ISSN 1977-0642

doi:10.3000/19770642.L_2012.315.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 315

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

55. Jahrgang
14. November 2012


Inhalt

 

I   Gesetzgebungsakte

Seite

 

 

RICHTLINIEN

 

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Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG ( 1 )

1

 

*

Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI

57

 

*

Richtlinie 2012/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten ( 1 )

74

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Gesetzgebungsakte

RICHTLINIEN

14.11.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 315/1


RICHTLINIE 2012/27/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 25. Oktober 2012

zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 194 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsaktes an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Union steht vor beispiellosen Herausforderungen, die auf die verstärkte Abhängigkeit von Energieimporten, knappe Energieressourcen sowie das Erfordernis, dem Klimawandel Einhalt zu gebieten und die Wirtschaftskrise zu überwinden, zurückzuführen sind. Energieeffizienz ist ein wertvolles Instrument, um diese Herausforderungen anzugehen. Sie verbessert die Versorgungssicherheit der Union durch die Verringerung des Primärenergieverbrauchs sowie der Energieeinfuhren. Sie trägt dazu bei, Treibhausgasemissionen kostenwirksam zu senken und dadurch den Klimawandel abzumildern. Der Umstieg auf eine energieeffizientere Wirtschaft sollte auch die Verbreitung innovativer technologischer Lösungen beschleunigen sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in der Union verbessern und dadurch das Wirtschaftswachstum fördern und hochwertige Arbeitsplätze in einer Reihe von Branchen, die mit Energieeffizienz zusammenhängen, schaffen.

(2)

In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 8./9. März 2007 wurde hervorgehoben, dass die Energieeffizienz in der Union gesteigert werden muss, um das Ziel — nämlich Einsparungen beim Primärenergieverbrauch der Union bis 2020 um 20 % gegenüber den Projektionen — zu erreichen. In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 4. Februar 2011 wurde betont, dass das auf der Tagung des Europäischen Rates vom Juni 2010 vereinbarte, aber derzeit gefährdete Ziel einer Steigerung der Energieeffizienz um 20 % bis 2020 erreicht werden muss. Die Projektionen aus 2007 ergaben für 2020 einen Primärenergieverbrauch von 1 842 Mio. t RÖE. Bei einer Verringerung um 20 % ergeben sich 1 474 Mio. t RÖE im Jahr 2020; dies entspricht einer Senkung um 368 Mio. t RÖE gegenüber den Projektionen.

(3)

In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 17. Juni 2010 wurde das Energieeffizienzziel als eines der vorrangigen Ziele der neuen Strategie der Union für Arbeitsplätze und intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum (Strategie Europa 2020) bestätigt. Im Rahmen dieses Prozesses und zur Verwirklichung dieses Ziels auf nationaler Ebene müssen die Mitgliedstaaten in engem Dialog mit der Kommission nationale Ziele festlegen und in ihren Nationalen Reformprogrammen angeben, wie sie diese erreichen wollen.

(4)

In der Mitteilung der Kommission „Energiestrategie 2020“ vom 10. November 2010 wird die Energieeffizienz in den Mittelpunkt der Energiestrategie der Union bis 2020 gestellt und die Erforderlichkeit einer neuen Energieeffizienzstrategie dargelegt, die es allen Mitgliedstaaten ermöglichen soll, die Energienutzung vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln.

(5)

In seiner Entschließung vom 15. Dezember 2010 zur Überarbeitung des Aktionsplans für Energieeffizienz forderte das Europäische Parlament die Kommission auf, in ihren überarbeiteten Aktionsplan für Energieeffizienz Maßnahmen aufzunehmen, mit denen der Rückstand im Hinblick auf das Gesamtenergieeffizienzziel der Union für 2020 aufgeholt werden kann.

(6)

Eine der Initiativen der Strategie Europa 2020 ist die Leitinitiative „Ressourcenschonendes Europa“, die von der Kommission am 26. Januar 2011 verabschiedet wurde. Darin wird Energieeffizienz als ein wesentlicher Faktor für die Gewährleistung der nachhaltigen Nutzung von Energieressourcen benannt.

(7)

In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 4. Februar 2011 wurde eingeräumt, dass das Energieeffizienzziel der Union mit dem bisherigen Kurs nicht erreicht werden wird und entschlossenes Handeln erforderlich ist, um das erhebliche Potenzial verstärkter Energieeinsparungen in Gebäuden, im Verkehr, bei Produkten und Prozessen zu nutzen. Diese Schlussfolgerungen stellen außerdem fest, dass die Umsetzung des Energieeffizienzziels der Union bis 2013 überprüft wird und erforderlichenfalls weitere Maßnahmen erwogen werden.

(8)

Am 8. März 2011 hat die Kommission ihre Mitteilung zu einem Energieeffizienzplan 2011 verabschiedet. In der Mitteilung wurde bestätigt, dass die Union ihr Energieeffizienzziel mit dem bisherigen Kurs nicht erreichen wird. Dies gilt trotz des skizzierten Fortschritts bei den nationalen Energieeffizienzstrategien in den von den Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie 2006/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen (4) vorgelegten ersten Nationalen Energieeffizienz-Aktionsplänen. Eine erste Analyse der zweiten Aktionspläne bestätigt, dass die Union nicht auf dem richtigen Kurs ist. Um dem entgegenzuwirken, wurden in dem Energieeffizienzplan 2011 Energieeffizienzstrategien und -maßnahmen für die gesamte Energiekette beschrieben. Dabei wurden folgende Bereiche einbezogen: Energieerzeugung, -übertragung bzw. -fernleitung und -verteilung, die Vorreiterrolle des öffentlichen Sektors bei der Energieeffizienz, Gebäude und Geräte, die Industrie sowie die Erforderlichkeit, Endkunden die Möglichkeit der Steuerung ihres Energieverbrauchs zu geben. Auf die Energieeffizienz im Verkehrssektor wurde parallel dazu im Weißbuch zum Verkehr vom 28. März 2011 eingegangen. Insbesondere werden in der Initiative 26 des Weißbuchs geeignete CO2-Abgasnormen für die Fahrzeuge aller Verkehrsträger gefordert, die, soweit erforderlich, durch Energieeffizienzanforderungen zur Erfassung sämtlicher Antriebsarten zu ergänzen sind.

(9)

Am 8. März 2011 hat die Kommission auch einen Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen kohlenstoffarmen Wirtschaft bis 2050 verabschiedet, in dem festgestellt wird, dass aus dieser Perspektive der Schwerpunkt stärker auf Energieeffizienz gelegt werden muss.

(10)

In diesem Zusammenhang muss der Rechtsrahmen der Union für Energieeffizienz durch eine Richtlinie aktualisiert werden, mit der das Gesamtziel verfolgt wird, das Energieeffizienzziel einer Einsparung von 20 % beim Primärenergieverbrauch der Union bis 2020 und weitere Verbesserungen bei der Energieeffizienz nach 2020 zu erreichen. Hierzu sollten in dieser Richtlinie ein gemeinsamer Rahmen für die Energieeffizienzförderung in der Union sowie konkrete Maßnahmen festgelegt werden, um einige der Vorschläge des Energieeffizienzplans 2011 und die darin ausgewiesenen erheblichen ungenutzten Energieeinsparpotenziale zu verwirklichen.

(11)

Nach der Entscheidung Nr. 406/2009/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 (5) muss die Kommission die Fortschritte der Union und ihrer Mitgliedstaaten im Hinblick auf das Ziel, den Energieverbrauch bis 2020 gegenüber den Projektionen um 20 % zu senken, bis 2012 bewerten und darüber Bericht erstatten. Ferner heißt es dort, dass die Kommission bis zum 31. Dezember 2012 verschärfte oder neue Maßnahmen zur Beschleunigung von Verbesserungen bei der Energieeffizienz vorschlagen sollte, um den Mitgliedstaaten beim Erreichen der Verpflichtungen der Union zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen zu helfen. Mit dieser Richtlinie wird dieser Anforderung entsprochen. Ferner trägt sie dazu bei, die Ziele des Fahrplans für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050, insbesondere durch eine Verringerung der Treibhausgasemissionen aus dem Energiesektor, und eine emissionsfreie Stromerzeugung bis 2050 zu erreichen.

(12)

Für die Erschließung des vorhandenen Energieeinsparpotenzials, das Einsparungen im Energieversorgungs- und im Endnutzersektor umfasst, ist ein integrierter Ansatz erforderlich. Gleichzeitig sollten die Bestimmungen der Richtlinie 2004/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über die Förderung einer am Nutzwärmebedarf orientierten Kraft-Wärme-Kopplung im Energiebinnenmarkt (6) und der Richtlinie 2006/32/EG gestärkt werden.

(13)

Es wäre wünschenswert, das 20%-Energieeffizienzziel würde durch die kumulierte Umsetzung spezifischer nationaler und europäischer Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz auf verschiedenen Gebieten erreicht werden. Die Mitgliedstaaten sollten zur Festlegung indikativer nationaler Energieeffizienzziele, -systeme und -programme verpflichtet werden. Diese Ziele und die Anstrengungen der einzelnen Mitgliedstaaten sowie die Daten über die erzielten Fortschritte sollten von der Kommission evaluiert werden, um die Wahrscheinlichkeit des Erreichens des Gesamtziels der Union zu bewerten und zu prüfen, inwiefern die Einzelanstrengungen ausreichen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Die Kommission sollte daher die Umsetzung der nationalen Energieeffizienzprogramme im Wege ihres überarbeiteten Rechtsrahmens und im Zuge des Europa-2020-Prozesses genau beobachten. Bei der Festlegung der indikativen nationalen Energieeffizienzziele sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, die sich auf den Primärenergieverbrauch auswirkenden nationalen Gegebenheiten — wie etwa das verbleibende Potenzial für kostenwirksame Energieeinsparungen, Veränderungen bei Energieeinfuhren und -ausfuhren, den Ausbau aller Quellen für erneuerbare Energien, Kernenergie sowie CO2-Abscheidung und -Speicherung und frühzeitig getroffene Maßnahmen — zu berücksichtigen. Bei der Durchführung von Modellrechnungen sollte die Kommission die Mitgliedstaaten frühzeitig und transparent zu den Modellannahmen und den Entwürfen von Modellergebnissen konsultieren. Es bedarf einer verbesserten Modellierung zur Auswirkung von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zum Stand und zur Leistungsfähigkeit der Technik.

(14)

In der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (7) wird folgende Feststellung getroffen: „Zypern und Malta sind aufgrund ihrer Lage auf Inseln und in Randgebieten auf den Flugverkehr als unverzichtbares Beförderungsmittel für ihre Bürger und ihre Wirtschaft angewiesen. Das führt dazu, dass Zypern und Malta einen Bruttoendenergieverbrauch im nationalen Flugverkehr haben, der mit dem Dreifachen des Gemeinschaftsdurchschnitts im Jahr 2005 unverhältnismäßig hoch ist, und die deshalb unverhältnismäßig durch die derzeitigen technischen und ordnungspolitischen Grenzen betroffen sind.“

(15)

Das Gesamtvolumen öffentlicher Ausgaben entspricht 19 % des Bruttoinlandsprodukts der Union. Der öffentliche Sektor stellt daher eine wichtige treibende Kraft dar, wenn es darum geht, die Marktveränderung hin zu effizienteren Produkten, Gebäuden und Dienstleistungen zu fördern und bei Bürgern und Unternehmen Verhaltensänderungen in Bezug auf den Energieverbrauch zu bewirken. Außerdem kann eine Senkung des Energieverbrauchs als Folge von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz öffentliche Gelder für andere Zwecke freisetzen. Nationale, regionale und lokale öffentliche Einrichtungen sollten bei der Energieeffizienz mit gutem Beispiel vorangehen.

(16)

In Anbetracht dessen, dass in den Schlussfolgerungen des Rates vom 10. Juni 2011 über den Energieeffizienzplan 2011 hervorgehoben wurde, dass 40 % des Gesamtendenergieverbrauchs der Union auf Gebäude entfallen, und mit dem Ziel, das Wachstums- und Beschäftigungspotenzial auszuschöpfen, das in Handwerk und Baugewerbe sowie bei der Herstellung von Bauprodukten und in Branchen wie Architektur, Beratungsgewerbe und Ingenieurwesen vorhanden ist, sollten die Mitgliedstaaten eine langfristige Strategie für die Zeit nach 2020 festlegen, mit der Anreize für Investitionen in die Renovierung von Wohn- und Geschäftsgebäuden mit Blick auf eine Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz des Gebäudebestands geschaffen werden sollen. Die Strategie sollte auf kostenwirksame größere Renovierungen abstellen, die eine Modernisierung bewirken, in deren Folge sowohl der Verbrauch an gelieferter Energie als auch der Gesamtenergieverbrauch eines Gebäudes im Vergleich zum Verbrauch vor der Renovierungsmaßnahme erheblich abnimmt und infolgedessen eine sehr hohe Gesamtenergieeffizienz erreicht wird. Solche umfassenden Renovierungen könnten auch stufenweise durchgeführt werden.

(17)

Die Gebäuderenovierungsquote muss erhöht werden, da der Gebäudebestand der Einzelsektor mit dem größten Energieeinsparpotenzial ist. Außerdem sind Gebäude entscheidend dafür, dass das Ziel der Union, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80-95 % gegenüber 1990 zu senken, erreicht wird. Gebäude im öffentlichen Eigentum haben einen erheblichen Anteil am Gebäudebestand und eine große öffentliche Wahrnehmung. Daher ist es angebracht, eine jährliche Renovierungsquote für die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats im Eigentum der Zentralregierung befindlichen und von ihr genutzten Gebäude festzulegen, um deren Energieeffizienz zu verbessern. Diese Renovierungsquote sollte unbeschadet der in der Richtlinie 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (8) festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf Niedrigstenergiegebäude gelten. Die Verpflichtung in dieser Richtlinie zur Renovierung von Gebäuden der Zentralregierung ergänzt jene Richtlinie, nach der die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass bei einer größeren Renovierung bestehender Gebäude deren Gesamtenergieeffizienz verbessert wird, damit sie Mindestanforderungen an die Energieeffizienz genügen. Den Mitgliedstaaten sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, alternative kosteneffiziente Maßnahmen zu ergreifen, um eine gleichwertige Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz der im Eigentum der Zentralregierung befindlichen Gebäude zu erreichen. Die Pflicht zur Renovierung von Flächen von Gebäuden der Zentralregierung sollte für Verwaltungseinheiten gelten, deren Zuständigkeit sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstreckt. Wenn in einem Mitgliedstaat für einen bestimmten Zuständigkeitsbereich keine einschlägige Verwaltungseinheit existiert, die das gesamte Hoheitsgebiet abdeckt, sollte diese Pflicht für die Verwaltungseinheiten gelten, deren Zuständigkeiten gemeinsam das gesamte Hoheitsgebiet abdecken.

(18)

Einige Gemeinden und andere öffentliche Einrichtungen in den Mitgliedstaaten haben bereits integrierte Konzepte für Energieeinsparungen und für die Energieversorgung eingeführt, etwa durch Aktionspläne für nachhaltige Energie wie jene, die im Rahmen der Initiative des Bürgermeisterkonvents entwickelt wurden, und durch integrierte städtische Konzepte, die über einzelne Maßnahmen in Gebäuden oder bezüglich bestimmter Verkehrsträger hinausgehen. Die Mitgliedstaaten sollten Gemeinden und sonstige öffentliche Einrichtungen dazu ermutigen, integrierte und nachhaltige Energieeffizienzpläne mit klaren Zielen zu verabschieden, die Bürger an deren Entwicklung und Umsetzung zu beteiligen und sie in angemessener Weise über deren Inhalt und die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele zu informieren. Solche Pläne können erhebliche Energieeinsparungen bewirken, vor allem wenn sie durch Energiemanagementsysteme realisiert werden, die es den betroffenen öffentlichen Einrichtungen erlauben, ihren Energieverbrauch besser zu steuern. Der Erfahrungsaustausch zwischen Städten und Gemeinden und anderen öffentlichen Einrichtungen sollte im Hinblick auf innovativere Erfahrungen gefördert werden.

(19)

Was die Beschaffung bestimmter Produkte und Dienstleistungen sowie den Kauf und die Anmietung von Gebäuden betrifft, so sollten Zentralregierungen, die Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge vergeben, mit gutem Beispiel vorangehen und energieeffiziente Beschaffungsentscheidungen treffen. Dies sollte für die Verwaltungseinheiten gelten, deren Zuständigkeit sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstreckt. Wenn in einem Mitgliedstaat für einen bestimmten Zuständigkeitsbereich keine einschlägige Verwaltungseinheit existiert, die das gesamte Hoheitsgebiet abdeckt, sollte diese Pflicht für die Verwaltungseinheiten gelten, deren Zuständigkeiten gemeinsam das gesamte Hoheitsgebiet abdecken. Allerdings sollten die Bestimmungen der Vergaberichtlinien der Union nicht beeinträchtigt werden. Soweit es um Produkte geht, die nicht unter die Energieeffizienzanforderungen für die Beschaffung gemäß dieser Richtlinie fallen, sollten die Mitgliedstaaten die öffentlichen Einrichtungen auffordern, die Energieeffizienz bei der Beschaffung zu berücksichtigen.

(20)

Eine Bewertung der Möglichkeit, ein System „Weißer Zertifikate“ auf Unionsebene einzuführen, hat gezeigt, dass ein solches System in der derzeitigen Situation mit zu hohen Verwaltungskosten verbunden und mit dem Risiko behaftet wäre, dass die Energieeinsparungen sich auf einzelne Mitgliedstaaten konzentrieren und nicht unionsweit verbreitet würden. Das Ziel eines solchen Systems auf Unionsebene ließe sich, zumindest im aktuellen Stadium, besser durch nationale Energieeffizienzverpflichtungssysteme für Energieversorgungsunternehmen erreichen oder durch andere strategische Maßnahmen, die Energieeinsparungen in gleicher Höhe bewirken. Es ist angebracht, das Anspruchsniveau solcher Systeme in einem gemeinsamen Rahmen auf Unionsebene festzulegen und gleichzeitig den Mitgliedstaaten ein erhebliches Maß an Flexibilität zuzugestehen, um der nationalen Organisation der Marktakteure, dem spezifischen Kontext des Energiesektors und den Gewohnheiten der Endkunden vollständig Rechnung zu tragen. Der gemeinsame Rahmen sollte Energieversorgungsunternehmen die Option bieten, allen Endkunden Energiedienstleistungen anzubieten und nicht nur ihren Energieabnehmern. Dadurch wird der Wettbewerb im Energiemarkt verstärkt, da die Energieversorgungsunternehmen ihr Produkt durch das Anbieten ergänzender Energiedienstleistungen differenzieren können. Der gemeinsame Rahmen sollte es den Mitgliedstaaten ermöglichen, Anforderungen in ihr nationales System aufzunehmen, mit denen soziale Ziele verfolgt werden, um insbesondere sicherzustellen, dass sozial schwache Kunden Zugang zu den Vorteilen einer größeren Energieeffizienz haben. Die Mitgliedstaaten sollten anhand objektiver und nichtdiskriminierender Kriterien festlegen, welche Energieverteiler oder Energieeinzelhandelsunternehmen verpflichtet sein sollten, das mit dieser Richtlinie festgelegte Endenergieeinsparziel zu verwirklichen.

Die Mitgliedstaaten sollten sich insbesondere dafür entscheiden können, diese Verpflichtung kleinen Energieverteilern, kleinen Energieeinzelhandelsunternehmen und kleinen Energiebranchen nicht aufzuerlegen, um einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden. In der Mitteilung der Kommission vom 25. Juni 2008 sind Grundsätze festgelegt, die von den Mitgliedstaaten, die von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen wollen, berücksichtigt werden sollten. Zur Unterstützung nationaler Energieeffizienzinitiativen sollte es möglich sein, dass nach nationalen Energieeffizienzverpflichtungssystemen verpflichtete Parteien ihren Verpflichtungen dadurch nachkommen können, dass sie zu einem Nationalen Energieeffizienzfonds jährlich einen Beitrag leisten, der den im Rahmen des Systems verlangten Investitionen entspricht.

(21)

In Anbetracht der zwingenden Erforderlichkeit, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen wiederherzustellen und die Staatshaushalte zu konsolidieren, sollte auf der Ebene der Mitgliedstaaten bei der Durchführung der unter diese Richtlinie fallenden Einzelmaßnahmen mithilfe angemessener Analysen und Bewertungen gebührend beachtet werden, dass die Durchführung von Energieeffizienzmaßnahmen kostenwirksam erfolgt.

(22)

Die Anforderung, Einsparungen bei den jährlichen Energieverkäufen an die Endkunden in Bezug auf das gesamte Energieabsatzvolumen zu erzielen, stellt keine Deckelung des Absatzes oder des Energieverbrauchs dar. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, das Volumen der Energieverkäufe für Verwendungen bei industriellen Tätigkeiten, die in Anhang I der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft (9) aufgeführt sind, bei der Berechnung der Energieverkäufe an die Endkunden ganz oder teilweise auszuklammern, da in einigen Bereichen oder Teilbereichen dieser Tätigkeiten die Gefahr einer Verlagerung von CO2-Emissionen bekanntermaßen besonders groß ist. Es ist angebracht, dass die Mitgliedstaaten Kenntnis von den Kosten der Systeme haben, damit sie die Kosten der Maßnahmen genau abschätzen können.

(23)

Unbeschadet der Anforderungen des Artikels 7 kann jeder Mitgliedstaat zur Begrenzung des Verwaltungsaufwands alle einzelnen strategischen Maßnahmen zur Umsetzung des Artikels 7 in einem umfassenden nationalen Energieeffizienzprogramm bündeln.

(24)

Um das Energieeinsparpotenzial in bestimmten Marktsegmenten zu nutzen, in denen Energieaudits in der Regel nicht gewerblich angeboten werden (z. B. kleine und mittlere Unternehmen (KMU)), sollten die Mitgliedstaaten Programme aufstellen, mit denen die KMU ermutigt werden, sich einem Energieaudit zu unterziehen. Energieaudits sollten für große Unternehmen verbindlich sein und regelmäßig erfolgen, da die Energieeinsparungen erheblich sein können. Energieaudits sollten die einschlägigen europäischen oder internationalen Normen wie etwa EN ISO 50001 (Energiemanagementsysteme) oder EN 16247-1 (Energieaudits) oder — wenn ein Energieaudit einbegriffen ist — EN ISO 14000 (Umweltmanagementsysteme) berückichtigen und ferner auch den Bestimmungen des Anhangs VI dieser Richtlinie entsprechen, da solche Vorschriften nicht über die Anforderungen dieser einschlägigen Normen hinausgehen. Eine spezifische Europäische Norm für Energieaudits wird derzeit ausgearbeitet.

(25)

Werden Energieaudits von hausinternen Experten durchgeführt, so sollten diese Experten im Hinblick auf die erforderliche Unabhängigkeit nicht unmittelbar an der Tätigkeit beteiligt sein, die einem Audit unterzogen wird.

(26)

Bei der Konzipierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz sollten Effizienzsteigerungen und Einsparungen infolge des breiten Einsatzes kostenwirksamer technologischer Innovationen wie z. B. intelligenter Zähler berücksichtigt werden. Dort, wo intelligente Zähler installiert wurden, sollten sie von den Unternehmen nicht für ungerechtfertigte Nachforderungen genutzt werden.

(27)

Was den Strombereich anbelangt, so sollten im Einklang mit der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (10) mindestens 80 % der Verbraucher bis 2020 mit intelligenten Verbrauchserfassungssystemen ausgestattet werden, falls die Einführung intelligenter Zähler positiv bewertet wird. Was den Gasbereich betrifft, so sollten im Einklang mit der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt (11) die Mitgliedstaaten oder die von ihnen benannten zuständigen Behörden einen Zeitplan für die Einführung intelligenter Verbrauchserfassungssysteme erstellen, falls die Einführung dieser Systeme positiv bewertet wird.

(28)

Die Verwendung individueller Messgeräte oder Heizkostenverteiler zur Messung des individuellen Wärmeverbrauchs in Gebäuden mit mehreren Wohnungen, die über ein Fernwärmenetz oder eine gemeinsame Zentralheizung versorgt werden, ist dann vorteilhaft, wenn die Endkunden die Möglichkeit haben, ihren individuellen Verbrauch zu steuern. Daher ist ihre Verwendung nur sinnvoll in Gebäuden, in denen die Heizkörper mit Thermostatventilen ausgerüstet sind.

(29)

In einigen Gebäuden mit mehreren Wohnungen, die über ein Fernwärmenetz oder eine gemeinsame Zentralheizung versorgt werden, wäre die Verwendung präziser individueller Verbrauchsmessgeräte für Wärme technisch kompliziert und kostspielig, weil das für Heizungszwecke verwendete Warmwasser an mehreren Stellen in die Wohnungen hinein- bzw. herausgeführt wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die individuelle Messung des Wärmeverbrauchs in Gebäuden mit mehreren Wohnungen dann technisch machbar ist, wenn der Einbau individueller Messgeräte ohne Austausch der bestehenden Warmwasserleitungen des Gebäudes erfolgen kann. In diesen Gebäuden kann dann der individuelle Wärmeverbrauch mittels individueller, an jedem Heizkörper angebrachter Heizkostenverteiler gemessen werden.

(30)

Nach der Richtlinie 2006/32/EG müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Endkunden individuelle Zähler zu wettbewerbsorientierten Preisen erhalten, die den tatsächlichen Energieverbrauch des Endkunden und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegeln. In den meisten Fällen gilt für diese Anforderung der Vorbehalt, dass dies technisch machbar, finanziell vertretbar und im Vergleich zu den potenziellen Energieeinsparungen angemessen sein muss. Soweit neue Gebäude mit neuen Anschlüssen ausgestattet oder soweit Gebäude größeren Renovierungen im Sinne der Richtlinie 2010/31/EU unterzogen werden, sollten jedoch stets solche individuellen Zähler bereitgestellt werden. Ferner ist in der Richtlinie 2006/32/EG bestimmt, dass die klare Abrechnung auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs so häufig erfolgen sollte, dass die Kunden in der Lage sind, ihren eigenen Energieverbrauch zu steuern.

(31)

Die Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG verpflichten die Mitgliedstaaten, zu gewährleisten, dass intelligente Messsysteme eingeführt werden, durch die die aktive Beteiligung der Verbraucher am Strom- und Erdgasversorgungsmarkt unterstützt wird. Was den Strombereich betrifft, sind mindestens 80 % der Verbraucher bis 2020 mit intelligenten Verbrauchserfassungssystemen auszustatten, wenn die Einführung intelligenter Zähler als kostenwirksam angesehen wird. Was den Gasbereich betrifft, wird keine Frist festgesetzt, aber es wird die Aufstellung eines Zeitplans vorgeschrieben. Ferner ist in diesen Richtlinien bestimmt, dass die Endkunden häufig genug über ihren tatsächlichen Strom- bzw. Gasverbrauch und ihre Strom- bzw. Gaskosten ordnungsgemäß informiert werden müssen, damit sie ihren eigenen Strom- bzw. Gasverbrauch regulieren können.

(32)

Die Verbrauchserfassungs- und Abrechnungsvorschriften der Richtlinien 2006/32/EG, 2009/72/EG und 2009/73/EG haben sich nur begrenzt auf die Energieeinsparungen ausgewirkt. In großen Teilen der Union hatten diese Bestimmungen nicht zur Folge, dass die Verbraucher so häufig neueste Informationen über ihren Energieverbrauch oder auf dem tatsächlichen Verbrauch beruhende Abrechnungen erhalten, wie Untersuchungen zufolge erforderlich wäre, damit sie ihren Energieverbrauch regulieren können. In Bezug auf Raumheizung und Warmwasserversorgung in Gebäuden mit mehreren Wohnungen gab die mangelnde Klarheit der betreffenden Bestimmungen darüber hinaus Anlass zu zahlreichen Beschwerden von Bürgern.

(33)

Um die Rechte der Endkunden in Bezug auf den Zugang zu Erfassungs- und Abrechnungsinformationen über ihren individuellen Energieverbrauch zu stärken, ist es in Anbetracht der Chancen, die mit dem Prozess der Einführung intelligenter Verbrauchserfassungssysteme und intelligenter Zähler in den Mitgliedstaaten verbunden sind, wichtig, dass die Anforderungen des Unionsrechts in diesem Bereich klarer formuliert sind. Dies dürfte zur Reduzierung der Kosten beitragen, die mit der Einführung intelligenter, mit Funktionen für größere Einsparungen ausgestatteter Verbrauchserfassungssysteme verbunden sind. Die Einführung intelligenter Verbrauchserfassungssysteme ermöglicht häufige Abrechnungen auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs. Es ist jedoch auch erforderlich, die Vorschriften für den Zugang zu Informationen und für eine gerechte und genaue Abrechnung auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs in den Fällen zu präzisieren, in denen intelligente Zähler nicht bis 2020 verfügbar sind; dies gilt auch für Erfassung und Abrechnung des individuellen Wärme-, Kälte- und Warmwasserverbrauchs in Gebäuden mit mehreren Wohnungen, die über ein Fernwärme- bzw. Fernkältenetz oder über ein in diesen Gebäuden vorhandenes eigenes gemeinsames Heizungs- bzw. Kühlsystem versorgt werden.

(34)

Bei der Konzipierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz sollten die Mitgliedstaaten der Erforderlichkeit Rechnung tragen, das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts und die kohärente Umsetzung des Besitzstands in Einklang mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union sicherzustellen.

(35)

Hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung und Fernwärme- sowie Fernkälteversorgung bergen ein erhebliches Potenzial für die Einsparung von Primärenergie, das in der Union weitgehend ungenutzt ist. Die Mitgliedstaaten sollten eine umfassende Bewertung des Potenzials für hocheffiziente KWK und Fernwärme- sowie Fernkälteversorgung vornehmen. Diese Bewertungen sollten auf Ersuchen der Kommission aktualisiert werden, damit Investoren Informationen über nationale Ausbaupläne erhalten und ein Beitrag zu einem stabilen und günstigen Investitionsumfeld geleistet wird. Neue Stromerzeugungsanlagen und vorhandene Anlagen, die in erheblichem Umfang modernisiert werden oder deren Genehmigung aktualisiert wird, sollten mit hocheffizienten KWK-Anlagen zur Rückgewinnung von Abwärme aus der Stromerzeugung ausgerüstet werden, sofern eine Kosten-Nutzen-Analyse positiv ausfällt. Diese Abwärme könnte dann durch Fernwärmenetze dorthin transportiert werden, wo sie gebraucht wird. Bei den Ereignissen, die die Pflicht zur Anwendung von Zulassungskriterien begründen, wird es sich im Allgemeinen um die Ereignisse handeln, die auch die Genehmigungspflicht nach der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (12) und nach der Richtlinie 2009/72/EG begründen.

(36)

Es kann angebracht sein, Kernkraftwerke oder Stromerzeugungskraftwerke, bei denen eine nach der Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die geologische Speicherung von Kohlendioxid (13) zulässige geologische Speicherung vorgenommen werden soll, dort anzusiedeln, wo die Rückgewinnung von Abwärme durch hocheffiziente KWK oder Einspeisung in ein Fernwärme- oder Fernkältenetz nicht kostenwirksam ist. Daher sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, diese Anlagen von der Verpflichtung zu befreien, dass vor dem Einbau einer Ausrüstung, die die Abwärmerückgewinnung mittels eines hocheffizienten KWK-Blocks ermöglicht, eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt werden muss. Es sollte auch möglich sein, Spitzenlast- und Reserve-Stromerzeugungskraftwerke, die im gleitenden Durchschnitt über einen Zeitraum von fünf Jahren weniger als 1 500 Betriebsstunden jährlich in Betrieb sein sollen, von der Verpflichtung, auch Wärme liefern zu müssen, freizustellen.

(37)

Es ist angebracht, dass die Mitgliedstaaten die Einführung von Maßnahmen und Verfahren zur Förderung von KWK-Anlagen mit einer thermischen Gesamtnennleistung von weniger als 20 MW begünstigen, um die dezentrale Energieerzeugung zu fördern.

(38)

Die hocheffiziente KWK sollte anhand der Energieeinsparungen definiert werden, die durch die kombinierte anstatt der getrennten Erzeugung von Wärme und Strom erzielt werden. Die in den Rechtsvorschriften der Union zugrunde gelegten Definitionen der Begriffe „KWK“ und „hocheffiziente KWK“ sollten die Verwendung anderer Definitionen in nationalen Rechtsvorschriften zu anderen Zwecken als denen der infrage stehenden Rechtsvorschriften der Union unberührt lassen. Um möglichst große Energieeinsparungen zu erzielen und um zu vermeiden, dass Energieeinsparmöglichkeiten nicht genutzt werden, sollte den Betriebsbedingungen von KWK-Blöcken die größte Aufmerksamkeit gelten.

(39)

Um mehr Transparenz für den Endkunden herzustellen, damit dieser zwischen KWK-Strom und durch andere Verfahren erzeugtem Strom wählen kann, sollte die Herkunft von Strom aus hocheffizienter KWK auf der Basis harmonisierter Wirkungsgrad-Referenzwerte gewährleistet werden. Herkunftsnachweissysteme begründen nicht an sich ein Recht auf Inanspruchnahme nationaler Förderregelungen. Es ist wichtig, dass alle Arten von Strom aus hocheffizienter KWK von Herkunftsnachweisen erfasst werden können. Herkunftsnachweise sollten von handelbaren Zertifikaten unterschieden werden.

(40)

Die spezifische Struktur der KWK-, Fernwärme- und Fernkältebranche, der zahlreiche kleine und mittelgroße Erzeuger angehören, sollte insbesondere bei der Überprüfung der Verwaltungsverfahren zur Erteilung der Genehmigung zum Bau von KWK-Anlagen oder dazugehörigen Netzen nach dem Grundsatz „Vorfahrt für KMU“ berücksichtigt werden.

(41)

Die meisten Unternehmen in der Union sind KMU. Für die Union stellen sie ein enormes Energieeinsparpotenzial dar. Um ihnen bei der Einführung von Energieeffizienzmaßnahmen zu helfen, sollten die Mitgliedstaaten einen günstigen Rahmen schaffen, der darauf abzielt, den KMU technische Hilfe und gezielte Informationen bereitzustellen.

(42)

In der Richtlinie 2010/75/EU gehört Energieeffizienz zu den Kriterien für die Ermittlung der besten verfügbaren Techniken, die als Referenz für die Festlegung der Genehmigungsauflagen für Anlagen gelten, die unter die Richtlinie fallen, einschließlich Verbrennungsanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung von insgesamt 50 MW oder mehr. Allerdings sieht diese Richtlinie für die Mitgliedstaaten die Option vor, für die in Anhang I der Richtlinie 2003/87/EG aufgeführten Tätigkeiten keine Energieeffizienzanforderungen in Bezug auf Verbrennungseinheiten oder andere Kohlendioxid ausstoßende Einheiten am Standort festzulegen. Die Mitgliedstaaten könnten in ihre Berichterstattung nach der Richtlinie 2010/75/EU Informationen über Energieeffizienzniveaus aufnehmen.

(43)

Die Mitgliedstaaten sollten anhand von objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien Regeln für die Übernahme und Teilung der Kosten für Netzanschlüsse und Netzverstärkungen sowie für technische Anpassungen, die zur Einbindung neuer Erzeuger von Strom aus hocheffizienter KWK erforderlich sind, unter Berücksichtigung der Leitlinien und Kodizes festlegen, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel (14) sowie gemäß der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen (15) entwickelt wurden. Erzeuger von Strom aus hocheffizienter KWK sollten eine Ausschreibung für die Anschlussarbeiten durchführen dürfen. Der Netzzugang für Strom aus hocheffizienter KWK, insbesondere für KWK-Klein- und Kleinstanlagen, sollte erleichtert werden. Die Mitgliedstaaten können nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2009/72/EG und nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2009/73/EG den Elektrizitäts- bzw. Gasunternehmen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auch in Bezug auf die Energieeffizienz auferlegen.

(44)

Die Laststeuerung ist ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der Energieeffizienz, da sie den Verbrauchern oder von ihnen benannten Dritten erheblich mehr Möglichkeiten einräumt, aufgrund von Verbrauchs- und Abrechnungsinformationen tätig zu werden; sie liefert somit einen Mechanismus, um den Verbrauch zu verringern oder zu verlagern, was zu Energieeinsparungen sowohl beim Endverbrauch als auch — durch bessere Nutzung der Netze und Erzeugungskapazitäten — bei der Energieerzeugung, -übertragung bzw. -fernleitung und -verteilung führt.

(45)

Die Laststeuerung kann auf der Reaktion der Endkunden auf Preissignale oder auf Gebäudeautomatisierung beruhen. Die Bedingungen für die Laststeuerung und der Zugang hierzu sollten verbessert werden, auch für kleine Endverbraucher. Um der fortlaufenden Realisierung intelligenter Netze Rechnung zu tragen, sollten daher die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass die nationalen Energieregulierungsbehörden in der Lage sind sicherzustellen, dass die Netztarife und Netzregelungen Anreize für Verbesserungen bei der Energieeffizienz bieten und eine dynamische Tarifierung im Hinblick auf Laststeuerungsmaßnahmen seitens der Endkunden unterstützen. Es sollte weiterhin auf Marktintegration und gleiche Markteintrittschancen für nachfrageseitige Ressourcen (Versorgungs- und Verbraucherlasten) parallel zur Erzeugung hingewirkt werden. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die nationalen Energieregulierungsbehörden einen integrierten Ansatz verfolgen, der potenzielle Einsparungen in den Bereichen Energieversorgung und Endverbrauch umfasst.

(46)

Es sollte eine ausreichende Zahl zuverlässiger Fachleute mit Kompetenz im Bereich der Energieeffizienz verfügbar sein, um für die wirksame und fristgerechte Durchführung dieser Richtlinie zu sorgen, z. B. hinsichtlich der Einhaltung der Anforderungen an Energieaudits und der Umsetzung der Energieeffizienzverpflichtungssysteme. Die Mitgliedstaaten sollten daher Zertifizierungssysteme für die Anbieter von Energiedienstleistungen, Energieaudits und anderen Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz einführen.

(47)

Der Markt für Energiedienstleistungen muss weiter ausgebaut werden, um sicherzustellen, dass sowohl das Angebot an als auch die Nachfrage nach Energiedienstleistungen vorhanden ist. Hierzu kann Transparenz beitragen, etwa durch Listen mit Anbietern von Energiedienstleistungen. Musterverträge, der Austausch bewährter Verfahren sowie Leitlinien, insbesondere für Energieleistungsverträge, können ebenfalls zur Förderung der Nachfrage beitragen. Wie bei anderen Formen der Drittfinanzierung vermeidet der Begünstigte der Energiedienstleistung bei einem Energieleistungsvertrag Investitionskosten dadurch, dass er einen Teil des finanziellen Werts der Energieeinsparungen dafür nutzt, die von einem Dritten ganz oder zum Teil getätigte Investition zurückzuzahlen.

(48)

Rechtliche und sonstige Hemmnisse für die Nutzung von Energieleistungsverträgen und anderen Drittfinanzierungen für das Erzielen von Energieeinsparungen müssen ermittelt und beseitigt werden. Dazu gehören Rechnungslegungsvorschriften und -praktiken, die verhindern, dass Kapitalinvestitionen und jährliche finanzielle Einsparungen infolge von Energieeffizienzverbesserungsmaßnahmen adäquat über die gesamte Laufzeit der Investition ausgewiesen werden. Hemmnisse für die Renovierung des Gebäudebestands, die in der Aufteilung der Anreize zwischen den verschiedenen betroffenen Akteuren begründet sind, sollten ebenfalls auf nationaler Ebene beseitigt werden.

(49)

Die Mitgliedstaaten und Regionen sollten dazu ermutigt werden, die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds voll auszuschöpfen, um Investitionen in Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz auszulösen. Investitionen in Energieeffizienz können zu Wirtschaftswachstum, Beschäftigung, Innovation und Verringerung der Brennstoffarmut in Haushalten und somit positiv zum wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt beitragen. Potenzielle Finanzierungsbereiche sind u. a. Energieeffizienzmaßnahmen in öffentlichen Gebäuden und Wohnungen und Qualifizierungsmaßnahmen zur Förderung der Beschäftigung im Energieeffizienzsektor.

(50)

Die Mitgliedstaaten sollten auf die Nutzung von Finanzierungsfazilitäten hinwirken, um die Erreichung der Ziele dieser Richtlinie zu fördern. Solche Finanzierungsfazilitäten könnten Folgendes umfassen: finanzielle Beiträge und Sanktionen aufgrund der Nichterfüllung bestimmter Bestimmungen dieser Richtlinie; Mittel, die nach Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie 2003/87/EG dem Bereich Energieeffizienz zugewiesen wurden; Mittel — vor allem aus dem Kohäsionsfonds, dem Strukturfonds und dem Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums —, die im mehrjährigen Finanzrahmen dem Bereich Energieeffizienz zugewiesen wurden, sowie zweckgebundene europäische Finanzierungsinstrumente wie der Europäische Energieeffizienzfonds.

(51)

Grundlage für solche Fazilitäten könnten gegebenenfalls sein: Mittel aus Projektanleihen der Union, die dem Bereich Energieeffizienz zugewiesen wurden; dem Bereich Energieeffizienz zugewiesene Mittel der Europäischen Investitionsbank und anderer europäischer Finanzinstitute, vor allem der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und der Entwicklungsbank des Europarats; Mittel von Finanzinstituten; nationale Mittel, auch solche, die durch die Schaffung gesetzlicher und steuerlicher Rahmenbedingungen zur Förderung der Durchführung von Energieeffizienzinitiativen und -programmen generiert werden; Einnahmen aus jährlichen Emissionszuweisungen gemäß der Entscheidung Nr. 406/2009/EG.

(52)

Die Finanzierungsfazilitäten könnten insbesondere diese Mittel und Beiträge so einsetzen, dass durch Privatkapital finanzierte Investitionen ermöglicht und gefördert werden und vor allem institutionelle Anleger angezogen werden, wobei anhand entsprechender Kriterien sichergestellt wird, dass im Zusammenhang mit der Mittelbereitstellung sowohl die umwelt- als auch die sozialpolitischen Ziele erreicht werden; innovative Finanzierungsmechanismen (wie Kreditgarantien für Privatkapital, Kreditgarantien zur Stützung von Energieleistungsverträgen, Zuschüsse, subventionierte Kredite und zweckgebundene Kreditlinien, Drittfinanzierungen) nutzen, mit denen das Risiko bei Energieeffizienzvorhaben verringert und ermöglicht wird, dass selbst bei Haushalten mit niedrigem und mittlerem Einkommen kostenwirksame Renovierungen durchgeführt werden können; an Programme oder Agenturen gekoppelt sein, bei denen Energieeinsparungsvorhaben zusammengeführt und qualitativ bewertet werden, technische Hilfe geleistet wird, der Markt für Energiedienstleistungen unterstützt und dazu beigetragen wird, die Nachfrage der Verbraucher nach Energiedienstleistungen zu fördern.

(53)

Die Finanzierungsfazilitäten könnten ferner entsprechende Ressourcen zur Unterstützung von Schulungs- und Zertifizierungsprogrammen zur Verfügung stellen, in deren Rahmen Kompetenzen im Bereich Energieeffizienz verbessert und anerkannt werden; Ressourcen für die Erforschung, Demonstration und Beschleunigung der Verbreitung von Technologien für Klein- und Kleinstanlagen zur Energieerzeugung und die Optimierung der Einbindung dieser Erzeugung in die Netze bereitstellen; an Programme gekoppelt sein, in deren Rahmen Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz in allen Haushalten getroffen werden, um Energiearmut zu bekämpfen und Eigentümer, die Wohnraum vermieten, dazu zu bewegen, ihr Eigentum so energieeffizient wie möglich zu gestalten; entsprechende Ressourcen zur Unterstützung des gesellschaftlichen Dialogs bereitstellen und Standardvorgaben vorsehen, die auf die Verbesserung der Energieeffizienz und die Gewährleistung guter Arbeitsbedingungen sowie des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit am Arbeitsplatz ausgerichtet sind.

(54)

Die verfügbaren Finanzinstrumente der Union und innovative Finanzierungsmechanismen sollten genutzt werden, um das Ziel der Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden öffentlicher Einrichtungen in der Praxis zu verwirklichen. Diesbezüglich können die Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Freiwilligkeit und unter Einhaltung ihrer nationalen Haushaltsvorschriften ihre Einnahmen aus den jährlichen Emissionszuweisungen nach der Entscheidung Nr. 406/2009/EG für den Aufbau derartiger Mechanismen verwenden.

(55)

Bei der Verwirklichung des 20%-Energieeffizienzziels wird die Kommission die Auswirkungen neuer Maßnahmen auf die Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Union beobachten müssen, um die Anreize des Emissionshandelssystems beizubehalten, die Investitionen in kohlenstoffarme Technologien zu belohnen und dem Emissionshandelssystem unterliegende Wirtschaftszweige auf die künftig benötigten Investitionen vorzubereiten. Sie wird die Auswirkungen auf die Branchen überwachen müssen, in denen laut dem Beschluss 2010/2/EU der Kommission vom 24. Dezember 2009 zur Festlegung eines Verzeichnisses der Sektoren und Teilsektoren, von denen angenommen wird, dass sie einem erheblichen Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen ausgesetzt sind, gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (16) die Gefahr einer Verlagerung von CO2-Emissionen besonders groß ist, um sicherzustellen, dass diese Richtlinie die Entwicklung dieser Branchen fördert und nicht behindert.

(56)

Nach der Richtlinie 2006/32/EG müssen die Mitgliedstaaten einen nationalen Energieeinsparrichtwert von insgesamt 9 % bis 2016 beschließen und verfolgen, wofür Energiedienstleistungen und andere Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz eingesetzt werden sollen. In der Richtlinie heißt es, dass auf den zweiten Energieeffizienzplan der Mitgliedstaaten, soweit angemessen und erforderlich, Vorschläge der Kommission für zusätzliche Maßnahmen, einschließlich einer etwaigen Verlängerung der Dauer der Anwendung der Ziele, folgen. Falls ein Bericht zu dem Ergebnis kommt, dass unzureichende Fortschritte im Hinblick auf das Erreichen der in jener Richtlinie festgelegten nationalen indikativen Ziele gemacht worden sind, gehen diese Vorschläge auf diese Ziele unter quantitativem und qualitativem Aspekt ein. Die Folgenabschätzung, die dieser Richtlinie beigefügt ist, kommt zu dem Ergebnis, dass die Mitgliedstaaten hinsichtlich des 9%-Ziels, das deutlich weniger ehrgeizig ist als das später verabschiedete Energieeinsparziel von 20 % bis 2020, auf Kurs sind, weshalb keine Erforderlichkeit besteht, auf die Höhe der Ziele einzugehen.

(57)

Das Programm „Intelligente Energie — Europa“, das durch den Beschluss Nr. 1639/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 zur Einrichtung eines Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (2007-2013) (17) eingerichtet wurde, hat maßgeblich zur Schaffung eines die ordnungsgemäße Durchführung der Strategien der Union für nachhaltige Energie begünstigenden Umfelds beigetragen, indem es Markthindernisse beseitigt hat, wie mangelndes Bewusstsein oder unzureichende Fähigkeiten der Marktakteure und Institutionen, nationale technische oder administrative Hürden, die dem reibungslosen Funktionieren des Energiebinnenmarkts entgegenstehen, oder aber Arbeitsmärkte, die in Bezug auf dieAnforderungen einer kohlenstoffarmen Wirtschaft nur unzureichend entwickelt sind. Viele dieser Hindernisse sind nach wie vor von Belang.

(58)

Um das erhebliche Energieeinsparpotenzial energieverbrauchsrelevanter Produkte nutzbar zu machen, sollte die Umsetzung der Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte (18) und der Richtlinie 2010/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen (19) beschleunigt und erweitert werden. Dabei sollte Produkten, die laut dem Ökodesign-Arbeitsplan das höchste Energieeinsparpotenzial bieten, und gegebenenfalls der Überarbeitung bestehender Maßnahmen Vorrang eingeräumt werden.

(59)

Um die Bedingungen zu klären, nach denen die Mitgliedstaaten unter Beachtung der Richtlinie 2009/125/EG sowie ihrer Durchführungsmaßnahmen Gesamtenergieanforderungen gemäß Richtlinie 2010/31/EU festlegen können, sollte Richtlinie 2009/125/EG entsprechend geändert werden.

(60)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Verwirklichung des Energieeffizienzziels der Union von 20 % bis 2020 und die Vorbereitung weiterer Verbesserungen bei der Energieeffizienz nach 2020, ohne zusätzliche Energieeffizienzmaßnahmen von den Mitgliedstaaten nicht in ausreichendem Maße erreicht werden kann und besser auf Ebene der Union zu erreichen ist, kann die Union im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip nach Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union Maßnahmen beschließen. Gemäß dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für das Erreichen dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(61)

Um die Anpassung an den technischen Fortschritt und Änderungen bei der Verteilung der Energiequellen zu ermöglichen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte hinsichtlich der Überprüfung der aufgrund der Richtlinie 2004/8/EG festgelegten harmonisierten Energieeffizienz-Referenzwerte und hinsichtlich der Werte, der Berechnungsmethoden, des standardmäßigen Primärenergiekoeffizienten und der Anforderungen in den Anhängen dieser Richtlinie zu erlassen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.

(62)

Um einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Richtlinie zu gewährleisten, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren können (20) ausgeübt werden.

(63)

Alle materiellrechtlichen Bestimmungen der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG mit Ausnahme des Artikels 4 Absätze 1 bis 4 sowie der Anhänge I, III und IV der Richtlinie 2006/32/EG sollten aufgehoben werden. Letztere Bestimmungen sollten bis zum Ablauf der Frist für das 9%-Ziel weiterhin gelten. Artikel 9 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 2010/30/EU, nach der die Mitgliedstaaten bestrebt sein müssen, nur Produkte der höchsten Energieeffizienzklasse zu beschaffen, sollte gestrichen werden.

(64)

Die Verpflichtung zur Umsetzung dieser Richtlinie in innerstaatliches Recht sollte nur jene Bestimmungen betreffen, die gegenüber den Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG inhaltlich geändert wurden. Die Pflicht zur Umsetzung der inhaltlich unveränderten Bestimmungen ergibt sich aus den beiden genannten Richtlinien.

(65)

Diese Richtlinie sollte die Pflichten der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht und für die Anwendung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG unberührt lassen.

(66)

Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission zu erläuternden Dokumenten vom 28. September 2011 haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in dem bzw. denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen innerstaatlicher Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

GEGENSTAND, GELTUNGSBEREICH, BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND ENERGIEEFFIZIENZZIELE

Artikel 1

Gegenstand und Geltungsbereich

(1)   Mit dieser Richtlinie wird ein gemeinsamer Rahmen für Maßnahmen zur Förderung von Energieeffizienz in der Union geschaffen, um sicherzustellen, dass das übergeordnete Energieeffizienzziel der Union von 20 % bis 2020 erreicht wird, und um weitere Energieeffizienzverbesserungen für die Zeit danach vorzubereiten.

In dieser Richtlinie werden Regeln festgelegt, mit denen Hemmnisse im Energiemarkt und Marktversagen, die der Effizienz bei der Energieversorgung und -nutzung entgegenstehen, beseitigt werden sollen; ferner ist die Festlegung indikativer nationaler Energieeffizienzziele bis 2020 vorgesehen.

(2)   Bei den Anforderungen dieser Richtlinie handelt es sich um Mindestanforderungen; sie hindern die einzelnen Mitgliedstaaten nicht daran, strengere Maßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen. Solche Maßnahmen müssen mit dem Unionsrecht vereinbar sein. Sehen einzelstaatliche Rechtsvorschriften strengere Maßnahmen vor, so notifizieren die Mitgliedstaaten der Kommission diese Rechtsvorschriften.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1.

„Energie“ alle Formen von Energieerzeugnissen, Brennstoffe, Wärme, Energie aus erneuerbaren Quellen, Elektrizität oder Energie in jeder anderen Form gemäß der Definition in Artikel 2 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 1099/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über die Energiestatistik (21);

2.

„Primärenergieverbrauch“ den Bruttoinlandsverbrauch ohne nichtenergetische Nutzungsformen;

3.

„Endenergieverbrauch“ die gesamte an die Industrie, den Verkehrssektor, die Haushalte, den Dienstleistungssektor und die Landwirtschaft gelieferte Energie. Nicht eingeschlossen sind Lieferungen an den Energieumwandlungssektor sowie an die Energiewirtschaft selbst;

4.

„Energieeffizienz“ das Verhältnis von Ertrag an Leistung, Dienstleistungen, Waren oder Energie zu Energieeinsatz;

5.

„Energieeinsparungen“ die eingesparte Energiemenge, die durch Messung und/oder Schätzung des Verbrauchs vor und nach der Umsetzung einer Maßnahme zur Energieeffizienzverbesserung und bei gleichzeitiger Normalisierung der den Energieverbrauch beeinflussenden äußeren Bedingungen ermittelt wird;

6.

„Energieeffizienzverbesserung“ die Steigerung der Energieeffizienz als Ergebnis technischer, verhaltensbezogener und/oder wirtschaftlicher Änderungen;

7.

„Energiedienstleistung“ den physischen Nutzeffekt, den Nutzwert oder die Vorteile, die aus einer Kombination von Energie mit energieeffizienter Technologie oder mit Maßnahmen gewonnen werden, die die erforderlichen Betriebs-, Instandhaltungs- und Kontrollaktivitäten zur Erbringung der Dienstleistung beinhalten können; sie wird auf der Grundlage eines Vertrags erbracht und führt unter normalen Umständen erwiesenermaßen zu überprüfbaren und mess- oder schätzbaren Energieeffizienzverbesserungen oder Primärenergieeinsparungen;

8.

„öffentliche Einrichtungen“ die „öffentlichen Auftraggeber“ gemäß der Definition in der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (22);

9.

„Zentralregierung“ alle Verwaltungseinheiten, deren Zuständigkeit sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstreckt;

10.

„Gesamtnutzfläche“ die Fläche von Gebäuden oder Gebäudeteilen, in denen Energie zur Konditionierung des Innenraumklimas verwendet wird;

11.

„Energiemanagementsystem“ eine Reihe miteinander verbundener oder interagierender Elemente eines Plans, in dem ein Energieeffizienzziel und eine Strategie zur Erreichung dieses Ziels festgelegt werden;

12.

„Europäische Norm“ eine Norm, die vom Europäischen Komitee für Normung, dem Europäischen Komitee für elektrotechnische Normung oder dem Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen verabschiedet und zur öffentlichen Verwendung bereitgestellt wurde;

13.

„internationale Norm“ eine Norm, die von der Internationalen Normungsorganisation (ISO) verabschiedet und für die Öffentlichkeit bereitgestellt wurde;

14.

„verpflichtete Partei“ einen Energieverteiler oder ein Energieeinzelhandelsunternehmen, der bzw. das den nationalen Energieeffizienzverpflichtungssystemen des Artikels 7 unterliegt;

15.

„beauftragte Partei“ eine juristische Person, der vom Staat oder einer anderen öffentlichen Einrichtung die Befugnis übertragen wurde, im Auftrag der Regierung oder einer anderen öffentlichen Einrichtung eine Finanzierungsregelung auszuarbeiten, zu verwalten und umzusetzen;

16.

„teilnehmende Partei“ ein Unternehmen oder eine öffentliche Einrichtung, die sich verpflichtet hat, im Rahmen einer freiwilligen Vereinbarung bestimmte Ziele zu erreichen, oder die unter ein nationales ordnungsrechtliches Instrument fällt;

17.

„durchführende Behörde“ eine Verwaltungseinheit, die für die Anwendung oder Kontrolle in Bezug auf Energie- oder CO2-Besteuerung, Finanzregelungen und -instrumente, steuerliche Anreize, Standards und Normen, Energiekennzeichnungssysteme, berufliche oder allgemeine Ausbildung zuständig ist;

18.

„strategische Maßnahme“ ein in einem Mitgliedstaat förmlich eingerichtes und verwirklichtes Regulierungs-, Finanz-, Fiskal-, Fakultativ- oder Informationsinstrument zur Schaffung eines unterstützenden Rahmens oder Auflagen oder Anreize für Marktteilnehmer, damit sie Energiedienstleistungen erbringen und kaufen und weitere energieeffizienzverbessernde Maßnahmen ergreifen;

19.

„Einzelmaßnahme“ eine Maßnahme, die zu überprüfbaren und mess- oder schätzbaren Energieeffizienzverbesserungen führt und infolge einer strategischen Maßnahme ergriffen wird;

20.

„Energieverteiler“ eine natürliche oder juristische Person, einschließlich eines Verteilernetzbetreibers, die für den Transport von Energie zur Abgabe an Endkunden oder an Verteilerstationen, die Energie an Endkunden verkaufen, verantwortlich ist;

21.

„Verteilernetzbetreiber“ einen Verteilernetzbetreiber gemäß der Definition in der Richtlinie 2009/72/EG bzw. der Richtlinie 2009/73/EG;

22.

„Energieeinzelhandelsunternehmen“ eine natürliche oder juristische Person, die Energie an Endkunden verkauft;

23.

„Endkunde“ eine natürliche oder juristische Person, die Energie für den eigenen Endverbrauch kauft;

24.

„Energiedienstleister“ eine natürliche oder juristische Person, die Energiedienstleistungen oder andere Maßnahmen zur Energieeffizienzverbesserung in den Einrichtungen oder Räumlichkeiten eines Endkunden erbringt bzw. durchführt;

25.

„Energieaudit“ ein systematisches Verfahren zur Erlangung ausreichender Informationen über das bestehende Energieverbrauchsprofil eines Gebäudes oder einer Gebäudegruppe, eines Betriebsablaufs oder einer industriellen oder gewerblichen Anlage in der Industrie oder im Gewerbe oder privater oder öffentlicher Dienstleistungen, zur Ermittlung und Quantifizierung der Möglichkeiten für kostenwirksame Energieeinsparungen und zur Erfassung der Ergebnisse in einem Bericht;

26.

„kleine und mittlere Unternehmen“ oder „KMU“ Unternehmen gemäß der Definition in Titel I des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (23); die Kategorie der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen setzt sich aus Unternehmen zusammen, die weniger als 250 Personen beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. EUR erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Mio. EUR beläuft;

27.

„Energieleistungsvertrag“ eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Begünstigten und dem Erbringer einer Maßnahme zur Energieeffizienzverbesserung, die während der gesamten Vertragslaufzeit einer Überprüfung und Überwachung unterliegt und in deren Rahmen Investitionen (Arbeiten, Lieferungen oder Dienstleistungen) in die betreffende Maßnahme zur Energieeffizienzverbesserung in Bezug auf einen vertraglich vereinbarten Umfang an Energieeffizienzverbesserungen oder ein anderes vereinbartes Energieleistungskriterium, wie finanzielle Einsparungen, getätigt werden;

28.

„intelligentes Verbrauchserfassungssystem“ ein elektronisches System zur Messung des Energieverbrauchs, wobei mehr Informationen angezeigt werden als bei einem herkömmlichen Zähler, und Daten auf einem elektronischen Kommunikationsweg übertragen und empfangen werden können;

29.

„Übertragungsnetzbetreiber“ bzw. „Fernleitungsnetzbetreiber“ einen Übertragungsnetzbetreiber gemäß der Definition in der Richtlinie 2009/72/EG bzw. einen Fernleitungsnetzbetreiber gemäß der Definition in der Richtlinie 2009/73/EG;

30.

„Kraft-Wärme-Kopplung“ (KWK) die gleichzeitige Erzeugung thermischer Energie und elektrischer oder mechanischer Energie in einem Prozess;

31.

„wirtschaftlich vertretbarer Bedarf“ den Bedarf, der die benötigte Wärme- oder Kühlungsleistung nicht überschreitet und der sonst durch andere Energieerzeugungsprozesse als KWK zu Marktbedingungen gedeckt würde;

32.

„Nutzwärme“ die in einem KWK-Prozess zur Befriedigung eines wirtschaftlich vertretbaren Wärme- oder Kühlbedarfs erzeugte Wärme;

33.

„in KWK erzeugter Strom“ Strom, der in einem Prozess erzeugt wurde, der an die Erzeugung von Nutzwärme gekoppelt ist und der gemäß der in Anhang I festgelegten Methode berechnet wird;

34.

„hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung“ die KWK, die den in Anhang II festgelegten Kriterien entspricht;

35.

„Gesamtwirkungsgrad“ die Summe der jährlichen Erzeugung von Strom, mechanischer Energie und Nutzwärme im Verhältnis zum Brennstoff, der für die in KWK erzeugte Wärme und die Bruttoerzeugung von Strom und mechanischer Energie eingesetzt wurde;

36.

„Kraft-Wärme-Verhältnis“ bzw. „Stromkennzahl“ das anhand der Betriebsdaten des spezifischen Blocks berechnete Verhältnis von KWK-Strom zu Nutzwärme im vollständigen KWK-Betrieb;

37.

„KWK-Block“ einen Block, der für den KWK-Betrieb geeignet ist;

38.

„KWK-Kleinanlage“ eine KWK-Anlage mit einer installierten Kapazität von weniger als 1 MWel;

39.

„KWK-Kleinstanlage“ eine KWK-Anlage mit einer Höchstkapazität von weniger als 50 kWel;

40.

„Geschossflächenzahl“ das Verhältnis von Geschossfläche zur Grundstücksfläche auf einem bestimmten Grundstück;

41.

„effiziente Fernwärme- und Fernkälteversorgung“ ein Fernwärme- oder Fernkältesystem, das mindestens 50 % erneuerbare Energien, 50 % Abwärme, 75 % KWK-Wärme oder 50 % einer Kombination dieser Energien und dieser Wärme nutzt;

42.

„effiziente Wärme- und Kälteversorgung“ eine Möglichkeit der Wärme- bzw. Kälteversorgung, die — ausweislich der Kosten-Nutzen-Analyse gemäß dieser Richtlinie — gegenüber einem Ausgangsszenario, das den üblichen Rahmenbedingungen entspricht, die Menge an Primärenergie, die zur Bereitstellung einer Einheit der gelieferten Energie benötigt wird, innerhalb einer maßgeblichen Systemgrenze auf kostenwirksame Weise messbar reduziert, wobei der für Gewinnung, Umwandlung, Beförderung und Verteilung erforderlichen Energie Rechnung getragen wird;

43.

„effiziente individuelle Wärme- und Kälteversorgung“ eine Möglichkeit der individuellen Wärme- und Kälteversorgung, die gegenüber effizienter Fernwärme- und Fernkälteversorgung die Menge an Primärenergie aus nicht erneuerbaren Quellen, die zur Bereitstellung einer Einheit der gelieferten Energie benötigt wird, innerhalb einer maßgeblichen Systemgrenze messbar reduziert oder die gleiche Menge an Primärenergie aus nicht erneuerbaren Quellen, aber zu niedrigeren Kosten benötigt, wobei der für Gewinnung, Umwandlung, Beförderung und Verteilung erforderlichen Energie Rechnung getragen wird;

44.

„erhebliche Modernisierung“ eine Modernisierung, deren Kosten mehr als 50 % der Investitionskosten für eine neue vergleichbare Anlage betragen;

45.

„Aggregator“ ein Lastmanagement-Dienstleister, der verschiedene kurzfristige Verbraucherlasten zwecks Verkauf oder Auktion in organisierten Energiemärkten bündelt.

Artikel 3

Energieeffizienzziele

(1)   Jeder Mitgliedstaat legt ein indikatives nationales Energieeffizienzziel fest, das sich entweder auf den Primärenergie- oder den Endenergieverbrauch oder auf die Primärenergie- oder Endenergieeinsparungen oder auf die Energieintensität bezieht. Die Mitgliedstaaten übermitteln diese Ziele an die Kommission gemäß Artikel 24 Absatz 1 und Anhang XIV Teil 1. Dabei drücken sie diese Ziele auch als absoluten Wert des Primärenergieverbrauchs und des Endenergieverbrauchs im Jahr 2020 aus und erläutern, wie und auf Grundlage welcher Daten dieser Wert berechnet wurde.

Bei der Festlegung dieser Ziele berücksichtigen die Mitgliedstaaten Folgendes:

a)

der Energieverbrauch der Union im Jahr 2020 darf nicht mehr als 1 474 Mio. t RÖE Primärenergie oder nicht mehr als 1 078 Mio. t RÖE Endenergie betragen,

b)

die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen,

c)

die Maßnahmen zur Erreichung der gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2006/32/EG verabschiedeten nationalen Energieeinsparziele und

d)

sonstige Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz in den Mitgliedstaaten und auf Unionsebene.

Bei der Festlegung dieser Ziele können die Mitgliedstaaten auch die sich auf den Primärenergieverbrauch auswirkenden nationalen Gegebenheiten berücksichtigen — wie beispielsweise:

a)

das verbleibende Potenzial für kostenwirksame Energieeinsparungen,

b)

die Entwicklung und Prognosen des BIP,

c)

Veränderungen der Energieeinfuhren und -ausfuhren,

d)

die Weiterentwicklung aller Quellen für erneuerbare Energien, Kernenergie sowie CO2-Abscheidung und -Speicherung und

e)

frühzeitig getroffene Maßnahmen.

(2)   Die Kommission bewertet bis zum 30. Juni 2014 die erzielten Fortschritte und beurteilt, ob die Union die Vorgabe eines Energieverbrauchs von nicht mehr als 1 474 Mio. t RÖE an Primärenergie und/oder nicht mehr als 1 078 Mio. t RÖE an Endenergie im Jahr 2020 voraussichtlich erreichen wird.

(3)   Bei der Überprüfung nach Absatz 2 verfährt die Kommission wie folgt:

a)

Sie addiert die von den Mitgliedstaaten gemeldeten indikativen nationalen Energieeffizienzziele.

b)

Sie beurteilt, ob die Summe dieser Ziele als zuverlässiger Anhaltspunkt dafür angesehen werden kann, ob die Union insgesamt auf dem richtigen Weg ist, wobei sie die Auswertung des ersten Jahresberichts nach Artikel 24 Absatz 1 und die Auswertung der Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne nach Artikel 24 Absatz 2 berücksichtigt.

c)

Sie trägt der ergänzenden Analyse Rechnung, die sich ergibt aus

i)

einer Bewertung der Fortschritte beim Energieverbrauch und beim Energieverbrauch im Verhältnis zur Wirtschaftstätigkeit auf Unionsebene, einschließlich der Fortschritte bei der Effizienz der Energieversorgung in Mitgliedstaaten, deren nationale indikative Ziele auf dem Endenergieverbrauch oder Endenergieeinsparungen beruhen, einschließlich der Fortschritte dieser Mitgliedstaaten bei der Einhaltung des Kapitels III dieser Richtlinie;

ii)

den Ergebnissen von Modellrechnungen in Bezug auf zukünftige Entwicklungen beim Energieverbrauch auf Unionsebene.

d)

Sie vergleicht die Ergebnisse nach Buchstaben a bis c mit den Energieverbrauchswerten, die erforderlich wären, um einen Energieverbrauch von nicht mehr als 1 474 Mio. t RÖE an Primärenergie und/oder nicht mehr als 1 078 Mio. t RÖE an Endenergie im Jahr 2020 zu erreichen.

KAPITEL II

EFFIZIENZ BEI DER ENERGIENUTZUNG

Artikel 4

Gebäuderenovierung

Die Mitgliedstaaten legen eine langfristige Strategie zur Mobilisierung von Investitionen in die Renovierung des nationalen Bestands an sowohl öffentlichen als auch privaten Wohn- und Geschäftsgebäuden fest. Diese Strategie umfasst Folgendes:

a)

einen Überblick über den nationalen Gebäudebestand, sofern angemessen, auf der Grundlage statistischer Stichproben,

b)

die Ermittlung kostenwirksamer Renovierungskonzepte, je nach Gebäudetyp und Klimazone,

c)

Strategien und Maßnahmen, um kostenwirksame umfassende Renovierungen von Gebäuden anzuregen, einschließlich umfassender Renovierungen in mehreren Stufen,

d)

eine zukunftsgerichtete Perspektive, um Investitionsentscheidungen von Einzelpersonen, Bauwirtschaft und Finanzinstituten zu lenken,

e)

eine nachweisgestützte Schätzung der zu erwartenden Energieeinsparungen und weiter reichender Vorteile.

Eine erste Fassung der Strategie wird bis 30. April 2014 veröffentlicht und anschließend alle drei Jahre aktualisiert und der Kommission als Teil der Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne vorgelegt.

Artikel 5

Vorbildcharakter der Gebäude öffentlicher Einrichtungen

(1)   Unbeschadet des Artikels 7 der Richtlinie 2010/31/EU sorgt jeder Mitgliedstaat dafür, dass ab dem 1. Januar 2014 jährlich 3 % der Gesamtfläche beheizter und/oder gekühlter Gebäude, die sich im Eigentum seiner Zentralregierung befinden und von ihr genutzt werden, mindestens nach den Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz renoviert werden, die er in Anwendung von Artikel 4 der Richtlinie 2010/31/EU festgelegt hat.

Die 3%-Quote wird berechnet nach der Gesamtfläche von Gebäuden, die sich in dem betreffenden Mitgliedstaat im Eigentum der Zentralregierung befinden und von ihr genutzt werden, wenn deren Gesamtnutzfläche mehr als 500 m2 beträgt, und die am 1. Januar eines jeden Jahres die gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2010/31/EU festgelegten nationalen Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz nicht erfüllen. Diese Schwellenwerte werden ab dem 9. Juli 2015 auf 250 m2 gesenkt.

Verlangt ein Mitgliedstaat, dass die Pflicht, jedes Jahr 3 % der Gesamtfläche zu renovieren, auch für Flächen von solchen Gebäuden gilt, die sich im Eigentum von Verwaltungseinheiten auf einer Ebene unterhalb der Zentralregierung befinden und von ihnen genutzt werden, so wird die 3%-Quote berechnet nach der Gesamtfläche von Gebäuden, die sich in dem betreffenden Mitgliedstaat im Eigentum der Zentralregierung und dieser nachgeordneten Verwaltungseinheiten befinden und von ihr bzw. ihnen genutzt werden, wenn deren Gesamtnutzfläche mehr als 500 m2 bzw. ab dem 9. Juli 2015 mehr als 250 m2 beträgt, und die am 1. Januar eines jeden Jahres die gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2010/31/EU festgelegten nationalen Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz nicht erfüllen.

Bei der Durchführung von Maßnahmen zur umfangreichen Renovierung von Gebäuden der Zentralregierung gemäß Unterabsatz 1 können die Mitgliedstaaten entscheiden, das Gebäude als Ganzes zu betrachten, einschließlich der Gebäudehülle, der gebäudetechnischen Ausrüstung, des Betriebs und der Instandhaltung.

Die Mitgliedstaaten verlangen, dass die Gebäude der Zentralregierung mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz bei der Durchführung von Energieeffizienzmaßnahmen Vorrang erhalten, sofern dies kostenwirksam durchführbar und technisch machbar ist.

(2)   Die Mitgliedstaaten können beschließen, die in Absatz 1 genannten Anforderungen bei den folgenden Gebäudekategorien nicht festzulegen oder anzuwenden:

a)

Gebäude, die als Teil eines ausgewiesenen Umfelds oder aufgrund ihres besonderen architektonischen oder historischen Werts offiziell geschützt sind, soweit die Einhaltung bestimmter Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz eine unannehmbare Veränderung ihrer Eigenart oder ihrer äußeren Erscheinung bedeuten würde;

b)

Gebäude, die sich im Eigentum der Streitkräfte oder der Zentralregierung befinden und Zwecken der nationalen Verteidigung dienen außer Einzelunterkünften oder Bürogebäuden der Streitkräfte und anderer Bediensteter der nationalen Verteidigungsbehörden;

c)

Gebäude, die für Gottesdienst und religiöse Zwecke genutzt werden.

(3)   Renoviert ein Mitgliedstaat in einem bestimmten Jahr mehr als 3 % der Gesamtnutzfläche von Gebäuden der Zentralregierung, kann er den erzielten Überschuss auf die jährliche Renovierungsquote der drei vorangegangenen oder darauffolgenden Jahre anrechnen.

(4)   Die Mitgliedstaaten können auf die jährliche Renovierungsquote der Gebäude der Zentralregierung neue Gebäude anrechnen, die in ihr Eigentum übergegangen sind und von ihr genutzt werden und die als Ersatz für bestimmte, in einem der zwei vorangegangenen Jahre abgerissene Gebäude der Zentralregierung dienen; dies gilt auch für Gebäude, die aufgrund einer intensiveren Nutzung anderer Gebäude in einem der zwei vorangegangenen Jahre verkauft, abgerisssen oder außer Dienst gestellt wurden.

(5)   Für die Zwecke des Absatzes 1 erstellen die Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2013 ein Inventar der beheizten und/oder gekühlten Gebäude, die sich im Eigentum der Zentralregierung befinden und eine Gesamtnutzfläche von mehr als 500 m2 bzw. ab 9. Juli 2015 von mehr als 250 m2 aufweisen, wobei die nach Absatz 2 freigestellten Gebäude ausgenommen sind, und machen dieses öffentlich zugänglich. In dem Inventar ist Folgendes anzugeben:

a)

die Gesamtnutzfläche in m2 und

b)

die Gesamtenergieeffizienz jedes Gebäudes oder relevante Energiedaten.

(6)   Unbeschadet des Artikels 7 der Richtlinie 2010/31/EU können die Mitgliedstaaten alternativ zu den Absätzen 1 bis 5 dieses Artikels vorgehen, indem sie andere kostenwirksame Maßnahmen einschließlich umfassender Renovierungen und Maßnahmen zur Änderung des Verhaltens der Gebäudenutzer ergreifen, um bis 2020 Energieeinsparungen zu erreichen, die mindestens dem nach Absatz 1 vorgeschriebenen Umfang der in Frage kommenden Gebäude, die sich im Eigentum der Zentralregierung befinden und von ihr genutzt werden, entsprechen; die Maßnahmen werden jährlich gemeldet.

Für die Zwecke der alternativen Vorgehensweise können die Mitgliedstaaten die Energieeinsparungen, die aufgrund der Absätze 1 bis 4 erreicht würden, anhand geeigneter Standardwerte für den Energieverbrauch von Referenzgebäuden der Zentralregierung vor und nach der Renovierung und entsprechend der geschätzten Gesamtnutzfläche ihres Gebäudebestands schätzen. Die Kategorien der Referenzgebäude der Zentralregierung müssen repräsentativ für diesen Gebäudebestand sein.

Die Mitgliedstaaten, die sich für die alternative Vorgehensweise entscheiden, teilen der Kommission bis zum 31. Dezember 2013 die alternativen Maßnahmen mit, die sie zu treffen beabsichtigen, und legen dar, wie sie eine gleichwertige Verbesserung der Energieeffizienz der Gebäude, die sich im Eigentum der Zentralregierung befinden, erreichen würden.

(7)   Die Mitgliedstaaten ermutigen die öffentlichen Einrichtungen, auch auf regionaler und lokaler Ebene, und die öffentlich-rechtlichen Sozialwohnungsträger, unter gebührender Berücksichtigung ihrer jeweiligen Befugnisse und Verwaltungsstruktur dazu,

a)

einen Energieeffizienzplan mit speziellen Energieeinspar- und Energieeffizienzzielen und -maßnahmen einzeln oder als Teil eines umfassenderen Klimaschutz- oder Umweltplans zu verabschieden, um so dem Vorbildcharakter der Gebäude der Zentralregierung nach den Absätzen 1, 5 und 6 Rechnung zu tragen;

b)

ein Energiemanagementsystem einschließlich Energieaudits als Bestandteil der Umsetzung ihres Plans einzuführen;

c)

gegebenenfalls auf Energiedienstleistungsunternehmen und Energieleistungsverträge zurückzugreifen, um Renovierungen zu finanzieren und Pläne zur langfristigen Aufrechterhaltung oder Verbesserung der Energieeffizienz durchzuführen.

Artikel 6

Beschaffung durch öffentliche Einrichtungen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Zentralregierungen nur Produkte, Dienstleistungen und Gebäude mit hoher Energieeffizienz beschaffen, soweit dies gemäß Anhang III mit den Aspekten Kostenwirksamkeit, wirtschaftliche Tragfähigkeit, Nachhaltigkeit im weiteren Sinne und technische Eignung sowie ausreichender Wettbewerb zu vereinbaren ist.

Die Verpflichtung gemäß Unterabsatz 1 gilt für Verträge über die Beschaffung von Produkten, Dienstleistungen und Gebäuden durch öffentliche Einrichtungen insoweit, als der Auftragswert mindestens so hoch ist wie die in Artikel 7 der Richtlinie 2004/18/EG aufgeführten Schwellenwerte.

(2)   Die Verpflichtung gemäß Absatz 1 gilt für die Verträge der Streitkräfte nur insoweit, wie ihre Anwendung nicht im Gegensatz zu der Art und dem Hauptziel der Tätigkeiten der Streitkräfte steht. Die Verpflichtung gilt nicht für Verträge über die Lieferung von Militärausrüstung im Sinne der Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit (24).

(3)   Die Mitgliedstaaten ermuntern die öffentlichen Einrichtungen, auch auf regionaler und lokaler Ebene, unter gebührender Berücksichtigung ihrer jeweiligen Befugnisse und Verwaltungsstruktur dazu, dem Vorbild der Zentralregierungen zu folgen und nur Produkte, Dienstleistungen und Gebäude mit hoher Energieeffizienz zu beschaffen. Die Mitgliedstaaten ermuntern die öffentlichen Einrichtungen, bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen, die in erheblichem Maße energieverbrauchsrelevant sind, die Möglichkeit zu prüfen, langfristige Energieleistungsverträge zu schließen, die langfristige Energieeinsparungen erbringen.

(4)   Unbeschadet des Absatzes 1 können die Mitgliedstaaten bei der Beschaffung eines Produktpakets, das als Ganzes von einem im Rahmen der Richtlinie 2010/30/EU erlassenen delegierten Rechtsakt erfasst wird, verlangen, dass die Gesamtenergieeffizienz in der Weise stärker gewichtet wird als die Energieeffizienz der einzelnen Produkte des Pakets, dass das Produktpaket beschafft wird, das das Kriterium der Zugehörigkeit zur höchsten Energieeffizienzklasse erfüllt.

Artikel 7

Energieeffizienzverpflichtungssysteme

(1)   Jeder Mitgliedstaat führt ein Energieeffizienzverpflichtungssystem ein. Dieses System muss gewährleisten, dass die Energieverteiler und/oder Energieeinzelhandelsunternehmen, die als verpflichtete Parteien gemäß Absatz 4 benannt wurden und im Hoheitsgebiet jedes Mitgliedstaats tätig sind, unbeschadet des Absatzes 2 bis zum 31. Dezember 2020 ein kumuliertes Endenergieeinsparziel erreichen.

Dieses Ziel muss für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2020 mindestens der Erzielung neuer jährlicher Energieeinsparungen in einer Höhe von 1,5 % des jährlichen Energieabsatzes aller Energieverteiler oder Energieeinzelhandelsunternehmen an Endkunden nach ihrem über den letzten Dreijahreszeitraum vor dem 1. Januar 2013 gemittelten Absatzvolumen entsprechen. Das Absatzvolumen der im Verkehrswesen genutzten Energie kann ganz oder teilweise aus dieser Berechnung herausgenommen werden.

Die Mitgliedstaaten beschließen, wie die berechnete Menge neuer Einsparungen gemäß Unterabsatz 2 über den Zeitraum zu verteilen ist.

(2)   Jeder Mitgliedstaat kann vorbehaltlich Absatz 3

a)

die Berechnung nach Absatz 1 Unterabsatz 2 anhand der Werte von 1 % für die Jahre 2014 und 2015, 1,25 % für die Jahre 2016 und 2017 und 1,5 % für die Jahre 2018, 2019 und 2020 durchführen;

b)

das Absatzvolumen der bei industriellen Tätigkeiten genutzten Energie, die in Anhang I der Richtlinie 2003/87/EG aufgeführt sind, ganz oder teilweise aus der Berechnung herausnehmen;

c)

zulassen, dass Energieeinsparungen, die in den Sektoren Energieumwandlung sowie -verteilung und -übertragung — einschließlich der Infrastruktur für effiziente Fernwärme- und Fernkälteversorgung — aufgrund der Anwendung der Anforderungen nach Artikel 14 Absatz 4 und Artikel 14 Absatz 5 Buchstabe b sowie Artikel 15 Absätze 1 bis 6 und 9 erzielt werden, für die nach Absatz 1 erforderlichen Energieeinsparungen angerechnet werden; und

d)

Energieeinsparungen aufgrund von Einzelmaßnahmen, die nach dem 31. Dezember 2008 neu eingeführt wurden und bis 2020 weiterhin eine mess- und nachprüfbare Wirkung entfalten, für die Energieeinsparungen nach Absatz 1 anrechnen.

(3)   Der Umfang der in Absatz 1 aufgeführten Energieeinsparungen darf durch die Anwendung des Absatzes 2 nicht um mehr als 25 % vermindert werden. Mitgliedstaaten, die Absatz 2 in Anspruch nehmen, teilen diese Tatsache der Kommission bis 5. Juni 2014 unter Angabe der anzuwendenden Faktoren gemäß Absatz 2 mit und fügen auch eine Berechnung bei, aus der die Auswirkungen auf den Umfang der in Absatz 1 aufgeführten Energieeinsparungen hervorgehen.

(4)   Unbeschadet der Berechnung der Energieeinsparungen für das Ziel gemäß Absatz 1 Unterabsatz 2 benennt jeder Mitgliedstaat für die Zwecke des Absatzes 1 Unterabsatz 1 nach objektiven und nichtdiskriminierenden Kriterien verpflichtete Parteien unter den in seinem Hoheitsgebiet tätigen Energieverteilern und/oder Energieeinzelhandelsunternehmen, wobei er in seinem Hoheitsgebiet tätige Verkehrskraftstoffverteiler oder Verkehrskraftstoff-Einzelhandelsunternehmen einbeziehen kann. Die zur Erfüllung der Verpflichtung erforderliche Energieeinsparung muss durch die verpflichteten Parteien unter den gegebenenfalls vom Mitgliedstaat benannten Endkunden unabhängig von der nach Absatz 1 vorgenommenen Berechnung oder, falls die Mitgliedstaaten dies beschließen, durch zertifizierte Einsparungen anderer Parteien gemäß Absatz 7 Buchstabe b erzielt werden.

(5)   Die Mitgliedstaaten geben die von jeder verpflichteten Partei geforderte Energieeinsparung entweder als Endenergieverbrauch oder als Primärenergieverbrauch an. Die für die Angabe der geforderten Energieeinsparung gewählte Methode wird auch für die Berechnung der von den verpflichteten Parteien geltend gemachten Einsparungen verwendet. Es gelten die Umrechnungsfaktoren nach Anhang IV.

(6)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Einsparungen auf der Grundlage der Absätze 1, 2 und 9 dieses Artikels sowie des Artikels 20 Absatz 6 gemäß Anhang V Nummern 1 und 2 berechnet werden. Sie führen Mess-, Kontroll- und Prüfsysteme ein, in deren Rahmen zumindest ein statistisch signifikanter Prozentsatz der von den verpflichteten Parteien ergriffenen Energieeffizienzmaßnahmen, der eine repräsentative Stichprobe darstellt überprüft wird. Diese Messung, Kontrolle und Überprüfung erfolgt unabhängig von den verpflichteten Parteien.

(7)   Innerhalb des Energieeffizienzverpflichtungssystems können die Mitgliedstaaten

a)

in die von ihnen auferlegten Einsparverpflichtungen Anforderungen mit sozialer Zielsetzung aufnehmen, wozu auch die Vorgabe gehören kann, dass ein Teil der Energieeffizienzmaßnahmen vorrangig in von Energiearmut betroffenen Haushalten oder in Sozialwohnungen umzusetzen ist;

b)

den verpflichteten Parteien gestatten, zertifizierte Energieeinsparungen, die von Energiedienstleistern oder sonstigen Dritten erzielt werden, auf ihre Verpflichtung anzurechnen; was auch dann gilt, wenn die verpflichteten Parteien Maßnahmen über andere staatlich zugelassene Einrichtungen oder über Behörden fördern, die gegebenenfalls auch förmliche Partnerschaften umfassen können und in Verbindung mit anderen Finanzierungsquellen stehen können. Sofern die Mitgliedstaaten es gestatten, stellen sie sicher, dass ein Genehmigungsverfahren besteht, das klar und transparent ist, allen Marktakteuren offen steht und darauf abzielt, die Zertifizierungskosten möglichst gering zu halten;

c)

den verpflichteten Parteien gestatten, in einem bestimmten Jahr erzielte Einsparungen so anzurechnen, als ob sie stattdessen in einem der vier vorangegangenen oder drei darauffolgenden Jahre erreicht worden wären.

(8)   Die Mitgliedstaaten veröffentlichen einmal jährlich die von jeder verpflichteten Partei oder jeder Unterkategorie von verpflichteten Parteien insgesamt erzielten Energieeinsparungen im Rahmen des Systems.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die verpflichteten Parteien auf Anfrage folgende Angaben bereitstellen:

a)

aggregierte statistische Informationen über ihre Endkunden (mit Angabe erheblicher Änderungen gegenüber den zuvor übermittelten Informationen) und

b)

aktuelle Informationen zu Endkundenverbrauch und gegebenenfalls Lastprofilen, Kundensegmentierung und Kundenstandorten, wobei die Integrität und Vertraulichkeit von Angaben privaten Charakters bzw. von schützenswerten Geschäftsinformationen unter Beachtung des geltenden Unionsrechts zu wahren ist.

Eine solche Anfrage erfolgt höchstens einmal jährlich.

(9)   Als Alternative zur Einführung eines Energieeffizienzverpflichtungssystems nach Absatz 1 können die Mitgliedstaaten sich dafür entscheiden, andere strategische Maßnahmen zu ergreifen, um Energieeinsparungen bei Endkunden zu bewirken, sofern diese strategischen Maßnahmen die Kriterien nach den Absätzen 10 und 11 erfüllen. Die durch diese Vorgehensweise erzielte neue Energieeinsparung muss gleichwertig zu der in den Absätzen 1, 2 und 3 geforderten neuen Energieeinsparung sein. Sofern die Gleichwertigkeit gewahrt wird, können die Mitgliedstaaten Verpflichtungssysteme mit alternativen strategischen Maßnahmen einschließlich der nationalen Energieeffizienzprogramme kombinieren.

Die strategischen Maßnahmen nach Unterabsatz 1 können unter anderem folgende strategische Maßnahmen oder Kombinationen daraus einschließen:

a)

Energie- oder CO2-Steuern, die eine Verringerung des Endenergieverbrauchs bewirken;

b)

Finanzierungssysteme und -instrumente oder steuerliche Anreize, die zur Nutzung energieeffizienter Technologien oder Techniken führen und eine Verringerung des Endenergieverbrauchs bewirken;

c)

Regelungen oder freiwillige Vereinbarungen, die zur Nutzung energieeffizienter Technologien oder Techniken führen und eine Verringerung des Endenergieverbrauchs bewirken;

d)

Standards und Normen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Produkten und Dienstleistungen, auch von Gebäuden und Fahrzeugen, soweit sie nicht verbindlich vorgeschrieben sind und nach Unionsrecht in den Mitgliedstaaten gelten;

e)

Energiekennzeichnungssysteme mit Ausnahme derjenigen, die verbindlich vorgeschrieben sind und nach Unionsrecht in den Mitgliedstaaten gelten;

f)

berufliche und allgemeine Bildung einschließlich Energieberatungsprogrammen, die zur Nutzung energieeffizienter Technologien oder Techniken führen und eine Verringerung des Endenergieverbrauchs bewirken.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission bis zum 5. Dezember 2013 die strategischen Maßnahmen mit, die sie für die Zwecke des Unterabsatzes 1 und des Artikels 20 Absatz 6 zu ergreifen beabsichtigen und halten sich dabei an den in Anhang V Nummer 4 vorgesehenen Rahmen sowie legen dar, wie sie die erforderlichen Einsparungen erzielen möchten. Bei strategischen Maßnahmen nach Unterabsatz 2 und Artikel 20 Absatz 6 wird in dieser Mitteilung nachgewiesen, wie die Kriterien des Absatzes 10 eingehalten werden. Bei anderen strategischen Maßnahmen als den in Unterabsatz 2 oder in Artikel 20 Absatz 6 aufgeführten erläutern die Mitgliedstaaten, wie ein gleichwertiges Maß an Einsparungen, Überwachung und Verifizierung gewährleistet wird. Die Kommission kann innerhalb von drei Monaten nach der Mitteilung Änderungen vorschlagen.

(10)   Unbeschadet des Absatzes 11 werden für die strategischen Maßnahmen nach Absatz 9 Unterabsatz 2 und Artikel 20 Absatz 6 folgende Kriterien zugrunde gelegt:

a)

Die strategischen Maßnahmen sehen mindestens zwei Zwischenzeiträume bis 31. Dezember 2020 vor und führen zur Verwirklichung des in Absatz 1 vorgesehenen Zielanspruchs.

b)

Die Verantwortung jeder beauftragten Partei, teilnehmenden Partei bzw. durchführenden Behörde wird bestimmt.

c)

Die zu erzielenden Energieeinsparungen werden auf transparente Art und Weise festgelegt.

d)

Der Umfang der Energieeinsparungen, der mit der strategischen Maßnahme vorgeschrieben wird oder erzielt werden soll, wird unter Verwendung der Umrechnungsfaktoren gemäß Anhang IV entweder als Primärenergie- oder Endenergieverbrauch ausgedrückt.

e)

Energieeinsparungen werden auf der Grundlage der in Anhang V Nummern 1 und 2 vorgesehenen Methoden und Grundsätze berechnet.

f)

Energieeinsparungen werden auf der Grundlage der in Anhang V Nummer 3 vorgesehenen Methoden und Grundsätze berechnet.

g)

Von den teilnehmenden Parteien wird ein Jahresbericht über die Energieeinsparungen vorgelegt, sofern dies nicht undurchführbar ist, und öffentlich zugänglich gemacht.

h)

Es wird für die Überwachung der Ergebnisse gesorgt, und falls keine zufriedenstellenden Fortschritte erzielt werden, werden geeignete Maßnahmen in Betracht gezogen.

i)

Es wird ein Kontrollsystem eingerichtet, das auch eine unabhängige Verifizierung eines statistisch signifikanten Anteils der Energieeffizienzverbesserungsmaßnahmen einschließt.

j)

Es werden jährlich Angaben zum Jahrestrend bei den Energieeinsparungen veröffentlicht.

(11)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in Absatz 9 Unterabsatz 2 Buchstabe a genannten Steuern den in Absatz 10 Buchstaben a, b, c, d, f, h und j aufgelisteten Kriterien genügen.

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in Absatz 9 Unterabsatz 2 Buchstabe c genannten Regelungen und freiwilligen Vereinbarungen den in Absatz 10 Buchstaben a, b, c, d, e, g, h, i und j aufgelisteten Kriterien genügen.

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in Absatz 9 Unterabsatz 2 genannten anderen strategischen Maßnahmen und der in Artikel 20 Absatz 6 genannte Nationale Energieeffizienzfonds den in Absatz 10 Buchstaben a, b, c, d, e, h, i und j aufgelisteten Kriterien genügen.

(12)   Für den Fall, dass sich strategische Maßnahmen oder Einzelmaßnahmen in ihrer Wirkung überschneiden, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Energieeinsparungen nicht doppelt angerechnet werden.

Artikel 8

Energieaudits und Energiemanagementsysteme

(1)   Die Mitgliedstaaten fördern die Verfügbarkeit von hochwertigen Energieaudits für alle Endkunden, die kostenwirksam sind und

a)

in unabhängiger Weise von qualifizierten und/oder akkreditierten Experten nach Qualifikationskriterien durchgeführt werden oder

b)

durchgeführt und nach innerstaatlichem Recht von unabhängigen Behörden überwacht werden.

Die Energieaudits nach Unterabsatz 1 können von hausinternen Experten oder Energieauditoren durchgeführt werden, sofern der betreffende Mitgliedstaat ein Qualitätssicherungs- und -überprüfungssystem eingerichtet hat, zu dem — soweit angemessen — auch gehört, dass jährlich nach dem Zufallsprinzip mindestens ein statistisch signifikanter Prozentsatz aller von ihnen durchgeführten Energieaudits ausgewählt wird.

Um die hohe Qualität der Energieaudits und Energiemanagementsysteme zu gewährleisten, stellen die Mitgliedstaaten auf der Grundlage des Anhangs VI transparente und nichtdiskriminierende Mindestkriterien für Energieaudits auf.

Energieaudits enthalten keine Klauseln, die verhindern, dass die Ergebnisse der Audits an qualifizierte/akkreditierte Energiedienstleister weitergegeben werden, sofern der Verbraucher keine Einwände erhebt.

(2)   Die Mitgliedstaaten entwickeln Programme, die KMU dazu ermutigen, sich Energieaudits zu unterziehen und anschließend die Empfehlungen dieser Audits umzusetzen.

Die Mitgliedstaaten können auf der Grundlage transparenter und nichtdiskriminierender Kriterien und unbeschadet des Beihilferechts der Union Förderregelungen für KMU einführen, um die Kosten eines Energieaudits und der Umsetzung sehr kostenwirksamer Empfehlungen der Energieaudits — soweit die vorgeschlagenen Maßnahmen durchgeführt werden — zu decken; dies gilt auch für KMU, die freiwillige Vereinbarungen geschlossen haben.

Die Mitgliedstaaten weisen KMU auch über ihre jeweiligen Verbände auf konkrete Beispiele dafür hin, wie ihre Unternehmen von Energiemanagementsystemen profitieren könnten. Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten bei der Förderung des Austauschs bewährter Verfahren in diesem Bereich.

(3)   Die Mitgliedstaaten entwickeln ferner Programme, um Haushalte durch geeignete Beratungsleistungen für den Nutzen dieser Audits zu sensibilisieren.

Die Mitgliedstaaten fördern Ausbildungsprogramme zur Qualifizierung von Energieauditoren, um dafür zu sorgen, dass Experten in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Unternehmen, die kein KMU sind, Gegenstand eines Energieaudits sind, das bis zum 5. Dezember 2015 und mindestens alle vier Jahre nach dem vorangegangenen Energieaudit in unabhängiger und kostenwirksamer Weise von qualifizierten und/oder akkreditierten Experten durchgeführt oder nach innerstaatlichem Recht von unabhängigen Behörden durchgeführt und überwacht wird.

(5)   Bei Energieaudits ist davon auszugehen, dass sie die Anforderungen des Absatzes 4 erfüllen, wenn sie auf unabhängige Weise vorgenommen werden und anhand von Mindestkriterien auf der Grundlage von Mindestkriterien nach Anhang VI im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen zwischen Organisationen von Betroffenen und einer von dem jeweiligen Mitgliedstaat benannten Stelle durchgeführt werden, die der Aufsicht des betreffenden Mitgliedstaats, anderer von den zuständigen Behörden hiermit beauftragter Einrichtungen oder der Kommission unterliegen.

Der Zugang von Marktteilnehmern, die Energiedienstleistungen anbieten, erfolgt auf der Grundlage transparenter und nichtdiskriminierender Kriterien.

(6)   Unternehmen, die keine KMU sind und die ein von einer unabhängigen Einrichtung nach den einschlägigen europäischen oder internationalen Normen zertifiziertes Energiemanagementsystem oder Umweltmanagementsystem einrichten, sind von den Anforderungen des Absatzes 4 freigestellt, sofern die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass das betreffende Managementsystem ein Energieaudit anhand von Mindestkriterien auf der Grundlage des Anhangs VI umfasst.

(7)   Energieaudits können eigenständig oder Teil eines umfassenderen Umweltaudits sein. Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass eine Bewertung der technischen Durchführbarkeit und der wirtschaftlichen Machbarkeit des Anschlusses an ein bestehendes oder geplantes Fernwärme- oder Fernkältenetz Teil des Energieaudits sein muss.

Unbeschadet des Beihilferechts der Union können die Mitgliedstaaten Anreizsysteme und Förderregelungen für die Durchführung der Empfehlungen aus Energieaudits und ähnlichen Maßnahmen einführen.

Artikel 9

Verbrauchserfassung

(1)   Soweit es technisch machbar, finanziell vertretbar und im Vergleich zu den potenziellen Energieeinsparungen verhältnismäßig ist, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Endkunden in den Bereichen Strom, Erdgas, Fernwärme, Fernkälte und Warmbrauchwasser individuelle Zähler zu wettbewerbsfähigen Preisen erhalten, die den tatsächlichen Energieverbrauch des Endkunden genau widerspiegeln und Informationen über die tatsächliche Nutzungszeit bereitstellen.

Ein solcher individueller Zähler zu einem wettbewerbsfähigen Preis ist stets bereitzustellen, wenn:

a)

ein bestehender Zähler ersetzt wird, außer in Fällen, in denen dies technisch nicht machbar oder im Vergleich zu den langfristig geschätzten potenziellen Einsparungen nicht kostenwirksam ist;

b)

neue Gebäude mit neuen Anschlüssen ausgestattet oder Gebäude größeren Renovierungen im Sinne der Richtlinie 2010/31/EU unterzogen werden.

(2)   Wenn und soweit Mitgliedstaaten intelligente Verbrauchserfassungssysteme und intelligente Zähler für den Erdgas- und/oder Stromverbrauch im Einklang mit den Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG einführen, gilt Folgendes:

a)

Sie stellen sicher, dass die Verbrauchserfassungssysteme dem Endkunden Informationen über seine tatsächlichen Nutzungszeiten vermitteln und dass die Ziele der Energieeffizienz und der Vorteile für den Endkunden bei der Festlegung der Mindestfunktionen der Zähler und der den Marktteilnehmern auferlegten Verpflichtungen vollständig berücksichtigt werden.

b)

Sie gewährleisten die Sicherheit der intelligenten Zähler und der Datenkommunikation sowie die Wahrung der Privatsphäre der Endkunden im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften der Union über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre.

c)

Bei Elektrizität verlangen sie von den Messstellenbetreibern, auf Wunsch des Endkunden zu gewährleisten, dass der oder die Zähler den Strom erfassen können, der vom Grundstück des Endkunden ins Netz eingespeist wird.

d)

Sie gewährleisten, dass, falls die Endkunden dies wünschen, ihnen oder einem im Auftrag des Endkunden handelnden Dritten Messdaten über ihre Stromeinspeisung und Stromentnahme in einem leicht verständlichen Format zur Verfügung gestellt werden, das es ermöglicht, Angebote unter gleichen Voraussetzungen zu vergleichen.

e)

Sie verlangen, dass die Kunden zum Zeitpunkt des Einbaus intelligenter Zähler angemessen beraten und informiert werden, insbesondere über das volle Potenzial dieser Zähler im Hinblick auf die Handhabung der Zählerablesung und die Überwachung des Energieverbrauchs.

(3)   Wird ein Gebäude über ein Fernwärmenetz oder werden mehrere Gebäude aus einer zentralen Anlage mit Wärme, Kälte oder Warmwasser versorgt, ist ein Wärme- oder Warmwasserzähler am Wärmetauscher oder an der Übergabestelle zu installieren.

In Gebäuden mit mehreren Wohnungen und in Mehrzweckgebäuden, die über eine zentrale Anlage zur Wärme-/Kälteerzeugung verfügen oder über ein Fernwärmenetz oder von einer mehrere Gebäude versorgenden zentralen Anlage versorgt werden, sind bis 31. Dezember 2016 — soweit technisch machbar und kosteneffizient durchführbar — auch individuelle Verbrauchszähler zu installieren, um den Wärme-, Kälte- oder Warmwasserverbrauch der einzelnen Einheiten zu messen. Wo der Einsatz individueller Zähler zur Messung der verbrauchten Wärme technisch nicht machbar oder nicht kosteneffizient durchführbar ist, werden individuelle Heizkostenverteiler zur Messung des Wärmeenergieverbrauchs der einzelnen Heizkörper verwendet, es sei denn, der betreffende Mitgliedstaat weist nach, dass die Installation derartiger Heizkostenverteiler nicht kosteneffizient durchführbar wäre. In diesen Fällen können alternative kosteneffiziente Methoden zur Messung des Wärmeenergieverbrauchs in Betracht gezogen werden.

Werden Gebäude mit mehreren Wohnungen über ein Fernwärme- oder Fernkältenetz versorgt oder sind eigene gemeinsame Wärme- oder Kälteerzeugungsanlagen für diese Gebäude vorhanden, so können die Mitgliedstaaten transparente Regeln für die Verteilung der Kosten des thermischen Verbrauchs oder des Warmwasserverbrauchs in diesen Gebäuden einführen, um die Transparenz und die Genauigkeit der Abrechnung des individuellen Verbrauchs zu gewährleisten. Solche Regeln enthalten gegebenenfalls Leitlinien für die Art und Weise der Zurechnung der Kosten für den Wärme- und/oder Warmwasserverbrauch in folgenden Fällen:

a)

Warmwasser für den Haushaltsbedarf;

b)

von den Verteilungseinrichtungen des Gebäudes abgestrahlte Wärme und für die Beheizung von Gemeinschaftsflächen verwendete Wärme (sofern Treppenhäuser und Flure mit Heizkörpern ausgestattet sind);

c)

zum Zwecke der Beheizung von Wohnungen.

Artikel 10

Abrechnungsinformationen

(1)   Verfügen die Endkunden nicht über intelligente Zähler gemäß den Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG, so gewährleisten die Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2014, dass die Abrechnungsinformationen im Einklang mit Anhang VII Abschnitt 1.1 für alle Sektoren, die unter die vorliegende Richtlinie fallen, einschließlich Energieverteiler, Verteilernetzbetreiber und Energieeinzelhandelsunternehmen, genau sind und auf dem tatsächlichen Verbrauch beruhen, sofern dies technisch möglich und wirtschaftlich gerechtfertigt ist.

Diese Verpflichtung kann durch ein System der regelmäßigen Selbstablesung seitens der Endkunden erfüllt werden, bei dem die Endkunden die an ihrem Zähler abgelesenen Werte dem Energieversorger mitteilen. Nur wenn der Endkunde für einen bestimmten Abrechnungszeitraum keine Zählerablesewerte mitgeteilt hat, erfolgt die Abrechnung auf der Grundlage einer Verbrauchsschätzung oder eines Pauschaltarifs.

(2)   Die nach den Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG installierten Zähler müssen genaue Abrechnungsinformationen auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs ermöglichen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Endkunden die Möglichkeit eines leichten Zugangs zu ergänzenden Informationen haben, mit denen sie den historischen Verbrauch detailliert selbst kontrollieren können.

Die ergänzenden Informationen über den historischen Verbrauch enthalten:

a)

kumulierte Daten für mindestens die drei vorangegangenen Jahre oder für den Zeitraum seit Beginn des Versorgungsvertrags, falls dieser kürzer ist. Die Daten müssen den Intervallen entsprechen, für die Zwischenabrechnungsinformationen erstellt wurden; und

b)

ausführliche tages-, wochen-, monats- und jahresbezogene Daten zu den Nutzungszeiten. Diese Daten werden dem Endkunden über das Internet oder die Zählerschnittstelle für mindestens die letzten 24 Monate oder für den Zeitraum seit Beginn des Versorgungsvertrags, falls dieser kürzer ist, zugänglich gemacht.

(3)   Unabhängig davon, ob intelligente Zähler eingebaut wurden oder nicht, gilt für die Mitgliedstaaten Folgendes:

a)

Sie schreiben vor, dass auf Wunsch des Endkunden Informationen über die Energieabrechnungen und den historischen Verbrauch — soweit verfügbar — einem vom Endkunden benannten Energiedienstleister zur Verfügung gestellt werden.

b)

Sie stellen sicher, dass Endkunden die Möglichkeit eröffnet wird, Abrechnungsinformationen und Abrechnungen in elektronischer Form zu erhalten und dass sie auf Anfrage eine klare und verständliche Erläuterung erhalten, wie ihre Abrechnung zustande gekommen ist, insbesondere dann, wenn nicht auf den tatsächlichen Verbrauch bezogen abgerechnet wird.

c)

Sie stellen sicher, dass mit der Abrechnung geeignete Angaben zur Verfügung gestellt werden, damit die Endkunden eine umfassende Darstellung der aktuellen Energiekosten gemäß Anhang VII erhalten.

d)

Sie können vorschreiben, dass auf Wunsch des Endkunden die in den betreffenden Abrechnungen enthaltenen Informationen nicht als Zahlungsaufforderungen anzusehen sind. In diesen Fällen sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die Energieversorger flexible Regelungen für die tatsächlich zu leistenden Zahlungen anbieten.

e)

Sie verlangen, dass den Verbrauchern auf Anfrage Informationen und Schätzungen in Bezug auf Energiekosten rechtzeitig und in einem leicht verständlichen Format zur Verfügung gestellt werden, das es den Verbrauchern ermöglicht, Angebote unter gleichen Voraussetzungen zu vergleichen.

Artikel 11

Kosten für den Zugang zu Verbrauchserfassungs- und Abrechnungsinformationen

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Endkunden alle ihre Energieverbrauchsabrechnungen und diesbezüglichen Abrechnungsinformationen kostenfrei erhalten und dass ihnen ferner in geeigneter Weise kostenfreier Zugang zu ihren Verbrauchsdaten gewährt wird.

(2)   Ungeachtet des Absatzes 1 werden im Rahmen der Abrechnungsinformation die tatsächlich angefallenen Aufwendungen für die Aufteilung der Kosten über den individuellen Verbrauch von Wärme und Kälte in Gebäuden mit mehreren Wohnungen oder in Mehrzweckgebäuden gemäß Artikel 9 Absatz 3 umlegbar. Kosten, die durch die Übertragung dieser Aufgabe an einen Dritten — etwa einen Dienstleister oder den örtlichen Energieversorger — entstehen und welche die Messung, die Zurechnung und die Abrechnung des tatsächlichen individuellen Verbrauchs in diesen Gebäuden betreffen, können auf die Endkunden umgelegt werden, soweit diese Kosten der Höhe nach angemessen sind.

Artikel 12

Programm für „informierte und kompetente Verbraucher“

(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um die effiziente Nutzung von Energie durch Kleinabnehmer, auch Privathaushalte, zu fördern und zu erleichtern. Diese Maßnahmen können Teil einer nationalen Strategie sein.

(2)   Für die Zwecke des Absatzes 1 enthalten diese Maßnahmen eine oder mehrere der folgenden in den Buchstaben a oder b aufgeführten Komponenten:

a)

eine Reihe von Instrumenten und Politiken zur Förderung von Verhaltensänderungen, wie beispielsweise:

i)

steuerliche Anreize,

ii)

Zugang zu Finanzierungsquellen, Finanzhilfen oder Subventionen,

iii)

Bereitstellung von Informationen,

iv)

Projekte mit Beispielcharakter,

v)

Aktivitäten am Arbeitsplatz;

b)

Mittel und Wege, um Verbraucher und Verbraucherorganisationen während der möglichen Einführung intelligenter Zähler einzubeziehen, indem ihnen Folgendes mitgeteilt wird:

i)

kostenwirksame und leicht umsetzbare Möglichkeiten zur Änderung des Energienutzungsverhaltens,

ii)

Informationen über Energieeffizienzmaßnahmen.

Artikel 13

Sanktionen

Die Mitgliedstaaten legen Sanktionen für den Fall der Nichteinhaltung der aufgrund der Artikel 7 bis 11 und des Artikels 18 Absatz 3 dieser Richtlinie erlassenen nationalen Vorschriften fest und ergreifen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften bis zum 5. Juni 2014 mit und melden ihr alle späteren Änderungen dieser Bestimmungen unverzüglich.

KAPITEL III

EFFIZIENZ BEI DER ENERGIEVERSORGUNG

Artikel 14

Förderung von Effizienz bei der Wärme- und Kälteversorgung

(1)   Bis zum 31. Dezember 2015 führen die Mitgliedstaaten eine umfassende Bewertung des Potenzials für den Einsatz der hocheffizienten KWK und der effizienten Fernwärme- und Fernkälteversorgung durch und teilen diese mit den in Anhang VIII aufgeführten Informationen der Kommission mit. Wenn sie bereits eine gleichwertige Bewertung durchgeführt haben, teilen sie diese der Kommission mit.

Bei der umfassenden Bewertung wird der Analyse des jeweiligen nationalen Potenzials für hocheffiziente KWK gemäß der Richtlinie 2004/8/EG umfassend Rechnung getragen.

Auf Ersuchen der Kommission wird die Bewertung alle fünf Jahre aktualisiert und der Kommission mitgeteilt. Die Kommission unterbreitet ihr Ersuchen mindestens ein Jahr vor dem Fälligkeitstermin.

(2)   Die Mitgliedstaaten verabschieden Politiken, mit denen darauf hingewirkt werden soll, dass das Potenzial der Verwendung effizienter Wärme- und Kühlsysteme — insbesondere von Systemen, die mit hocheffizienter KWK arbeiten — auf lokaler und regionaler Ebene gebührend berücksichtigt wird. Dem Potenzial für die Entwicklung lokaler und regionaler Wärmemärkte ist Rechnung zu tragen.

(3)   Für die Zwecke der Bewertung gemäß Absatz 1 führen die Mitgliedstaaten im Einklang mit Anhang IX Teil 1 eine Kosten-Nutzen-Analyse für ihr gesamtes Hoheitsgebiet durch, bei der klimatische Bedingungen, die wirtschaftliche Tragfähigkeit und die technische Eignung berücksichtigt werden. Die Kosten-Nutzen-Analyse muss es ermöglichen, die ressourcen- und kosteneffizientesten Lösungen zur Deckung des Wärme- und Kälteversorgungsbedarfs zu ermitteln. Diese Kosten-Nutzen-Analyse kann Teil einer Umweltprüfung im Rahmen der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (25) sein.

(4)   Ergeben die Bewertung nach Absatz 1 und die Analyse nach Absatz 3, dass ein Potenzial für den Einsatz hocheffizienter KWK und/oder effizienter Fernwärme- und Fernkälteversorgung vorhanden ist, dessen Nutzen die Kosten überwiegt, so ergreifen die Mitgliedstaaten angemessene Maßnahmen, um eine Infrastruktur für effiziente Fernwärme- und Fernkälteversorgung auf- und auszubauen und/oder der Entwicklung der hocheffizienten KWK und der Nutzung von Wärme und Kälte aus Abwärme und erneuerbaren Energiequellen gemäß den Absätzen 1, 5 und 7 Rechnung zu tragen.

Ergeben die Bewertung nach Absatz 1 und die Analyse nach Absatz 3, dass kein Potenzial vorhanden ist, bei dem der Nutzen die Kosten — einschließlich der Verwaltungskosten für die Durchführung der Kosten-Nutzen-Analyse nach Absatz 5 — überwiegt, so können die betreffenden Mitgliedstaaten Anlagen von den Anforderungen jenes Absatzes ausnehmen.

(5)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass nach dem 5. Juni 2014 in folgenden Fällen eine Kosten-Nutzen-Analyse in Einklang mit Anhang IX Teil 2 durchgeführt wird:

a)

Planung einer neuen thermischen Stromerzeugungsanlage mit einer thermischen Gesamtnennleistung von mehr als 20 MW; zu bewerten sind die Kosten und der Nutzen von Vorkehrungen für den Betrieb der Anlage als hocheffiziente KWK-Anlage;

b)

erhebliche Modernisierung einer vorhandenen thermischen Stromerzeugungsanlage mit einer thermischen Gesamtnennleistung von mehr als 20 MW; zu bewerten sind die Kosten und der Nutzen einer Umrüstung zu einer hocheffizienten KWK-Anlage;

c)

Planung oder erhebliche Modernisierung einer Industrieanlage mit einer thermischen Gesamtnennleistung von mehr als 20 MW, bei der Abwärme mit einem nutzbaren Temperaturniveau entsteht; zu bewerten sind die Kosten und der Nutzen der Verwendung der Abwärme zur Deckung eines wirtschaftlich vertretbaren Bedarfs, auch durch KWK, und der Anbindung dieser Anlage an ein Fernwärme- und Fernkältenetz;

d)

Planung eines neuen Fernwärme- und Fernkältenetzes oder Planung einer neuen Energieerzeugungsanlage mit einer thermischen Gesamtnennleistung von mehr als 20 MW in einem bestehenden Fernwärme- oder Fernkältenetz oder erhebliche Modernisierung einer bestehenden derartigen Anlage; zu bewerten sind die Kosten und der Nutzen der Verwendung der Abwärme von nahe gelegenen Industrieanlagen.

Der Einbau von Ausrüstungen für die Abscheidung des von einer Verbrennungsanlage erzeugten CO2 im Hinblick auf seine geologische Speicherung gemäß der Richtlinie 2009/31/EG gilt für die Zwecke der Buchstaben b, c und d dieses Absatzes nicht als Modernisierung.

Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass die Kosten-Nutzen-Analyse gemäß den Buchstaben c und d in Zusammenarbeit mit den für den Betrieb der Fernwärme- bzw. Fernkältenetze zuständigen Unternehmen durchgeführt wird.

(6)   Die Mitgliedstaaten können folgende Anlagen von der Anwendung des Absatzes 5 freistellen:

a)

Spitzenlast- und Reserve-Stromerzeugungsanlagen, die im gleitenden Durchschnitt über einen Zeitraum von fünf Jahren unter 1 500 Betriebsstunden jährlich in Betrieb sein sollen; Grundlage hierfür ist ein von dem betreffenden Mitgliedstaat eingerichtetes Verifizierungsverfahren, mit dem sichergestellt wird, dass das Freistellungskriterium erfüllt ist;

b)

Kernkraftwerke;

c)

Anlagen, die in der Nähe einer nach der Richtlinie 2009/31/EG genehmigten geologischen Speicherstätte angesiedelt werden müssen.

Die Mitgliedstaaten können außerdem Schwellenwerte für die verfügbare Nutzabwärme, für die Wärmenachfrage oder für die Entfernungen zwischen den Industrieanlagen und den Fernwärmenetzen festlegen, um einzelne Anlagen von der Anwendung des Absatzes 5 Buchstaben c und d freizustellen.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission bis zum 31. Dezember 2013 die nach diesem Absatz gewährten Freistellungen und alle späteren Änderungen dieser Freistellungen mit.

(7)   Die Mitgliedstaaten beschließen Genehmigungskriterien gemäß Artikel 7 der Richtlinie 2009/72/EG oder gleichwertige Erlaubniskriterien,

a)

um den Ergebnissen der umfassenden Bewertung gemäß Absatz 1 Rechnung zu tragen,

b)

um sicherzustellen, dass die Anforderungen des Absatzes 5 erfüllt sind, und

c)

um den Ergebnissen der Kosten-Nutzen-Analyse gemäß Absatz 5 Rechnung zu tragen.

(8)   Die Mitgliedstaaten können einzelne Anlagen mittels der in Absatz 7 genannten Genehmigungs- und Erlaubniskriterien von der Anforderung freistellen, Optionen anzuwenden, deren Nutzen die Kosten überwiegt, wenn es aufgrund von Rechtsvorschriften, Eigentumsverhältnissen oder der Finanzlage zwingende Gründe hierfür gibt. In diesen Fällen notifizieren die betreffenden Mitgliedstaaten der Kommission ihre Entscheidung innerhalb von drei Monaten nach ihrem Erlass zusammen mit einer Begründung.

(9)   Die Absätze 5, 6, 7und 8 gelten für Anlagen, die unter die Richtlinie 2010/75/EU fallen, unbeschadet der Anforderungen der genannten Richtlinie.

(10)   Auf der Grundlage der in Anhang II Buchstabe f genannten harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die Herkunft von Strom aus hocheffizienter KWK nach von den einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien nachgewiesen werden kann. Sie stellen sicher, dass dieser Herkunftsnachweis die Anforderungen erfüllt und mindestens die in Anhang X genannten Informationen enthält. Die Mitgliedstaaten anerkennen die von ihnen ausgestellten Herkunftsnachweise gegenseitig ausschließlich als Nachweis der in diesem Absatz genannten Informationen. Die Verweigerung einer entsprechenden Anerkennung eines Herkunftsnachweises, insbesondere aus Gründen der Betrugsbekämpfung, muss sich auf objektive, transparente und nichtdiskriminierende Kriterien stützen. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission eine solche Verweigerung und deren Begründung mit. Wird die Anerkennung eines Herkunftsnachweises verweigert, so kann die Kommission einen Beschluss erlassen, um die verweigernde Seite insbesondere aufgrund objektiver, transparenter und nichtdiskriminierender Kriterien zur Anerkennung zu verpflichten.

Die Kommission wird ermächtigt, die harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte, die im Durchführungsbeschluss 2011/877/EU der Kommission (26) auf der Grundlage der Richtlinie 2004/8/EG festgelegt wurden, durch delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 23 dieser Richtlinie bis zum 31. Dezember 2014 zu überprüfen.

(11)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jede verfügbare Förderung der KWK davon abhängig gemacht wird, dass der erzeugte Strom aus hocheffizienter KWK stammt und die Abwärme wirksam zur Erreichung von Primärenergieeinsparungen genutzt wird. Die staatliche Förderung der KWK sowie der Fernwärmeerzeugung und -netze unterliegt gegebenenfalls den Vorschriften für staatliche Beihilfen.

Artikel 15

Energieumwandlung, -übertragung bzw. -fernleitung und -verteilung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nationalen Energieregulierungsbehörden bei der Wahrnehmung ihrer Regulierungsaufgaben gemäß den Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG in Bezug auf ihre Beschlüsse zum Betrieb der Gas- und Strominfrastruktur der Energieeffizienz gebührend Rechnung tragen.

Insbesondere gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die nationalen Energieregulierungsbehörden durch die Erarbeitung von Netztarifen und Netzregulierung im Rahmen der Richtlinie 2009/72/EG und unter Berücksichtigung der Kosten und des Nutzens der einzelnen Maßnahmen Anreize für die Netzbetreiber vorsehen, damit sie für die Netznutzer Systemdienste bereitstellen, mit denen diese im Rahmen der fortlaufenden Realisierung intelligenter Netze Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz umsetzen können.

Derartige Systemdienste können vom Netzbetreiber festgelegt werden und dürfen die Systemsicherheit nicht beeinträchtigen.

Für den Strombereich gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Netzregulierung und die Netztarife die Kriterien des Anhangs XI erfüllen, wobei die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 entwickelten Leitlinien und Kodizes berücksichtigt werden.

(2)   Die Mitgliedstaaten sorgen bis 30. Juni 2015 dafür, dass

a)

eine Bewertung der Energieeffizienzpotenziale ihrer Gas- und Strominfrastruktur durchgeführt wird, insbesondere hinsichtlich der Übertragung bzw. Fernleitung, der Verteilung, des Lastmanagements, der Interoperabilität und der Anbindung an Energie erzeugende Anlagen, einschließlich der Zugangsmöglichkeiten für Kleinstenergieerzeugungsanlagen;

b)

konkrete Maßnahmen und Investitionen für die Einführung kostenwirksamer Energieeffizienzverbesserungen bezüglich der Netzinfrastruktur mit einem Zeitplan für ihre Einführung bestimmt werden.

(3)   Die Mitgliedstaaten können Systemkomponenten und Tarifstrukturen mit sozialer Zielsetzung für die netzgebundene Energieübertragung bzw. -fernleitung und -verteilung genehmigen, sofern alle störenden Auswirkungen auf das Übertragungs- bzw. Fernleitungs- und Verteilernetz auf das erforderliche Mindestmaß begrenzt werden und in keinem unangemessenen Verhältnis zu der sozialen Zielsetzung stehen.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Anreize in Übertragungs- und Verteilungstarifen, die sich nachteilig auf die Gesamteffizienz (auch die Energieeffizienz) der Stromerzeugung, -übertragung, -verteilung und -lieferung auswirken oder die die Teilnahme an der Laststeuerung (Demand Response) sowie den Zugang zum Markt für Ausgleichsdienste und zur Erbringung von Hilfsdiensten verhindern könnten, beseitigt werden. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Netzbetreiber Anreize erhalten, um bezüglich Auslegung und Betrieb der Infrastruktur Effizienzverbesserungen zu erzielen, und dass — im Rahmen der Richtlinie 2009/72/EG — es die Tarife gestatten, dass die Versorger die Einbeziehung der Verbraucher in die Systemeffizienz verbessern, wozu auch eine von nationalen Gegebenheiten abhängige Laststeuerung zählt.

(5)   Unbeschadet des Artikels 16 Absatz 2 der Richtlinie 2009/28/EG und unter Berücksichtigung des Artikels 15 der Richtlinie 2009/72/EG sowie der Erforderlichkeit, die Kontinuität der Wärmeversorgung sicherzustellen, gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass unter dem Vorbehalt von Anforderungen an die Wahrung der Netzzuverlässigkeit und der Netzsicherheit, die auf von den zuständigen nationalen Behörden festgelegten transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien beruhen, die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber, die in ihrem Hoheitsgebiet mit der Inanspruchnahme der Erzeugungsanlagen betraut sind,

a)

die Übertragung und Verteilung von Strom aus hocheffizienter KWK garantieren;

b)

für Strom aus hocheffizienter KWK einen vorrangigen oder garantierten Zugang zum Netz gewähren;

c)

bei der Inanspruchnahme von Stromerzeugungsanlagen eine vorrangige Inanspruchnahme von Strom aus hocheffizienter KWK vorsehen, soweit der sichere Betrieb des nationalen Stromnetzes dies zulässt.

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Regeln für die Aufstellung der Rangfolge für vorrangigen Zugang und vorrangige Inanspruchnahme in ihren Stromnetzen klar und ausführlich erläutert und veröffentlicht werden. Wenn die Mitgliedstaaten vorrangigen Zugang oder vorrangige Inanspruchnahme in Bezug auf hocheffiziente KWK gewähren, können sie Rangfolgen sowohl zwischen den einzelnen Arten von Energie aus erneuerbaren Quellen und hocheffizienter KWK als auch innerhalb dieser Energiearten aufstellen, und sie sorgen unter allen Umständen dafür, dass der vorrangige Zugang oder die vorrangige Inanspruchnahme nicht behindert wird.

Zusätzlich zu den Verpflichtungen in Unterabsatz 1 erfüllen die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber die Anforderungen des Anhangs XII.

Die Mitgliedstaaten können insbesondere die Netzanbindung von Strom aus hocheffizienten KWK-Klein- und -Kleinstanlagen erleichtern. Die Mitgliedstaaten unternehmen gegebenenfalls Schritte, um Netzbetreiber darin zu bestärken, für die Installation von KWK-Kleinstanlagen ein auf einer einfachen Mitteilung beruhendes vereinfachtes und abgekürztes Genehmigungsverfahren für Einzelpersonen und Installateure einzuführen, in dessen Rahmen erst installiert und die Anlage anschließend angemeldet wird.

(6)   Vorbehaltlich der Anforderungen an die Wahrung der Netzzuverlässigkeit und der Netzsicherheit ergreifen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Betreiber hocheffizienter KWK-Anlagen, wenn dies mit Blick auf die Betriebsweise der hocheffizienten KWK-Anlage technisch machbar und wirtschaftlich tragfähig ist, Ausgleichsleistungen und andere operative Dienste auf der Ebene der Übertragungs- oder Verteilernetzbetreiber anbieten können. Die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber sorgen dafür, dass solche Dienstleistungen Teil eines Bieterverfahrens sind, das transparent und nichtdiskriminierend ist und überprüft werden kann.

Die Mitgliedstaaten können gegebenenfalls von den Übertragungs- und Verteilernetzbetreibern verlangen, dass sie die Ansiedlung hocheffizienter KWK-Anlagen in der Nähe von Bedarfsgebieten fördern, indem sie die Anschluss- und Netznutzungsgebühren senken.

(7)   Die Mitgliedstaaten können Erzeugern von Strom aus hocheffizienter KWK, die einen Netzanschluss wünschen, gestatten, für die Anschlussarbeiten eine Ausschreibung durchzuführen.

(8)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nationalen Energieregulierungsbehörden darauf hinwirken, dass nachfrageseitige Ressourcen, wie etwa die Laststeuerung (Demand Response), neben den Versorgern an den Großhandels- und Einzelhandelsmärkten teilnehmen.

Vorbehaltlich technischer Sachzwänge im Zusammenhang mit dem Netzmanagement sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass Anbieter aus dem Bereich Laststeuerung — darunter auch Aggregatoren — von den Übertragungs- und Verteilernetzbetreibern bei der Erfüllung der Anforderungen für Ausgleichs- und Hilfsleistungen diskriminierungsfrei, ausgehend von ihren technischen Fähigkeiten, behandelt werden.

Vorbehaltlich technischer Sachzwänge im Zusammenhang mit dem Netzmanagement fördern die Mitgliedstaaten in Bezug auf Märkte für Ausgleichsleistungen, Reservedienste und andere Systemdienste den Marktzugang und die Marktteilnahme von Laststeuerungs-Dienstleistern, unter anderem indem sie verlangen, dass die nationalen Regulierungsbehörden oder, falls dies in ihren nationalen Regulierungssystemen vorgesehen ist, die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber in enger Zusammenarbeit mit den Laststeuerungs-Dienstleistern und Verbrauchern auf der Grundlage der technischen Anforderungen dieser Märkte und der Laststeuerungsmöglichkeiten technische Modalitäten für die Teilnahme an diesen Märkten festlegen. Diese Spezifikationen beziehen die Teilnahme von Aggregatoren mit ein.

(9)   Bei der Berichterstattung nach der Richtlinie 2010/75/EU prüfen die Mitgliedstaaten unbeschadet des Artikels 9 Absatz 2 der genannten Richtlinie, ob Informationen über Energieeffizienzniveaus von Anlagen, die mit einer thermischen Gesamtnennleistung von 50 MW oder mehr Brennstoffe verfeuern, aufgenommen werden, und zwar unter Berücksichtigung der relevanten besten verfügbaren Techniken, die gemäß der Richtlinie 2010/75/EU und der Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (27) entwickelt wurden.

Die Mitgliedstaaten können sich bei den Betreibern von Anlagen dafür einsetzen, deren Nettobetriebswirkungsgrad im Jahresdurchschnitt zu verbessern.

KAPITEL IV

HORIZONTALE BESTIMMUNGEN

Artikel 16

Verfügbarkeit von Qualifizierungs-, Akkreditierungs- und Zertifizierungssystemen

(1)   Vertritt ein Mitgliedstaat die Auffassung, dass das nationale Niveau an technischer Kompetenz, Objektivität und Zuverlässigkeit nicht ausreicht, so stellt er sicher, dass bis zum 31. Dezember 2014 Zertifizierungssysteme und/oder Akkreditierungssysteme und/oder gleichwertige Qualifizierungssysteme, soweit erforderlich einschließlich geeigneter Ausbildungsprogramme, für die Anbieter von Energiedienstleistungen und Energieaudits sowie für Energiemanager und Installateure von energierelevanten Gebäudekomponenten gemäß Artikel 2 Nummer 9 der Richtlinie 2010/31/EU bereitstehen oder bereitgestellt werden.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Absatz 1 genannten Systeme gegenüber den Verbrauchern für Transparenz sorgen, zuverlässig sind und ihren Beitrag zur Verwirklichung der nationalen Energieeffizienzziele leisten.

(3)   Die Mitgliedstaaten machen die Zertifizierungs- und/oder Akkreditierungssysteme oder gleichwertigen Qualifizierungssysteme nach Absatz 1 öffentlich zugänglich und arbeiten sowohl untereinander als auch mit der Kommission bei Vergleichen zwischen den Systemen sowie bei der Anerkennung der Systeme zusammen.

Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um die Verbraucher gemäß Artikel 18 Absatz 1 auf die Verfügbarkeit von Qualifizierungs- und/oder Zertifizierungssystemen aufmerksam zu machen.

Artikel 17

Information und Ausbildung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Informationen zu verfügbaren Energieeffizienzmechanismen sowie Finanz- und Rechtsrahmen transparent sind und umfassend bei allen einschlägigen Marktakteuren verbreitet werden, wie etwa Verbrauchern, Bauunternehmern, Architekten, Ingenieuren, Umweltgutachtern und Energieauditoren sowie Installateuren von Gebäudekomponenten gemäß der Richtlinie 2010/31/EU.

Die Mitgliedstaaten wirken darauf hin, dass Banken und andere Finanzinstitute über die Möglichkeiten der Beteiligung an der Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz, einschließlich der Schaffung öffentlich-privater Partnerschaften, informiert werden.

(2)   Die Mitgliedstaaten schaffen geeignete Bedingungen, damit die Marktakteure die Energieverbraucher angemessen und gezielt über Energieeffizienz informieren und beraten können.

(3)   Die Kommission überprüft die Wirkung ihrer Maßnahmen zur Unterstützung der Entwicklung von Plattformen, welche unter anderem die europäischen Gremien für sozialen Dialog mit der Förderung von Ausbildungsprogrammen zum Thema Energieeffizienz beinhalten, und schlägt gegebenenfalls weitere Maßnahmen vor. Die Kommission unterstützt die europäischen Sozialpartner bei der Erörterung des Themas Energieeffizienz.

(4)   Die Mitgliedstaaten fördern unter Beteiligung der Akteure, einschließlich lokaler und regionaler Behörden, zweckdienliche Informations-, Sensibilisierungs- und Ausbildungsmaßnahmen, um die Bürger über die Vorteile und die praktischen Aspekte von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz zu informieren.

(5)   Die Kommission fördert den Austausch und die Verbreitung von Informationen über vorbildliche Energieeffizienzverfahren in den Mitgliedstaaten.

Artikel 18

Energiedienstleistungen

(1)   Die Mitgliedstaaten fördern den Energiedienstleistungsmarkt und den Zugang zu diesem Markt für KMU, indem sie

a)

klare und leicht zugängliche Informationen über Folgendes verbreiten:

i)

verfügbare Energiedienstleistungsverträge und Klauseln, die in solche Verträge aufgenommen werden sollten, um Energieeinsparungen und die Rechte der Endkunden zu garantieren;

ii)

Finanzinstrumente, Anreize, Zuschüsse und Darlehen zur Förderung von Dienstleistungsprojekten im Bereich Energieeffizienz;

b)

die Entwicklung von Gütesiegeln, unter anderem durch Fachverbände, unterstützen;

c)

eine Liste verfügbarer qualifizierter und/oder zertifizierter Energiedienstleister sowie ihrer Qualifizierungen und/oder Zertifizierungen gemäß Artikel 16 öffentlich zugänglich machen und regelmäßig aktualisieren oder für eine Schnittstelle sorgen, über die die Energiedienstleister Informationen bereitstellen können;

d)

den öffentlichen Sektor bei der Annahme von Energiedienstleistungsangeboten, insbesondere für Gebäuderenovierungen, unterstützen und hierzu

i)

Energieleistungs-Musterverträge bereitstellen, die mindestens die in Anhang XIII aufgeführten Punkte enthalten;

ii)

Informationen über bewährte Verfahren in Bezug auf Energieleistungsverträge bereitstellen, die — sofern verfügbar — Kosten-Nutzen-Analysen unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus beinhalten;

e)

im Rahmen des Nationalen Energieeffizienz-Aktionsplans eine qualitative Überprüfung in Bezug auf die gegenwärtige und künftige Entwicklung des Markts für Energiedienstleistungen durchführen.

(2)   Die Mitgliedstaaten unterstützen, sofern angemessen, das ordnungsgemäße Funktionieren des Energiedienstleistungsmarkts, indem sie

a)

eine oder mehrere Anlaufstellen, bei denen Endkunden die in Absatz 1 genannten Informationen erhalten können, benennen und bekanntmachen;

b)

bei Bedarf Maßnahmen ergreifen, um rechtliche und sonstige Hemmnisse zu beseitigen, die der Nutzung von Energieleistungsverträgen und anderen Energieeffizienz-Dienstleistungsmodellen für die Ermittlung und/oder Durchführung von Energiesparmaßnahmen erschweren;

c)

die Schaffung oder Benennung einer unabhängigen Einrichtung wie etwa eines Bürgerbeauftragen prüfen, um dafür zu sorgen, dass Beschwerden effizient bearbeitet und Streitfälle, die sich aus Energiedienstleistungsverträgen ergeben, außergerichtlich beigelegt werden;

d)

dafür sorgen, dass unabhängige Marktmittler eine Rolle bei der Stimulierung der Marktentwicklung auf der Angebots- und der Nachfrageseite übernehmen können.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Energieverteiler, die Verteilernetzbetreiber und die Energieeinzelhandelsunternehmen sich jeder Tätigkeit enthalten, die die Nachfrage nach und die Bereitstellung von Energiedienstleistungen oder sonstigen Energieeffizienzmaßnahmen beeinträchtigt oder die Entwicklung von Märkten für solche Dienstleistungen oder Maßnahmen behindern könnte, wozu auch die Abschottung des Markts gegen Wettbewerber oder der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gehören.

Artikel 19

Sonstige Maßnahmen zur Förderung von Energieeffizienz

(1)   Unbeschadet der Grundprinzipien des Eigentums- und Mietrechts der Mitgliedstaaten beurteilen und ergreifen die Mitgliedstaaten falls erforderlich geeignete Maßnahmen zur Beseitigung rechtlicher und sonstiger Hemmnisse für die Energieeffizienz, insbesondere in Bezug auf

a)

die Aufteilung von Anreizen zwischen dem Eigentümer und dem Mieter eines Gebäudes oder zwischen den Eigentümern, damit diese Parteien nicht deshalb, weil ihnen die vollen Vorteile der Investition nicht einzeln zugute kommen oder weil Regeln für die Aufteilung der Kosten und Vorteile untereinander fehlen, davon abgehalten werden, Investitionen zur Verbesserung der Energieeffizienz vorzunehmen, die sie ansonsten getätigt hätten; dies gilt auch für nationale Vorschriften und Maßnahmen zur Regelung der Entscheidungsfindung bei Grundstücken mit mehreren Eigentümern;

b)

Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie Verwaltungsverfahren im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens sowie der jährlichen Haushaltsplanung und des Rechnungswesens, um sicherzustellen, dass einzelne öffentliche Einrichtungen nicht von der Durchführung von Investitionen zur Verbesserung der Energieeffizienz und zur Minimierung der erwarteten Lebenszykluskosten und von der Inanspruchnahme von Energieleistungsverträgen oder anderer Drittfinanzierungen mit langfristiger Vertragslaufzeit abgehalten werden.

Solche Maßnahmen zur Beseitigung von Hemmnissen können die Bereitstellung von Anreizen, die Aufhebung oder Änderung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die Verabschiedung von Leitlinien und Auslegungsmitteilungen oder die Vereinfachung der Verwaltungsverfahren umfassen. Diese Maßnahmen können mit Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, der Bereitstellung von speziellen Informationen und technischer Hilfe im Bereich der Energieeffizienz kombiniert werden.

(2)   Die Bewertung der Hemmnisse und Maßnahmen nach Absatz 1 wird der Kommission im ersten Nationalen Energieeffizienz-Aktionsplan gemäß Artikel 24 Absatz 2 übermittelt. Die Kommission fördert den diesbezüglichen Austausch bewährter nationaler Verfahren.

Artikle 20

Nationaler Energieeffizienzfonds, Finanzierung und technische Unterstützung

(1)   Unbeschadet der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ermöglichen die Mitgliedstaaten die Einrichtung von Finanzierungsfazilitäten oder die Nutzung bestehender derartiger Fazilitäten für Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz, damit der aus mehreren Finanzierungsströmen erwachsende Nutzen maximiert wird.

(2)   Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten gegebenenfalls direkt oder über die europäischen Finanzinstitute bei der Einrichtung von Finanzierungsfazilitäten und Programmen zur technischen Unterstützung mit dem Ziel, die Energieeffizienz in verschiedenen Sektoren zu erhöhen.

(3)   Die Kommission fördert den Austausch bewährter Verfahren zwischen den zuständigen nationalen oder regionalen Behörden oder Einrichtungen, beispielsweise durch alljährliche Sitzungen der Regulierungsbehörden, öffentliche Datenbanken mit Informationen zum Stand der Umsetzung von Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten und Ländervergleichen.

(4)   Die Mitgliedstaaten können einen Nationalen Energieeffizienzfonds einrichten. Dieser Fonds muss darauf ausgerichtet sein, nationale Energieeffizienzinitiativen zu unterstützen.

(5)   Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass den Verpflichtungen nach Artikel 5 Absatz 1 dadurch nachgekommen wird, dass zum Nationalen Energieeffizienzfonds Jahresbeiträge geleistet werden, deren Höhe den zur Erfüllung dieser Verpflichtungen erforderlichen Investitionen entspricht.

(6)   Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die verpflichteten Parteien ihren Verpflichtungen nach Artikel 7 Absatz 1 dadurch nachkommen können, dass sie zum Nationalen Energieeffizienzfonds einen Jahresbeitrag leisten, dessen Höhe den zur Erfüllung dieser Verpflichtungen erforderlichen Investitionen entspricht.

(7)   Die Mitgliedstaaten können ihre Einnahmen aus den jährlichen Emissionszuweisungen nach der Entscheidung Nr. 406/2009/EG für den Aufbau innovativer Finanzierungsmechanismen verwenden, um das in Artikel 5 festgelegte Ziel der Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden in der Praxis zu verwirklichen.

Artikel 21

Umrechnungsfaktoren

Zum Vergleich der Energieeinsparungen und zur Umrechnung in vergleichbare Einheiten sind die Umrechnungsfaktoren in Anhang IV zu verwenden, sofern die Verwendung anderer Umrechnungsfaktoren nicht gerechtfertigt werden kann.

KAPITEL V

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 22

Delegierte Rechtsakte

(1)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 23 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die in Artikel 14 Absatz 10 Unterabsatz 2 genannten harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte zu überprüfen.

(2)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 23 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die Werte, die Berechnungsmethoden, den Standard-Primärenergiekoeffizienten und die Anforderungen in den Anhängen I, II, III, IV, V, VII, VIII, IX, X und XII an den technischen Fortschritt anzupassen.

Artikel 23

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 22 wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 4. Dezember 2012 übertragen.

(3)   Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 22 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem in dem Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(5)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 22 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

Artikel 24

Überprüfung und Überwachung der Durchführung

(1)   Die Mitgliedstaaten berichten gemäß Anhang XIV Teil 1 ab 2013 bis zum 30. April eines jeden Jahres über die bei der Erfüllung der nationalen Energieeffizienzziele erreichten Fortschritte. Die Berichte können Teil der nationalen Reformprogramme gemäß der Empfehlung 2010/410/EU des Rates vom 13. Juli 2010 über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (28) sein.

(2)   Die Mitgliedstaaten übermitteln bis zum 30. April 2014 und danach alle drei Jahre Nationale Energieeffizienz-Aktionspläne. Die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne müssen im Hinblick auf die Verwirklichung der nationalen Energieeffizienzziele gemäß Artikel 3 Absatz 1 bedeutende Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz sowie erwartete und/oder erzielte Energieeinsparungen umfassen, unter anderem bei der Energieversorgung, -übertragung bzw. -fernleitung und -verteilung sowie beim Energieendverbrauch. Die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne werden durch aktualisierte Schätzungen des voraussichtlichen Gesamtprimärenergieverbrauchs im Jahr 2020 und durch den geschätzten Primärenergieverbrauch in den in Anhang XIV Teil 1 angegebenen Sektoren ergänzt.

Die Kommission stellt spätestens am 31. Dezember 2012 ein Muster als Orientierungshilfe für die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne zur Verfügung. Dieses Muster wird nach dem Beratungsverfahren des Artikels 26 Absatz 2 angenommen. Die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne enthalten auf alle Fälle die in Anhang XIV angeführten Informationen.

(3)   Die Kommission bewertet die jährlichen Berichte und die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne sowie die Frage, inwieweit die Mitgliedstaaten Fortschritte bei der Erreichung der nach Artikel 3 Absatz 1 geforderten nationalen Energieeffizienzziele und bei der Durchführung dieser Richtlinie gemacht haben. Die Kommission übermittelt ihre Bewertung dem Europäischen Parlament und dem Rat. Auf der Grundlage ihrer Bewertung der Berichte und der Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne kann die Kommission Empfehlungen an die Mitgliedstaaten richten.

(4)   Die Kommission überwacht die Auswirkungen der Durchführung dieser Richtlinie auf die Richtlinien 2003/87/EG, 2009/28/EG und 2010/31/EU sowie die Entscheidung Nr. 406/2009/EG und auf die Wirtschaft, insbesondere die Branchen, in denen laut dem Beschluss 2010/2/EU die Gefahr einer Verlagerung von CO2-Emissionen besonders groß ist.

(5)   Die Kommission überprüft erstmals bei der Bewertung des jeweils ersten Nationalen Energieeffizienz-Aktionsplans und danach alle drei Jahre, ob die Möglichkeit einer Freistellung nach Artikel 14 Absatz 6 noch erforderlich ist. Ergibt die Überprüfung, dass eines der Kriterien für diese Freistellungen unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit der Wärmelast und der realen Betriebsbedingungen der freigestellten Anlagen nicht mehr gerechtfertigt ist, so schlägt die Kommission geeignete Maßnahmen vor.

(6)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission jedes Jahr vor dem 30. April Statistiken nach der in Anhang I beschriebenen Methode über die nationale Erzeugung von Strom und Wärme aus hocheffizienter und niedrigeffizienter KWK im Vergleich zu der gesamten Wärme- und Stromerzeugung. Außerdem übermitteln sie jährliche Statistiken über die KWK-Wärme- und KWK-Stromerzeugungskapazitäten und die Brennstoffe für die KWK sowie über die Fernwärme- und Fernkälteerzeugung und -kapazitäten im Vergleich zu der gesamten Wärme- und Stromerzeugungskapazität. Ferner übermitteln die Mitgliedstaaten Statistiken nach der in Anhang II beschriebenen Methode über die durch KWK erzielten Primärenergieeinsparungen.

(7)   Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 30. Juni 2014 die Bewertung gemäß Artikel 3 Absatz 2 vor, der bei Bedarf Vorschläge für weitere Maßnahmen beigefügt werden.

(8)   Die Kommission überprüft bis zum 5. Dezember 2015 die Wirkung der Anwendung des Artikels 6, wobei sie den Anforderungen der Richtlinie 2004/18/EG Rechnung trägt, und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vor. Diesem Bericht werden gegebenenfalls Vorschläge für weitere Maßnahmen beigefügt.

(9)   Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 30. Juni 2016 einen Bericht über die Anwendung des Artikels 7 vor. Diesem Bericht wird, sofern angemessen ein Legislativvorschlag für einen oder mehrere der folgenden Zwecke beigefügt:

a)

Änderung des in Artikel 7 Absatz 1 festgelegten Endtermins;

b)

Überprüfung der in Artikel 7 Absätze 1, 2 und 3 festgelegten Anforderungen;

c)

Festlegung zusätzlicher gemeinsamer Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Angelegenheiten, auf die in Artikel 7 Absatz 7 Bezug genommen wird.

(10)   Die Kommission bewertet bis zum 30. Juni 2018 die Fortschritte, die die Mitgliedstaaten bei der Beseitigung der in Artikel 19 Absatz 1 genannten rechtlichen und sonstigen Hemmnisse erzielt haben. Mit dieser Bewertung gehen, sofern angemessen, Vorschläge für weitere Maßnahmen einher.

(11)   Die Kommission macht die in den Absätzen 1 und 2 genannten Berichte öffentlich zugänglich.

Artikel 25

Online-Plattform

Die Kommission richtet eine Online-Plattform ein, um die praktische Umsetzung der Richtlinie auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu fördern. Diese Plattform unterstützt den Erfahrungsaustausch in Bezug auf Verfahrensweisen, Referenzwerte, vernetztes Arbeiten sowie innovative Verfahrensweisen.

Artikel 26

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Artikel 27

Änderungen und Aufhebungen

(1)   Die Richtlinie 2006/32/EG — ausgenommen deren Artikel 4 Absätze 1 bis 4 und Anhänge I, III und IV — wird unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit den Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht ab 5. Juni 2014 aufgehoben. Der Artikel 4 Absätze 1 bis 4 und die Anhänge I, III und IV der Richtlinie 2006/32/EG werden ab dem 1. Januar 2017 aufgehoben.

Die Richtlinie 2004/8/EG wird unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit den Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht ab 5. Juni 2014 aufgehoben.

Bezugnahmen auf die Richtlinien 2006/32/EG und 2004/8/EG gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang XV zu lesen.

(2)   Der Artikel 9 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 2010/30/EU wird ab 5. Juni 2014 gestrichen.

(3)   Richtlinie 2009/125/EG wird wie folgt geändert:

1.

Folgender Erwägungsgrund wird eingefügt:

„(35a)

Gemäß der Richtlinie 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (29) sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Anforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Gebäudekomponenten, die Teil der Gebäudehülle sind, und Systemanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz, die ordnungsgemäße Installation und angemessene Dimensionierung, Einstellung und Überwachung der gebäudetechnischen Systeme, die in bestehenden Gebäuden eingebaut werden, festzulegen. Es ist mit den Zielen dieser Richtlinie zu vereinbaren, dass diese Anforderungen unter bestimmten Umständen die Installation von energieverbrauchsrelevanten Produkten, die mit dieser Richtlinie und ihren Durchführungsmaßnahmen in Einklang stehen, einschränken können, sofern durch diese Anforderungen keine ungerechtfertigten Marktbarrieren errichtet werden.

2.

In Artikel 6 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die von den Mitgliedstaaten nach Artikel 4 Absatz 1 und Artikel 8 der Richtlinie 2010/31/EU festgelegten Anforderungen an die Gesamtenergieeffizienz und Systemanforderungen bleiben davon unberührt.“

Artikel 28

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 5. Juni 2014 nachzukommen.

Unbeschadet des Unterabsatzes 1 setzen die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um Artikel 4, Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 1, Artikel 5 Absatz 5, Artikel 5 Absatz 6, Artikel 7 Absatz 9 letzter Unterabsatz, Artikel 14 Absatz 6, Artikel 19 Absatz 2, Artikel 24 Absatz 1 und Artikel 24 Absatz 2 sowie Anhang V Nummer 4 bis zu den in diesen Bestimmungen genannten Zeitpunkten nachzukommen.

Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 29

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 30

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 25. Oktober 2012.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Der Präsident

A. D. MAVROYIANNIS


(1)  ABl. C 24 vom 28.1.2012, S. 134.

(2)  ABl. C 54 vom 23.2.2012, S. 49.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 11. September 2012 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 4. Oktober 2012.

(4)  ABl. L 114 vom 27.4.2006, S. 64.

(5)  ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 136.

(6)  ABl. L 52 vom 21.2.2004, S. 50.

(7)  ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16.

(8)  ABl. L 153 vom 18.6.2010, S. 13.

(9)  ABl. L 275 vom 25.10.2003, S. 32.

(10)  ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 55.

(11)  ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 94.

(12)  ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17.

(13)  ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 114.

(14)  ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 15.

(15)  ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 36.

(16)  ABl. L 1 vom 5.1.2010, S. 10.

(17)  ABl. L 310 vom 9.11.2006, S. 15.

(18)  ABl. L 285 vom 31.10.2009, S. 10.

(19)  ABl. L 153 vom 18.6.2010, S. 1.

(20)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.

(21)  ABl. L 304 vom 14.11.2008, S. 1.

(22)  ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114.

(23)  ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36.

(24)  ABl. L 216 vom 20.8.2009, S. 76.

(25)  ABl. L 197 vom 21.7.2001, S. 30.

(26)  ABl. L 343 vom 23.12.2011, S. 91.

(27)  ABl. L 24 vom 29.1.2008, S. 8.

(28)  ABl. L 191 vom 23.7.2010, S. 28.

(29)  ABl. L 153 vom 18.6.2010, S. 13.“


ANHANG I

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE FÜR DIE BERECHNUNG DER STROMMENGE AUS KWK

Teil I

Allgemeine Grundsätze

Die Werte für die Berechnung des KWK-Stroms sind auf der Grundlage des erwarteten oder tatsächlichen Betriebs des Blocks unter normalen Einsatzbedingungen zu bestimmen. Für KWK-Kleinstanlagen kann die Berechnung auf zertifizierten Werten beruhen.

a)

Die Stromerzeugung aus KWK ist in folgenden Fällen mit der jährlichen Gesamtstromerzeugung des Blocks, gemessen am Ausgang der Hauptgeneratoren, gleichzusetzen:

i)

bei KWK-Blöcken des Typs b, d, e, f, g und h gemäß Teil II mit einem von den Mitgliedstaaten festgelegten jährlichen Gesamtwirkungsgrad von mindestens 75 % und

ii)

bei KWK-Blöcken des Typs a und c gemäß Teil II mit einem von den Mitgliedstaaten festgelegten jährlichen Gesamtwirkungsgrad von mindestens 80 %.

b)

Bei KWK-Blöcken mit einem jährlichen Gesamtwirkungsgrad unter dem in Buchstabe a Ziffer i genannten Wert (KWK-Blöcke des Typs b, d, e, f, g und h gemäß Teil II) oder mit einem jährlichen Gesamtwirkungsgrad unter dem in Buchstabe a Ziffer ii genannten Wert (KWK-Blöcke der Typen a und c gemäß Teil II) wird die KWK nach folgender Formel berechnet:

EKWK=QKWK*C

Dabei gilt:

 

EKWK ist die Strommenge aus KWK;

 

C ist die Stromkennzahl;

 

QKWK ist die Nettowärmeerzeugung aus KWK (zu diesem Zweck berechnet als Gesamtwärmeerzeugung, vermindert um eventuelle Wärmemengen, die in getrennten Kesselanlagen oder mittels Frischdampfentnahme aus dem Dampferzeuger vor der Turbine erzeugt werden).

Bei der Berechnung des KWK-Stroms ist die tatsächliche Stromkennzahl zugrunde zu legen. Ist die tatsächliche Stromkennzahl eines KWK-Blocks nicht bekannt, können, insbesondere zu statistischen Zwecken, die nachstehenden Standardwerte für Blöcke des Typs a, b, c, d und e gemäß Teil II verwendet werden, soweit der berechnete KWK-Strom die Gesamtstromerzeugung des Blocks nicht überschreitet:

Typ

Standard-Stromkennzahl C

Gasturbine mit Wärmerückgewinnung (kombinierter Prozess)

0,95

Gegendruckdampfturbine

0,45

Entnahme-Kondensationsdampfturbine

0,45

Gasturbine mit Wärmerückgewinnung

0,55

Verbrennungsmotor

0,75

Verwenden die Mitgliedstaaten Standardwerte für die Stromkennzahl in Blöcken des Typs f, g, h, i, j und k gemäß Teil II, so sind diese zu veröffentlichen und der Kommission mitzuteilen.

c)

Wird ein Teil des Energieinhalts der Brennstoffzufuhr zum KWK-Prozess in chemischer Form rückgewonnen und verwertet, so kann dieser Anteil von der Brennstoffzufuhr abgezogen werden, bevor der unter den Buchstaben a und b genannte Gesamtwirkungsgrad berechnet wird.

d)

Die Mitgliedstaaten können die Stromkennzahl als das Verhältnis von Strom zu Nutzwärme bestimmen, wenn der Betrieb im KWK-Modus bei geringerer Leistung erfolgt, und dabei Betriebsdaten des entsprechenden Blocks zugrunde legen.

e)

Die Mitgliedstaaten können für die Berechnungen nach den Buchstaben a und b andere Berichtszeiträume als ein Jahr verwenden.

Teil II

KWK-Technologien, die unter diese Richtlinie fallen

a)

Gasturbine mit Wärmerückgewinnung (kombinierter Prozess)

b)

Gegendruckdampfturbine

c)

Entnahme-Kondensationsdampfturbine

d)

Gasturbine mit Wärmerückgewinnung

e)

Verbrennungsmotor

f)

Mikroturbinen

g)

Stirling-Motoren

h)

Brennstoffzellen

i)

Dampfmotoren

j)

Rankine-Kreislauf mit organischem Fluidum

k)

Jede andere Technologie oder Kombination von Technologien, für die die Begriffsbestimmung von Artikel 2 Nummer 30 gilt.

Bei der Durchführung und Anwendung der allgemeinen Grundsätze für die Berechnung der Strommenge aus KWK befolgen die Mitgliedstaaten die in der Entscheidung 2008/952/EG der Kommission vom 19. November 2008 zur Festlegung detaillierter Leitlinien für die Umsetzung und Anwendung des Anhangs II der Richtlinie 2004/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (1) festgelegten detaillierten Leitlinien.


(1)  ABl. L 338 vom 17.12.2008, S. 55.


ANHANG II

VERFAHREN ZUR BESTIMMUNG DER EFFIZIENZ DES KWK-PROZESSES

Die Werte für die Berechnung des Wirkungsgrades der KWK und der Primärenergieeinsparungen sind auf der Grundlage des erwarteten oder tatsächlichen Betriebs des Blocks unter normalen Einsatzbedingungen zu bestimmen.

a)   Hocheffiziente KWK

Im Rahmen dieser Richtlinie muss hocheffiziente KWK folgende Kriterien erfüllen:

die KWK-Erzeugung in KWK-Blöcken ermöglicht gemäß Buchstabe b berechnete Primärenergieeinsparungen von mindestens 10 % im Vergleich zu den Referenzwerten für die getrennte Strom- und Wärmeerzeugung;

die Erzeugung in KWK-Klein- und -Kleinstanlagen, die Primärenergieeinsparungen erbringen, kann als hocheffiziente KWK gelten.

b)   Berechnung der Primärenergieeinsparungen

Die Höhe der Primärenergieeinsparungen durch KWK gemäß Anhang I ist anhand folgender Formel zu berechnen:

Formula

Dabei gilt:

 

PEE ist die Primärenergieeinsparung.

 

KWK Wη ist der Wärmewirkungsgrad-Referenzwert der KWK-Erzeugung, definiert als jährliche KWK-Nutzwärmeerzeugung im Verhältnis zum Brennstoff, der für die Erzeugung der Summe von KWK-Nutzwärmeleistung und KWK-Stromerzeugung eingesetzt wurde.

 

Ref Wη ist der Wirkungsgrad-Referenzwert für die getrennte Wärmeerzeugung.

 

KWK Eη ist der elektrische Wirkungsgrad der KWK-Erzeugung, definiert als jährlicher KWK-Strom im Verhältnis zum Brennstoff, der für die Erzeugung der Summe von KWK-Nutzwärmeleistung und KWK-Stromerzeugung eingesetzt wurde. Wenn ein KWK-Block mechanische Energie erzeugt, so kann der jährlichen KWK-Stromerzeugung ein Zusatzwert hinzugerechnet werden, der der Strommenge entspricht, die der Menge der mechanischen Energie gleichwertig ist. Dieser Zusatzwert berechtigt nicht dazu, Herkunftsnachweise gemäß Artikel 14 Absatz 10 auszustellen.

 

Ref Eη ist der Wirkungsgrad-Referenzwert für die getrennte Stromerzeugung.

c)   Berechnung der Energieeinsparung unter Verwendung alternativer Berechnungsmethoden

Die Mitgliedstaaten können Primärenergieeinsparungen aufgrund der Erzeugung von Wärme und Strom sowie von mechanischer Energie wie nachfolgend dargestellt berechnen, ohne dass — um die nicht im Rahmen von KWK erzeugten Wärme- und Stromanteile des gleichen Prozesses auszunehmen — Anhang I angewendet wird. Diese Erzeugung kann als hocheffiziente KWK gelten, wenn sie den Effizienzkriterien unter Buchstabe a dieses Anhangs entspricht und wenn bei KWK-Blöcken mit einer elektrischen Leistung von über 25 MW der Gesamtwirkungsgrad über 70 % liegt. Die in KWK erzeugte Strommenge aus einer solchen Erzeugung wird jedoch für die Ausstellung eines Herkunftsnachweises und für statistische Zwecke nach Anhang I bestimmt.

Werden die Primärenergieeinsparungen für einen Prozess unter Verwendung der oben genannten alternativen Berechnungsmethoden berechnet, so sind sie gemäß der Formel unter Buchstabe b dieses Anhangs zu berechnen, wobei „KWK Wη“ durch „Wη“ und „KWK Eη“ durch „Eη“ ersetzt wird.

Dabei gilt: Wη bezeichnet den Wärmewirkungsgrad des Prozesses, definiert als jährliche Wärmeerzeugung im Verhältnis zum Brennstoff, der für die Erzeugung der Summe von Wärmeerzeugung und Stromerzeugung eingesetzt wurde.

Eη bezeichnet den elektrischen Wirkungsgrad des Prozesses, definiert als jährliche Stromerzeugung im Verhältnis zum Brennstoff, der für die Summe von Wärme- und Stromerzeugung eingesetzt wurde. Wenn ein KWK-Block mechanische Energie erzeugt, so kann der jährlichen KWK-Stromerzeugung ein Zusatzwert hinzugerechnet werden, der der Strommenge entspricht, die der Menge der mechanischen Energie gleichwertig ist. Dieser Zusatzwert berechtigt nicht dazu, Herkunftsnachweise gemäß Artikel 14 Absatz 10 auszustellen.

d)   Die Mitgliedstaaten können für die Berechnung nach den Buchstaben b und c dieses Anhangs andere Berichtszeiträume als ein Jahr verwenden.

e)   Für KWK-Kleinstanlagen kann die Berechnung von Primärenergieeinsparungen auf zertifizierten Daten beruhen.

f)   Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung von Strom und Wärme

Die harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte bestehen aus einer Matrix von Werten, aufgeschlüsselt nach relevanten Faktoren wie Baujahr und Brennstofftypen, und müssen sich auf eine ausführlich dokumentierte Analyse stützen, bei der unter anderem die Betriebsdaten bei realen Betriebsbedingungen, der Brennstoffmix, die klimatischen Bedingungen und die angewandten KWK-Technologien berücksichtigt werden.

Anhand der Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung von Strom und Wärme gemäß der Formel unter Buchstabe b ist der Betriebswirkungsgrad der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme zu ermitteln, die durch KWK ersetzt werden soll.

Die Wirkungsgrad-Referenzwerte werden nach folgenden Grundsätzen berechnet:

1.

Beim Vergleich von KWK-Blöcken mit Anlagen zur getrennten Stromerzeugung gilt der Grundsatz, dass die gleichen Kategorien von Brennstoffen verglichen werden.

2.

Jeder KWK-Block wird mit der besten im Jahr des Baus dieses KWK-Blocks auf dem Markt erhältlichen und wirtschaftlich vertretbaren Technologie für die getrennte Erzeugung von Wärme und Strom verglichen.

3.

Die Wirkungsgrad-Referenzwerte für KWK-Blöcke, die mehr als zehn Jahre alt sind, werden auf der Grundlage der Referenzwerte von Blöcken festgelegt, die zehn Jahre alt sind.

4.

Die Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung von Strom und Wärme müssen die klimatischen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten widerspiegeln.


ANHANG III

ENERGIEEFFIZIENZANFORDERUNGEN FÜR DIE BESCHAFFUNG VON PRODUKTEN, DIENSTLEISTUNGEN UND GEBÄUDEN DURCH ZENTRALREGIERUNGEN

Bei der Beschaffung von Produkten, Dienstleistungen oder Gebäuden beachten Zentralregierungen, soweit dies mit den Aspekten Kostenwirksamkeit, wirtschaftliche Durchführbarkeit, Nachhaltigkeit im weiteren Sinne, technische Eignung sowie ausreichender Wettbewerb vereinbar ist, die folgenden Vorschriften:

a)

Soweit Produkte von einem gemäß der Richtlinie 2010/30/EU oder gemäß einer entsprechenden Durchführungsrichtlinie der Kommission erlassenen delegierten Rechtsakt erfasst werden, beschaffen sie nur Produkte, die das Kriterium der Zugehörigkeit zur höchstmöglichen Energieeffizienzklasse in Anbetracht der Erforderlichkeit, dass hinreichender Wettbewerb sichergestellt werden muss, erfüllen.

b)

Soweit Produkte, die nicht unter Buchstabe a fallen, von einer nach Inkrafttreten der vorliegenden Richtlinie angenommenen Durchführungsmaßnahme gemäß der Richtlinie 2009/125/EG erfasst werden, beschaffen sie nur Produkte, die die in jener Durchführungsmaßnahme festgelegten Referenzwerte für die Energieeffizienz erfüllen.

c)

Sie beschaffen von dem Beschluss 2006/1005/EG des Rates vom 18. Dezember 2006 über den Abschluss des Abkommens zwischen der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Gemeinschaft über die Koordinierung von Kennzeichnungsprogrammen für Strom sparende Bürogeräte (1) erfasste Bürogeräte, die Energieeffizienzanforderungen erfüllen, die mindestens ebenso anspruchsvoll sind wie diejenigen, die in Anhang C des diesem Beschluss beigefügten Übereinkommens aufgeführt sind.

d)

Sie beschaffen ausschließlich Reifen, die das Kriterium der Zugehörigkeit zur höchsten Energieeffizienzklasse gemäß der Festlegung durch die Verordnung (EG) Nr. 1222/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 über die Kennzeichnung von Reifen in Bezug auf die Kraftstoffeffizienz und andere wesentliche Parameter (2) erfüllen. Diese Vorschrift hindert öffentliche Einrichtungen nicht daran, Reifen mit den besten Nasshaftungseigenschaften oder dem geringsten Abrollgeräusch zu beschaffen, sofern dies aus Gründen der Sicherheit oder der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt ist.

e)

Sie fordern bei der Ausschreibung von Dienstleistungsverträgen, dass Dienstleister für die Zwecke des Erbringens der betreffenden Dienstleistungen ausschließlich Produkte verwenden, die die unter Buchstabe a bis d genannten Anforderungen erfüllen, wenn sie die betreffenden Dienstleistungen erbringen. Diese Anforderung gilt nur für neue Produkte, die von Dienstleistern ausschließlich oder teilweise zur Erbringung der betreffenden Dienstleistungen erworben werden.

f)

Sie erwerben nur Gebäude bzw. treffen neue Mietvereinbarungen nur für Gebäude, die wenigstens die Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz nach Artikel 5 Absatz 1 erfüllen, es sei denn, der Erwerb des Gebäudes dient einem der nachstehend genannten Zwecke:

i)

der Vornahme umfassender Renovierung oder des Abbruchs;

ii)

im Falle von öffentlichen Einrichtungen, dem Weiterverkauf des Gebäudes ohne dessen Nutzung für die Zwecke der öffentlichen Einrichtung;

iii)

der Erhaltung als Gebäude, das als Teil eines ausgewiesenen Umfelds oder aufgrund seines besonderen architektonischen oder historischen Werts offiziell geschützt ist.

Die Erfüllung dieser Anforderungen wird mittels der Ausweise über die Gesamtenergieeffizienz nach Artikel 11 der Richtlinie 2010/31/EU überprüft.


(1)  ABl. L 381 vom 28.12.2006, S. 24.

(2)  ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 46.


ANHANG IV

ENERGIEGEHALT AUSGEWÄHLTER BRENNSTOFFE FÜR DEN ENDVERBRAUCH — UMRECHNUNGSTABELLE  (1)

Brennstoff

kJ (Nettowärmeinhalt)

kg Öläquivalent (OE) (Nettowärmeinhalt)

kWh (Nettowärmeinhalt)

1 kg Koks

28 500

0,676

7,917

1 kg Steinkohle

17 200 — 30 700

0,411 — 0,733

4,778 — 8,528

1 kg Braunkohlenbriketts

20 000

0,478

5,556

1 kg Hartbraunkohle

10 500 — 21 000

0,251 — 0,502

2,917 — 5,833

1 kg Braunkohle

5 600 — 10 500

0,134 — 0,251

1,556 — 2,917

1 kg Ölschiefer

8 000 — 9 000

0,191 — 0,215

2,222 — 2,500

1 kg Torf

7 800 — 13 800

0,186 — 0,330

2,167 — 3,833

1 kg Torfbriketts

16 000 — 16 800

0,382 — 0,401

4,444 — 4,667

1 kg Rückstandsheizöl (Schweröl)

40 000

0,955

11,111

1 kg leichtes Heizöl

42 300

1,010

11,750

1 kg Motorkraftstoff (Vergaserkraftstoff)

44 000

1,051

12,222

1 kg Paraffin

40 000

0,955

11,111

1 kg Flüssiggas

46 000

1,099

12,778

1 kg Erdgas (2)

47 200

1,126

13,10

1 kg Flüssigerdgas

45 190

1,079

12,553

1 kg Holz (25 % Feuchte) (3)

13 800

0,330

3,833

1 kg Pellets/Holzbriketts

16 800

0,401

4,667

1 kg Abfall

7 400 — 10 700

0,177 — 0,256

2,056 — 2,972

1 MJ abgeleitete Wärme

1 000

0,024

0,278

1 kWh elektrische Energie

3 600

0,086

1 (4)

Quelle: Eurostat.


(1)  Die Mitgliedstaaten können andere Umrechnungsfaktoren verwenden, wenn sie dies rechtfertigen können.

(2)  93 % Methan.

(3)  Die Mitgliedstaaten können je nach der im jeweiligen Mitgliedstaat am meisten genutzten Holzsorte andere Werte verwenden.

(4)  Sofern Energieeinsparungen in Form von Primärenergieeinsparungen unter Verwendung eines Bottom-up-Ansatzes auf der Grundlage des Endenergieverbrauchs berechnet werden. Für Einsparungen von elektrischer Energie in kWh können die Mitgliedstaaten standardmäßig einen Koeffizienten von 2,5 anwenden. Die Mitgliedstaaten können andere Koeffizienten anwenden, wenn sie dies rechtfertigen können.


ANHANG V

Einheitliche Methoden und Grundsätze zur Berechnung der Auswirkungen der Energieeffizienzverpflichtungssysteme oder anderer strategischer Maßnahmen nach Artikel 7 Absätze 1, 2 und 9 sowie Artikel 20 Absatz 6

1.

Methoden zur Berechnung von Energieeinsparungen für die Zwecke von Artikel 7 Absatz 1 und Absatz 2 und Artikel 7 Absatz 9 Unterabsatz 2 Buchstaben b, c, d, e und f sowie Artikel 20 Absatz 6

Verpflichtete, teilnehmende oder beauftragte Parteien oder durchführende öffentliche Stellen können zur Berechnung der Energieeinsparungen eine oder mehrere der folgenden Methoden anwenden:

a)

Angenommene Einsparungen, unter Bezugnahme auf die Ergebnisse früherer unabhängig kontrollierter Energieeffizienzverbesserungen in ähnlichen Anlagen. Der allgemeine Ansatz ist „ex ante“.

b)

Gemessene Einsparungen, wobei die Einsparungen aus der Umsetzung einer Maßnahme oder eines Maßnahmenpakets mittels Erfassung der tatsächlichen Verringerung der Energienutzung unter gebührender Beachtung von Faktoren, die den Verbrauch beeinflussen können, wie Zusätzlichkeit, Nutzung, Produktionsniveaus und Wetter festgestellt werden. Der allgemeine Ansatz ist „ex post“.

c)

Geschätzte Einsparungen, wobei technische Abschätzungen der Einsparungen verwendet werden. Dieser Ansatz darf nur dann verwendet werden, wenn die Ermittlung belastbarer gemessener Daten für eine bestimmte Anlage schwierig oder unverhältnismäßig teuer ist, wie z. B. Ersatz eines Kompressors oder eines Elektromotors mit anderer kWh-Nennleistung als jener, für die unabhängige Angaben zu gemessenen Einsparungen vorliegen, oder wenn die Schätzungen anhand national festgelegter Methoden und Referenzwerte von qualifizierten oder akkreditierten Experten durchgeführt werden, die unabhängig von den verpflichteten, teilnehmenden oder beauftragten Parteien sind.

d)

Mittels Erhebung bestimmte Einsparungen, bei denen die Reaktion der Verbraucher auf Beratung und Informationskampagnen, auf Kennzeichnungs- oder Zertifizierungssysteme oder auf den Einsatz intelligenter Zähler festgestellt wird. Dieser Ansatz kann nur für Einsparungen verwendet werden, die sich aus einem veränderten Verbraucherverhalten ergeben. Er darf nicht für Einsparungen verwendet werden, die sich aus dem Einbau physischer Vorrichtungen ergeben.

2.

Bei der Feststellung der Energieeinsparungen durch eine Energieeffizienzmaßnahme für die Zwecke von Artikel 7 Absatz 1 und Absatz 2 und Artikel 7 Absatz 9 Unterabsatz 2 Buchstaben b, c, d, e und f sowie Artikel 20 Absatz 6 gelten die folgenden Grundsätze:

a)

Es dürfen nur Einsparungen angerechnet werden, die über folgende Schwellen hinausgehen:

i)

Emissionsvorgaben der Union für neue Personenkraftwagen und neue leichte Nutzfahrzeuge aufgrund der Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 443/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen im Rahmen des Gesamtkonzepts der Gemeinschaft zur Verringerung der CO2 -Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen (1) bzw. der Verordnung (EU) Nr. 510/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2011 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue leichte Nutzfahrzeuge im Rahmen des Gesamtkonzepts der Union zur Verringerung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen (2);

ii)

Anforderungen der Union für energieverbrauchsrelevante Produkte, die aufgrund der Umsetzung der Durchführungsmaßnahmen nach der Richtlinie 2009/125/EG vom Markt zu nehmen sind.

b)

Um den klimatischen Unterschieden zwischen den Regionen Rechnung zu tragen, können die Mitgliedstaaten beschließen, die Einsparungen an einen Standardwert anzupassen oder unterschiedliche Energieeinsparungen entsprechend den Temperaturschwankungen zwischen den Regionen anzugeben.

c)

Die Tätigkeiten der verpflichteten, teilnehmenden oder beauftragten Parteien müssen nachweislich wesentlich für die Erreichung der geltend gemachten Einsparungen sein.

d)

Einsparungen, die sich aus einer Einzelmaßnahme ergeben, können von höchstens einer Partei für sich beansprucht werden.

e)

Bei der Berechnung der Energieeinsparungen ist die Lebensdauer der Einsparungen zu berücksichtigen. Dazu können die Einsparungen, die sich aus den Einzelmaßnahmen zwischen dem Datum ihrer Einführung und dem 31. Dezember 2020 ergeben, angerechnet werden. Ersatzweise können sich die Mitgliedstaaten für eine andere Methode entscheiden, bei der davon ausgegangen wird, dass damit Gesamteinsparungen in mindestens gleicher Höhe erreicht werden. Wenden die Mitgliedstaaten andere Methoden an, so stellen sie sicher, dass die nach diesen anderen Methoden berechnete Gesamthöhe der Energieeinsparungen nicht die Höhe der Energieeinsparungen übersteigt, die eine Berechnung ergäbe, bei der die Einsparungen, die sich aus den Einzelmaßnahmen zwischen dem Datum ihrer Einführung und dem 31. Dezember 2020 ergeben, angerechnet werden. Die Mitgliedstaaten erläutern ausführlich in ihrem ersten Nationalen Energieeffizienz-Aktionsplan nach Anhang XIV dieser Richtlinie, welche anderen Methoden sie angewandt haben und welche Regelungen getroffen worden sind, um die Einhaltung dieses verbindlichen Grundsatzes bei der Berechnung zu gewährleisten.

f)

Einzeln oder gemeinsam getroffene Maßnahmen der verpflichteten, teilnehmenden oder beauftragten Parteien, die auf eine bleibende Umstellung der Produkte, Ausrüstungen oder Märkte auf eine höhere Energieeffizienz abzielen, sind zulässig.

g)

Zur Förderung des Ergreifens von Energieeffizienzmaßnahmen stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Qualitätsstandards für Produkte, Dienstleistungen und die Durchführung von Maßnahmen beibehalten werden. Gibt es keine solchen Standards, so arbeiten die Mitgliedstaaten mit den verpflichteten, teilnehmenden oder beauftragten Parteien zusammen, um sie einzuführen.

3.

Bei der Feststellung der Energieeinsparungen durch strategische Maßnahmen gemäß Artikel 7 Absatz 9 Unterabsatz 2 Buchstabe a gelten die folgenden Grundsätze:

a)

Angerechnet werden nur Energieeinsparungen aus steuerlichen Maßnahmen, die die in der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (3) oder in der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (4) vorgegebenen Mindeststeuersätze für Kraftstoffe überschreiten.

b)

Für die Berechnung der Auswirkungen werden aktuelle und repräsentative amtliche Daten über Preiselastizitäten herangezogen.

c)

Die Energieeinsparungen aus flankierenden steuerpolitischen Instrumenten, einschließlich Steueranreizen oder Zahlungen in einen Fonds, werden getrennt verbucht.

4.

Mitteilung der Verfahren

Die Mitgliedstaaten melden der Kommission am 5. Dezember 2013 ihre geplanten detaillierten Verfahren für die Energieeffizienzverpflichtungssysteme und für die Zwecke von Artikel 7 Absatz 9 und Artikel 20 Absatz 6. Außer bei Steuern umfasst diese Meldung spezifische Angaben zu folgenden Aspekten:

a)

verpflichtete, teilnehmende oder beauftragte Parteien oder durchführende Behörden;

b)

Zielsektoren;

c)

die Höhe des Energieeinsparziels oder die zu erwartenden Einsparungen, die über den gesamten Zeitraum hinweg oder für Zwischenzeiträume angestrebt werden;

d)

die Länge des Verpflichtungszeitraums und der Zwischenzeiträume;

e)

Kategorien der anrechenbaren Maßnahmen;

f)

Berechnungsverfahren einschließlich der Angabe, wie die Zusätzlichkeit und die Wesentlichkeit festgestellt werden und welche Methoden und Referenzwerte für die technischen Schätzungen verwendet werden;

g)

die Lebensdauern von Maßnahmen;

h)

Grundsätze für die Berücksichtigung unterschiedlicher Klimabedingungen innerhalb des Mitgliedstaates;

i)

Qualitätsstandards;

j)

Überwachungs- und Prüfprotokolle sowie Methoden zur Gewährleistung der Unabhängigkeit dieser Protokolle in Bezug auf die verpflichteten, teilnehmenden oder beauftragten Parteien;

k)

Auditprotokolle und

l)

Art und Weise, in der die notwendige Einhaltung der Anforderungen nach Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 2 berücksichtigt wird.

Bei Steuern umfasst diese Meldung detaillierte Angaben zu folgenden Aspekten:

a)

Zielsektoren und Steuerzahler-Segment;

b)

durchführende Behörde;

c)

erwartete Einsparungen, die erzielt werden sollen;

d)

Laufzeit der Besteuerungsmaßnahme und Dauer der Zwischenzeiträume und

e)

Berechnungsmethode, einschließlich der verwendeten Preiselastizitäten.


(1)  ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 1.

(2)  ABl. L 145 vom 31.5.2011, S. 1.

(3)  ABl. L 283 vom 31.10.2003, S. 51.

(4)  ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.


ANHANG VI

Mindestkriterien für Energieaudits einschließlich derjenigen, die als Teil von Energiemanagementsystemen durchgeführt werden

Die Energieaudits nach Artikel 8 stützen sich auf folgende Leitlinien:

a)

Sie basieren auf aktuellen, gemessenen, belegbaren Betriebsdaten zum Energieverbrauch und den Lastprofilen (für Strom).

b)

Sie schließen eine eingehende Prüfung des Energieverbrauchsprofils von Gebäuden oder Gebäudegruppen und Betriebsabläufen oder Anlagen in der Industrie ein, einschließlich der Beförderung.

c)

Sie basieren nach Möglichkeit auf einer Lebenszyklus-Kostenanalyse anstatt auf einfachen Amortisationszeiten, um langfristige Einsparungen, Restwerte von langfristigen Investitionen und Abzinsungssätze zu berücksichtigen.

d)

Sie sind verhältnismäßig und so repräsentativ, dass sich daraus ein zuverlässiges Bild der Gesamtenergieeffizienz ergibt und sich die wichtigsten Verbesserungsmöglichkeiten zuverlässig ermitteln lassen.

Audits müssen detaillierte und validierte Berechnungen für die vorgeschlagenen Maßnahmen ermöglichen und so klare Informationen über potenzielle Einsparungen liefern.

Die für Audits herangezogenen Daten müssen für historische Analysen und zur Rückverfolgung der Leistung aufbewahrt werden können.


ANHANG VII

Mindestanforderungen an die Abrechnung und an Abrechnungsinformationen auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs

1.   Mindestanforderungen an die Abrechnung

1.1.   Abrechnung auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs

Um die Endkunden in die Lage zu versetzen, ihren eigenen Energieverbrauch zu steuern, sollte die Abrechnung auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs mindestens einmal jährlich erfolgen; Abrechnungsinformationen sollten, wenn die Verbraucher dies verlangen oder sich für die Zustellung der Abrechnung auf elektronischem Wege entschieden haben, mindestens vierteljährlich und ansonsten halbjährlich zur Verfügung gestellt werden. Ausschließlich zum Kochen verwendetes Gas kann von dieser Anforderung ausgenommen werden.

1.2.   Mindestinformationen auf der Rechnung

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass den Endkunden gegebenenfalls in oder zusammen mit den Rechnungen, Verträgen, Transaktionen und an Verteilerstationen ausgestellten Quittungen folgende Informationen auf klare und verständliche Weise zur Verfügung gestellt werden:

a)

geltende tatsächliche Preise und tatsächlicher Energieverbrauch;

b)

Vergleich des gegenwärtigen Energieverbrauchs des Endkunden mit dem Energieverbrauch im gleichen Zeitraum des Vorjahres, vorzugsweise in grafischer Form;

c)

Kontaktinformationen, darunter Internetadressen, von Verbraucherorganisationen, Energieagenturen oder ähnlichen Einrichtungen, von denen Informationen über angebotene Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz, Endnutzer-Vergleichsprofile und objektive technische Spezifikationen für energiebetriebene Geräte erhalten werden können.

Wo immer dies machbar und zweckmäßig ist, stellen die Mitgliedstaaten außerdem sicher, dass Vergleiche mit den normierten oder durch Vergleichstests ermittelten Durchschnittsendkunden derselben Nutzerkategorie den Endkunden in oder zusammen mit den Rechnungen, Verträgen, Transaktionen und an Verteilerstationen ausgestellten Quittungen auf klare und verständliche Weise zur Verfügung gestellt bzw. ausgehängt werden.

1.3.   Energieeffizienz-Begleitinformationen zu Rechnungen und sonstige Rückmeldungen an die Endkunden

Energieverteiler, Verteilernetzbetreiber und Energieeinzelhandelsunternehmen bieten ihren Kunden bei der Übermittlung von Verträgen und Vertragsänderungen sowie in den Rechnungen, die den Kunden zugehen, oder durch an einzelne Kunden gerichtete Internetseiten klare und verständliche Angaben (darunter Internetadressen) zur Kontaktaufnahme mit unabhängigen Verbraucherberatungszentren, Energieagenturen oder ähnlichen Institutionen, bei denen Beratung zu bestehenden Energieeffizienzmaßnahmen, Vergleichsprofile für ihren Energieverbrauch und technische Spezifikationen für energiebetriebene Geräte, die zur Verringerung des Verbrauchs dieser Geräte beitragen können, erhältlich sind.


ANHANG VIII

Effizienzpotenzial in der Wärme- und Kälteversorgung

1.

Die in Artikel 14 Absatz 1 genannte umfassende Bewertung des nationalen Wärme- und Kälteversorgungspotenzials umfasst:

a)

eine Beschreibung des Wärme- und Kältebedarfs;

b)

eine Prognose dazu, wie sich dieser Bedarf in den nächsten 10 Jahren ändern wird, unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung des Bedarfs in Gebäuden und in den verschiedenen Industriesektoren;

c)

eine Landkarte des Hoheitsgebiets mit folgenden Angaben, unter Wahrung der Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen:

i)

Wärme- und Kältebedarfspunkte, darunter

Städte/Gemeinden und Ballungsgebiete mit einer Geschossflächenzahl von mindestens 0,3;

Industriegebiete mit einem Jahresgesamtwärme- und -kälteverbrauch von über 20 GWh;

ii)

bestehende und geplante Fernwärme- und Fernkälteinfrastruktur;

iii)

potenzielle Wärme- und Kälteversorgungspunkte, darunter

Stromerzeugungsanlagen mit einer Jahresgesamtstromerzeugung von über 20 GWh;

Abfallverbrennungsanlagen;

bestehende und geplante KWK-Anlagen, die in Anhang I Teil II genannte Technologien verwenden, und Fernwärmeanlagen;

d)

Ermittlung des Wärme- und Kältebedarfs, der durch hocheffiziente KWK, darunter KWK-Kleinstanlagen im Wohnsektor, und durch Fernwärme und -kälte gedeckt werden könnte;

e)

Ermittlung des Potenzials zusätzlicher hocheffizienter KWK, u. a. aus der Modernisierung bestehender bzw. dem Bau neuer Erzeugungsanlagen und Industrieanlagen oder anderer Anlagen, die Abwärme erzeugen;

f)

Bestimmung der Energieeffizienzpotenziale bei der Fernwärme- und Fernkälteinfrastruktur;

g)

Strategien, Vorgaben und Maßnahmen, die bis 2020 und bis 2030 zur Realisierung des in Buchstabe e genannten Potenzials zwecks Deckung des in Buchstabe d genannten Bedarfs beschlossen werden können, darunter gegebenenfalls Vorschläge

i)

zur Steigerung des Anteils von KWK an der Wärme- und Kälteerzeugung und der Stromerzeugung;

ii)

zum Ausbau einer effizienten Fernwärme- und Fernkälteinfrastruktur in einer Weise, die der Entwicklung hocheffizienter KWK und der Nutzung von Wärme und Kälte aus Abwärme und erneuerbaren Energiequellen gerecht wird;

iii)

zur Förderung der Errichtung neuer thermischer Stromerzeugungsanlagen und Abwärme erzeugender Industrieanlagen an Standorten, die eine Rückgewinnung der verfügbaren Abwärme im größtmöglichen Umfang zur Deckung des bestehenden oder prognostizierten Wärme- oder Kältebedarfs ermöglichen;

iv)

zur Förderung der Errichtung neuer Wohngebiete oder neuer Industrieanlagen, die beim Produktionsprozess Wärme verbrauchen, an Standorten, an denen die verfügbare Abwärme gemäß der umfassenden Bewertung zur Deckung ihres Wärme- und Kältebedarfs beitragen kann. Dies könnte Vorschläge einbeziehen, die die Ansiedelung einer ganzen Reihe einzelner Anlagen am gleichen Standort fördern, um eine optimale Abstimmung zwischen dem Wärme- und Kältebedarf und dem Wärme- und Kälteangebot zu gewährleisten;

v)

zur Förderung des Anschlusses von thermischen Stromerzeugungsanlagen, Abwärme erzeugenden Industrieanlagen, Abfallverbrennungsanlagen und anderen Anlagen zur Energiegewinnung aus Abfällen an das lokale Fernwärme- oder -kältenetz;

vi)

zur Förderung des Anschlusses von Wohngebieten und Industrieanlagen, die beim Produktionsprozess Wärme verbrauchen, an das lokale Fernwärme- oder -kältenetz;

h)

Anteil hocheffizienter KWK sowie gemäß der Richtlinie 2004/8/EG ermitteltes Potenzial und erzielte Fortschritte;

i)

eine Schätzung der einzusparenden Primärenergie;

j)

eine Schätzung der etwaigen öffentlichen Unterstützungsmaßnahmen für Wärme- und Kälteversorgung mit Jahresbudget und Ermittlung des potenziellen Beihilfeelements. Dies greift einer separaten Notifizierung der staatlichen Förderregelungen für eine beihilferechtliche Prüfung nicht vor.

2.

Die umfassende Bewertung kann, soweit zweckmäßig, aus einer Zusammenstellung regionaler oder lokaler Pläne und Strategien bestehen.


ANHANG IX

KOSTEN-NUTZEN-ANALYSE

Teil 1

Allgemeine Grundsätze der Kosten-Nutzen-Analyse

Die Durchführung von Kosten-Nutzen-Analysen in Zusammenhang mit Maßnahmen zur Förderung von Effizienz bei der Wärme- und Kälteversorgung gemäß Artikel 14 Absatz 3 dient der Schaffung einer Entscheidungsgrundlage für die qualifizierte Prioritätensetzung auf gesellschaftlicher Ebene im Hinblick auf begrenzte Ressourcen.

Die Kosten-Nutzen-Analyse erstreckt sich entweder auf eine Bewertung eines Projekts oder einer Gruppe von Projekten im Hinblick auf eine umfassendere lokale, regionale oder nationale Bewertung zur Festlegung der kostenwirksamsten und zweckmäßigsten Wärme- oder Kälteversorgungsoption für ein bestimmtes geografisches Gebiet zum Zwecke der Wärmeplanung.

Die Kosten-Nutzen-Analyse zum Zwecke von Artikel 14 Absatz 3 beinhaltet eine wirtschaftliche Analyse unter Berücksichtigung sozioökonomischer und ökologischer Faktoren.

Die Kosten-Nutzen-Analysen beinhalten folgende Schritte und Erwägungen:

a)

Festlegung einer Systemgrenze und einer geografischen Grenze

Der Rahmen der betreffenden Kosten-Nutzen-Analyse bestimmt das relevante Energiesystem. Die geografische Grenze bezieht sich auf ein geeignetes, genau definiertes geografisches Gebiet, beispielsweise eine bestimmte Region oder ein Ballungsgebiet, um zu vermeiden, dass einzelprojektbezogen suboptimale Lösungen ausgewählt werden.

b)

Integrierter Ansatz für die Bedarfs- und Angebotsoptionen

Die Kosten-Nutzen-Analyse berücksichtigt alle vorhandenen Daten über die relevanten Versorgungsressourcen, die innerhalb der Systemgrenzen und der geografischen Grenze verfügbar sind — einschließlich der Abwärme aus Kraftwerken, Industrieanlagen und erneuerbaren Quellen —, sowie die Merkmale und Trends beim Wärme- und Kältebedarf.

c)

Aufstellung eines Ausgangsszenarios

Das Ausgangsszenario dient als Referenz für die Bewertung alternativer Szenarien.

d)

Bestimmung alternativer Szenarien

Alle relevanten Alternativen zum Ausgangsszenario werden in Betracht gezogen. Szenarien, die aus technischen oder finanziellen Gründen, aufgrund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften oder aus Zeitgründen nicht durchführbar sind, können in einer frühen Phase der Kosten-Nutzen-Analyse ausgeschlossen werden, falls sorgfältige, ausdrücklich benannte und ausführlich dokumentierte Überlegungen dies rechtfertigen.

Ausschließlich die hocheffiziente KWK, die effiziente Fernwärme- und Fernkälteversorgung oder effiziente individuelle Wärme- bzw. Kälteversorgungsoptionen sollten in der Kosten-Nutzen-Analyse als Alternativen zum Ausgangsszenario berücksichtigt werden.

e)

Methode zur Berechnung des Kosten-Nutzen-Ergebnisses

i)

Die gesamten langfristigen Kosten und der gesamte langfristige Nutzen von Wärme- bzw. Kälteversorgungsoptionen werden ermittelt und einander gegenübergestellt.

ii)

Bewertungskriterium ist der Kapitalwert (Net Present Value).

iii)

Der zeitliche Rahmen wird so gewählt, dass alle relevanten Kosten- und Nutzenpositionen des Szenarios erfasst werden. Beispielsweise könnte ein angemessener zeitlicher Rahmen bei einem Gaskraftwerk 25 Jahre betragen, bei einem Fernwärmesystem 30 Jahre oder bei Heizgeräten wie Kesselanlagen 20 Jahre.

f)

Preisberechnung und Preisvorhersagen sowie andere Annahmen für die wirtschaftliche Analyse

i)

Für die Zwecke der Kosten-Nutzen-Analysen treffen die Mitgliedstaaten Annahmen zu den Preisen wichtiger Input- und Output-Faktoren und zum Abzinsungssatz.

ii)

Der bei der wirtschaftlichen Analyse zur Berechnung des Kapitalwerts verwendete Abzinsungssatz wird gemäß den europäischen oder nationalen Leitlinien ausgewählt (1).

iii)

Die Mitgliedstaaten nutzen Prognosen für die nationalen, europäischen oder internationalen Energiepreisentwicklungen, falls dies in ihrem nationalen und/oder regionalen/lokalen Kontext zweckmäßig ist.

iv)

Die in der wirtschaftlichen Analyse verwendeten Preise müssen die wahren sozioökonomischen Kosten und Vorteile widerspiegeln und sollten externe Kosten — beispielsweise Umwelt- und Gesundheitsfolgen — soweit möglich einbeziehen, d. h., wenn es dafür Marktpreise gibt oder dies bereits in europäischen oder nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.

g)

Wirtschaftliche Analyse: Bestandsaufnahme der Auswirkungen

Bei der wirtschaftlichen Analyse sind alle relevanten wirtschaftlichen Auswirkungen zu berücksichtigen.

Die Mitgliedstaaten können die Kosten und Energieeinsparungen, die sich aus der erhöhten Flexibilität bei der Energieversorgung und aus einem optimierten Betrieb der Elektrizitätsnetze in den analysierten Szenarien ergeben, bewerten und bei ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigen, darunter auch vermiedene Kosten und Einsparungen durch geringere Infrastrukturinvestitionen.

Bei Kosten und Nutzen ist zumindest Folgendes zu berücksichtigen:

i)

Nutzen

Nutzwert für den Verbraucher (Wärme und Elektrizität),

soweit möglich externer Nutzen, beispielsweise Nutzen für Umwelt und Gesundheit;

ii)

Kosten

Kapitalkosten von Anlagen und Ausrüstungen,

Kapitalkosten der dazugehörigen Energienetze,

variable und feste Betriebskosten,

Energiekosten,

soweit möglich Umwelt- und Gesundheitskosten.

h)

Sensitivitätsanalyse:

Es wird eine Sensitivitätsanalyse einbezogen, um Kosten und Nutzen eines Projekts oder einer Gruppe von Projekten auf der Grundlage unterschiedlicher Energiepreise, Diskontsätze und sonstiger variabler Faktoren, die sich erheblich auf das Ergebnis der Berechnungen auswirken, zu bewerten.

Die Mitgliedstaaten benennen die zuständige Behörde, die für die Durchführung der Kosten-Nutzen-Analysen nach Artikel 14 verantwortlich ist. Die Mitgliedstaaten können von zuständigen lokalen, regionalen oder nationalen Behörden oder Betreibern einzelner Anlagen verlangen, die wirtschaftliche und finanzielle Analyse durchzuführen. Sie geben die detaillierten Methoden und Annahmen nach diesem Anhang vor, stellen die Verfahren für die wirtschaftliche Analyse auf und machen diese öffentlich bekannt.

Teil 2

Grundsätze für die Zwecke von Artikel 14 Absätze 5 und 7

Die Kosten-Nutzen-Analysen liefern Informationen für die in Artikel 14 Absätze 5 und 7 genannten Maßnahmen:

Wird die Errichtung einer reinen Stromerzeugungsanlage oder einer Anlage ohne Wärmerückgewinnung geplant, so wird die geplante Anlage oder die geplante Modernisierung mit einer gleichwertigen Anlage verglichen, bei der dieselbe Menge an Strom oder an Prozesswärme erzeugt, jedoch Abwärme rückgeführt und Wärme mittels hocheffizienter KWK und/oder Fernwärme- und Fernkältenetze abgegeben wird.

Bei der Bewertung werden innerhalb festgelegter geografischer Grenzen die geplante Anlage und etwaige geeignete bestehende oder potenzielle Wärmebedarfspunkte, die über die Anlage versorgt werden könnten, berücksichtigt, wobei den praktischen Möglichkeiten (z. B. technische Machbarkeit und Entfernung) Rechnung zu tragen ist.

Die Systemgrenze wird so festgelegt, dass sie die geplante Anlage und die Wärmelasten umfasst, beispielsweise Gebäude und Industrieprozesse. Innerhalb dieser Systemgrenze sind die Gesamtkosten für die Bereitstellung von Wärme und Strom für beide Fälle zu ermitteln und zu vergleichen.

Die Wärmelasten umfassen bestehende Wärmelasten wie Industrieanlagen oder vorhandene Fernwärmesysteme sowie — in städtischen Gebieten — die Wärmelasten und -kosten, die bestehen würden, wenn eine Gebäudegruppe oder ein Stadtteil ein neues Fernwärmenetz erhielte und/oder an ein solches angeschlossen würde.

Die Kosten-Nutzen-Analyse stützt sich auf eine Beschreibung der geplanten Anlage und der Vergleichsanlage(n); diese umfasst — gegebenenfalls — die elektrische und thermische Kapazität, den Brennstofftyp, die geplante Verwendung und die geplante Anzahl der Betriebsstunden pro Jahr, den Standort und den Bedarf an Strom und Wärme.

Für die Zwecke des Vergleichs werden der Wärmeenergiebedarf und die Arten der Wärme- und Kälteversorgung, die von den nahe gelegenen Wärmebedarfspunkten genutzt werden, berücksichtigt. In den Vergleich fließen die infrastrukturbezogenen Kosten der geplanten Anlage und der Vergleichsanlage ein.

Die Kosten-Nutzen-Analyse zum Zwecke von Artikel 14 Absatz 5 beinhaltet eine wirtschaftliche Analyse unter Berücksichtigung einer Finanzanalyse, die Aufschluss über die tatsächlichen Cashflow-Transaktionen gibt, die sich aus Investitionen in einzelne Anlagen und deren Betrieb ergeben.

Ein positives Ergebnis der Kosten-Nutzen-Analyse eines Projekts liegt vor, wenn in der wirtschaftlichen Analyse und in der Finanzanalyse der abgezinste Gesamtnutzen die abgezinsten Gesamtkosten übersteigt (positives Kosten-Nutzen-Ergebnis).

Die Mitgliedstaaten legen Leitgrundsätze für die Methodik, die Annahmen und den zeitlichen Rahmen der wirtschaftlichen Analyse fest.

Die Mitgliedstaaten können von den Unternehmen, die für den Betrieb von thermischen Stromerzeugungsanlagen, Industrieanlagen sowie Fernwärme- und Fernkältenetzen zuständig sind, oder von anderen Parteien, auf die sich die festgelegte Systemgrenze und geografische Grenze auswirkt, Angaben verlangen, die zur Bewertung von Kosten und Nutzen einzelner Anlagen verwendet werden.


(1)  Der zum Zweck der wirtschaftlichen Analyse ausgewählte nationale Diskontsatz sollte den von der Europäischen Zentralbank bereitgestellten Daten Rechnung tragen.


ANHANG X

Herkunftsnachweis für Strom aus hocheffizienter KWK

a)

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass

i)

der Herkunftsnachweis für Strom aus hocheffizienter KWK

den Erzeugern den Nachweis ermöglicht, dass der von ihnen verkaufte Strom aus hocheffizienter KWK stammt und auf Antrag des Erzeugers zu diesem Zweck ausgestellt wird;

genau, zuverlässig und betrugssicher ist;

elektronisch ausgestellt, übermittelt und annulliert wird;

ii)

eine Energieeinheit aus hocheffizienter KWK stets nur einmal angerechnet wird.

b)

Der Herkunftsnachweis gemäß Artikel 14 Absatz 10 enthält mindestens folgende Angaben:

i)

Bezeichnung, Standort, Typ und (thermische und elektrische) Kapazität der Anlage, in der die Energie erzeugt wurde;

ii)

Erzeugungszeitpunkte und -orte;

iii)

unterer Heizwert des Primärenergieträgers, aus dem der Strom erzeugt wurde;

iv)

Menge und Verwendung der zusammen mit dem Strom erzeugten Wärme;

v)

Menge an Strom aus hocheffizienter KWK gemäß Anhang II, für die der Nachweis ausgestellt wird;

vi)

Primärenergieeinsparungen, die gemäß Anhang II auf der Grundlage der in Anhang II Buchstabe f genannten harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte berechnet worden sind;

vii)

elektrischer und thermischer Nennwirkungsgrad der Anlage;

viii)

ob und in welchem Umfang die Anlage Gegenstand von Investitionsförderung war;

ix)

ob und in welchem Umfang die betreffende Energieeinheit in irgendeiner anderen Weise Gegenstand einer nationalen Förderregelung war, und Art der Förderregelung;

x)

Datum der Inbetriebnahme der Anlage;

xi)

Ausstellungsdatum und ausstellendes Land sowie eine eindeutige Kennnummer.

Der Herkunftsnachweis gilt standardmäßig für 1 MWh. Er bezieht sich auf die an der Außenseite der Anlage gemessene und in das Netz eingespeiste Nettostromerzeugung.


ANHANG XI

Energieeffizienzkriterien für die Regulierung von Energienetzen und für Stromnetztarife

1.

Netztarife müssen Kosteneinsparungen in Netzen, die durch nachfrageseitige und Laststeuerungs-Maßnahmen (Demand Response) sowie durch dezentrale Erzeugung erzielt wurden, darunter Einsparungen durch Senkung der Bereitstellungskosten oder durch Netzinvestitionen und optimierten Netzbetrieb, kostenorientiert widerspiegeln.

2.

Netzregulierung und Netztarife dürfen Netzbetreiber oder Energieeinzelhändler nicht daran hindern, Systemdienste für Laststeuerungs-Maßnahmen, Nachfragemanagement und dezentrale Erzeugung auf organisierten Strommärkten zur Verfügung zu stellen, insbesondere:

a)

Lastverlagerung von Spitzenzeiten in Nebenzeiten durch Endkunden unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit von Energie aus erneuerbaren Quellen, aus KWK und dezentraler Erzeugung;

b)

Energieeinsparungen infolge der Laststeuerung bezüglich dezentraler Verbraucher durch Energieaggregatoren;

c)

Nachfrageverringerung infolge von Energieeffizienzmaßnahmen seitens Energiedienstleistern, darunter Energiedienstleistungsunternehmen;

d)

Anbindung und Einsatz von Erzeugungsquellen auf niedrigeren Spannungsebenen;

e)

Anbindung von Erzeugungsquellen an verbrauchsnäheren Standorten;

f)

Energiespeicherung.

Im Sinne dieser Bestimmung umfasst der Begriff „organisierte Strommärkte“ außerbörsliche Märkte und Strombörsen zum Handel mit Energie, Kapazität, Ausgleichs- und Hilfsdiensten in allen Zeitrastern, einschließlich Terminmärkte, Day-Ahead- und Intraday-Märkte.

3.

Netz- oder Einzelhandelstarife können einer dynamischen Tarifierung im Hinblick auf Laststeuerung-Maßnahmen seitens der Endkunden förderlich sein, wie z. B.

a)

nutzungszeitspezifische Tarife;

b)

Tarifierung in kritischen Spitzenzeiten;

c)

Echtzeit-Tarifierung;

d)

Spitzenzeitenrabatte.


ANHANG XII

ENERGIEEFFIZIENZANFORDERUNGEN AN ÜBERTRAGUNGS- UND VERTEILERNETZBETREIBER

Die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber sind verpflichtet,

a)

ihre Standardregeln für die Übernahme und Teilung der Kosten für technische Anpassungen wie Netzanschlüsse und Netzverstärkungen, verbesserten Netzbetrieb und Regeln für die nichtdiskriminierende Anwendung der Netzkodizes, die erforderlich sind zur Einbindung neuer Produzenten, die aus hocheffizienter KWK erzeugten Strom in das Verbundnetz einspeisen, aufzustellen und zu veröffentlichen;

b)

neuen Erzeugern von Strom aus hocheffizienter KWK, die Netzanschluss wünschen, in umfassender Weise die dazu erforderlichen Informationen bereitzustellen, darunter

i)

einen umfassenden und detaillierten Voranschlag der durch den Anschluss entstehenden Kosten;

ii)

einen angemessenen und genauen Zeitplan für die Entgegennahme und die Bearbeitung des Antrags auf Anschluss an das Netz;

iii)

einen angemessenen Richtzeitplan für jeden vorgeschlagenen Netzanschluss. Die Dauer des Gesamtverfahrens zur Erlangung eines Netzanschlusses sollte — unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit und der Gleichbehandlung — 24 Monate nicht übersteigen;

c)

standardisierte und vereinfachte Verfahren für den Anschluss dezentraler Erzeuger von Strom aus hocheffizienter KWK bereitzustellen, um deren Netzanschluss zu erleichtern.

Die in Buchstabe a genannten Standardregeln müssen sich auf objektive, transparente und nichtdiskriminierende Kriterien stützen, die insbesondere sämtliche Kosten und Vorteile des Anschlusses jener Erzeuger an das Netz berücksichtigen. Sie können verschiedene Arten von Anschlüssen vorsehen.


ANHANG XIII

Mindestelemente in Energieleistungsverträgen mit dem öffentlichen Sektor oder in den zugehörigen Ausschreibungsbedingungen

Klare und transparente Aufstellung der durchzuführenden Effizienzmaßnahmen oder der zu erzielenden Effizienzergebnisse.

Mittels Durchführung der Vertragsmaßnahmen zu erzielende garantierte Einsparungen.

Vertragslaufzeit und -zwischenziele, Kündigungsbedingungen und -fristen.

Klare und transparente Aufstellung der Verpflichtungen jeder Vertragspartei.

Für die Ermittlung der erzielten Einsparungen maßgebliche(s) Datum/Daten.

Klare und transparente Aufstellung der zur Durchführung einer Maßnahme oder eines Maßnahmenpakets zu unternehmenden Schritte und, sofern relevant, der dazugehörigen Kosten.

Verpflichtung zur vollständigen Durchführung der Vertragsmaßnahmen und Dokumentation aller im Laufe des Projekts vorgenommenen Änderungen.

Vorschriften zur Einbeziehung gleichwertiger Anforderungen in alle Unteraufträge an Dritte.

Klare und transparente Angabe der finanziellen Implikationen des Projekts und Aufteilung der erzielten monetären Einsparungen zwischen den Parteien (d. h. Bezahlung des Dienstleisters).

Klare und transparente Bestimmungen zur Messung und Überprüfung der erzielten garantierten Einsparungen, Qualitätskontrollen und Garantien.

Bestimmungen zur Klärung des Verfahrens zum Umgang mit sich wandelnden Rahmenbedingungen, die den Vertragsinhalt und das Vertragsergebnis berühren (d. h. sich ändernde Energiepreise, Nutzungsintensität der Anlage).

Detaillierte Informationen zu den Verpflichtungen jeder Vertragspartei und zu den Sanktionen bei Nichteinhaltung.


ANHANG XIV

ALLGEMEINER RAHMEN FÜR DIE BERICHTERSTATTUNG

Teil 1

Allgemeiner Rahmen für Jahresberichte

Der Jahresbericht gemäß Artikel 24 Absatz 1 bildet eine Grundlage für die Überwachung der Fortschritte im Hinblick auf die nationalen Ziele für das Jahr 2020. Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Berichte die folgenden Mindestinformationen enthalten:

a)

eine Schätzung der folgenden Indikatoren im Jahr vor dem Vorjahr (Jahr X (1)-2):

i)

Primärenergieverbrauch,

ii)

Gesamtendenergieverbrauch,

iii)

Endenergieverbrauch nach Sektor

Industrie,

Verkehr (differenziert zwischen Personen- und Güterverkehr, falls verfügbar),

Haushalte,

Dienstleistungen,

iv)

Bruttowertschöpfung nach Sektor

Industrie,

Dienstleistungen,

v)

verfügbares Einkommen der Haushalte,

vi)

Bruttoinlandsprodukt (BIP),

vii)

Stromerzeugung in Wärmekraftwerken,

viii)

Stromerzeugung in KWK-Anlagen,

ix)

Wärmeerzeugung in Wärmekraftwerken,

x)

Wärmeerzeugung in KWK-Anlagen, unter Einbeziehung der industriellen Abwärme,

xi)

Brennstoffeinsatz in Wärmekraftwerken,

xii)

Personenkilometer (pkm), falls verfügbar,

xiii)

Tonnenkilometer (tkm), falls verfügbar,

xiv)

kombinierte Kilometer (pkm + tkm), falls die Ziffern xii und xiii nicht verfügbar sind,

xv)

Bevölkerung.

In Sektoren mit stabilem oder ansteigendem Energieverbrauch untersuchen die Mitgliedstaaten die Gründe hierfür und fügen den Schätzungen ihre Bewertung bei.

Der zweite Bericht und Folgeberichte enthalten ferner die Angaben nach den Buchstaben b bis e:

b)

Aktualisierte Angaben zu den wichtigsten im Vorjahr getroffenen legislativen und sonstigen Maßnahmen, die zu den nationalen Gesamt-Energieeffizienzzielen für 2020 beitragen.

c)

Gesamtfläche von Gebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von mehr als 500 m2 und ab dem 9. Juli 2015 von mehr als 250 m2, die sich im Eigentum der Zentralregierung des betreffenden Mitgliedstaats befinden und von ihr genutzt werden, die am 1. Januar des Jahres, in dem der Bericht fällig ist, die in Artikel 5 Absatz 1 genannten Anforderungen an die Energieeffizienz nicht erfüllt hat.

d)

Gesamtfläche von beheizten und/oder gekühlten Gebäuden, die sich im Eigentum der Zentralregierung des betreffenden Mitgliedstaats befinden und von ihr genutzt werden, die im Vorjahr gemäß Artikel 5 Absatz 1 renoviert wurde, oder Energieeinsparungen gemäß Artikel 5 Absatz 6 in anrechnungsfähigen Gebäuden, die sich im Eigentum der Zentralregierung des betreffenden Mitgliedstaats befinden.

e)

Energieeinsparungen, die durch die nationalen Energieeffizienzverpflichtungssysteme nach Artikel 7 Absatz 1 oder die gemäß Artikel 7 Absatz 9 verabschiedeten Alternativmaßnahmen erzielt wurden.

Der erste Bericht muss auch das in Artikel 3 Absatz 1 genannte nationale Energieeffizienzziel umfassen.

In die Jahresberichte nach Artikel 24 Absatz 1 können die Mitgliedstaaten auch zusätzliche nationale Ziele aufnehmen. Diese können sich insbesondere auf die in Buchstabe a dieses Teils aufgezählten statistischen Indikatoren oder auf Kombinationen derselben beziehen, beispielsweise die Primärenergie- oder Endenergieintensität oder die sektorspezifischen Energieintensitäten.

Teil 2

Allgemeiner Rahmen für Nationale Energieeffizienz-Aktionspläne

Die in Artikel 24 Absatz 2 genannten Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne müssen einen Rahmen für die Entwicklung der nationalen Energieeffizienzstrategien bilden.

Die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne müssen bedeutende Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz sowie erwartete/erzielte Energieeinsparungen umfassen, u. a. bei der Energieversorgung, -übertragung bzw. -fernleitung und -verteilung sowie beim Energieendverbrauch. Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne die folgenden Mindestinformationen enthalten:

1.

Ziele und Strategien

indikatives nationales Energieeffizienzziel für 2020 gemäß Artikel 3 Absatz 1;

nationaler Energieeinsparrichtwert gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2006/32/EG;

sonstige bestehende Energieeffizienzziele für die Gesamtwirtschaft oder bestimmte Sektoren.

2.

Maßnahmen und Energieeinsparungen

Die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne müssen Informationen über verabschiedete oder zur Verabschiedung anstehende Maßnahmen zur Umsetzung der wichtigsten Aspekte dieser Richtlinie sowie über die entsprechenden Einsparungen enthalten.

a)

Primärenergieeinsparungen

In den Nationalen Energieeffizienz-Aktionsplänen müssen bedeutende Maßnahmen und Aktionen aufgeführt werden, die im Hinblick auf Primärenergieeinsparung in sämtlichen Wirtschaftssektoren unternommen wurden. Für jede Maßnahme oder jedes Maßnahmen-/Aktionspaket sind Schätzungen der erwarteten Einsparungen für das Jahr 2020 und die zum Berichtszeitpunkt erzielten Einsparungen anzugeben.

Soweit verfügbar, sollten Informationen zu anderen Auswirkungen/Nutzeffekten der Maßnahmen (Verringerung der Treibhausgasemissionen, bessere Luftqualität, Schaffung von Arbeitsplätzen usw.) und das Budget für die Durchführung angegeben werden.

b)

Endenergieeinsparungen

Der erste und der zweite Nationale Energieeffizienz-Aktionsplan müssen eine Aufstellung der Ergebnisse bezüglich des Erreichens der in Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 2006/32/EG genannten Einsparziele beim Endenergieverbrauch enthalten. Ist keine Berechnung/Schätzung der Einsparungen je Maßnahme verfügbar, so ist die Verringerung des Energieverbrauchs auf Sektorebene aufgrund der (Kombination von) Maßnahmen auszuweisen.

Der erste und der zweite Nationale Energieeffizienz-Aktionsplan müssen auch die zur Ermittlung der Energieeinsparungen angewandte Mess- und/oder Berechnungsmethode enthalten. Wird die „empfohlene Methode“ (2) angewandt, so sollte der Nationale Energieeffizienz-Aktionsplan hierauf verweisen.

3.

Spezifische Informationen bezüglich dieser Richtlinie

3.1.

Öffentliche Einrichtungen (Artikel 5)

Die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne müssen eine Aufstellung der öffentlichen Einrichtungen enthalten, die einen Energieeffizienzplan gemäß Artikel 5 Absatz 7 erstellt haben.

3.2.

Energieeffizienzverpflichtungen (Artikel 7)

Die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne müssen die gemäß Anhang IV gewählten nationalen Koeffizienten enthalten.

Der erste Nationale Energieeffizienz-Aktionsplan muss eine kurze Beschreibung des nationalen Systems nach Artikel 7 Absatz 1 oder der gemäß Artikel 7 Absatz 9 verabschiedeten Alternativmaßnahmen enthalten.

3.3.

Energieaudits und Energiemanagementsysteme (Artikel 8)

Die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne müssen folgende Angaben enthalten:

a)

Anzahl der im vorausgegangenen Zeitraum durchgeführten Energieaudits;

b)

Anzahl der im vorausgegangenen Zeitraum in großen Unternehmen durchgeführten Energieaudits;

c)

Anzahl großer Unternehmen im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats und Anzahl der Unternehmen, für die Artikel 8 Absatz 5 gilt.

3.4.

Förderung von Effizienz bei der Wärme- und Kälteversorgung (Artikel 14)

Die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne müssen eine Bewertung der Fortschritte enthalten, die bei der Durchführung der in Artikel 14 Absatz 1 genannten umfassenden Bewertung erzielt wurden.

3.5.

Energieübertragung bzw. -fernleitung und -verteilung (Artikel 15)

Der erste Nationale Energieeffizienz-Aktionsplan und die danach alle 10 Jahre fälligen Folgeberichte müssen die durchgeführte Bewertung und die ausgewiesenen Maßnahmen und Investitionen zur Nutzung der Energieeffizienzpotenziale der Gas- und Elektrizitätsinfrastruktur gemäß Artikel 15 Absatz 2 enthalten.

3.6.

Die Mitgliedstaaten berichten im Rahmen ihrer Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne über die Maßnahmen, die zur Ermöglichung und Entwicklung der Laststeuerung gemäß Artikel 15 ergriffen wurden.

3.7.

Verfügbarkeit von Qualifizierungs-, Akkreditierungs- und Zertifizierungssystemen (Artikel 16)

Die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne müssen Angaben zu den verfügbaren Qualifizierungs-, Akkreditierungss- und Zertifizierungssystemen oder gleichwertigen Qualifizierungssystemen für die Anbieter von Energiedienstleistungen, Energieaudits und Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz enthalten.

3.8.

Energiedienstleistungen (Artikel 18)

Die Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne müssen einen Link zu der Internetseite enthalten, auf der die in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c genannte Liste der Anbieter von Energiedienstleistungen bzw. die entsprechende Schnittstelle zugänglich ist.

3.9.

Sonstige Maßnahmen zur Förderung von Energieeffizienz (Artikel 19)

Der erste Nationale Energieeffizienz-Aktionsplan muss eine Aufstellung der in Artikel 19 Absatz 1 genannten Maßnahmen enthalten.


(1)  X = laufendes Jahr.

(2)  Empfehlungen zu Mess- und Prüfmethoden im Rahmen der Richtlinie 2006/32/EG über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen.


ANHANG XV

Entsprechungstabelle

Richtlinie 2004/8/EG

Diese Richtlinie

Artikel 1

Artikel 1 Absatz 1

Artikel 2

Artikel 1 Absatz 1

Artikel 3 Buchstabe a

Artikel 2 Nummer 30

Artikel 3 Buchstabe b

Artikel 2 Nummer 32

Artikel 3 Buchstabe c

Artikel 2 Nummer 31

Artikel 3 Buchstabe d

Artikel 2 Nummer 33

Artikel 3 Buchstaben e und f

Artikel 3 Buchstabe g

Artikel 2 Nummer 35

Artikel 3 Buchstabe h

Artikel 3 Buchstabe i

Artikel 2 Nummer 34

Artikel 3 Buchstabe j

Artikel 3 Buchstabe k

Artikel 2 Nummer 36

Artikel 3 Buchstabe l

Artikel 2 Nummer 37

Artikel 3 Buchstabe m

Artikel 2 Nummer 39

Artikel 3 Buchstabe n

Artikel 2 Nummer 38

Artikel 3 Buchstabe o

Artikel 2 Nummern 40, 41, 42, 43 und 44

Artikel 4 Absatz 1

Anhang II Buchstabe f Nummer 1

Artikel 4 Absatz 2

Artikel 14 Absatz 10 Unterabsatz 2

Artikel 4 Absatz 3

Artikel 5

Artikel 14 Absatz 10 Unterabsatz 1und Anhang X

Artikel 6

Artikel 14 Absätze 1 und 3 und Anhänge VIII und IX

Artikel 7 Absatz 1

Artikel 14 Absatz 11

Artikel 7 Absätze 2 und 3

Artikel 8

Artikel 15 Absatz 5

Artikel 15 Absätze 6, 7, 8 und 9

Artikel 9

Artikel 10 Absätze 1 und 2

Artikel 14 Absatz 1, Artikel 24 Absatz 2 und Anhang XIV Teil 2

Artikel 10 Absatz 3

Artikel 24 Absatz 6

Artikel 11

Artikel 24 Absatz 3

Artikel 24 Absatz 5

Artikel 12 Absätze 1 und 3

Artikel 12 Absatz 2

Anhang II Buchstabe c

Artikel 13

Artikel 22 Absatz 2

Artikel 14

Artikel 15

Artikel 28

Artikel 16

Artikel 17

Artikel 29

Artikel 18

Artikel 30

Anhang I

Anhang I Teil II

Anhang II

Anhang I Teile I und II letzter Unterabsatz

Anhang III

Anhang II

Anhang IV

Anhang VIII

Anhang IX


Richtlinie 2006/32/EG

Diese Richtlinie

Artikel 1

Artikel 1 Absatz 1

Artikel 2

Artikel 1 Absatz 1

Artikel 3 Buchstabe a

Artikel 2 Nummer 1

Artikel 3 Buchstabe b

Artikel 2 Nummer 4

Artikel 3 Buchstabe c

Artikel 2 Nummer 6

Artikel 3 Buchstabe d

Artikel 2 Nummer 5

Artikel 2 Nummern 2 und 3

Artikel 3 Buchstabe e

Artikel 2 Nummer 7

Artikel 3 Buchstabe f, g, h und i

Artikel 2 Nummern 8 bis 19

Artikel 3 Buchstabe j

Artikel 2 Nummer 27

Artikel 2 Nummer 28

Artikel 3 Buchstabe k

Artikel 3 Buchstabe l

Artikel 2 Nummer 25

Artikel 2 Nummer 26

Artikel 3 Buchstabe m

Artikel 3 Buchstabe n

Artikel 2 Nummer 23

Artikel 3 Buchstabe o

Artikel 2 Nummer 20

Artikel 3 Buchstabe p

Artikel 2 Nummer 21

Artikel 3 Buchstabe q

Artikel 2 Nummer 22

Artikel 3 Buchstaben r und s

Artikel 2 Nummern 24, 29, 44 und 45

Artikel 3

Artikel 4

Artikel 4

Artikel 5

Artikel 5 und 6

Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 7 Absatz 8 Buchstaben a und b

Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 18 Absatz 3

Artikel 6 Absatz 2

Artikel 7 Absätze 1, 5, 6, 7, 9, 10, 11 und 12

Artikel 7 Absätze 2 und 3

Artikel 6 Absatz 3

Artikel 18 Absatz 2 Buchstaben b und c

Artikel 6 Absatz 5

Artikel 7

Artikel 17

Artikel 8

Artikel 16 Absatz 1

Artikel 16 Absätze 2 und 3

Artikel 9 Absatz 1

Artikel 19

Artikel 9 Absatz 2

Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer i

Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben a, b, c, d Ziffer ii und Buchstabe e

Artikel 10 Absatz 1

Artikel 15 Absatz 4

Artikel 10 Absatz 2

Artikel 15 Absatz 3

Artikel 15 Absätze 7, 8 und 9

Artikel 11

Artikel 20

Artikel 12 Absatz 1

Artikel 8 Absatz 1

Artikel 12 Absatz 2

Artikel 8 Absätze 2, 3, 4, 5, 6 und 7

Artikel 12 Absatz 3

Artikel 13 Absatz 1

Artikel 9

Artikel 13 Absatz 2

Artikel 10 und Anhang VII Nummer 1.1

Artikel 13 Absatz 3

Anhang VII Nummern 1.2 und 1.3

Artikel 11

Artikel 12

Artikel 13

Artikel 15 Absätze 1 und 2

Artikel 18 Absatz 2 Buchstaben a und d

Artikel 21

Artikel 14 Absätze 1 und 2

Artikel 24 Absätze 1 und 2

Artikel 14 Absatz 3

Artikel 14 Absätze 4 und 5

Artikel 24 Absatz 3

Artikel 24 Absätze 4 und 7 bis 11

Artikel 22 Absatz 1

Artikel 15 Absatz 1

Artikel 22 Absatz 2

Artikel 15 Absatz 2, 3 und 4

Artikel 23

Artikel 25

Artikel 16

Artikel 26

Artikel 17

Artikel 27

Artikel 18

Artikel 28

Artikel 19

Artikel 29

Artikel 20

Artikel 30

Anhang I

Anhang II

Anhang IV

Anhang III

Anhang IV

Anhang V

Anhang VI

Anhang III

Anhang V

Anhang VI

Anhang VII

Anhang XI

Anhang XII

Anhang XIII

Anhang XIV

Anhang XV


14.11.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 315/57


RICHTLINIE 2012/29/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 25. Oktober 2012

über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 82 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Union hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu erhalten und weiterzuentwickeln; Eckpfeiler dieses Raums ist der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Strafsachen.

(2)

Die Union misst dem Schutz von Opfern von Straftaten und der Einführung von Mindeststandards diesbezüglich große Bedeutung bei, und zu diesem Zweck hat der Rat den Rahmenbeschluss 2001/220/JI vom 15. März 2001 über die Stellung von Opfern im Strafverfahren (4) erlassen. Im Stockholmer Programm — Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger (5), das der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 10. und 11. Dezember 2009 angenommen hat, wurden die Kommission und die Mitgliedstaaten aufgefordert zu prüfen, wie die Rechtsvorschriften und die praktischen Unterstützungsmaßnahmen für den Opferschutz verbessert werden können vorrangig durch besondere Betreuung, Unterstützung und Anerkennung aller Opfer, einschließlich der Opfer des Terrorismus.

(3)

Artikel 82 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sieht die Festlegung von in den Mitgliedstaaten anwendbaren Mindestvorschriften zur Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen und der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen mit grenzüberschreitender Dimension vor, insbesondere in Bezug auf die Rechte der Opfer von Straftaten.

(4)

In seiner Entschließung vom 10. Juni 2011 über einen Fahrplan zur Stärkung der Rechte und des Schutzes von Opfern, insbesondere in Strafverfahren (6) (Budapest-Fahrplan), stellte der Rat fest, dass auf Unionsebene Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Rechte, die Unterstützung und den Schutz der Opfer von Straftaten zu stärken. Zu diesem Zweck und entsprechend dieser Entschließung sollen mit dieser Richtlinie die in dem Rahmenbeschluss 2001/220/JI dargelegten Grundsätze überarbeitet und ergänzt werden, und wesentliche Schritte hin zu einem höheren Niveau des Opferschutzes in der gesamten Union, insbesondere im Rahmen von Strafverfahren, ergriffen werden.

(5)

In seiner Entschließung vom 26. November 2009 zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen (7) forderte das Europäische Parlament die Mitgliedstaaten auf, ihre einzelstaatlichen Gesetze und Maßnahmen zur Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen zu verbessern und Schritte gegen die Ursachen der Gewalt gegen Frauen zu ergreifen, nicht zuletzt mittels vorbeugender Maßnahmen; die Union wurde aufgefordert, das Recht auf Beistand und Unterstützung für alle Opfer von Gewalt zu gewährleisten.

(6)

In seiner Entschließung vom 5. April 2011 zu den Prioritäten und Grundzügen einer neuen EU-Politik zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen (8) hat das Europäische Parlament eine Strategie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt sowie zur Bekämpfung von Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen als Grundlage zukünftiger strafrechtlicher Instrumente gegen geschlechtsbezogene Gewalt vorgeschlagen, die einen Rahmen zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen (Politik, Vorbeugung, Schutz, Strafverfolgung, Vorsorge und Partnerschaft) umfasst, der mit einem Aktionsplan der Union verfolgt werden soll. Zu den internationalen Rechtsvorschriften in diesem Bereich zählen das am 18. Dezember 1979 angenommene Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), die Empfehlungen und Beschlüsse des CEDAW-Ausschusses und das am 7. April 2011 angenommene Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.

(7)

Mit der Richtlinie 2011/99/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Europäische Schutzanordnung (9) wird ein Mechanismus zur gegenseitigen Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Strafsachen durch die Mitgliedstaaten eingeführt. Mit der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie (10) und der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer (11) wird unter anderem auf die spezifischen Bedürfnisse dieser besonderen Kategorien von Opfern des Menschenhandels sowie des sexuellen Missbrauchs und der sexueller Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie eingegangen.

(8)

Im Rahmenbeschluss 2002/475/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung (12) wird anerkannt, dass der Terrorismus einen der schwersten Verstöße gegen die Grundsätze darstellt, auf denen die Union beruht, einschließlich des Grundsatzes der Demokratie, und es wird unterstrichen, dass er unter anderem eine Bedrohung für die freie Ausübung der Menschenrechte darstellt.

(9)

Eine Straftat stellt ein Unrecht gegenüber der Gesellschaft und eine Verletzung der individuellen Rechte des Opfers dar. Die Opfer von Straftaten sollten als solche anerkannt und respektvoll, einfühlsam und professionell behandelt werden, ohne irgendeine Diskriminierung etwa aus Gründen der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters, des Geschlechts, des Ausdrucks der Geschlechtlichkeit, der Geschlechtsidentität, der sexuellen Ausrichtung, des Aufenthaltsstatus oder der Gesundheit. Bei allen Kontakten mit zuständigen Behörden, die im Rahmen des Strafverfahrens tätig werden, und mit Diensten, die in Kontakt mit Opfern von Straftaten kommen, wie Opferhilfsdiensten oder Wiedergutmachungsdiensten, sollte der persönlichen Situation und den unmittelbaren Bedürfnissen, dem Alter, dem Geschlecht, einer möglichen Behinderung und der Reife der Opfer von Straftaten Rechnung getragen und seine körperliche, geistige und moralische Integrität geachtet werden. Die Opfer von Straftaten sollten vor sekundärer und wiederholter Viktimisierung, vor Einschüchterung und vor Vergeltung geschützt werden, die nötige Unterstützung zur Bewältigung der Tatfolgen und ausreichenden Zugang zum Recht erhalten.

(10)

Diese Richtlinie hat nicht die Bedingungen für den Aufenthalt von Opfern von Straftaten im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zum Gegenstand. Die Mitgliedstaaten sollten die notwendigen Maßnahmen ergreifen um sicherzustellen, dass die Rechte gemäß dieser Richtlinie nicht vom Aufenthaltsstatus des Opfers in ihrem Hoheitsgebiet oder von der Staatsbürgerschaft oder der Nationalität des Opfers abhängig gemacht werden. Die Anzeige einer Straftat und das Auftreten in Strafprozessen verleihen keine Rechte in Bezug auf den Aufenthaltsstatus des Opfers.

(11)

Mit dieser Richtlinie werden Mindestvorschriften festgelegt. Die Mitgliedstaaten können die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte ausweiten, um ein höheres Maß an Schutz vorzusehen.

(12)

Die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte berühren nicht die Rechte des Straftäters. Der Begriff „Straftäter“ bezieht sich auf eine Person, die wegen einer Straftat verurteilt wurde. Für die Zwecke dieser Richtlinie bezieht er sich jedoch auch auf eine verdächtige oder angeklagte Person, bevor ein Schuldeingeständnis oder eine Verurteilung erfolgt ist, und berührt nicht die Unschuldsvermutung.

(13)

Diese Richtlinie findet auf Straftaten, die in der Union begangen wurden, und auf Strafverfahren, die in der Union geführt werden, Anwendung. Für die Opfer von in Drittländern begangenen Straftaten begründet sie Rechte im Zusammenhang mit den Strafverfahren, die in der Union geführt werden. Anzeigen, die bei zuständigen Behörden außerhalb der Union, wie etwa Botschaften, erstattet wurden, führen nicht zu einer Anwendung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Verpflichtungen.

(14)

Bei der Anwendung dieser Richtlinie muss das Wohl des Kindes entsprechend der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und dem am 20. November 1989 angenommenen Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes eine vorrangige Erwägung sein. Opfer im Kindesalter sollten alle in dieser Richtlinie festgelegten Rechte genießen und sollten als die vollen Inhaber dieser Rechte behandelt werden; sie sollten diese Rechte in einer Weise wahrnehmen dürfen, die ihrer Fähigkeit, sich selbst eine Meinung zu bilden, Rechnung trägt.

(15)

Bei der Anwendung dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Opfer mit Behinderungen in gleicher Weise wie andere in den Genuss aller in dieser Richtlinie festgelegten Rechte kommen können; dazu zählt auch, dass die Zugänglichkeit von Gebäuden, in denen Strafverfahren verhandelt werden, und der Zugang zu Informationen erleichtert wird.

(16)

Opfer von Terrorismus sind das Ziel von Angriffen gewesen, die letztendlich der Gesellschaft schaden sollten. Aufgrund der besonderen Art der Straftat, die gegen sie begangen wurde, bedürfen sie deshalb möglicherweise besonderer Betreuung, Unterstützung und Schutz. Opfer von Terrorismus stehen mitunter deutlich im Mittelpunkt der Öffentlichkeit und bedürfen oft der gesellschaftlichen Anerkennung und der respektvollen Behandlung durch die Gesellschaft. Die Mitgliedstaaten sollten daher den Bedürfnissen von Opfern von Terrorismus besonders Rechnung tragen und ihre Würde und Sicherheit zu schützen suchen.

(17)

Gewalt, die sich gegen eine Person aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Geschlechtsidentität oder ihres Ausdrucks der Geschlechtlichkeit richtet, oder die Personen eines bestimmten Geschlechts überproportional stark betrifft, gilt als geschlechtsbezogene Gewalt. Sie kann zu physischen, sexuellen, seelischen oder psychischen Schäden oder zu wirtschaftlichen Verlusten des Opfers führen. Geschlechtsbezogene Gewalt gilt als eine Form der Diskriminierung und als eine Verletzung der Grundrechte des Opfers und schließt Gewalt in engen Beziehungen, sexuelle Gewalt (einschließlich Vergewaltigung, sexuelle Übergriffe und sexuelle Belästigung), Menschenhandel, Sklaverei und andere schädliche Praktiken wie Zwangsehen, Verstümmelung weiblicher Geschlechtsorgane und sogenannte „Ehrenverbrechen“ ein. Weibliche Opfer geschlechtsbezogener Gewalt und ihre Kinder brauchen oft besondere Unterstützung und besonderen Schutz wegen des bei dieser Art der Gewalt bestehenden hohen Risikos von sekundärer und wiederholter Viktimisierung, Einschüchterung und Vergeltung.

(18)

Wenn Gewalt in einer engen Beziehung ausgeübt wird, so geht diese Gewalt von einer Person aus, die der gegenwärtige oder ehemalige Ehepartner oder Lebenspartner oder ein anderes Familienmitglied des Opfers ist, ungeachtet des Umstands, ob der Täter mit dem Opfer in einer häuslichen Gemeinschaft gelebt hat oder nicht. Solche Gewalt kann physischer, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Art sein und zu körperlichen, mentalen oder seelischen Schäden oder zu wirtschaftlichen Verlusten führen. Gewalt in engen Beziehungen ist ein ernstes und häufig verborgenes soziales Problem, das ein systematisches psychologisches und physisches Trauma mit ernsthaften Folgen verursachen kann, weil der Täter eine Person ist, der das Opfer trauen können sollte. Opfer von Gewalt in engen Beziehungen bedürfen daher möglicherweise besonderer Schutzmaßnahmen. Frauen sind überproportional von dieser Art von Gewalt betroffen, und die Situation kann noch schlimmer sein, wenn die Frau wirtschaftlich, sozial oder in Bezug auf ihr Aufenthaltsrecht von dem Täter abhängig ist.

(19)

Eine Person sollte unabhängig davon, ob der Täter ermittelt, gefasst, verfolgt oder verurteilt wurde und unabhängig davon, ob ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Täter und der betroffenen Person besteht, als Opfer betrachtet werden. Auch die Familienangehörigen der Opfer können durch die Straftat einen Schaden erleiden. Insbesondere können Familienangehörige einer Person, deren Tod direkte Folge einer Straftat ist, durch die Straftat einen Schaden erleiden. Daher sollten die Schutzmaßnahmen dieser Richtlinie auch diesen Familienangehörigen, die indirekte Opfer der Straftat sind, zugute kommen. Allerdings sollten die Mitgliedstaaten Verfahren einrichten können, um die Zahl der Familienangehörigen, denen die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte zugute kommen können, zu begrenzen. Bei Kindern sollte das Kind oder der Träger des elterlichen Sorgerechts — es sei denn, letzteres dient nicht dem Wohle des Kindes — die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte im Namen des Kindes wahrnehmen dürfen. Diese Richtlinie lässt einzelstaatliche Verwaltungsverfahren, die zur Bestätigung der Opfereigenschaft einer Person erforderlich sind, unberührt.

(20)

Die Stellung von Opfern in der Strafrechtsordnung und die Frage, ob sie aktiv am Strafverfahren teilnehmen können, sind im Einklang mit der jeweiligen nationalen Rechtsordnung von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich und richten sich nach einem oder mehreren der folgenden Kriterien: ob in der nationalen Rechtsordnung die Rechtsstellung als Partei im Strafverfahren vorgesehen ist; danach, ob das Opfer gesetzlich zur aktiven Teilnahme am Strafverfahren — z. B. als Zeuge — verpflichtet ist oder dazu aufgefordert wird; und/oder danach, ob das Opfer nach einzelstaatlichem Recht einen Rechtsanspruch auf aktive Teilnahme am Strafverfahren hat und diesen Anspruch auch wahrnehmen will, wenn in der nationalen Rechtsordnung eine Rechtsstellung des Opfers als Partei im Strafverfahren nicht vorgesehen ist. Die Mitgliedstaaten sollten festlegen, welche dieser Kriterien einschlägig sind, um den Anwendungsbereich der in dieser Richtlinie festgelegten Rechte zu bestimmen, wenn Bezugnahmen auf die Stellung des Opfers in der einschlägigen Strafrechtsordnung vorhanden sind.

(21)

Die zuständigen Behörden, Opferhilfsdienste und Wiedergutmachungsdienste sollten Informationen und Ratschläge so weit wie möglich auf verschiedenen Kommunikationswegen und auf eine Weise erteilen, die das Opfer verstehen kann. Diese Informationen und Ratschläge sollten in einfacher und verständlicher Sprache erteilt werden. Ebenso sollte sichergestellt werden, dass sich das Opfer im Verfahren verständlich machen kann. Dabei sind die Kenntnisse des Opfers der Sprache, in der Informationen erteilt werden, sein Alter, seine Reife, seine intellektuellen und emotionalen Fähigkeiten, seine Lese- und Schreibfähigkeit und eine etwaige geistige oder körperliche Behinderung zu berücksichtigen. Besonders berücksichtigt werden sollten Verständnis- oder Verständigungsprobleme, die aus einer Behinderung resultieren können, beispielsweise Hör- oder Sprachprobleme. Darüber hinaus sollte auf Kommunikationsschwierigkeiten des Opfers in Strafverfahren Rücksicht genommen werden.

(22)

Für die Zwecke dieser Richtlinie sollte davon ausgegangen werden, dass die Erstattung einer Anzeige in den Rahmen des Strafverfahrens fällt. Dies sollte auch für Situationen gelten, in denen Behörden infolge einer von einem Opfer erlittenen Straftat von Amts wegen ein Strafverfahren einleiten.

(23)

Informationen über die Erstattung von Ausgaben sollten ab der ersten Kontaktaufnahme mit einer zuständigen Behörde beispielsweise in einer Broschüre, in der die grundlegenden Voraussetzungen für die Erstattung von Ausgaben aufgeführt sind, erteilt werden. Die Mitgliedstaaten sollten in dieser frühen Phase des Strafverfahrens nicht entscheiden müssen, ob das betreffende Opfer die Voraussetzungen für eine Ausgabenerstattung erfüllt.

(24)

Opfer sollten von der Polizei eine schriftliche Bestätigung ihrer Anzeige mit den grundlegenden Angaben zu der Straftat wie der Art der Straftat, der Tatzeit und dem Tatort und den durch die Straftat verursachten Schaden erhalten, wenn sie eine Straftat anzeigen. Diese Bestätigung sollte ein Aktenzeichen und den Zeitpunkt und den Ort der Anzeigeerstattung enthalten, damit sie als Nachweis der Anzeigeerstattung beispielsweise in Bezug auf einen Versicherungsanspruch dienen kann.

(25)

Unbeschadet der Vorschriften über die Verjährungsfristen sollte eine Verzögerung bei der Anzeige einer Straftat wegen der Angst vor Vergeltung, Erniedrigung oder Stigmatisierung nicht dazu führen, dass die Anzeige des Opfers nicht entgegengenommen wird.

(26)

Die Opfer sollten so genau informiert werden, dass sichergestellt ist, dass sie eine respektvolle Behandlung erfahren und in Kenntnis der Sachlage über ihre Beteiligung am Verfahren entscheiden können. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die Unterrichtung des Opfers über den Stand des Verfahrens. Dies gilt auch für Informationen, die es dem Opfer ermöglichen zu entscheiden, ob es die Überprüfung der Entscheidung, auf eine Strafverfolgung zu verzichten, beantragen soll. Sofern nicht anders bestimmt, sollte es möglich sein, die Informationen dem Opfer mündlich oder schriftlich — auch auf elektronischem Weg — zu erteilen.

(27)

Informationen für das Opfer sollten an die letzte bekannte Postanschrift oder anhand der elektronischen Kontaktangaben, die das Opfer der zuständigen Behörde mitgeteilt hat, übermittelt werden. In Ausnahmefällen, beispielsweise aufgrund der hohen Zahl der Opfer in einem Fall, sollte es möglich sein, die Informationen über die Presse, eine offizielle Website der zuständigen Behörde oder einen vergleichbaren Kommunikationsweg bereitzustellen.

(28)

Die Mitgliedstaaten sollten nicht verpflichtet sein, Informationen in Fällen bereitzustellen, in denen eine Offenlegung dieser Informationen die ordnungsgemäße Behandlung eines Falls beeinträchtigen oder einem bestimmten Fall oder einer bestimmten Person schaden könnte, oder wenn sie der Ansicht sind, dass dies ihren wesentlichen Sicherheitsinteressen widersprechen würde.

(29)

Die zuständigen Behörden sollten sicherstellen, dass die Opfer aktualisierte Kontaktangaben für die ihren Fall betreffenden Mitteilungen erhalten, es sei denn, dass das Opfer den Wunsch geäußert hat, derartige Informationen nicht zu erhalten.

(30)

Die Bezugnahme auf eine „Entscheidung“ im Zusammenhang mit dem Recht auf Information und auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen sollte lediglich als eine Bezugnahme auf den Schuldspruch oder eine anderweitige Beendigung des Strafverfahrens gelten. Die Gründe für diese Entscheidung sollten dem Opfer entweder durch eine Ausfertigung des Schriftstücks, in dem die Entscheidung wiedergegeben ist, oder durch eine kurze Zusammenfassung der Gründe mitgeteilt werden.

(31)

Das Recht auf Mitteilung des Zeitpunkts und des Orts der Verhandlung, die aufgrund der Anzeige einer Straftat, die das Opfer erlitten hat, stattfindet, sollte auch für die Mitteilung des Zeitpunkts und des Orts einer Sitzung im Zusammenhang mit einem Rechtsbehelf gegen das in dem Fall ergangene Urteil gelten.

(32)

Die Opfer sollten zumindest in den Fällen, in denen für sie eine Gefahr oder ein festgestelltes Risiko einer Schädigung bestehen kann, auf Antrag über die Freilassung oder die Flucht des Täters in Kenntnis gesetzt werden, es sei denn, dass festgestellt wird, dass die Inkenntnissetzung das Risiko einer Schädigung des Straftäters birgt. Wird festgestellt, dass die Inkenntnissetzung das Risiko einer Schädigung des Straftäters birgt, so sollte die zuständige Behörde allen anderen Risiken Rechnung tragen, wenn sie über geeignete Maßnahmen entscheidet. Bei der Bezugnahme auf ein „festgestelltes Risiko einer Schädigung der Opfer“ sollten Faktoren wie die Art und die Schwere der Straftat und das Risiko der Vergeltung zugrunde gelegt werden. Sie sollte daher nicht in Situationen zum Tragen kommen, in denen geringfügige Straftaten begangen wurden und daher nur ein geringes Risiko besteht, dass das Opfer eine Schädigung erfährt.

(33)

Opfer sollten über ein etwaiges Recht, gegen eine Entscheidung über die Freilassung des Täters Rechtsbehelf einzulegen, unterrichtet werden, wenn nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften ein solches Recht besteht.

(34)

Dem Recht kann nur dann Geltung verschafft werden, wenn Opfer die Umstände der Tat genau erklären und eine Aussage machen können, die die zuständigen Behörden verstehen können. Gleichermaßen wichtig ist es zu gewährleisten, dass die Opfer respektvoll behandelt werden und ihre Rechte wahrnehmen können. Daher sollten während der Vernehmung des Opfers und um ihm die aktive Teilnahme am Gerichtsverfahren entsprechend der Stellung des Opfers in der jeweiligen Strafrechtsordnung zu ermöglichen, stets kostenlose Dolmetschdienste zur Verfügung stehen. In anderen Stadien des Strafverfahrens kann der Bedarf einer Dolmetschleistung und Übersetzung von spezifischen Aspekten, der Stellung des Opfers in der jeweiligen Strafrechtsordnung und seiner Verfahrensbeteiligung sowie von besonderen Rechten des Opfers abhängen. Daher muss in diesen Fällen für eine Dolmetschleistung und Übersetzung nur soweit gesorgt werden, wie das Opfer für die Wahrnehmung seiner Rechte darauf angewiesen ist.

(35)

Das Opfer sollte das Recht haben, eine Entscheidung, mit der die Dolmetschleistung oder Übersetzung für unnötig befunden wird, gemäß den in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Verfahren anzufechten. Durch dieses Recht werden die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichtet, einen gesonderten Mechanismus oder ein gesondertes Beschwerdeverfahren einzurichten, mit dem solche Entscheidungen angefochten werden können, und sollten die Strafverfahren nicht ungebührlich verlängert werden. Eine interne Überprüfung der Entscheidung gemäß den bestehenden einzelstaatlichen Verfahren würde ausreichen.

(36)

Der Umstand, dass ein Opfer eine weniger stark verbreitete Sprache spricht, sollte an sich keine Begründung für eine Entscheidung sein, dass eine Dolmetschleistung oder Übersetzung das Strafverfahren ungebührlich verlängern würde.

(37)

Von dem Zeitpunkt an, zu dem die zuständigen Behörden Kenntnis von dem Opfer haben, während des Strafverfahrens wie auch für einen angemessenen Zeitraum nach dem Verfahren sollte dem Opfer im Einklang mit seinen Bedürfnissen und den in dieser Richtlinie festgelegten Rechten Unterstützung gewährt werden. Die Unterstützung sollte auf verschiedene Art und Weise ohne unnötige Formalitäten geleistet werden und in hinreichender geografischer Verteilung im ganzen Mitgliedstaat zur Verfügung stehen, so dass alle Opfer darauf zurückgreifen können. Opfer, die aufgrund der Schwere der Straftat eine beträchtliche Schädigung erlitten haben, könnten spezialisierte Unterstützungsdienste benötigen.

(38)

Personen, die besonders schutzbedürftig sind oder die sich in Situationen befinden, in denen sie einem besonders hohen Risiko einer Schädigung ausgesetzt sind, wie beispielsweise Personen, die wiederholter Gewalt in engen Beziehungen ausgesetzt sind, Opfer von geschlechtsbezogener Gewalt oder Personen, die Opfer anderer Arten von Straftaten in einem Mitgliedstaat werden, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen oder in dem sie nicht ihren Wohnsitz haben, sollte spezialisierte Unterstützung und rechtlicher Schutz gewährt werden. Spezialisierte Unterstützungsdienste sollten auf einem integrierten und gezielten Ansatz beruhen, bei dem insbesondere den besonderen Bedürfnissen der Opfer, der Schwere der aufgrund der Straftat erlittenen Schädigung sowie dem Verhältnis zwischen Opfern, Tätern, Kindern und ihrem weiteren sozialen Umfeld Rechnung getragen wird. Eine Hauptaufgabe dieser Dienste und ihres Personals, die eine wichtige Rolle dabei spielen, das Opfer bei der Erholung und der Überwindung von einer etwaigen Schädigung oder einem etwaigen Trauma infolge der Straftat zu unterstützen, sollte darin bestehen, Opfer über die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte zu informieren, damit Opfer in einer verständnisvollen Umgebung, in der sie würdevoll, respektvoll und einfühlsam behandelt werden, Entscheidungen treffen können. Zu der Unterstützung, die solche spezialisierten Unterstützungsdienste bieten sollten, könnten unter anderem Obdach und sichere Unterbringung, sofortige medizinische Hilfe, die Veranlassung einer ärztlichen und gerichtsmedizinischen Untersuchung im Hinblick auf die Beweiserhebung in Fällen der Vergewaltigung oder sexueller Übergriffe, kurz- und langfristige psychologische Betreuung, Traumabehandlung, Rechtsberatung, anwaltliche Unterstützung und spezifische Dienste für Kinder, die direkt oder indirekt Opfer sind, gehören.

(39)

Opferunterstützungsdienste sind nicht verpflichtet, selbst umfassende spezialisierte Fachkompetenz zur Verfügung zu stellen. Opferunterstützungsdienste sollten erforderlichenfalls Opfern dabei helfen, vorhandene professionelle Hilfe beispielsweise durch Psychologen in Anspruch zu nehmen.

(40)

Zwar sollte die Leistung der Unterstützung nicht davon abhängig sein, ob das Opfer die Straftat bei einer zuständigen Behörde, wie der Polizei, angezeigt hat, doch sind diese Behörden oft am besten in der Lage, die Opfer über die Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren. Die Mitgliedstaaten sollten daher angemessene Voraussetzungen dafür schaffen, dass Opfer an Opferunterstützungsdienste vermittelt werden können, unter anderem durch die Gewährleistung, dass die datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden können und auch tatsächlich eingehalten werden. Wiederholte Vermittlungen sollten vermieden werden.

(41)

Das Recht des Opfers auf rechtliches Gehör sollte als gewahrt gelten, wenn das Opfer schriftliche Erklärungen oder Erläuterungen abgeben darf.

(42)

Das Recht von Opfern im Kindesalter, in Strafverfahren gehört zu werden, sollte nicht allein deshalb ausgeschlossen werden, weil das Opfer ein Kind ist, und auch nicht aufgrund des Alters des Opfers.

(43)

Das Recht, eine Entscheidung über den Verzicht auf eine Strafverfolgung überprüfen zu lassen, sollte dahingehend verstanden werden, dass dies Entscheidungen betrifft, die von Staatsanwälten und Untersuchungsrichtern oder von Strafverfolgungsbehörden wie Polizeibediensteten erlassen wurden, nicht aber gerichtliche Entscheidungen. Die Überprüfung einer Entscheidung über den Verzicht auf eine Strafverfolgung sollte von einer anderen Person oder Behörde vorgenommen werden als derjenigen, die die Entscheidung getroffen hatte, es sei denn, dass die ursprüngliche Entscheidung, auf eine Strafverfolgung zu verzichten, von der obersten Strafverfolgungsbehörde getroffen wurde, deren Entscheidung keiner Überprüfung unterzogen werden darf; in diesem Fall kann die Überprüfung von derselben Behörde vorgenommen werden. Das Recht, eine Entscheidung über den Verzicht auf eine Strafverfolgung überprüfen zu lassen, betrifft nicht Sonderverfahren wie Verfahren gegen Parlaments- oder Regierungsmitglieder im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Amtes.

(44)

Eine Entscheidung über die Beendigung eines Strafverfahrens sollte auch die Fälle abdecken, in denen ein Staatsanwalt entscheidet, die Anklage zurückzuziehen oder das Verfahren einzustellen.

(45)

Eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft, die zu einer außergerichtlichen Regelung und damit zu einer Beendigung des Strafverfahrens führt, schließt ein Opfer nur dann von dem Recht auf Überprüfung der Entscheidung der Staatsanwaltschaft, auf eine Strafverfolgung zu verzichten, aus, wenn mit der Regelung eine Verwarnung oder eine Verpflichtung einhergeht.

(46)

Wiedergutmachungsdienste, darunter die Mediation zwischen Straftäter und Opfer, Familienkonferenzen und Schlichtungskreise, können für das Opfer sehr hilfreich sein, doch bedarf es Schutzmaßnahmen zur Vermeidung einer sekundären oder wiederholten Viktimisierung, Einschüchterung oder Vergeltung. Bei solchen Verfahren sollten daher die Interessen und Bedürfnisse des Opfers in den Mittelpunkt gestellt, eine Schädigung des Opfers wiedergutgemacht und eine weitere Schädigung vermieden werden. Faktoren wie die Art und Schwere der Straftat, der Grad der verursachten Traumatisierung, die wiederholte Verletzung der körperlichen, sexuellen oder psychischen Unversehrtheit des Opfers, ungleiches Kräfteverhältnis sowie Alter, Reife oder geistige Fähigkeiten des Opfers, die seine Fähigkeit zu einer Entscheidung in Kenntnis der Sachlage begrenzen oder vermindern oder ein für das Opfer positives Ergebnis verhindern könnten, sollten bei der Wahl des Wiedergutmachungsdienstes und bei der Durchführung eines Wiedergutmachungsverfahrens in Betracht gezogen werden. Wiedergutmachungsverfahren sollten grundsätzlich vertraulich sein, soweit von den Betroffenen nicht anders vereinbart und soweit nicht nach einzelstaatlichem Recht wegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses anders erforderlich. Es kann als im öffentlichen Interesse erforderlich angesehen werden, bestimmte Umstände wie Drohungen oder sonstige Formen der Gewalt, zu denen es während des Verfahrens kommt, bekanntzumachen.

(47)

Opfern sollten durch die Teilnahme am Strafverfahren keine Kosten entstehen. Die Mitgliedstaaten sollten nur die notwendigen Kosten der Opfer erstatten müssen, die durch deren Teilnahme am Strafverfahren entstehen, nicht aber die Rechtsanwaltskosten der Opfer. Die Mitgliedstaaten sollten im einzelstaatlichen Recht Bedingungen für die Kostenerstattung vorschreiben können, wie etwa Fristen für die Beantragung der Erstattung, Standardsätze für Aufenthalts- und Reisekosten und tägliche Höchstbeträge für den Ersatz des Verdienstausfalls. Der Anspruch auf Kostenerstattung in einem Strafverfahren sollte nicht in einem Fall entstehen, in denen ein Opfer eine Aussage zu einer Straftat macht. Eine Pflicht zur Kostenerstattung sollte nur insoweit bestehen, als das Opfer verpflichtet ist oder von den zuständigen Behörden aufgefordert wird, anwesend zu sein und aktiv an dem Strafverfahren teilzunehmen.

(48)

Im Rahmen von Strafverfahren beschlagnahmte Vermögenswerte, die für eine Rückgabe in Frage kommen, sollten dem Opfer der Straftat so schnell wie möglich zurückgegeben werden, vorbehaltlich außergewöhnlicher Umstände wie im Rahmen einer Streitigkeit hinsichtlich des Eigentums oder wenn der Besitz oder der Vermögenswert an sich nicht rechtmäßig ist. Das Recht auf Rückgabe der Vermögenswerte sollte ihre rechtmäßige Einbehaltung für die Zwecke eines anderen Gerichtsverfahrens unberührt lassen.

(49)

Das Recht auf eine Entscheidung über Entschädigung durch den Straftäter und das einschlägige anwendbare Verfahren sollten auch für Opfer gelten, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Straftat begangen wurde, ansässig sind.

(50)

Die in dieser Richtlinie festgelegte Verpflichtung zur Übermittlung von Anzeigen sollte die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Verfahrenseinleitung nicht beeinträchtigen und lässt die im Rahmenbeschluss 2009/948/JI des Rates vom 30. November 2009 zur Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren (13) festgelegten Vorschriften zu Konflikten bei der Wahrnehmung der Gerichtszuständigkeit unberührt.

(51)

Hat das Opfer das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem die Straftat begangen wurde, verlassen, so sollte dieser Mitgliedstaat nicht mehr verpflichtet sein, ihm Hilfe, Unterstützung und Schutz zu gewähren, es sei denn, dies steht in unmittelbarem Zusammenhang mit Strafverfahren, die der Mitgliedstaat aufgrund der betreffenden Straftat durchführt, wie es bei besonderen Schutzmaßnahmen während des Gerichtsverfahrens der Fall wäre. Der Mitgliedstaat, in dem das Opfer seinen Wohnsitz hat, sollte in einem Umfang Hilfe, Unterstützung und Schutz gewähren, der der Erholungsbedürftigkeit des Opfers gerecht wird.

(52)

Es sollten Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit und Würde der Opfer und ihrer Familienangehörigen vor sekundärer und wiederholter Viktimisierung, vor Einschüchterung und vor Vergeltung, wie einstweilige Verfügungen oder Schutz- und Verbotsanordnungen, zur Verfügung stehen.

(53)

Das Risiko einer sekundären und wiederholten Viktimisierung, der Einschüchterung und der Vergeltung entweder durch den Straftäter oder infolge der Teilnahme am Strafverfahren sollte begrenzt werden, indem Verfahren auf koordinierte und respektvolle Weise so durchgeführt werden, dass die Opfer Vertrauen in die Behörden fassen können. Die Interaktion mit den zuständigen Behörden sollte dem Opfer so leicht wie möglich gemacht und unnötige Interaktion sollte vermieden werden, beispielsweise indem Vernehmungen auf Video aufgezeichnet werden und die Verwendung dieser Aufzeichnungen im Gerichtsverfahren zugelassen wird. Den Angehörigen der Rechtsberufe sollte ein möglichst breites Spektrum an Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden, um dem Opfer seelische Belastungen im Gerichtsverfahren insbesondere infolge von Sichtkontakt mit dem Täter, seiner Familie, Personen seines Umfelds oder dem Publikum zu ersparen. Hierzu sollten die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, insbesondere hinsichtlich Gerichtsgebäuden und Polizeistationen realisierbare und praktische Maßnahmen einzuführen, durch denen den Einrichtungen ermöglicht wird, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, wie getrennte Eingänge und Wartezonen, für Opfer. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten nach Möglichkeit Strafverfahren so planen, dass Kontakte zwischen Opfern und ihren Familienangehörigen und Tätern vermieden werden, indem beispielsweise Opfer und Täter zu unterschiedlichen Zeiten zu Vernehmungen einbestellt werden.

(54)

Der Schutz der Privatsphäre des Opfers kann ein wichtiges Mittel zur Vermeidung von sekundärer und wiederholter Viktimisierung, Einschüchterung und Vergeltung sein und durch eine Vielfalt von Maßnahmen erreicht werden, unter anderem durch die Nichtbekanntgabe oder die nur begrenzte Bekanntgabe von Informationen zur Identität und zum Aufenthalt des Opfers. Ein solcher Schutz ist bei Opfern im Kindesalter besonders wichtig und schließt die Geheimhaltung des Namens des Kindes ein. Es kann jedoch auch Fälle geben, in denen es ausnahmsweise zum Nutzen des Kindes wäre, wenn Informationen bekanntgegeben oder sogar einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, zum Beispiel im Falle einer Kindesentführung. Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre und des Rechts der Opfer und ihrer Familienangehörigen am eigenen Bild sollten stets mit dem Recht auf ein faires Verfahren und der Freiheit zur Meinungsäußerung im Einklang stehen, wie sie in den Artikeln 6 und 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten anerkannt sind.

(55)

Bestimmte Opfer sind während des Strafverfahrens in besonderem Maße in Gefahr einer sekundären und wiederholten Viktimisierung, einer Einschüchterung und Vergeltung durch den Täter ausgesetzt zu sein. Eine solche Gefährdung ergibt sich möglicherweise aus den persönlichen Merkmalen des Opfers sowie dem Wesen oder der Art oder den Umständen der Straftat. Eine solche Gefährdung kann nur anhand individueller Begutachtungen, die möglichst frühzeitig vorgenommen werden sollte, wirksam festgestellt werden. Solche Begutachtungen sollten bei allen Opfern vorgenommen werden, um festzustellen, ob eine Gefährdung hinsichtlich einer sekundären und wiederholten Viktimisierung, Einschüchterung und Vergeltung vorliegt und welche besonderen Schutzmaßnahmen erforderlich sind.

(56)

Individuelle Begutachtungen sollten die persönlichen Merkmale des Opfers berücksichtigen, wie Alter, Geschlecht, Geschlechtsidentität, Ausdruck der Geschlechtlichkeit, ethnische Zugehörigkeit, Rasse, Religion, sexuelle Ausrichtung, Gesundheitszustand, Behinderungen, Aufenthaltsstatus, Kommunikationsschwierigkeiten, Beziehung zu dem oder Abhängigkeit vom Täter und vorherige Konfrontation mit einer Straftat. Sie sollten auch das Wesen oder die Art und die Umstände der Straftat berücksichtigen, etwa ob es sich um Hassverbrechen, in diskriminierender Absicht begangene Verbrechen, sexuelle Gewalt, Gewalt in engen Beziehungen handelt, ob der Täter die Kontrolle hatte, ob der Wohnort des Opfers in einer von hoher Kriminalität gekennzeichneten oder von Banden dominierten Gegend liegt oder ob das Herkunftsland des Opfers nicht der Mitgliedstaat ist, in dem die Straftat begangen wurde.

(57)

Opfer von Menschenhandel, Terrorismus, organisierter Kriminalität, Gewalt in engen Beziehungen, sexueller Gewalt oder Ausbeutung, geschlechtsbezogener Gewalt oder Hassverbrechen und Opfer mit Behinderungen und Opfer im Kindesalter sind in hohem Maße einer sekundären und wiederholten Viktimisierung, Einschüchterung und Vergeltung ausgesetzt. Die Frage, ob bei solchen Opfern die Gefahr einer solchen Viktimisierung, Einschüchterung und Vergeltung besteht, sollte besonders sorgfältig begutachtet werden, und es sollte die hohe Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt werden, dass solche Opfer besonderer Schutzmaßnahmen bedürfen.

(58)

Opfer, deren besonderer Bedarf an Schutz vor sekundärer und wiederholter Viktimisierung, vor Einschüchterung und vor Vergeltung festgestellt wurde, sollten während des Strafverfahrens durch angemessene Maßnahmen geschützt werden. Die genaue Art solcher Maßnahmen sollte durch die individuelle Begutachtung und unter Berücksichtigung der Wünsche des Opfers festgelegt werden. Der Umfang solcher Maßnahmen sollte unbeschadet der Verteidigungsrechte und im Einklang mit den Regelungen über den gerichtlichen Ermessensspielraum festgelegt werden. Die Bedenken und Befürchtungen des Opfers, was das Verfahren anbelangt, sollten bei der Feststellung, ob besondere Maßnahmen für das Opfer erforderlich sind, von zentraler Bedeutung sein.

(59)

Aufgrund unmittelbarer operativer Erfordernisse und Zwänge kann es unter Umständen nicht möglich sein, dass die Vernehmungen des Opfers durchgängig von demselben Polizeibediensteten durchgeführt werden; solche operativen Zwänge sind zum Beispiel Krankheit, Mutterschutz oder Elternurlaub. Zudem kann es zum Beispiel aufgrund von Renovierungsarbeiten möglich sein, dass keine Räumlichkeiten vorhanden sind, die speziell für die Vernehmung von Opfern ausgelegt wären. Liegen solche operativen oder praktischen Zwänge vor, kann es in Einzelfällen unmöglich sein, die aufgrund einer individuellen Begutachtung für nötig befundene besondere Maßnahme anzubieten.

(60)

Muss nach dieser Richtlinie ein Vormund oder Vertreter für ein Kind bestellt werden, so kann eine natürliche oder eine juristische Person, eine Einrichtung oder eine Behörde diese Funktion(en) übernehmen.

(61)

An Strafverfahren beteiligte Amtsträger, die voraussichtlich mit den Opfern in persönlichen Kontakt kommen, sollten Zugang zu angemessenen einführenden Schulungen und Weiterbildungen in einem ihrem Kontakt zu Opfern angemessenen Umfang erhalten und daran teilnehmen können, damit sie in der Lage sind, die Opfer und ihre Bedürfnisse zu erkennen und auf respektvolle, einfühlsam, professionelle und diskriminierungsfreie Weise mit ihnen umzugehen. Personen, die voraussichtlich an der individuellen Begutachtung beteiligt sind, um die besonderen Schutzbedürfnisse von Opfern zu ermitteln und ihren Bedarf an besonderen Schutzmaßnahmen festzulegen, sollten besonders darin ausgebildet werden, wie eine solche Begutachtung vorzunehmen ist. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass solche Schulungsmaßnahmen für Polizeidienste und Gerichtsbedienstete verfügbar sind. Auch für Anwälte, Staatsanwälte und Richter sowie für Angehörige der Rechtsberufe, die Opferunterstützung oder Wiedergutmachungsdienste leisten, sollten Schulungen gefördert werden. Dies sollte auch Schulungen zu besonderen Opferunterstützungsdiensten umfassen, auf die Opfer hingewiesen werden sollten, sowie eine Fachausbildung, wenn ihre Tätigkeit sich auf Opfer mit besonderen Bedürfnissen erstreckt, sowie gegebenenfalls eine geeignete spezielle psychologische Schulung. Gegebenenfalls sollten die Schulungsmaßnahmen geschlechtersensibel sein. Die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten im Hinblick auf Schulungen ergreifen, sollten im Einklang mit dem Budapest-Fahrplan durch Leitlinien, Empfehlungen und den Austausch bewährter Praktiken ergänzt werden.

(62)

Die Mitgliedstaaten sollten Organisationen der Zivilgesellschaft, darunter anerkannte und aktive nichtstaatliche Organisationen, die sich Verbrechensopfern annehmen, fördern und insbesondere bei der Konzipierung strategischer Initiativen, Informations- und Sensibilisierungskampagnen, Forschungs- und Bildungsprogrammen und Schulungsmaßnahmen sowie bei der Überwachung und Bewertung der Folgen von Maßnahmen zur Unterstützung und zum Schutz von Verbrechensopfern eng mit ihnen zusammenarbeiten. Damit Opfer von Straftaten in ausreichender Weise Hilfe, Unterstützung und Schutz erhalten, sollten die öffentlichen Dienste koordiniert arbeiten und auf allen Verwaltungsebenen — auf Unionsebene wie auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene — einbezogen werden. Opfer sollten dabei unterstützt werden, die zuständigen Behörden zu finden und mit ihnen Kontakt aufzunehmen, um wiederholte Verweisungen zu vermeiden. Die Mitgliedstaaten sollten die Einrichtung „zentraler Anlaufstellen“ prüfen, die auf die zahlreichen Bedürfnisse der an einem Strafverfahren beteiligten Opfer eingehen, zu denen auch das Bedürfnis nach Information, Hilfe, Unterstützung, Schutz und Entschädigung zählt.

(63)

Um die Opfer zur Anzeige von Straftaten zu ermutigen, die Anzeige zu erleichtern und den Opfern die Möglichkeit zu geben, den Kreislauf wiederholter Viktimisierung zu unterbrechen, ist es unbedingt notwendig, dass den Opfern verlässliche Unterstützungsdienste zur Verfügung stehen und dass die zuständigen Behörden in der Lage sind, auf die Anzeigen der Opfer in einer respektvollen, einfühlsamen, professionellen und diskriminierungsfreien Art und Weise zu reagieren. Hierdurch könnte das Vertrauen von Opfern in die Strafrechtsordnungen der Mitgliedstaaten erhöht und die Zahl der nicht angezeigten Straftaten verringert werden. Angehörige der Rechtsberufe, bei denen Opfer voraussichtlich Straftaten anzeigen, sollten angemessen geschult werden, damit die Anzeige von Straftaten erleichtert wird; ferner sollten Maßnahmen ergriffen werden, durch die Dritte in die Lage versetzt werden, Anzeige zu erstatten, was auch unter Mitwirkung von Organisationen der Zivilgesellschaft erfolgen kann. Es sollte die Möglichkeit bestehen, Kommunikationstechnologien wie E-Mail, Videoaufzeichnungen oder elektronische Formulare für die Anzeigeerstattung zu nutzen.

(64)

Eine systematische und angemessene statistische Datenerhebung wird als wesentlicher Bestandteil einer wirksamen Politikgestaltung auf dem Gebiet der in dieser Richtlinie festgelegten Rechte anerkannt. Um die Bewertung der Anwendung dieser Richtlinie zu erleichtern, sollten die Mitgliedstaaten der Kommission relevante statistische Daten über die Anwendung einzelstaatlicher Verfahren in Bezug auf Opfer von Straftaten übermitteln, wozu zumindest die Zahl und die Art der angezeigten Straftaten und, soweit diese Daten bekannt und verfügbar sind, die Zahl, das Alter und das Geschlecht der Opfer gehören sollten. Relevante statistische Daten können Daten sein, die von den Justiz- und Strafverfolgungsbehörden erfasst werden, und soweit möglich administrative Daten, die von Gesundheits- und Sozialfürsorgediensten, von öffentlichen sowie nichtstaatlichen Opferunterstützungsdiensten oder Wiedergutmachungsdiensten sowie von anderen Organisationen, die sich Opfern von Straftaten annehmen, zusammengestellt werden. Justizielle Daten können Informationen über angezeigte Straftaten, die Zahl der Fälle, in denen ermittelt wird, sowie die Zahl der strafrechtlich verfolgten und abgeurteilten Personen umfassen. Administrative Daten zu den bereitgestellten Diensten können soweit möglich Daten umfassen, aus denen hervorgeht, wie die Opfer die von staatlichen Stellen und von öffentlichen und privaten Unterstützungsorganisationen angebotenen Dienste nutzen, wie etwa die Zahl der durch die Polizei erfolgten Vermittlungen an Opferunterstützungsdienste und die Zahl der Opfer, die Unterstützung oder Wiedergutmachung beantragen und erhalten bzw. nicht erhalten.

(65)

Diese Richtlinie soll die Bestimmungen des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI ändern und ausweiten. Da es sich um sehr zahlreiche und wesentliche Änderungen handelt, sollte dieser Rahmenbeschluss aus Gründen der Klarheit für diejenigen Mitgliedstaaten, die sich an der Annahme dieser Richtlinie beteiligen, vollständig ersetzt werden.

(66)

Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Sie soll insbesondere das Recht auf Achtung der Würde des Menschen, das Recht auf Leben, körperliche und geistige Unversehrtheit, das Recht auf Freiheit und Sicherheit, das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, das Eigentumsrecht, den Grundsatz der Nichtdiskriminierung, die Gleichheit von Frauen und Männern, die Rechte des Kindes, älterer Menschen und von Menschen mit Behinderung und das Recht auf ein faires Verfahren stärken.

(67)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Festlegung von Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen seiner Bedeutung und der möglichen Auswirkungen besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(68)

Die bei der Durchführung dieser Richtlinie zu verarbeitenden personenbezogenen Daten sollten gemäß dem Rahmenbeschluss 2008/977/JI des Rates vom 27. November 2008 über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden (14), und gemäß den Grundsätzen des Übereinkommens des Europarates vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, das alle Mitgliedstaaten ratifiziert haben, geschützt werden.

(69)

Diese Richtlinie lässt die weiterreichenden Bestimmungen in anderen Rechtsakten der Union unberührt, die gezielter die Bedürfnisse besonderer Gruppen von Opfern, wie den Opfern des Menschenhandels und den Opfern des sexuellen Kindesmissbrauchs, der sexuellen Ausbeutung und von Kinderpornografie, behandeln.

(70)

Gemäß Artikel 3 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts haben diese Mitgliedstaaten mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Richtlinie beteiligen möchten.

(71)

Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie und ist daher weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(72)

Der Europäische Datenschutzbeauftragte hat am 17. Oktober 2011 eine Stellungnahme (15) gestützt auf Artikel 41 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (16) abgegeben —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL 1

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Ziele

(1)   Ziel dieser Richtlinie ist es sicherzustellen, dass Opfer von Straftaten angemessene Informationen, angemessene Unterstützung und angemessenen Schutz erhalten und sich am Strafverfahren beteiligen können.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Opfer anerkannt werden und bei allen Kontakten mit Opferunterstützungs- und Wiedergutmachungsdiensten oder zuständigen Behörden, die im Rahmen des Strafverfahrens tätig werden, eine respektvolle, einfühlsame, individuelle, professionelle und diskriminierungsfreie Behandlung erfahren. Die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte gelten für die Opfer ohne Diskriminierung, auch in Bezug auf ihren Aufenthaltsstatus.

(2)   Handelt es sich bei dem Opfer um ein Kind, so stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen der Anwendung dieser Richtlinie sicher, dass das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt gestellt und individuell geprüft wird. Es muss eine kindgerechte Vorgehensweise befolgt werden, wobei dem Alter des Kindes, seiner Reife sowie seinen Ansichten, Bedürfnissen und Sorgen gebührend Rechnung zu tragen ist. Das Kind und gegebenenfalls der Träger des elterlichen Sorgerechts oder der andere rechtliche Vertreter müssen über alle Maßnahmen oder Rechte informiert werden, die besonders auf das Kind ausgerichtet sind.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

1.   Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)

„Opfer“

i)

eine natürliche Person, die eine körperliche, geistige oder seelische Schädigung oder einen wirtschaftlichen Verlust, der direkte Folge einer Straftat war, erlitten hat;

ii)

Familienangehörige einer Person, deren Tod eine direkte Folge einer Straftat ist, und die durch den Tod dieser Person eine Schädigung erlitten haben;

b)

„Familienangehörige“ den Ehepartner des Opfers, die Person, die mit dem Opfer stabil und dauerhaft in einer festen intimen Lebensgemeinschaft zusammenlebt und mit ihm einen gemeinsamen Haushalt führt, sowie die Angehörigen in direkter Linie, die Geschwister und die Unterhaltsberechtigten des Opfers;

c)

„Kind“ eine Person, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat;

d)

„Wiedergutmachung“ ein Verfahren, das Opfer und Täter, falls sie sich aus freien Stücken dafür entscheiden, in die Lage versetzt, sich mit Hilfe eines unparteiischen Dritten aktiv an einer Regelung der Folgen einer Straftat zu beteiligen.

2.   Die Mitgliedstaaten können Verfahren einführen,

a)

um die Zahl der Familienangehörigen, denen die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte zugute kommen können, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu begrenzen, und

b)

um im Zusammenhang mit Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii zu bestimmen, welche Familienangehörigen in Bezug auf die Ausübung der in dieser Richtlinie festgelegten Rechte Vorrang haben.

KAPITEL 2

INFORMATION UND UNTERSTÜTZUNG

Artikel 3

Recht, zu verstehen und verstanden zu werden

(1)   Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um die Opfer dahin gehend zu unterstützen, dass diese von der ersten Kontaktaufnahme an und bei allen notwendigen weiteren Kontakten mit einer zuständigen Behörde im Zusammenhang mit einem Strafverfahren verstehen und auch selbst verstanden werden, einschließlich was die von dieser Behörde erteilten Informationen anbelangt.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die mündliche und schriftliche Kommunikation mit Opfern in einfacher und verständlicher Sprache geführt wird. Bei dieser Kommunikation wird den persönlichen Merkmalen des Opfers — einschließlich Behinderungen, die seine Fähigkeit, zu verstehen oder verstanden zu werden, beeinträchtigen können — Rechnung getragen.

(3)   Sofern dies nicht den Interessen des Opfers zuwiderläuft oder den Lauf des Verfahrens beeinträchtigt, gestatten die Mitgliedstaaten, dass das Opfer sich bei der ersten Kontaktaufnahme mit einer zuständigen Behörde von einer Person seiner Wahl begleiten lässt, wenn das Opfer aufgrund der Auswirkungen der Straftat Hilfe benötigt, um zu verstehen oder verstanden zu werden.

Artikel 4

Recht auf Information bei der ersten Kontaktaufnahme mit einer zuständigen Behörde

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfern ab der ersten Kontaktaufnahme mit einer zuständigen Behörde unverzüglich die nachstehend aufgeführten Informationen zur Verfügung gestellt werden, damit sie die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte wahrnehmen können:

a)

die Art der Unterstützung, die das Opfer erhalten kann, und von wem es diese erhalten kann, einschließlich gegebenenfalls grundlegende Informationen über den Zugang zu medizinischer Unterstützung, zu spezialisierter Unterstützung, einschließlich psychologische Betreuung, und zu einer alternativen Unterbringung;

b)

die Verfahren zur Erstattung von Anzeigen hinsichtlich einer Straftat und die Stellung des Opfers in diesen Verfahren;

c)

Informationen darüber, wie und unter welchen Voraussetzungen das Opfer Schutz erhalten kann, einschließlich Schutzmaßnahmen;

d)

Informationen darüber, wie und unter welchen Voraussetzungen das Opfer Rechtsbeistand, Prozesskostenhilfe oder sonstigen Beistand erhalten kann;

e)

Informationen darüber, wie und unter welchen Voraussetzungen das Opfer eine Entschädigung erhalten kann;

f)

Informationen darüber, wie und unter welchen Voraussetzungen das Opfer Anspruch auf Dolmetschleistung und Übersetzung hat;

g)

falls das Opfer in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Straftat begangen wurde, wohnhaft ist, besondere Maßnahmen, Verfahren oder Vorkehrungen, die zum Schutz der Interessen des Opfers in dem Mitgliedstaat, in dem die erste Kontaktaufnahme mit der zuständigen Behörde erfolgt, getroffen werden können;

h)

verfügbare Beschwerdeverfahren für den Fall, dass die zuständige Behörde, die im Rahmen des Strafverfahrens tätig wird, die Rechte des Opfers verletzt;

i)

Kontaktangaben für den Fall betreffende Mitteilungen;

j)

verfügbare Wiedergutmachungsdienste;

k)

Informationen darüber, wie und unter welchen Voraussetzungen dem Opfer Ausgaben, die ihm infolge der Teilnahme am Strafverfahren entstehen, erstattet werden können.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Informationen können entsprechend den konkreten Bedürfnissen und den persönlichen Umständen des Opfers und je nach Wesen oder Art der Straftat unterschiedlich umfangreich bzw. detailliert ausfallen. Weitere Einzelheiten können entsprechend den Bedürfnissen des Opfers und je nachdem, wie relevant diese Einzelheiten für das jeweilige Stadium des Strafverfahrens sind, auch in späteren Stadien zur Verfügung gestellt werden.

Artikel 5

Rechte der Opfer bei der Anzeige einer Straftat

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Opfer eine schriftliche Bestätigung ihrer förmlichen Anzeige bei der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats mit Angabe der grundlegenden Elemente bezüglich der betreffenden Straftat erhalten.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfer, die eine Straftat anzeigen wollen und die die Sprache der zuständigen Behörde nicht verstehen oder sprechen, in die Lage versetzt werden, die Anzeige in einer Sprache zu machen, die sie verstehen, oder dabei die erforderliche Hilfe bei der Verständigung erhalten.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfer, die die Sprache der zuständigen Behörde nicht verstehen oder sprechen, auf Antrag kostenlos eine Übersetzung der in Absatz 1 genannten schriftlichen Bestätigung ihrer Anzeige in eine Sprache, die sie verstehen, erhalten.

Artikel 6

Recht der Opfer auf Informationen zu ihrem Fall

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfer unverzüglich über ihr Recht aufgeklärt werden, folgende Informationen über das Strafverfahren zu erhalten, das auf die Anzeige einer von ihnen erlittenen Straftat hin eingeleitet wurde, und dass sie diese Informationen auf Antrag erhalten:

a)

Informationen über jedwede Entscheidung, auf Ermittlungen zu verzichten oder diese einzustellen oder den Täter nicht strafrechtlich zu verfolgen;

b)

Informationen über den Zeitpunkt und den Ort der Hauptverhandlung sowie der Art der gegen den Täter erhobenen Beschuldigungen.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfer im Einklang mit ihrer Stellung in der betreffenden Strafrechtsordnung unverzüglich über ihr Recht aufgeklärt werden, folgende Informationen über das Strafverfahren zu erhalten, das auf die Anzeige einer von ihnen erlittenen Straftat hin eingeleitet wurde, und dass sie diese Informationen auf Antrag erhalten:

a)

Informationen über jedwede rechtskräftige Entscheidung in einem Prozess;

b)

Informationen, die es dem Opfer ermöglichen, sich über den Fortgang des Strafverfahrens zu informieren, außer in Ausnahmefällen, wenn die Mitteilung der ordentlichen Verhandlung der Sache schaden könnte.

(3)   Die gemäß Absatz 1 Buchstabe a und Absatz 2 Buchstabe a erteilten Informationen müssen die Begründung oder eine kurze Zusammenfassung der Begründung für die betreffende Entscheidung umfassen, außer im Falle einer von Geschworenen getroffenen Entscheidung oder im Falle einer Entscheidung, deren Begründung vertraulich ist, für die nach einzelstaatlichem Recht keine Begründung gegeben wird.

(4)   Der Wunsch des Opfers, Informationen zu erhalten bzw. nicht zu erhalten, ist für die zuständige Behörde verbindlich, es sei denn, dass die Informationen wegen des Rechts des Opfers auf aktive Teilnahme am Strafverfahren erteilt werden müssen. Die Mitgliedstaaten gestatten dem Opfer, seinen Wunsch jederzeit zu ändern, und sie berücksichtigen eine solche Änderung.

(5)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfer die Möglichkeit erhalten, sich unverzüglich von der Freilassung oder Flucht der Person, die wegen Straftaten gegen sie in Untersuchungshaft genommen wurde, strafrechtlich verfolgt wird oder verurteilt wurde, in Kenntnis setzen zu lassen. Ferner stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Opfer über alle einschlägigen Maßnahmen informiert werden, die im Fall einer Freilassung oder Flucht des Täters zum Schutz des Opfers getroffen werden.

(6)   Opfer erhalten auf Antrag die Informationen gemäß Absatz 5 zumindest in den Fällen, in denen für sie eine Gefahr besteht das Risiko einer Schädigung festgestellt wurde, es sei denn, dass festgestellt wird, dass die Mitteilung das Risiko einer Schädigung des Straftäters birgt.

Artikel 7

Recht auf Dolmetschleistung und Übersetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Opfer, die die Sprache des Strafverfahrens nicht verstehen oder sprechen, im Einklang mit ihrer Stellung in der betreffenden Strafrechtsordnung auf Antrag kostenlos eine Dolmetschleistung in Anspruch nehmen können, zumindest bei Vernehmungen oder Befragungen des Opfers durch Ermittlungs- und gerichtliche Behörden, einschließlich polizeilicher Vernehmungen, im Rahmen des Strafverfahrens, sowie für ihre aktive Teilnahme an allen Gerichtsverhandlungen und notwendigen Zwischenverhandlungen.

(2)   Unbeschadet der Verteidigungsrechte und im Einklang mit dem jeweiligen gerichtlichen Ermessensspielraum können Kommunikationstechnologien wie Videokonferenzen, Telefon oder Internet verwendet werden, es sei denn, ein Dolmetscher wird vor Ort benötigt, damit das Opfer seine Rechte umfassend wahrnehmen oder das Verfahren verstehen kann.

(3)   Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Opfer, die die Sprache des betreffenden Strafverfahrens nicht verstehen oder sprechen, im Einklang mit ihrer Stellung im Strafverfahren in der betreffenden Strafrechtsordnung auf Antrag kostenlos Übersetzungen der für die Ausübung ihrer Rechte im Rahmen des Strafverfahrens wesentlichen Informationen in eine Sprache, die sie verstehen, erhalten, soweit diese Informationen den Opfern zur Verfügung gestellt werden. Zu den Übersetzungen dieser Informationen gehören mindestens jedwede Entscheidung, mit der ein Strafverfahren beendet wird, das aufgrund einer von dem Opfer erlittenen Straftat eingeleitet wurde, und auf Antrag des Opfers die Begründung oder eine kurze Zusammenfassung der Begründung dieser Entscheidung, außer im Falle einer von Geschworenen getroffenen Entscheidung oder einer Entscheidung, deren Begründung vertraulich ist, für die nach einzelstaatlichem Recht keine Begründung gegeben wird.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfer, die gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b Anspruch auf Informationen über den Zeitpunkt und den Ort der Hauptverhandlung haben und die die Sprache der zuständigen Behörde nicht verstehen, auf Antrag eine Übersetzung der Informationen erhalten, auf die sie Anspruch haben.

(5)   Das Opfer kann unter Angabe von Gründen beantragen, dass ein Dokument als wesentlich betrachtet wird. Es ist nicht erforderlich, Passagen wesentlicher Dokumente zu übersetzen, die nicht dafür maßgeblich sind, dass das Opfer aktiv am Strafverfahren teilnehmen kann.

(6)   Ungeachtet der Absätze 1 und 3 kann eine mündliche Übersetzung oder eine mündliche Zusammenfassung der wesentlichen Dokumente anstelle einer schriftlichen Übersetzung unter der Bedingung zur Verfügung gestellt werden, dass eine solche mündliche Übersetzung oder mündliche Zusammenfassung einem fairen Verfahren nicht entgegensteht.

(7)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständige Behörde begutachtet, ob das Opfer Dolmetschleistung oder Übersetzung gemäß den Absätzen 1 und 3 benötigt. Das Opfer kann die Entscheidung, keine Dolmetschleistung oder Übersetzung bereitzustellen, anfechten. Die Verfahrensvorschriften für eine solche Anfechtung richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht.

(8)   Die Dolmetschleistung und Übersetzung sowie die Prüfung der Anfechtung einer Entscheidung, keine Dolmetschleistung oder Übersetzung nach diesem Artikel bereitzustellen, dürfen das Strafverfahren nicht ungebührlich verlängern.

Artikel 8

Recht auf Zugang zu Opferunterstützung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfer ihrem Bedarf entsprechend vor, während sowie für einen angemessenen Zeitraum nach Abschluss des Strafverfahrens kostenlos Zugang zu Opferunterstützungsdiensten erhalten, die im Interesse der Opfer handeln und dem Grundsatz der Vertraulichkeit verpflichtet sind. Familienangehörige erhalten Zugang zu Opferunterstützungsdiensten entsprechend ihrem Bedarf und dem Ausmaß der Schädigung, die sie infolge der gegen das Opfer begangenen Straftat erlitten haben.

(2)   Die Mitgliedstaaten erleichtern die Vermittlung der Opfer an Opferunterstützungsdienste durch die zuständige Behörde, bei der eine Straftat angezeigt wurde, und durch andere einschlägige Einrichtungen.

(3)   Die Mitgliedstaaten ergreifen Maßnahmen, um neben den allgemeinen Opferunterstützungsdiensten oder als zu diesen gehörig kostenlose vertrauliche spezialisierte Unterstützungsdienste einzurichten, oder sie ermöglichen es, dass Organisationen zur Opferunterstützung auf bestehende spezialisierte Einrichtungen zurückgreifen können, die eine solche spezialisierte Unterstützung anbieten. Die Opfer erhalten Zugang zu solchen Diensten entsprechend ihrem spezifischen Bedarf; Familienangehörige erhalten Zugang entsprechend ihrem spezifischen Bedarf und dem Ausmaß der Schädigung, die sie infolge der gegen das Opfer begangenen Straftat erlitten haben.

(4)   Opferunterstützungsdienste und spezialisierte Unterstützungsdienste können als öffentliche oder nichtstaatliche Organisationen auf haupt- oder ehrenamtlicher Grundlage eingerichtet werden.

(5)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Zugang zu Opferunterstützungsdiensten nicht davon abhängig ist, ob ein Opfer eine Straftat einer zuständigen Behörde förmlich angezeigt hat.

Artikel 9

Unterstützung durch Opferunterstützungsdienste

(1)   Opferunterstützungsdienste gemäß Artikel 8 Absatz 1 müssen mindestens folgende Dienste zur Verfügung stellen:

a)

Information über sowie Beratung und Unterstützung hinsichtlich der Rechte von Opfern, unter anderem über den Zugang zu nationalen Entschädigungsprogrammen für durch Straftaten verursachte Schädigungen, sowie über die Stellung des Opfers im Strafverfahren, einschließlich der Vorbereitung auf Teilnahme am Prozess;

b)

Information über bestehende einschlägige spezialisierte Unterstützungsdienste oder direkte Vermittlung an solche Dienste;

c)

emotionale und — sofern verfügbar — psychologische Unterstützung;

d)

Beratung zu finanziellen und praktischen Fragen im Zusammenhang mit einer Straftat;

e)

sofern nicht bereits durch sonstige öffentliche oder private Dienste abgedeckt, Beratung zum Risiko sowie zur Verhütung von sekundärer und wiederholter Viktimisierung, von Einschüchterung und von Vergeltung.

(2)   Die Mitgliedstaaten fordern die Opferunterstützungsdienste auf, den Schwerpunkt besonders auf den spezifischen Bedarf von Opfern zu legen, die infolge der Schwere der Straftat eine beträchtliche Schädigung erlitten haben.

(3)   Sofern nicht von sonstigen öffentlichen oder privaten Diensten abgedeckt, müssen die spezialisierten Unterstützungsdienste gemäß Artikel 8 Absatz 3 mindestens folgende Dienste aufbauen und zur Verfügung stellen:

a)

Unterkunft oder eine sonstige geeignete vorläufige Unterbringung für Opfer, die aufgrund des unmittelbaren Risikos von sekundärer und wiederholter Viktimisierung, Einschüchterung und Vergeltung einen sicheren Aufenthaltsort benötigen;

b)

gezielte und integrierte Unterstützung von Opfern mit besonderen Bedürfnissen, wie Opfern von sexueller Gewalt, Opfern von geschlechtsbezogener Gewalt und Opfern von Gewalt in engen Beziehungen, einschließlich Unterstützung bei der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse und Beratungsdienste.

KAPITEL 3

TEILNAHME AM STRAFVERFAHREN

Artikel 10

Anspruch auf rechtliches Gehör

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Opfer im Strafverfahren gehört werden und Beweismittel beibringen können. Soll ein Opfer im Kindesalter gehört werden, so ist seinem Alter und seiner Reife Rechnung zu tragen.

(2)   Die Verfahrensvorschriften, nach denen die Opfer in den Strafverfahren gehört werden und Beweismittel beibringen können, richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht.

Artikel 11

Rechte bei Verzicht auf Strafverfolgung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Opfer im Einklang mit ihrer Stellung in der betreffenden Strafrechtsordnung das Recht auf Überprüfung einer Entscheidung über den Verzicht auf Strafverfolgung haben. Die Verfahrensvorschriften für diese Überprüfung richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht.

(2)   Wird die Stellung des Opfers in der betreffenden Strafrechtsordnung im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht erst bestimmt, nachdem eine Entscheidung über die Strafverfolgung des Täters ergangen ist, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass zumindest die Opfer schwerer Straftaten Anspruch auf die Überprüfung einer Entscheidung über den Verzicht auf Strafverfolgung haben. Die Verfahrensvorschriften für diese Überprüfung richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Opfer unverzüglich über ihr Recht in Kenntnis gesetzt werden, die nötigen Informationen zu erhalten, und dass sie diese Informationen auf Antrag erhalten, um entscheiden zu können, ob sie die Überprüfung einer Entscheidung über den Verzicht auf Strafverfolgung beantragen sollen.

(4)   Wird die Entscheidung, auf eine Strafverfolgung zu verzichten, von der obersten Strafverfolgungsbehörde getroffen, deren Entscheidung nach einzelstaatlichem Recht keiner Überprüfung unterzogen werden darf, so kann die Überprüfung von derselben Behörde vorgenommen werden.

(5)   Die Absätze 1, 3 und 4 finden keine Anwendung auf eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über den Verzicht auf Strafverfolgung, wenn diese Entscheidung einen außergerichtlichen Vergleich zur Folge hat, soweit das einzelstaatliche Recht eine solche Möglichkeit vorsieht.

Artikel 12

Recht auf Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit Wiedergutmachungsdiensten

(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen Maßnahmen zum Schutz der Opfer vor sekundärer und wiederholter Viktimisierung, vor Einschüchterung und vor Vergeltung, die anzuwenden sind, wenn Wiedergutmachungsdienste zur Verfügung gestellt werden. Mit diesen Maßnahmen wird sichergestellt, dass die Opfer, die sich für die Teilnahme an einem Wiedergutmachungsverfahren entscheiden, Zugang zu sicheren und fachgerechten Wiedergutmachungsdiensten haben; dieser Zugang unterliegt folgenden Bedingungen:

a)

Wiedergutmachungsdienste kommen nur zur Anwendung, wenn dies im Interesse des Opfers ist, vorbehaltlich etwaiger Sicherheitsbedenken und auf der Grundlage der freien und in Kenntnis der Sachlage erteilten Einwilligung des Opfers; die jederzeit widerrufen werden kann;

b)

vor Erklärung seiner Bereitschaft zur Teilnahme an dem Wiedergutmachungsverfahren wird das Opfer umfassend und unparteiisch über das Ausgleichsverfahren und dessen möglichen Ausgang sowie über die Verfahren zur Überwachung der Einhaltung einer Vereinbarung informiert;

c)

der Straftäter hat den zugrunde liegenden Sachverhalt im Wesentlichen zugegeben;

d)

eine Vereinbarung ist freiwillig und kann in weiteren Strafverfahren berücksichtigt werden;

e)

nicht öffentlich geführte Gespräche im Rahmen des Wiedergutmachungsverfahrens sind vertraulich und dürfen auch später nicht bekanntgegeben werden, es sei denn, die Betroffenen stimmen der Bekanntgabe zu oder diese ist wegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses nach einzelstaatlichem Recht erforderlich.

(2)   Die Mitgliedstaaten unterstützen die Vermittlung an Wiedergutmachungsdienste, wenn dies sachdienlich ist, indem sie unter anderem Verfahren oder Leitlinien betreffend die Voraussetzungen für die Vermittlung an solche Dienste festlegen.

Artikel 13

Anspruch auf Prozesskostenhilfe

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Opfer Prozesskostenhilfe erhalten, wenn sie als Parteien im Strafverfahren auftreten. Die Bedingungen oder Verfahrensvorschriften, nach denen Opfer Prozesskostenhilfe erhalten, richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht.

Artikel 14

Anspruch auf Kostenerstattung

Die Mitgliedstaaten bieten Opfern, die am Strafverfahren teilnehmen, die Möglichkeit, sich Ausgaben, die ihnen aufgrund ihrer aktiven Teilnahme am Strafverfahren entstanden sind, im Einklang mit ihrer Stellung in der betreffenden Strafrechtsordnung erstatten zu lassen. Die Bedingungen oder Verfahrensvorschriften, nach denen die Opfer gegebenenfalls eine Erstattung erhalten können, richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht.

Artikel 15

Recht auf Rückgabe von Vermögenswerten

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die im Rahmen des Strafverfahrens beschlagnahmten Vermögenswerte, die für eine Rückgabe in Frage kommen, den Opfern aufgrund einer entsprechenden Entscheidung einer zuständigen Behörde unverzüglich zurückgegeben werden, es sei denn, die Vermögenswerte werden zum Zwecke des Strafverfahrens benötigt. Die Bedingungen oder Verfahrensvorschriften, nach denen die betreffenden Vermögenswerte den Opfern zurückgegeben werden, richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht.

Artikel 16

Recht auf Entscheidung über Entschädigung durch den Straftäter im Rahmen des Strafverfahrens

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Opfer einer Straftat das Recht haben, im Rahmen des Strafverfahrens innerhalb einer angemessenen Frist eine Entscheidung über die Entschädigung durch den Straftäter zu erwirken, es sei denn, dass diese Entscheidung nach einzelstaatlichem Recht im Rahmen eines anderen gerichtlichen Verfahrens ergehen muss.

(2)   Die Mitgliedstaaten unterstützen Maßnahmen, um die angemessene Entschädigung der Opfer durch die Straftäter zu fördern.

Artikel 17

Rechte der Opfer mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre zuständigen Behörden imstande sind, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, damit so wenig Schwierigkeiten wie möglich auftreten, wenn das Opfer seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat hat, in dem die Straftat begangen wurde, insbesondere in Bezug auf den Ablauf des Verfahrens. Dazu müssen die Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Straftat begangen wurde, insbesondere in der Lage sein,

a)

die Aussage des Opfers unmittelbar nach der Anzeige der Straftat bei der zuständigen Behörde aufzunehmen;

b)

bei der Vernehmung von Opfern mit Wohnsitz im Ausland möglichst umfassend von den Bestimmungen über Video- und Telefonkonferenzen, die in dem Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen (17) festgelegt sind, Gebrauch zu machen.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres Wohnsitzes Opfer einer Straftat wurden, Anzeige bei den Behörden ihres Wohnsitzmitgliedstaats erstatten können, wenn sie in dem Mitgliedstaat, in dem die Straftat verübt wurde, dazu nicht in der Lage sind, oder wenn sie die Anzeige im Falle einer nach dem einzelstaatlichen Recht jenes Mitgliedstaats als schwer eingestuften Straftat nicht dort erstatten möchten.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständige Behörde, bei der das Opfer die Anzeige erstattet, diese unverzüglich der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem die Straftat verübt wurde, übermittelt, wenn der Mitgliedstaat, in dem die Anzeige erstattet wurde, seine Zuständigkeit, das Verfahren einzuleiten, noch nicht ausgeübt hat.

KAPITEL 4

SCHUTZ DER OPFER UND ANERKENNUNG VON OPFERN MIT BESONDEREN SCHUTZBEDÜRFNISSEN

Artikel 18

Schutzanspruch

Unbeschadet der Verteidigungsrechte stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Maßnahmen zum Schutz der Opfer und ihrer Familienangehörigen vor sekundärer und wiederholter Viktimisierung, vor Einschüchterung und vor Vergeltung, insbesondere vor der Gefahr einer emotionalen oder psychologischen Schädigung, und zum Schutz der Würde der Opfer bei der Vernehmung oder bei Zeugenaussagen zur Verfügung stehen. Erforderlichenfalls umfassen die Maßnahmen auch Verfahren, die im einzelstaatlichen Recht im Hinblick auf den physischen Schutz der Opfer und ihrer Familienangehörigen vorgesehen sind.

Artikel 19

Recht des Opfers auf Vermeidung des Zusammentreffens mit dem Straftäter

(1)   Die Mitgliedstaaten schaffen die notwendigen Voraussetzungen dafür, dass in Gebäuden, in denen das Strafverfahren verhandelt wird, das Zusammentreffen der Opfer und erforderlichenfalls ihrer Familienangehörigen mit dem Täter vermieden werden kann, es sei denn, dass das Strafverfahren ein solches Zusammentreffen erfordert.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass neue Gerichtsräumlichkeiten über gesonderte Wartebereiche für Opfer verfügen.

Artikel 20

Recht auf Schutz der Opfer während der strafrechtlichen Ermittlungen

Unbeschadet der Verteidigungsrechte und im Einklang mit dem jeweiligen gerichtlichen Ermessensspielraum stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass während der strafrechtlichen Ermittlungen

a)

Opfer unverzüglich nach Anzeige der Straftat bei der zuständigen Behörde vernommen werden;

b)

sich die Anzahl der Vernehmungen der Opfer auf ein Mindestmaß beschränken und Vernehmungen nur dann erfolgen, wenn sie für die Zwecke der strafrechtlichen Ermittlungen unbedingt erforderlich sind;

c)

Opfer von ihrem rechtlichen Vertreter und einer Person ihrer Wahl begleitet werden können, es sei denn, dass eine begründete gegenteilige Entscheidung getroffen wurde;

d)

medizinische Untersuchungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und nur durchgeführt werden, wenn sie für die Zwecke der strafrechtlichen Ermittlungen unbedingt erforderlich sind.

Artikel 21

Recht auf Schutz der Privatsphäre

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden während des Strafverfahrens geeignete Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre — einschließlich der bei der individuellen Begutachtung des Opfers gemäß Artikel 22 berücksichtigten persönlichen Merkmale — und des Rechts der Opfer und ihrer Familienangehörigen am eigenen Bild treffen können. Ferner stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die zuständigen Behörden sämtliche rechtlich zulässigen Maßnahmen zur Verhinderung der öffentlichen Verbreitung aller Informationen, die zur Identifizierung eines Opfers im Kindesalter führen könnte, treffen können.

(2)   Zum Schutz der Privatsphäre, der persönlichen Integrität und der personenbezogenen Daten der Opfer fördern die Mitgliedstaaten unter Achtung der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit sowie der Freiheit der Medien und ihrer Pluralität, dass die Medien Selbstkontrollmaßnahmen treffen.

Artikel 22

Individuelle Begutachtung der Opfer zur Ermittlung besonderer Schutzbedürfnisse

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfer nach Maßgabe der einzelstaatlichen Verfahren frühzeitig einer individuellen Begutachtung unterzogen werden, damit besondere Schutzbedürfnisse ermittelt werden und festgestellt wird, ob und inwieweit ihnen Sondermaßnahmen im Rahmen des Strafverfahrens gemäß Artikel 23 und Artikel 24 infolge ihrer besonderen Gefährdung hinsichtlich sekundärer und wiederholter Viktimisierung, Einschüchterung und Vergeltung zugute kommen würden.

(2)   Bei der individuellen Begutachtung wird insbesondere Folgendes berücksichtigt:

a)

die persönlichen Merkmale des Opfers;

b)

die Art oder das Wesen der Straftat sowie

c)

die Umstände der Straftat.

(3)   Im Rahmen der individuellen Begutachtung erhalten folgende Opfer besondere Aufmerksamkeit: Opfer, die infolge der Schwere der Straftat eine beträchtliche Schädigung erlitten haben; Opfer, die Hasskriminalität und von in diskriminierender Absicht begangenen Straftaten erlitten haben, die insbesondere im Zusammenhang mit ihren persönlichen Merkmalen stehen könnten; Opfer, die aufgrund ihrer Beziehung zum und Abhängigkeit vom Täter besonders gefährdet sind. Dabei sind Opfer von Terrorismus, organisierter Kriminalität, Menschenhandel, geschlechtsbezogener Gewalt, Gewalt in engen Beziehungen, sexueller Gewalt oder Ausbeutung oder Hassverbrechen sowie Opfer mit Behinderungen gebührend zu berücksichtigen.

(4)   Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten Opfer im Kindesalter als Opfer mit besonderen Schutzbedürfnissen, da bei ihnen die Gefahr der sekundären und wiederholten Viktimisierung, der Einschüchterung und der Vergeltung besteht. Um festzustellen, ob und inwieweit ihnen Sondermaßnahmen gemäß den Artikeln 23 und 24 zugute kommen würden, werden Opfer im Kindesalter einer individuellen Begutachtung gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels unterzogen.

(5)   Die individuelle Begutachtung kann je nach Schwere der Tat und Ausmaß der erkennbaren Schädigung des Opfers mehr oder weniger umfassend sein.

(6)   Die Opfer werden eng in die individuelle Begutachtung einbezogen; dabei werden ihre Wünsche berücksichtigt, unter anderem auch der Wunsch, nicht in den Genuss von Sondermaßnahmen gemäß den Artikeln 23 und 24 zu kommen.

(7)   Tritt eine wesentliche Änderung bei den Elementen ein, die der individuellen Begutachtung zugrunde liegen, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die individuellen Begutachtung im Zuge des Strafverfahrens aktualisiert wird.

Artikel 23

Schutzanspruch der Opfer mit besonderen Schutzbedürfnissen während des Strafverfahrens

(1)   Unbeschadet der Verteidigungsrechte und im Einklang mit dem jeweiligen gerichtlichen Ermessensspielraum stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Opfer mit besonderen Schutzbedürfnissen, zu deren Gunsten Sondermaßnahmen infolge einer individuellen Begutachtung gemäß Artikel 22 Absatz 1 ergriffen werden, in den Genuss der in den Absätzen 2 und 3 des vorliegenden Artikels vorgesehenen Maßnahmen kommen können. Von der Durchführung einer infolge der individuellen Begutachtung vorgesehenen Sondermaßnahme wird abgesehen, wenn operative oder praktische Zwänge die Durchführung unmöglich machen oder wenn die dringende Notwendigkeit einer Vernehmung des Opfers besteht und ein anderes Vorgehen das Opfer oder eine andere Person schädigen bzw. den Gang des Verfahrens beeinträchtigen könnte.

(2)   Opfern, deren besondere Schutzbedürfnisse gemäß Artikel 22 Absatz 1 ermittelt wurden, stehen während der strafrechtlichen Ermittlungen folgende Maßnahmen zur Verfügung:

a)

Das Opfer wird in Räumlichkeiten vernommen, die für diesen Zweck ausgelegt sind oder diesem Zweck angepasst wurden;

b)

die Vernehmung des Opfers wird von für diesen Zweck ausgebildeten Fachkräften oder unter deren Mitwirkung durchgeführt;

c)

sämtliche Vernehmungen des Opfers werden von denselben Personen durchgeführt, es sei denn, dies ist nicht im Sinne einer geordneten Rechtspflege;

d)

Opfer sexueller Gewalt, geschlechtsbezogener Gewalt oder von Gewalt in engen Beziehungen werden von einer Person des gleichen Geschlechts wie das Opfer vernommen, wenn das Opfer dies wünscht und der Gang des Strafverfahrens dadurch nicht beeinträchtigt wird, es sei denn, die Vernehmung erfolgt durch einen Staatsanwalt oder einen Richter.

(3)   Opfern, deren besondere Schutzbedürfnisse gemäß Artikel 22 Absatz 1 ermittelt wurden, stehen während der Gerichtsverhandlung folgende Maßnahmen zur Verfügung:

a)

Maßnahmen zur Verhinderung des Blickkontakts zwischen Opfern und Tätern — auch während der Aussage der Opfer — mit Hilfe geeigneter Mittel, unter anderem durch die Verwendung von Kommunikationstechnologie;

b)

Maßnahmen zur Gewährleistung, dass das Opfer insbesondere mit Hilfe geeigneter Kommunikationstechnologie vernommen werden kann, ohne im Gerichtssaal anwesend zu sein;

c)

Maßnahmen zur Vermeidung einer unnötigen Befragung zum Privatleben des Opfers, wenn dies nicht im Zusammenhang mit der Straftat steht, und

d)

Maßnahmen zur Ermöglichung des Ausschlusses der Öffentlichkeit während der Verhandlung.

Artikel 24

Schutzanspruch von Opfern im Kindesalter während des Strafverfahrens

(1)   Ist das Opfer ein Kind, so stellen die Mitgliedstaaten zusätzlich zu den in Artikel 23 vorgesehenen Maßnahmen sicher, dass

a)

sämtliche Vernehmungen des Opfers im Kindesalter in strafrechtlichen Ermittlungen audiovisuell aufgezeichnet werden können und die Aufzeichnung als Beweismittel in Strafverfahren verwendet werden kann;

b)

die zuständigen Behörden bei strafrechtlichen Ermittlungen und Verfahren im Einklang mit der Stellung des Opfers in der betreffenden Strafrechtsordnung für Opfer im Kindesalter einen besonderen Vertreter bestellen, wenn die Träger des elterlichen Sorgerechts nach Maßgabe des einzelstaatlichen Rechts das Opfer im Kindesalter aufgrund eines Interessenkonflikts zwischen ihnen und dem Opfer im Kindesalter nicht vertreten dürfen oder wenn es sich um ein unbegleitetes oder von seiner Familie getrenntes Opfer im Kindesalter handelt;

c)

das Opfer im Kindesalter — wenn es das Recht auf einen Rechtsanwalt hat — in Verfahren, in denen es einen Interessenkonflikt zwischen dem Opfer im Kindesalter und den Trägern des elterlichen Sorgerechts gibt oder geben könnte, das Recht auf rechtlichen Rat und rechtliche Vertretung in seinem eigenen Namen hat.

Die Verfahrensvorschriften für die audiovisuellen Aufzeichnungen gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe a und für deren Verwendung richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht.

(2)   Konnte das Alter eines Opfers nicht festgestellt werden und gibt es Grund zu der Annahme, dass es sich bei dem Opfer um ein Kind handelt, so gilt das Opfer für die Zwecke dieser Richtlinie als Kind.

KAPITEL 5

SONSTIGE BESTIMMUNGEN

Artikel 25

Schulung der betroffenen Berufsgruppen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Amtsträger die voraussichtlich mit Opfern in Kontakt kommen, wie Polizeibedienstete und Gerichtsbedienstete, eine für ihren Kontakt mit den Opfern angemessene allgemeine wie auch spezielle Schulung erhalten, um bei ihnen das Bewusstsein für die Bedürfnisse der Opfer zu erhöhen und sie in die Lage zu versetzen, einen unvoreingenommenen, respektvollen und professionellen Umgang mit den Opfern zu pflegen.

(2)   Unbeschadet der Unabhängigkeit der Justiz und der Unterschiede in der Organisation der Justiz innerhalb der Union verlangen die Mitgliedstaaten, dass diejenigen, die für die Weiterbildung von an Strafverfahren beteiligten Richtern und Staatsanwälten zuständig sind, allgemeine wie auch spezielle Weiterbildungsmaßnahmen zur Verfügung stellen, um bei Richtern und Staatsanwälten das Bewusstsein für die Bedürfnisse der Opfer zu verbessern.

(3)   Unter gebührender Achtung der Unabhängigkeit der Rechtsberufe empfehlen die Mitgliedstaaten, dass diejenigen, die für die Weiterbildung von Rechtsanwälten zuständig sind, allgemeine wie auch spezielle Weiterbildungsmaßnahmen zur Verfügung stellen, um das Bewusstsein der Rechtsanwälte für die Bedürfnisse der Opfer zu verbessern.

(4)   Die Mitgliedstaaten fördern über ihre öffentlichen Stellen oder durch die Finanzierung von Organisationen zur Opferunterstützung Initiativen, die ermöglichen, dass diejenigen, die Opferunterstützung leisten oder Wiedergutmachungsdienste zur Verfügung stellen, eine ihrem Kontakt mit den Opfern angemessene Schulung erhalten und die beruflichen Verhaltensregeln beachten, mit denen sichergestellt wird, dass sie ihre Tätigkeit, unvoreingenommen, respektvoll, einfühlsam und professionell ausführen.

(5)   Entsprechend den jeweiligen Aufgaben, der Art und Intensität des Kontakts mit den Opfern muss die Schulung darauf abzielen, die Angehörigen der Rechtsberufe in die Lage zu versetzen, die Opfer respektvoll, professionell und diskriminierungsfrei anzuerkennen und zu behandeln.

Artikel 26

Zusammenarbeit und Koordinierung von Diensten

(1)   Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen zur Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten mit dem Ziel, die Wahrnehmung der in dieser Richtlinie und im einzelstaatlichen Recht festgelegten Rechte der Opfer durch diese Opfer zu verbessern. Mit dieser Zusammenarbeit werden mindestens die folgenden Ziele verfolgt:

a)

der Austausch bewährter Verfahren;

b)

eine einzelfallbezogene Konsultation sowie

c)

die Unterstützung europäischer Netze, die sich mit Fragen befassen, die für die Rechte der Opfer unmittelbar von Belang sind.

(2)   Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, auch über das Internet, die darauf abzielen, die in dieser Richtlinie dargelegten Rechte bekannt zu machen, das Risiko der Viktimisierung zu verringern und die negativen Auswirkungen von Straftaten und das Risiko der sekundären und wiederholten Viktimisierung, der Einschüchterung und der Vergeltung zu minimieren, insbesondere durch die Ausrichtung der Maßnahmen auf gefährdete Gruppen wie Kinder und Opfer von geschlechtsbezogener Gewalt und von Gewalt in engen Beziehungen. Zu diesen Maßnahmen können Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen sowie Forschungs- und Bildungsprogramme gehören, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit einschlägigen Organisationen der Zivilgesellschaft und anderen Akteuren.

KAPITEL 6

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 27

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis 16. November 2015 nachzukommen.

(2)   Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

Artikel 28

Bereitstellung von Daten und Statistiken

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission spätestens bis zum 16. November 2017 und danach alle drei Jahre die verfügbaren Daten, aus denen hervorgeht, wie und in welchem Umfang die Opfer ihre in dieser Richtlinie festgelegten Rechte wahrgenommen haben.

Artikel 29

Bericht

Die Kommission übermittelt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 16. November 2017 einen Bericht, in dem sie bewertet, inwieweit die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen getroffen haben, um dieser Richtlinie nachzukommen, wobei sie auch die nach den Artikeln 8, 9 und 23 ergriffenen Maßnahmen beschreibt, und unterbreitet erforderlichenfalls Gesetzgebungsvorschläge.

Artikel 30

Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI

Der Rahmenbeschluss 2001/220/JI wird in Bezug auf die Mitgliedstaaten, die sich an der Annahme dieser Richtlinie beteiligen, unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit den Fristen für die Umsetzung in einzelstaatliches Recht durch diese Richtlinie ersetzt.

In Bezug auf die Mitgliedstaaten, die sich an der Annahme dieser Richtlinie beteiligen, gelten Verweise auf jenen Rahmenbeschluss als Verweise auf diese Richtlinie.

Artikel 31

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 32

Adressaten

Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 25. Oktober 2012.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Der Präsident

A. D. MAVROYIANNIS


(1)  ABl. C 43 vom 15.2.2012, S. 39.

(2)  ABl. C 113 vom 18.4.2012, S. 56.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 12. September 2012 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 4. Oktober 2012.

(4)  ABl. L 82 vom 22.3.2001, S. 1.

(5)  ABl. C 115 vom 4.5.2010, S. 1.

(6)  ABl. C 187 vom 28.6.2011, S. 1.

(7)  ABl. C 285E vom 21.10.2010, S. 53

(8)  ABl. C 296E vom 2.10.2012, S. 26.

(9)  ABl. L 338 vom 21.12.2011, S. 2.

(10)  ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1.

(11)  ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1.

(12)  ABl. L 164 vom 22.6.2002, S. 3.

(13)  ABl. L 328 vom 15.12.2009, S. 42.

(14)  ABl. L 350 vom 30.12.2008, S. 60.

(15)  ABl. C 35 vom 9.2.2012, S. 10.

(16)  ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.

(17)  ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. 3.


14.11.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 315/74


RICHTLINIE 2012/30/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 25. Oktober 2012

zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten

(Neufassung)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 50 Absatz 1 und Absatz 2 Buchstabe g,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (3) ist mehrfach und in wesentlichen Punkten geändert worden (4) Aus Gründen der Klarheit empfiehlt es sich, im Rahmen der jetzt anstehenden Änderungen eine Neufassung vorzunehmen.

(2)

Die Fortführung der Koordinierung, die Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe g des Vertrags sowie das Allgemeine Programm zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit vorsehen und die mit der Ersten Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (5), begonnen wurde, ist bei den Aktiengesellschaften besonders wichtig, weil in der Wirtschaft der Mitgliedstaaten die Tätigkeit dieser Gesellschaften vorherrscht und häufig die Grenzen des nationalen Hoheitsgebiets überschreitet.

(3)

Die Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften über die Gründung der Aktiengesellschaft sowie die Aufrechterhaltung, die Erhöhung und die Herabsetzung ihres Kapitals ist vor allem bedeutsam, um beim Schutz der Aktionäre einerseits und der Gläubiger der Gesellschaft andererseits ein Mindestmaß an Gleichwertigkeit sicherzustellen.

(4)

Die Satzung oder der Errichtungsakt einer Aktiengesellschaft muss in der Union jedem Interessierten die Möglichkeit bieten, die wesentlichen Merkmale der Gesellschaft und insbesondere die genaue Zusammensetzung des Gesellschaftskapitals zu kennen.

(5)

Es ist daher notwendig Unionsvorschriften zu erlassen, um das Kapital als Sicherheit für die Gläubiger zu erhalten, indem insbesondere untersagt wird, dass das Kapital durch nicht geschuldete Ausschüttungen an die Aktionäre verringert wird, und indem die Möglichkeit einer Gesellschaft, eigene Aktien zu erwerben, begrenzt wird.

(6)

Die Beschränkungen für den Erwerb eigener Aktien sollten nicht nur für den Erwerb durch die Gesellschaft selbst gelten, sondern auch für den Erwerb, der von einer Person getätigt wird, die im eigenen Namen, aber für Rechnung dieser Gesellschaft handelt.

(7)

Um zu verhindern, dass sich eine Aktiengesellschaft einer anderen Gesellschaft, in der sie über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt oder auf die sie einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, bedient, um eigene Aktien zu erwerben, ohne die hierfür vorgesehenen Beschränkungen zu beachten, sind die Vorschriften für den Erwerb eigener Aktien durch eine Gesellschaft auf die wichtigsten und am häufigsten vorkommenden Fälle des Erwerbs von Aktien durch diese andere Gesellschaft auszudehnen. Diese Regelung sollte auch auf die Zeichnung von Aktien der Aktiengesellschaft erstreckt werden.

(8)

Um Umgehungen der vorliegenden Richtlinie zu vermeiden, müssen Gesellschaften im Sinne der Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (6) sowie Gesellschaften, die dem Recht eines Drittlands unterliegen und eine vergleichbare Rechtsform haben, in die in Erwägungsgrund 7 genannten Regelungen einbezogen werden.

(9)

Besteht zwischen der Aktiengesellschaft und der anderen Gesellschaft im Sinne des Erwägungsgrundes 7 nur ein mittelbares Verhältnis, so erscheint es gerechtfertigt, die anwendbaren Bestimmungen flexibler als bei einem unmittelbaren Verhältnis zu gestalten, indem vorgesehen wird, dass die Aussetzung der Stimmrechte als Mindestmaßnahme zur Verwirklichung der Ziele der vorliegenden Richtlinie vorgesehen wird.

(10)

Im Übrigen ist es gerechtfertigt, die Fälle auszunehmen, in denen es aufgrund der Besonderheiten einer beruflichen Tätigkeit ausgeschlossen ist, dass die Erreichung der Ziele der vorliegenden Richtlinie in Frage gestellt werden.

(11)

Im Hinblick auf die in Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe g des Vertrags verfolgten Ziele ist es erforderlich, dass die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bei Kapitalerhöhungen und Kapitalherabsetzungen die Beachtung der Grundsätze über die Gleichbehandlung der Aktionäre, die sich in denselben Verhältnissen befinden, und den Schutz der Gläubiger von Forderungen, die bereits vor der Entscheidung über die Herabsetzung bestanden, sicherstellen und für die harmonisierte Durchführung dieser Grundsätze Sorge tragen.

(12)

Um in allen Mitgliedstaaten die Vereinheitlichung des Gläubigerschutzes zu verbessern, sollten Gläubiger, deren Forderungen aufgrund einer Herabsetzung des Kapitals einer Aktiengesellschaft gefährdet sind, unter bestimmten Voraussetzungen auf Gerichts- oder Verwaltungsverfahren zurückgreifen können.

(13)

Um Marktmissbrauch zuverlässig zu verhindern, sollten die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Richtlinie den Bestimmungen der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) (7), der Verordnung (EG) Nr. 2273/2003 der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates — Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen (8) sowie der Richtlinie 2004/72/EG der Kommission vom 29. April 2004 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates — Zulässige Marktpraktiken, Definition von Insider-Informationen in Bezug auf Warenderivate, Erstellung von Insider-Verzeichnissen, Meldung von Eigengeschäften und Meldung verdächtiger Transaktionen (9) Rechnung tragen.

(14)

In Anbetracht des Urteils des Gerichtshofs vom 6. Mai 2008 in der Rechtssache C-133/06 Parlament/Rat (10), erscheint eine Umformulierung des Wortlauts von Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 77/91/EWG erforderlich, so dass eine bestehende zweite Rechtsgrundlage entfernt werden kann und dass sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat den in Absatz 1 des Artikels genannten Betrag prüfen und gegebenenfalls ändern können.

(15)

Diese Richtlinie sollte die Verpflichtung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht und für die Anwendung der in Anhang II Teil B aufgeführten Richtlinien unberührt lassen —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Maßnahmen der Koordinierung gelten für die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die in Anhang I genannten Rechtsformen von Gesellschaften.

Die Firma jeder Gesellschaft der in Anhang I genannten Rechtsformen muss eine Bezeichnung enthalten, die sich von den für andere Gesellschaftsformen vorgeschriebenen Bezeichnungen unterscheidet, oder muss mit einer solchen Bezeichnung verbunden sein.

(2)   Die Mitgliedstaaten brauchen diese Richtlinie auf Investmentgesellschaften mit veränderlichem Kapital und auf Genossenschaften, die in einer der in Anhang 1 genannten Rechtsformen gegründet worden sind, nicht anzuwenden. Soweit die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, verpflichten sie diese Gesellschaften die Bezeichnung „Investmentgesellschaft mit veränderlichem Kapital“ oder „Genossenschaft“ auf allen in Artikel 5 der Richtlinie 2009/101/EG genannten Schriftstücken anzugeben.

Unter „Investmentgesellschaften mit veränderlichem Kapital“ im Sinne dieser Richtlinie sind nur Gesellschaften zu verstehen,

deren Gegenstand es ausschließlich ist, ihre Mittel in verschiedenen Wertpapieren, in verschiedenen Grundstücken oder in anderen Werten anzulegen mit dem einzigen Ziel, das Risiko der Investitionen zu verteilen und ihre Aktionäre an dem Gewinn aus der Verwaltung ihres Vermögens zu beteiligen,

die sich an die Öffentlichkeit wenden, um ihre eigenen Aktien unterzubringen, und

deren Satzung bestimmt, dass ihre Aktien in den Grenzen eines Mindest- und eines Höchstkapitals jederzeit von der Gesellschaft ausgegeben, zurückgekauft oder weiterveräußert werden können.

Artikel 2

Die Satzung oder der Errichtungsakt der Gesellschaft enthält mindestens folgende Angaben:

a)

die Rechtsform der Gesellschaft und ihre Firma;

b)

den Gegenstand des Unternehmens;

c)

sofern die Gesellschaft kein genehmigtes Kapital hat, die Höhe des gezeichneten Kapitals;

d)

sofern die Gesellschaft ein genehmigtes Kapital hat, die Höhe des genehmigten Kapitals und die Höhe des gekennzeichneten Kapitals im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft oder der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit sowie bei jeder Änderung des genehmigten Kapitals; Artikel 2 Buchstabe e der Richtlinie 2009/101/EG bleibt unberührt;

e)

die Bestimmungen, welche die Zahl und die Art und Weise der Bestellung der Mitglieder derjenigen Organe, die mit der Vertretung gegenüber Dritten, mit der Verwaltung, der Leitung, der Aufsicht oder der Kontrolle der Gesellschaft betraut sind, sowie die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen diesen Organen festlegen, soweit sich dies nicht aus dem Gesetz ergibt;

f)

die Dauer der Gesellschaft, sofern sie nicht unbestimmt ist.

Artikel 3

Die Satzung, der Errichtungsakt oder ein gesondertes Schriftstück, das nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG vorgesehenen Verfahren offenzulegen ist, müssen mindestens folgende Angaben enthalten:

a)

den Sitz der Gesellschaft;

b)

den Nennbetrag der gezeichneten Aktien und zumindest jährlich deren Zahl;

c)

die Zahl der gezeichneten Aktien ohne Angabe des Nennbetrags, soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Ausgabe solcher Aktien erlauben;

d)

gegebenenfalls die besonderen Bedingungen, welche die Übertragung der Aktien beschränken;

e)

sofern es mehrere Gattungen von Aktien gibt; die in Buchstaben b, c und d genannten Angaben für jede von ihnen und die Angabe der Rechte, die mit den Aktien jeder der Gattungen verbunden sind;

f)

die Form der Aktien, Namens- oder Inhaberaktien, sofern die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften diese beiden Formen vorsehen, sowie alle Vorschriften über deren Umwandlung, es sei denn, dass das Gesetz die Einzelheiten festlegt;

g)

den eingezahlten Betrag des gezeichneten Kapitals im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft oder der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit;

h)

den Nennbetrag der Aktien oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, die Zahl der Aktien, die als Gegenleistung für eine Einlage ausgegeben werden, die nicht in bar bewirkt wird, sowie den Gegenstand dieser Einlage und den Namen des Einlegers;

i)

die Personalien der natürlichen Personen oder die Bezeichnung der juristischen Personen oder Gesellschaften, durch die oder in deren Namen die Satzung oder der Errichtungsakt oder, sofern die Gründung der Gesellschaft nicht in einem Vorgang einheitlich erfolgt, die Entwürfe der Satzung oder des Errichtungsaktes unterzeichnet worden sind;

j)

mindestens annähernd den Gesamtbetrag aller Kosten, die aus Anlass der Gründung der Gesellschaft von dieser zu tragen sind oder ihr in Rechnung gestellt werden, und zwar gegebenenfalls auch, wenn sie vor dem Zeitpunkt entstehen, in dem die Gesellschaft die Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit erhält und

k)

jeder besondere Vorteil, der bei der Gründung der Gesellschaft oder bis zu dem Zeitpunkt, zu dem diese die Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit erhält, jemandem gewährt wird, der an der Gründung der Gesellschaft oder an Vorgängen beteiligt ist, welche die Genehmigung herbeiführen.

Artikel 4

(1)   Schreiben die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats vor, dass eine Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit nicht ohne eine entsprechende Genehmigung aufnehmen darf, so müssen sie auch Vorschriften über die Haftung für die Verbindlichkeiten enthalten, die von der Gesellschaft oder für ihre Rechnung vor der Erteilung oder der Ablehnung einer solchen Genehmigung eingegangen werden.

(2)   Absatz 1 gilt nicht für Verbindlichkeiten aus Verträgen, welche die Gesellschaft unter der Bedingung geschlossen hat, dass ihr die Genehmigung zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit erteilt wird.

Artikel 5

(1)   Verlangen die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats für die Gründung einer Gesellschaft das Zusammenwirken mehrerer Gesellschafter, so hat die Vereinigung aller Aktien in einer Hand oder das Absinken der Zahl der Gesellschafter unter die gesetzliche Mindestzahl nach der Gründung der Gesellschaft nicht ohne weiteres deren Auflösung zur Folge.

(2)   Kann in den Fällen des Absatzes 1 die gerichtliche Auflösung der Gesellschaft nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats ausgesprochen werden, so muss das zuständige Gericht dieser Gesellschaft eine ausreichende Frist einräumen können, um den Mangel zu beheben.

(3)   Wenn die in Absatz 2 genannte gerichtliche Auflösung der Gesellschaft ausgesprochen worden ist, tritt die Gesellschaft in Liquidation.

Artikel 6

(1)   Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten fordern für die Gründung der Gesellschaft oder für die Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit die Zeichnung eines Mindestkapitals, dessen Betrag nicht auf weniger als 25 000 EUR festgesetzt werden darf.

(2)   Auf Vorschlag der Kommission prüfen das Europäische Parlament und der Rat gemäß Artikel 50 Absatz 1 und Absatz 2 Buchstabe g des Vertrags alle fünf Jahre die in Euro ausgedrückten Beträge in Absatz 1 unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und monetären Entwicklung in der Union sowie der Tendenzen, die Wahl der in Anhang I genannten Gesellschaftsformen großen und mittleren Unternehmen vorzubehalten, und ändern diese Beträge gegebenenfalls.

Artikel 7

Das gezeichnete Kapital darf nur aus Vermögensgegenständen bestehen, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist. Jedoch können diese Vermögensgegenstände nicht aus Verpflichtungen zu Arbeits- oder Dienstleistungen bestehen.

Artikel 8

Die Aktien dürfen nicht unter dem Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, nicht unter dem rechnerischen Wert ausgegeben werden.

Die Mitgliedstaaten können jedoch zulassen, dass diejenigen, die sich berufsmäßig mit der Unterbringung von Aktien befassen, weniger als den Gesamtbetrag der Aktien zahlen, die sie bei diesem Vorgang zeichnen.

Artikel 9

Die Einlagen auf ausgegebene Aktien müssen im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft oder der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit in Höhe von mindestens 25 v. H. des Nennbetrags der Aktien oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, ihres rechnerischen Wertes geleistet werden.

Jedoch müssen Einlagen, die nicht Bareinlagen sind, für Aktien, die im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft oder im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit ausgegeben werden, innerhalb von fünf Jahren nach diesem Zeitpunkt vollständig geleistet werden.

Artikel 10

(1)   Die Einlagen, die nicht Bareinlagen sind, sind Gegenstand eines besonderen Berichts, der vor der Gründung der Gesellschaft oder vor dem Zeitpunkt, zu dem sie die Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit erhält, durch einen oder mehrere von ihr unabhängige Sachverständige, die durch eine Verwaltungsbehörde oder ein Gericht bestellt oder zugelassen sind, erstellt wird. Sachverständige können nach den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaats natürliche Personen, juristische Personen oder Gesellschaften sein.

(2)   Der in Absatz 1 genannte Sachverständigenbericht muss mindestens jede Einlage beschreiben, die angewandten Bewertungsverfahren nennen und angeben, ob die Werte, zu denen diese Verfahren führen, wenigstens der Zahl und dem Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, dem rechnerischen Wert und gegebenenfalls dem Mehrbetrag der dafür auszugeben den Aktien entsprechen.

(3)   Der Sachverständigenbericht ist nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG vorgesehenen Verfahren offenzulegen.

(4)   Die Mitgliedstaaten brauchen diesen Artikel nicht anzuwenden, wenn 90 v. H. des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes aller Aktien an eine oder mehrere Gesellschaften gegen Sacheinlagen, die nicht Bareinlagen sind, ausgegeben werden und wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

bei der Gesellschaft, an welche die Einlagen geleistet werden, haben die in Artikel 3 Buchstabe i genannten Personen oder Gesellschaften auf die Erstellung des Sachverständigenberichts verzichtet;

b)

dieser Verzicht ist nach Absatz 3 offengelegt worden;

c)

die Gesellschaften, welche die Einlagen leisten, verfügen über Rücklagen, die nach Gesetz oder Satzung nicht ausgeschüttet werden dürfen und deren Höhe mindestens dem Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, dem rechnerischen Wert der gegen solche Einlagen ausgegebenen Aktien entspricht, die nicht Bareinlagen sind;

d)

die Gesellschaften, welche die Einlagen leisten, verpflichten sich bis zu dem unter Buchstabe c genannten Betrag, für diejenigen Schulden der empfangenden Gesellschaft einzustehen, die zwischen dem Zeitpunkt der Ausgabe der Aktien gegen Einlagen, die nicht Bareinlagen sind, und einem Jahr nach der Bekanntmachung des Jahresabschlusses dieser Gesellschaft entstehen, der sich auf das Geschäftsjahr bezieht, in dem die Einlagen geleistet worden sind. Jede Übertragung dieser Aktien innerhalb dieser Frist ist unzulässig;

e)

die unter Buchstabe d genannte Verpflichtung ist nach Absatz 3 offengelegt worden und

f)

die Gesellschaften, welche die Einlagen leisten, stellen einen Betrag in Höhe des unter Buchstabe c genannten Betrags in eine Rücklage ein, die erst ausgeschüttet werden darf nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach Bekanntmachung des Jahresabschlusses der empfangenden Gesellschaft, der sich auf das Geschäftsjahr bezieht, in dem die Einlagen geleistet worden sind, oder gegebenenfalls nach einem späteren Zeitpunkt, zu dem alle innerhalb der Frist geltend gemachten Ansprüche aus der unter Buchstabe d genannten Verpflichtung erfüllt sind.

(5)   Mitgliedstaaten können beschließen, diesen Artikel bei der Bildung einer neuen Gesellschaft im Wege der Verschmelzung oder Spaltung nicht anzuwenden, wenn ein Bericht eines oder mehrerer unabhängiger Sachverständiger über die Verschmelzungs- oder Spaltungspläne erstellt wird.

Beschließen Mitgliedstaaten, diesen Artikel in den in Unterabsatz 1 beschriebenen Fällen anzuwenden, so können sie gestatten, dass der gemäß diesem Artikel erstellte Bericht und der Bericht des bzw. der unabhängigen Sachverständigen über die Verschmelzungs- oder Spaltungspläne von demselben bzw. denselben Sachverständigen erstellt werden.

Artikel 11

(1)   Die Mitgliedstaaten können beschließen, Artikel 10 Absätze 1, 2 und 3 dieser Richtlinie nicht anzuwenden, wenn auf Beschluss des Verwaltungs- oder Leitungsorgans übertragbare Wertpapiere im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 18 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente (11), oder Geldmarktinstrumente im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 19 derselben Richtlinie als Sacheinlage eingebracht werden und diese Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente zu dem gewichteten Durchschnittspreis bewertet werden, zu dem sie während einer durch die nationalen Rechtsvorschriften zu bestimmenden ausreichenden Zeitspanne vor dem Tag ihrer tatsächlichen Einbringung als Sacheinlage auf einem oder mehreren geregelten Märkten im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 14 der genannten Richtlinie gehandelt wurden.

Wurde dieser Preis jedoch durch außergewöhnliche Umstände beeinflusst, die eine erhebliche Änderung des Wertes des Vermögensgegenstandes zum Zeitpunkt seiner tatsächlichen Einbringung bewirken würden, und zwar auch in Fällen, in denen der Markt für diese Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente illiquide geworden ist, so veranlasst das Verwaltungs- oder Leitungsorgan eine Neubewertung.

Für eine derartige Neubewertung gilt Artikel 10 Absätze 1, 2 und 3.

(2)   Die Mitgliedstaaten können beschließen, Artikel 10 Absätze 1, 2 und 3 nicht anzuwenden, wenn auf Beschluss des Verwaltungs- oder Leitungsorgans andere Vermögensgegenstände als die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Wertpapiere und Geldmarktinstrumente als Sacheinlagen eingebracht werden, die bereits von einem anerkannten unabhängigen Sachverständigen zum beizulegenden Zeitwert („fair value“) bewertet wurden, und die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

der beizulegende Zeitwert wird für einen Stichtag ermittelt, der nicht mehr als sechs Monate vor dem Tag der tatsächlichen Einbringung des Vermögensgegenstands liegt und

b)

die Bewertung wurde nach den in dem Mitgliedstaat für die Art der einzubringenden Vermögensgegenstände allgemein anerkannten Bewertungsnormen und -grundsätzen vorgenommen.

Sind neue erhebliche Umstände eingetreten, die eine wesentliche Änderung des beizulegenden Zeitwerts des Vermögensgegenstands zum Zeitpunkt seiner tatsächlichen Einbringung bewirken würden, so veranlasst das Verwaltungs- oder Leitungsorgan eine Neubewertung.

Für eine derartige Neubewertung gilt Artikel 10 Absätze 1, 2 und 3.

Wurde eine solche Neubewertung nicht vorgenommen, können ein oder mehrere Aktionäre, die am Tag des Beschlusses über eine Kapitalerhöhung zusammengenommen mindestens 5 % des gezeichneten Kapitals der Gesellschaft halten, eine Bewertung durch einen unabhängigen Sachverständigen verlangen; in diesem Fall gilt Artikel 10 Absätze 1, 2 und 3.

Dieser oder diese Aktionäre können einen entsprechenden Antrag bis zum Tag der tatsächlichen Einbringung der Vermögensgegenstände stellen, sofern er oder sie am Antragstag immer noch, wie zuvor am Tag des Kapitalerhöhungsbeschlusses, zusammengenommen mindestens 5 % des gezeichneten Kapitals der Gesellschaft hält bzw. halten.

(3)   Die Mitgliedstaaten können beschließen, Artikel 10 Absätze 1, 2 und 3 nicht anzuwenden, wenn auf Beschluss des Verwaltungs- oder Leitungsorgans andere Vermögensgegenstände als die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Wertpapiere und Geldmarktinstrumente als Sacheinlagen eingebracht werden, deren beizulegender Zeitwert aus der Vermögensaufstellung des gesetzlichen Abschlusses des vorausgegangenen Geschäftsjahrs hervorgeht, sofern dieser Abschluss nach Maßgabe der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen (12) geprüft wurde.

Absatz 2 Unterabsätze 2 bis 5 dieses Artikels gelten entsprechend.

Artikel 12

(1)   Werden Sacheinlagen nach Artikel 11 ohne einen Sachverständigenbericht im Sinne von Artikel 10 Absätze 1, 2 und 3 eingebracht, so wird zusätzlich zu den nach Artikel 3 Buchstabe h geforderten Angaben und innerhalb eines Monats nach dem Tag der tatsächlichen Einbringung der Vermögensgegenstände in einer Erklärung Folgendes offen gelegt:

a)

eine Beschreibung der betreffenden Sacheinlage;

b)

ihr Wert, die Quelle dieser Bewertung sowie gegebenenfalls die Bewertungsmethode;

c)

Angaben darüber, ob der ermittelte Wert wenigstens der Zahl und dem Nennbetrag oder — falls ein Nennbetrag nicht vorhanden ist — dem rechnerischen Wert und gegebenenfalls dem Mehrbetrag der für eine solche Sacheinlage auszugebenden Aktien entspricht und

d)

eine Erklärung, dass in Bezug auf die ursprüngliche Bewertung keine neuen erheblichen Umstände eingetreten sind.

Diese Offenlegung erfolgt nach Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG nach Maßgabe der Vorschriften jedes Mitgliedstaats.

(2)   Wird die Einbringung von Sacheinlagen im Zusammenhang mit einer vorgeschlagenen Kapitalerhöhung gemäß Artikel 29 Absatz 2 ohne einen Sachverständigenbericht im Sinne von Artikel 10 Absätze 1, 2 und 3 vorgeschlagen, so werden das Datum des Beschlusses über die Kapitalerhöhung und die Angaben nach Absatz 1 dieses Artikels in einer Bekanntmachung gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG nach Maßgabe der Vorschriften jedes Mitgliedstaats offen gelegt, bevor die Einbringung des Vermögensgegenstands als Sacheinlage wirksam wird. In diesem Falle beschränkt sich die in Absatz 1 dieses Artikels genannte Erklärung darauf, dass seit der Offenlegung in der genannten Bekanntmachung keine neuen Umstände eingetreten sind.

(3)   Jeder Mitgliedstaat stellt durch geeignete Maßnahmen sicher, dass das in Artikel 11 und in dem vorliegenden Artikel beschriebene Verfahren eingehalten wird, wenn Sacheinlagen ohne einen Sachverständigenbericht nach Artikel 10 Absätze 1, 2 und 3 eingebracht werden.

Artikel 13

(1)   Der Erwerb jedes Vermögensgegenstands, der einer unter Artikel 3 Buchstabe i fallenden Person oder Gesellschaft gehört, durch die Gesellschaft für einen Gegenwert von mindestens 1/10 des gezeichneten Kapitals muss Gegenstand einer Prüfung und Offenlegung entsprechend der in Artikel 10 Absätze 1, 2 und 3 vorgesehenen sein; er unterliegt der Zustimmung der Hauptversammlung, falls er vor Ablauf einer Frist erfolgt, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften auf mindestens zwei Jahre nach der Gründung der Gesellschaft oder nach dem Zeitpunkt festzusetzen ist, in dem die Gesellschaft die Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit erhält.

Die Artikel 11 und 12 gelten entsprechend.

Die Mitgliedstaaten können die Anwendung dieser Vorschriften auch vorsehen, wenn der Vermögensgegenstand einem Aktionär oder einer anderen Person gehört.

(2)   Absatz 1 ist weder auf den Erwerb im Rahmen der laufenden Geschäfte der Gesellschaft noch auf den Erwerb, der auf Anordnung oder unter Aufsicht einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichts erfolgt, noch auf den Erwerb an der Börse anzuwenden.

Artikel 14

Unbeschadet der Vorschriften über die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals dürfen die Aktionäre nicht von der Verpflichtung befreit werden, ihre Einlage zu leisten.

Artikel 15

Bis zur späteren Koordinierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften treffen die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen, damit zumindest gleiche Garantien, wie sie in den Artikeln 2 bis 14 vorgesehen sind, bei der Umwandlung einer Gesellschaft einer anderen Rechtsform in eine Aktiengesellschaft gegeben sind.

Artikel 16

Die Artikel 2 bis 15 lassen die Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Zuständigkeit und das Verfahren bei Änderungen der Satzung oder des Errichtungsaktes unberührt.

Artikel 17

(1)   Ausgenommen in den Fällen einer Kapitalherabsetzung darf keine Ausschüttung an die Aktionäre erfolgen, wenn bei Abschluss des letzten Geschäftsjahres das Nettoaktivvermögen, wie es der Jahresabschluss ausweist, den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich der Rücklagen, deren Ausschüttung das Gesetz oder die Satzung nicht gestattet, durch eine solche Ausschüttung unterschreitet oder unterschreiten würde.

(2)   Der Betrag des in Absatz 1 genannten gezeichneten Kapitals wird um den Betrag des gezeichneten Kapitals, der noch nicht eingefordert ist, vermindert, sofern der letztere nicht auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen wird.

(3)   Der Betrag einer Ausschüttung an die Aktionäre darf den Betrag des Ergebnisses des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres, zuzüglich des Gewinnvortrags und der Entnahmen aus hierfür verfügbaren Rücklagen, jedoch vermindert um die Verluste aus früheren Geschäftsjahren sowie um die Beträge, die nach Gesetz oder Satzung in Rücklagen eingestellt worden sind, nicht überschreiten.

(4)   Der Begriff „Ausschüttung“ unter den Absätzen 1 und 3 umfasst insbesondere die Zahlung von Dividenden und von Zinsen für Aktien.

(5)   Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats Abschlagszahlungen auf Dividenden, so unterwerfen sie diese mindestens folgenden Bedingungen:

a)

Eine Zwischenbilanz wird erstellt, aus der hervorgeht, dass für die Ausschüttungen genügend Mittel zur Verfügung stehen;

b)

der auszuschüttende Betrag darf den Betrag des Ergebnisses, das seit dem Ende des letzten Geschäftsjahres, für das der Jahresabschluss aufgestellt worden ist, erzielt worden ist, zuzüglich des Gewinnvortrags und der Entnahmen aus hierfür verfügbaren Rücklagen, jedoch vermindert um die Verluste aus früheren Geschäftsjahren sowie um die nach Gesetz oder Satzung in eine Rücklage einzustellenden Beträge, nicht überschreiten.

(6)   Die Absätze 1 bis 5 berühren nicht die Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Erhöhung des gezeichneten Kapitals aus Gesellschaftsmitteln.

(7)   Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können von Absatz 1 für Investmentgesellschaften mit festem Kapital abweichen.

Unter Investmentgesellschaften mit festem Kapital im Sinne dieses Absatzes sind nur Gesellschaften zu verstehen,

a)

deren Gegenstand es ausschließlich ist, ihre Mittel in verschiedenen Wertpapieren, in verschiedenen Grundstücken oder in anderen Werten anzulegen mit dem einzigen Ziel, das Risiko der Investitionen zu verteilen und ihre Aktionäre an dem Gewinn aus der Verwaltung ihres Vermögens zu beteiligen, und

b)

die sich an die Öffentlichkeit wenden, um ihre eigenen Aktien unterzubringen.

Soweit die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen:

a)

verpflichten sie diese Gesellschaften, die Bezeichnung „Investmentgesellschaft“ auf allen in Artikel 5 der Richtlinie 2009/101/EG genannten Schriftstücken anzugeben;

b)

gestatten sie es einer solchen Gesellschaft, deren Nettoaktivvermögen den in Absatz 1 beschriebenen Betrag unterschreitet, nicht, eine Ausschüttung an die Aktionäre vorzunehmen, wenn bei Abschluss des letzten Geschäftsjahres das gesamte Aktivvermögen, wie es der Jahresabschluss ausweist, den eineinhalbfachen Betrag der gesamten Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wie sie der Jahresabschluss ausweist, durch eine solche Ausschüttung unterschreitet oder unterschreiten würde und

c)

verpflichten sie diese Gesellschaften, die eine Ausschüttung vornehmen, wenn ihr Nettoaktivvermögen den in Absatz 1 beschriebenen Betrag unterschreitet, einen entsprechenden Vermerk in den Jahresabschluss aufzunehmen.

Artikel 18

Jede Ausschüttung, die entgegen Artikel 17 erfolgt, ist von den Aktionären, die sie empfangen haben, zurückzugewähren, wenn die Gesellschaft beweist, dass diesen Aktionären die Unzulässigkeit der an sie erfolgten Ausschüttung bekannt war oder sie darüber nach den Umständen nicht in Unkenntnis sein konnten.

Artikel 19

(1)   Bei schweren Verlusten des gezeichneten Kapitals muss die Hauptversammlung innerhalb einer durch die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zu bestimmenden Frist einberufen werden, um zu prüfen, ob die Gesellschaft aufzulösen ist oder andere Maßnahmen zu ergreifen sind.

(2)   Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können die Höhe des als schwer zu erachtenden Verlustes im Sinne des Absatzes 1 nicht auf mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals festsetzen.

Artikel 20

(1)   Die Gesellschaft darf keine eigenen Aktien zeichnen.

(2)   Sind die Aktien der Gesellschaft durch eine Person gezeichnet worden, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelt, so gilt die Zeichnung als für eigene Rechnung des Zeichners vorgenommen.

(3)   Die in Artikel 3 Buchstabe i genannten Personen oder Gesellschaften oder, im Falle der Erhöhung des gezeichneten Kapitals, die Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans sind verpflichtet, die Einlagen auf Aktien zu leisten, die unter Verstoß gegen den vorliegenden Artikel gezeichnet worden sind.

Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können jedoch vorsehen, dass jeder Betroffene sich von dieser Verpflichtung befreien kann, indem er beweist, dass ihn persönlich kein Verschulden trifft.

Artikel 21

(1)   Unbeschadet des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Aktionäre, die sich in denselben Verhältnissen befinden und unbeschadet der Richtlinie 2003/6/EG kann ein Mitgliedstaat einer Gesellschaft gestatten, ihre eigenen Aktien entweder selbst oder durch eine im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelnde Person zu erwerben. Insoweit ein solcher Erwerb gestattet ist, knüpfen die Mitgliedstaaten diesen Erwerb an folgende Bedingungen:

a)

Die Genehmigung für den Erwerb wird von der Hauptversammlung erteilt, welche die Einzelheiten des vorgesehenen Erwerbs und insbesondere die Höchstzahl der zu erwerbenden Aktien, die Geltungsdauer der Genehmigung, die sich nach den nationalen Rechtsvorschriften richtet, dabei aber fünf Jahre nicht überschreiten darf, und bei entgeltlichem Erwerb den niedrigsten und höchsten Gegenwert festlegt. Die Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans müssen sich davon überzeugen, dass im Zeitpunkt jedes genehmigten Erwerbs die unter den Buchstaben b und c genannten Bedingungen beachtet werden;

b)

der Erwerb von Aktien einschließlich der Aktien, welche die Gesellschaft früher erworben hat und noch hält, sowie der Aktien, die eine Person im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der Gesellschaft erworben hat, darf nicht dazu führen, dass das Nettoaktivvermögen den in Artikel 17 Absätze 1 und 2 genannten Betrag unterschreitet und

c)

der Vorgang darf nur voll eingezahlte Aktien betreffen.

Die Mitgliedstaaten können ferner den Erwerb von Aktien im Sinne von Unterabsatz 1 jeder beliebigen der folgenden Bedingungen unterwerfen:

a)

Der Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert der erworbenen Aktien einschließlich der Aktien, welche die Gesellschaft früher erworben hat und noch hält, sowie der Aktien, die eine Person im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der Gesellschaft erworben hat, darf nicht einen von den Mitgliedstaaten zu bestimmenden Höchstwert überschreiten. Dieser Höchstwert darf nicht niedriger als 10 % des gezeichneten Kapitals sein;

b)

die Befugnis der Gesellschaft zum Erwerb eigener Aktien im Sinne des Unterabsatzes 1, die Höchstzahl der zu erwerbenden Aktien, die Geltungsdauer der Befugnis und der höchste bzw. der niedrigste Gegenwert werden in der Satzung oder in der Gründungsurkunde festgelegt;

c)

die Gesellschaft erfüllt bestimmte Berichts- und Notifizierungsanforderungen;

d)

von bestimmten von den Mitgliedstaaten bezeichneten Gesellschaften kann verlangt werden, dass sie erworbene Aktien für nichtig erklären, vorausgesetzt, ein Betrag in Höhe des Nennbetrags der für nichtig erklärten Aktien wird in eine Rücklage eingestellt, die außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden darf. Diese Rücklage darf nur zum Zwecke einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals durch Umwandlung von Rücklagen verwendet werden und

e)

die Befriedigung von Gläubigerforderungen wird durch den Erwerb nicht beeinträchtigt.

(2)   Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können von Absatz 1 Buchstabe a Satz 1 abweichen, sofern der Erwerb eigener Aktien notwendig ist, um einen schweren unmittelbar bevorstehenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. In diesem Fall muss die nächste Hauptversammlung durch das Verwaltungs- oder Leitungsorgan über die Gründe und den Zweck der getätigten Ankäufe, über die Zahl und den Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, den rechnerischen Wert der erworbenen Aktien, über deren Anteil am gezeichneten Kapital sowie über den Gegenwert der Aktien unterrichtet werden.

(3)   Die Mitgliedstaaten brauchen Absatz 1 Buchstabe a Satz 1 nicht auf Aktien anzuwenden, die von der Gesellschaft selbst oder von einer Person, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelt, im Hinblick auf eine Ausgabe an die Arbeitnehmer der Gesellschaft oder an die Arbeitnehmer einer mit dieser verbundenen Gesellschaft erworben werden. Die Ausgabe derartiger Aktien muss innerhalb von zwölf Monaten, vom Erwerb dieser Aktien an gerechnet, erfolgen.

Artikel 22

(1)   Die Mitgliedstaaten brauchen Artikel 21 nicht anzuwenden

a)

auf Aktien, die in Durchführung einer Entscheidung über eine Kapitalherabsetzung oder im Falle des Artikels 43 erworben werden;

b)

auf Aktien, die durch eine Vermögensübertragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erworben werden;

c)

auf voll eingezahlte Aktien, die unentgeltlich oder die von Banken und anderen Finanzinstituten auf Grund einer Einkaufskommission erworben werden;

d)

auf Aktien, die auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung oder einer gerichtlichen Entscheidung zum Schutz der Minderheitsaktionäre, insbesondere im Falle der Verschmelzung, der Änderung des Gegenstands oder der Rechtsform der Gesellschaft, der Verlegung des Sitzes der Gesellschaft ins Ausland oder der Einführung von Beschränkungen der Übertragbarkeit von Aktien erworben werden;

e)

auf Aktien, die aus der Hand eines Aktionärs erworben werden, weil er seine Einlage nicht leistet;

f)

auf Aktien, die erworben werden, um Minderheitsaktionäre verbundener Gesellschaften zu entschädigen;

g)

auf voll eingezahlte Aktien, die bei einer gerichtlichen Versteigerung zum Zwecke der Erfüllung einer Forderung der Gesellschaft gegen den Eigentümer dieser Aktien erworben werden und

h)

auf voll eingezahlte Aktien, die von einer Investmentgesellschaft mit festem Kapital im Sinne von Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 2 ausgegeben worden sind und von dieser oder einer mit ihr verbundenen Gesellschaft auf Wunsch der Anleger erworben werden. Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 3 Buchstabe a ist anzuwenden. Dieser Erwerb darf nicht dazu führen, dass das Nettoaktivvermögen den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich der Rücklagen, deren Ausschüttung das Gesetz nicht gestattet, unterschreitet.

(2)   Die in den Fällen des Absatzes 1 Buchstaben b bis g erworbenen Aktien müssen jedoch innerhalb einer Frist von höchstens drei Jahren nach ihrem Erwerb veräußert werden, es sei denn, dass der Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert der erworbenen Aktien einschließlich der Aktien, die von einer Person im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft erworben worden sind, 10 v. H. des gezeichneten Kapitals nicht übersteigt.

(3)   Werden die Aktien innerhalb der in Absatz 2 festgesetzten Frist nicht veräußert, so müssen sie für nichtig erklärt werden. Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können diese Nichtigerklärung von einer Herabsetzung des gezeichneten Kapitals um einen entsprechenden Betrag abhängig machen. Eine derartige Herabsetzung muss vorgeschrieben werden, soweit der Erwerb von für nichtig zu erklärenden Aktien dazu geführt hat, dass das Nettoaktivvermögen den in Artikel 17 Absätze 1 und 2 genannten Betrag unterschreitet.

Artikel 23

Die unter Verletzung der Artikel 21 und 22 erworbenen Aktien müssen innerhalb einer Frist von einem Jahr, vom Zeitpunkt ihres Erwerbs an gerechnet, veräußert werden. Geschieht dies nicht, ist Artikel 22 Absatz 3 anzuwenden.

Artikel 24

(1)   Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats einer Gesellschaft den Erwerb eigener Aktien, sei es selbst, sei es durch eine im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelnde Person, so unterwerfen sie das Halten dieser Aktien jederzeit mindestens folgenden Bedingungen:

a)

Von den mit Aktien verbundenen Rechten ist in jedem Fall das an eigene Aktien gebundene Stimmrecht aufgehoben;

b)

werden diese Aktien auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen, so muss auf der Passivseite ein gleich hoher Betrag in eine nicht verfügbare Rücklage eingestellt werden.

(2)   Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats einer Gesellschaft den Erwerb eigener Aktien, sei es selbst, sei es durch eine im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelnde Person, so verlangen sie, dass der Lagebericht der Gesellschaft mindestens folgende Angaben enthält:

a)

die Gründe für die während des Geschäftsjahres getätigten Ankäufe;

b)

die Zahl und den Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, den rechnerischen Wert der während des Geschäftsjahres erworbenen und veräußerten Aktien sowie deren Anteil am gezeichneten Kapital;

c)

bei entgeltlichem Erwerb oder entgeltlicher Veräußerung den Gegenwert der Aktien;

d)

die Zahl und den Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, den rechnerischen Wert aller erworbenen und gehaltenen Aktien sowie deren Anteil am gezeichneten Kapital.

Artikel 25

(1)   Wenn ein Mitgliedstaat es einer Gesellschaft gestattet, im Hinblick auf einen Erwerb eigener Aktien durch einen Dritten unmittelbar oder mittelbar Vorschüsse zu zahlen, Darlehen zu gewähren oder Sicherheiten zu leisten, so macht er solche Geschäfte von der Erfüllung der in den Unterabsätzen 2 bis 5 genannten Bedingungen abhängig.

(2)   Die Geschäfte sind unter der Verantwortung des Verwaltungs- oder Leitungsorgans vorzunehmen und müssen zu fairen, marktüblichen Konditionen abgewickelt werden, insbesondere in Bezug auf die der Gesellschaft gezahlten Zinsen und die Sicherheiten, die ihr für die in Absatz 1 genannten Darlehen oder Vorschüsse geleistet werden.

Die Kreditwürdigkeit des Dritten oder — im Falle von Geschäften mit einer Vielzahl von Parteien — jeder dieser Parteien muss in angemessener Weise überprüft worden sein.

(3)   Das Verwaltungs- oder Leitungsorgan legt das Geschäftsvorhaben der Hauptversammlung vorab zur Genehmigung vor; diese wird nach den Vorschriften des Artikels 44 über die Beschlussfähigkeit und die Mehrheit tätig.

Das Verwaltungs- oder Leitungsorgan legt der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht vor, aus dem Folgendes hervorgeht:

a)

die Gründe für das Geschäft,

b)

das Interesse der Gesellschaft an dem Geschäft,

c)

die Konditionen des Geschäfts,

d)

die mit dem Geschäft verbundenen Risiken für Liquidität und Solvenz der Gesellschaft und

e)

der Preis, zu dem der Dritte die Aktien erwerben soll.

Dieser Bericht wird gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG beim Register zur Offenlegung eingereicht.

(4)   Die Dritten insgesamt gewährte finanzielle Unterstützung darf zu keinem Zeitpunkt dazu führen, dass das Nettoaktivvermögen unter den in Artikel 17 Absätze 1 und 2 genannten Betrag absinkt; dabei wird auch jede Verringerung des Nettoaktivvermögens berücksichtigt, die infolge des Erwerbs ihrer eigenen Aktien durch die Gesellschaft oder auf Rechnung der Gesellschaft nach Artikel 21 Absatz 1 möglicherweise eingetreten ist.

Die Gesellschaft stellt auf der Passivseite der Bilanz eine nicht ausschüttbare Rücklage in Höhe des Betrags der insgesamt gewährten finanziellen Unterstützung ein.

(5)   Erwirbt ein Dritter mit finanzieller Unterstützung der Gesellschaft eigene Aktien der Gesellschaft im Sinne von Artikel 21 Absatz 1 oder zeichnet er Aktien, die anlässlich einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals emittiert wurden, so muss dieser Erwerb zu einem angemessenen Preis stattfinden.

(6)   Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Rechtsgeschäfte, die im Rahmen der laufenden Geschäfte der Banken und anderer Finanzinstitute getätigt werden, und auch nicht für Geschäfte, die im Hinblick auf den Erwerb von Aktien durch oder für Arbeitnehmer der Gesellschaft oder einer mit ihr verbundenen Gesellschaft getätigt werden.

Diese Geschäfte dürfen jedoch nicht dazu führen, dass das Nettoaktivvermögen der Gesellschaft den in Artikel 17 Absatz 1 genannten Betrag unterschreitet.

(7)   Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Geschäfte, die im Hinblick auf den Erwerb von Aktien nach Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe h getätigt werden.

Artikel 26

Für die Fälle, in denen einzelne Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans der Gesellschaft, die Vertragspartner eines Geschäfts im Sinne des Artikels 25 Absatz 1 ist, oder Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans eines Mutterunternehmens im Sinne von Artikel 1 der Siebenten Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe g des Vertrags über den konsolidierten Abschluss (13) oder ein solches Mutterunternehmen selbst oder eine Person, die im eigenen Namen, aber für Rechnung dieser Mitglieder oder dieses Unternehmens handelt, zugleich Gegenpartei eines solchen Geschäfts sind, stellen die Mitgliedstaaten durch geeignete Schutzvorkehrungen sicher, dass ein solches Geschäft dem Wohl der Gesellschaft nicht zuwiderläuft.

Artikel 27

(1)   Die Inpfandnahme eigener Aktien durch die Gesellschaft selbst oder durch eine im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelnde Person ist den in Artikel 21, Artikel 22 Absatz 1 und den Artikeln 24 und 25 genannten Arten des Erwerbs gleichgestellt.

(2)   Die Mitgliedstaaten brauchen Absatz 1 nicht auf die laufenden Geschäfte von Banken und anderen Finanzinstituten anzuwenden.

Artikel 28

(1)   Zeichnet, erwirbt oder besitzt eine andere Gesellschaft im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie 2009/101/EG Aktien einer Aktiengesellschaft und verfügt die Aktiengesellschaft unmittelbar oder mittelbar über die Mehrheit der Stimmrechte der erstgenannten Gesellschaft oder kann sie auf diese unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben, so wird dieser Sachverhalt so behandelt, als wenn die Aktiengesellschaft selbst die betreffenden Aktien zeichnet, erwirbt oder besitzt.

Unterabsatz 1 findet auch Anwendung, wenn die andere Gesellschaft dem Recht eines Drittlands unterliegt und eine Rechtsform besitzt, die den in Artikel 1 der Richtlinie 2009/101/EG genannten Rechtsformen vergleichbar ist.

Verfügt die Aktiengesellschaft mittelbar über die Mehrheit der Stimmrechte oder kann sie den beherrschenden Einfluss mittelbar ausüben, so können die Mitgliedstaaten von der Anwendung der Unterabsätze 1 und 2 jedoch absehen, sofern sie vorsehen, dass die mit den Aktien der Aktiengesellschaft, über die die andere Gesellschaft verfügt, verbundenen Stimmrechte ausgesetzt werden.

(2)   In Ermangelung einer Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften über das Konzernrecht können die Mitgliedstaaten

a)

die Fälle definieren, in denen davon ausgegangen wird, dass eine Aktiengesellschaft einen beherrschenden Einfluss auf eine andere Gesellschaft ausüben kann; macht ein Mitgliedstaat von dieser Möglichkeit Gebrauch, so muss sein Recht auf jeden Fall vorsehen, dass die Möglichkeit, beherrschenden Einfluss auszuüben, dann besteht, wenn die Aktiengesellschaft

das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen und wenn sie gleichzeitig Aktionär oder Gesellschafter der anderen Gesellschaft ist, oder

Aktionär oder Gesellschafter der anderen Gesellschaft ist und aufgrund einer mit anderen Aktionären oder Gesellschaftern dieser Gesellschaft getroffenen Vereinbarung allein die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter dieser Gesellschaft kontrolliert.

Die Mitgliedstaaten sind nicht dazu verpflichtet, andere als die in den vorstehenden Gedankenstrichen genannten Fälle vorzusehen;

b)

die Fälle definieren, in denen davon ausgegangen wird, dass eine Aktiengesellschaft mittelbar über die Stimmrechte verfügt oder einen beherrschenden Einfluss mittelbar ausüben kann;

c)

die Umstände präzisieren, bei denen davon ausgegangen wird, dass eine Aktiengesellschaft über die Stimmrechte verfügt.

(3)   Die Mitgliedstaaten können von der Anwendung des ersten und zweiten Unterabsatzes von Absatz 1 absehen, wenn die Zeichnung, der Erwerb oder der Besitz auf Rechnung einer anderen Person als des Zeichners, Erwerbers oder Besitzers gehen und die betreffende Person weder die Aktiengesellschaft gemäß Absatz 1 noch eine andere Gesellschaft ist, an der die Aktiengesellschaft unmittelbar oder mittelbar über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt oder auf die sie unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann.

(4)   Ferner können die Mitgliedstaaten von der Anwendung des ersten und zweiten Unterabsatzes von Absatz 1 absehen, wenn die andere Gesellschaft in ihrer Eigenschaft oder im Rahmen ihrer Tätigkeit als berufsmäßiger Wertpapierhändler Aktien zeichnet, erwirbt oder besitzt, sofern sie Mitglied einer in einem Mitgliedstaat ansässigen oder tätigen Wertpapierbörse ist oder von einer für die Beaufsichtigung von berufsmäßigen Wertpapierhändlern — zu denen im Sinne dieser Richtlinie auch Kreditinstitute gehören können — zuständigen Stelle eines Mitgliedstaats zugelassen ist oder beaufsichtigt wird.

(5)   Die Mitgliedstaaten sind zur Anwendung des ersten und zweiten Unterabsatzes von Absatz 1 nicht verpflichtet, wenn die andere Gesellschaft Aktien der Aktiengesellschaft aufgrund eines Erwerbs besitzt, der erfolgte, bevor das Verhältnis zwischen den beiden Gesellschaften den Kriterien des Absatzes 1 entsprach.

Die mit den betreffenden Aktien verbundenen Stimmrechte werden jedoch ausgesetzt und die Aktien werden bei der Entscheidung, ob die Bedingung gemäß Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe b erfüllt ist, in Betracht gezogen.

(6)   Erwirbt die andere Gesellschaft Aktien einer Aktiengesellschaft, so können die Mitgliedstaaten von der Anwendung des Artikels 22 Absätze 2 und 3 sowie des Artikels 23 absehen, sofern sie Folgendes vorsehen:

a)

die Aussetzung der Stimmrechte, die mit den im Besitz der anderen Gesellschaft befindlichen Aktien der Aktiengesellschaft verbunden sind, sowie

b)

die Verpflichtung für die Mitglieder des Verwaltungsrats der Aktiengesellschaft, von der anderen Gesellschaft die in Artikel 22 Absätze 2 und 3 sowie Artikel 23 genannten Aktien zu dem Preis zurückzuerwerben, zu dem diese andere Gesellschaft sie erworben hatte; diese Sanktion ist lediglich in dem Falle nicht anwendbar, in dem die Verwaltungsratsmitglieder nachweisen, dass die Aktiengesellschaft an der Zeichnung oder dem Erwerb der betreffenden Aktien gänzlich unbeteiligt ist.

Artikel 29

(1)   Jede Kapitalerhöhung muss von der Hauptversammlung beschlossen werden. Dieser Beschluss sowie die Durchführung der Erhöhung des gezeichneten Kapitals sind nach den in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG vorgesehenen Verfahren offenzulegen.

(2)   Die Satzung, der Errichtungsakt oder die Hauptversammlung, deren Entscheidung gemäß Absatz 1 offenzulegen ist, kann jedoch zu einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals bis zu einem Höchstbetrag ermächtigen, den sie unter Beachtung des gegebenenfalls gesetzlich vorgeschriebenen Höchstbetrags festlegt. In den Grenzen des festgelegten Betrags beschließt das hierzu berufene Organ der Gesellschaft gegebenenfalls eine Erhöhung des gezeichneten Kapitals. Diese Ermächtigung des Organs gilt für eine Höchstdauer von fünf Jahren; sie kann von der Hauptversammlung ein oder mehrmals für einen Zeitraum, der jeweils fünf Jahre nicht überschreiten darf, verlängert werden.

(3)   Sind mehrere Gattungen von Aktien vorhanden, so ist der Beschluss der Hauptversammlung über die Kapitalerhöhung nach Absatz 1 oder die Ermächtigung zu einer Kapitalerhöhung nach Absatz 2 von einer gesonderten Abstimmung zumindest jeder Gattung derjenigen Aktionäre abhängig, deren Rechte durch die Maßnahme berührt werden.

(4)   Dieser Artikel gilt für die Ausgabe aller Wertpapiere, die in Aktien umgewandelt werden können oder mit einem Bezugsrecht auf Aktien verbunden sind, nicht aber für die Umwandlung dieser Wertpapiere und die Ausübung des Bezugsrechts.

Artikel 30

Die Einlagen auf Aktien, die bei einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals ausgegeben werden, müssen in Höhe von mindestens 25 v. H. des Nennbetrags der Aktien, oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, ihres rechnerischen Wertes geleistet werden. Ist ein Mehrbetrag vorgesehen, muss dieser in voller Höhe gezahlt werden.

Artikel 31

(1)   Einlagen, die nicht Bareinlagen sind, auf Aktien, die bei einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals ausgegeben werden, müssen innerhalb einer Frist von fünf Jahren nach dem Beschluss über die Erhöhung des gezeichneten Kapitals vollständig geleistet werden.

(2)   Die Einlagen nach Absatz 1 sind Gegenstand eines besonderen Berichts, der durch einen oder mehrere von der Gesellschaft unabhängige Sachverständige, die durch eine Verwaltungsbehörde oder ein Gericht bestellt oder zugelassen sind, vor der Durchführung der Erhöhung des gezeichneten Kapitals erstellt wird. Sachverständige können nach den Vorschriften jedes Mitgliedstaats natürliche Personen, juristische Personen oder Gesellschaften sein.

Es gelten Artikel 10 Absätze 2 und 3 und die Artikel 11 und 12.

(3)   Die Mitgliedstaaten können beschließen, Absatz 2 nicht anzuwenden, wenn die Erhöhung des gezeichneten Kapitals zur Durchführung einer Verschmelzung, einer Spaltung oder eines öffentlichen Übernahme- oder Umtauschangebots zu dem Zweck erfolgt, das Entgelt an die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft, der gespalteten Gesellschaft oder der Gesellschaft zu leisten, die Gegenstand des öffentlichen Übernahme- oder Umtauschangebots ist.

Im Falle einer Verschmelzung oder Spaltung wenden die Mitgliedstaaten Unterabsatz 1 jedoch nur an, wenn ein Bericht eines oder mehrerer unabhängiger Sachverständiger über die Verschmelzungs- oder Spaltungspläne erstellt wird.

Beschließen Mitgliedstaaten, Absatz 2 im Falle einer Verschmelzung oder Spaltung anzuwenden, so können sie gestatten, dass der gemäß diesem Artikel erstellte Bericht und der Bericht des bzw. der unabhängigen Sachverständigen über die Verschmelzungs- oder Spaltungspläne von demselben bzw. denselben Sachverständigen erstellt werden.

(4)   Die Mitgliedstaaten brauchen Absatz 2 nicht anzuwenden, wenn bei einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals alle Aktien gegen Sacheinlage durch eine oder mehrere Gesellschaften ausgegeben werden, sofern alle Aktionäre der empfangenden Gesellschaft auf die Erstellung des Sachverständigenberichts verzichtet haben und die Bedingungen in Artikel 10 Absatz 4 Buchstaben b bis f erfüllt sind.

Artikel 32

Wird eine Kapitalerhöhung nicht voll gezeichnet, so wird das Kapital nur dann um den Betrag der eingegangenen Zeichnungen erhöht, wenn die Ausgabebedingungen diese Möglichkeit ausdrücklich vorgesehen haben.

Artikel 33

(1)   Bei jeder Erhöhung des gezeichneten Kapitals durch Bareinlagen müssen die Aktien vorzugsweise den Aktionären im Verhältnis zu dem durch ihre Aktien vertretenen Teil des Kapitals angeboten werden.

(2)   Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats

a)

brauchen Absatz 1 nicht auf Aktien anzuwenden, bei denen das Recht eingeschränkt ist, an den Ausschüttungen im Sinne des Artikels 17 und/oder an der Verteilung des Gesellschaftsvermögens im Falle der Liquidation teilzunehmen oder

b)

können gestatten, dass, wenn das gezeichnete Kapital einer Gesellschaft, die mehrere Aktiengattungen hat, bei denen das Stimmrecht oder die Rechte hinsichtlich der Ausschüttung im Sinne des Artikels 17 oder der Verteilung des Gesellschaftsvermögens im Falle der Liquidation unterschiedlich sind, durch Ausgabe neuer Aktien nur in einer dieser Gattungen erhöht wird, die Ausübung des Bezugsrechts durch die Aktionäre der anderen Gattungen erst nach Ausübung dieses Rechts durch die Aktionäre der Gattung erfolgt, in der die neuen Aktien ausgegeben werden.

(3)   Das Angebot zur vorzugsweisen Zeichnung sowie die Frist, innerhalb deren dieses Recht ausgeübt werden muss, sind Gegenstand einer Bekanntmachung in dem gemäß der Richtlinie 2009/101/EG bestimmten einzelstaatlichen Amtsblatt. Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats brauchen jedoch diese Bekanntmachung nicht vorzuschreiben, wenn sämtliche Aktien der Gesellschaft Namensaktien sind. In diesem Fall sind alle Aktionäre schriftlich zu unterrichten. Das Bezugsrecht muss innerhalb einer Frist ausgeübt werden, die nicht kürzer sein darf als vierzehn Tage nach Bekanntmachung des Angebots oder nach Absendung der Schreiben an die Aktionäre.

(4)   Dieses Bezugsrecht darf durch die Satzung oder den Errichtungsakt weder beschränkt noch ausgeschlossen werden. Dies kann jedoch durch Beschluss der Hauptversammlung geschehen. Das Verwaltungs- oder Leitungsorgan hat der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht über die Gründe für eine Beschränkung oder einen Ausschluss des Bezugsrechts zu erstatten und den vorgeschlagenen Ausgabekurs zu begründen. Die Hauptversammlung entscheidet nach den Vorschriften, die in Artikel 44 über Beschlussfähigkeit und Mehrheitserfordernisse festgelegt sind. Der Beschluss ist nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG vorgesehenen Verfahren offenzulegen.

(5)   Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats können vorsehen, dass die Satzung, der Errichtungsakt oder die Hauptversammlung, die nach den in Absatz 4 genannten, die Beschlussfähigkeit, Mehrheitserfordernisse und Offenlegung betreffenden Vorschriften entscheidet, dem Organ der Gesellschaft, das zur Entscheidung über die Erhöhung des gezeichneten Kapitals innerhalb der Grenzen des genehmigten Kapitals berufen ist, die Befugnis einräumen kann, das Bezugsrecht zu beschränken oder auszuschließen. Diese Befugnis darf für keinen längeren Zeitraum gelten als die Befugnis nach Artikel 29 Absatz 2.

(6)   Die Absätze 1 bis 5 gelten für die Ausgabe aller Wertpapiere, die in Aktien umgewandelt werden können oder mit einem Bezugsrecht auf Aktien verbunden sind, nicht aber für die Umwandlung dieser Wertpapiere und die Ausübung des Bezugsrechts.

(7)   Ein Ausschluss des Bezugsrechts im Sinne der Absätze 4 und 5 liegt nicht vor, wenn die Aktien nach dem Beschluss über die Erhöhung des gezeichneten Kapitals an Banken oder andere Finanzinstitute ausgegeben werden, damit diese sie den Aktionären der Gesellschaft nach Maßgabe der Absätze 1 und 3 anbieten.

Artikel 34

Jede Herabsetzung des gezeichneten Kapitals mit Ausnahme der durch eine gerichtliche Entscheidung angeordneten muss zumindest von der Hauptversammlung beschlossen werden, die vorbehaltlich der Artikel 40 und 41 nach den Vorschriften entscheidet, die in Artikel 44 über die Beschlussfähigkeit und die Mehrheitserfordernisse festgelegt sind. Dieser Beschluss ist nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG vorgesehenen Verfahren offenzulegen.

In der Mitteilung über die Einberufung der Hauptversammlung müssen zumindest der Zweck der Herabsetzung und das Verfahren für ihre Durchführung angegeben werden.

Artikel 35

Sind mehrere Gattungen von Aktien vorhanden, so ist der Beschluss der Hauptversammlung über die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals von einer gesonderten Abstimmung zumindest jeder Gattung derjenigen Aktionäre abhängig, deren Rechte durch die Maßnahme berührt werden.

Artikel 36

(1)   Im Falle einer Herabsetzung des gezeichneten Kapitals haben zumindest die Gläubiger, deren Forderungen vor der Bekanntmachung der Entscheidung über die Herabsetzung entstanden sind, mindestens das Recht, eine Sicherheit für die im Zeitpunkt dieser Bekanntmachung noch nicht fälligen Forderungen zu erhalten. Die Mitgliedstaaten können dieses Recht nur dann ausschließen, wenn der Gläubiger bereits angemessene Sicherheiten hat oder wenn diese Sicherheiten in Anbetracht des Gesellschaftsvermögens nicht notwendig sind.

Die Mitgliedstaaten legen fest, unter welchen Bedingungen das in Unterabsatz 1 genannte Recht ausgeübt werden kann. Die Mitgliedstaaten sorgen in jedem Fall dafür, dass die Gläubiger das Recht haben, bei der zuständigen Verwaltungsbehörde oder dem zuständigen Gericht angemessene Sicherheiten zu beantragen, wenn sie glaubhaft machen können, dass die Befriedigung ihrer Forderungen durch die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals gefährdet ist und sie von der Gesellschaft keine angemessenen Sicherheiten erhalten haben.

(2)   Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten schreiben mindestens weiter vor, dass die Herabsetzung unwirksam ist, oder dass keine Zahlungen zugunsten der Aktionäre geleistet werden dürfen, solange den Gläubigern nicht Genüge getan worden ist oder solange ein Gericht nicht entschieden hat, dass ihrem Antrag nicht entsprochen zu werden braucht.

(3)   Dieser Artikel gilt auch, wenn die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals durch einen vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Leistung von Einlagen der Aktionäre vorgenommen wird.

Artikel 37

(1)   Die Mitgliedstaaten brauchen Artikel 36 nicht bei einer Herabsetzung des gezeichneten Kapitals anzuwenden, die zum Zweck hat, Verluste auszugleichen oder Beträge einer Rücklage zuzuführen, unter der Voraussetzung, dass infolge dieses Vorgangs der Betrag dieser Rücklage nicht 10 v. H. des herabgesetzten gezeichneten Kapitals übersteigt. Diese Rücklage darf außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden; sie darf ferner nur dazu verwendet werden, Verluste auszugleichen oder durch Umwandlung von Rücklagen das gezeichnete Kapital zu erhöhen, soweit die Mitgliedstaaten einen solchen Vorgang zulassen.

(2)   Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten müssen in den Fällen des Absatzes 1 mindestens geeignete Maßnahmen vorschreiben, damit die aus der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals gewonnenen Beträge nicht zu Zahlungen oder Ausschüttungen an die Aktionäre oder zur Befreiung der Aktionäre von der Verpflichtung zur Leistung ihrer Einlagen verwendet werden.

Artikel 38

Das gezeichnete Kapital darf nicht unter das nach Artikel 6 festgelegte Mindestkapital herabgesetzt werden.

Jedoch können die Mitgliedstaaten eine derartige Herabsetzung zulassen, wenn sie zugleich vorschreiben, dass der Beschluss über die Herabsetzung nur dann wirksam wird, wenn das gezeichnete Kapital auf einen Betrag erhöht wird, der zumindest dem vorgeschriebenen Mindestbetrag entspricht.

Artikel 39

Lassen die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die vollständige oder teilweise Tilgung des gezeichneten Kapitals ohne dessen Herabsetzung zu, so verlangen sie mindestens die Beachtung folgender Voraussetzungen:

a)

Sofern die Satzung oder der Errichtungsakt die Tilgung vorsieht, wird diese durch die Hauptversammlung beschlossen, die mindestens die allgemeinen Voraussetzungen über Anwesenheit und Mehrheit zu beachten hat. Sofern die Satzung oder der Errichtungsakt die Tilgung nicht vorsieht, wird diese durch die Hauptversammlung beschlossen, die mindestens die in Artikel 44 festgelegten Voraussetzungen über Anwesenheit und Mehrheit zu beachten hat. Der Beschluss ist nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG vorgesehenen Verfahren offenzulegen;

b)

die Tilgung kann nur mit Mitteln erfolgen, die nach Artikel 17 Absätze 1 bis 4 ausgeschüttet werden dürfen;

c)

die Aktionäre, deren Aktien getilgt wurden, behalten ihre Rechte gegenüber der Gesellschaft mit Ausnahme der Rechte auf Rückgewähr der Einlagen und auf Teilnahme an der Ausschüttung einer ersten Dividende für nicht getilgte Aktien.

Artikel 40

(1)   Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, dass Gesellschaften ihr gezeichnetes Kapital durch Zwangseinziehung von Aktien herabsetzen, so verlangen sie mindestens die Beachtung der folgenden Voraussetzungen:

a)

Die Zwangseinziehung ist vor der Zeichnung der einzuziehenden Aktien durch die Satzung oder den Errichtungsakt vorgeschrieben oder zugelassen;

b)

sofern die Zwangseinziehung durch die Satzung oder den Errichtungsakt lediglich zugelassen ist, wird sie von der Hauptversammlung beschlossen, es sei denn, dass die betroffenen Aktionäre sie einstimmig genehmigt haben;

c)

das Gesellschaftsorgan, das über die Zwangseinziehung beschließt, legt Bedingungen und Durchführung dieser Maßnahme fest, soweit dies nicht bereits in der Satzung oder im Errichtungsakt geschehen ist;

d)

Artikel 36 ist anzuwenden, es sei denn, es handelt sich um voll eingezahlte Aktien, die der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt oder die mit Hilfe von Mitteln, die nach Artikel 17 Absätze 1 bis 4 ausgeschüttet werden dürfen, eingezogen werden; in diesen Fällen ist ein Betrag in Höhe des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes aller eingezogenen Aktien in eine Rücklage einzustellen. Diese Rücklage darf, außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals, nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Sie darf nur dazu verwendet werden, Verluste auszugleichen oder durch Umwandlung von Rücklagen das gezeichnete Kapital zu erhöhen, soweit die Mitgliedstaaten einen solchen Vorgang zulassen und

e)

der Beschluss über die Zwangseinziehung wird nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG vorgesehenen Verfahren offengelegt.

(2)   Artikel 34 Absatz 1 sowie die Artikel 35, 37 und 44 sind in den Fällen des Absatzes 1 dieses Artikels nicht anzuwenden.

Artikel 41

(1)   Im Fall der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals durch Einziehung von Aktien, die von einer Gesellschaft oder einer im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelnden Person erworben worden sind, muss die Einziehung stets durch die Hauptversammlung beschlossen werden.

(2)   Artikel 36 ist anzuwenden, es sei denn, es handelt sich um voll eingezahlte Aktien, die unentgeltlich oder mit Mitteln erworben werden, die nach Artikel 17 Absätze 1 bis 4 ausgeschüttet werden dürfen; in diesen Fällen ist ein Betrag in Höhe des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes aller eingezogenen Aktien in eine Rücklage einzustellen. Diese Rücklage darf, außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals, nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden Sie darf nur dazu verwendet werden, Verluste auszugleichen oder durch Umwandlung von Rücklagen das gezeichnete Kapital zu erhöhen, soweit die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten einen solchen Vorgang zulassen.

(3)   Die Artikel 35, 37 und 44 sind in den Fällen des Absatzes 1 dieses Artikels nicht anzuwenden.

Artikel 42

In den Fällen des Artikels 39, des Artikels 40 Absatz 1 Buchstabe b und des Artikels 41 Absatz 1 ist, sofern mehrere Gattungen von Aktien vorhanden sind, der Beschluss der Hauptversammlung über die Bedingungen des gezeichneten Kapitals oder über dessen Herabsetzung durch Einziehung von Aktien von einer gesonderten Abstimmung zumindest jeder Gattung derjenigen Aktionäre abhängig, deren Rechte durch die Maßnahmen berührt werden.

Artikel 43

Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, dass Gesellschaften rückerwerbbare Aktien ausgeben, so verlangen sie für den Rückerwerb dieser Aktien mindestens die Beachtung folgender Voraussetzungen:

a)

Der Rückerwerb muss vor der Zeichnung der rückerwerbbaren Aktien in der Satzung oder dem Errichtungsakt zugelassen sein;

b)

diese Aktien müssen vollständig eingezahlt worden sein;

c)

die Bedingungen und die Durchführung des Rückerwerbs sind in der Satzung oder dem Errichtungsakt festgelegt;

d)

der Rückerwerb darf nur mit Hilfe von Mitteln erfolgen, die nach Artikel 17 Absätze 1 bis 4 ausgeschüttet werden dürfen, oder mit Erträgen aus einer Ausgabe neuer Aktien, die zum Zwecke dieses Rückerwerbs ausgegeben werden;

e)

ein Betrag in Höhe des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes aller zurückerworbenen Aktien ist in eine Rücklage einzustellen, die, außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals, nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden darf; sie darf nur dazu verwendet werden, durch Umwandlung von Rücklagen das gezeichnete Kapital zu erhöhen;

f)

Buchstabe e ist nicht anzuwenden, sofern die Aktien mit Hilfe von Erträgen aus einer Ausgabe neuer Aktien zurückerworben werden, die zum Zweck dieses Rückerwerbs ausgegeben werden;

g)

sofern als Folge des Rückerwerbs die Zahlung eines Mehrbetrags zugunsten der Aktionäre vorgesehen ist, darf dieser nur aus Mitteln entnommen werden, die entweder nach Artikel 17 Absätze 1 bis 4 ausgeschüttet werden dürfen oder einer anderen als der unter Buchstabe e dieses Artikels genannten Rücklage entnommen werden, die, außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals, nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden darf; diese Rücklage darf nur zum Zwecke einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals durch Umwandlung von Rücklagen oder zur Deckung der in Artikel 3 Buchstabe j genannten Kosten oder der Kosten für die Ausgabe von Aktien oder von Schuldverschreibungen oder für die Zahlung eines Mehrbetrags zugunsten der Inhaber von zurückzuerwerbenden Aktien oder Schuldverschreibungen verwendet werden;

h)

der Rückerwerb ist nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG vorgesehenen Verfahren offenzulegen.

Artikel 44

Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten schreiben vor, dass die in Artikel 33 Absätze 4 und 5 sowie den Artikeln 34, 35, 39 und 42 vorgesehenen Beschlüsse zumindest eine Mehrheit von nicht weniger als zwei Dritteln der Stimmen der vertretenen Wertpapiere oder des vertretenen gezeichneten Kapitals erfordern.

Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können jedoch vorschreiben, dass die einfache Mehrheit der in Absatz 1 bezeichneten Stimmen ausreicht, sofern mindestens die Hälfte des gezeichneten Kapitals vertreten ist.

Artikel 45

(1)   Die Mitgliedstaaten können vom ersten Absatz von Artikel 9, Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe a Satz 1 sowie von den Artikeln 29, 30 und 33 abweichen, soweit dies für den Erlass oder die Anwendung von Vorschriften erforderlich ist, welche die Beteiligung der Arbeitnehmer oder anderer durch einzelstaatliches Recht festgelegter Gruppen von Personen am Kapital der Unternehmen fördern sollen.

(2)   Die Mitgliedstaaten brauchen Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe a Satz 1 sowie die Artikel 34, 35, 40, 41, 42 und 43 nicht auf Gesellschaften anzuwenden, die auf Grund einer besonderen Regelung neben Kapitalaktien Arbeitsaktien ausgeben, und zwar die letzteren zugunsten der Gesamtheit der Arbeitnehmer, die auf der Hauptversammlung der Aktionäre durch Bevollmächtigte mit Stimmrecht vertreten wird.

Artikel 46

Für die Anwendung dieser Richtlinie müssen die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten die Gleichbehandlung der Aktionäre sicherstellen, die sich in denselben Verhältnissen befinden.

Artikel 47

(1)   Die Mitgliedstaaten brauchen Artikel 3 Buchstaben g, i, j und k nicht auf Gesellschaften anzuwenden, die bei Inkrafttreten der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die sie erlassen, um der Richtlinie 77/91/EWG nachzukommen, bereits bestehen.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten Vorschriften des innerstaatlichen Rechts mit, die sie auf dem von dieser Richtlinie erfassten Gebiet erlassen.

Artikel 48

Die Richtlinie 77/91/EWG, in der Fassung der in Anhang II Teil A aufgeführten Rechtsakte, wird unbeschadet der Verpflichtung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang II Teil B genannten Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht und für die Anwendung aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang III zu lesen.

Artikel 49

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 50

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 25. Oktober 2012.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Der Präsident

A. D. MAVROYIANNIS


(1)  ABl. C 132 vom 3.5.2011, S. 113.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 15. November 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 10. Oktober 2012.

(3)  ABl. L 26 vom 31.1.1977, S. 1. Im Einklang mit Artikel 12 des Vertrags von Amsterdam und Artikel 5 des Vertrags von Lissabon wurde Artikel 58 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in Artikel 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union umnummeriert. Der Titel dieser Richtlinie enthält daher die neue Bezugnahme.

(4)  Siehe Anhang II Teil A.

(5)  ABl. L 65 vom 14.3.1968, S. 8.

(6)  ABl. L 258 vom 1.10.2009, S. 11. Vermerk: Der Titel der Richtlinie 2009/101/EG wurde angepasst, um der Umnummerierung der Artikel des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gemäß Artikel 5 des Vertrags von Lissabon Rechnung zu tragen; die ursprüngliche Bezugnahme betraf Artikel 48 Absatz 2 des Vertrags.

(7)  ABl. L 96 vom 12.4.2003, S. 16.

(8)  ABl. L 336 vom 23.12.2003, S. 33.

(9)  ABl. L 162 vom 30.4.2004, S. 70.

(10)  Slg. 2008, S. I-3189.

(11)  ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1.

(12)  ABl. L 157 vom 9.6.2006, S. 87.

(13)  ABl. L 193 vom 18.7.1983, S. 1. Vermerk: Der Titel der Richtlinie 83/349/EWG wurde angepasst, um der gemäß Artikel 5 des Vertrags von Lissabon vorgenommenen Umnummerierung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Rechnung zu tragen; die ursprüngliche Bezugnahme galt Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrags.


ANHANG I

KATEGORIEN VON GESELLSCHAFTEN GEMÄß ARTIKEL 1 ABSATZ 1 UNTERABSATZ 1

in Belgien:

naamloze vennootschap/société anonyme;

in Bulgarien:

акционерно дружество;

in der Tschechischen Republik:

akciová společnost;

in Dänemark:

aktieselskab;

in Deutschland:

Aktiengesellschaft;

in Estland:

aktsiaselts;

in Irland:

public company limited by shares und

public company limited by guarantee and having a share capital;

in Griechenland:

ανώνυμη εταιρία;

in Spanien:

sociedad anónima;

in Frankreich:

société anonyme;

in Italien:

società per azioni;

in Zypern:

δημόσιες εταιρείες περιορισμένης ευθύνης με μετοχές, δημόσιες εταιρείες περιορισμένης ευθύνης με εγγύηση που διαθέτουν μετοχικό κεφάλαιο;

in Lettland:

akciju sabiedrība;

in Litauen:

akcinė bendrovė;

in Luxemburg:

société anonyme;

in Ungarn:

nyilvánosan működő részvénytársaság;

in Malta:

kumpanija pubblika/public limited liability company;

in den Niederlanden:

naamloze vennootschap;

in Österreich:

Aktiengesellschaft;

in Polen:

spółka akcyjna;

in Portugal:

sociedade anónima;

in Rumänien:

societate pe acțiuni;

in Slowenien:

delniška družba;

in der Slowakei:

akciová spoločnosť;

in Finnland:

julkinen osakeyhtiö/publikt aktiebolag;

in Schweden:

aktiebolag;

im Vereinigten Königreich:

public company limited by shares und

public company limited by guarantee and having a share capital.


ANNEX II

TEIL A

Aufgehobene Richtlinie mit ihren nachfolgenden Änderungen

(gemäß Artikel 48)

Richtlinie 77/91/EWG des Rates

(ABl. L 26 vom 31.1.1977, S. 1)

 

Beitrittsakte von 1979, Anhang I Kapitel III Buchstabe C

(ABl. L 291 vom 19.11.1979, S. 89)

 

Beitrittsakte von 1985, Anhang I

(ABl. L 302 vom 15.11.1985, S. 157)

 

Richtlinie 92/101/EWG des Rates

(ABl. L 347 vom 28.11.1992, S. 64)

 

Beitrittsakte von 1994, Anhang I Kapitel XI Abschnitt A

(ABl. C 241 vom 29.8.1994, S. 194)

 

Beitrittsakte von 2003, Anhang II Kapitel 4 Abschnitt A

(ABl. L 236 vom 23.9.2003, S. 338)

 

Richtlinie 2006/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

(ABl. L 264 vom 25.9.2006, S. 32)

 

Richtlinie 2006/99/EG des Rates

(ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 137)

Nur Anhang, Buchstabe A Nummer 2

Richtlinie 2009/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

(ABl. L 259 vom 2.10.2009, S. 14)

Nur Artikel 1

TEIL B

Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht und für die Anwendung

(gemäß Artikel 48)

Richtlinie

Umsetzungsfrist

Datum der Anwendung

77/91/EWG

17. Dezember 1978

92/101/EWG

31. Dezember 1993

1. Januar 1995

2006/68/EG

15. April 2008

2006/99/EG

1. Januar 2007

2009/109/EG

30. Juni 2011


ANHANG III

ENTSPRECHUNGSTABELLE

Richtlinie 77/91/EWG

Vorliegende Richtlinie

Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 1 einleitender Satzteil

Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 1 erster bis siebenundzwanzigster Gedankenstrich

Anhang I

Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 1 Absatz 2

Artikel 1 Absatz 2

Artikel 2 einleitender Satzteil

Artikel 2 einleitender Satzteil

Artikel 2 Buchstabe a

Artikel 2 Buchstabe a

Artikel 2 Buchstabe b

Artikel 2 Buchstabe b

Artikel 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich

Artikel 2 Buchstabe c

Artikel 2 Buchstabe c zweiter Gedankenstrich

Artikel 2 Buchstabe d

Artikel 2 Buchstabe d

Artikel 2 Buchstabe e

Artikel 2 Buchstabe e

Artikel 2 Buchstabe f

Artikel 3 bis 5

Artikel 3 bis 5

Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 6 Absatz 1

Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 6 Absatz 2

Artikel 6 Absatz 3

Artikel 6 Absatz 2

Artikel 7

Artikel 7

Artikel 8 Absatz 1

Artikel 8 Absatz 1

Artikel 8 Absatz 2

Artikel 8 Absatz 2

Artikel 9 Absatz 1

Artikel 9 Absatz 1

Artikel 9 Absatz 2

Artikel 9 Absatz 2

Artikel 10

Artikel 10

Artikel 10a Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 10a Absatz 1 Unterabsatz 2 Satz 1

Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 10a Absatz 1 Unterabsatz 2 Satz 2

Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 3

Artikel 10a Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 11 Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 10a Absatz 2 Unterabsatz 2 Satz 1

Artikel 11 Absatz 2 Unterabsatz 2

Artikel 10a Absatz 2 Unterabsatz 2 Satz 2

Artikel 11 Absatz 2 Unterabsatz 3

Artikel 10a Absatz 2 Unterabsatz 3 Satz 1

Artikel 11 Absatz 2 Unterabsatz 4

Artikel 10a Absatz 2 Unterabsatz 3 Satz 2

Artikel 11 Absatz 2 Unterabsatz 5

Artikel 10a Absatz 3

Artikel 11 Absatz 3

Artikel 10b

Artikel 12

Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 Satz 1

Artikel 13 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 Satz 2

Artikel 13 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 13 Absatz 1 Unterabsatz 3

Artikel 11 Absatz 2

Artikel 13 Absatz 2

Artikel 12

Artikel 14

Artikel 13

Artikel 15

Artikel 14

Artikel 16

Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 17 Absatz 1

Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 17 Absatz 2

Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 17 Absatz 3

Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 17 Absatz 4

Artikel 15 Absatz 2

Artikel 17 Absatz 5

Artikel 15 Absatz 3

Artikel 17 Absatz 6

Artikel 15 Absatz 4 Unterabsatz 1

Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 1

Artikel 15 Absatz 4 Unterabsatz 2 erster Gedankenstrich

Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 2 Buchstabe a

Artikel 15 Absatz 4 Unterabsatz 2 zweiter Gedankenstrich

Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 2 Buchstabe b

Artikel 15 Absatz 4 Unterabsatz 3

Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 3

Artikel 16

Artikel 18

Artikel 17

Artikel 19

Artikel 18

Artikel 20

Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 21 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstaben i bis v

Artikel 21 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstaben a bis e

Artikel 19 Absätze 2 und 3

Artikel 21 Absätze 2 und 3

Artikel 20

Artikel 22

Artikel 21

Artikel 23

Artikel 22

Artikel 24

Artikel 23 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 25 Absatz 1

Artikel 23 Absatz 1 Unterabsatz 2 Satz 1

Artikel 25 Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 23 Absatz 1 Unterabsatz 2 Satz 2

Artikel 25 Absatz 2 Unterabsatz 2

Artikel 23 Absatz 1 Unterabsatz 3 Satz 1

Artikel 25 Absatz 3 Unterabsatz 1

Artikel 23 Absatz 1 Unterabsatz 3 Satz 2 erster Teil

Artikel 25 Absatz 3 Unterabsatz 2 einleitender Satzteil

Artikel 23 Absatz 1 Unterabsatz 3 Satz 2 zweiter Teil

Artikel 25 Absatz 3 Unterabsatz 2 Buchstaben a bis e

Artikel 23 Absatz 1 Unterabsatz 3 Satz 3

Artikel 25 Absatz 3 Unterabsatz 3

Artikel 23 Absatz 1 Unterabsatz 4 Satz 1

Artikel 25 Absatz 4 Unterabsatz 1

Artikel 23 Absatz 1 Unterabsatz 4 Satz 2

Artikel 25 Absatz 4 Unterabsatz 2

Artikel 23 Absatz 1 Unterabsatz 5

Artikel 25 Absatz 5

Artikel 23 Absatz 2 Satz 1

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 1

Artikel 23 Absatz 2 Satz 1

Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2

Artikel 23 Absatz 3

Artikel 25 Absatz 7

Artikel 23a

Artikel 26

Artikel 24

Artikel 27

Artikel 24a Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 28 Absatz 1 Unterabsatz 1

Artikel 24a Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 28 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 24a Absatz 2

Artikel 28 Absatz 1 Unterabsatz 3

Artikel 24a Absatz 3

Artikel 28 Absatz 2

Artikel 24a Absatz 4 Buchstabe a

Artikel 28 Absatz 3

Artikel 24a Absatz 4 Buchstabe b

Artikel 28 Absatz 4

Artikel 24a Absatz 5

Artikel 28 Absatz 5

Artikel 24a Absatz 6

Artikel 28 Absatz 6

Artikel 25

Artikel 29

Artikel 26

Artikel 30

Artikel 27

Artikel 31

Artikel 28

Artikel 32

Artikel 29

Artikel 33

Artikel 30

Artikel 34

Artikel 31

Artikel 35

Artikel 32

Artikel 36

Artikel 33

Artikel 37

Artikel 34 Satz 1

Artikel 38 Absatz 1

Artikel 34 Satz 2

Artikel 38 Absatz 2

Artikel 35

Artikel 39

Artikel 36

Artikel 40

Artikel 37

Artikel 41

Artikel 38

Artikel 42

Artikel 39

Artikel 43

Artikel 40 Absatz 1

Artikel 44 Absatz 1

Artikel 40 Absatz 2

Artikel 44 Absatz 2

Artikel 41

Artikel 45

Artikel 42

Artikel 46

Artikel 43 Absatz 1

Artikel 43 Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 47 Absatz 1

Artikel 43 Absatz 2 Unterabsätze 2 und 3

Artikel 43 Absatz 3

Artikel 47 Absatz 2

Artikel 48

Artikel 49

Artikel 44

Artikel 50

Anhang II

Anhang III