zu verwendende Lebensmittel zum Diätmanagement von Patienten, einschließlich Säuglingen, die in spezieller Weise verarbeitet oder formuliert werden; sie sind zur ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte oder von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf bestimmt ist, für deren Diätmanagement die Modifizierung der normalen Ernährung allein nicht ausreicht;

h)

„Tagesration für gewichtskontrollierende Ernährung“ Lebensmittel mit einer besonderen Zusammensetzung für eine kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung, die, sofern sie gemäß den Anweisungen des Lebensmittelunternehmers verwendet werden, die tägliche Nahrungsmittelration vollständig ersetzen.

Artikel 3

Auslegungsentscheidungen

Um die einheitliche Durchführung dieser Verordnung sicherzustellen, kann die Kommission im Wege von Durchführungsrechtsakten entscheiden,

a)

ob ein bestimmtes Lebensmittel in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt;

b)

zu welcher spezifischen Lebensmittelkategorie gemäß Artikel 1 Absatz 1 ein bestimmtes Lebensmittel gehört.

Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 17 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 4

Inverkehrbringen

(1)   Die in Artikel 1 Absatz 1 genannten Lebensmittel dürfen nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie dieser Verordnung genügen.

(2)   Die in Artikel 1 Absatz 1 genannten Lebensmittel dürfen nur in Form vorverpackter Lebensmittel im Einzelhandel vertrieben werden.

(3)   Die Mitgliedstaaten dürfen das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die dieser Verordnung genügen, nicht aus Gründen ihrer Zusammensetzung, Herstellungsmerkmale, Aufmachung oder Kennzeichnung untersagen oder beschränken.

Artikel 5

Vorsorgeprinzip

Zur Gewährleistung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus für die Personen, für die die in Artikel 1 Absatz 1 dieser Verordnung aufgeführten Lebensmittel bestimmt sind, findet das Vorsorgeprinzip gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Anwendung.

KAPITEL II

ZUSAMMENSETZUNGS- UND INFORMATIONSANFORDERUNGEN

ABSCHNITT 1

Allgemeine Anforderungen

Artikel 6

Allgemeine Bestimmungen

(1)   Die in Artikel 1 Absatz 1 genannten Lebensmittel müssen sämtlichen Anforderungen des Lebensmittelrechts der Union genügen.

(2)   Die in dieser Verordnung festgelegten Anforderungen haben gegenüber jeder anderen widersprüchlichen Bestimmung des Lebensmittelrechts der Union Anwendungsvorrang.

Artikel 7

Gutachten der Behörde

Die Behörde gibt gemäß den Artikeln 22 und 23 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 für die Zwecke der Anwendung der vorliegenden Verordnung wissenschaftliche Gutachten ab. Diese Gutachten bilden die wissenschaftliche Grundlage für alle Maßnahmen der Union, die gemäß der vorliegenden Verordnung erlassen werden und die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken können.

Artikel 8

Zugang zu Dokumenten

Die Kommission wendet auf Anträge auf Zugang zu Dokumenten, die unter die vorliegende Verordnung fallen, die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (21) an.

Artikel 9

Allgemeine Anforderungen an Zusammensetzung und Information

(1)   Die Zusammensetzung der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Lebensmittel muss so beschaffen sein, dass sie gemäß allgemein anerkannten wissenschaftlichen Daten den Ernährungsanforderungen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen und für diese Personen geeignet sind.

(2)   Die in Artikel 1 Absatz 1 genannten Lebensmittel dürfen keinen Stoff in einer solchen Menge enthalten, dass dadurch die Gesundheit der Personen, für die sie bestimmt sind, gefährdet wird.

Für Stoffe, bei denen es sich um technisch hergestellte Nanomaterialien handelt, ist die Einhaltung der in Unterabsatz 1 genannten Anforderung gegebenenfalls anhand geeigneter Testverfahren nachzuweisen.

(3)   Auf der Grundlage allgemein anerkannter wissenschaftlicher Daten müssen die Stoffe, die den in Artikel 1 Absatz 1 genannten Lebensmitteln für die Zwecke der Anforderungen nach Absatz 1 dieses Artikels zugesetzt werden, in bioverfügbarer Form vorliegen, damit sie vom menschlichen Körper aufgenommen und verwertet werden können, eine ernährungsspezifische oder physiologische Wirkung haben und für die Personen, für die sie bestimmt sind, geeignet sein.

(4)   Unbeschadet des Artikels 4 Absatz 1 dieser Verordnung dürfen die in Artikel 1 Absatz 1 dieser Verordnung genannten Lebensmittel Stoffe enthalten, die unter Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 fallen, sofern diese Stoffe die Bedingungen für das Inverkehrbringen gemäß jener Verordnung erfüllen.

(5)   Kennzeichnung und Aufmachung der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Lebensmittel sowie die Werbung dafür müssen Informationen über die angemessene Verwendung dieser Lebensmittels bieten und dürfen weder irreführend sein noch diesen Erzeugnissen Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaft erwecken.

(6)   Absatz 5 steht zweckdienlichen Angaben oder Empfehlungen, die ausschließlich für medizinisch, ernährungswissenschaftlich oder pharmazeutisch qualifizierte Personen oder für andere für die Betreuung von Mutter und Kind zuständige Angehörige der Gesundheitsberufe bestimmt sind, nicht entgegen.

Artikel 10

Zusätzliche Anforderungen an Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung

(1)   Die Kennzeichnung und Aufmachung von Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung sowie die Werbung dafür ist so zu gestalten, dass sie nicht vom Stillen abhält.

(2)   Die Kennzeichnung und Aufmachung von Säuglingsanfangsnahrung und die Werbung dafür sowie die Kennzeichnung von Folgenahrung darf weder Kinderbilder noch andere Bilder oder einen Wortlaut aufweisen, die den Gebrauch dieser Nahrung idealisieren könnten.

Unbeschadet des Unterabsatzes 1 sind Zeichnungen zur leichteren Identifizierung der Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung und als Illustration der Zubereitungsmethoden zulässig.

ABSCHNITT 2

Besondere Anforderungen

Artikel 11

Besondere Anforderungen an Zusammensetzung und Information

(1)   Die Kommission wird ermächtigt, nach Maßgabe der allgemeinen Anforderungen gemäß Artikel 6 und 9 sowie der zusätzlichen Anforderungen des Artikels 10 und unter Berücksichtigung des einschlägigen technischen und wissenschaftlichen Fortschritts delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 18 zu folgenden Punkten zu erlassen:

a)

besondere Anforderungen an die Zusammensetzung, die auf die in Artikel 1 Absatz 1 genannten Lebensmittel anwendbar sind, mit Ausnahme der Anforderungen gemäß dem Anhang;

b)

besondere Anforderungen an die Verwendung von Pestiziden in Erzeugnissen, die zur Herstellung der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Lebensmittel bestimmt sind, und an deren Rückstände in den Lebensmitteln. Die besonderen Anforderungen an die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a und b genannten Lebensmittelkategorien und an Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, die für die Ernährungsanforderungen von Säuglingen und Kleinkindern entwickelt wurden, werden regelmäßig aktualisiert und enthalten unter anderem Bestimmungen, die die Verwendung von Pestiziden so weit wie möglich einschränken;

c)

besondere Anforderungen an die Kennzeichnung und Aufmachung der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Lebensmittel sowie an die Werbung dafür, einschließlich der Zulassung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben;

d)

Anforderungen an die Notifizierung für das Inverkehrbringen der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Lebensmittel zur Ermöglichung einer wirksamen amtlichen Überwachung dieser Lebensmittel, auf deren Grundlage die Lebensmittelunternehmer die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, in denen diese Lebensmittel vermarktet werden sollen, unterrichten;

e)

Anforderungen hinsichtlich Werbe- und Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit Säuglingsanfangsnahrung;

f)

Anforderungen hinsichtlich der Informationen, die bezüglich der Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern bereitzustellen sind, damit eine angemessene Information über das geeignete Ernährungsverhalten gewährleistet ist;

g)

besondere Anforderungen an Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, die für die Ernährungsanforderungen von Säuglingen entwickelt wurden, einschließlich Anforderungen an die Zusammensetzung sowie Anforderungen an die Verwendung von Pestiziden in Erzeugnissen, die zur Herstellung derartiger Lebensmittel bestimmt sind, und Anforderungen in Bezug auf Pestizidrückstände, die Kennzeichnung und Aufmachung sowie die Werbung und gegebenenfalls Werbe- und Handelspraktiken dafür.

Diese delegierten Rechtsakte werden bis zum 20. Juli 2015 erlassen.

(2)   Die Kommission wird ermächtigt, nach Maßgabe der allgemeinen Anforderungen gemäß Artikel 6 und 9 sowie der zusätzlichen Anforderungen des Artikels 10 und unter Berücksichtigung des einschlägigen technischen und wissenschaftlichen Fortschritts, einschließlich der von den betroffenen Parteien in Bezug auf innovative Erzeugnisse vorgelegten Daten, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 18 zu erlassen, um die in Absatz 1 genannten Rechtsakte zu aktualisieren.

Wenn es im Falle neu auftretender Gesundheitsrisiken aus Gründen der Dringlichkeit zwingend erforderlich ist, findet das in Artikel 19 genannte Verfahren auf die gemäß diesem Absatz erlassenen delegierten Rechtsakte Anwendung.

Artikel 12

Milchgetränke und gleichartige Erzeugnisse, die für Kleinkinder bestimmt sind

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat nach Anhörung der Behörde bis zum 20. Juli 2015 einen Bericht über die Frage vor, ob gegebenenfalls besondere Vorschriften für Milchgetränke und gleichartige Erzeugnisse, die für Kleinkinder bestimmt sind, in Bezug auf Anforderungen an die Zusammensetzung und Kennzeichnung sowie gegebenenfalls andere Anforderungen erforderlich sind. Die Kommission wird sich in dem Bericht unter anderem mit den Ernährungsanforderungen von Kleinkindern, mit der Rolle, die diese Erzeugnisse in der Ernährung von Kleinkindern spielen, und mit der Frage befassen, ob diese Erzeugnisse im Vergleich zu einer normalen kindgerechten Ernährung während der Abstillzeit einen ernährungsphysiologischen Nutzen haben. Dieser Bericht kann erforderlichenfalls von einem entsprechenden Gesetzgebungsvorschlag begleitet werden.

Artikel 13

Lebensmittel für Sportler

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat nach Anhörung der Behörde bis zum 20. Juli 2015 einen Bericht über die Frage vor, ob gegebenenfalls Vorschriften für Lebensmittel, die für Sportler bestimmt sind, erforderlich sind. Dieser Bericht kann erforderlichenfalls von einem entsprechenden Gesetzgebungsvorschlag begleitet werden.

Artikel 14

Technische Leitlinien

Die Kommission kann technische Leitlinien annehmen, die es Lebensmittelunternehmen, insbesondere KMU, erleichtern, dieses Kapitel und das Kapitel III einzuhalten.

KAPITEL III

UNIONSLISTE

Artikel 15

Unionsliste

(1)   Stoffe einer der folgenden Kategorien von Stoffen dürfen einer oder mehreren der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Kategorien von Lebensmitteln zugesetzt werden, sofern sie in der im Anhang enthaltenen Unionsliste aufgeführt sind und mit den Angaben in dieser Liste gemäß Absatz 3 übereinstimmen:

a)

Vitamine;

b)

Mineralstoffe;

c)

Aminosäuren;

d)

Carnitin und Taurin;

e)

Nucleotide;

f)

Cholin und Inositol.

(2)   Stoffe, die in der Unionsliste aufgeführt sind, müssen die allgemeinen Anforderungen der Artikel 6 und 9 und gegebenenfalls die gemäß Artikel 11 festgelegten besonderen Anforderungen erfüllen.

(3)   Die Unionsliste enthält die folgenden Angaben:

a)

die in Artikel 1 Absatz 1 genannte Kategorie von Lebensmitteln, der Stoffe zugesetzt werden dürfen, die in die in Absatz 1 dieses Artikels aufgeführten Kategorien fallen;

b)

die Bezeichnung und Beschreibung des Stoffes sowie gegebenenfalls die Spezifikation seiner Form;

c)

gegebenenfalls die Bedingungen für die Verwendung des Stoffes;

d)

gegebenenfalls die auf den Stoff anwendbaren Reinheitskriterien.

(4)   Die im Lebensmittelrecht der Union festgelegten Reinheitskriterien, die auf die in der Unionsliste aufgeführten Stoffe Anwendung finden, wenn sie bei der Herstellung von Lebensmitteln zu anderen als den von dieser Verordnung erfassten Zwecken verwendet werden, gelten auch dann für diese Stoffe, wenn sie für die von dieser Verordnung erfassten Zwecke verwendet werden, es sei denn, in dieser Verordnung ist etwas anderes festgelegt.

(5)   Für in der Unionsliste aufgeführte Stoffe, für die im Lebensmittelrecht der Union keine Reinheitskriterien festgelegt sind, gelten bis zur Festlegung solcher Kriterien die von internationalen Einrichtungen empfohlenen allgemein annehmbaren Reinheitskriterien.

Die Mitgliedstaaten dürfen nationale Vorschriften mit strengeren Reinheitskriterien beibehalten.

(6)   Um dem technischen Fortschritt, den wissenschaftlichen Entwicklungen oder dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher Rechnung zu tragen, wird der Kommission die Befugnis übertragen, in Bezug auf die in Absatz 1 genannten Kategorien von Stoffen delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 18 zu folgenden Zwecken zu erlassen:

a)

Streichung einer Kategorie von Stoffen;

b)

Aufnahme einer Kategorie von Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung.

(7)   Stoffe, die keiner der in Absatz 1 dieses Artikels genannten Kategorien zugehören, dürfen den in Artikel 1 Absatz 1 genannten Lebensmitteln zugesetzt werden, sofern sie die allgemeinen Anforderungen der Artikel 6 und 9 und gegebenenfalls die gemäß Artikel 11 festgelegten besonderen Anforderungen erfüllen.

Artikel 16

Aktualisierung der Unionsliste

(1)   Vorbehaltlich der allgemeinen Vorschriften in den Artikeln 6 und 9 und soweit anwendbar gemäß der besonderen Vorschriften, die im Einklang mit Artikel 11 erstellt worden sind, und um dem technischen Fortschritt, den wissenschaftlichen Entwicklungen oder dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher Rechnung zu tragen, wird der Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 18 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um den Anhang in folgender Hinsicht zu ändern:

a)

die Aufnahme eines Stoffes in die Unionsliste;

b)

die Streichung eines Stoffes aus der Unionsliste;

c)

die Aufnahme, Streichung oder Änderung der Angaben nach Artikel 15 Absatz 3.

(2)   Wenn es im Falle neu auftretender Gesundheitsrisiken wegen äußerster Dringlichkeit zwingend erforderlich ist, findet das in Artikel 19 genannte Verfahren auf die gemäß diesem Artikel erlassenen delegierten Rechtsakte Anwendung.

KAPITEL IV

VERFAHRENSBESTIMMUNGEN

Artikel 17

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von dem durch die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 eingesetzten Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Wird die Stellungnahme des Ausschusses im schriftlichen Verfahren eingeholt, so wird das Verfahren ohne Ergebnis abgeschlossen, wenn der Vorsitz dies innerhalb der Frist für die Abgabe der Stellungnahme beschließt oder eine einfache Mehrheit der Ausschussmitglieder dies verlangt.

Artikel 18

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 11, Artikel 15 Absatz 6 und Artikel 16 Absatz 1 genannte wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 19. Juli 2013 übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

(3)   Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 11, Artikel 15 Absatz 6 und Artikel 16 Absatz 1 genannte kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft getreten sind, wird nicht berührt.

(4)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(5)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 11, Artikel 15 Absatz 6 und Artikel 16 Absatz 1 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

Artikel 19

Dringlichkeitsverfahren

(1)   Delegierte Rechtsakte, die nach diesem Artikel erlassen werden, treten umgehend in Kraft und sind anwendbar, solange keine Einwände gemäß Absatz 2 erhoben werden. Bei der Übermittlung eines delegierten Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat werden die Gründe für die Anwendung des Dringlichkeitsverfahrens angegeben.

(2)   Das Europäische Parlament und der Rat können gemäß dem Verfahren des Artikels 18 Absatz 5 Einwände gegen einen delegierten Rechtsakt Einwände erheben. In diesem Fall hebt die Kommission den Rechtsakt umgehend nach der Übermittlung des Beschlusses des Europäischen Parlaments oder des Rates, Einwände zu erheben, auf.

KAPITEL V

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 20

Aufhebung

(1)   Die Richtlinie 2009/39/EG wird mit Wirkung ab dem 20. Juli 2016 aufgehoben. Verweise auf die aufgehobenen Rechtsakte gelten als Verweise auf die vorliegende Verordnung.

(2)   Die Richtlinie 92/52/EWG und die Verordnung (EG) Nr. 41/2009 werden mit Wirkung ab dem 20. Juli 2016 aufgehoben.

(3)   Unbeschadet des Absatzes 4 Unterabsatz 1 gilt die Richtlinie 96/8/EG ab dem 20. Juli 2016 nicht für Lebensmittel, die als Ersatz für eine oder mehrere Mahlzeiten im Rahmen der Tagesration angeboten werden.

(4)   Die Verordnung (EG) Nr. 953/2009 und die Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG werden mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Anwendung der delegierten Rechtsakte gemäß Artikel 11 Absatz 1 aufgehoben.

Stehen die Verordnung (EG) Nr. 953/2009, die Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG im Widerspruch zur vorliegenden Verordnung, so hat letztere Vorrang.

Artikel 21

Übergangsbestimmungen

(1)   Lebensmittel im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der vorliegenden Verordnung, die den Anforderungen der vorliegenden Verordnung nicht genügen, wohl aber den Anforderungen der Richtlinie 2009/39/EG und gegebenenfalls der Verordnung (EG) Nr. 953/2009 und der Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG, und vor dem 20. Juli 2016 in Verkehr gebracht oder gekennzeichnet wurden, dürfen auch nach diesem Datum bis zur Erschöpfung der Bestände des betreffenden Lebensmittels vermarktet werden.

Beginnt die Anwendung der delegierten Rechtsakte gemäß Artikel 11 Absatz 1 der vorliegenden Verordnung nach dem 20. Juli 2016, so dürfen Lebensmittel im Sinne von Artikel 1 Absatz 1, die den Anforderungen der vorliegenden Verordnung und gegebenenfalls der Verordnung (EG) Nr. 953/2009 sowie der Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG genügen, jedoch nicht den Anforderungen dieser delegierten Rechtsakte, und die vor dem Zeitpunkt der Anwendung dieser delegierten Rechtsakte in Verkehr gebracht oder gekennzeichnet wurden, auch nach diesem Datum bis zur Erschöpfung der Bestände des betreffenden Lebensmittels vermarktet werden.

(2)   Lebensmittel, die nicht in Artikel 1 Absatz 1 der vorliegenden Verordnung genannt sind, jedoch im Einklang mit der Richtlinie 2009/39/EG und der Verordnung (EG) Nr. 953/2009 sowie gegebenenfalls mit der Richtlinie 96/8/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 41/2009 vor dem 20. Juli 2016 in Verkehr gebracht oder gekennzeichnet wurden, dürfen auch nach diesem Datum bis zur Erschöpfung der Bestände des betreffenden Lebensmittels vermarktet werden.

Artikel 22

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 20. Juli 2016, mit Ausnahme der folgenden Bestimmungen:

Artikel 11, 16, 18 und 19, die ab dem 19. Juli 2013 gelten;

Artikel 15 und der Anhang dieser Verordnung, die ab dem Zeitpunkt der Anwendung der delegierten Rechtsakte gemäß Artikel 11 Absatz 1 gelten.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 12. Juni 2013.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

L. CREIGHTON


(1)  ABl. C 24 vom 28.1.2012, S. 119.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 14. Juni 2012 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 22. April 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 11. Juni 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)  ABl. L 124 vom 20.5.2009, S. 21.

(4)  ABl. L 55 vom 6.3.1996, S. 22.

(5)  ABl. L 91 vom 7.4.1999, S. 29.

(6)  ABl. L 339 vom 6.12.2006, S. 16.

(7)  ABl. L 401 vom 30.12.2006, S. 1.

(8)  ABl. L 16 vom 21.1.2009, S. 3.

(9)  ABl. L 179 vom 1.7.1992, S. 129.

(10)  ABl. L 269 vom 14.10.2009, S. 9.

(11)  ABl. L 183 vom 12.7.2002, S. 51.

(12)  ABl. L 404 vom 30.12.2006, S. 9.

(13)  ABl. L 404 vom 30.12.2006, S. 26.

(14)  ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1.

(15)  ABl. L 70 vom 16.3.2005, S. 1.

(16)  ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1.

(17)  ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1.

(18)  ABl. L 43 vom 14.2.1997, S. 1.

(19)  ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 18.

(20)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.

(21)  ABl. L 145 vom 31.5.2001, S. 43.


ANLAGE

Unionsliste gemäß Artikel 15 Absatz 1

Stoff

Lebensmittelkategorie

Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung

Getreidebeikost und andere Beikost

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke

Tagesration für gewichtskontrollierende Ernährung

Vitamine

 

 

 

 

 

 

Vitamin A

 

 

 

 

 

Retinol

X

X

X

X

Retinylacetat

X

X

X

X

Retinylpalmitat

X

X

X

X

Beta-Carotin

 

X

X

X

Vitamin D

 

 

 

 

 

Ergocalciferol

X

X

X

X

Cholecalciferol

X

X

X

X

Vitamin E

 

 

 

 

 

D-alpha-Tocopherol

X

X

X

X

DL-alpha-Tocopherol

X

X

X

X

D-alpha-Tocopherylacetat

X

X

X

X

DL-alpha-Tocopherylacetat

X

X

X

X

D-alpha-Tocopherylsäuresuccinat

 

 

X

X

D-alpha-Tocopheryl-Polyethylenglycol-1000-Succinat (TPGS)

 

 

X

 

Vitamin K

 

 

 

 

 

Phyllochinon (Phytomenadion)

X

X

X

X

Menachinon (1)

 

 

X

X

Vitamin C

 

 

 

 

 

L-Ascorbinsäure

X

X

X

X

Natrium-L-ascorbat

X

X

X

X

Calcium-L-ascorbat

X

X

X

X

Kalium-L-ascorbat

X

X

X

X

L-Ascorbyl-6-palmitat

X

X

X

X

Thiamin

 

 

 

 

 

Thiaminhydrochlorid

X

X

X

X

Thiaminmononitrat

X

X

X

X

Riboflavin

 

 

 

 

 

Riboflavin

X

X

X

X

Natrium-Riboflavin-5’-phosphat

X

X

X

X

Niacin

 

 

 

 

 

Nicotinsäure

X

X

X

X

Nicotinamid

X

X

X

X

Vitamin B6

 

 

 

 

 

Pyridoxinhydrochlorid

X

X

X

X

Pyridoxin-5’-phosphat

X

X

X

X

Pyridoxindipalmitat

 

X

X

X

Folat

 

 

 

 

 

Folsäure (Pteroylmonoglutaminsäure)

X

X

X

X

Calcium-L-methylfolat

 

 

X

X

Vitamin B12

 

 

 

 

 

Cyanocobalamin

X

X

X

X

Hydroxocobalamin

X

X

X

X

Biotin

 

 

 

 

 

D-Biotin

X

X

X

X

Pantothensäure

 

 

 

 

 

Calcium-D-pantothenat

X

X

X

X

Natrium-D-pantothenat

X

X

X

X

Dexpanthenol

X

X

X

X

Mineralstoffe

 

 

 

 

 

 

Kalium

 

 

 

 

 

Kaliumbicarbonat

X

 

X

X

Kaliumcarbonat

X

 

X

X

Kaliumchlorid

X

X

X

X

Kaliumcitrat

X

X

X

X

Kaliumgluconat

X

X

X

X

Kaliumglycerophosphat

 

X

X

X

Kaliumlactat

X

X

X

X

Kaliumhydroxid

X

 

X

X

Kaliumsalze der Orthophosphorsäure

X

 

X

X

Magnesiumkaliumcitrat

 

 

X

X

Calcium

 

 

 

 

 

Calciumcarbonat

X

X

X

X

Calciumchlorid

X

X

X

X

Calciumsalze der Zitronensäure

X

X

X

X

Calciumgluconat

X

X

X

X

Calciumglycerophosphat

X

X

X

X

Calciumlaktat

X

X

X

X

Calciumsalze der Orthophosphorsäure

X

X

X

X

Calciumhydroxid

X

X

X

X

Calciumoxid

 

X

X

X

Calciumsulfat

 

 

X

X

Calciumbisglycinat

 

 

X

X

Calciumcitratmalat

 

 

X

X

Calciummalat

 

 

X

X

Calcium-L-pidolat

 

 

X

X

Magnesium

 

 

 

 

 

Magnesiumacetat

 

 

X

X

Magnesiumcarbonat

X

X

X

X

Magnesiumchlorid

X

X

X

X

Magnesiumsalze der Zitronensäure

X

X

X

X

Magnesiumgluconat

X

X

X

X

Magnesiumglycerophosphat

 

X

X

X

Magnesiumsalze der Orthophosphorsäure

X

X

X

X

Magnesiumlactat

 

X

X

X

Magnesiumhydroxid

X

X

X

X

Magnesiumoxid

X

X

X

X

Magnesiumsulfat

X

X

X

X

Magnesium-L-aspartat

 

 

X

 

Magnesiumbisglycinat

 

 

X

X

Magnesium-L-pidolat

 

 

X

X

Magnesiumkaliumcitrat

 

 

X

X

Eisen

 

 

 

 

 

Eisencarbonat

 

X

X

X

Eisencitrat

X

X

X

X

Eisenammoniumcitrat

X

X

X

X

Eisengluconat

X

X

X

X

Eisenfumarat

X

X

X

X

Eisennatriumdiphosphat

 

X

X

X

Eisenlactat

X

X

X

X

Eisensulfat

X

X

X

X

Eisenammoniumphosphat

 

 

X

X

Eisen-Natrium-EDTA

 

 

X

X

Eisendiphosphat (Eisenpyrophosphat)

X

X

X

X

Eisensaccharat

 

X

X

X

Elementares Eisen (aus Carbonyl + elektrolytisch + wasserstoffreduziert)

 

X

X

X

Eisenbisglycinat

X

 

X

X

Eisen-L-pidolat

 

 

X

X

Zink

 

 

 

 

 

Zinkacetat

X

X

X

X

Zinkchlorid

X

X

X

X

Zinkcitrat

X

X

X

X

Zinkgluconat

X

X

X

X

Zinklactat

X

X

X

X

Zinkoxid

X

X

X

X

Zinkcarbonat

 

 

X

X

Zinksulfat

X

X

X

X

Zinkbisglycinat

 

 

X

X

Kupfer

 

 

 

 

 

Kupfercarbonat

X

X

X

X

Kupfercitrat

X

X

X

X

Kupfergluconat

X

X

X

X

Kupfersulfat

X

X

X

X

Kupfer-Lysinkomplex

X

X

X

X

Mangan

 

 

 

 

 

Mangancarbonat

X

X

X

X

Manganchlorid

X

X

X

X

Mangancitrat

X

X

X

X

Mangangluconat

X

X

X

X

Manganglycerophosphat

 

X

X

X

Mangansulfat

X

X

X

X

Fluorid

 

 

 

 

 

Kaliumfluorid

 

 

X

X

Natriumfluorid

 

 

X

X

Selen

 

 

 

 

 

Natriumselenat

X

 

X

X

Natriumhydrogenselenit

 

 

X

X

Natriumselenit

X

 

X

X

Selenangereicherte Hefe (2)

 

 

X

X

Chrom

 

 

 

 

 

Chrom-(III)-Chlorid und sein Hexahydrat

 

 

X

X

Chrom-(III)-Sulfat und sein Hexahydrat

 

 

X

X

Chrompicolinat

 

 

X

X

Molybdän

 

 

 

 

 

Ammoniummolybdat

 

 

X

X

Natriummolybdat

 

 

X

X

Jod

 

 

 

 

 

Kaliumiodid

X

X

X

X

Kaliumiodat

X

X

X

X

Natriumiodid

X

X

X

X

Natriumiodat

 

X

X

X

Natrium

 

 

 

 

 

Natriumbicarbonat

X

 

X

X

Natriumcarbonat

X

 

X

X

Natriumchlorid

X

 

X

X

Natriumcitrat

X

 

X

X

Natriumgluconat

X

 

X

X

Natriumlactat

X

 

X

X

Natriumhydroxid

X

 

X

X

Natriumsalze der Orthophosphorsäure

X

 

X

X

Bor

 

 

 

 

 

Natriumborat

 

 

X

X

Borsäure

 

 

X

X

Aminosäuren (3)

 

 

 

 

 

 

L-Alanin

 

X

X

L-Arginin

X

und sein Hydrochlorid

X

und sein Hydrochlorid

X

X

L-Asparaginsäure

 

 

X

 

L-Citrullin

 

 

X

 

L-Cystein

X

und sein Hydrochlorid

X

und sein Hydrochlorid

X

X

Cystin (4)

X

und sein Hydrochlorid

X

und sein Hydrochlorid

X

X

L-Histidin

X

und sein Hydrochlorid

X

und sein Hydrochlorid

X

X

L-Glutaminsäure

 

 

X

X

L-Glutamin

 

 

X

X

Glycin

 

 

X

 

L-Isoleucin

X

und sein Hydrochlorid

X

und sein Hydrochlorid

X

X

L-Leucin

X

und sein Hydrochlorid

X

und sein Hydrochlorid

X

X

L-Lysin

X

und sein Hydrochlorid

X

und sein Hydrochlorid

X

X

L-Lysinacetat

 

 

X

X

L-Methionin

X

X

X

X

L-Ornithin

 

 

X

X

L-Phenylalanin

X

X

X

X

L-Prolin

 

 

X

 

L-Threonin

X

X

X

X

L-Tryptophan

X

X

X

X

L-Tyrosin

X

X

X

X

L-Valin

X

X

X

X

L-Serin

 

 

X

 

L-Arginin-L-Aspartat

 

 

X

 

L-Lysin-L-Aspartat

 

 

X

 

L-Lysin-L-Glutamat

 

 

X

 

N-Acetyl-L-Cystein

 

 

X

 

N-Acetyl-L-Methionin

 

 

X (in Erzeugnissen, die für Personen ab 1 Jahr bestimmt sind)

 

Carnitin und Taurin

 

 

 

 

 

 

L-Carnitin

X

X

X

X

L-Carnitin-hydrochlorid

X

X

X

X

Taurin

X

 

X

X

L-Carnitin-L-Tartrat

X

 

X

X

Nucleotide

 

 

 

 

 

 

Adenosin-5’-phosphorsäure (AMP)

X

 

X

X

Natriumsalze der AMP

X

 

X

X

Cytidin-5’-monophosphorsäure (CMP)

X

 

X

X

Natriumsalze der CMP

X

 

X

X

Guanosin-5’-phosphorsäure (GMP)

X

 

X

X

Natriumsalze der GMP

X

 

X

X

Inosin-5’-phosphorsäure (IMP)

X

 

X

X

Natriumsalze der IMP

X

 

X

X

Uridin-5’-phosphorsäure (UMP)

X

 

X

X

Natriumsalze der UMP

X

 

X

X

Cholin und Inositol

 

 

 

 

 

 

Cholin

X

X

X

X

Cholinchlorid

X

X

X

X

Cholinbitartrat

X

X

X

X

Cholincitrat

X

X

X

X

Inositol

X

X

X

X


(1)  Menachinon kommt in erster Linie als Menachinon-7 und in geringerem Maße als Menachinon-6 vor.

(2)  In Gegenwart von Natriumselenit als Selenquelle in Kultur gewonnene Selen-Hefen, die in handelsüblicher getrockneter Form nicht mehr als 2,5 mg Se/g enthalten. Die in der Hefe vorherrschende organische Selenart ist Selenomethionin (zwischen 60 und 85 % des insgesamt im Produkt enthaltenen Selenextrakts). Der Gehalt an anderen organischen Selenverbindungen einschließlich Selenocystein darf 10 % des gesamten Selenextrakts nicht überschreiten. Der Gehalt an anorganischem Selen darf üblicherweise 1 % des gesamten Selenextrakts nicht überschreiten.

(3)  Für Aminosäuren, die Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung, Getreidebeikost und anderer Beikost zugesetzt werden, dürfen nur die ausdrücklich genannten Hydrochloride verwendet werden. Für Aminosäuren, die Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke und für Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung zugesetzt werden, dürfen gegebenenfalls auch die Natrium-, Kalium-, Calcium- und Magnesiumsalze sowie ihre Hydrochloride verwendet werden.

(4)  Im Falle der Verwendung in Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung, Getreidebeikost und anderer Beikost darf Cystin nur in Form von L-Cystin zugesetzt werden.


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

BESCHLÜSSE

29.6.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 181/57


BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN RATES

vom 28. Juni 2013

über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments

(2013/312/EU)

DER EUROPÄISCHE RAT —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 14 Absatz 2,

gestützt auf Artikel 2 Absatz 3 Protokoll Nr. 36 über die Übergangsbestimmungen,

auf Initiative des Europäischen Parlaments (1),

nach Zustimmung des Europäischen Parlaments (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Artikel 2 Absätze 1 und 2 des Protokolls Nr. 36 über die Übergangsbestimmungen treten am Ende der Wahlperiode 2009-2014 außer Kraft.

(2)

Artikel 19 Absatz 1 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft wird zum Ende der Wahlperiode 2009-2014 außer Kraft treten.

(3)

Es ist erforderlich, unverzüglich den Bestimmungen des Artikels 2 Absatz 3 des Protokolls Nr. 36 zu entsprechen und deshalb den in Artikel 14 Absatz 2 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Europäische Union vorgesehenen Beschluss zu erlassen, damit die Mitgliedstaaten rechtzeitig die erforderlichen innerstaatlichen Vorschriften für die Organisation der Wahlen zum Europäischen Parlament für die Wahlperiode 2014-2019 erlassen können.

(4)

Artikel 14 Absatz 2 Unterabsatz 1 des Vertrags über die Europäische Union legt die Kriterien für die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments fest, nämlich dass die Anzahl der Vertreter der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger 750 zuzüglich des Präsidenten nicht überschreiten darf, dass die Bürgerinnen und Bürger degressiv proportional, mindestens jedoch mit sechs Mitgliedern je Mitgliedstaat vertreten werden und dass kein Mitgliedstaat mehr als 96 Sitze erhält.

(5)

Artikel 10 des Vertrags über die Europäische Union sieht unter anderem vor, dass die Arbeitsweise der Union auf der repräsentativen Demokratie beruht, wobei die Bürgerinnen und Bürger auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parlament vertreten werden und die Mitgliedstaaten im Rat von ihrer jeweiligen Regierung vertreten werden, welche ihrerseits in demokratischer Weise gegenüber ihrem nationalen Parlament oder gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern Rechenschaft ablegen müssen. Artikel 14 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments findet daher im Zusammenhang der im Vertrag festgelegten weiteren institutionellen Regelungen, die auch die Bestimmungen über die Beschlussfassung im Rat umfassen, Anwendung —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

In Anwendung des Grundsatzes der degressiven Proportionalität gemäß Artikel 14 Absatz 2 Unterabsatz 1 des Vertrags über die Europäische Union finden die folgenden Grundsätze Anwendung:

Bei der Zuweisung von Sitzen im Europäischen Parlament sind die im Vertrag über die Europäische Union festgesetzten Mindest- und Höchstzahlen uneingeschränkt auszuschöpfen, damit die Zuweisung der Sitze im Europäischen Parlament die Größe der jeweiligen Bevölkerung der Mitgliedstaaten so genau wie möglich widerspiegelt;

Das Verhältnis zwischen der Bevölkerung und der Zahl von Sitzen jedes Mitgliedstaats muss vor Auf- oder Abrunden auf ganze Zahlen in Abhängigkeit von seiner jeweiligen Bevölkerung variieren, so dass jedes Mitglied des Europäischen Parlaments aus einem bevölkerungsreicheren Mitgliedstaat mehr Bürgerinnen und Bürger vertritt als jedes Mitglied aus einem bevölkerungsärmeren Mitgliedstaat, und umgekehrt, dass je bevölkerungsreicher ein Mitgliedstaat ist, desto höher sein Anspruch auf eine große Zahl von Sitzen.

Artikel 2

Die Gesamtzahl der Einwohner der Mitgliedstaaten wird von der Kommission (Eurostat) auf der Grundlage von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Daten entsprechend einer Methode berechnet, die mittels einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegt wird.

Artikel 3

In Anwendung von Artikel 1 wird die Zahl der in jedem Mitgliedstaat gewählten Vertreter im Europäischen Parlament für die Wahlperiode 2014-2019 wie folgt festgesetzt:

Belgien

21

Bulgarien

17

Tschechische Republik

21

Dänemark

13

Deutschland

96

Estland

6

Irland

11

Griechenland

21

Spanien

54

Frankreich

74

Kroatien

11

Italien

73

Zypern

6

Lettland

8

Litauen

11

Luxemburg

6

Ungarn

21

Malta

6

Niederlande

26

Österreich

18

Polen

51

Portugal

21

Rumänien

32

Slowenien

8

Slowakei

13

Finnland

13

Schweden

20

Vereinigtes Königreich

73

Artikel 4

Dieser Beschluss wird zu einem Zeitpunkt, der hinreichend lange vor dem Beginn der Wahlperiode 2019-2024 liegt, auf der Grundlage einer vor Ende 2016 vorgelegten Initiative des Europäischen Parlaments mit dem Ziel überprüft, ein System einzurichten, durch das es in Zukunft vor jeder Neuwahl zum Europäischen Parlament möglich sein wird, die Sitze unter den Mitgliedstaaten in objektiver, fairer, dauerhafter und transparenter Weise unter Umsetzung des in Artikel 1 vorgesehenen Grundsatzes der degressiven Proportionalität zuzuteilen, wobei jede ordnungsgemäß festgestellte Veränderung ihrer Einwohnerzahl und jede demographische Entwicklung in ihrer Bevölkerung zu berücksichtigen sind und somit das allgemeine Gleichgewicht des in den Verträgen vorgesehenen institutionellen Systems gewahrt wird.

Artikel 5

Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 28. Juni 2013.

Im Namen des Europäischen Rates

Der Präsident

H. VAN ROMPUY


(1)  Am 13. März 2013 angenommene Initiative (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  Zustimmung vom 12. Juni 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).