ISSN 1977-088X

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 265

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Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

60. Jahrgang
11. August 2017


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EUROPÄISCHES PARLAMENT
SITZUNGSPERIODE 2015-2016
Sitzungen vom 6. bis 9. Juli 2015
Das Protokoll dieser Sitzungen wurde im ABl. C 377 vom 13.10.2016 veröffentlicht.
ANGENOMMENE TEXTE

1


 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

ENTSCHLIESSUNGEN

 

Europäisches Parlament

 

Dienstag, 7. Juli 2015

2017/C 265/01

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zur Bereitstellung multimodaler integrierter Fahr- und Flugscheinsysteme in Europa (2014/2244(INI))

2

2017/C 265/02

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu den Perspektiven für den EU-Milchsektor — Überprüfung der Umsetzung des Milchpakets (2014/2146(INI))

7

2017/C 265/03

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu externen Auswirkungen der Handels- und Investitionspolitik der EU auf öffentlich-private Initiativen in Drittländern (2014/2233(INI))

17

2017/C 265/04

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zum Obst- und Gemüsesektor seit der Reform von 2007 (2014/2147(INI))

25

 

Mittwoch, 8. Juli 2015

2017/C 265/05

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 mit den Empfehlungen des Europäischen Parlaments an die Kommission zu den Verhandlungen über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) (2014/2228(INI))

35

2017/C 265/06

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zur Initiative für grüne Beschäftigung: Nutzung des Potenzials der grünen Wirtschaft zur Schaffung von Arbeitsplätzen (2014/2238(INI))

48

2017/C 265/07

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zum Thema Steuerumgehung und Steuerhinterziehung als Herausforderungen für die Staatsführung, den Sozialschutz und die Entwicklung in Entwicklungsländern (2015/2058(INI))

59

 

Donnerstag, 9. Juli 2015

2017/C 265/08

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu dem Thema Ressourceneffizienz: Wege zu einer Kreislaufwirtschaft (2014/2208(INI))

65

2017/C 265/09

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu der Schaffung einer Kapitalmarktunion (2015/2634(RSP))

76

2017/C 265/10

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu der Europäischen Sicherheitsagenda (2015/2697(RSP))

84

2017/C 265/11

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zur Lage im Jemen (2015/2760(RSP))

93

2017/C 265/12

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu den sicherheitspolitischen Herausforderungen im Nahen Osten und in Nordafrika sowie zu den Perspektiven für politische Stabilität 2014/2229(INI))

98

2017/C 265/13

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zur Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (2015/2002(INI))

110

2017/C 265/14

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zur Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (2014/2256(INI))

121

2017/C 265/15

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu dem neuen Ansatz der EU in Bezug auf die Menschenrechte und Demokratie — Bewertung der Maßnahmen des Europäischen Fonds für Demokratie (EFD) seit seiner Einrichtung (2014/2231(INI))

130

2017/C 265/16

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zur Lage in Burundi (2015/2723(RSP))

137

2017/C 265/17

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zum Gedenken an Srebrenica (2015/2747(RSP))

142

2017/C 265/18

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu den Gesetzesentwürfen Kambodschas über nichtstaatliche Organisationen und Gewerkschaften (2015/2756(RSP))

144

2017/C 265/19

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zur Demokratischen Republik Kongo (DRK), insbesondere zu dem Fall der beiden inhaftierten Menschenrechtsaktivisten Yves Makwambala und Fred Bauma (2015/2757(RSP))

147

2017/C 265/20

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu Bahrain und insbesondere dem Fall Nabil Radschab (2015/2758(RSP))

151

2017/C 265/21

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu der Situation von zwei christlichen Pastoren im Sudan (2015/2766(RSP))

155


 

III   Vorbereitende Rechtsakte

 

EUROPÄISCHES PARLAMENT

 

Dienstag, 7. Juli 2015

2017/C 265/22

Beschluss des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 über die Ernennung von Bettina Michelle Jakobsen zum Mitglied des Rechnungshofes (C8-0122/2015 — 2015/0803(NLE))

158

2017/C 265/23

P8_TA(2015)0240
Ausübung der Rechte der Union nach internationalen Handelsregeln ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem geänderten Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Verfahren der Union im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Union nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln (kodifizierter Text) (COM(2015)0049 — C8-0041/2015 — 2014/0174(COD))
P8_TC1-COD(2014)0174
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 7. Juli 2015 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2015/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Verfahren der Union im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Union nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln (kodifizierter Text)

159

2017/C 265/24

P8_TA(2015)0241
Schutz gegen schädigende Preisgestaltung im Schiffbau ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz gegen schädigende Preisgestaltung im Schiffbau (kodifizierter Text) (COM(2014)0605 — C8-0171/2014 — 2014/0280(COD))
P8_TC1-COD(2014)0280
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 7. Juli 2015 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2016/… des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz gegen schädigende Preisgestaltung im Schiffbau (kodifizierter Text)

160

2017/C 265/25

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über die Genehmigung — im Namen der Europäischen Union — der Erklärung über die Gewährung von Fangmöglichkeiten in EU-Gewässern für Fischereifahrzeuge, die die Flagge der Bolivarischen Republik Venezuela führen, in der ausschließlichen Wirtschaftszone vor der Küste von Französisch-Guayana (05420/2015 — C8-0043/2015 — 2015/0001(NLE))

161

2017/C 265/26

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2015 — Einstellung des Haushaltsüberschusses 2014 (09765/2015 — C8-0161/2015 — 2015/2077(BUD))

162

2017/C 265/27

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2015 für den Vorschlag zur Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union für Rumänien, Bulgarien und Italien (09767/2015 — C8-0162/2015 — 2015/2078(BUD))

164

2017/C 265/28

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union gemäß Nummer 11 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (Überschwemmungen in Rumänien, Bulgarien und Italien) (COM(2015)0162 — C8-0094/2015 — 2015/2079(BUD))

166

2017/C 265/29

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2015 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2015, Einzelplan III — Kommission, für den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1291/2013 und (EU) Nr. 1316/2013 (09876/2015 — C8-0172/2015 — 2015/2011(BUD))

167

2017/C 265/30

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2015 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2015 — Reaktion auf den Migrationsdruck (09768/2015 — C8-0163/2015 — 2015/2121(BUD))

170

 

Mittwoch, 8. Juli 2015

2017/C 265/31

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss, im Namen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten, des Protokolls zum Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien andererseits anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union (05548/2014 — C8-0127/2014 — 2013/0386(NLE))

173

2017/C 265/32

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss — im Namen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten — des Protokolls zum Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Serbien andererseits anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union (06682/2014 — C8-0098/2014 — 2014/0039(NLE))

174

2017/C 265/33

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über die Verlängerung des Abkommens über die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Regierung der Republik Indien (05872/2015 — C8-0074/2015 — 2014/0293(NLE))

175

2017/C 265/34

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Abkommens über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Färöern zur Assoziierung der Färöer mit dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont 2020 (2014-2020) (05660/2015 — C8-0057/2015 — 2014/0228(NLE))

176

2017/C 265/35

Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Einbeziehung der Aktionäre sowie der Richtlinie 2013/34/EU in Bezug auf bestimmte Elemente der Erklärung zur Unternehmensführung (COM(2014)0213 — C7-0147/2014 — 2014/0121(COD))

177

2017/C 265/36

P8_TA(2015)0258
Marktstabilitätsreserve für das EU-System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung und Anwendung einer Marktstabilitätsreserve für das EU-System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten und zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG (COM(2014)0020 — C8-0016/2014 — 2014/0011(COD))
P8_TC1-COD(2014)0011
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 8. Juli 2015 im Hinblick auf den Erlass des Beschlusses (EU) 2015/… des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung und Anwendung einer Marktstabilitätsreserve für das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Union und zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG

198

2017/C 265/37

P8_TA(2015)0259
Seeleute ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2008/94/EG, 2009/38/EG, 2002/14/EG, 98/59/EG und 2001/23/EG in Bezug auf Seeleute (COM(2013)0798 — C7-0409/2013 — 2013/0390(COD))
P8_TC1-COD(2013)0390
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 8. Juli 2015 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2015/…/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2008/94/EG, 2009/38/EG und 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 98/59/EG und 2001/23/EG des Rates in Bezug auf Seeleute

199

2017/C 265/38

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Abkommens für wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft an das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont 2020 und das Programm der Europäischen Atomgemeinschaft für Forschung und Ausbildung in Ergänzung von Horizont 2020 sowie zur Beteiligung der Schweizerischen Eidgenossenschaft an den ITER-Tätigkeiten von Fusion for Energy (05662/2015 — C8-0056/2015 — 2014/0304(NLE))

200

2017/C 265/39

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (COM(2015)0098 — C8-0075/2015 — 2015/0051(NLE))

201

2017/C 265/40

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung gemäß Nummer 13 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (Antrag Finnlands — EGF/2015/001 FI/Broadcom) (COM(2015)0232 — C8-0135/2015 — 2015/2125(BUD))

223

2017/C 265/41

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zum Mandat für den Trilog über den Entwurf des Haushaltsplans 2016 (2015/2074(BUD))

226

 

Donnerstag, 9. Juli 2015

2017/C 265/42

P8_TA(2015)0267
Zulässige Höchstwerte an Radioaktivität in Nahrungs- und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Nahrungs- und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls oder einer anderen radiologischen Notstandssituation (COM(2013)0943 — C7-0045/2014 — 2013/0451(COD))
P8_TC1-COD(2013)0451
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 9. Juli 2015 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2015/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Nahrungs- und Futtermitteln im Falle Fall eines nuklearen Unfalls oder einer anderen Situation eines radiologischen Notstandssituation Notstands [Abänd. 1 Diese Abänderung betrifft den gesamten Text]

272


Erklärung der benutzten Zeichen

*

Anhörungsverfahren

***

Zustimmungsverfahren

***I

Ordentliches Gesetzgebungsverfahren (erste Lesung)

***II

Ordentliches Gesetzgebungsverfahren (zweite Lesung)

***III

Ordentliches Gesetzgebungsverfahren (dritte Lesung)

(Die Angabe des Verfahrens beruht auf der im Entwurf eines Rechtsakts vorgeschlagenen Rechtsgrundlage.)

Änderungsanträge des Parlaments:

Neue Textteile sind durch Fett- und Kursivdruck gekennzeichnet. Auf Textteile, die entfallen, wird mit dem Symbol ▌hingewiesen oder diese Textteile erscheinen durchgestrichen. Textänderungen werden gekennzeichnet, indem der neue Text in Fett- und Kursivdruck steht und der bisherige Text gelöscht oder durchgestrichen wird.

DE

 


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/1


EUROPÄISCHES PARLAMENT

SITZUNGSPERIODE 2015-2016

Sitzungen vom 6. bis 9. Juli 2015

Das Protokoll dieser Sitzungen wurde im ABl. C 377 vom 13.10.2016 veröffentlicht.

ANGENOMMENE TEXTE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

ENTSCHLIESSUNGEN

Europäisches Parlament

Dienstag, 7. Juli 2015

11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/2


P8_TA(2015)0246

Umsetzung multimodaler integrierter Fahr- und Flugscheinsysteme in der EU

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zur Bereitstellung multimodaler integrierter Fahr- und Flugscheinsysteme in Europa (2014/2244(INI))

(2017/C 265/01)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Richtlinie 2010/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zum Rahmen für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (1),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 454/2011 der Kommission über die Technische Spezifikation für die Interoperabilität (TSI) zum Teilsystem „Telematikanwendungen für den Personenverkehr“ des transeuropäischen Eisenbahnsystems (2),

unter Hinweis auf die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (3),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Aktionsplan zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme in Europa“ (COM(2008)0886),

unter Hinweis auf das Weißbuch der Kommission von 2011 mit dem Titel „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum — Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem“ (COM(2011)0144),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Dezember 2011 zu dem Thema „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum — Wege zu einem wettbewerbsbestimmten und ressourcenschonenden Verkehrssystem“ (4),

unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen mit dem Titel „Ein Fahrplan zur Bereitstellung EU-weiter multimodaler Reiseinformations-, Planungs- und Fahrscheinausstellungsdienste“ (SWD(2014)0194),

unter Hinweis auf den Aktionsplan urbane Mobilität (COM(2009)0490),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen,

gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr (A8-0183/2015),

A.

in der Erwägung, dass trotz bestehender Bemühungen das Ziel 22 des Weißbuchs von 2011 (5), welches die Ermöglichung einer nahtlosen multimodalen Tür-zu-Tür-Beförderung mit intelligenten Verkehrssystemen für interoperable und multimodale Fahrpläne, Informationsdienste, Online-Buchungen und intelligente Ticketausstellung vorsieht, noch nicht erreicht ist;

B.

in der Erwägung, dass die meisten Reisenden den Individualverkehr nach wie vor bevorzugen und die Schaffung von EU-weiten Reiseplanungsdiensten allein nicht ausreichend sein wird, um eine bessere Integration der Verkehrsarten zu erreichen, sondern dass jeder einzelne Verkehrsträger seine eigene Effizienz, Nachhaltigkeit und Benutzerfreundlichkeit steigern sollte und dass hierzu u. a. die Verabschiedung des vierten Eisenbahnpakets — insofern, dass dadurch auch für kleinere Betreiber, KMU und Neugründungen der gleichberechtigte Zugang zur Infrastruktur gesichert wird –, die Annahme der Verordnung zu den Fluggastrechten, die Verabschiedung einer Strategie zu den europäischen Wasserwegen, die Umsetzung des einheitlichen Europäischen Luftraums und der vorrangigen TEN-V-Vorhaben einen beträchtlichen Teil beitragen;

C.

in der Erwägung, dass die Kommission integrierte Fahr- und Flugscheinsysteme zwar als Kombination aller Verkehrsträger auf einem Fahrschein definiert, diese Definition jedoch nicht von immer von Unternehmen geteilt wird und einige Dienstleistungsanbieter nur darauf abzielen, interoperable Fahrscheine anzubieten, wodurch weitere Entwicklungen in dieser Branche behindert werden;

1.

stellt fest, dass EU-weite multimodale Reiseinformationsdienste, ein integrierter, grenzübergreifender Ansatz für Reiseplanungs- und Fahrscheinausstellungsdienste insbesondere für weite Strecken eine Antwort auf wesentliche Herausforderungen des europäischen Verkehrs wie Nachhaltigkeit, Multimodalität, Verbesserung der Sicherheit bei allen Verkehrsarten, Effizienz und Wirtschaftlichkeit, Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze und Mobilität der Arbeitskräfte sind und dass sie somit gleichermaßen der Gesellschaft, der Wirtschaft, der Umwelt, dem sozialen Zusammenhalt und dem Tourismus zugutekommen;

2.

unterstreicht, dass EU-weite, integrierte, multimodale Reiseinformations-, Planungs- und Fahrscheinausstellungsdienste europäischen Unternehmen, insbesondere KMU und Neugründungen, Innovationschancen bieten und somit einen erheblichen Beitrag zu einem weltweit wettbewerbsfähigen europäischen Binnenmarkt und der Vollendung eines einheitlichen europäischen Verkehrsraums leisten;

3.

betont, dass die EU-weite Mobilität der Bürger eine Grundvoraussetzung für die Ausübung ihrer Grundfreiheiten ist und dass die Verbraucher deshalb die Möglichkeit haben sollten, sich umfänglich, genau und objektiv über die Fahrpläne und die Verfügbarkeit von multimodalen und grenzüberschreitenden Verkehrsverbindungen im Rahmen einer nahtlosen, erleichterten, hohe Komfortstandards gewährleistenden Tür-zu-Tür-Beförderung zu informieren sowie diese Verbindungen elektronisch zu buchen und zu bezahlen; begrüßt die Anreize, um Reisende zur Kombination mehrerer verfügbarer Verkehrsträger zu ermutigen; stellt fest, dass es in den meisten Mitgliedstaaten immer noch an der Möglichkeit mangelt, Fahrscheine für Reisen innerhalb des eigenen Landes und für grenzüberschreitende Reisen innerhalb der EU über das Internet oder mobile Anwendungen zu kaufen; vertritt die Auffassung, dass Geoblocking nicht gestattet sein sollte;

4.

hebt hervor, wie wichtig es für Nutzer ist, für eine multimodale Reise nur einen Fahrschein zu erhalten, und betrachtet die Ermöglichung eines fairen und gleichen Zugangs zu multimodalen Reise- und Verkehrsdaten und somit die Bereitstellung von vollständigen, leicht zugänglichen, objektiven und zuverlässigen Echtzeit-Informationen für die Reisenden als Voraussetzung für integrierte Fahrscheinsysteme und betont, dass diesbezügliche Maßnahmen vor allem dann fair sind, wenn sie mit einer Internalisierung der externen Kosten bei allen Verkehrsarten und Informationen über die Umweltleistung der verschiedenen Verkehrsarten einhergehen;

5.

merkt an, dass Verbraucher stets transparente Preisinformationen erhalten sollten; betont daher, dass Buchungs- und Zahlungssysteme den gesamten Fahrscheinpreis für eine gewählte Reise, einschließlich zwingend vorgeschriebener Bestandteile wie Steuern und Gebühren, klar erkennbar ausweisen sollten; betont die Bedeutung innovativer, IT-gestützter Plattformen, durch die Buchungs- und Zahlungskosten insgesamt gesenkt werden, und unterstreicht, dass es wichtig ist, für den Kauf von Fahr- und Flugscheinen verschiedene Zahlungsmöglichkeiten vorzusehen; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, sich verstärkt für die Begrenzung von Gebühren bei der Nutzung von Kreditkarten und anderen angemessenen Zahlungsweisen für öffentliche Verkehrsdienste einzusetzen;

6.

betont, dass durch die Inkompatibilität und Inkonsistenz von Datenebenen sowie die Vielfalt und die mangelnde Interoperabilität der Datenformate und Datenaustauschprotokolle integrierte, multimodale Informations-, Planungs- und Fahrscheinausstellungsdienste in der EU verhindert und zusätzliche Kosten verursacht werden; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass regulatorische Maßnahmen mit den schnell voranschreitenden Entwicklungen im Verkehrssektor Schritt halten und keine unnötige Belastung mit sich bringen;

7.

begrüßt die Bestrebungen der öffentlichen Hand und des privaten Sektors zur Schaffung von Reiseplanungsdiensten mit den erforderlichen offenen Standards und Schnittstellen, merkt jedoch an, dass diese Dienste oftmals regional oder national begrenzt und nur selten multimodal sind; fordert daher in einem ersten Schritt die Anbieter von Verkehrsdiensten und Reiseplanungsdiensten auf, bestehende Synergien als Grundlage zu nutzen und sich verstärkt auf die Bereitstellung von multimodalen, grenzüberschreitenden Reiseplanungsdiensten zu konzentrieren, wobei unter Berücksichtigung der Nutzung von Minderheitensprachen besonderer Nachdruck auf die Sprachen der Dienstleistungen gelegt wird und Fern- und Nahverkehr (darunter auch die „erste und letzte Meile“) miteinander verbunden werden, indem sie beispielsweise die verschiedenen Systeme verbessern, um ihre Interoperabilität weiterzuentwickeln und die Kommunikation zwischen ihnen zu ermöglichen; fordert die Kommission auf, die TEN-V-Korridore als Pilotprojekt zur Ermittlung der Fahrgastströme und Feststellung des Potenzials für multimodale Informations-, Reiseplanungs- und Fahrscheinausstellungsdienste zu nutzen;

8.

fordert die Kommission auf, eine Datenbank bewährter Praktiken der auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene durchgeführten Vorhaben zu erstellen, um als Grundlage für eine Durchführung auf europäischer Ebene zu dienen;

9.

betont, dass ein leichter und bequemer Fahrkartenkauf mithilfe multimodaler integrierter Fahr- und Flugscheinsysteme den öffentlichen Verkehr für mehr Fahrgäste attraktiv macht, ihre Zufriedenheit steigert und für Unternehmen des öffentlichen Verkehrs besondere Vorteile mit sich bringt.

10.

fordert die Kommission in Bezug auf multimodale, integrierte Fahrscheinausstellungsdienste auf, die notwendigen Maßnahmen zur Schaffung von eindeutigen Rahmenbedingungen zu treffen, durch die die Bestrebungen der Akteure und zuständigen Behörden, die von ihnen bereits geschlossenen Vereinbarungen und der innovative Charakter der angebotenen Produkte und Dienstleistungen unterstützt und erleichtert werden, und fordert die Kommission auf, — falls bis 2020 keine bedeutenden Fortschritte bei der Schaffung integrierter, interoperabler, multimodaler, grenzüberschreitender Fahrscheinsysteme erzielt werden — auf der Grundlage der bereits erzielten Fortschritte und der bereits bestehenden freiwilligen Initiativen Legislativmaßnahmen zu ergreifen, indem sie Mindestvorschriften und einen Zeitplan festlegt;

11.

unterstreicht die aktive Rolle und Verantwortung der lokalen und regionalen Behörden in Bezug auf die „erste und letzte Meile“ der Reise; ist der Auffassung, dass es sehr wichtig ist, dass sie sich an der Umsetzung individueller Maßnahmen, der Beobachtung ihrer Funktionsweise sowie an der Sicherstellung eines reibungslosen Funktionierens des gesamten Systems beteiligen; fordert angesichts dessen die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten auf,

bis spätestens 2020 in enger Zusammenarbeit mit den Vertretern des Beförderungssektors aktualisierte, nationale Fahrplan- und Fahrpreisinformationssysteme auf der Basis offener Schnittstellen zu erstellen, die die Reisedaten der regionalen und lokalen innerstaatlichen Fahrpläne des von privaten und öffentlichen Unternehmen zu tragenden öffentlichen Nahverkehrs miteinander verbinden, und diese Systeme weiterhin regelmäßig zu aktualisieren,

dafür zu sorgen, dass bis spätestens 2020 alle Verkehrsmittel im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) mit intelligenten Systemen zur Übertragung von Echtzeit-Informationen über die Position des Beförderungsfahrzeugs ausgestattet sind und dies als Bedingung in die Ausschreibungen aufgenommen wird,

bis spätestens 2024 auf der Basis offener Schnittstellen eine grenzüberschreitende Vernetzung der nationalen Fahrplan- und Fahrpreisinformationssysteme mit Echtzeit-Informationen zu Fahrplänen der öffentlichen Nahverkehrsunternehmen vorzusehen, die für Verkehrsunternehmen, Anbieter von Reiseplanungsdiensten und Verbraucher zugänglich sind;

12.

teilt die Ansicht der Kommission, dass ein fairer, offener und gleicher Zugang aller Informations-, Reiseplanungs- und Fahrscheinausstellungsdiensten (darunter auch KMU und Neugründungen) zu umfassenden, multimodalen Echtzeit-, Verkehrs- und Reisedaten zur Verwirklichung von EU-weiten multimodalen Reiseinformations-, Reiseplanungs- und Reisebuchungsdiensten notwendig ist, und fordert die Kommission auf, einen Vorschlag zu unterbreiten, der alle Anbieter dazu verpflichtet, all diejenigen Daten unter fairen und gleichen Bedingungen zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um umfassendere Dienste bereitzustellen und damit den Reisenden eine echte und zugängliche Wahl zwischen den nachhaltigsten, kostengünstigsten bzw. schnellsten Verbindungen zu ermöglichen, ohne dabei die geschäftlichen Interessen der beteiligten Dienstleistungsanbieter zu gefährden;

13.

betont, dass es im Einklang mit der Wettbewerbspolitik der EU Aufgabe der Kommission ist, eine mögliche Gefahr der Monopolisierung von Informationen bei multimodalen Informations- und Fahrscheinanbietern zu untersuchen und ihr entgegenzuwirken; fügt hinzu, dass es ebenfalls Aufgabe der Kommission ist, einer Benachteiligung der Verkehrsträger durch einen zu hohen Anteil der Vergütung der elektronischen Fahrscheinausstellungsdienste entgegenzuwirken;

14.

regt die Einrichtung einer Dialogplattform unter Beteiligung aller Vertreter des Beförderungssektors und der zuständigen Behörden auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene an, um praktikable Lösungen für die schrittweise, EU-weite Einführung interoperabler elektronischer Fahrkartensysteme zu entwickeln, wobei der gesamte Reisezyklus von der Planung bis zum Kauf der Fahrscheine berücksichtigt wird, und um die Probleme der anteiligen Verteilung der Einnahmen aus dem Ticketverkauf und der Verteilung der Lasten bei Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien auszumachen und zu lösen; ist der Meinung, dass diese Lösungen marktgetrieben entwickelt werden sollten, ohne die Betreiber und Fahrgäste mit unverhältnismäßigen Kosten zu belasten; fordert die Kommission auf, in diesem Bereich mittels EU-Kofinanzierungen Synergien zwischen den transeuropäischen Telekommunikations- und Verkehrsnetzen in hohem Maß zu fördern;

15.

betont, dass die europäischen Fahrgastrechte nur für jeden Beförderungsvertrag gesondert angewendet werden, die Fahrgastrechte jedoch nicht auf die übliche Art und Weise sichergestellt werden können, wenn eine Reise viele grenzüberschreitende Etappen oder multimodalen Verkehr umfasst, und fordert daher die Kommission nachdrücklich auf, der vom Parlament in seiner Entschließung zum Fahrplan von 2011 (6) geäußerten Forderung nach einer Charta der Fahrgastrechte, die alle Verkehrsarten erfasst, nachzukommen, indem sie bis Ende 2017 einen Vorschlag für eine solche Charta vorlegt, die einen gesonderten Abschnitt zu multimodalen Reisen mit einem klaren und transparenten Schutz der Fahrgastrechte in einem multimodalen Kontext enthält und in der die besonderen Eigenarten jedes Verkehrsträgers und das integrierte multimodale Fahrscheinausstellungssystem berücksichtigt werden;

16.

unterstreicht, dass der gleichberechtigte, barrierefreie Zugang zu Verkehrsmitteln für alle und insbesondere für schutzbedürftige Bürger für die soziale Mobilität und in Anbetracht des demographischen Wandels in Europa von entscheidender Bedeutung ist, und fordert, die Bedürfnisse von behinderten und/oder in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen sowie die besonderen Erfordernisse älterer Menschen beim Zugang zu Reiseinformationen vor und während der Reise sowie zu Optionen für die Fahrscheinausstellung, Buchungs- und Zahlungssystemen einschließlich der Möglichkeit zur Buchung von Rollstuhlplätzen viel stärker zu berücksichtigen; begrüßt den Fahrplan für einen europäischen Rechtsakt der Kommission über die Barrierefreiheit und das Potenzial, das sich damit für gesetzgeberische Maßnahmen zur Beseitigung wirtschaftlicher und sozialer Hindernisse für Menschen mit Behinderungen ergibt; fordert die Kommission nachdrücklich auf, im Rahmen ihrer Anstrengungen zur Verbesserung der Barrierefreiheit gegen Hindernisse bei Verkehrsmitteln anzugehen;

17.

unterstreicht, dass die Sicherstellung verschiedener Preisfestsetzungsmodelle und Zahlungsmöglichkeiten (Vergünstigungen, Preisnachlässe etc.) wichtig ist, damit bestimmte Gesellschaftsgruppen (Arbeitslose, Rentner, Studenten, kinderreiche Familien, Menschen mit niedrigem Einkommen und andere benachteiligte Gesellschaftsgruppen) Nutzen aus den multimodalen Fahrscheinsystemen ziehen können;

18.

weist darauf hin, dass die Systeme zur Bereitstellung von Informationen über den multimodalen Verkehr einfach anwendbar und deshalb mit aktuellem kartografischen und geografischen Material verknüpft sein müssen;

19.

fordert, dass die Akteure weiterhin bei ihren innovativen Lösungsansätzen unterstützt werden und dass deshalb die entsprechenden EU-Finanzierungsmöglichkeiten, wie beispielsweise das Shift2Rail-Innovationsprogramm 4 im Rahmen des Programms Horizont 2020 und die Fazilität „Connecting Europe“ sowie die Strukturfonds nicht nur aufrechterhalten, sondern auch ausgebaut werden; fordert die Europäische Investitionsbank nachdrücklich auf, diesbezüglich den Europäischen Fonds für strategische Investitionen angemessen zu nutzen;

20.

fordert die Kommission auf, eine leicht zugängliche Liste mit einer regelmäßigen Evaluierung der EU ko-finanzierten Projekte zum „intermodalen, integrierten Ticketing“ zu veröffentlichen;

21.

betont die nicht zu vernachlässigende Rolle des globalen Satellitennavigationssystems (GNSS) und insbesondere des europäischen Satellitennavigationssystems Galileo für die Erhebung von dynamischen Daten, durch die die Reisenden sowohl vor Fahrtantritt als auch während der Reise über etwaige Störungen sowie über alternative Reisemöglichkeiten informiert werden können; betont, dass den Vorteilen von Satellitensystemen jederzeit ausreichende Datenschutzbestimmungen gegenüberstehen müssen;

22.

weist auf die Notwendigkeit zur Verringerung von Verkehrsüberlastungen und Luftverschmutzung in städtischen Gebieten hin und fordert, die Schaffung von Anreizen für die Wahl von nachhaltigen Verkehrsträgern in ganz Europa zu fördern, indem in die Reiseinformations- und Reiseplanungsdienste Informationen zu verschiedenen Mobilitätsdiensten wie etwa Car-Sharing, Fahrgemeinschaften, Park-and-ride-Systemen, Fahrradvermietungssystemen, Fahrrad- und Fußwegen aufgenommen werden;

23.

begrüßt, dass in Großstädten und anderen städtischen Gebieten zunehmend integrierte elektronische Fahrscheinausstellungssysteme wie integrative digitale Chipkartentechnologien, die in den verschiedenen Verkehrsträgern und auch für grenzüberschreitende Reisen genutzt werden können, zur Verfügung stehen, betont jedoch, dass technische Lösungen marktgetrieben entwickelt und nicht auf EU-Ebene auferlegt werden sollten;

24.

weist darauf hin, dass eine qualitative und ununterbrochene Netzverbindung eine der wesentlichen Vorbedingungen für den Aufbau eines fortschrittlichen, für die Fahrgäste nützlichen Systems ist, das dynamische Informationen über die Verkehrslage in Echtzeit liefert; fordert die Kommission daher auf, über die Fazilität „Connecting Europe“, das Programm Horizont 2020, den EFSI und andere einschlägige Finanzierungsquellen vorrangig die breite Verfügbarkeit kostenloser oder kostengünstiger digitaler Hochgeschwindigkeitsinfrastrukturen in allen Verkehrsträgern und Verkehrsknotenpunkten zu erleichtern, zu fördern und zu unterstützen;

25.

unterstreicht die Bedeutung des Datenschutzes, fordert nachdrücklich die Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie 95/46/EG und fordert klare Bedingungen für die Verwendung und die Weitergabe von Daten, insbesondere von personenbezogenen Daten, die nur anonymisiert und nur für die Zwecke der Erleichterung der intermodalen Fahrscheinausstellung verarbeitet und verwendet werden sollten; legt dar, dass der Kauf und die Bezahlung von Fahrscheinen über mobile Anwendungen und das Internet vorzugsweise möglich sein sollten, ohne dass eine Anmeldung im System notwendig ist;

26.

unterstreicht, wie wichtig die Reiseplanung, leicht zugängliche multimodale Informationen sowie eine klare und transparente Fahrscheinausstellung (u. a. über digitale Plattformen und Online-Plattformen) sind und betont, dass auf Reisen im EU-Ausland ein besserer Zugang zum öffentlichen Verkehr und die Förderung der Modernisierung der nachhaltigen Verkehrsdienste notwendig ist, um Touristen aus EU-Mitgliedstaaten und Drittstaaten anzuziehen, da sie die gesamte Planung der Reise erleichtern werden; unterstreicht außerdem die potenziellen positiven Auswirkungen eines integrierten Fahr- und Flugscheinsystems durch die bessere Verknüpfung aller Regionen und insbesondere der abgelegeneren Regionen wie die Regionen in äußerster Randlage;

27.

betont die Notwendigkeit einer umfangreicheren und besseren Förderung und Sichtbarmachung der über hundert multimodalen Reiseplanungsdienste, die es in Städten, Regionen und auf nationaler Ebene in der EU bereits gibt, und fordert ferner, Anstrengungen zur Förderung der Interkonnektivität dieser Dienste zu unternehmen;

28.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 207 vom 6.8.2010, S. 1.

(2)  ABl. L 123 vom 12.5.2011, S. 11.

(3)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.

(4)  ABl. C 168 E vom 14.6.2013, S. 72.

(5)  Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum — Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem (COM(2011)0144).

(6)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2011 zu dem Thema „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum — Wege zu einem wettbewerbsbestimmten und ressourcenschonenden Verkehrssystem“ (ABl. C 168 E vom 14.6.2013, S. 72).


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/7


P8_TA(2015)0249

Überprüfung der Umsetzung des Milchpakets

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu den Perspektiven für den EU-Milchsektor — Überprüfung der Umsetzung des Milchpakets (2014/2146(INI))

(2017/C 265/02)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 261/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates im Hinblick auf Vertragsbeziehungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (1),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (2),

unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 13. Juni 2014 mit dem Titel „Entwicklung der Lage auf dem Milchmarkt und Funktionsweise der Vorschriften des ‚Milchpakets‘“ (COM(2014)0354),

unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom Dezember 2014 mit dem Titel „Perspektiven für die EU-Agrarmärkte und die Einkommen 2014–2020“,

gestützt auf Artikel 349 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu den Gebieten in äußerster Randlage der Union,

unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 10. Dezember 2012 mit dem Titel „Die Entwicklung der Marktlage und die sich daraus ergebenden Bedingungen für ein reibungsloses allmähliches Auslaufen der Milchquotenregelung — zweiter Bericht zur ‚sanften Landung‘“ (COM(2012)0741),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Dezember 2013 zu der Aufrechterhaltung der Milchproduktion in Berggebieten, benachteiligten Gebieten sowie Gebieten in äußerster Randlage nach Auslaufen der Milchquote (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. März 2011 zu dem Thema „Das Proteindefizit in der EU: Wie lässt sich das seit langem bestehende Problem lösen?“ (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. September 2009 zur Krise in der Milchwirtschaft (5),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 15. Juli 2014 mit dem Titel „Gegen unlautere Handelspraktiken zwischen Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette“ (COM(2014)0472),

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 247/2006 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union (6),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (7),

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 13. Januar 2015 für eine Verordnung über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (COM(2015)0010),

unter Hinweis auf den Entwurf einer Stellungnahme des Ausschusses der Regionen mit dem Titel „Die Zukunft der Milchwirtschaft“,

unter Hinweis auf die am 23. März 2015 zwischen der Kommission und der Europäischen Investitionsbank unterzeichnete Absichtserklärung zur Zusammenarbeit in der Landwirtschaft und bei der Entwicklung des ländlichen Raums in der EU,

gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie die Stellungnahme des Haushaltskontrollausschusses (A8-0187/2015),

A.

in der Erwägung, dass das „Milchpaket“ am 3. Oktober 2012 in Kraft getreten ist und bis zum 30. Juni 2020 in Kraft bleibt;

B.

in der Erwägung, dass die Milchquotenregelung — wie bei der Halbzeitüberprüfung 2003 der GAP beschlossen — am 31. März 2015 ausläuft;

C.

in der Erwägung, dass die Maßnahmen gemäß der Entschließung vom 11. Dezember 2013 zu der Aufrechterhaltung der Milchproduktion in Berggebieten, benachteiligten Gebieten sowie Gebieten in äußerster Randlage nach Auslaufen der Milchquote wichtig und aktuell sind;

D.

in der Erwägung, dass die Schwankungen auf dem weltweiten Milchmarkt immer mehr zunehmen, wobei der Preis im Januar 2014 den höchsten jemals verzeichneten Stand erreichte und im gesamten restlichen Jahr 2014 dann erheblich fiel; in der Erwägung, dass das Problem der Preisschwankungen im Bereich der Viehzucht und der für die Milcherzeugung verwendeten Betriebsmittel besonders ausgeprägt ist, wodurch die Ab-Hof-Preise unter den Produktionskosten liegen;

E.

in der Erwägung, dass die nachhaltige Landwirtschaft als Quelle hochwertiger Lebensmittel nur sichergestellt werden kann, wenn die Landwirte angemessene Ab-Hof-Preise erhalten, die sämtliche Kosten der nachhaltigen Erzeugung decken;

F.

in der Erwägung, dass das seit August 2014 geltende russische Embargo für europäische Milcherzeugnisse erhebliche Auswirkungen auf den EU-Binnenmarkt hatte und augenfällig machte, dass es wichtig ist, stets auf die Anwendung von jeglicher Art Marktmaßnahmen in Krisensituationen vorbereitet zu sein, unterschiedliche Ausfuhrmärkte für EU-Erzeugnisse zu erschließen (insbesondere da die weltweite Nachfrage nach Milcherzeugnissen voraussichtlich steigen wird), und für einen stabilen und zahlungsfähigen Binnenmarkt zu sorgen;

G.

in der Erwägung, dass den Mitgliedstaaten mit dem Milchpaket die Möglichkeit eingeräumt wurde, verbindlich vorgeschriebene Verträge einzuführen, um den Erzeugern und Verarbeitern bei der Planung ihrer Erzeugungsmengen zu helfen und die Organisation der Versorgungsketten angesichts des Auslaufens der Milchquotenregelung zu stärken, und dass bis heute wenige Mitgliedsstaaten von diesem Recht Gebrauch gemacht haben;

H.

in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten mit dem Milchpaket Erzeugerorganisationen und ihre Vereinigungen sowie die weiterhin wichtige Rolle von Genossenschaften anerkennen und dabei der Notwendigkeit Rechnung tragen mussten, die Konzentration des Angebots zu verbessern, um die Verhandlungsposition der Erzeuger zu stärken;

I.

in der Erwägung, dass im April 2014 die Europäische Marktbeobachtungsstelle für den Milchsektor eingerichtet wurde, mit der sowohl der Kommission als auch der Branche selbst eine bessere Überwachung des Milchsektors ermöglicht werden sollte, und dass ihre Rolle gestärkt werden muss, um in der Branche ein effizientes Krisenvorwarnsystem für Milchwirtschaftsbetriebe verschiedener Größen, Standorte und Produktions- sowie Vertriebsmethoden einzuführen;

J.

in der Erwägung, dass das derzeitige Sicherheitsnetz nicht stark genug ist, um bei einem Milchpreisverfall Schutz zu bieten;

K.

in der Erwägung, dass eines der Hauptziele der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in einer wirtschaftlich, sozial und ökologisch ausgewogenen territorialen Entwicklung besteht; in der Erwägung, dass dies die Erhaltung einer produktiven und nachhaltigen Landwirtschaft in den benachteiligten Gebieten, Gebieten in äußerster Randlage, entlegenen Gebieten und Berggebieten voraussetzt;

L.

in der Erwägung, dass das Auslaufen der Quotenregelung erhebliche Auswirkungen auf die Gebiete in äußerster Randlage haben wird, insbesondere auf die Azoren, da die Milcherzeugung dort die wichtigste Wirtschaftstätigkeit darstellt und ca. 46 % der regionalen Wirtschaft ausmacht;

M.

in der Erwägung, dass die Kosten für die Erzeugung, Sammlung und Vermarktung von Milch und Milcherzeugnissen außerhalb ihres Erzeugungsgebiets für zahlreiche Milchwirtschaftsbetriebe in benachteiligten Gebieten, in Gebieten in äußerster Randlage, auf Inseln, in entlegenen Gebieten oder in Berggebieten deutlich höher sind als in anderen Gebieten, und in der Erwägung, dass diese Betriebe die auf die Abschaffung der Quote zurückgehenden Wachstumschancen aufgrund der naturbedingten Einschränkungen dieser Gebiete nicht im gleichen Maße nutzen können; in der Erwägung, dass die Existenz dieser Betriebe daher durch eine größere Konzentration von Betrieben in den wirtschaftlich am besten gestellten Gebieten der Union bedroht sein könnte;

N.

in der Erwägung, dass ab dem 1. April 2015 verpflichtende Angaben in Bezug auf Milchlieferungen gemacht werden müssen;

O.

in der Erwägung, dass Generationswechsel, Modernisierung und Investitionen für eine funktionierende und nachhaltige europäische Milchwirtschaft von entscheidender Bedeutung sind;

P.

in der Erwägung, dass in der EU erzeugte Milch und insbesondere Erzeugnisse mit der Kennzeichnung „geschützte Ursprungsbezeichnung“ (g.U.), „geschützte geografische Angabe“ (g.g.A.) und „garantiert traditionelle Spezialität“ (g.t.S.) einen großen Beitrag zum Erfolg der Lebensmittelindustrie der EU und zum Wohlstand der ländlichen Wirtschaft leisten, in der es vor allem kleine und mittlere Familienbetriebe gibt und in der die extensive Milcherzeugung beibehalten werden muss, als Rohstoff für zahlreiche private und genossenschaftliche Verarbeitungsbetriebe dienen, die Vielfalt der europäischen Nahrungsmittel bewahren und aufgrund ihres Multiplikatoreffekts auf andere Branchen wie den Fremdenverkehr eine maßgebliche Rolle für die territoriale und ökologische Gestaltung und die soziale Dimension Europas spielen;

Q.

in der Erwägung, dass Landwirten und Milchbauern in einigen Mitgliedstaaten in den letzten beiden Quotenjahren hohe Geldbußen für die Überschreitung der Milchquoten auferlegt wurden;

1.

weist darauf hin, dass das Ziel des Milchpakets darin besteht, den Milchsektor in der Union mit flexiblen Instrumenten, die eine gerechte Vergütung der Milcherzeuger ermöglichen, rentabel, nachhaltig und wettbewerbsfähig zu machen; unterstreicht, dass die im Milchpaket ermittelten Schwierigkeiten nach wie vor ein Hindernis für einen nachhaltigen, wettbewerbsfähigen und ausgewogenen Milchmarkt und für eine angemessene Vergütung der Milchbauern darstellen;

2.

weist darauf hin, dass die Milchwirtschaft eine wichtige Rolle bei der Raumordnung, der Beschäftigung im ländlichen Raum und der wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Entwicklung vieler europäischer Agrargebiete spielt;

3.

betont, dass Milchbauern und insbesondere Kleinbauern aufgrund hoher Kapitalkosten, der Verderblichkeit der Erzeugnisse, der Schwankungen bei den Preisen für Milcherzeugnisse und den Betriebsmittel- und Energiekosten besonders anfällig für Einkommensschwankungen und Risiken sind und dass die Erwirtschaftung eines dauerhaften Lebensunterhalts aus der Milchwirtschaft eine ständige Herausforderung darstellt, da die Produktionskosten häufig annähernd so hoch sind wie die Ab-Hof-Preise oder sogar noch darüber liegen;

4.

betont, dass sich die europäischen Erzeuger aufgrund der Preise für Produktionsfaktoren wie Viehfutter hohen Kosten gegenübersehen und dass ihre Wettbewerbsfähigkeit aufgrund strenger EU-Verordnungen zum Tierschutz und zur Lebensmittelsicherheit im Vergleich zu anderen Ländern geschwächt wird;

Folgen des russischen Embargos und der aktuellen Krise im Milchsektor

5.

fordert die Kommission auf, über die Ursachen der Krise sowie über einzurichtende Maßnahmen zur Verhinderung zukünftiger Krisen gemäß Artikel 219, 221 und 222 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse nachzudenken;

6.

fordert die Kommission mit Nachdruck auf, die Krise, von der die Inlandsmärkte für Milchprodukte derzeit infolge des Preisdrucks aufgrund des Fehlens angemessener Kriseninstrumente, des Einbruchs der weltweiten Nachfrage, der weltweiten Preisschwankungen und des russischen Embargos heimgesucht wird, mit weiteren gezielten Marktmaßnahmen anzugehen, und nimmt zur Kenntnis, dass inzwischen erste Schritte unternommen wurden, um die Auswirkungen des russischen Embargos zu mildern;

7.

weist darauf hin, dass die Überproduktion bei Milcherzeugnissen in einigen Mitgliedstaaten mit traditionell engen Handelsbeziehungen zu Russland zu erheblichen Ungleichgewichten auf ihren jeweiligen Märkten führt, wodurch es zu einem drastischen Preisverfall kommt, so dass die einheimischen Erzeuger nicht mehr wettbewerbsfähig sind; fordert die Kommission deshalb auf, die neu entstandene Lage zu analysieren und vordringlich tätig zu werden;

8.

weist darauf hin, dass die Krise des Milchsektors im Jahr 2009 ausbrach, als noch die Quotenregelung galt, und auf Störungen in der Wertschöpfungskette für Milcherzeugnisse zurückzuführen war, durch die die Erzeugerpreise unter Druck gerieten; erinnert die Kommission daran, dass viele Milchbauern aufgeben mussten, weil zu spät auf die Krise reagiert wurde, und fragt sich, ob die Kommission in der Lage ist, schnell und wirksam auf Marktkrisen zu reagieren; betont, dass sich der von den Viehzüchtern getragene Preisverfall bei den Erzeugerpreisen nicht in den Verbraucherpreisen widerspiegelt, was das starke Ungleichgewicht aufzeigt, das zwischen den verschiedenen Interessenträgern der Versorgungskette der Milchwirtschaft herrscht;

9.

bedauert, dass die Forderung des Parlaments, im Falle einer schweren Krise jenen Erzeugern Unterstützung zu gewähren, die ihre Produktion freiwillig drosseln, vom Rat abgelehnt wurde; betont, dass es wichtig ist, die Debatte über dieses Instrument zur Krisenbewältigung wieder aufzunehmen;

10.

betont, dass die Abschaffung der Quoten das Risiko einer zusätzlichen Konzentration der Milcherzeugung zugunsten der größten und zum Nachteil der kleinsten Milchwirtschaftsbetriebe mit sich bringt, ohne dass dies eine Gewähr für die Effizienz oder das Einkommen darstellen würde;

Herausforderungen und Chancen für den Milchsektor

11.

stellt fest, dass die mittel- und langfristigen Perspektiven für den Milchsektor sowohl auf den Inlandsmärkten als auch weltweit nach wie vor unbeständig sind und eine schwankende Nachfrage aufweisen, betont jedoch gleichzeitig, dass dem Milchsektor als wichtigem Teilbereich der Lebensmittelindustrie auf lange Sicht im ländlichen Raum ein bedeutendes Potenzial für Wachstum, Schaffung von Arbeitsplätzen und Entwicklung innewohnt, das auch im Rahmen des neuen Investitionsplans gezielt ausgeschöpft werden sollte;

12.

betont, wie wichtig es ist, Forschung und Innovationen zu fördern, damit alle Erzeuger und Verarbeitungsbetriebe ihre Produktionsinstrumente und -verfahren anpassen können, um den wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Erwartungen zu entsprechen;

13.

hebt die wichtige Rolle, die der Generationenwechsel für die Zukunft der Milchwirtschaft spielt, sowie die erheblichen Chancen für Junglandwirte in der Milchwirtschaft hervor;

14.

fordert die Kommission auf, auch mit der Unterstützung der Europäischen Investitionsbank (EIB) neue Finanzierungsinstrumente für die Mitgliedstaaten einzuführen, mit denen der Milchsektor reformiert werden kann; hält die finanzielle Unterstützung (z. B. in Form eines Garantiefonds, eines Umlauffonds oder von Kapital für Investitionen) und die von der EIB bereitgestellten Mittel für unerlässlich, um auf der Ebene der europäischen Struktur- und Investitionsfonds und im Einklang mit der Politik der Entwicklung des ländlichen Raums einzugreifen; weist darauf hin, dass dadurch bezüglich des Wachstums und des Einkommens ein Multiplikatoreffekt erzielt und der Zugang der Milcherzeuger zu Finanzmitteln erleichtert würde; begrüßt in diesem Zusammenhang die den Milchbauern vom neuen Fonds der EIB angebotenen Finanzierungsmöglichkeiten mit niedrigeren Zinsen zur Erleichterung von Investitionen in landwirtschaftliche Betriebe und Modernisierungen sowie die Finanzierungsoptionen, mit denen jungen Landwirten dabei geholfen werden soll, ihr Unternehmen auszubauen; betont ferner den ergänzenden Charakter der Finanzierungen über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen, der zur Entwicklung des Milchsektors beitragen würde, indem im Sinne einer verantwortungsvollen Ausgabenpolitik und einer Steigerung der Effizienz von Investitionen privates Kapital angeworben wird;

15.

stellt fest, dass die erheblichen Preisschwankungen und die wiederkehrenden Krisen, die sich weder mit umfangreichen Investitionen in Viehhaltungsbetriebe noch mit Betriebsgründungen vereinbaren lassen, die größten Herausforderungen für den Milchsektor darstellen; fordert die Kommission daher nachdrücklich auf, Maßnahmen in Erwägung zu ziehen, mit denen die Risiken, die sich daraus ergeben, dass der Sektor verstärkt dem Weltmarkt ausgesetzt sein wird, abgefedert werden können, die ordnungsgemäße Funktionsweise des Binnenmarktes für Milch und Milcherzeugnisse stärker zu überwachen und einen Aktionsplan zu erarbeiten, aus dem hervorgeht, wie sie diese Risiken abschwächen will;

Erhaltung einer nachhaltigen Milchwirtschaft in benachteiligten Gebieten, in Berggebieten, auf Inseln und in Gebieten in äußerster Randlage

16.

verpflichtet sich, die Milcherzeugung zu erhalten, da die Milchwirtschaft in der gesamten EU einen bedeutenden sozioökonomischen Beitrag zur Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums leistet, und betont ihre besondere Bedeutung für benachteiligte Gebiete, Berggebiete, Inseln und Gebiete in äußerster Randlage, in denen häufig keine andere Art der Bewirtschaftung möglich ist; fügt hinzu, dass die Milchwirtschaft in diesen Gebieten für den sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt, den Lebensunterhalt zahlreicher Familien, die Organisation, die Besiedelung und den Schutz des Gebiets sowie die Erhaltung kultureller und traditioneller Praktiken verantwortlich ist und eine wichtige Grundlage für den Fremdenverkehr schafft, da die Milchwirtschaft zur Gestaltung jahrhundertealter Kulturlandschaften in diesen Gebieten beigetragen hat; betont, dass die Abschaffung der Milcherzeugung in diesen Gebieten einer Abschaffung der Landwirtschaft gleichkommen würde;

17.

betont, dass für die Gebiete in äußerster Randlage zum Schutz der dortigen Erzeuger und der Branche ein Übergangsmechanismus zwischen dem Auslaufen der Quotenregelung und der Liberalisierung der Märkte geschaffen werden muss;

18.

fordert aufgrund der Produktionsunterschiede zwischen Berggebieten und anderen Gebieten der Milcherzeugung, dass Sicherheitsnetze als für die Milchbetriebe und -unternehmen in Berggebieten spezifische Indikatoren zur Anwendung kommen;

19.

äußert sich enttäuscht über die geringe Umsetzung der Maßnahmen des Milchpakets in Gebieten in äußerster Randlage, in Berggebieten, auf Inseln und in benachteiligten Gebieten und betont, dass die Existenz- und Wettbewerbsfähigkeit von Milchwirtschaftsbetrieben in allen Gebieten der Union erhalten werden muss; ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten diesen Gebieten besondere Aufmerksamkeit schenken und spezifische Studien darüber durchführen müssen und dass kurze Versorgungsketten und die lokale Erzeugung gefördert werden sollten, damit die Erzeugung in diesen Gebieten fortgeführt und eine Aufgabe der Milchwirtschaft verhindert wird; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten ferner auf, ihre Programme zur Verteilung von Milch in Schulen unter Bevorzugung kurzer Versorgungsketten zu verbessern und zu stärken, um dadurch den Absatz der erzeugten Milch in diesen Gebieten zu erleichtern; betont, dass die Produktionskosten in diesen Gebieten üblicherweise annähernd so hoch sind wie die Ab-Hof-Preise oder sogar noch darüber liegen, und ist der Auffassung, dass die derzeitigen Ungewissheiten der Versorgungskette vor allem diesen Gebieten schaden, da dort die größten Hindernisse bestehen und es weniger Chancen für Größenvorteile gibt; weist darauf hin, dass die Landwirte in diesen Gebieten aufgrund ihrer geografischen Isolierung unmittelbar und ausschließlich von einer kleinen Anzahl an Betriebsmittellieferanten und Abnehmern für ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse abhängen; betont, dass bei der Unterstützung der Gründung und der Tätigkeiten von Erzeugerorganisationen den tatsächlichen Gegebenheiten in diesen Gebieten besser Rechnung getragen werden sollte; betont, dass mithilfe der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums, des Investitionsplans und der Fördermaßnahmen sowie der Maßnahmen zur Neugewichtung der Mittel der GAP, die durch die letzte Reform ermöglicht wurden, ehrgeizige Strategien zur Unterstützung dieser Gebiete umgesetzt werden müssen; fordert die Kommission daher auf, die Mitgliedstaaten zur Umsetzung dieser Maßnahmen anzuhalten, um die Aufrechterhaltung der Milcherzeugung in diesen Gebieten zu ermöglichen; fordert die Kommission auf, die Entwicklung der Milcherzeugung in diesen Gebieten aufmerksam zu verfolgen und die wirtschaftlichen Auswirkungen des Auslaufens der Milchquotenregelung auf die Milchwirtschaftsbetriebe zu bewerten; hält es für notwendig, für das Programm POSEI zusätzliche Mittel bereitzustellen, um den Erzeugern im Milchsektor dabei zu helfen, sich an die Auswirkungen, die die Deregulierung der Märkte mit sich bringt, anzupassen, und es ihnen zu ermöglichen, im Vergleich zum restlichen europäischen Raum weiterhin auf existenz- und wettbewerbsfähige Weise Milch und Milcherzeugnisse zu erzeugen;

20.

betont, wie wichtig es ist, die fakultativen Qualitätsangabe „Bergerzeugnis“ gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 zu verwenden; fordert die Kommission auf, diese Bezeichnung durch die Absatzförderung zu unterstützen;

21.

betont, wie wichtig einheimische Bergrinderrassen für die Milcherzeugung in Bergebieten sind; fordert die Kommission auf, Maßnahmen zur stärkeren Förderung dieser Bergrinderrassen zu ergreifen;

Preisschwankungen und das Auslaufen der Milchquotenregelung

22.

ist der Ansicht, dass im Rahmen der Milchpolitik der EU nach dem Auslaufen der Milchquotenregelung Mittel zur Verfügung gestellt werden sollten, um alle Möglichkeiten für die Expansion der EU-Wirtschaft zu nutzen und so die Milcherzeugung für Landwirte attraktiver zu machen, und vertritt die Auffassung, dass alle künftigen Maßnahmen darauf abzielen müssen, ihre Wettbewerbsfähigkeit und Stabilität zu stärken, um nachhaltiges Wachstum und Innovationen in der Landwirtschaft zu fördern und die Lebensqualität im ländlichen Raum zu verbessern;

23.

nimmt den Beschluss zur Kenntnis, die Zahlung der den Landwirten im Rahmen der Quotenregelung in Rechnung gestellten Endbeträge über drei Jahre zu verteilen, stellt jedoch fest, dass dem Milchsektor durch die Einführung der Zusatzabgabe im letzten Quotenjahr beträchtliche Mittel entzogen wurden, und empfiehlt daher, dass diese Einnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Milchsektors im GAP-Haushalt verbleiben;

24.

fordert die Kommission auf, ein oder mehrere Regulierungsinstrumente vorzulegen, um erneute Krisen im Milchsektor wirksam verhindern und bewältigen zu können, indem insbesondere die Organisation der Milcherzeugung im Wege der Angebotssteuerung erleichtert wird; fordert die Kommission zu diesem Zweck auf, einen formellen Dialog mit allen Interessenträgern des Sektors in die Wege zu leiten;

25.

vertritt die Auffassung, dass die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit als Instrument im Dienste der territorialen Ausgewogenheit und einer ausgewogeneren Vergütung der Erzeuger im Rahmen der Wertschöpfungskette der Milchwirtschaft fungieren muss;

Umsetzung des Milchpakets

26.

betont, dass sich die Umsetzung des Milchpakets noch in einer frühen Phase befindet; bringt gleichwohl seine Enttäuschung über das geringe Maß der Umsetzung der verbindlichen Verträge zum Ausdruck und fordert daher nachdrücklich, dass sie auf alle Mitgliedstaaten ausgeweitet werden; fordert die Kommission auf, eingehend zu untersuchen, welche Hindernisse der Umsetzung des Milchpakets entgegenstehen und mit welchen Maßnahmen eine optimale Nutzung der Instrumente, die den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt wurden, sichergestellt werden könnte;

27.

bedauert, dass das Milchpaket im Arbeitsprogramm der Kommission für das Jahr 2015 nicht als Priorität eingestuft worden ist, und fordert die Kommission dringend auf, es als Priorität aufzunehmen;

28.

bedauert, dass aus dem Bericht nicht klar hervorgeht, ob die Kommission mit der Umsetzung des neuen Regulierungsinstruments zufrieden ist, und dass die Kommission nicht präzisiert, von wie vielen neuen Erzeugerorganisationen, teilnehmenden Mitgliedstaaten oder kollektiven Verhandlungen sie ausgeht; stellt fest, dass auch die Auswirkungen der neuen Instrumente auf die Milchpreise nicht klar sind; fordert in diesem Zusammenhang eine präzise Auflistung der Auswirkungen bezüglich der Milchpreise sowie eine genaue Darstellung der teilnehmenden Erzeugerorganisationen;

29.

empfiehlt der Kommission, klare Zielsetzungen in Bezug auf Erzeugerorganisationen, Verträge und kollektive Verhandlungen festzulegen;

30.

weist auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 hin, in der es heißt: „Damit eine rentable Entwicklung der Erzeugung und auf diese Weise ein angemessener Lebensstandard der Milchbauern sichergestellt wird, sollte ihre Verhandlungsmacht gegenüber den verarbeitenden Betrieben gestärkt werden, was wiederum zu einer gerechteren Verteilung des entlang der Wertschöpfungskette entstehenden Mehrwerts führen sollte“;

31.

stellt fest, dass das Vertragsmodell bisher nicht wie vorgesehen verwirklicht wurde, da sich die Milchbauern nach wie vor in einer schwachen Marktposition befinden, Mindeststandards in den Verträgen fehlen und Genossenschaften von diesen ausgenommen sind;

32.

betont, dass die Stärkung und Verbesserung der Vertragsbeziehungen durch die Ausweitung auf den gesamten Sektor und insbesondere auf große Vertriebsunternehmen dazu beitragen kann, für eine gerechte Verteilung der Einnahmen entlang der Versorgungskette und somit für mehr Mehrwert zu sorgen, und dass es den Interessenträgern obliegt, der Marktlage Rechnung zu tragen und entsprechend zu handeln; betont die Bedeutung von Schulungen und Fortbildungen im Bereich der Risikobewältigung als integrative Bestandteile des landwirtschaftlichen Lehrplans, damit Landwirte mit Preisschwankungen umgehen können und die verfügbaren Instrumente zur Risikobewältigung effektiv einsetzen;

33.

betont das Risiko, dass die Branche in einem Mitgliedstaat missbräuchliche Klauseln in die Verträge einarbeiten könnte, die das Ziel stabiler Lieferungen, die zur Erhaltung der Existenzfähigkeit der Milchwirtschaftsbetriebe notwendig sind, neutralisieren würden;

34.

stellt fest, dass der Sektor verstärkt ausloten könnte, welche Möglichkeiten sich in Form von längerfristigen integrierten Lieferverträgen, Termingeschäften und Verträgen mit festen Margen bieten und ob die Möglichkeit besteht, einen auf den Produktionskosten beruhenden Milchpreis über eine gewisse Zeitspanne „einzufrieren“; vertritt die Auffassung, dass die Möglichkeit bestehen sollte, neue Instrumente in den Vertragsbeziehungen zu nutzen, und dass Instrumente zur Schlichtung von vertraglichen Streitigkeiten zur Verfügung gestellt werden müssen;

Rolle der Erzeugerorganisationen

35.

betont die entscheidende Rolle der Erzeugerorganisationen und ihrer Vereinigungen bei der Stärkung der Verhandlungsposition und des Einflusses von Erzeugern in der Versorgungskette sowie in den Bereichen Forschung und Innovation und bedauert, dass bislang nur in begrenztem Maß Schritte zur Gründung von Erzeugerorganisationen unternommen wurden, insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten; ist der Auffassung, dass die Anerkennungsregeln für Erzeugerorganisationen gestärkt werden müssen, um den Einfluss der Erzeuger bei den Vertragsverhandlungen auf wirksamere Weise zu erhöhen; betont, dass Erzeugerorganisationen in den Genuss finanzieller Unterstützung im Rahmen der zweiten Säule kommen können, und fordert nachdrücklich zusätzliche Anreize auf der Ebene der EU und der Mitgliedstaaten, indem beispielsweise zusätzliche Informationen zur Verfügung gestellt werden und der Verwaltungsaufwand für Interessenträger verringert wird, die Erzeugerorganisationen gründen, ihnen beitreten, auf unterschiedliche Weise an ihren Tätigkeiten teilnehmen und entsprechende Sensibilisierungskampagnen bei den Erzeugern durchführen wollen, um so die Ungleichgewichte in der Versorgungskette anzugehen; erachtet es für notwendig, die Kapazität der Erzeugerorganisationen zur Regulierung und Organisation der Märkte zu verbessern;

36.

beharrt auf der Notwendigkeit, die Bestimmungen des Milchpakets insbesondere im Hinblick auf die Gründung von Erzeugerorganisationen mit besserer Verwaltungs- und Verhandlungskapazität auf dem Markt zu verbessern;

37.

stellt fest, dass die Gründung von Erzeugerorganisationen gefördert werden könnte, indem proaktive politische Unterstützung bereitgestellt wird und Landwirte ermutigt werden, Erzeugerorganisationen als angemessene Instrumente zu betrachten;

38.

betont, dass es wichtig ist, den Informationsaustausch und den Dialog mit Erzeugern und Erzeugerorganisationen zu erleichtern, damit diese der Entwicklung des Marktes Rechnung tragen und Krisen voraussehen können;

39.

betont, dass Erzeugerorganisationen nicht zu groß und nicht zu klein sein dürfen und eine rechtsverbindliche Verpflichtung hinsichtlich der Produktionsmenge der in der Organisation zusammengeschlossenen Erzeuger eingehen müssen, da rein repräsentative Erzeugerorganisationen nicht wirklich in der Lage sind, die Einhaltung der in den Verträgen vereinbarten Bedingungen hinsichtlich Qualität und Quantität sicherzustellen, und kein Interesse daran haben, als ernstzunehmende Gesprächspartner für die Branche aufzutreten;

40.

fordert bei der Gründung unabhängiger Erzeugerorganisationen mehr Unterstützung durch umfassende Informationsmechanismen und Hilfe bei den Verwaltungstätigkeiten, damit die Landwirte die Organisationen als wirksame Instrumente wahrnehmen und ihnen beitreten;

41.

fordert die Kommission auf, die in der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation vorgesehenen branchenübergreifenden Managementinstrumente zu fördern;

42.

betont die Rolle von Genossenschaften bei der Sicherstellung langfristiger Stabilität für ihre Mitglieder; fordert die Kommission auf, den Austausch über bewährte Vorgehensweisen zu erleichtern;

43.

betont die Bedeutung von Branchenverbänden bei der Sicherstellung von Transparenz und dem Austausch über bewährte Vorgehensweisen;

44.

erinnert die Kommission daran, dass Transparenz in der gesamten Versorgungskette des Sektors überaus wichtig ist, wenn die Interessenträger dazu angeregt werden sollen, auf Signale des Marktes zu reagieren; nimmt die größere Bedeutung präziser und aktueller Marktinformationen nach dem Auslaufen der Quotenregelung zur Kenntnis;

Stärkung der Marktbeobachtungsstelle für den Milchsektor

45.

begrüßt die Einrichtung der Europäischen Marktbeobachtungsstelle für den Milchsektor (MMO), betont ihre Bedeutung für die Verbreitung und die Auswertung von Marktdaten und fordert eine Stärkung der Rolle der MMO; empfiehlt die Festlegung eines Marktindexes, der die Trends bei den Preisangaben von Erzeugnissen, den Milchpreisen und den Produktionskosten umfasst; empfiehlt der Kommission, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit die MMO einerseits exakte Daten in Echtzeit liefern und andererseits die Kommission, die Mitgliedstaaten und die einschlägigen Interessenträger auf der Grundlage von Marktanalysen und Prognoseinstrumenten früher und häufiger warnen und auf voraussichtliche Krisen hinweisen sowie ihnen Maßnahmen empfehlen kann, wenn der Marktindex einen bestimmten Wert unterschreitet und es die Marktlage erfordert; ist der Ansicht, dass die von der MMO bereitgestellten Informationen aktuelle Angaben zu Markt- und Preistrends, Daten zu Produktionskosten und die Beziehungen zwischen der Rindfleisch- und Milcherzeugung, dem Verbrauch, der Lagerung, den Preisen und den Handel mit importierter und exportierter Milch auf europäischer Ebene umfassen sollten; weist darauf hin, dass es genauso nützlich ist, die Überwachung der Entwicklung der Produktionskosten und der internationalen Märkte einzubeziehen, um Tendenzen zu erkennen und Exportmöglichkeiten zu nutzen; betont, dass die Daten für alle Interessenträger leicht zugänglich und benutzerfreundlich aufbereitet sein sollten;

46.

betont, dass es für alle Interessenträger wichtig ist, dass die Mitgliedstaaten die einschlägigen Informationen zeitnah an die MMO weitergeben und die MMO die empfangenen monatlichen Daten zeitnah veröffentlicht, und empfiehlt der Kommission, zusätzliche Hilfsmittel in Erwägung zu ziehen, damit diese Informationen frühzeitig eingehen; fordert die Kommission auf, die Regeln für die Übermittlung der Daten durch die Mitgliedstaaten festzulegen, damit die Informationen auf europäischer Ebene vergleichbar sind;

47.

fordert die Kommission auf, umfangreich ausgestattete eigene Strukturen der Datenerfassung für alle landwirtschaftlichen Sektoren aufzubauen;

GAP-Maßnahmen und die Milchwirtschaft

48.

stellt fest, dass im Rahmen der ersten Säule fakultative gekoppelte Beihilfen als Instrument für die Unterstützung des Milchsektors zur Verfügung stehen und dass die Erzeuger im Rahmen der zweiten Säule Beratungsleistungen in Anspruch nehmen können, mit denen Beistand bei unternehmerischen Entscheidungen und bei der wirtschaftlichen Haushaltsführung geleistet wird, wobei die Mitgliedstaaten bei Bedarf auf absichernde Maßnahmen wie das Instrument zur Einkommensstabilisierung zurückgreifen und auch die Zusammenführung und Ausrichtung der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums mit einer höheren Beihilfeintensität in der Branche beschließen können;

49.

fordert die Branche auf, die Ausarbeitung weiterer Sicherungsinstrumente für den Fall schwieriger Marktbedingungen zu prüfen, um die Schwankungen bei den Milchpreisen einzuschränken und einen Einkommensverlust der europäischen Milchwirtschaftsbetriebe zu verhindern; betont, dass geprüft werden muss, ob die Instrumente, die dem Risikomanagement dienen, wie Programme, die auf dem Schutz der Gewinnmargen basieren, auch in die erste Säule der GAP aufgenommen werden können;

50.

betont, dass sich verschiedene Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 für eine langsame und unvollständige interne Konvergenz entschieden haben, wodurch auch wieder die Landwirtschaft im Flachland, bei der einfachere Bedingungen herrschen, begünstigt wird;

51.

spricht sich für die Notwendigkeit aus, die Voraussetzungen für die Auslösung des Mechanismus zur Stabilisierung der Einkommen, der im Entwicklungsplan für den ländlichen Raum enthalten ist, zu überarbeiten, da die Bedingung von mindestens 30 % Verlust, um Zugang zu EU-Hilfe zu erhalten, unangemessen ist;

Potenzial des EU-Milchsektors auf dem Weltmarkt

52.

weist darauf hin, dass die weltweite Nachfrage nach Milch und Milcherzeugnissen Prognosen zufolge um 2 % jährlich zunehmen soll und sich den Erzeugnissen aus der EU somit Chancen eröffnen, betont jedoch, dass diese Exportchancen durch einen stabilen Binnenmarkt ausgeglichen werden müssen, da dieser mehr als 90 % des Marktes für Milch und Milcherzeugnisse in Europa ausmacht; stellt jedoch fest, dass sich Trockenmilcherzeugnisse immer mehr auf dem Markt durchsetzen;

53.

weist darauf hin, dass die EU der größte Importeur landwirtschaftlicher Produkte der Welt ist und dass das Wachstum in der Milchwirtschaft für die Ausfuhr von der Einfuhr von Futtermitteln abhängt;

54.

betont, dass bilaterale Handelsverhandlungen möglicherweise strategische Chancen für die Milchwirtschaft der EU darstellen, und fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, sich stärker dafür einzusetzen, neue Märkte in Drittstaaten zu eröffnen und Handelshemmnisse abzuschaffen, sowie Bedenken hinsichtlich der Kennzeichnung „geschützte Ursprungsbezeichnung“ (g.U.), „geschützte geografische Angabe“ (g.g.A.) und „garantiert traditionelle Spezialität“ (g.t.S.) während Handelsverhandlungen gebührend Rechnung zu tragen, um die europäischen Qualitäts-, Gesundheits- und Sicherheitsnormen bei der Erzeugung und Lieferung von Erzeugnissen an die Verbraucher zu schützen und zu verbessern;

55.

hält es nach wie vor für geboten, nach neuen Absatzmärkten zu suchen und diese zu erschließen, den weltweiten Marktanteil der EU zu erhöhen, für einen fairen Zugang für Exporteure aus der EU zu sorgen und Anreize für einen Anstieg nachhaltiger Ausfuhren zu schaffen; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und sich aktiver an der Ermittlung neuer Exportmärkte zu beteiligen; ist der Ansicht, dass durch die Verbesserung der Handelsbeziehungen mit Drittstaaten und die Stärkung einer dynamischen Milchwirtschaft künftige Chancen ausgelotet werden müssen, und betont, wie wichtig es ist, sich die Verbrauchstrends auf diesen Märkten bewusst zu machen, um die Fähigkeit zur zeitnahen Reaktion auf künftige Veränderungen zu verbessern;

56.

stellt ferner fest, dass die Unternehmen der EU mit einigen mächtigen globalen Exporteuren (u. a. aus Neuseeland, den Vereinigten Staaten von Amerika und Australien) im Wettbewerb stehen, die einen historisch gewachsenen Zugang zu den asiatischen Märkten haben und den Preis von Milcherzeugnissen auf dem Weltmarkt entscheidend beeinflussen;

Absatzförderung und Qualitätsregelungen

57.

stellt fest, dass der Milchsektor im Rahmen neuer Fördermaßnahmen von verstärkten Initiativen zur Absatzförderung auf den Inlandsmärkten und den Märkten von Drittländern profitieren könnte, und ermutigt die Erzeuger, nach dem Inkrafttreten der neuen Förderregeln im Jahr 2016 an den neuen Kampagnen teilzunehmen, da eine Erhöhung des finanziellen Beistands der EU vorgesehen ist;

58.

betont, dass der Sektor seine größten Wertschöpfungspotenziale nicht ausschließlich in der Produktion unverarbeiteter Erzeugnisse hat, und vertritt die Ansicht, dass intensiver erforscht werden müsste, wie sich innovative hochwertige Milcherzeugnisse — wie beispielsweise gesundheitsfördernde Lebensmittel und Lebensmittel für Kinder, ältere Menschen und Sportler — auf Märkten mit hohem Wachstum entwickeln lassen;

59.

stellt fest, dass die Europäische Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI) im Rahmen des Programms „Horizont 2020“ innovative Projekte unterstützen kann, die zu einer nachhaltigen und leistungsfähigen Milchwirtschaft beitragen, um die globale Nachfrage nach hochwertigen Milcherzeugnissen zu decken;

60.

betont, dass es wichtig ist, die Beihilferegelungen zur Milchverteilung an Schulen zu stärken, die Mitgliedschaft in Erzeugerorganisationen zu fördern und lokalen Milcherzeugnissen sowie kurzen Versorgungsketten Priorität einzuräumen, um zur Förderung gesunder Ernährungsgewohnheiten der europäischen Verbraucher beizutragen;

61.

stellt fest, dass sich der Sektor bisher nicht in allen Mitgliedstaaten in nennenswertem und gleichem Maße an den Kennzeichnungssystemen „geschützte Ursprungsbezeichnung“ (g.U.), „geschützte geografische Angabe“ (g.g.A.) und „garantiert traditionelle Spezialität“ (g.t.S.) beteiligt hat; fordert die Kommission auf, den Zugang zu diesen Systemen und die entsprechenden Verwaltungsanforderungen für kleine Erzeuger und Unternehmen zu vereinfachen, den Verwaltungsaufwand in Verbindung mit der Anmeldung zu verringern, sie als auf den Exportmärkten der EU unbestrittenen Referenzwert für die Qualität der europäischen Produkte beizubehalten und die Vermarktung dieser Erzeugnisse gezielt zu fördern;

62.

fordert die Kommission auf, die Bestimmungen bezüglich der Regulierung des Angebots von Käse mit „geschützter Ursprungsbezeichnung“ oder „geschützter geografischer Angabe“ zu vereinfachen, und zwar insbesondere hinsichtlich der Mindestanforderungen für die Genehmigung der entsprechenden Kennzeichnung;

63.

fordert die Kommission auf, so bald wie möglich den Bericht nach Artikel 26 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel hinsichtlich der Folgenabschätzung der Umsetzung der verpflichtenden Angabe des Ursprungslands oder Herkunftsorts bei Milch und Milcherzeugnissen zu veröffentlichen; bedauert, dass die Gemeinschaftsexekutive den besagten Bericht, der vor dem 31. Dezember 2014 vorgelegt hätte werden müssen, noch nicht ausgearbeitet hat;

Bewältigung der Risiken im Milchsektor

64.

betont, dass die Maßnahmen zur Absicherung, etwa die öffentlichen Interventionen und die Beihilfen für die private Lagerhalterung, allein keine ausreichenden Instrumente dafür sind, die andauernden Preisschwankungen oder eine Krise im Milchsektor abzufedern; fügt hinzu, dass Interventionspreise zu niedrig sind, keinen Bezug mehr zu den aktuellen Marktpreisen aufweisen und sich langfristig für die Gewährleistung angemessener und stabiler Ab-Hof-Preise als ineffizient erwiesen haben;

65.

weist die Kommission auf ihre Verpflichtung gemäß Artikel 219 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 hin, Marktstörungen nicht nur zu beseitigen, sondern auch sofort zu handeln, um Marktstörungen zu verhindern, und zwar auch dann, wenn Maßnahmen verhindern würden, dass die Gefahr einer Marktstörung eintritt oder andauert oder sich eine schwerere oder anhaltende Störung entwickelt, oder wenn der Aufschub von Sofortmaßnahmen die Störung zu verursachen oder zu verschlimmern droht oder später umfangreichere Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahr oder der Störung erforderlich machen oder die Erzeugungs- oder Marktbedingungen beeinträchtigen würde;

66.

fordert die Kommission auf, die Interessenträger in der Milchwirtschaft einzubeziehen und flexiblere und praxistauglichere Bestimmungen für die Absicherung auf der Grundlage der Empfehlungen der MMO umzusetzen, die in Krisenzeiten, in denen ein starker Milchpreisverfall bei gleichzeitig stark steigenden Betriebskosten die Gewinnmargen der Bauern erheblich belasten, für Sicherheit sorgen; fordert eine Anpassung des Interventionspreises an die Produktionskosten und an eventuelle Änderungen des Marktumfelds;

67.

fordert die Kommission auf, flexiblere und praxistauglichere Bestimmungen für die Absicherung umzusetzen, und ist der Ansicht, dass der Interventionspreis die tatsächlichen Produktionskosten und die tatsächlichen Marktpreise besser widerspiegeln und dabei an eventuelle Änderungen des Marktumfelds angepasst werden sollte; fordert die Kommission daher auf, die Interventionspreise unverzüglich anzupassen; erkennt ferner an, dass die Ausfuhrerstattung im Falle von Marktkrisen aufgrund objektiver Kriterien vorübergehend wieder eingeführt werden sollte;

68.

fordert die Kommission auf, mit den Interessenträgern zusammenzuarbeiten, um Indikatoren für die Produktionskosten festzulegen, in denen Energiekosten, Düngemittel, Futtermittel, Löhne, Mieten und andere relevante Betriebskosten berücksichtigt werden, und die Referenzpreise entsprechend anzupassen; fordert die Kommission zusätzlich auf, mit den Interessenträgern zusammenzuarbeiten, um einen Marktindex festzulegen, der die Trends bei den Preisangaben für Erzeugnisse, den Milchpreisen und den Produktionskosten erfasst;

69.

betont, dass die Erfahrung mit dem derzeitigen russischen Embargo zeigt, dass es wünschenswert wäre, über Leitlinien zu verfügen, die von den Mitgliedstaaten, der Kommission und dem Parlament gemeinsam erörtert werden und als Leitfaden für die Aktivierung von Maßnahmen dienen;

70.

hält es für wesentlich, dass ein flexibleres und praxistauglicheres Kriseninstrument eingeführt wird, und empfiehlt der Kommission, gemeinsam mit dem Parlament als Mitgesetzgeber und dem Sektor zu prüfen, ob eventuell Instrumente zur Risikobewältigung wie beispielsweise Warentermingeschäfte zum Einsatz kommen könnten, damit die Preisschwankungen diesem Sektor zumindest größere Wettbewerbsfähigkeit bescheren; ist der Ansicht, dass auch neue Instrumente zur Stabilisierung der Einkommen wie Einkommensversicherungen oder die Umsetzung eines Programms zum Schutz der Margen der Milcherzeuger geprüft werden sollten;

71.

fordert die Kommission auf, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und den Marktteilnehmern der Milchwirtschaft effiziente und geeignete Instrumente zum Schutz vor einem starken und abrupten Milchpreisverfall zu entwickeln;

Unlautere Handelspraktiken in der Versorgungskette des Milchsektors

72.

betont, dass die Erzeuger im Milchsektor — vor allem die kleinen Erzeuger — insbesondere aufgrund der schwankenden Nachfrage, der steigenden Produktionskosten und der fallenden Ab-Hof-Preise die Nachteile der Ungleichgewichte in der Versorgungskette sowie die wirtschaftlichen Besonderheiten in jedem Mitgliedstaat besonders stark zu spüren bekommen; vertritt die Ansicht, dass der von den Einzelhändlern mit Eigenmarken ausgelöste Preisdruck und die Tatsache, dass Trinkmilch von den Einzelhändlern immer wieder als „Lockangebot“ beworben wird, die Arbeit und die Investitionen der Erzeuger im Milchsektor untergraben und das Enderzeugnis für den Verbraucher abwerten; verteidigt die Notwendigkeit, für die verschiedenen Akteure der Versorgungskette Regeln der guten fachlichen Praxis einzuführen; betont, dass Mechanismen zum wirksamen Schutz der Landwirte vor dem Missbrauch durch die Industrie und die Händler und vor ihrer beherrschenden Stellung auf dem Einzelhandelsmarkt gefunden werden müssen, und fordert die Kommission auf, so bald wie möglich ihren Vorschlag für die Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken vorzulegen und einen sektorspezifischen Ansatz für das Wettbewerbsrecht und die unlauteren Handelspraktiken in Betracht zu ziehen;

73.

ist der Auffassung, dass die unlauteren Handelspraktiken die Investitions- und Anpassungsfähigkeit der Branche stark beeinträchtigen und dass es notwendig ist, diese sowohl auf Unionsebene als auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten zu bekämpfen;

74.

weist darauf hin, dass die Milcherzeuger ohne ein Krisenprogramm eine noch schwächere Position hätten und die Milchindustrie und große Lebensmittelkonzerne mehr Macht bekommen würden;

75.

fordert eine umfassendere Integration der Milchbauern und ihrer Organisationen in die Mechanismen, Gruppen und Initiativen zur Steuerung der Lebensmittelversorgungskette;

o

o o

76.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 94 vom 30.3.2012, S. 38.

(2)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671.

(3)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0577.

(4)  ABl. C 199 E vom 7.7.2012, S. 58.

(5)  ABl. C 224 E vom 19.8.2010, S. 20.

(6)  ABl. L 42 vom 14.2.2006, S. 1.

(7)  ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 1.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/17


P8_TA(2015)0250

Externe Auswirkungen der Handels- und Investitionspolitik der EU auf öffentlich-private Initiativen

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu externen Auswirkungen der Handels- und Investitionspolitik der EU auf öffentlich-private Initiativen in Drittländern (2014/2233(INI))

(2017/C 265/03)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 208 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (1),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (2),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (3),

unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für internationalen Handel zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die öffentliche Auftragsvergabe (COM(2011)0896), zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (COM(2011)0895) und zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (COM(2011)0897),

unter Hinweis auf die folgenden Mitteilungen der Kommission: „Mobilisierung privater und öffentlicher Investitionen zur Förderung der Konjunktur und eines langfristigen Strukturwandels: Ausbau öffentlich-privater Partnerschaften“ (COM(2009)0615), „Stärkung der Rolle des Privatsektors im Hinblick auf die Schaffung von inklusivem und nachhaltigem Wachstum“ (COM(2014)0263), „Europa 2020: eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (COM(2010)2020), „Handel, Wachstum und Weltgeschehen — Handelspolitik als Kernbestandteil der EU-Strategie Europa 2020“ (COM(2010)0612), „Einen arbeitsplatzintensiven Aufschwung gestalten“ (COM(2012)0173) und „Eine neue EU-Strategie (2011–14) für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR)“ (COM(2011)0681),

unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 27. September 2011 zu einer neuen Handelspolitik für Europa im Rahmen der Strategie Europa 2020 (4), vom 6. Februar 2013 zu dem Thema „soziale Verantwortung der Unternehmen: Förderung der Interessen der Gesellschaft und ein Weg zu einem nachhaltigen und integrativen Wiederaufschwung“ (5) und vom 26. Oktober 2006 zu öffentlich-privaten Partnerschaften und der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe und Konzessionen (6),

unter Hinweis auf den im Auftrag der Kommission von EIM erstellten Bericht mit dem Titel „Internationalisation of European SMEs“ (Die Internationalisierung europäischer KMU) aus dem Jahr 2010,

unter Hinweis auf Ziffer 5 der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010–2015“ (COM(2010)0491), auf die Grundsätze der Vereinten Nationen zur Stärkung der Frauen („UN Women’s Empowerment Principles“), die im März 2010 verabschiedet wurden, auf die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte, auf die Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 8. Dezember 2009 und auf Ziffer 46 des Abschlussdokuments der Konferenz der Vereinten Nationen über nachhaltige Entwicklung (Rio+20),

unter Hinweis auf die Empfehlung der OECD vom Mai 2012 zu Grundsätzen für die öffentliche Verwaltung öffentlich-privater Partnerschaften („Principles for Public Governance of Public-Private Partnerships“) (7), auf die Konvention der OECD gegen die Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr aus dem Jahr 1997 und die im Mai 2011 aktualisierten OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen (8),

unter Hinweis auf die einschlägigen Übereinkommen der IAO,

unter Hinweis auf den Leitfaden der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa zur Förderung einer verantwortungsvollen Verwaltung in öffentlich-privaten Partnerschaften („Guidebook on Promoting Good Governance in Public-Private Partnerships“) von 2008 (9),

unter Hinweis auf den Leitfaden der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) zur Gesetzeslage bei privat finanzierten Infrastrukturprojekten („Legislative Guide on Privately Financed Infrastructure Projects“) von 2001 (10) und auf die während des internationalen UNCITRAL-Kolloquiums, das am 2. und 3. Mai 2013 in Wien stattfand, zu öffentlich-privaten Partnerschaften vorgelegten Dokumente,

unter Hinweis auf den Bericht der lateinamerikanischen Entwicklungsbank CAF von 2010 mit dem Titel „Infraestructura pública y participación privada: conceptos y experiencias en América y España“,

unter Hinweis auf die zweite Fassung des von der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB), der Weltbankgruppe und der Public-Private Infrastructure Advisory Facility (PPIAF) herausgegebenen Leitfadens zu öffentlich-privaten Partnerschaften („Public-Private Partnerships Reference Guide: Version 2.0“) vom Juli 2014 (11),

gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für internationalen Handel sowie die Stellungnahmen des Entwicklungsausschusses und des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (A8–0182/2015),

A.

in der Erwägung, dass die Gesellschaft und die Wirtschaftsstrukturen eines Landes und die damit verbundene Dynamik von einem Umfeld profitieren, in dem eine Interaktion zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor sowie eine Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Stellen beispielsweise über gemeinsame Initiativen und Gemeinschaftsunternehmen möglich ist;

B.

in der Erwägung, dass öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) ein langfristiges Instrument staatlicher Politik auf internationaler, regionaler und lokaler Ebene darstellen, es für sie allerdings weder eine international anerkannte Definition noch einen umfassenden Rechtsrahmen gibt; in der Erwägung, dass unter dem Begriff ÖPP ein „umfangreiches, vielfältiges Spektrum der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Akteuren (Regierungen, Behörden und internationale Organisationen oder eine entsprechende Kombination) und privaten Akteuren (Unternehmen oder gemeinnützige Organisationen)“ zu verstehen ist, wobei der private Sektor für gewöhnlich die Infrastrukturen oder das Kapital bereitstellt, welche bzw. welches zuvor vom Staat gestellt wurde;

C.

in der Erwägung, dass ÖPP als Triebkraft für wirtschaftliches Wachstum, Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen sowohl im Binnenmarkt als auch im Ausland von Bedeutung sind und eine strategische Rolle spielen, was die Modernisierung der Infrastrukturen, insbesondere der Energie-, Wasser-, Straßen- und digitalen Infrastrukturen, angeht; in der Erwägung, dass die Unternehmen der EU gut gerüstet sind, um in einen Wettbewerb um solche Modelle zu treten und sie in die Praxis umzusetzen;

D.

in der Erwägung, dass ÖPP-Modelle unterschiedliche Formen haben können und die Binnenmarkt-Rechtsvorschriften hohe Verfahrensstandards setzen; in der Erwägung, dass diese Rechtsvorschriften überarbeitet und in den Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU über die öffentliche Auftragsvergabe, in der Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe und in den Leitlinien zu institutionalisierten ÖPP konsolidiert wurden;

E.

in der Erwägung, dass öffentlich-private Partnerschaften für die Bereitstellung von Infrastrukturen, Gütern und grundlegenden Dienstleistungen technisch gesehen komplex sind;

F.

in der Erwägung, dass sich die weltweite Wirtschaftskrise seit 2007 in einschneidendem Maße auf alle Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer auswirkt und zudem Auswirkungen auf die Haushaltspolitik und den Zugang von institutionellen und privaten Stellen und insbesondere von KMU zu den Mitteln hat, die notwendig sind, um Projekte durchzuführen, was den Ausbau von Infrastruktur und andere kapitalintensive Projekte sowie die Erbringung von Dienstleistungen der Grundversorgung beeinträchtigt;

G.

in der Erwägung, dass aufgrund der Haushaltszwänge, die sich durch die Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise weiter verschärfen, immer mehr Regierungen auf innovative Lösungen, beispielsweise auf ÖPP, zurückgreifen, die, sofern sie angemessen umgesetzt werden, zu einer Senkung der Kosten sowie einer verbesserten Wirksamkeit, Effizienz und Qualität der Gemeinwohldienstleistungen beitragen können und mit denen sichergestellt werden kann, dass öffentliche Infrastrukturen rechtzeitig bereitgestellt werden, indem öffentliche und private Akteure angemessen beteiligt werden;

H.

in der Erwägung, dass die positiven Auswirkungen von ÖPP von einer verbesserten Durchführung der Projekte, einem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis, der Möglichkeit einer langfristigen Finanzierung der Kosten, der Anreizwirkung für Innovation und Forschung und einem flexibleren und fachkundigeren Führungsumfeld herrühren;

I.

in der Erwägung, dass die Liberalisierung von Handel und Investitionen keinem Selbstzweck dient, sondern ein Werkzeug darstellt, das zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Weltbevölkerung beitragen soll; in der Erwägung, dass in diesem Zusammenhang die Möglichkeit besteht, innovative politische Konzepte aufzustellen — neben neuen Instrumenten, wie beispielsweise den neu geschaffenen Finanzinstrumenten, und einem Netz an Freihandelsabkommen, die sich für die Regierungen von Drittländern als hilfreich für die Sicherstellung der Bereitstellung von Infrastrukturen, Gütern und Dienstleistungen von allgemeinem Interesse erweisen — und dabei eine weitere Beteiligung der Unternehmen der EU an Investitionsvorhaben im Ausland zu ermöglichen oder auf den Weg zu bringen, bei denen Privatunternehmen und öffentliche Stellen zusammengeführt werden;

J.

in der Erwägung, dass sich ÖPP durch einen langen Lebenszyklus auszeichnen, der sich bisweilen über 10 bis 30 Jahre erstreckt; in der Erwägung, dass der Lebenszyklus der ÖPP sinnvoll sein und mit den Zielen, die mit den Arbeiten, Gütern und Dienstleistungen verfolgt werden, im Einklang stehen sollte, ohne den Wettbewerb künstlich zu verzerren oder höhere Kosten und eine unnötige Belastung für Behörden und Steuerzahler zu verursachen;

K.

in der Erwägung, dass die Handelspolitik der EU die souveräne Entscheidung für oder gegen eine ÖPP weder fördern noch bremsen sollte, dass die EU infolge einer entsprechenden Entscheidung allerdings dafür sorgen muss, dass die Großunternehmen, die KMU und die Kleinstunternehmen der EU einen möglichst guten Zugang zu den Beschaffungsmärkten des Partnerlandes haben, damit für die lokale Gemeinschaft ein Mehrwert erzielt wird, und dass dies im Einklang mit den Grundsätzen Offenheit, Partizipation, Rechenschaftspflicht, Wirksamkeit und politische Kohärenz erfolgen sollte;

L.

in der Erwägung, dass freier Wettbewerb und Privatisierung in vielen Fällen nicht die beste Option sind, wenn dem öffentlichen Interesse Vorrang eingeräumt werden muss, weil der Privatsektor die soziale Infrastruktur und den damit verbundenen Schutz, die beträchtlichen Kosten, die mit der Bereitstellung von Infrastrukturen einhergehen, und die Position mancher Branchen, in denen ein natürliches Monopol besteht oder die von strategischer Bedeutung sind, möglicherweise nicht hoch genug bewertet;

M.

in der Erwägung, dass ÖPP daher dem Zweck dienen, die besten Elemente beider Welten miteinander zu verbinden — die Erbringung von Dienstleistungen und die Bereitstellung von Infrastrukturen von allgemeinem Interesse –, allerdings eher durch eine verstärkte Beteiligung des Privatsektors als durch einen Privatisierungsprozess;

N.

in der Erwägung, dass viele Schwellen- und Entwicklungsländer mit einem Missverhältnis zwischen der Dynamik von Privatunternehmen und einem Mangel an zuverlässigen öffentlichen Infrastrukturen konfrontiert sind; in der Erwägung, dass solche Lücken (die in Indien oder Brasilien besonders frappierend sind) das Wachstumspotenzial geschwächt, die Ausfuhr-/Einfuhrkapazitäten begrenzt oder Störungen bei Fertigungslinien bewirkt haben, weil keine ausreichende Hafeninfrastruktur vorhanden ist, der Binnenverkehr (Eisenbahn, Güterverkehr oder Autobahnen) Unzulänglichkeiten aufweist oder Stromkraftwerke und -verteilnetze nicht ordnungsgemäß funktionieren; in der Erwägung, dass sich diese Lücken (aufgrund eines Mangels an Abwasser- und Wassernetzen) zudem negativ auf das Wohlergehen der Menschen auswirken; in der Erwägung, dass ÖPP integrative Lösungen ermöglichen, in deren Rahmen ein Partner oder ein Konsortium für die „baulichen“ (Bau-, Ingenieur- und Architekturdienstleistungen), die „finanziellen“ (Zuführung von Privatkapital zumindest zur Vorfinanzierung eines Projekts) und die „betrieblichen“ (Instandhaltung, Überwachung und Verwaltungsdienste) Aspekte sorgt bzw. sorgen;

O.

in der Erwägung, dass zwischenstaatliche Organisationen ÖPP auch dafür genutzt haben, den am wenigsten entwickelten Ländern durch Partnerschaften im Bereich Entwicklung und Zusammenarbeit Hilfe zukommen zu lassen, wobei beispielsweise die Weltbank, regionale Banken für Wiederaufbau, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, die Weltgesundheitsorganisation und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen — um nur einige wenige zu nennen — ÖPP herangezogen haben, um Maßnahmen umzusetzen; in der Erwägung, dass geografisch gesehen die Vereinigten Staaten von Amerika, Japan, Malaysia, Singapur, die Vereinigten Arabischen Emirate und andere asiatische und lateinamerikanische Länder (allen voran Chile) Erfahrungen mit ÖPP haben; in der Erwägung, dass OECD-Länder (Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Irland, die Niederlande, Portugal und Spanien) auch einschlägige Gesetze haben; in der Erwägung, dass das Vereinigte Königreich das am besten entwickelte Programm hat, was ÖPP angeht (wobei auf die sogenannte Private Finance Initiative rund 20 % der öffentlichen Investitionen entfallen); in der Erwägung, dass die EU den ÖPP-Infrastrukturmarkt anführt und auf sie über 45 % des Nominalwerts an ÖPP entfallen;

P.

in der Erwägung, dass ÖPP bereits im Zusammenhang mit den Strukturfonds, der Erweiterung, den transeuropäischen Netzen, gemeinsamen Technologieinitiativen, der Strategie Europa 2020, FuE (Fabriken der Zukunft, energieeffiziente Gebäude, Initiative für umweltgerechte Fahrzeuge, nachhaltige Verarbeitungsindustrie, Photonik, Robotik, Hochleistungsrechentechnik und 5G-Netze), E-Learning, Forschungsprojekten mit Universitäten und anderen Programmen im Bereich Gesundheit (wie die Initiative Innovative Arzneimittel) zur Anwendung gekommen sind; in der Erwägung, dass die Europäische Investitionsbank und das Europäische ÖPP-Kompetenzzentrum Projekte in der EU, in der Nachbarschaft der EU und über diese hinaus durchgeführt haben; in der Erwägung, dass die EU zudem über den Globalen Dachfonds für Energieeffizienz und erneuerbare Energien Beiträge geleistet hat; in der Erwägung, dass der Europäische Fonds für strategische Investitionen beabsichtigt, eine Reihe von ÖPP in der EU fördern, an denen sich Unternehmen aus Ländern beteiligen können, die Handelspartner sind;

Q.

in der Erwägung, dass die Märkte der EU für öffentliche Aufträge dem internationalen Wettbewerb bislang weit offenstanden und die EU Regeln geschaffen hat, die darauf ausgerichtet sind, einen echten, fairen Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts zu fördern und es internationalen Investoren zu ermöglichen, gleichberechtigt in den Wettbewerb zu treten; in der Erwägung, dass es keine Diskriminierung aufgrund einer ausländischen Beteiligung oder Kontrolle gibt; in der Erwägung, dass sich ausländische Firmen vor Ort niederlassen können, um sich an ÖPP zu beteiligen;

R.

in der Erwägung, dass die Freihandelsabkommen der EU Klauseln enthalten, mit denen der Weg dafür geebnet wird, dass Unternehmen bei ÖPP im Rahmen des Marktzugangs und der Markteintrittsphase mitbieten; in der Erwägung, dass die Behandlung und die bestehenden Möglichkeiten in Bezug auf Korea, Kolumbien/Peru, Mittelamerika, Singapur und Kanada (sowie Vietnam und Japan) unterschiedlich und spezifisch geregelt sind; in der Erwägung, dass ein relativ flexibler Ansatz benötigt wird, was die Verhandlungen mit den einzelnen Partnern angeht; in der Erwägung, dass das Ziel jedoch stets darin bestehen muss, einen Beitrag zu sozialer und wirtschaftlicher Einwicklung, zu ökologischer Nachhaltigkeit, zu Demokratie und verantwortungsvoller Verwaltung, zur Wahrung der Menschenrechte sowie zur Förderung der international anerkannten Schutzstandards und zur Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze, zu leisten; in der Erwägung, dass im Rahmen des Allgemeinen Übereinkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) und des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen auch eine Reihe von Verpflichtungen niedergelegt wurden, wie es auch bei anderen multilateralen Instrumenten wie dem Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (TiSA) der Fall sein könnte; in der Erwägung, dass der Wettbewerb in der EU vor diesem Hintergrund zunimmt;

Hintergrund

1.

betont, dass innerhalb der EU und in Drittländern Anreize für die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze, für Wettbewerbsfähigkeit und für Produktivität geschaffen und zu diesem Zweck innovative Maßnahmen und neue Instrumente ausgearbeitet werden müssen, die den Tätigkeiten der Wirtschaftsakteure förderlich sind, damit es wieder zu nachhaltigem Wachstum kommt, und zwar auch durch Investitionen außerhalb des Binnenmarkts; ist der Auffassung, dass ÖPP — als eine Option unter mehreren — Potenzial für das Wachstum von EU-Unternehmen haben und gleichzeitig für die Partnerländer unter den Drittländern nützlich sein könnten, weil mit ihnen Infrastrukturen, Güter und Dienstleistungen von allgemeinem Interesse bereitgestellt werden könnten;

2.

weist darauf hin, dass ÖPP einen hohen Mehrwert für Bürger und Verbraucher bewirken, hochwertige Dienstleistungen und/oder Güter sicherstellen und zu konkreten Wettbewerbs- und wirtschaftlichen Vorteilen für die Behörden, sowohl auf staatlicher als auch auf lokaler Ebene, führen sollten, ohne zusätzliche Belastungen oder Verluste für den öffentlichen Sektor zu verursachen;

3.

fordert die Kommission auf, eine — auch international durchsetzbare — Definition von ÖPP zu fördern, in deren Rahmen diese als langfristige Beziehung zwischen öffentlichen Stellen und privaten Investoren mit dem Ziel der Bereitstellung von hochwertigen zugänglichen Gemeinwohldienstleistungen und Infrastrukturen gelten, die gemäß vertraglich eindeutig festgelegten Bedingungen erbracht werden, wobei sich die Erfüllung dieser Bedingungen anhand von Indikatoren einfach bewerten lässt, die für eine gerechte und angemessene Honorierung dieser Konformität sorgen;

4.

stellt fest, dass sowohl KMU als auch größere Unternehmen ein einzigartiges, dem Privatsektor eigenes Wissen und ebensolche Erfahrungen sowie bewährte Verfahren und Netze, die auch öffentliche Stellen in Ländern außerhalb der EU umfassen, bieten können, womit wirksam zu Maßnahmen für nachhaltige Entwicklung beigetragen wird; vertritt die Auffassung, dass KMU ihr Potenzial am besten ausschöpfen können, wenn sie auf globaler Ebene sich vernetzen und tätig werden und in Märkte außerhalb Europas einsteigen, unter anderem über ÖPP; fordert die Kommission in dieser Hinsicht auf, die Bildung von Konsortien und anderen Formen der Zusammenarbeit zwischen Großunternehmen und KMU zu fördern und zu stärken, um KMU den Zugang zu ÖPP-Projekten zu erleichtern;

5.

betont, dass insbesondere die Herausforderungen berücksichtigt werden müssen, die sich für in der EU niedergelassene KMU stellen, wenn diese im Rahmen von ÖPP im internationalen Wettbewerb bestehen wollen, und dass dafür gesorgt werden muss, dass KMU, insbesondere in der Versorgungswirtschaft, wie in der Richtlinie 2014/25/EU festgelegt, auf der Basis der Gegenseitigkeit konkreten und fairen Zugang zu ÖPP erhalten; betont in diesem Zusammenhang, dass es spezifischer Vorschriften bedarf, in deren Rahmen Cluster oder Bietergemeinschaften von KMU sowie der Rückgriff auf offene und transparente Unterauftragsketten möglich sind;

Herausforderungen

6.

hält es für bedauerlich, dass die EU ihre Märkte für öffentliche Aufträge bislang weitestgehend für den internationalen Wettbewerb offen gehalten hat, während Unternehmen der EU im Ausland nach wie vor mit großen Hemmnissen konfrontiert sind; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Handelsabkommen der EU Instrumente für die Unternehmen der EU und insbesondere für KMU umfassen, in deren Rahmen sie im Ausland den gleichen Wettbewerbsbedingungen unterliegen wie die ausländischen nationalen Unternehmen; fordert darüber hinaus eine klare Regelung in Bezug auf Ausschreibungsinformationen und Zuschlagskriterien und einen einfachen Zugang zu ihnen sowie die Aufhebung von Hemmnissen im Bereich öffentliche Aufträge, Dienstleistungen oder Investitionen (beispielsweise steuerliche Diskriminierung, regulatorische Hindernisse bei der Gründung von Niederlassungen oder Tochtergesellschaften und Beschränkungen beim Zugang zu Finanzmitteln); fordert die Partnerländer der EU auf, die Grundsätze der Öffentlichkeit der Verwaltung anzuwenden, um für Transparenz zu sorgen und Interessenkonflikte zu verhindern, und bei ÖPP Vorsicht walten zu lassen und nicht nur Kosten-Nutzen-Analysen und die Tragfähigkeit der Projekte zu berücksichtigen, sondern auch die finanziellen und technischen Kapazitäten von Behörden im Hinblick auf die Aufsicht über die Bereitstellung von Dienstleistungen oder Infrastrukturen im Einklang mit dem allgemeinen öffentlichen Interesse;

7.

stellt fest, dass ÖPP-bezogene Herausforderungen durch die Grundsätze der verantwortungsvollen Verwaltung bewältigt werden können, beispielsweise durch Transparenz und eindeutige Vorschriften, die Folgendem wesentlich sind: Vergabe und Durchführung von Projekten und Bewertung von Projekten schon in der Anfangsphase; Modellierung und Definition des Risikotransfers (insbesondere Bewertung der mittel- und langfristigen Kosteneffizienz); Einbeziehung von Interessenträgern und Organisationen der Zivilgesellschaft; Korruptions- und Betrugsbekämpfung; finanzielle und technische Kapazitäten der zuständigen Verwaltungsstellen zur angemessenen Planung und Beaufsichtigung der Vertragserfüllung; Stärkung der Rechtssicherheit innerhalb eines Rahmens, mit dem dafür gesorgt wird, dass die Behörden ihre rechtmäßigen Befugnisse ausüben; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten (die in dieser Hinsicht wichtige Partner sind) auf, diese Grundsätze und die entsprechenden bewährten Verfahren über die Grenzen der EU hinaus zu fördern;

8.

weist darauf hin, dass die ÖPP durch ihr hohes Investitionsvolumen und ihre technische Komplexität sowie durch die langfristige Verpflichtung der Parteien gekennzeichnet sind; stellt fest, dass sie folglich ein angemessenes Maß sowohl an Flexibilität als auch an Verfahrensgarantien in Bezug auf Transparenz, Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung benötigen;

9.

weist darauf hin, dass es bei Infrastrukturprojekten (insbesondere solchen, die das Bauwesen, Umweltschutz und Telekommunikations- und Energienetze betreffen) eine Vielzahl von Risiken gibt und dass die Regierungen über ÖPP einen Teil des Risikos auf die privaten Auftragnehmer übertragen, sodass beide Seiten die Vorteile nutzen können, aber auch die Risiken und die Verantwortung für derartige Projekte teilen; betont, dass eine angemessene Risikoteilung wesentlich dazu beiträgt, die Kosten eines Projekts zu senken und seine erfolgreiche Durchführung und seine Tragfähigkeit sicherzustellen;

10.

weist darauf hin, dass die Erbringung hochwertiger, zugänglicher, kosteneffizienter Dienste für die Allgemeinheit innerhalb und außerhalb der Union wesentlich ist, damit ÖPP erfolgreich durchgeführt werden können und tragfähig sind; weist darauf hin, dass sich die komplexe Wahl von Modellen und Verträgen auf die Entwicklung der einzelnen Projekte auswirkt; weist warnend darauf hin, dass ÖPP mitunter lediglich dazu genutzt worden sind, rein formal den Zielen in Bezug auf das Haushaltsdefizit zu entsprechen; betont, dass ein angemessener institutioneller Rahmen benötigt wird, der politische Zusagen, eine verantwortungsvolle Verwaltung und angemessene Rechtsgrundlagen vereint, damit dafür gesorgt ist, dass mit ÖPP für bessere Dienstleistungen für die Bürger und eine große Reichweite gesorgt wird; betont in diesem Zusammenhang, dass das Profil und die bisherige Erfahrung der beteiligten Unternehmen angemessen bewertet werden müssen, um die Qualität der von ihnen erbrachten Dienstleistungen und die Frage zu bewerten, ob sie unternehmerisch verantwortungsvoll gehandelt haben;

Einbeziehung des Privatsektors in die Entwicklung

11.

betont, dass die Handels- und die Entwicklungspolitik der EU miteinander verknüpft sind und dass Artikel 208 des Vertrags von Lissabon den Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung einführt, gemäß dem bei der Durchführung politischer Maßnahmen, die sich auf die Entwicklungsländer auswirken können, den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit Rechnung getragen werden muss; weist darauf hin, dass es wichtig ist, die Investitionspolitik der Europäischen Union auf finanzielle Entscheidungen auszurichten, die eine reale Bewertung der sozialen Auswirkungen umfassen;

12.

betont, dass ÖPP als eine von mehreren Optionen im Hinblick auf die Förderung innovativer Lösungen und die Mobilisierung langfristiger privater finanzieller und inländischer Ressourcen für Entwicklungsziele zunehmend an Potenzial gewinnen, weil in Entwicklungsländern bei den Infrastrukturen sowie der Wasser- und Energieversorgung enorme Investitionen notwendig sind, die der öffentliche Sektor nicht allein bereitstellen kann, und betont, dass der Mehrzahl dieser Investitionen eine Beteiligung des privaten Sektors dienlich wäre; vertritt die Auffassung, dass durch ÖPP auch innovative Technologien und Geschäftsmodelle entstehen und Mechanismen aufgebaut werden können, um vom privaten Sektor Rechenschaftspflicht einzufordern; weist allerdings darauf hin, dass es in einigen Entwicklungsländern Fälle gab, bei denen bei der Beteiligung des privaten Sektors an ÖPP nicht die erwarteten Ergebnisse erzielt wurden; stellt fest, dass folglich technische Hilfe geleistet werden muss, um die rechtlichen und institutionellen Rahmen für den Aufbau von ÖPP zu stärken, insbesondere was die Kapazitäten zur angemessenen Bewertung, Planung und Beaufsichtigung der Durchführung solcher Projekte angeht, und um den öffentlichen Partnern die Möglichkeit zu geben, gegenüber Privatfirmen Anspruch auf Entschädigung zu erheben, wenn Verträge nicht erfüllt werden;

13.

stellt fest, dass öffentlich-private Partnerschaften in der Entwicklungsagenda an vorrangiger Stelle stehen und in Industrieländern ebenso wie in Entwicklungsländern bei Infrastrukturvorhaben zunehmend als Mittel zur Schließung der Finanzierunglücke propagiert werden;

14.

fordert die Kommission aufgrund ihrer Äußerungen, wonach sie den Einsatz von Zuschuss- und Darlehenskombinationen in den kommenden Jahren erheblich ausweiten möchte, auf, die Empfehlungen aus dem Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs zum Einsatz von Finanzierungskombinationen umzusetzen und das System zur Kombination von Darlehen und Zuschüssen insbesondere in Bezug auf Entwicklung und finanzielle Komplementarität, Transparenz und Rechenschaftspflicht zu bewerten;

15.

fordert die Einrichtungen der EU auf, Unternehmen aus der EU, die sich an ÖPP in Drittstaaten beteiligen, insbesondere in den am wenigsten entwickelten Ländern, nahezulegen, im Einklang mit den bestehenden Leitlinien der OECD gemäß dem Grundsatz der Politikkohärenz zu arbeiten, sodass die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit Berücksichtigung finden; fordert die Kommission auf, nachhaltige Investitionen zu fördern und langfristige Entwicklungsziele zu berücksichtigen, indem der langfristigen Entwicklung insbesondere lokaler Volkswirtschaften Vorrang eingeräumt wird, und Projekte zu fördern, deren Schwerpunkt beispielsweise auf dem Umweltschutz, der Eindämmung der Armut, der Bildung, der Abfallbehandlung oder der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen liegt;

16.

betont, dass ÖPP im Bereich der Entwicklungshilfe ein erfolgreiches Instrument zur Verwendung von EU-Mitteln sind, wobei gleichzeitig die Prioritäten der EU sowie die Kohärenz mit anderen Politikbereichen gefördert wird; fordert eine stärkere Beteiligung der Kommission an und Investitionen in ÖPP im Bereich Entwicklung sowie die Nutzung von ÖPP als Instrument zur Erweiterung des begrenzten Entwicklungshaushalts der Union;

17.

betont, dass private Investitionen und private Finanzmittel voraussichtlich der entscheidende Motor für nachhaltiges Wachstum sein werden, das für Entwicklungsländer in den nächsten Jahren auf rund 5 % prognostiziert wird; stellt fest, dass solche privaten Mittel zur Unterstützung der jeweiligen Volkswirtschaften und ihrer Unternehmen und zur Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze — und auf diese Weise zur Beseitigung der Armut — beitragen können, sofern die ausländischen Direktinvestitionen angemessen reguliert und mit konkreten Verbesserungen in der Wirtschaft der Partnerländer verknüpft werden, u. a. im Wege des Technologietransfers und von Schulungsmöglichkeiten für die einheimischen Arbeitskräfte; vertritt angesichts dessen die Auffassung, dass ÖPP den am wenigsten entwickelten Ländern zugutekommen können, weil bei dem unverhältnismäßig hohen Investitionsrisiko kein hinreichender Anreiz für private Investitionen besteht; betont, dass die künftigen ÖPP im Rahmen der Entwicklungsagenda für die Zeit nach 2015 auf die Eindämmung der Armut und andere Ziele für nachhaltige Entwicklung ausgerichtet sein und auf die nationalen Entwicklungspläne der Partnerstaaten abgestimmt werden sollten;

18.

weist darauf hin, dass ÖPP bei sinnvoller Struktur und effizienter Durchführung viele Vorteile, unter anderem Innovationen, mehr Effizienz in der Nutzung von Ressourcen sowie Qualitätssicherung und genaue Kontrolle, mit sich bringen können; weist darauf hin, dass ÖPP in Entwicklungsländern anhand ihrer Fähigkeit zur Erbringung von Resultaten für die Entwicklung beurteilt werden müssen und dass eine gerechte Verteilung der Risikolast zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor erforderlich ist; betont, dass ÖPP in Entwicklungsländern bislang zumeist auf die Bereiche Energie und Telekommunikation konzentriert sind, während privates Engagement für gesamtgesellschaftliche Infrastrukturen noch selten ist; befürwortet aus diesem Grund diejenigen Partnerschaften, die in erster Linie Ziele der nachhaltigen Entwicklung anstreben;

19.

fordert eine Ausweitung der technischen Unterstützung — unter Einschluss der Fortbildung für einheimisches Personal und der gemeinsamen Nutzung technischer Mittel — für die Regierungen der Partnerstaaten, um sie besser zu befähigen, ihre Eigenverantwortung bei ÖPP geltend zu machen und ihren Teil der Verantwortung für die Leitung von ÖPP-Projekten zu übernehmen, und zwar u. a. indem sie bei der Einrichtung von Bankensystemen und Steuerbehörden unterstützt werden, die für die Finanzverwaltung und die Verwaltung öffentlicher und privater Mittel sorgen können; weist darauf hin, dass bisherige Erfahrungen in einzelnen Fällen gezeigt haben, dass schlecht ausgehandelte Partnerschaftsverträge zur Staatsverschuldung beitragen können, und fordert, dass der Rechtsrahmen für verantwortbare Finanzierungstätigkeit geschaffen wird; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob den Entwicklungsländern technische Hilfe und Beratung dazu angeboten werden kann, wie sie die EU-Normen auf ihrem Markt einführen und umsetzen können;

20.

unterstützt entschieden die wirksame und umfassende Verbreitung und Umsetzung der Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte innerhalb und außerhalb der EU und betont, dass alle erforderlichen politischen und gesetzgeberischen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Lücken bei der wirksamen Umsetzung der Leitprinzipien — auch im Bereich Zugang zur Justiz — zu schließen;

21.

betont, dass Entwicklungseinrichtungen sicherstellen müssen, dass öffentliche Entwicklungsgelder zur Unterstützung der einheimischen Wirtschaftsorganisationen in Entwicklungsländern eingesetzt und nicht in die Förderung von den Geberländern zugehörigen privaten Unternehmen und multinationalen Konzernen umgeleitet werden; betont insbesondere, dass öffentlich-private Partnerschaften das Ziel des Kapazitätsaufbaus bei einheimischen Kleinstunternehmen und KMU verfolgen sollten;

22.

erinnert daran, dass die Europäische Union sich verpflichtet hat, für die Gleichstellung der Geschlechter einzutreten und den Gleichstellungsaspekt in ihrem gesamten Handeln zu berücksichtigen; fordert, dass der Gleichstellungsaspekt in die Planung und Realisierung von öffentlich-privaten Partnerschaften einbezogen wird, beispielsweise durch Verwendung von nach Geschlechtern aufgeschlüsselten Daten und Analysen im Hinblick auf gezielte Investitionen und dadurch, dass in Verträgen zentrale Leistungsindikatoren in Bezug auf Vorteile für Frauen aufgestellt werden; fordert in diesem Zusammenhang eine verstärkte Unterstützung für örtliche KMU, besonders für Unternehmerinnen, damit sie die Vorteile eines durch den privaten Sektor generierten Wachstums genießen können;

Potenzielle Instrumente, die EU-Unternehmen die Beteiligung an ÖPP außerhalb der EU ermöglichen

23.

fordert die Kommission auf, darauf hinzuarbeiten, in der Welthandelsorganisation und bei laufenden bilateralen Verhandlungen mit Drittstaaten international wesentliche Marktzugangsverpflichtungen zu erreichen, die auf einer positiven Gegenseitigkeit beruhen, die dem internationalen Wettbewerb förderlich ist, um der Asymmetrie des Grades der Öffnung der Märkte für öffentliche Aufträge, die zwischen der EU und anderen Handelspartnern besteht, abzuhelfen; fordert die Kommission auf, darauf hinzuarbeiten, alle bürokratischen, verfahrensbezogenen und technischen Hemmnisse, die für eine Beteiligung von Unternehmen aus der EU an ÖPP in Drittstaaten bestehen, auszuräumen;

24.

fordert die Kommission auf, sich bei der Aushandlung von Handels- und Investitionsabkommen mit anderen Ländern dafür einzusetzen, dass die für EU-Unternehmen, insbesondere KMU, bestehenden Hindernisse beseitigt werden, sodass sie ÖPP in diesen Ländern eingehen und die berufliche Mobilität von EU-Bürgern in Richtung dieser Staaten fördern können und in die Lage versetzt werden, auf gleicher Basis mit inländischen Unternehmen und Unternehmen aus Drittländern zu konkurrieren;

25.

fordert die Kommission auf, die Tätigkeit von Unternehmen aus der EU im Ausland zu überwachen und aus erfolgreichen Vorgängen und Modellen sowie aus bewährten Verfahren Konsequenzen zu ziehen und entsprechende Leitlinien auszuarbeiten sowie in Betracht zu ziehen, virtuelle Dokumentationsstellen oder Beobachtungsstellen zu schaffen, um EU-Unternehmen und insbesondere KMU den Zugang zu Informationen über Möglichkeiten der Beteiligung an ÖPP zu erleichtern; fordert die Kommission auf, die Schaffung von nutzerfreundlicher Plattformen und Netzen zu fördern und in diesem Zuge einen strukturierten Dialog zwischen den Interessenträgern zu unterstützen und technische Unterstützung zu leisten, was den rechtlichen Rahmen und die absehbaren Herausforderungen angeht; fordert die Kommission auf, eine Studie zu den Auswirkungen der Freihandelsabkommen der Union und ihrer Umsetzung auf den Zugang von EU-Unternehmen zu ÖPP im Ausland durchzuführen; ist der Auffassung, dass sich aus einer solchen Studie Einblicke in die konkreten Auswirkungen von Freihandelsabkommen auf den Bereich ÖPP ergeben können und dabei ermittelt werden könnte, welche Hemmnisse es noch auszuräumen gilt;

26.

fordert die Kommission auf, die Anwendung eindeutiger und umfassender Rechnungslegungsvorschriften auf internationaler Ebene zu fördern, um die Unsicherheiten zu verringern, die mit ÖPP einhergehen, dabei allerdings gleichzeitig eine solide Haushaltspolitik und nachhaltige Projekte zu fördern;

27.

fordert die Kommission auf sicherzustellen, dass auch von der EU unterstützte Einrichtungen wie die Exekutivagentur für kleine und mittlere Unternehmen (EASME) und das Enterprise Europe Network (EEN) Zugang zu Informationen darüber haben, wie ÖPP in Drittländern eingegangen werden können und die Beteiligung von KMU an ÖPP in Drittländern gefördert werden kann, und dass sie die Möglichkeit erhalten, derartige Informationen mit den KMU auszutauschen;

28.

betont, dass es von höchster Bedeutung ist, ausreichende Sicherheiten dafür zu bieten, dass diese langfristigen Investitionen mit einem übersichtlichen, stabilen und sicheren Umfeld mit einer verantwortungsvollen Verwaltung, Rechtssicherheit, Transparenz, Gleichbehandlung, Diskriminierungsfreiheit und wirksamen Streitbeilegungsverfahren einhergehen, wenn grenzüberschreitend Mittel des privaten Sektors für ÖPP gewonnen werden sollen; fordert die Kommission und den Rat auf, diesbezüglich in den einschlägigen internationalen Foren und in internationalen Finanzinstitutionen zusammenzuarbeiten, damit dafür gesorgt ist, dass der in diesem Bereich notwendige Rechtsrahmen überhaupt gegeben sowie transparent, wirksam und kosteneffizient ist;

ÖPP außerhalb der EU: neue Arbeitsplätze und Wachstumsmöglichkeiten für EU-Unternehmen

29.

ist überzeugt, dass eine zunehmende Beteiligung von EU-Unternehmen an großen internationalen ÖPP einen wesentlichen Nutzen in Bezug auf die Schaffung von menschenwürdigen Arbeitsplätzen, Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit, technologische Kapazitäten und weitere Innovationen in der EU herbeiführen könnte; weist darauf hin, dass die positive Verbindung zwischen Internationalisierung und Innovation in Bezug auf Produkte, Dienstleistungen und Verfahren in der Studie der Kommission mit dem Titel „Internationalisation of European SMEs“ (Internationalisierung europäischer KMU) von 2010 hervorgehoben wird;

30.

betont, dass bei der Arbeit in diesem Bereich insbesondere die Herausforderungen von KMU mit Sitz in der EU beim Wettbewerb auf den internationalen Märkten im Rahmen von ÖPP berücksichtigt werden müssen, und dass dafür gesorgt werden muss, dass KMU in der Praxis auch wirklich einen gerechten Zugang erhalten; betont in diesem Zusammenhang, dass es spezifischer Vorschriften bedarf, in deren Rahmen Cluster und Bietergemeinschaften von KMU sowie der Rückgriff auf offene und transparente Unterauftragsketten möglich sind; ist der Auffassung, dass KMU darin bestärkt werden sollten, sich entweder als Unterauftragnehmer oder als Teil eines Konsortiums an Ausschreibungen zu beteiligen;

31.

weist auf die Errungenschaften hin, die in der EU durch die Heranziehung von ÖPP beim Ausbau der Infrastruktur und in führenden Bereichen der Technologie, der Forschung, des E-Learning und in anderen Bereichen, die einen hohen Mehrwert aufweisen, erlangt worden sind, und legt der Kommission nahe, zu ermitteln, mit welchen Projekten in der EU die besten Ergebnisse erzielt wurden, und EU-Unternehmen aller Art, insbesondere KMU, dabei zu unterstützen, sich an derartigen Unternehmungen im Ausland zu beteiligen;

o

o o

32.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und der Europäischen Investitionsbank zu übermitteln.


(1)  ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 1.

(2)  ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65.

(3)  ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243.

(4)  ABl. C 56 E vom 26.2.2013, S. 87.

(5)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0050.

(6)  ABl. C 313 E vom 20.12.2006, S. 447.

(7)  http://www.oecd.org/governance/budgeting/PPP-Recommendation.pdf.

(8)  http://www.oecd.org/daf/anti-bribery/ConvCombatBribery_ENG.pdf.

(9)  www.unece.org/fileadmin/DAM/ceci/publications/ppp.pdf.

(10)  http://www.uncitral.org/pdf/english/texts/procurem/pfip/guide/pfip-e.pdf.

(11)  http://api.ning.com/files/Iumatxx-0jz3owSB05xZDkmWIE7GTVYA3cXwt4K4s3Uy0NtPPRgPWYO1lLrWaTUqybQeTXIeuSYUxbPFWlysuyNI5rL6b2Ms/PPPReferenceGuidev02Web.pdf.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/25


P8_TA(2015)0251

Der Obst- und Gemüsesektor seit der Reform von 2007

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zum Obst- und Gemüsesektor seit der Reform von 2007 (2014/2147(INI))

(2017/C 265/04)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Bericht der Kommission über die Durchführung der Bestimmungen zu Erzeugerorganisationen, Betriebsfonds und operationellen Programmen im Obst- und Gemüsesektor seit der Reform von 2007 (COM(2014)0112),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 16. Juni 2014 zum zuvor genannten Bericht der Kommission,

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 2014 zur Zukunft des Wirtschaftszweigs Gartenbau in Europa: Wachstumsstrategien (2),

unter Hinweis auf die Studie zum Thema des Obst- und Gemüsesektors in der EU: Überblick und GAP-Perspektive nach 2013, die 2011 unter Federführung des Europäischen Parlaments erstellt wurde,

unter Hinweis auf die zwei Studien zu neuen Bestimmungen für den Obst- und Gemüsesektor der EU, die von der Assemblée des Régions Européennes Légumières et Horticoles (AREFLH) bzw. der Universität Wageningen für einen am 22. Januar 2015 veranstalteten Workshop des Europäischen Parlaments erstellt wurden,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Gegen unlautere Handelspraktiken zwischen Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette“ (COM(2014)0472),

unter Hinweis auf die 2014 unter Federführung des Europäischen Parlaments erstellte Studie mit dem Titel „Vergleichende Analyse der im US-Agrargesetz von 2014 und in der GAP 2014-2020 unterstützten Risikomanagementinstrumente“,

gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie die Stellungnahme des Haushaltskontrollausschusses (A8-0170/2015),

A.

in der Erwägung, dass die Politik der Union für den Obst- und Gemüsesektor seit den 1990er-Jahren auf die Stärkung der Rolle von Erzeugerorganisationen (EO) ausgerichtet ist;

B.

in der Erwägung, dass die Erzeugerorganisationen im Obst- und Gemüsesektor (EO) mit der Reform von 2007 dadurch gestärkt werden sollten, dass ihnen eine breitere Palette von Instrumenten unter anderem zur Prävention und Bewältigung von Marktrisiken zur Verfügung gestellt wurde, und dass außerdem das Angebot aufgewertet und konzentriert werden sollte, die Qualität und die Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden sollten, das Angebot an den Markt angepasst und technische Unterstützung für eine umweltfreundliche Produktion geleistet werden sollte;

C.

in der Erwägung, dass die Erzeugerorganisationen im Vergleich zu privaten Wirtschaftsunternehmen einer Reihe von Einschränkungen unterliegen, beispielsweise bei der Nutzung von Investitionen, die mit der Ertragsstruktur zusammenhängen, oder bei dem Erfordernis von Verkäufen;

D.

in der Erwägung, dass der Obst- und Gemüsesektor aufgrund seiner großen Bedeutung für die Wertschöpfung, die Beschäftigung und — im Rahmen einer gesunden und ausgewogenen Ernährung — die Gesundheit auf dem gesamten Hoheitsgebiet der Union unterstützt werden muss;

E.

in der Erwägung, dass die Unterstützung von EO und von Vereinigungen von Erzeugerorganisationen (EO-Vereinigungen) auf EU-Ebene darauf abzielt, die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors zu stärken, Innovation zu fördern, die Produktivität zu erhöhen, die Absatzförderung zu unterstützen, die Verhandlungsposition von Landwirten zu verbessern und das Gleichgewicht in der Lebensmittelversorgungskette wiederherzustellen, während gleichzeitig auch ökologische Belange in die Produktion und Vermarktung von Obst und Gemüse eingeführt werden sollen und die Lage einzelner Erzeuger angemessen berücksichtigt werden soll;

F.

in der Erwägung, dass Anreize für Zusammenschlüsse von EO und von Vereinigungen von Erzeugerorganisationen (EO-Vereinigungen) und für die länderübergreifende Zusammenarbeit gesetzt wurden, um so die Verhandlungsposition von EO innerhalb der Vertriebskette zu stärken;

G.

in der Erwägung, dass die meisten Obst- und Gemüseerzeuger auf EU-Ebene Betriebe kleiner oder mittlerer Größe sind;

H.

in der Erwägung, dass die EO einer im Jahr 2011 für das Europäische Parlament erstellten Studie über die Obst- und Gemüseregelung zufolge gefördert werden sollten, da kollektive Maßnahmen auf Erzeugerebene und eine effektive Abstimmung innerhalb der Kette Voraussetzungen für jede erfolgreiche Strategie für die Bewältigung rückläufiger relativer Erzeugerpreise seien;

I.

in der Erwägung, dass EO und EO-Vereinigungen im Obst- und Gemüsesektor einen Betriebsfonds für die Finanzierung von von den Mitgliedstaaten genehmigten operationellen Programmen einrichten können;

J.

in der Erwägung, dass diese Fonds aus Beiträgen der Mitglieder der EO oder der EO selbst und aus der finanziellen Beihilfe der EU gespeist werden und dass diese Kofinanzierung einen Multiplikatoreffekt auslöst, das Engagement der Empfänger fördert und dazu beiträgt, dass sie die Finanzmittel sinnvoll einsetzen;

K.

in der Erwägung, dass im Rahmen der vormaligen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) den durch die Reform von 2013 abgeschafften Beihilfen zu Investitionen neu gegründeter EO im Obst- und Gemüsesektor insbesondere in den mittel-, ost- und südeuropäischen Mitgliedstaaten, in den Überseegebieten und auf den Inseln eine überragende Bedeutung zukam;

L.

in Erwägung

a)

der Steigerung des Organisationsgrads (der Marktanteil des von EO und EO-Vereinigungen in Verkehr gebrachten Obsts und Gemüses nahm von 34 % im Jahr 2004 auf 43 % im Jahr 2010 zu);

b)

der höheren Attraktivität der EO (der Anteil der Obst- und Gemüseerzeuger, die Mitglied einer EO sind, nahm von 10,4 % im Jahr 2004 auf 16,5 % im Jahr 2010 zu); und

c)

der höheren Attraktivität der EO-Vereinigungen, die anhand des raschen Anstiegs der Zahl der EO-Vereinigungen in Verbindung mit der erheblichen Zunahme der Zahl und des Marktanteils von EO, die einer EO-Vereinigung angehören, nachgewiesen werden kann;

M.

in der Erwägung, dass diese Zahlen Durchschnittswerte für die Union als Ganzes sind, welche die stark divergierenden Situationen in den Mitgliedstaaten oder auch die höchst unterschiedliche Lage innerhalb einzelner Mitgliedstaaten widerspiegeln; in der Erwägung, dass diese Sachlage, die die unterschiedlichen Ausgangspositionen bei den Bemühungen um den Aufbau von EO wiedergibt, historischen Faktoren, die auf der mehr oder weniger ausgeprägten Bereitschaft der Landwirte, EO zu gründen, beruhen, der Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe, den unterschiedlichen Marktgegebenheiten und Verwaltungslasten, der Unzulänglichkeit der derzeit geleisteten Unterstützung und außerdem dem Umstand geschuldet ist, dass diese Branche in vielen Mitgliedstaaten von kleinen Erzeugern geprägt ist;

N.

in der Erwägung, dass die öffentliche Anhörung zu den politischen Optionen und zugehörigen Folgenabschätzungen, die von der Kommission zwischen dem 4. Juni und dem 9. September 2012 hinsichtlich der Überarbeitung der EU-Regelung für den Obst- und Gemüsesektor durchgeführt wurde, ergeben hat, dass mehrheitlich befürwortet wird, die bestehende Regelung — mit einzelnen Verbesserungen — weiterzuführen;

O.

in der Erwägung, dass die Erzeuger in den Regionen, in denen der Organisationsgrad in der Erzeugung höher ist, ein höheres Maß an Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit, Internationalisierung, Qualität und ökologischer Nachhaltigkeit erzielt haben;

P.

in der Erwägung, dass der Organisationsgrad bei Erzeugern im Durchschnitt nach wie vor gering und in manchen Mitgliedstaaten deutlich unter dem EU-Durchschnitt ist, auch wenn diese allgemeine Feststellung je nach dem Stand der Modernisierung in der Produktion und der Vermarktung in jeder Region differenziert gesehen werden kann; in der Erwägung, dass die Aussetzung und die Aberkennung von EO, die Unsicherheit unter den Erzeugern auslösen, einer der Faktoren sind, die zu diesem niedrigen Durchschnittswert beitragen;

Q.

in der Erwägung, dass die nationale finanzielle Unterstützung (Verordnung (EU) Nr. 1308/2013) zwar ein wichtiges Finanzierungsinstrument für die Konzentration des Angebots darstellt, ihre Wirksamkeit jedoch erhöht werden sollte;

R.

in der Erwägung, dass sich die Rolle der EO bei der Erschließung neuer Märkte, der Förderung des Verbrauchs oder bei Investitionen in Innovation ausgesprochen vorteilhaft auf den gesamten Obst- und Gemüsesektor auswirkt;

S.

in der Erwägung, dass der Obst- und Gemüsesektor in der EU 18 % des Gesamtwertes der landwirtschaftlichen Produktion ausmacht, dafür nur 3 % der Agrarflächen nutzt und einen Gesamtwert von mehr als 50 Mrd. EUR aufweist;

T.

in der Erwägung, dass der in der Lieferkette für Obst und Gemüse erzielte Umsatz auf mehr als 120 Mrd. EUR geschätzt wird, dass ca. 550 000 Menschen in dieser Branche beschäftigt sind und dass sie eine Multiplikatorrolle in der EU-Wirtschaft einnimmt, da sie sowohl Nachfrage generiert als auch die Wertschöpfung in anderen Wirtschaftszeigen fördert;

U.

in der Erwägung, dass die gesamte, für Obst und Gemüse genutzte landwirtschaftliche Fläche in der EU zwischen 2003 und 2010 um 6 % zurückgegangen ist, was darauf hindeutet, dass Landwirte auf andere Feldfrüchte umgestiegen sind oder auch — in vielen Fällen — aufgegeben haben; in der Erwägung, dass dieser Rückgang der Studie von AREFLH aus dem Jahr 2015 zufolge in Südeuropa ausgeprägter war als in Nordeuropa;

V.

in der Erwägung, dass das Produktionsvolumen von Obst und Gemüse in den letzten Jahren ebenfalls zurückgegangen ist, während sein realer Wert, der im Jahr 2012 48,25 Milliarden EUR betrug, bislang tendenziell konstant geblieben ist, und dass es trotzdem nicht gelungen ist, Ab-Hof-Preise zu erzielen, die den Produktionskosten und der Vergütung der Tätigkeit angemessen sind;

W.

in der Erwägung, dass der zurückgehende Verbrauch ein großes Problem für den Obst- und Gemüsesektor darstellt und in den vergangenen Jahren zu Produktionseinbußen geführt hat; in der Erwägung, dass Daten von Freshfel Europe darauf hinweisen, dass der Pro-Kopf-Verbrauch von frischem Obst und Gemüse in der EU-28 im Jahr 2012 bei 387 g pro Tag lag, was einem Rückgang von 8,7 % gegenüber dem Durchschnittswert für den Zeitraum von 2007 bis 2011 entspricht; in der Erwägung, dass dieser Rückgang offensichtlich den Langzeittrend hin zu einem höheren Verbrauch von verarbeiteten Lebensmitteln und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise widerspiegelt;

X.

in der Erwägung, dass 22 Millionen Kinder in der Europäischen Union unter Übergewicht leiden und Jugendliche im Durchschnitt nur 30 bis 50 % der empfohlenen Tagesration an Obst und Gemüse zu sich nehmen;

Y.

in der Erwägung, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine tägliche Mindestaufnahme von 400 g Obst und Gemüse zur Vorbeugung chronischer Krankheiten wie etwa Herzerkrankungen, Krebs, Diabetes und — besonders bei Kindern — Adipositas empfiehlt; in der Erwägung, dass diese Empfehlung bislang nur in vier Mitgliedstaaten der EU umgesetzt wird;

Z.

in der Erwägung, dass die EU im Jahr 2012 ein Handelsbilanzdefizit im Obst- und Gemüsesektor verzeichnet hat, was größtenteils dem Umstand geschuldet ist, dass aufgrund der hohen Produktionskosten deutlich mehr Obst ein- als ausgeführt wird;

AA.

in der Erwägung, dass in der Studie von AREFLH aus dem Jahr 2015 darauf hingewiesen wird, dass der EU-Markt vergleichsweise offen für Einfuhren ist, während europäische Ausfuhren auf erhebliche tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse bei Handelspartnern stoßen, die verhindern, dass sich die Ausfuhren diversifizieren; in der Erwägung, dass Einfuhren aus Drittstaaten zwar im direkten Wettbewerb mit ähnlichen EU-Erzeugnissen stehen, mitunter bei ihrem Anbau jedoch nicht dieselben Umwelt-, Lebensmittelsicherheit- und Sozialstandards angewendet werden;

AB.

in der Erwägung, dass Marktkrisen im Obst- und Gemüsesektor häufig auftreten, da sogar geringe Produktionsüberschüsse ein Grund für stark fallende Erzeugerpreise sein können; in der Erwägung, dass Obst und Gemüse größtenteils verderblich ist und daher schnell verkauft werden muss, wodurch sich Landwirte in diesem Sektor in einer strukturell schwachen Verhandlungsposition gegenüber großen Einzelhändlern und verarbeitenden Betrieben befinden;

AC.

in der Erwägung, dass die durch das russische Einfuhrverbot verursachte Krise bereits erhebliche negative Auswirkungen auf den Obst- und Gemüsesektor hatte, die weiter andauern werden, und dass die Obst- und Gemüseerzeuger mit die größten Einbußen erlitten haben; in der Erwägung, dass die große Bedeutung starker EO, die so aufgestellt sind, dass sie kollektiv mit unerwarteten und nachteiligen Situationen umgehen können, hervorgehoben werden muss, wobei die EO hierzu über geeignete und der Brisanz der jeweiligen Krise angepasste EU-Instrumente verfügen müssen oder gegebenenfalls die in der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vorgesehenen außergewöhnlichen Maßnahmen ergriffen werden müssen;

AD.

in der Erwägung, dass die Kommission in ihrem Bericht einräumt, dass von den Krisenpräventionsinstrumenten der Obst- und Gemüseregelung seit der Reform von 2007 nur in geringem Ausmaß Gebrauch gemacht wurde und dass sich diese Instrumente als unzureichend dafür erwiesen haben, die Folgen schwerer Krisen wie der EHEC-Krise oder der derzeitigen durch das Embargo Russlands verursachten Krise abzumildern; in der Erwägung, dass diese Instrumente — abgesehen von den Marktrücknahmen — aufgrund der unklaren Bestimmungen verwaltungstechnisch kaum umzusetzen sind;

AE.

in der Erwägung, dass das Schulobstprogramm, in dessen Rahmen eine Reihe lokaler und jahreszeitlicher Obst- und Gemüsesorten genutzt werden, auf Interesse gestoßen und erfolgreich ist;

AF.

in der Erwägung, dass die Möglichkeit, Kapital- und Zinsrückzahlungen auf Kredite, die zur Finanzierung von Krisenpräventions- und -bewältigungsmaßnahmen aufgenommen wurden, im Rahmen der operationellen Programme für eine finanzielle Förderung durch die Union in Betracht zu ziehen, ein wichtiges Instrument für die Bewältigung von Marktunsicherheiten darstellt;

AG.

in der Erwägung, dass die Kommission in ihrem Bericht die Komplexität der Vorschriften und die mangelnde Rechtssicherheit als Schwächen der aktuellen Obst- und Gemüseregelung identifiziert; in der Erwägung, dass Kommissionsmitglied Hogan zugesagt hat, die Regelung im ersten Jahr seiner Amtszeit zu verbessern und dabei die kulturellen Unterschiede und die unterschiedlichen Marktrealitäten der einzelnen Mitgliedstaaten und das Erfordernis der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovationskraft des Sektors zu berücksichtigen;

AH.

in der Erwägung, dass die Studie der Universität Wageningen zu dem Schluss gelangt, dass unterschiedliche Auslegungen der EU-Durchführungsbestimmungen zu Rechtsunsicherheit bei nationalen Verwaltungsbehörden und EO geführt haben, wodurch ein höherer Verwaltungsaufwand, die Angst vor der Übernahme von Risiken und Negativanreize für die Gründung von EO ausgelöst wurden;

AI.

in der Erwägung, dass für das Funktionieren der Obst- und Gemüseregelung eindeutige und berechenbare Prüfverfahren erforderlich sind; in der Erwägung, dass Überschneidungen im Rahmen aufeinanderfolgender Prüfungen vermieden und Folgeprüfungen erst dann vorgenommen werden sollten, wenn im Rechnungsabschluss ein endgültiger Beschluss über eine vorherige Prüfung gefasst wurde, damit sich die Mitgliedstaaten nicht größerem Korrekturbedarf als unbedingt nötig gegenübersehen;

AJ.

in der Erwägung, dass in der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse bereits einige Aspekte aus der Mitteilung der Kommission berücksichtigt wurden und dass die derzeit in der Europäischen Union gültige Regelung konsolidiert werden muss;

AK.

in der Erwägung, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein entscheidender Aspekt bei der Verringerung der Rechtsunsicherheit der Obst- und Gemüseregelung sein und dafür gesorgt werden sollte, dass eine EO nicht aufgrund von Verstößen einzelner Mitglieder in ihrer Gesamtheit beeinträchtigt wird;

AL.

in der Erwägung, dass EO häufig Schwierigkeiten bei der Suche und Ausbildung von Führungskräften mit den erforderlichen Kompetenzen für die Durchführung kommerzieller Tätigkeiten im wettbewerbsorientierten Umfeld der Agrarindustrie haben; in der Erwägung, dass die Ausgaben von EO für Ausbildungs- und Beratungsleistungen dem Bericht der Kommission zufolge bislang niedrig sind;

AM.

in der Erwägung, dass die landwirtschaftliche Bevölkerung in der EU-28 rasch altert und dass auf neun Landwirte im Alter von über 55 Jahren nur ein Landwirt von unter 35 Jahren kommt;

1.

begrüßt den Bericht der Kommission, in dem ein ausgewogenes Bild der Entwicklung der Obst- und Gemüseregelung seit der Reform von 2007 gezeichnet wird, die Richtigkeit der grundlegenden Organisationsstruktur in diesem Sektor bekräftigt wird, die Bereiche, in denen bereits Fortschritte erzielt wurden — wie beispielsweise der verstärkte Zusammenschluss von EO mit der damit verbundenen besseren Stellung des Sektors in der Lebensmittelversorgungskette –, ermittelt werden und auch auf anhaltende Probleme hingewiesen wird;

2.

vertritt die Auffassung, dass die — markttechnisch betrachtet — negativen Auswirkungen der Einschränkungen für die Erzeugerorganisationen mit Beihilfen ausgeglichen werden müssen;

3.

begrüßt die Maßnahmen im Rahmen der Obst- und Gemüseregelung der EU, mit denen die Marktausrichtung der EU-Erzeuger verbessert und Innovationen sowie der Obst- und Gemüseanbau gefördert und die Wettbewerbsfähigkeit der Erzeuger und die Vermarktung, die Produktqualität und die Umweltbilanz der Erzeugung verbessert werden sollen, indem EO und EO-Vereinigungen unterstützt und Branchenverbände anerkannt werden und die Bildung von Clustern gefördert wird, sodass neue Einkommensströme für neue Investitionen generiert werden;

4.

begrüßt, dass die Obst- und Gemüseregelung in der neuen GAP beibehalten wird, und stellt gleichzeitig fest, dass sich die vorhandenen Instrumente bislang nicht immer als wirksam erwiesen haben, wie die Kommission in ihrem Papier für die öffentliche Anhörung mit dem Titel „Überarbeitung der EU-Regelung für den Obst- und Gemüsesektor“ einräumt; befürwortet daher die Arbeit der „Newcastle Group“, mit der die Obst- und Gemüseregelung verbessert werden soll und die die Besonderheiten der gesetzlichen Bestimmungen für Genossenschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten berücksichtigen sollte, damit die Bildung neuer EO nicht eingeschränkt und gleichzeitig der Tatsache Rechnung getragen wird, dass wahrscheinlich nicht alle Erzeuger in eine EO eintreten wollen;

5.

fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen um die Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette zu verstärken, da diese Praktiken den Erlös der Erzeuger beeinträchtigen, Einkommen senken und die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit des Sektors gefährden; ist der Auffassung, dass die unlauteren Handelspraktiken und der Druck der großen Einzelhandelsketten auf die Erzeuger — unabhängig davon, ob sie einer Organisation angehören oder nicht — die größten Hindernisse für ein angemessenes Einkommen von Obst- und Gemüsebauern darstellen; stellt fest, dass der Umstand, dass ihre Erzeugnisse verderblich sind, ihre Stellung noch weiter schwächt; vertritt die Ansicht, dass die genannten Probleme wie zum Beispiel die Stilllegung von Flächen oder die Überalterung bei den aktiven Landwirten nur gelöst werden können, wenn mit der Erzeugung Erlöse erzielt werden, die dafür ausreichen, die Zukunft des Berufsstandes zu sichern und junge Arbeitskräfte zu gewinnen;

6.

fordert die Kommission auf, eindeutige EU-Bestimmungen für die Grundsätze der guten Praxis in der Lebensmittelversorgungskette festzulegen, damit die Bestimmungen über unlautere Handelspraktiken einheitlich ausgelegt werden;

7.

fordert die Kommission auf, Maßnahmen zur Förderung der Direktvermarktung der Erzeugnisse von EO zu unterstützen; vertritt die Auffassung, dass sich der Direktverkauf als Alternative zu großen Einzelhandelsketten und zu den Werten anbietet, die diese mit Blick auf den Bezug zu Lebensmitteln, Landwirtschaft und Umwelt vermitteln; ist der Ansicht, dass die Preise im Falle der Direktvermarktung niedriger gehalten werden können als bei den großen Einzelhandelsketten, da Zwischenhändler und die Kosten für Logistik wegfallen; vertritt die Auffassung, dass mit der kürzeren Versorgungskette somit angemessene Einkünfte für die Landwirte sichergestellt werden und unlautere Handelspraktiken bekämpft werden können;

8.

stellt fest, dass viele Mitgliedstaaten Maßnahmen eingeführt haben, um gegen unlautere Handelspraktiken vorzugehen, und fordert ein abgestimmtes Vorgehen auf EU-Ebene, um die Funktion des Binnenmarkts für Agrarerzeugnisse zu stärken;

9.

betont, dass die europäischen Qualitätsstandards für frisches Obst und Gemüse aufrechterhalten werden müssen, damit in der gesamten Versorgungskette eine gleichbleibend hohe Qualität für den Endverbraucher sichergestellt werden kann;

10.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, deutlich zu machen, wie Artikel 209 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse angewendet werden und somit eine größere Rechtssicherheit in der Frage geschaffen werden soll, wie die Ziele von Artikel 39 AEUV unter uneingeschränkter Beachtung von Artikel 101 AEUV im Bereich Wettbewerb verwirklicht werden können;

11.

stellt fest, dass der Organisationsgrad des Sektors, gemessen am Anteil der von EO vermarkteten Obst- und Gemüseproduktion am Gesamtwert, in den letzten Jahren in der EU insgesamt stetig gewachsen ist, dieser Anstieg jedoch nur einigen der Mitgliedstaaten zugeschrieben werden kann;

12.

betont, dass der Organisationsgrad unter Erzeugern trotz dieses Anstiegs im Durchschnitt nach wie vor gering und in manchen Mitgliedstaaten deutlich unter dem EU-Durchschnitt ist und dass die Bewältigung dieses Problems nicht zuletzt durch den Ausgleich erheblicher regionaler Ungleichgewichte für die Zukunft der Obst- und Gemüseregelung von entscheidender Bedeutung ist; betont ferner, dass die Komplexität der Regelungen für EO, die in manchen Mitgliedstaaten zur Aussetzung und Aberkennung des Status als EO geführt hat, auch ein Grund für diesen niedrigen Organisationsgrad ist; fordert die Kommission daher auf, diesem Rückgang entgegenzuwirken, indem sie die Regelungen für EO vereinfacht und der Beitritt somit für die Erzeuger attraktiver wird;

13.

weist darauf hin, dass der Organisationsgrad in diesem Sektor erhöht werden muss, wobei zu berücksichtigen ist, dass dieser Grad in den Gegenden, in denen die Produktion und die Vermarktung moderner und stärker exportorientiert sind, deutlich höher ist als in den Ländern, die viele Jahre lang keine Gelegenheit hatten, die Betriebsfonds einzusetzen;

14.

ist der Ansicht, dass unbedingt die Einführung von Instrumenten für die Krisenbewältigung in Betracht gezogen werden und dass es möglich sein muss, die erfolgreichen Initiativen bestimmter EO in diesem Bereich eindeutig zu ermitteln, damit sie überall dort, wo dies möglich ist, nachgeahmt werden können; fordert die Kommission zu diesem Zweck auf, das Wissen und die Kenntnisse dieser wegweisenden EO zu fördern;

15.

weist darauf hin, dass die EO Instrumente sind, die den Erzeugern zur Verfügung gestellt werden, damit sie sich kollektiv auf dem Markt organisieren können, um ihr Einkommen zu schützen, und dass die EO insbesondere in den Produktionsbereichen sinnvoll sind, die ihre Erzeugnisse auf Verbrauchermärkten vermarkten, aber von bestimmten Erzeugern oder für bestimmte lokale Märkte oder Nischenmärkte selten genutzt werden;

16.

betont in diesem Zusammenhang, dass es wichtig ist, das Gesamtausmaß der Unterstützung für EO zu erhöhen und stärkere Anreize sowohl für den Zusammenschluss bestehender EO zu EO-Vereinigungen als auch die Gründung neuer EO auf nationaler und internationaler Ebene zu setzen, und fordert gleichzeitig, dass die Verwendung der für die Gründung neuer EO gewährten Finanzmittel überwacht wird, damit diese Mittel auch wirklich so genutzt werden, dass sie das Einkommen der angeschlossenen Erzeuger erhöhen;

17.

hält es für bedauerlich, dass der Organisationsgrad in EO in einigen Mitgliedstaaten äußerst niedrig ist, und empfiehlt den Mitgliedstaaten, vorrangig darauf hinzuwirken, dass die Verbände landwirtschaftlicher Erzeuger gefördert werden; fordert die Kommission auf, die Besonderheiten der Mitgliedstaaten zu analysieren, in denen der Organisationsgrad der Erzeuger niedrig ist;

18.

fordert in diesem Zusammenhang die Kommission auf, die Beihilfen für Investitionen neu gegründeter EO im Obst- und Gemüsesektor wieder einzuführen; ist der Ansicht, dass es den ins Leben gerufenen Organisationen ohne diese Beihilfen außerordentlich schwerfällt, die für ihre Tätigkeit notwendige staatliche Anerkennung zu erhalten; vertritt folglich die Auffassung, dass diese Beihilfen eines der wirkungsvollsten Instrumente zur Förderung solcher Organisationen und zur Erhöhung des Organisationsgrads sind;

19.

fordert die Kommission auf, im Rahmen der Vereinfachung der GAP die Wirksamkeit der Erzeugerorganisationen mit Blick auf die Konzentration des Angebots weiter zu verstärken, wobei der Schwerpunkt auf der zentralen kaufmännischen Rolle der Erzeugerorganisationen in der Versorgungskette des Obst- und Gemüsesektors liegen sollte;

20.

hält es für geboten, die EO, die die Aufnahme junger Landwirte beschließen, bevorzugt zu behandeln; unterstreicht, dass die EO eine Chance für die Förderung des Generationenwechsels in der Landwirtschaft bieten können;

21.

fordert die Kommission auf, für eine rasche und einheitliche Umsetzung der in der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 enthaltenen Bestimmungen über Obst und Gemüse einerseits und über Erzeugerorganisationen und Branchenverbände andererseits zu sorgen;

22.

bekundet erneut seine tiefe Besorgnis darüber, dass derzeit nur 7,5 % der Landwirte in der EU jünger als 35 Jahre sind, und ist der Überzeugung, dass gut funktionierende EO, die für junge Menschen attraktiv sind, dazu beitragen können, diesen untragbaren demografischen Trend umzukehren;

23.

betont, dass Anreize für ein höheres Maß an Forschung und Innovation in den EO geschaffen werden müssen; weist darauf hin, dass ein höheres Maß an Innovation die EO in die Lage versetzen wird, wettbewerbsfähiger zu werden und die gefährlichen Bakterien, die der europäischen Landwirtschaft schaden, zu bekämpfen;

24.

hält es für geboten, die EO bei der Steigerung ihrer Ausfuhren und der Beteiligung an der Erschließung neuer Märkte außerhalb der EU zu unterstützen;

25.

ist der Ansicht, dass die Attraktivität der Erzeugerorganisationen erhöht werden muss, indem die administrativen Hindernisse abgebaut werden, die Unterstützung dieser Gruppierungen durch die Europäische Union ausgeweitet wird und die Mechanismen für die Krisenbewältigung verbessert werden;

26.

fordert die Kommission mit Nachdruck auf, in ihrer anstehenden Überprüfung der Durchführungsbestimmungen und als Teil ihrer „Vereinfachungs-“Agenda die Rechtssicherheit für nationale Verwaltungen, EO und EO-Vereinigungen zu erhöhen sowie den ihnen zufallenden Verwaltungsaufwand zu verringern; betont, dass diese Überprüfung nicht die grundlegende Struktur der Obst- und Gemüseregelung verändern oder sich nachteilig auf die Interessen bzw. Einnahmen der Erzeuger des Sektors auswirken sollte;

27.

weist mit Besorgnis darauf hin, dass die Regelungen für EO den Prüfern der Kommission eine große Interpretationsfreiheit lassen, was ein hohes Maß an Unsicherheit nach sich zieht und Mitgliedstaaten dem Risiko der Aberkennung und der richterlichen Kontrolle aussetzt; betont überdies, dass Prüfverfahren und Finanzkorrekturen schneller und innerhalb eines vereinbarten Prüfzeitraums ausgeführt werden müssen;

28.

fordert die Kommission auf, den Verfahrenszeitraum, in dem die Konformitätsprüfungen durchgeführt werden, erheblich zu verkürzen;

29.

fordert die Kommission auch im Interesse einer besseren Rechtssicherheit der Regelung auf, die Kontrollen zu vereinheitlichen und den Schwerpunkt auf die Überwachung der tatsächlichen Ausführung jeder innerhalb des operationellen Programms genehmigten Aktion oder Maßnahme und der jeweiligen dafür vorgesehenen Kosten zu legen und eindeutig vorzugeben, was kontrolliert wird und wer für die Kontrolle zuständig ist;

30.

fordert die Kommission auf, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf Strafen anzuwenden und dafür zu sorgen, dass die Prüfungen innerhalb einer festgelegten Frist abgeschlossen werden, um die Rechtssicherheit für EO und ihre Mitglieder zu verbessern;

31.

betont, dass die Bedingungen für die Anwendung der Unterstützungsregelung und die Begründung von Anträgen übertrieben, unpräzise und zahlreichen Kontrollen verschiedener Verwaltungsbehörden unterworfen sind, die oft weder kohärent noch präzise sind, und dass dies dazu führt, dass manche Kategorien von Partnern aus der Regelung ausscheiden bzw. manche EO beschließen, keine operationellen Programme einzureichen; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die EU-Vorschriften über die Anerkennung von EO unbedingt verdeutlicht werden müssen, damit die Rechtssicherheit der Regelung sichergestellt ist und keine Unsicherheit bei den Erzeugern aufkommt;

32.

fordert die Kommission mit Nachdruck auf, die Regelung für die Gründung internationaler (Vereinigungen von) EO und insbesondere die Vorschriften über die Verantwortung und Haftung zu konkretisieren, um für die betroffenen nationalen Verwaltungen und EO Rechtssicherheit zu schaffen;

33.

fordert eine Erweiterung des Aufgabenbereichs der Branchenverbände insbesondere in den allgemeinen Bereichen Kommunikation und Information sowie bei der Verbraucheraufklärung und insbesondere der Ernährungserziehung;

34.

betont die Rolle der Branchenverbände bei der Verbesserung des brancheninternen Dialogs;

35.

ist besorgt darüber, dass die größten EO — die EO mit einem Umsatz von mehr als 20 Mio. EUR, also rund 18 % aller EO — etwa 70 % der finanziellen Unterstützung der EU erhalten;

36.

ist der Auffassung, dass der Abbau von Komplexität, auch was die Vorschriften für die Gründung neuer EO auf nationaler und internationaler Ebene betrifft, der erste Schritt sein sollte, um sie für Landwirte attraktiver zu machen, wobei hier jedoch die Struktur der EO nicht abgewertet und somit ihre Fähigkeit, sich wirksam auf dem Markt zu bewegen, nicht beeinträchtigt werden darf; fordert die Kommission auf, zusätzliche Maßnahmen zu ermitteln, um die Attraktivität von EO insbesondere in den Mitgliedstaaten, in denen der Organisationsgrad niedrig ist, zu erhöhen;

37.

fordert die Kommission auf, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit behutsam anzuwenden, indem sie dafür sorgt, dass nicht alle Mitglieder einer EO für Fehltritte Einzelner haften müssen;

38.

ist der Auffassung, dass jegliche Vereinfachung des Anerkennungsverfahrens nicht zum Schaden der einzelstaatlichen Vorschriften vorgenommen werden sollte, in denen die Voraussetzungen für EO im Obst- und Gemüsesektor wie beispielsweise für Genossenschaften festgelegt sind;

39.

fordert die Kommission auf, im Rahmen ihrer Überarbeitung der Obst- und Gemüseregelung die Verwaltungslast für EO zu verringern, indem die Halbzeitbewertung durch die nationalen Stellen abgeschafft wird; stellt fest, dass in diesen Bewertungen oft die von den nationalen Stellen in ihren Jahresberichten gestellten Fragen erneut aufgegriffen werden und die Bewertungen somit keinen offensichtlichen Nutzen haben; fordert die Kommission ferner auf, im Rahmen ihres Ziels zur Verringerung der Verwaltungslast die Menge an Informationen, die von den nationalen Stellen und den EO in den Jahresberichten gefordert werden, zu verringern und dafür zu sorgen, dass nur die Daten erfasst werden, die die Kommission tatsächlich für die Überwachung der Wirksamkeit der Regelung verwendet;

40.

fordert die Kommission mit Nachdruck auf, die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 499/2014 der Kommission vom 11. März 2014, mit der komplexere Prüfungen der EO und unverhältnismäßige Strafen für die Nichterfüllung komplexer Anerkennungskriterien eingeführt wurden, zu überarbeiten; betont, dass bei den Strafen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angewandt werden muss, wenn neue Erzeuger ermutigt werden sollen, den EO beizutreten, und bereits angeschlossene Mitglieder davon abgehalten werden sollen, ihre Mitgliedschaft zu überdenken;

41.

ist der Ansicht, dass die Wettbewerbsfähigkeit von EO in hohem Maße von ihrer Leitung abhängt; fordert die Kommission mit Nachdruck auf, bestehende Maßnahmen weiterzuentwickeln oder neue Maßnahmen festzulegen — wozu auch Ausbildungsmaßnahmen und Initiativen für den Austausch bewährter Verfahren gehören –, die das Management von EO und ihre Wettbewerbsposition in der Lebensmittelversorgungskette verbessern können, und dafür zu sorgen, dass dem marktorientierten Verhalten in EO größere Bedeutung beigemessen wird; betont, dass die EO von Personen geführt werden sollten, die über Marketingkenntnisse verfügen und in der Lage sind, Krisen im Agrarsektor zu begegnen;

42.

empfiehlt der Kommission, einen Schwerpunkt auf Modelle der integrierten Produktion und des integrierten Vertriebs im Rahmen der EO zu legen, und fordert die lokalen und regionalen Behörden auf, für Erzeugnisse von EO Unterstützung bei Logistik und Absatz in der Region bereitzustellen;

43.

fordert die Kommission auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit die Erzeugerorganisationen ihre Rolle als Instrument für die Verbesserung des Einkommens der Erzeuger vollumfänglich erfüllen können;

44.

fordert die Kommission auf, die Möglichkeit zu prüfen, die Bestimmungen über die Krisenpräventions- und -managementmaßnahmen (Förderung der Kapital- und Zinsrückzahlungen für aufgenommene Kredite im Rahmen der finanziellen Unterstützung) und über die Verwirklichung anderer Ziele, die mit den operationellen Programmen der Erzeugerorganisationen und ihrer Vereinigungen verfolgt werden, auszuweiten;

45.

fordert die Kommission eindringlich auf, Maßnahmen auszuarbeiten, mit denen die Mitgliedstaaten mit zahlreichen EO den Mitgliedstaaten mit wenigen EO ihr administratives und strukturelles Fachwissen über die Organisation von EO zukommen lassen können;

46.

stellt fest, dass umweltfreundliche Methoden beständig und durchgängig angewandt werden müssen und dass ihre durchgehende Finanzierung von einem operationellen Programm zum nächsten daher gefördert und der Anwendungsbereich auf Erzeuger ausgeweitet werden muss, deren Grund an Land angrenzt, das von Mitgliedern einer Erzeugerorganisation bewirtschaftet wird;

47.

ist der Ansicht, dass Vereinigungen von Erzeugerorganisationen (EO-Vereinigungen) eine wichtige Rolle bei der Stärkung der Verhandlungsposition von Landwirten spielen könnten, und fordert die Kommission mit Nachdruck auf, verstärkt Anreize für die Gründung von EO-Vereinigungen auf nationaler und europäischer Ebene zu schaffen, ihre Handlungsfähigkeit in rechtlicher Hinsicht zu stärken und die Möglichkeit vorzusehen, Erzeuger, die keiner EO angehören, bei ihren Maßnahmen einzubeziehen, um ihnen in Zukunft eine größere Rolle zukommen zu lassen; unterstreicht, dass die EO-Vereinigungen nicht nur das Angebot wirksam konzentrieren und aufwerten können, sondern auch dank der koordinierenden Tätigkeit, die ihnen auf operativer Ebene zukommt, die Eingriffe effizienter verwalten können;

48.

ist der Ansicht, dass Branchenverbände gefördert werden müssen, um für eine bessere Organisation des Obst- und Gemüsesektors zu sorgen; ist der Auffassung, dass sie bei der Schaffung und der Aufteilung von Mehrwert auf die verschiedenen Bereiche des Sektors, der Qualität, der nachhaltigen Aufwertung der Erzeugung und der Marktverwaltung sowie der Krisenbewältigung eine wichtige Rolle spielen können;

49.

ist der Ansicht, dass die Vereinigungen von Erzeugerorganisationen (EO-Vereinigungen) eine wichtige Rolle bei der Vorbeugung und Bewältigung kurzfristig auftretender Krisen spielen könnten; betont, dass es sinnvoll wäre, Erzeugern, die keiner EO angehören, die Möglichkeit einzuräumen, einer solchen Organisation beitreten, damit die Wirksamkeit der kollektiven Maßnahmen von Erzeugern verstärkt wird;

50.

weist darauf hin, dass dafür gesorgt werden muss, dass die Struktur und die Funktionsweise der EO und der EO-Vereinigungen auf den Grundsätzen der Unabhängigkeit und der Demokratie beruhen, damit das gegenseitige Vertrauen zwischen den Erzeugern vergrößert wird und damit unlautere Handelspraktiken und opportunistische Verhaltensweisen bekämpft werden;

51.

weist nachdrücklich darauf hin, dass die Produktionsmethoden, die in Drittländern für Ausfuhren in die EU zur Anwendung kommen, den europäischen Verbrauchern die gleichen Garantien in Bezug auf Gesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierschutz, nachhaltige Entwicklung und soziale Mindeststandards bieten müssen, wie sie von EU-Erzeugern verlangt werden; hält es aus diesem Grund für geboten, dass die EU bei mit Drittländern abgeschlossenen Vereinbarungen das Kriterium der tatsächlichen Gegenseitigkeit mit Blick auf den Marktzugang und mit Blick auf die Einhaltung der für die Erzeuger in der EU geltenden Produktionsbestimmungen berücksichtigt;

52.

hebt hervor, dass der Zugang der Erzeuger zu Märkten von Drittstaaten vereinfacht werden muss; fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen um die Unterstützung der Exporteure von Obst und Gemüse zu intensivieren, damit diese die zunehmende Zahl der nichttarifären Handelshemmnisse — wie etwa manche Pflanzenschutznormen von Drittländern –, die Ausfuhren aus der EU erschweren oder sogar unmöglich machen, überwinden können;

53.

ist der Auffassung, dass die EU im Interesse eines faireren Wettbewerbs mit den Einfuhren auf dem Markt der Gemeinschaft und mit Blick auf die Gegenseitigkeit der Auflagen im Bereich des Pflanzenschutzes ihre Einfuhrkontrollen verstärken und sie an die Kontrollen anpassen sollte, die von der überwiegenden Mehrheit ihrer Handelspartner angewandt werden;

54.

begrüßt die neuen — vor kurzem erlassenen — horizontalen Bestimmungen zur Förderung des Absatzes landwirtschaftlicher Erzeugnisse und das Ziel, die Mittel für die Erschließung neuer Märkte vorrangig in Drittländern zu erhöhen, und fordert die Kommission auf, in den nächsten Jahren weiter auf die Verbesserung des Instruments zur Absatzförderung hinzuarbeiten;

55.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihre Bemühungen in den Handelsverhandlungen mit Drittländern zu verstärken, damit die Zollschranken und die Auflagen im Pflanzenschutz, die für die europäischen Erzeugnisse gelten, aufgehoben werden und damit auf diese Weise neue Märkte für Obst und Gemüse aus der EU erschlossen werden können;

56.

fordert die Kommission mit Nachdruck auf, die Gründe für die geringe Inanspruchnahme der Instrumente für Krisenprävention und Krisenbewältigung (lediglich 16 % der EO nahmen dieses Hilfsmittel in Anspruch, das nur 2,8 % der gesamten Beihilfen ausmachte), die lediglich für die Bewältigung von begrenzten Marktkrisen ausgelegt sind, zu ermitteln und zu prüfen, wie die Situation verbessert werden kann, wobei Beispiele für bewährte Verfahren und Erfahrungen von bestehenden EO berücksichtigt werden sollten;

57.

fordert die Kommission auf, als erste Maßnahme zur Krisenbewältigung stets lokalen Erzeugnissen Vorrang einzuräumen, damit der europäische Binnenmarkt und der Verbrauch europäischer Erzeugnisse gefördert und geschützt werden; schlägt der Kommission vor, sich sorgfältig mit den Instrumenten für Risikomanagement zu befassen, da diese Instrumente für die Gewährleistung der Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte durch die EO unerlässlich sind;

58.

fordert die Kommission mit Nachdruck auf, einen besser abgestimmten Mechanismus für Marktrücknahmen im Krisenfall zu konzipieren, damit sich Marktkrisen nicht zu schwerwiegenden und langanhaltenden Störungen auswachsen, die zu erheblichen Einkommenseinbußen für die Landwirte im Obst- und Gemüsesektor führen;

59.

betont, dass sich der Rückgriff auf den Rücknahmemechanismus als begrenzt herausgestellt hat, und vertritt die Ansicht, dass die Maßnahmen für die Krisenbewältigung unter anderem unter Berücksichtigung folgender Aspekte überarbeitet werden sollten: der Erhöhung des Anteils der Unionsbeihilfe, der Anpassung der Rücknahmepreise, der Berücksichtigung der Produktionskosten, der Erhöhung der Mengen, die zurückgenommen werden können, und der Verbesserung der Unterstützung — bei Beförderung und Verpackung — für die kostenlose Verteilung von Obst und Gemüse, wobei ausreichend Flexibilität für die Anpassung der Unterstützung an die Art und die Schwere der Krise vorgesehen werden sollte;

60.

fordert die Kommission auf, die Frage zu prüfen, ob Beiträge zu Fonds auf Gegenseitigkeit als Maßnahmen zur Krisenprävention und zur Krisenbewältigung in Betracht kommen können, um Landwirten im Falle von Marktkrisen, die zu erheblichen Einkommensausfällen führen, einen besseren Schutz zu bieten; ist jedoch der Auffassung, dass diese Mittel niemals den für die Landwirtschaft und die ländliche Entwicklung bestimmten Finanzmitteln der Kommission entstammen dürfen, wenn die Krise — wie zum Beispiel im Fall des russischen Embargos — von Faktoren außerhalb des Sektors ausgelöst wurde; ist der Ansicht, dass die Kommission in diesen Fällen Finanzmittel aus anderen Haushaltsposten für die Linderung der negativen Auswirkungen auf den Obst- und Gemüsesektor verwenden sollte;

61.

vertritt die Auffassung, dass den Erzeugern nicht die Kosten für Krisen aufgebürdet werden sollten, die von Faktoren außerhalb des Agrarsektors ausgelöst wurden, wozu beispielsweise das russische Embargo für Ausfuhren aus der Europäischen Union gehört, das zahlreiche europäische Erzeuger von Obst und Gemüse stark in Mitleidenschaft gezogen und sogar Marktkrisen wie beispielsweise die Krise des Steinobstsektors noch verschlimmert hat; fordert, dass die gemeinschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen unter diesen Umständen so lange fortgesetzt werden, bis sich der Markt wieder vollständig erholt hat;

62.

betont, dass EO im Rahmen ihrer operationellen Programme wichtige Beiträge zur Verwirklichung umweltpolitischer Ziele und zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheitsstandards leisten können; begrüßt die umweltpolitischen Ziele der Regelung, fordert die Kommission jedoch auf, den EO die Anpassung ihrer operationellen Programme an ihren jeweiligen Fortgang und die gezieltere Verwendung ihrer Mittel für eine umfassendere Palette von Maßnahmen zur Stärkung der allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit des Sektors zu gestatten; betont, dass Maßnahmen stärker in den Mittelpunkt gestellt werden sollten, die auf Innovationen und einen Mehrwert abzielen, da diesem Schwerpunkt das größte Potenzial innewohnt, die Einnahmen der Erzeuger zu verbessern und dadurch dafür zu sorgen, dass es attraktiver wird, EO beizutreten;

63.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Obst-, Gemüse- und Milchprogramme in Schulen stärker zu unterstützen, da eine gesunde und ausgeglichene Ernährungsweise bereits in jungen Jahren gefördert werden muss, und den jungen Verbrauchern so die lokalen Erzeuger näherzubringen;

64.

hält es für dringend geboten, die Wirksamkeit der derzeit geltenden Bestimmungen der Union zum Schutz von Pflanzen vor der Einführung von Schädlingen aus Drittländern zu verbessern; weist darauf hin, dass sich solche Organismen aufgrund des zunehmenden Handels immer weiter in der EU ausbreiten und dem Obst- und Gemüsesektor sehr häufig schaden;

65.

vertritt die Auffassung, dass die Erzeugerorganisationen wie auch in anderen Sektoren (Olivenanbau) eine Garantie- und Koordinierungsfunktion im Bereich der Komplementarität und der Kohärenz zwischen den verschiedenen Unterstützungsregelungen der EU übernehmen könnten, womit für mehr Transparenz gesorgt und eine Doppelfinanzierung abgewendet werden könnte;

66.

fordert die Kommission mit Nachdruck auf, Leitlinien oder politische Vorschriften zur Klärung der Voraussetzungen aufzustellen, unter denen EO auf der Grundlage von Artikel 222 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, gemäß dem EO in Zeiten schwerer Ungleichgewichte auf den Märkten Maßnahmen zur Stabilisierung des Sektors ergreifen können, vorübergehend eine Ausnahme von Artikel 101 Absatz 1 AEUV gewährt werden kann;

67.

betont, wie wichtig kurze Versorgungsketten sind, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die weitere Erschließung lokaler Märkte für den Vertrieb von Obst und Gemüse zu fördern;

68.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Forschung und das Monitoring zur Bedrohung der Obst- und Gemüseproduktion in der EU durch invasive Arten wie die Kirschessigfliege zu intensivieren;

69.

bedauert die folgenden bei der Festlegung einiger nationaler Strategien ermittelten Schwächen: die zu große Zahl der Ziele, die fehlenden konkreten und vorab festgelegten Zielvorgaben für die einzelnen Ziele und insbesondere die äußerst geringe operative Wirksamkeit der Instrumente zur Krisenprävention und -bewältigung in erster Linie bei Ernteversicherungen, bei der Absatzförderung und der Kommunikation sowie bei Marktrücknahmen, die hauptsächlich darauf zurückgeht, dass sie zu Lasten anderer strukturpolitischer Maßnahmen finanziert werden müssen und die Unterstützung bei Marktrücknahmen häufig nicht ausreicht und dass beträchtliche administrative Hindernisse bestehen; bedauert, dass diese Instrumente nur für einzelne Marktkrisen ausgelegt sind und für die Bewältigung von großen Krisen wie der derzeitigen, durch das russische Embargo ausgelösten Krise nicht ausreichen;

70.

ist der Ansicht, dass Vorsorgemaßnahmen festgelegt werden müssen, mit denen dazu beigetragen werden könnte, dass EO vorab festgelegte Leistungsindikatoren verstehen, korrekt berechnen und anwenden, und unterstreicht, dass häufig zu viele Leistungsindikatoren herangezogen werden, wodurch das Verfahren sowohl für die EO als auch für die Verwaltung erheblich erschwert wird; vertritt die Auffassung, dass es aus diesem Grund viel sinnvoller wäre, auf weniger, aber aussagekräftigere Indikatoren zurückzugreifen;

71.

ist der Ansicht, dass die Förderung gesünderer Ernährungsgewohnheiten mit besseren Kenntnissen über die Landwirtschaft und die Art und Weise, wie Lebensmittel produziert werden, einhergeht; unterstützt in diesem Zusammenhang das Ziel, die bildungspolitische Dimension der Gemüse-, Obst- und Milchprogramme in Schulen zu stärken, und fordert den schnellstmöglichen Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 im Hinblick auf das Förderprogramm zur Bereitstellung von Obst und Gemüse, Bananen und Milch in Bildungseinrichtungen; betont in diesem Zusammenhang, dass sich die EO an den Schulobstprogrammen beteiligen müssen, da so eine kurze Lieferkette und der Verzehr von lokalem und saisonalem Obst und Gemüse bei Kindern gefördert werden können;

72.

ist der Ansicht, dass die Lage der Erzeuger im Obst- und Gemüsesektor in erster Linie anhand der Einkommensentwicklung bei den Landwirten beurteilt werden muss, und fordert die Kommission aus diesem Grund auf, eine Studie hierzu auszuarbeiten, damit festgestellt werden kann, ob die ergriffenen Maßnahmen — wie beispielsweise die Stärkung der EO — tatsächlich Wirkung gezeitigt haben;

73.

fordert die Kommission auf, umgehend einen Plan zur Eingliederung junger Arbeitskräfte in den Agrarsektor auszuarbeiten, um so der Überalterung des Berufsstandes und der damit einhergehenden Aufgabe von Nutzflächen und Betrieben entgegenzuwirken;

74.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671.

(2)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0205.


Mittwoch, 8. Juli 2015

11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/35


P8_TA(2015)0252

Verhandlungen über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP)

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 mit den Empfehlungen des Europäischen Parlaments an die Kommission zu den Verhandlungen über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) (2014/2228(INI))

(2017/C 265/05)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die EU-Leitlinien für die Verhandlungen über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen der EU und den USA, die am 14. Juni 2013 (1) vom Rat angenommen und am 9. Oktober 2014 freigegeben und veröffentlicht wurden,

gestützt auf die Artikel 168 bis 191 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und insbesondere auf den in Artikel 191 Absatz 2 genannten Grundsatz der Vorsorge,

unter Hinweis auf die auf dem Gipfeltreffen EU-USA abgegebene gemeinsame Erklärung vom 26. März 2014 (2),

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung von Kommissionsmitglied Cecilia Malmström und dem US-Handelsbeauftragten Michael Froman vom 20. März 2015 zum Ausschluss öffentlicher Dienstleistungen aus Handelsabkommen zwischen der EU und den USA,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 20. März 2015 zur TTIP,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 21. November 2014 zur TTIP (3),

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung, die der Präsident der Vereinigten Staaten, Barack Obama, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der Präsident des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, der Premierminister des Vereinigten Königreichs, David Cameron, die deutsche Bundeskanzlerin, Angela Merkel, der französische Staatspräsident François Hollande, der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi und der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy am 16. November 2014 im Anschluss an ihr Treffen am Rande des G20-Gipfels in Brisbane, Australien (4), abgegeben haben,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 26./27. Juni 2014 (5),

unter Hinweis auf die politischen Leitlinien mit dem Titel „Ein neuer Start für Europa: Meine Agenda für Jobs, Wachstum, Fairness und demokratischen Wandel“ (6), die Präsident Juncker am 15. Juli 2014 der neuen Kommission unterbreitet hat,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Kollegium der Kommissionsmitglieder vom 25. November 2014 zur Transparenz in den TTIP-Verhandlungen (C(2014)9052) (7), auf die Beschlüsse der Kommission vom 25. November 2014 über die Veröffentlichung von Informationen über Treffen zwischen Kommissionsmitgliedern und Organisationen oder selbstständigen Einzelpersonen (C(2014)9051) sowie über die Veröffentlichung von Informationen über Treffen zwischen Generaldirektoren der Kommission und Organisationen oder selbstständigen Einzelpersonen (C(2014)9048), auf die Urteile und Gutachten des Gerichtshofs der Europäischen Union (C-350/12 P, 2/13, 1/09) zum Zugang zu Dokumenten der Organe und auf den Beschluss der Europäischen Bürgerbeauftragten vom 6. Januar 2015 zum Abschluss ihrer Initiativuntersuchung (OI/10/2014/RA) betreffend die Europäische Kommission in Bezug auf den Umgang mit Anträgen auf Zugang zu Informationen und Dokumenten (Transparenz),

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Energierates EU-USA vom 3. Dezember 2014 (8),

unter Hinweis auf den 2004 eingeführten integrierten Ansatz der EU im Bereich der Lebensmittelsicherheit („vom Erzeuger zum Verbraucher“) (9),

unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 13. Januar 2015 mit dem Titel „Öffentliche Online-Konsultation zum Investitionsschutz und zur Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS) im Rahmen des Abkommens über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP)“ (SWD(2015)0003),

unter Hinweis auf die Textvorschläge, die die EU für die Gespräche mit den Vereinigten Staaten im Rahmen der TTIP-Verhandlungsrunden vorgelegt hat, insbesondere die von der Kommission freigegebenen und veröffentlichten Vorschläge, unter anderem die EU-Positionspapiere „TTIP regulatory issues — engineering industries“ (10), „Test–case on functional equivalence: proposed methodology for automotive regulatory equivalence“ (11) und „Trade and sustainable development chapter/labour and environment: EU paper outlining key issues and elements for provisions in the TTIP“ (12) sowie die Textvorschläge zu technischen Handelshemmnissen (TBT) (13), gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen (SPS) (14), Zoll- und Handelserleichterungen (15), kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) (16), etwaigen Wettbewerbsbestimmungen (17), etwaigen Bestimmungen über staatliche Unternehmen und Unternehmen mit besonderen oder exklusiven Rechten oder Privilegien (18), etwaigen Bestimmungen über Subventionen (19) und Streitbeilegungsverfahren (20) sowie erste Bestimmungen über die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen (21),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (AdR) mit dem Titel „Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP)“ (ECOS-V-063), die auf der 110. Plenartagung des AdR (11.-13. Februar 2015) angenommen wurde, und auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 4. Juni 2014 mit dem Titel „Die transatlantischen Handelsbeziehungen und der Standpunkt des EWSA zu einer verstärkten Zusammenarbeit und einer möglichen Freihandelszone EU-USA“,

unter Hinweis auf den endgültigen Anfangsbericht von ECORYS über die handelsbezogene Nachhaltigkeitsprüfung für die Verhandlungen über ein umfassendes Handels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten (Trade Sustainability Impact Assessment (Trade SIA) in support of negotiations of a comprehensive trade and investment agreement between the European Union and the United States of America) vom 28. April 2014 für die Kommission (22),

unter Hinweis auf den Bericht der Kommission über Handels- und Investitionshindernisse 2015 (COM(2015)0127) (23),

unter Hinweis auf die detaillierte Bewertung, die CEPS im Auftrag des Parlaments im April 2014 zu der Folgenabschätzung der Kommission zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA vorgelegt hat,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen, insbesondere die Entschließung vom 23. Oktober 2012 zu den Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten (24), die Entschließung vom 23. Mai 2013 zu den Verhandlungen der EU mit den Vereinigten Staaten von Amerika über Handel und Investitionen (25) und die Entschließung vom 15. Januar 2015 zu dem Jahresbericht über die Tätigkeiten des Europäischen Bürgerbeauftragten 2013 (26),

gestützt auf Artikel 108 Absatz 4 und Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für internationalen Handel und die Stellungnahmen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Ausschusses für Entwicklung, des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie, des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, des Ausschusses für Kultur und Bildung, des Rechtsausschusses, des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, des Ausschusses für konstitutionelle Fragen und des Petitionsausschusses (A8-0175/2015),

A.

in der Erwägung, dass Ausfuhren im Rahmen des Handels und durch Investitionen erzieltes Wachstum mit Blick auf Beschäftigung und Wirtschaftswachstum die wichtigsten Triebkräfte sind, die zudem keiner staatlichen Investitionen bedürfen;

B.

in der Erwägung, dass das BIP der EU stark handels- und exportabhängig ist und sowohl vom Handel als auch von regelbasierten Investitionen profitiert; ferner in der Erwägung, dass ein ambitioniertes und ausgewogenes Abkommen mit den Vereinigten Staaten durch den Ausbau des transatlantischen Handels sowohl mit Waren als auch mit Dienstleistungen zur Reindustrialisierung Europas und zur Verwirklichung der für 2020 angestrebten Zielsetzung beitragen sollte, den Anteil der Industrie am BIP der EU von 15 % auf 20 % zu erhöhen; in der Erwägung, dass durch das Abkommen neue Möglichkeiten entstehen, insbesondere für KMU, Kleinstunternehmen (im Sinne der Begriffsbestimmung in der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission), Cluster und Unternehmensnetze, die ungleich stärker von nichttarifären Handelshemmnissen betroffen sind als große Unternehmen, die sich aufgrund von Größenvorteilen leichter Zugang zu den Märkten auf beiden Seiten des Atlantik verschaffen können; in der Erwägung, dass sich mit einem Abkommen zwischen den beiden weltweit größten Wirtschaftsblöcken auch die Gelegenheit bietet, Standards, Normen und Regeln festzulegen, die auf einer internationalen Ebene angenommen werden und auch für Drittländer von Vorteil wären und eine weitere Fragmentierung des Welthandels verhindern würden; in der Erwägung, dass diese Rolle, wenn es nicht gelingt, ein Abkommen auszuhandeln, stattdessen von anderen Drittländern mit anderen Standards und Werten übernommen werden könnte;

C.

in der Erwägung, dass neun Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereits bilaterale Abkommen mit den Vereinigten Staaten unterzeichnet haben, sodass die TTIP sich auf bewährte Vorgehensweisen stützen und dazu beitragen kann, dass die Hindernisse, auf die diese Mitgliedstaaten gestoßen sind, überwunden werden;

D.

in der Erwägung, dass die gegenwärtigen Krisenherde an den Grenzen der EU und die weltweiten Entwicklungen verdeutlichen, dass in eine internationale Ordnungspolitik und die Schaffung eines auf Regeln und Werten beruhenden Systems investiert werden muss;

E.

in der Erwägung, dass es aufgrund der zunehmenden Vernetzung der weltweiten Märkte unabdingbar ist, dass die politischen Entscheidungsträger das Zusammenspiel der Märkte regeln und fördern; in der Erwägung, dass korrekte Handelsregeln und die Beseitigung unnötiger Hemmnisse für die Wertschöpfung unverzichtbar sind, wenn in Europa eine starke, wettbewerbsfähige und diversifizierte industrielle Basis erhalten bleiben bzw. entstehen soll;

F.

in der Erwägung, dass die Bemühungen der EU, die Herausforderungen in den Bereichen Klimawandel, Umweltschutz und Verbrauchersicherheit anzugehen, für EU-Unternehmen bisher mit hohen regelungsbedingten Ausgaben sowie hohen Energierohstoff- und Strompreisen verbunden sind, die — wenn sie nicht im Rahmen der TTIP geregelt werden — dazu führen können, dass sich die Verlagerung von Arbeitsplätzen, die Deindustrialisierung und der Beschäftigungsabbau weiter beschleunigen und die Reindustrialisierungs- und Beschäftigungsziele der EU bedroht sind, sodass schließlich auch die politischen Ziele, die das Kernstück der EU-Rechtsvorschriften bilden, gefährdet sind;

G.

in der Erwägung, dass ein gut konzipiertes Handelsabkommen zu einer besseren Nutzung der mit der Globalisierung einhergehenden Chancen beitragen könnte; in der Erwägung, dass ein starkes und ambitioniertes Handelsabkommen nicht nur auf den Abbau von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen ausgerichtet sein darf, sondern auch eine Handhabe zum Schutz von Arbeitnehmern, Verbrauchern und Umwelt bieten sollte; in der Erwägung, dass ein starkes und ambitioniertes Handelsabkommen die Gelegenheit bietet, durch verstärkte Regulierungsmaßnahmen auf höchster Ebene einen Rahmen zu schaffen, der den gemeinsamen Werten entspricht und dadurch zur Verhinderung von Sozial- und Ökodumping sowie zu einem hohen Maß an Verbraucherschutz beiträgt, zumal das gemeinsame Ziel in einem offenen Wettbewerb und ausgewogenen Wettbewerbsbedingungen besteht;

H.

in der Erwägung, dass gemeinsame hohe Standards zwar im Interesse der Verbraucher sind, eine Annäherung aber auch aus der Sicht der Unternehmen sinnvoll ist, da die mit höheren Standards verbundenen höheren Kosten durch die wachsenden Größenvorteile, die ein potenzieller Markt mit 850 Millionen Verbrauchern bietet, besser ausgeglichen werden können;

I.

in der Erwägung, dass frühere Handelsabkommen von großem Nutzen für die europäische Wirtschaft waren, sich die tatsächlichen Folgen der TTIP für die Volkswirtschaften der EU und der USA jedoch nur schwer einschätzen und prognostizieren lassen, während die Verhandlungen noch laufen und Studien zu widersprüchlichen Ergebnissen gelangen; in der Erwägung, dass die in der EU seit langem bestehenden strukturellen Wirtschaftsprobleme und deren Ursachen zwar durch die TTIP allein nicht beseitigt werden können, dass die Partnerschaft jedoch als Teil einer umfassenderen europäischen Strategie für Beschäftigung und Wachstum betrachtet werden sollte und die Erwartungen, die an die TTIP geknüpft werden, dem Ehrgeiz im Rahmen der Verhandlungen entsprechen sollten;

J.

in der Erwägung, dass die Folgen des von Russland verhängten Embargos verdeutlicht haben, dass die Landwirtschaft nach wie vor einen hohen geopolitischen Stellenwert hat, dass es wichtig ist, Zugang zu mehreren verschiedenen Agrarmärkten zu haben, und stabile und strategische Handelspartnerschaften mit verlässlichen Handelspartnern unterhalten werden müssen;

K.

in der Erwägung, dass der Abschluss eines Handelsabkommens mit den Vereinigten Staaten, das beiden Seiten gleichermaßen zugutekommt, für die europäische Landwirtschaft entscheidend ist, wenn Europa seine Position als wichtiger Akteur auf dem Weltmarkt — ohne Gefahr für die derzeitigen Qualitätsstandards für europäische landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie künftige Verbesserungen dieser Standards — ausbauen und dabei die Erhaltung des europäischen Landwirtschaftsmodells sowie dessen wirtschaftliche und soziale Tragfähigkeit sicherstellen will;

L.

in der Erwägung, dass Handel und Investitionen nicht dem Selbstzweck dienen und das Wohlergehen der Bürger, Arbeitnehmer und Verbraucher sowie verbesserte Möglichkeiten für Unternehmen — die Triebkräfte für Wachstum und Beschäftigung — die Maßstäbe für Handelsabkommen sind; in der Erwägung, dass die TTIP als Muster für ein gutes Handelsabkommen betrachtet werden sollte, das diese Anforderungen erfüllt und demnach bei künftigen Verhandlungen mit anderen Handelspartnern als Vorlage dienen kann;

M.

in der Erwägung, dass bei den Verhandlungen im Interesse eines hochwertigen Ergebnisses ein gewisses Maß an Vertraulichkeit geboten ist und dass das begrenzte Maß an Transparenz, von dem die Verhandlungsführung geprägt war, in der Vergangenheit im Hinblick auf die demokratische Kontrolle des Verhandlungsprozesses gewisse Defizite bedingt hat;

N.

in der Erwägung, dass Präsident Juncker in seinen politischen Leitlinien noch einmal bekräftigt hat, dass er ein ausgewogenes und angemessenes Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten anstrebt und die EU und die USA sich bei der gegenseitigen Anerkennung ihrer Produktnormen und der Erarbeitung transatlantischer Normen zwar deutlich aufeinander zubewegen können, dass die EU dafür aber nicht ihre Normen in den Bereichen (Lebensmittel-)Sicherheit, Gesundheit, Tiergesundheit, Sozialwesen, Umwelt und Datenschutz sowie kulturelle Vielfalt aufgeben wird; ferner in der Erwägung, dass die Sicherheit der konsumierten Lebensmittel, der Schutz der personenbezogenen Daten europäischer Bürger und Dienstleistungen von allgemeinem Interesse nur Gegenstand der Verhandlungen sind, wenn das Ziel darin besteht, ein höheres Maß an Schutz zu erreichen;

O.

in der Erwägung, dass für einen zufriedenstellenden Abschluss der Verhandlungen über die Safe-Harbour-Regelung und das Datenschutzrahmenabkommen gesorgt werden muss;

P.

in der Erwägung, dass Präsident Juncker in seinen politischen Leitlinien auch klar zum Ausdruck gebracht hat, dass er eine Einschränkung der gerichtlichen Zuständigkeit in den Mitgliedstaaten durch besondere Regelungen für Investorenstreitigkeiten nicht hinnehmen wird; in der Erwägung, dass nun, da die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation zum Investitionsschutz und zur Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS) im Rahmen des TTIP-Abkommens vorliegen, bei den drei Organen und auf interinstitutioneller Ebene — unter Berücksichtigung der betreffenden Beiträge und im Austausch mit der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft — darüber nachgedacht wird, wie am besten für Investitionsschutz und für die Gleichbehandlung der Investoren gesorgt werden kann, ohne das Regulierungsrecht des Staates einzuschränken;

Q.

in der Erwägung, dass das Parlament sowohl den Beschluss des Rates, die Geheimhaltung der Verhandlungsrichtlinien aufzuheben, als auch die Transparenzinitiative der Kommission uneingeschränkt unterstützt; in der Erwägung, dass an der lebhaften öffentlichen Debatte über die TTIP in Europa deutlich geworden ist, dass die Verhandlungen über das Abkommen transparenter und inklusiver ablaufen müssen, dass die Anliegen der europäischen Bürger dabei berücksichtigt werden müssen und dass die Öffentlichkeit über die Ergebnisse der Verhandlungen informiert werden muss;

R.

in der Erwägung, dass die Gespräche zwischen den USA und der EU seit Juli 2013 laufen, die Partner sich aber bisher auf keinen gemeinsamen Text einigen konnten;

S.

in der Erwägung, dass die TTIP voraussichtlich ein gemischtes Abkommen sein wird, das vom Europäischen Parlament und allen 28 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden muss;

1.

vertritt die Auffassung, dass die EU und die Vereinigten Staaten wichtige strategische Partner sind; hebt hervor, dass die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) das wichtigste Vorhaben zwischen der EU und den USA der letzten Jahre ist und die transatlantische Partnerschaft dadurch insgesamt — über die handelspolitische Dimension hinaus — neue Impulse erhalten sollte; hebt hervor, dass der erfolgreiche Abschluss dieses Abkommens große politische Bedeutung hat;

2.

richtet vor dem Hintergrund der laufenden Verhandlungen über die TTIP folgende Empfehlungen an die Kommission:

a)

im Hinblick auf den Geltungsbereich und den weiteren Kontext:

i)

sicherzustellen, dass im Zuge transparenter TTIP-Verhandlungen auf hohem Niveau ein umfassendes, ambitioniertes und ausgewogenes Handels- und Investitionsabkommen zustande kommt, das ein tragfähiges Wachstum begünstigt und dadurch allen Mitgliedstaaten dient, aus dem die Partner gemeinsam und gegenseitig Nutzen ziehen, das zur Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit beiträgt und EU-Unternehmen, vor allem KMU, neue Chancen eröffnet, das die Entstehung hochwertiger Arbeitsplätze für die europäischen Bürger fördert und aus dem die europäischen Verbraucher direkt Nutzen ziehen; Inhalt und Umsetzung des Abkommens sind wichtiger als das Verhandlungstempo

ii)

hervorzuheben, dass die TTIP-Verhandlungen auf drei zentrale Bereiche ausgerichtet sind: eine ambitionierte Verbesserung des gegenseitigen Marktzugangs (für Waren, Dienstleistungen, Investitionen und öffentliche Aufträge auf allen behördlichen Ebenen), den Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse und die Verbesserung der Kompatibilität der Regulierungssysteme sowie die Erarbeitung gemeinsamer Regeln, damit besser auf gemeinsame Herausforderungen und Möglichkeiten im internationalen Handel reagiert werden kann, und dass alle diese Bereiche gleichermaßen von Bedeutung sind und in das Gesamtpaket einfließen müssen; die TTIP sollte ambitioniert und für alle behördlichen Ebenen beiderseits des Atlantik bindend sein, das Abkommen sollte eine dauerhafte, auf Gegenseitigkeit beruhende, wirkliche Öffnung der Märkte sowie Handelserleichterungen vor Ort bewirken, und es sollte besonders auf strukturelle Maßnahmen ausgerichtet sein, mit denen die transatlantische Zusammenarbeit bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung von Regulierungsstandards und Verbraucherschutz sowie ohne Sozial-, Steuer- oder Ökodumping verbessert wird;

iii)

der strategischen Bedeutung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und den USA im Allgemeinen und der TTIP im Besonderen Rechnung zu tragen, vor allem, da sie unter anderem die Gelegenheit bieten, als fester Bestandteil eines auf Regeln beruhenden Rahmens jene Grundsätze und Werte zu fördern, die die EU und die USA gemeinsam vertreten und schätzen, und eine gemeinsame Lösung und Vorstellung in Bezug auf Welthandel, Investitionen und handelsbezogene Fragen, wie hohe Standards, Normen und Vorschriften, zu entwickeln, sodass eine umfassendere transatlantische Vision und gemeinsame strategische Ziele formuliert werden können; zu bedenken, dass die TTIP angesichts der Größe des transatlantischen Marktes eine Gelegenheit bietet, das Welthandelssystem so zu formen und zu regulieren, dass beide Wirtschaftsblöcke in einer vernetzten Welt florieren;

iv)

insbesondere angesichts der jüngsten positiven Entwicklungen in der Welthandelsorganisation (WTO) sicherzustellen, dass das Abkommen mit den USA als Ausgangspunkt für weitere Handelsverhandlungen dient und dem WTO-Prozess weder vorgreift noch zuwiderläuft; bilaterale und plurilaterale Handelsabkommen sollten grundsätzlich als zweitbeste Lösung gelten und dürfen Bemühungen um deutliche Fortschritte auf der multilateralen Ebene nicht im Wege stehen; die TTIP muss Synergien mit weiteren Handelsabkommen, die zurzeit ausgehandelt werden, bewirken;

(v)

zu beachten, dass die Handelspolitik der EU im AEUV als fester Bestandteil des gesamten auswärtigen Handelns der Union definiert ist, und deshalb die Auswirkungen des endgültigen Abkommens zu bewerten und dabei Chancen, wie einem besseren Marktzugang aufgrund gemeinsamer transatlantischer Standards, und Risiken, wie einer etwaigen Umlenkung der Handelsströme von den Entwicklungsländern durch Aushöhlung der Zollpräferenzen, Rechnung zu tragen;

vi)

sicherzustellen, dass mit dem Abkommen die uneingeschränkte Achtung der EU-Grundrechtsnormen sichergestellt wird, indem in EU-Handelsabkommen mit Drittländern standardmäßig eine rechtsverbindliche, an die Achtung der Menschenrechte geknüpfte Aussetzungsklausel aufgenommen wird;

b)

im Hinblick auf den Marktzugang:

i)

sicherzustellen, dass die Marktzugangsangebote in den verschiedenen Bereichen einander entsprechen, gleichermaßen ambitioniert sind und die Erwartungen beider Seiten widerspiegeln, da die verschiedenen Vorschläge für diese Bereiche in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen müssen;

ii)

sich zum Ziel zu setzen, dass alle Zolltarife abgeschafft werden, dabei aber zu berücksichtigen, dass es auf beiden Seiten eine Reihe von sensiblen landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Industrieprodukten gibt, für die im Rahmen der Verhandlungen vollständige Listen vereinbart werden müssen, für besonders sensible Erzeugnisse angemessene Übergangszeiträume und Quoten bzw. in einigen wenigen Fällen deren Ausschluss vorzusehen und dabei zu berücksichtigen, dass — aufgrund der in der EU geltenden Vorschriften — die Produktionskosten dieser Erzeugnisse in der EU oft höher sind;

iii)

wie im Verhandlungsmandat deutlich ausgeführt, alles daran zu setzen, dass eine Schutzklausel in das Abkommen aufgenommen wird, die zur Anwendung kommt, wenn die heimische Lebensmittelproduktion durch den Anstieg der Einfuhren eines bestimmten Erzeugnisses ernsthaft gefährdet ist — unter besonderer Bezugnahme auf Lebensmittelproduktion und Energieintensität, Emissionsverlagerungen, chemische Stoffe sowie den Rohstoffsektor und die Stahlindustrie in der EU;

iv)

zu berücksichtigen, dass die EU als weltweit größter Handelsblock im Bereich der hochspezialisierten Dienstleistungen, beispielsweise im Ingenieurwesen und bei anderen professionellen Dienstleistungen, in der Telekommunikationsbranche und bei Finanz- und Verkehrsdienstleistungen wichtige offensive Interessen verfolgt;

v)

den Zugang zu den Dienstleistungsmärkten im Sinne eines „Hybridlisten-Ansatzes“ zu verbessern, für den Marktzugang „Positivlisten“ zu verwenden, sodass die Dienstleistungen, die ausländischen Unternehmen offen stehen sollen, ausdrücklich angegeben sind und neue Dienstleistungen ausgeschlossen werden, wobei sichergestellt wird, dass etwaige Stillstands- und Ratchet-Klauseln nur für Nichtdiskriminierungsbestimmungen gelten und dass genügend Spielraum besteht, um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse wieder unter öffentliche Aufsicht stellen und der Entstehung neuer und innovativer Dienstleistungen Rechnung tragen zu können, sowie für die Inländerbehandlung auf einen Negativlisten-Ansatz zurückzugreifen;

vi)

dafür zu sorgen, dass die Beschränkungen, die aufgrund US-amerikanischer Gesetze wie dem Jones Act, dem Foreign Dredging Act, dem Federal Aviation Act sowie der US-amerikanischen Kabotagevorschriften für den Flugverkehr derzeit von Seiten der USA in Bezug auf See- und Luftverkehrsdienste im Besitz europäischer Unternehmen bestehen und die den Marktzugang von EU-Unternehmen, aber auch Innovationen in den USA selbst stark beeinträchtigen, bei den Verhandlungen auf sinnvolle Weise angesprochen und beseitigt werden;

vii)

ausgehend von der gemeinsamen Erklärung — die erkennen lässt, dass die Verhandlungsführer eindeutig anstreben, dass derzeitige und künftige Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sowie Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (einschließlich, ohne darauf begrenzt zu sein, Wasserversorgung, Gesundheits- und Sozialdienstleistungen, Sozialversicherung und Bildung) vom Anwendungsbereich der TTIP ausgeklammert werden — dafür zu sorgen, dass nationale und zuständige lokale Behörden auch weiterhin gemäß den Verträgen sowie im Einklang mit dem Verhandlungsmandat der EU das uneingeschränkte Recht haben, Maßnahmen im Zusammenhang mit der Inauftraggabe, Organisation, Finanzierung und Erbringung öffentlicher Dienstleistungen einzuführen, zu erlassen, beizubehalten oder aufzuheben; diese Ausnahme sollte unabhängig davon gelten, wie die Dienstleistungen erbracht und finanziert werden;

viii)

alles daran zu setzen, dass die gegenseitige Anerkennung beruflicher Qualifikationen sichergestellt wird, und zwar insbesondere durch Schaffung eines Rechtsrahmens mit den Bundesstaaten, die in diesem Bereich Regulierungsbefugnisse haben, sodass Fachkräfte aus der EU und den USA ihren Beruf beiderseits des Atlantik ausüben können, und die Mobilität für Investoren, Fachkräfte, hochqualifizierte Facharbeiter und Techniker zwischen der EU und den USA in den unter die TTIP fallenden Bereichen zu fördern;

ix)

zu berücksichtigen, dass Visaerleichterungen für europäische Anbieter von Waren und Dienstleistungen eine wesentliche Voraussetzung dafür sind, dass diese Anbieter Vorteile aus dem Abkommen ziehen können, und den politischen Druck auf die USA bei den Verhandlungen zu erhöhen, um dafür zu sorgen, dass in Bezug auf Visa für die USA uneingeschränkt sowie unterschiedslos für die Bürger aller EU-Mitgliedstaaten der Grundsatz der Gegenseitigkeit gilt;

x)

die Verhandlungen über den Marktzugang hinsichtlich Finanzdienstleistungen mit der Konvergenz der Finanzmarktregulierung auf höchster Ebene zu verknüpfen, um die Einführung und die bessere Kompatibilität der Vorschriften zu fördern, die notwendig sind, um die Finanzmarktstabilität zu stärken, die Verbraucher im Zusammenhang mit Finanzprodukten und -dienstleistungen angemessen zu schützen und die laufenden Bemühungen um eine Zusammenarbeit in anderen internationalen Foren, wie dem Basler Ausschuss für Bankenaufsicht und dem Finanzstabilitätsrat, zu unterstützen; sicherzustellen, dass die Regulierungs- und Aufsichtshoheit der EU und der Mitgliedstaaten, einschließlich deren Recht, bestimmte Finanzprodukte und -tätigkeiten zu verbieten, durch diese Bemühungen um Zusammenarbeit nicht beschränkt wird;

xi)

eine stärkere Zusammenarbeit zwischen der EU, den Mitgliedstaaten und den USA aufzubauen, einschließlich Verfahren für eine effizientere internationale Zusammenarbeit, damit in Bezug auf Finanz- und Steuerkriminalität sowie Korruption generell strengere Standards festgelegt werden;

xii)

sicherzustellen, dass der Besitzstand der EU beim Datenschutz nicht durch die Liberalisierung der Datenströme, insbesondere im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs und der Finanzdienstleistungen, beeinträchtigt wird, aber auch den Stellenwert der Datenflüsse als Rückgrat des transatlantischen Handels und der digitalen Wirtschaft anzuerkennen; als wichtigen Punkt in das Abkommen eine auf Artikel XIV des Allgemeinen Übereinkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) basierende umfassende und eindeutige, eigenständige horizontale Bestimmung aufzunehmen, wonach der geltende und der künftige EU-Rechtsrahmen zum Schutz personenbezogener Daten vollständig und bedingungslos, das heißt ohne dass die Bestimmung mit anderen Teilen der TTIP im Einklang stehen muss, von dem Abkommen ausgenommen wird; über Bestimmungen, die den Fluss personenbezogener Daten berühren, nur zu verhandeln, wenn die uneingeschränkte Anwendung der Datenschutzvorschriften auf beiden Seiten des Atlantik sichergestellt ist und geachtet wird, und zusammen mit den USA darauf hinzuarbeiten, dass Drittländer weltweit für die Einführung ähnlich hoher Datenschutzstandards gewonnen werden;

xiii)

im Blick zu behalten, dass die Zustimmung des Europäischen Parlaments zu dem endgültigen TTIP-Abkommen daran scheitern könnte, dass die pauschale Massenüberwachung durch die USA nicht vollumfänglich eingestellt wird und in Bezug auf die Wahrung der Datenschutzrechte der EU-Bürger keine angemessene Lösung, einschließlich behördlicher und gerichtlicher Rechtsbehelfe im Sinne von Ziffer 74 der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2014, zustande kommt (27);

xiv)

dafür zu sorgen, dass das durch den Massenüberwachungsskandal beschädigte Vertrauen zwischen der EU und den USA zügig und vollständig wiederhergestellt wird;

xv)

ein ehrgeiziges Kapitel zum Wettbewerb aufzunehmen, damit die ordnungsgemäße Einhaltung des europäischen Wettbewerbsrechts vor allem im digitalen Umfeld sichergestellt ist; sicherzustellen, dass Privatunternehmen in einen fairen Wettbewerb mit staatseigenen oder staatlich kontrollierten Unternehmen treten können; sicherzustellen, dass Privatunternehmen gewährte staatliche Subventionen reguliert werden und einem transparenten Kontrollsystem unterliegen;

xvi)

einen offenen Wettbewerb in der digitalen Wirtschaft sowie die Weiterentwicklung der digitalen Wirtschaft zu fordern, die ihrem Wesen nach zwar global ist, deren wichtigste Zentren jedoch in der EU und den USA liegen; in den Verhandlungen hervorzuheben, dass die digitale Wirtschaft für den transatlantischen Markt eine zentrale Rolle spielen muss, da sie Impulse für die Weltwirtschaft und die weitere Öffnung der Weltmärkte setzen kann;

xvii)

im Zusammenhang mit den Dienstleistungen der Informationsgesellschaft und Telekommunikationsdienstleistungen zu berücksichtigen, dass im Rahmen der TTIP unbedingt nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit für faire Wettbewerbsbedingungen und einen gleichberechtigten und transparenten Zugang von EU-Dienstleistungsunternehmen zum US-amerikanischen Markt gesorgt werden muss und Dienstleistungsunternehmen aus den USA dazu verpflichtet werden müssen, bei der Erbringung von Dienstleistungen in Europa oder für europäische Kunden alle einschlägigen, branchen- oder produktspezifischen Sicherheitsstandards und Verbraucherrechte einzuhalten und zu erfüllen;

xviii)

über eine rechtsverbindliche allgemeine Klausel, die auf das Abkommen in seiner Gesamtheit Anwendung findet, und unter Einhaltung des Übereinkommens der UNESCO zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen sicherzustellen, dass die Vertragsparteien das Recht haben, unabhängig von der genutzten Technologie oder Verbreitungsplattform Maßnahmen (insbesondere Regulierungs- und/oder Finanzierungsmaßnahmen) zum Schutz und zur Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt im Einklang mit den einschlägigen Artikeln im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie der Freiheit und des Pluralismus der Medien zu treffen oder fortzusetzen, wobei zu beachten ist, dass audiovisuelle Dienste ausdrücklich nicht Teil des Mandats sind, das die Mitgliedstaaten der Kommission erteilt haben;

xix)

klarzustellen, dass die Befugnis der EU oder der EU-Mitgliedstaaten, die Kulturwirtschaft und Dienstleistungen im Bereich Kultur, Bildung, audiovisuelle Medien und Pressedienste mit Beihilfen und finanziell zu unterstützen, durch keine Bestimmung des Abkommens beeinträchtigt werden darf;

xx)

zu bestätigen, dass weder das System der Buchpreisbindung noch die Preisfestsetzung für Zeitungen und Zeitschriften durch nach dem TTIP-Abkommen geltende Verpflichtungen beeinträchtigt werden;

(xxi)

mit einer allgemeinen Klausel sicherstellen, dass das Recht der EU-Mitgliedstaaten gewahrt wird, Maßnahmen in Bezug auf die Bereitstellung von Unterricht, Erziehung und Kultur, mit denen kein Erwerbszweck verfolgt bzw. die nicht in irgendeiner Form staatlich finanziert oder unterstützt werden, anzunehmen bzw. zu bewahren, und gewährleisten, dass privat finanzierte ausländische Anbieter die gleichen Qualitäts- und Akkreditierungsanforderungen erfüllen wie inländische Anbieter;

xxii)

angesichts des großen Interesses europäischer Unternehmen, vor allem von KMU, sowohl auf Bundesebene als auch auf bundesstaatlicher Ebene in den USA diskriminierungsfreien Zugang zu öffentlichen Aufträgen, beispielsweise für Baudienstleistungen, im Hoch- und Tiefbau, für Verkehrs- und Energieversorgungsinfrastruktur sowie für Waren und Dienstleistungen zu erlangen, in Bezug auf das Kapitel über öffentliche Aufträge einen ehrgeizigen Ansatz zu verfolgen und sicherzustellen, dass das Kapitel den neuen EU-Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen entspricht, damit das große Ungleichgewicht, das derzeit in Bezug auf den Umfang des Zugangs zu den Märkten für öffentliche Aufträge auf beiden Seiten des Atlantik besteht, nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit beseitigt wird und der US-amerikanische Markt, der nach wie vor dem Buy American Act von 1933 unterliegt, sowohl auf Bundesebene als auch auf bundesstaatlicher Ebene wesentlich stärker geöffnet wird, und zwar ausgehend von den Verpflichtungen im Rahmen des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen und durch Aufhebung der Beschränkungen, die in den USA derzeit auf Bundesebene sowie auf bundesstaatlicher und lokaler Ebene bestehen; Verfahren vorzusehen, mit denen garantiert wird, dass von den Bundesbehörden der USA eingegangene Verpflichtungen auf allen politischen und administrativen Ebenen geachtet werden;

xxiii)

dafür zu sorgen, dass die USA die Transparenz der in ihrem Hoheitsgebiet geltenden Verfahren für die Auftragsvergabe verbessert, sodass offene, diskriminierungsfreie und berechenbare Verfahrensvorschriften geschaffen werden können, die Unternehmen aus den USA und der EU, insbesondere KMU, einen gleichberechtigten Zugang ermöglichen, wenn sie sich um öffentliche Aufträge bewerben;

xxiv)

die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA auf internationaler Ebene dahingehend voranzutreiben, dass gemeinsame Nachhaltigkeitsstandards für das öffentliche Beschaffungswesen bei Behörden auf allen Bundes- und bundesstaatlichen Ebenen gefördert werden — unter anderem, indem das kürzlich überarbeitete Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen umgesetzt wird und Unternehmen die Standards der sozialen Verantwortung, die auf den Leitsätzen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für multinationale Unternehmen beruhen, annehmen und befolgen;

xxv)

sicherzustellen, dass die US-Bundesstaaten in den Verhandlungsprozess einbezogen werden, damit durch die Öffnung des US-amerikanischen Marktes für öffentliche Aufträge für EU-Unternehmen wirklich etwas bewegt wird;

xxvi)

im Zusammenhang mit öffentlichen Aufträgen zu beachten, dass Verteidigung und Sicherheit sensible Bereiche sind, und den Zielen Rechnung zu tragen, die 2013 im Rahmen des Verteidigungsrates von den Staats- und Regierungschefs festgelegt wurden, um den Aufbau eines europäischen Sicherheits- und Verteidigungsmarktes und einer technologischen und industriellen Basis der europäischen Verteidigung (EDTIB) voranzubringen;

xxvii)

sicherzustellen, dass es bei den Verhandlungen über Ursprungsregeln darum geht, die Ansätze der EU und der USA miteinander in Einklang zu bringen und wirksame Ursprungsregeln festzulegen, die nicht unter Berufung auf andere geltende Abkommen umgangen werden können, und die Verhandlungen als Gelegenheit zu begreifen, in Bezug auf die obligatorische Ursprungskennzeichnung von Erzeugnissen auf einheitliche Standards hinzuarbeiten; dem Umstand Rechnung zu tragen, dass nun, da die Verhandlungen über das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der EU und Kanada abgeschlossen sind und das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Mexiko möglicherweise ausgeweitet wird, auf die Möglichkeit und den Umfang einer Kumulierung eingegangen werden muss; dabei jedoch im Blick zu behalten, dass mit der TTIP das Ziel verfolgt wird, den Handel mit Erzeugnissen mit Ursprung in den USA bzw. der EU zu erleichtern und Einfuhren aus Drittländern zu untersagen, dass Ausnahmen für bestimmte Erzeugnisse deshalb fallweise betrachtet werden müssen und in sensiblen Bereichen eine Ausnahme von allen Arten der Kumulierung gewährt werden sollte;

xxviii)

sicherzustellen, dass die TTIP ein offenes Abkommen ist, und zu ermitteln, wie geschätzte Partner, die sich für die TTIP-Verhandlungen interessieren, weil sie mit der EU oder den Vereinigten Staaten Abkommen über eine Zollunion geschlossen haben, besser über die Entwicklungen informiert werden können;

c)

im Hinblick auf die regulierungstechnische Zusammenarbeit und Kohärenz sowie nichttarifäre Handelshemmnisse:

i)

sicherzustellen, dass mit dem Kapitel über die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen die Voraussetzungen für ein transparentes, effektives, wettbewerbsfreundliches Wirtschaftsumfeld geschaffen werden, indem etwaige künftige nichttarifäre Handelshemmnisse, von denen KMU unverhältnismäßig stark betroffen wären, ermittelt und ausgeräumt werden und bei Handel und Investitionen für Erleichterungen gesorgt wird, sowie gleichzeitig ein Höchstmaß an Gesundheitsschutz und Sicherheit anzustreben und sicherzustellen — und zwar im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip nach Artikel 191 AEUV sowie gemäß den verbraucher-, arbeits-, umwelt- und tierschutzrechtlichen Vorschriften und im Sinne der kulturellen Vielfalt der EU; unter uneingeschränkter Achtung der Autonomie in Regelungsfragen, Gewährleistung größtmöglicher Transparenz und Einbeziehung der interessierten Kreise auf einen strukturierten Dialog und die Zusammenarbeit zwischen den Regulierungsstellen hinzuarbeiten; Querschnittsmaßnahmen zur Angleichung von Rechtsvorschriften und für Transparenz aufzunehmen, damit effiziente, kostengünstige und besser kompatible Vorschriften für Waren und Dienstleistungen erarbeitet und umgesetzt werden; die Verhandlungsführer auf beiden Seiten müssen entscheiden und genau festlegen, welche technischen Verfahren und Standards als grundlegend gelten und keinesfalls unterlaufen werden dürfen, bei welchen dieser Verfahren und Standards ein gemeinsamer Ansatz verfolgt werden kann, in welchen Bereichen auf der Grundlage gemeinsamer hoher Standards und eines zuverlässigen Marktüberwachungssystems die gegenseitige Anerkennung angestrebt wird und in welchen Bereichen — ausgehend von den Erfahrungen, die bei Gesprächen im Rahmen einer Vielzahl von Foren, wie dem Transatlantischen Wirtschaftsrat und dem Hochrangigen Forum für die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen, über Jahre gesammelt wurden — lediglich ein besserer Informationsaustausch möglich ist, und sie müssen auch dafür sorgen, dass das Abkommen sich nicht auf noch festzulegende Normen in jenen Bereichen auswirkt, in denen in den USA im Vergleich zur EU völlig andere Rechtsvorschriften oder Normen gelten, wie im Fall der Umsetzung geltender (Rahmen-)Vorschriften (wie REACH) oder beim Erlass neuer Rechtsvorschriften (z. B. für das Klonen) oder bei neuen Begriffsbestimmungen mit Auswirkungen auf das Schutzniveau (z. B. für chemische Stoffe mit endokriner Wirkung); sicherzustellen, dass in den im TTIP-Abkommen verankerten Bestimmungen über die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen weder Formvorschriften für den Erlass von EU-Rechtsakten, die von dem Abkommen betroffen sind, noch diesbezügliche einklagbare Rechte vorgesehen werden;

ii)

dafür zu sorgen, dass Verhandlungen über SPS- und TBT-Maßnahmen auf den wesentlichen Grundsätzen der multilateralen SPS- bzw. TBT-Übereinkommen beruhen, und die europäischen SPS-Normen und -Verfahren zu schützen; vor allem darauf hinzuarbeiten, dass unverhältnismäßig aufwändige SPS-Maßnahmen und die damit verbundenen Einfuhrverfahren abgeschafft oder deutlich gestrafft werden; insbesondere sicherzustellen, dass Vorabgenehmigungen, verbindliche Protokolle oder Kontrollen vor der Abfertigung keine Einfuhrmaßnahmen sind, die ständig zur Anwendung kommen; auf mehr Transparenz und Offenheit, die gegenseitige Anerkennung gleichwertiger Standards, den Austausch bewährter Verfahren, die Intensivierung des Dialogs zwischen Regulierungsstellen und interessierten Kreisen sowie auf eine stärkere Zusammenarbeit in den internationalen Normungsgremien hinzuarbeiten; bei den Verhandlungen über SPS- und TBT-Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die hohen Standards, die in der EU im Interesse der Lebensmittelsicherheit und zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen eingeführt wurden, in keiner Weise beeinträchtigt werden;

(iii)

anzuerkennen, dass in den Bereichen, in denen die EU und die USA sehr unterschiedliche Regelungen haben, dann eben keine Einigung erzielt werden wird, etwa bei öffentlichen Gesundheitsdiensten, GVO, beim Einsatz von Hormonen in der Rinderzucht, REACH und dessen Umsetzung sowie beim Klonen von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke, und fordert daher, dass über diese Fragen nicht verhandelt wird;

iv)

die USA aufzufordern, das Einfuhrverbot für Rindfleisch aus der EU aufzuheben;

v)

die bilaterale Zusammenarbeit mit Blick auf das Kapitel über die horizontale Zusammenarbeit in Regulierungsfragen zu fördern, damit unnötige Unterschiede, insbesondere in Bezug auf neue Technologien und Dienstleistungen, im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit der EU und der USA und eines besseren Angebots für die Verbraucher vermieden werden; zu diesem Zweck den Informationsaustausch sowie die Annahme und Umsetzung internationaler Instrumente zu verbessern und dabei das Subsidiaritätsprinzip zu achten und sich auf positive Beispiele — wie im Fall der ISO-Normen oder des Weltforums für die Harmonisierung der Regelungen für Kraftfahrzeuge (WP.29) der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) — zu stützen; zu bedenken, dass es mit Blick auf das Abkommen ein besonders großer Erfolg wäre, wenn für möglichst viele Vorschriften über die Fahrzeugsicherheitsvorschriften — bei Nachweis eines gleichwertigen Schutzniveaus — die Gleichwertigkeit anerkannt würde; sicherzustellen, dass im Zuge der jedem Rechtsakt vorausgehenden Folgenabschätzung nicht nur die Auswirkungen auf Handel und Investitionen, sondern auch die Folgen für Verbraucher und Umwelt eingeschätzt werden; die Kompatibilität von Regelungen zu fördern, dabei aber weder legitime regulatorische oder politische Zielsetzungen, noch die Zuständigkeiten der Rechtsetzungsinstanzen der EU oder der USA zu beeinträchtigen;

vi)

darauf hinzuarbeiten, dass in der Union weiterhin ein hohes Maß an Produktsicherheit gewährleistet ist, dabei aber unnötige Mehrfachtests zu vermeiden, mit denen vor allem im Fall kaum risikobehafteter Erzeugnisse nur Ressourcen vergeudet werden;

vii)

Zollangelegenheiten, die über die Regeln des Übereinkommens der WTO über Handelserleichterungen hinausgehen, zu klären und dabei hervorzuheben, dass der Verwaltungsaufwand nur dann wirklich verringert werden kann, wenn auf eine größtmögliche Angleichung von Zollvorschriften und grenzpolitischen Maßnahmen und Verfahren hingearbeitet wird;

viii)

im Rahmen der künftigen Zusammenarbeit in Regulierungsfragen genau festzulegen, welche Maßnahmen technische Handelshemmnisse betreffen und in Bezug auf Verwaltung und Formalitäten mit Doppelarbeit oder unnötigem Aufwand verbunden sind, und welche Maßnahmen grundlegende Normen und Regelungen oder Verfahren zur Verwirklichung von Zielen im öffentlichen Interesse betreffen;

ix)

die auf beiden Seiten des Atlantik bestehenden Regulierungssysteme und die Rolle des Europäischen Parlaments im Beschlussfassungsverfahren der EU sowie seine demokratische Kontrolle der EU-Regulierungsprozesse bei der Schaffung des Rahmens für die künftige Zusammenarbeit uneingeschränkt zu achten und dabei für größtmögliche Transparenz zu sorgen, in Bezug auf die Konsultationen, die Bestandteil der Ausarbeitung von Vorschlägen für Rechtsvorschriften sind, auf eine ausgewogene Einbeziehung der interessierten Kreise zu achten und den Rechtsetzungsprozess der EU nicht zu verzögern; die Aufgaben, die Zusammensetzung und den rechtlichen Status des Gremiums für die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen festzulegen und dabei zu berücksichtigen, dass jede direkte und verbindliche Anwendung der Empfehlungen dieses Gremiums auf einen Verstoß gegen die in den Verträgen festgelegten Rechtsetzungsverfahren hinausläuft; sicherzustellen, dass das Recht der nationalen, regionalen und lokalen Behörden, für die eigenen politischen Maßnahmen, vor allem im Bereich der Sozial- und der Umweltpolitik, selbst Vorschriften zu erlassen, vollständig gewahrt wird;

d)

im Hinblick auf die Regeln:

i)

die Verhandlungen über den Marktzugang und die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen mit der Aufstellung ambitionierter Regeln und Grundsätze zu verbinden, dabei aber zu beachten, dass jede Säule auch heikle Sachverhalte umfasst, zu denen unter anderem auch die Bereiche nachhaltige Entwicklung, Energie, KMU, Investitionen und staatseigene Unternehmen gehören;

ii)

sicherzustellen, dass das Kapitel über nachhaltige Entwicklung verbindlich und durchsetzbar ist und auf die umfassende und wirksame Ratifizierung, Umsetzung und Durchsetzung der acht grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und deren Inhalt, der Agenda für menschenwürdige Arbeit der IAO sowie der wichtigsten internationalen Übereinkommen im Umweltbereich ausgerichtet ist; die Bestimmungen müssen auf eine weitere Anhebung des Schutzniveaus bei Arbeits- und Umweltnormen abzielen; ein ehrgeiziges Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung muss auch Bestimmungen über die soziale Verantwortung von Unternehmen umfassen, die sich auf die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und einen klar strukturierten Dialog mit der Zivilgesellschaft stützen;

iii)

sicherzustellen, dass die Arbeits- und Umweltnormen nicht nur in dem Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung eine Rolle spielen, sondern gleichermaßen in andere Teilen des Abkommens einfließen, in denen es beispielsweise um Investitionen, den Handel mit Dienstleistungen, die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen und öffentliche Aufträge geht;

iv)

dafür zu sorgen, dass die Arbeits- und Umweltnormen durchsetzbar sind, und sich diesbezüglich auf die positiven Erfahrungen im Rahmen bestehender Freihandelsabkommen der EU und der USA sowie auf die nationale Gesetzgebung zu stützen; sicherzustellen, dass in Bezug auf die Umsetzung und die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen ein wirksames Überwachungsverfahren unter Einbindung von Sozialpartnern und Vertretern der Zivilgesellschaft zur Anwendung kommt und das für das gesamte Abkommen geltende allgemeine Streitbeilegungsverfahren gilt;

v)

sicherzustellen, dass Arbeitnehmer transatlantischer Unternehmen, die nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaates registriert sind, Zugang zu Informationen und Beratungsangeboten gemäß der Richtlinie über den europäischen Betriebsrat haben;

vi)

sicherzustellen, dass die Auswirkungen der TTIP auf Wirtschaft, Beschäftigung, Gesellschaft und Umwelt im Rahmen einer handelsbezogenen Ex-ante-Nachhaltigkeitsprüfung unter uneingeschränkter Einhaltung der Richtlinie der EU über handelsbezogene Nachhaltigkeitsprüfungen sowie unter klarer und strukturierter Einbeziehung aller interessierten Kreise, auch der Zivilgesellschaft, gründlich und objektiv untersucht werden; umfassende vergleichende Folgenabschätzungen für die einzelnen Mitgliedstaaten und eine Bewertung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaftszweige sowie der entsprechenden Wirtschaftszweige der USA durchzuführen, damit in Bezug auf die einzelnen Mitgliedstaaten Vorhersagen zu Beschäftigungseinbußen bzw. dem Beschäftigungszuwachs in den betreffenden Wirtschaftszweigen getroffen werden können, wobei die Anpassungskosten in Teilen aus dem EU-Haushalt und aus dem Haushalt des Mitgliedstaats gedeckt werden könnten;

vii)

an dem Ziel festzuhalten, in das TTIP-Abkommen ein gesondertes Kapitel über Energie, einschließlich Industrierohstoffe, aufzunehmen; sicherzustellen, dass beide Seiten im Verlauf der Verhandlungen Möglichkeiten zur Erleichterung von Erdgas- und Erdölausfuhren sondieren, damit durch die TTIP jegliche Einschränkungen oder Hindernisse für Kraftstoffeinfuhren, auch Flüssiggas- und Rohöleinfuhren, zwischen den beiden Handelspartnern beseitigt werden und ein wettbewerbsfähiger, transparenter und diskriminierungsfreier Energiemarkt entsteht, der der stärkeren Diversifizierung der Energiequellen, der besseren Absicherung der Energieversorgung und der Senkung der Energiepreise dient, wobei in dem Kapitel über Energie unbedingt auch klare Garantien dafür vorgesehen werden müssen, dass die Umweltnormen und die klimapolitischen Ziele der EU nicht untergraben werden; gemäß den Zusagen der G20, die Subventionen für fossile Brennstoffe stufenweise abzubauen, die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA mit Blick auf die Abschaffung der Kraftstoffsteuerbefreiungen für die kommerzielle Luftfahrt zu verstärken;

viii)

sicherzustellen, dass das Recht der Vertragspartner, selbst über die Exploration, Förderung und Gewinnung von Energiequellen zu entscheiden und diese entsprechend zu regulieren, von etwaigen Vereinbarungen unberührt bleibt, dass aber, sobald die Förderung beschlossen wurde, der Grundsatz der Nichtdiskriminierung gilt; zu bedenken, dass legitime, nichtdiskriminierende, demokratische Entscheidungen über die Energiegewinnung nach dem Vorsorgeprinzip durch keine Bestimmung des Abkommens beeinträchtigt werden sollten; sicherzustellen, dass die EU bzw. die USA Unternehmen auch den Zugang zu Rohstoffen und Energieträgern ohne Diskriminierung gewähren, und dass die für Energieerzeugnisse geltenden Qualitätsnormen eingehalten werden, so auch Normen für die durch ein Erzeugnis verursachten CO2-Emissionen, die beispielsweise in der Richtlinie über die Qualität von Kraftstoffen verankert sind;

ix)

sicherzustellen, dass die Nutzung und die Förderung umweltverträglicher Waren und Dienstleistungen, einschließlich deren Entwicklung, mit dem TTIP-Abkommen unterstützt und die Aus- und Einfuhr dieser Waren und Dienstleistungen erleichtert wird — mit dem Ziel, das große Potenzial für ökonomische und ökologische Vorteile, die die transatlantische Wirtschaft bietet, zu nutzen und die laufenden plurilateralen Verhandlungen über das Übereinkommen über umweltverträgliche Waren zu ergänzen und dadurch einen Beitrag im Kampf gegen die globale Erwärmung und zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in der umweltverträglichen Wirtschaft zu leisten;

x)

sicherzustellen, dass die TTIP als Forum für die Entwicklung gemeinsamer ehrgeiziger und verbindlicher Nachhaltigkeitsstandards für Energieerzeugung und Energieeffizienz dient, wobei die bereits geltenden Standards der Vertragspartner, wie die Richtlinie über die Energiekennzeichnung oder die Ökodesign-Richtlinie der EU, grundsätzlich berücksichtigt und eingehalten werden, und Möglichkeiten einer stärkeren Zusammenarbeit in der Energieforschung und bei der Entwicklung und Förderung emissionsarmer, umweltfreundlicher Technologien sowie entsprechender Innovationen zu ergründen;

xi)

sicherzustellen, dass die TTIP zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Fischereiressourcen beiträgt, insbesondere durch die Zusammenarbeit beider Parteien bei der Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU);

xii)

sicherzustellen, dass in das TTIP-Abkommen ein Kapitel über KMU aufgenommen wird, das auf den gemeinsamen Verpflichtungen der Verhandlungsparteien beruht und darauf abzielt, dass für europäische KMU (einschließlich Kleinstunternehmen) in den USA mehr Möglichkeiten entstehen, wobei die erfassten tatsächlichen Erfahrungen kleiner und mittlerer Exportunternehmen als Grundlage dienen, und dazu beispielsweise vorgesehen wird, die doppelte Zertifizierung abzuschaffen, ein Online-Informationssystem zu den verschiedenen Regelungen und bewährten Verfahren einzurichten, den Zugang zu Förderprogrammen für KMU zu erleichtern, an Grenzübergängen beschleunigte Abfertigungsverfahren einzuführen oder bestimmte weiterhin bestehende Spitzenzollsätze abzuschaffen; es sollten Mechanismen eingerichtet werden, in deren Rahmen die beiden Seiten gemeinsam daran arbeiten, KMU besser in die transatlantischen Handels- und Investitionsbeziehungen einzubeziehen — beispielsweis durch Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für KMU, bei deren Aufbau Akteure von KMU eine wesentliche Rolle spielen und bei der die benötigten konkreten Auskünfte über für die USA geltende Ausfuhr-, Einfuhr- oder Investitionsregelungen, einschließlich Zoll- und Steuerbestimmungen, Rechtsvorschriften, Zollverfahren und Marktchancen, eingeholt werden können;

xiii)

sicherzustellen, dass in das TTIP-Abkommen ein umfassendes Kapitel über Investitionen aufgenommen wird, in dem Bestimmungen über den Marktzugang und den Investitionsschutz vorgesehen werden und anerkannt wird, dass sich der Zugang zu Kapital positiv auf Beschäftigung und Wachstum auswirken kann; das Kapitel über Investitionen sollte darauf ausgerichtet sein, dass europäische und US-amerikanische Unternehmen, die sich im jeweils anderen Staatsgebiet niederzulassen beabsichtigen, ohne jegliche Diskriminierung behandelt werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass es einige sensible Wirtschaftsbereiche gibt; es sollte darum gehen, Europa für Investitionen attraktiver zu machen, in der EU das Vertrauen für Investitionen in den USA zu stärken sowie an die Verantwortung und die Verpflichtungen zu erinnern, an die Investoren unter anderem nach den Grundsätzen der OECD für multinationale Unternehmen und den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte gebunden sind;

xiv)

sicherzustellen, dass die Bestimmungen über den Investitionsschutz auf die Zeit nach der Niederlassung beschränkt und schwerpunktmäßig auf Inländerbehandlung, Meistbegünstigung, faire und gerechte Behandlung und den Schutz vor direkter und indirekter Enteignung, einschließlich des Rechts auf unverzügliche, angemessene und effektive Entschädigung, ausgerichtet sind; die Schutzstandards und die Definitionen der Begriffe „Investor“ und „Investition“ sollten juristisch präzise verfasst und so formuliert sein, dass das Recht, im öffentlichen Interesse Vorschriften zu erlassen, gewahrt ist, die Bedeutung des Begriffs „indirekte Enteignung“ klargestellt wird und unbegründete oder unseriöse Forderungen vermieden werden; der freie Kapitaltransfer sollte den Bestimmungen der EU-Verträge entsprechen, und für den freien Kapitalverkehr sollte eine zeitlich unbegrenzte aufsichtsrechtliche Ausnahmeregelung für den Fall einer Finanzkrise vorgesehen werden;

xv)

sicherzustellen, dass ausländische Investoren nicht diskriminierend behandelt werden, ohne dass sie dabei über größere Rechte als inländische Investoren verfügen und das ISDS-Verfahren durch ein neues Verfahren für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten zu ersetzen, das den demokratischen Grundsätzen entspricht und der demokratischen Kontrolle unterliegt, in dessen Rahmen etwaige Streitsachen in öffentlichen Verfahren transparent von öffentlich bestellten, unabhängigen Berufsrichtern verhandelt werden, eine Berufungsinstanz vorgesehen ist, die Kohärenz richterlicher Urteile sichergestellt wird die Rechtsprechung der Gerichte der EU und der Mitgliedstaaten geachtet wird und die Ziele des Gemeinwohls nicht durch private Interessen untergraben werden können,

xvi)

sicherzustellen, dass in das TTIP-Abkommen ein ambitioniertes, ausgewogenes und zeitgemäßes Kapitel über Rechte des geistigen Eigentums aufgenommen wird, in dem die Bereiche der Rechte des geistigen Eigentums, einschließlich der Anerkennung und des besseren Schutzes geographischer Angaben, genau festgelegt sind und ein gerechtes und effizientes Maß an Schutz verankert ist, das der notwendigen Reform des EU-Urheberrechts nicht im Wege steht und Grundlage für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Schutz der Rechte des geistigen Eigentums und dem öffentlichen Interesse ist, insbesondere in Bezug auf den Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln, der durch Aufrechterhaltung der Spielräume des TRIPS-Übereinkommens weiter erhalten bleiben muss;

xvii)

im Blick zu behalten, dass die EU und die USA weiterhin in den einschlägigen internationalen Gremien entschlossen und engagiert an den Gesprächen über die weltweite multilaterale Patentvereinheitlichung teilnehmen müssen, weshalb darauf verzichtet werden sollte, Bestimmungen über das materielle Patentrecht und insbesondere über Patentierbarkeit und Schonfristen in die TTIP aufzunehmen;

xviii)

sicherzustellen, dass in das Kapitel über Rechte des geistigen Eigentums keine Bestimmungen über die Haftung von Vermittlern im Internet oder über strafrechtliche Durchsetzungsinstrumente aufgenommen werden, zumal das Europäische Parlament diese Bestimmungen — auch im Zusammenhang mit dem vorgeschlagenen Übereinkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) — bereits abgelehnt hat;

xix)

die uneingeschränkte Anerkennung der geographischen Angaben und der Maßnahmen der EU im Falle einer missbräuchlichen Verwendung und irreführender Informationen und Verfahren sicherzustellen und diesbezüglich für einen soliden Rechtsschutz zu sorgen; als wesentliches Element eines ausgewogenen Abkommens vorzusehen, dass die Kennzeichnung, die Rückverfolgbarkeit und der tatsächliche Ursprung der betreffenden Erzeugnisse im Interesse der Verbraucher garantiert sind und das Know-How der Erzeuger geschützt wird;

e)

im Hinblick auf Transparenz, Einbindung der Zivilgesellschaft sowie öffentliche und politische Resonanz:

i)

die kontinuierlichen Bemühungen um mehr Transparenz bei den Verhandlungen fortzusetzen, indem der Öffentlichkeit mehr Verhandlungsvorschläge zugänglich gemacht werden, und die Empfehlungen der Europäischen Bürgerbeauftragten, insbesondere in Bezug auf die Vorschriften über den öffentlichen Zugang zu Dokumenten, umzusetzen;

ii)

dafür zu sorgen, dass die Bemühungen um Transparenz sinnvolle praktische Ergebnisse bringen, unter anderem, indem in Absprache mit dem US-amerikanischen Verhandlungspartner Maßnahmen eingeführt werden, die — unter Wahrung der gebotenen Vertraulichkeit — der Transparenz dienen, einschließlich des Zugangs der Mitglieder des Europäischen Parlaments zu allen Verhandlungsunterlagen (auch der konsolidierten Texte), damit die Mitglieder des Parlaments und die Mitgliedstaaten mit den interessierten Kreisen und der Öffentlichkeit konstruktive Gespräche führen können; dafür zu sorgen, dass beide Verhandlungspartner im Falle der Weigerung, einen Verhandlungsvorschlag offenzulegen, Gründe nennen;

iii)

auf eine noch stärkere Einbindung der Mitgliedstaaten, die der Kommission das Mandat für die Aufnahme von Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten erteilt haben, hinzuarbeiten, damit im Zuge dieser aktiven Einbeziehung erreicht wird, dass die europäischen Bürger — im Sinne der Schlussfolgerungen des Rates vom 20. März 2015 — besser über den Inhalt und die potenziellen Vorteile des Abkommens informiert sind, sodass in Europa eine breite, fundierte öffentliche Debatte über die TTIP stattfinden kann und konkrete Vorbehalte in Bezug auf das Abkommen zur Sprache kommen;

iv)

den kontinuierlichen, transparenten Dialog mit einer Vielzahl interessierter Kreise während des Verhandlungsprozesses noch zu verstärken; alle interessierten Kreise sollten sich aktiv beteiligen und Anregungen sowie Informationen beisteuern, die für die Verhandlungen von Bedeutung sind;

v)

die Mitgliedstaaten dazu aufzufordern, die nationalen Parlamente im Einklang mit den entsprechend geltenden verfassungsmäßigen Pflichten einzubeziehen, um sich den zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nötigen Rückhalt zu verschaffen und eine stärkere Resonanz bei den nationalen Parlamenten zu erreichen, sodass die Parlamente während der Verhandlungen angemessen informiert sind;

vi)

auf enge Beziehungen zum Parlament zu setzen und sich für einen noch intensiveren, strukturierten Dialog einzusetzen, da das Parlament den Verhandlungsprozess weiter genau überwachen und seinerseits weiterhin mit der Kommission, den Mitgliedstaaten und dem Kongress und der Regierung der Vereinigten Staaten sowie allen interessierten Kreisen dies- und jenseits des Atlantik in Kontakt stehen wird, um dafür zu sorgen, dass das erzielte Ergebnis den Bürgern — der EU, der USA und darüber hinaus — zugute kommt;

vii)

sicherzustellen, dass die TTIP und die künftige Umsetzung des Abkommens von einer Vertiefung der transatlantischen parlamentarischen Zusammenarbeit begleitet wird, die bei den Erfahrungen des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber ansetzt und daran anknüpft, sodass in der Zukunft ein noch weiter gefasster und verbesserter politischer Rahmen für die Erarbeitung gemeinsamer Konzepte, die Stärkung der strategischen Partnerschaft und den Ausbau der globalen Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA entstehen kann;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung mit den Empfehlungen des Europäischen Parlaments der Kommission und zur Information dem Rat, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Kongress der Vereinigten Staaten zu übermitteln.


(1)  http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-11103-2013-DCL-1/en/pdf

(2)  http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_Data/docs/pressdata/en/ec/141920.pdf

(3)  http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/EN/foraff/145906.pdf

(4)  http://europa.eu/rapid/press-release_STATEMENT-14-1820_en.htm

(5)  http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-79-2014-INIT/de/pdf

(6)  http://ec.europa.eu/priorities/docs/pg_en.pdf

(7)  http://ec.europa.eu/news/2014/docs/c_2014_9052_en.pdf

(8)  http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-2341_de.htm

(9)  http://ec.europa.eu/dgs/health_consumer/information_sources/docs/from_farm_to_fork_2004_en.pdf

(10)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/januar/tradoc_153022.pdf.

(11)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/january/tradoc_153023.pdf

(12)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/january/tradoc_153024.pdf

(13)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/january/tradoc_153025.pdf

(14)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/january/tradoc_153026.pdf

(15)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/january/tradoc_153027.pdf

(16)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/january/tradoc_153028.pdf

(17)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/january/tradoc_153029.pdf

(18)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/january/tradoc_153030.pdf

(19)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/january/tradoc_153031.pdf

(20)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/january/tradoc_153032.pdf

(21)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/february/tradoc_153120.pdf

(22)  http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/may/tradoc_152512.pdf

(23)  http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52015DC0127&from=DE

(24)  ABl. C 68 E vom 7.3.2014, S. 53.

(25)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0227.

(26)  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0009.

(27)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0230.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/48


P8_TA(2015)0264

Initiative für grüne Beschäftigung

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zur Initiative für grüne Beschäftigung: Nutzung des Potenzials der grünen Wirtschaft zur Schaffung von Arbeitsplätzen (2014/2238(INI))

(2017/C 265/06)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Initiative für grüne Beschäftigung: Nutzung des Potenzials der grünen Wirtschaft zur Schaffung von Arbeitsplätzen“ (COM(2014)0446),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Grüner Aktionsplan für KMU“ (COM(2014)0440),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Hin zu einer Kreislaufwirtschaft: Ein Null-Abfallprogramm für Europa“ (COM(2014)0398),

unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen mit dem Titel „Exploiting the employment potential of green growth“ (Nutzung des Beschäftigungspotenzials des grünen Wachstums) (SWD(2012)0092),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 6. Dezember 2010 zum Thema „Beschäftigungspolitische Maßnahmen für eine wettbewerbsfähige, CO2-arme, ressourcenschonende und grüne Wirtschaft“,

unter Hinweis auf den Beschluss 2010/707/EU des Rates vom 21. Oktober 2010 über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen mit dem Titel „Grüner Aktionsplan für KMU und Initiative für grüne Beschäftigung“,

unter Hinweis auf die Studie der OECD/des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung des Jahres 2014 zum Thema grünere Kompetenzen und Arbeitsplätze, Studien der OECD zum grünen Wachstum („Greener Skills and Jobs, OECD Green Growth Studies“),

unter Hinweis auf den Bericht des europäischen Beobachtungsgremiums für die Beschäftigung vom April 2013 mit dem Titel „Förderung grüner Beschäftigung in der Krise: Ein Handbuch bewährter Verfahren in Europa 2013“ („Promoting green jobs throughout the crisis: a handbook of best practices in Europe 2013“),

unter Hinweis auf den Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation/des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung aus dem Jahr 2011mit dem Titel „Kompetenzen für grüne Beschäftigung: Ein globaler Überblick. Ein Synthesebericht auf der Grundlage von Untersuchungen in 21 Ländern“ („Skills for green jobs: a global view: synthesis report based on 21 country studies“),

unter Hinweis auf den 2010 veröffentlichten Bericht des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung mit dem Titel „Kompetenzen für grüne Beschäftigung — ein Synthesebericht über Europa“ („Skills for green jobs — European synthesis report“),

unter Hinweis auf die Eurofound-Berichte mit den Titeln „Arbeitsbeziehungen und Nachhaltigkeit: Die Rolle der Sozialpartner beim Übergang zu einer umweltverträglichen Wirtschaft“ („Industrial Relations and Sustainability: the role of social partners in the transition towards a green economy“) aus dem Jahr 2011 und „Ökologisierung der europäischen Wirtschaft: Reaktionen und Initiativen von Mitgliedstaaten und Sozialpartnern“ („Greening the European economy: responses and initiatives by Member States and social partners“) aus dem Jahr 2009 sowie zur Antizipation und zum Umgang mit den Auswirkungen der ökologischen Ausrichtung von Industrien in der EU auf die Quantität und Qualität von Arbeitsplätzen („Greening of Industries in the EU: anticipating and managing the effects on quantity and quality of jobs“) aus dem Jahr 2013,

unter Hinweis auf das OECD/CFE-LEED-Arbeitsdokument vom 8. Februar 2010 zu grüner Beschäftigung und grünen Kompetenzen und zur Bedeutung der Bewältigung des Klimawandels für den Arbeitsmarkt auf lokaler Ebene („Green jobs and skills: the local labour market implications of addressing climate change“),

unter Hinweis auf die Begriffsbestimmung eines „grünen Arbeitsplatzes“ der IAO und des UNEP als einer menschenwürdigen Erwerbstätigkeit in den Bereichen Landwirtschaft, Industrie, Dienstleistungen oder Verwaltung, die aufgrund ihres Inhalts einen Beitrag dazu leistet, die Qualität der Umwelt zu erhalten oder wiederherzustellen;

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Dezember 2013 zum Thema „Öko-Innovation — Arbeitsplätze und Wachstum durch Umweltpolitik“ (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. März 2012 zu einem Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050 (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. September 2010 zu der Weiterentwicklung des Beschäftigungspotenzials einer neuen, nachhaltigen Wirtschaft (3),

gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten sowie die Stellungnahmen des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A8-0204/2015),

A.

in der Erwägung, dass weltweite Tendenzen wie die ineffiziente Nutzung von Ressourcen, eine nicht nachhaltige Belastung der Umwelt und der Klimawandel sich einer Grenze annähern, jenseits derer die Auswirkungen auf unsere Gesellschaften und unsere Umwelt unumkehrbar sind, und in der Erwägung, dass zunehmende soziale Ausgrenzung und Ungleichheiten für unsere Gesellschaften eine Herausforderung darstellen;

B.

in der Erwägung, dass im Bericht der Europäischen Umweltagentur von 2015 hervorgehoben wird, dass die derzeitigen Maßnahmen nicht angemessen sind, um die Ziele im Hinblick auf den Schutz der Artenvielfalt, die Verringerung der Nutzung fossiler Brennstoffe und die Bekämpfung des Klimawandels zu verwirklichen und um zu verhindern, dass sich der Klimawandel auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt auswirkt;

C.

in der Erwägung, dass die Tatsache, dass diesen gemeinsamen Herausforderungen keine kohärenten politischen Maßnahmen entgegengesetzt werden, zu dem Risiko führt, dass ein wesentlicher Teil des Potenzials eines ökologischen, sozial inklusiven Wandels zur Schaffung von nachhaltigen Arbeitsplätzen ungenutzt bleibt;

D.

in der Erwägung, dass als Reaktion auf diese Bedrohung die Entwicklung neuer Wirtschaftszweige, Veränderungen in vielen weiteren Wirtschaftszweigen und der Rückgang einiger Wirtschaftszweige, beispielsweise jener, die zu einer starken Umweltverschmutzung führen, zu beobachten sind; in der Erwägung, dass der Schwerpunkt auf Innovationen und Möglichkeiten gelegt werden muss, die Verschmutzung zu verringern; in der Erwägung, dass in Bezug auf einige rückläufige Wirtschaftszweige besonders darauf geachtet werden muss, dass die Arbeitnehmer umgeschult werden und Zugang zu Beschäftigungsalternativen erhalten; in der Erwägung, dass Investitionen in den Bereichen, denen im Rahmen der Agenda der Kommission für grüne Arbeitsplätze Vorrang eingeräumt wird und zu denen auch die Bereiche Recycling, Biodiversität, Energieeffizienz, Luftqualität und sämtliche Technologien im Bereich erneuerbare Energien gehören, das Potenzial bergen, die Schaffung von Arbeitsplätzen, auch in dünn besiedelten Gebieten, erheblich zu fördern;

E.

in der Erwägung, dass den Angaben der Europäischen Umweltagentur zufolge der Sektor der „grünen“ Waren und Dienstleistungen zwischen 2000 und 2011 um über 50 % gewachsen ist und dass in diesem Bereich über 1,3 Millionen Arbeitsplätze geschaffen wurden, und in der Erwägung, dass nach Berechnungen der Kommission bis 2020 in Europa 20 Millionen neue Arbeitsplätze im Wirtschaftszweig erneuerbare Energiequellen entstehen werden; in der Erwägung, dass eine ehrgeizige und kohärente Politik der EU und Investitionen in erneuerbare Energien, Forstwirtschaft, nachhaltige Landwirtschaft und Bodenschutz (zur Verhinderung und Bekämpfung hydrologischer Instabilitäten) das Potenzial bergen, die Schaffung von Arbeitsplätzen erheblich zu fördern;

F.

in der Erwägung, dass das Ziel der nachhaltigen Entwicklung im Vertrag von Lissabon niedergelegt ist und die Verwirklichung dieses Ziels impliziert, dass Umweltbelangen dieselbe Bedeutung wie wirtschaftlichen und sozialen Belangen zukommt;

G.

in der Erwägung, dass im Rahmen der Strategie Europa 2020 zur Förderung intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums anerkannt wird, dass der Übergang zu grünen, sozial gerechten Volkswirtschaften von entscheidender Bedeutung ist;

H.

in der Erwägung, dass mangelnde Flexibilität auf den Arbeitsmärkten die Schaffung von Arbeitsplätzen verhindert, wogegen ein EU-Arbeitsmarkt, auf dem Wettbewerb gegeben ist, zur Verwirklichung der Beschäftigungsziele der Strategie Europa 2020 beitragen kann;

I.

in der Erwägung, dass sich die EU und ihre Mitgliedstaaten auf der Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen in Cancún im Jahr 2010 verpflichtet haben, für einen für die Arbeitnehmerschaft gerechten Übergang zu sorgen, in dessen Rahmen für menschenwürdige Arbeit und hochwertige Arbeitsplätze gesorgt ist; in der Erwägung, dass ein für alle gerechter Übergang zu einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaft gut gesteuert sein muss, um zu dem Ziel nachhaltiger, langfristiger Beschäftigung für alle — zu der auch hochqualifizierte Beschäftigung gehört — , sozialer Inklusion und Beseitigung der Armut beizutragen;

J.

in der Erwägung, dass zu den fünf Säulen eines „gerechten Übergangs“ Konsultationen und die Einbeziehung von Gewerkschaften, Investitionen in grüne und menschenwürdige Beschäftigung, grüne Kompetenzen, die Achtung der Arbeitnehmer- und Menschenrechte sowie der Sozialschutz von Arbeitnehmern und bestimmten Gruppen zählen, wobei Letzterem bei dem Übergang von einer Wirtschaft mit hohem CO2-Ausstoß zu einer Wirtschaft mit niedrigem CO2-Ausstoß oberste Priorität zukommt;

K.

in der Erwägung, dass eine intensive Beteiligung der Arbeitnehmer an dem Wandel wesentlich ist, um für ein stärkeres Umweltbewusstsein und für ein Verständnis dafür zu sorgen, dass Ressourceneffizienz notwendig ist und dass sichergestellt werden muss, dass die menschlich bedingten Umweltauswirkungen abnehmen;

L.

in der Erwägung, dass das Potenzial für mehr grüne Arbeitsplätze durch einen Mangel an Kompetenzen und ein Missverhältnis beeinträchtigt wird, die auf eine ganze Reihe von Faktoren zurückzuführen sind, unter anderem auf sich in Bezug auf Nachhaltigkeit ändernde Lehrpläne, bekannte Mängel in bestimmten Wirtschaftszweigen, einen Mangel an Studenten mit den erforderlichen MINT-Kompetenzen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) und den erforderlichen IT-Kompetenzen sowie auf den Umstand, dass in einigen Wirtschaftszweigen eine Geschlechterkonzentration und kein ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen herrscht;

M.

in der Erwägung, dass Nachweise dafür vorliegen, dass Investitionen in Energie- und Ressourceneffizienz, die Weiterentwicklung der Versorgungskette im Rahmen einer eindeutigen industriepolitischen Strategie und einer Verlagerung der Steuern von Beschäftigung auf andere Quellen das Potenzial bergen, die Schaffung von Arbeitsplätzen positiv zu beeinflussen;

N.

in der Erwägung, dass sich Europa in einem globalen Wettbewerb befindet und bezahlbare Energiekosten, die Vollendung des EU-Binnenmarktes und ein verbessertes Investitionsklima für nachhaltiges Wachstum sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen eine entscheidende Rolle spielen;

O.

in der Erwägung, dass bestimmte Wirtschaftszweige, beispielsweise die energieeffiziente Gebäudesanierung, ortsgebunden sind und nicht aus- oder verlagert werden können;

P.

in der Erwägung, dass Unsicherheit, eine mangelnde Kohärenz bei der politischen Ausrichtung sowie das Fehlen klarer Ziele Investitionen, den Kompetenzerwerb und FuE behindern und somit der Entwicklung von Beschäftigungsmöglichkeiten zuwiderlaufen;

Q.

in der Erwägung, dass eine Schärfung des Bewusstseins in der Gesellschaft für die Bedeutung einer grünen Wirtschaft zu mehr Beschäftigungsmöglichkeiten führen würde;

R.

in der Erwägung, dass eindeutige, feststehende, mittel- bis langfristige Ziele, zu denen auch die Ziele der EU in den Bereichen erneuerbare Energien und Verschmutzung gehören, wichtige Motoren für den Wandel sein können und dass in diesem Zusammenhang auch die Rechtsvorschriften der EU eine wichtige Rolle spielen; in der Erwägung, dass gezielte Investitionen — auch in den Ausbau der Versorgungsketten innerhalb der EU –, die zur Schaffung von Arbeitsplätzen führen, auf einem eindeutigen politischen Handlungsrahmen beruhen und in Übereinstimmung mit diesem Rahmen getätigt werden sollten;

S.

in der Erwägung, dass der öffentliche Sektor und die lokalen und regionalen Behörden eine entscheidende Rolle dabei spielen können, den Wandel hin zu einer grünen Wirtschaft und die Schaffung eines inklusiven Arbeitsmarkts zu erleichtern;

T.

in der Erwägung, dass Instrumente wie das EU-Umweltzeichen (Ecolabel), EMAS und das umweltgerechte öffentliche Beschaffungswesen zur Schaffung grüner Arbeitsplätze beitragen;

U.

in der Erwägung, dass die Kleinstunternehmen sowie die kleinen und mittleren Unternehmen in der EU zu den wichtigsten Beschäftigungsmotoren gehören, weit über 80 % aller Arbeitsplätze bereitstellen und in vielen „grünen“ Wirtschaftszweigen eine Vorreiterrolle gespielt haben; in der Erwägung, dass sie jedoch auf besondere Schwierigkeiten bei der Antizipation der erforderlichen Kompetenzen und die Ausschöpfung des Beschäftigungspotenzials stoßen könnten;

V.

in der Erwägung, dass die integrierten Leitlinien einen zentralen Aspekt der Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten darstellen und die Grundlage der länderspezifischen Empfehlungen bilden, und in der Erwägung, dass mit ihnen die Ziele der Strategie Europa 2020 gestützt werden sollten, insbesondere das Beschäftigungsziel, unter anderem durch die Förderung der Schaffung hochwertiger, vor allem auch grüner Arbeitsplätze;

W.

in der Erwägung, dass Frauen im gleichen Maße wie Männer von der Schaffung angemessener grüner Arbeitsplätze profitieren müssen und die „gläserne Decke“ durchbrochen werden muss;

X.

in der Erwägung, dass Frauen unverhältnismäßig stärker von der Krise und der Sparpolitik betroffen sind, und in der Erwägung, dass sich grüne Arbeitsplätze als krisenresistenter erwiesen haben als andere Arbeitsplätze;

Y.

in der Erwägung, dass in Wirtschaftszweigen mit niedrigem CO2-Ausstoß tendenziell eine höhere Arbeitsproduktivität herrscht und der Lohnanteil in diesen Wirtschaftszweigen weniger stark abgenommen hat als in den 15 Sektoren mit den höchsten Ausstößen;

Z.

in der Erwägung, dass den Daten des Eurobarometers zu „grünen“ Arbeitsplätzen in den KMU zu entnehmen ist, dass Energieeinsparungen und die Verringerung von Abfällen und des Rohstoffverbrauchs Maßnahmen sind, die von wirtschaftlichem Vorteil sind;

Umstellung auf eine grüne Wirtschaft — Chancen und Herausforderungen für den Arbeitsmarkt

1.

betont, dass durch den Wandel hin zu nachhaltigen Gesellschaften und Volkswirtschaften, einschließlich eines nachhaltigen Konsumverhaltens und einer entsprechenden Produktion, ein Potenzial für die Schaffung neuer hochwertiger Arbeitsplätze und für die Umwandlung der bestehenden Beschäftigung in grüne Arbeitsplätze entstehen kann, und zwar in praktisch allen Wirtschaftszweigen und entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von der Forschung bis hin zu Produktion, Vertrieb und Kundendienst und in neuen grünen Hochtechnologiesektoren wie dem Bereich der erneuerbaren Energien sowie in herkömmlichen Industriezweigen wie der verarbeitenden Industrie und dem Bauwesen, in der Landwirtschaft und der Fischerei und in Dienstleistungssektoren wie dem Tourismus, der Gastronomie, dem Verkehr und der Bildung; betont gleichzeitig, dass Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz nicht nur zur Schaffung zahlreicher Arbeitsplätze, sondern auch dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und Industrie in der EU zu wahren und die Energieabhängigkeit der EU zu verringern;

2.

betont, dass zwei Drittel der von der Natur bereitgestellten Güter, darunter fruchtbarer Boden, sauberes Wasser und saubere Luft, in zunehmendem Maße beeinträchtigt werden und dass die Erderwärmung und der Verlust biologischer Vielfalt an Grenzen stoßen, jenseits derer die Auswirkungen auf unsere Gesellschaften und die natürliche Umwelt unumkehrbar werden;

3.

weist darauf hin, dass kontinuierliches Wirtschaftswachstum nur möglich ist, wenn den Grenzen der Natur Rechnung getragen wird; betont in diesem Zusammenhang, dass im Rahmen der grünen Wirtschaft und der Kreislaufwirtschaft Lösungen für die Umwelt und für die Wirtschaft und die Gesellschaft im Allgemeinen bereitgestellt werden können;

4.

unterstreicht, dass die vollständige Umsetzung der Umweltrechtsvorschriften, eine verbesserte Einbeziehung von Umweltbelangen und mehr politische Kohärenz zwischen den einzelnen sektorspezifischen Politikfeldern der EU von entscheidender Bedeutung sind, wenn es darum geht, das Potenzial der grünen Wirtschaft voll auszuschöpfen und grüne Arbeitsplätze zu schaffen;

5.

weist darauf hin, dass im Bericht der Europäischen Umweltagentur von 2015 hervorgehoben wird, dass die derzeitigen Maßnahmen nicht angemessen sind, um die Ziele im Hinblick auf den Schutz der Artenvielfalt, die Verringerung der Nutzung fossiler Brennstoffe und die Bekämpfung des Klimawandels zu erreichen, und um zu verhindern, dass sich der Klimawandel auf die menschliche Gesundheit und auf den Zustand der Umwelt auswirkt;

6.

stellt fest, dass der Wandel ein wesentliches Potenzial birgt, was die Schaffung lokaler Arbeitsplätze angeht, die nicht verlagert werden können, und zwar in Bereichen, die nicht ausgelagert werden können, und in Wirtschaftszweigen, die von der Krise betroffen sind, wie beispielsweise das Bauwesen; stellt fest, dass starke Anzeichen dafür vorliegen, dass sich der grüne Wandel insgesamt positiv auf die Beschäftigung auswirken wird, was die Tatsache widerspiegelt, dass nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten, etwa Energieeinsparungen oder biologische Landwirtschaft, arbeitskräfteintensiver sind als die Tätigkeiten, die sie ersetzen, und das Potenzial bergen könnten, Regionen zu helfen, autarker zu werden;

7.

vertritt die Auffassung, dass eine anerkannte Bestimmung des Begriffs „grüner Arbeitsplatz“ angenommen werden sollte, die auf der Begriffsbestimmung der IAO und der Internationalen Konferenz der Arbeitsstatistiker beruhen sollte;

Gerechter Wandel und Schaffung von hochwertigen und nachhaltigen Arbeitsplätzen

8.

begrüßt die Erklärung der Kommission, in der dargelegt wird, dass die Umstrukturierung auf sozial vertretbare Weise abgewickelt werden sollte, und in der gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass Innovationen durch Unternehmen und Unternehmensumstrukturierungen notwendig sind;

9.

vertritt die Auffassung, dass es von entscheidender Bedeutung ist, den Arbeitnehmern geeignete Möglichkeiten zu bieten, sich die neuen, für die Kreislaufwirtschaft notwendigen Kompetenzen anzueignen, damit das Nettobeschäftigungspotenzial der grünen Wirtschaft voll ausgeschöpft werden kann;

10.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zum Schutz und zur Sanierung von öffentlichen Gebäuden anzuregen, damit die Energieeffizienz erhöht und der Verbrauch verringert werden kann;

11.

fordert die Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die Kommission auf, sich zu einem Plan für einen gerechten Wandel zu verpflichten, in dessen Rahmen ehrgeizige Umweltziele über die Förderung der folgenden Aspekte verfolgt werden: angemessener Sozialschutz und angemessene Vergütung, langfristige Beschäftigung und gesunde und sichere Arbeitsbedingungen, staatliche Investitionen in Programme für Bildung, Ausbildung und fachliche Qualifikation, Achtung der Arbeitnehmerrechte und Stärkung der Rechte der Arbeitnehmer im Hinblick auf Unterrichtung, Anhörung und Beteiligung in Bezug auf Belange im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung sowie einer wirksamen Arbeitnehmervertretung; fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Ziele zu verfolgen;

12.

weist erneut darauf hin, dass der überarbeitete strategische Rahmen der EU für Gesundheit und Sicherheit auch spezifischen Entwicklungen Rechnung tragen sollte, die in den neuen Wirtschaftszweigen bestehen;

13.

betont, dass der vorausschauende Umgang mit Veränderungen im Bereich Beschäftigung eines vorausschauendenden Veränderungsmanagements und einer verbesserten Erhebung hochwertiger Daten über den derzeitigen und künftigen Bedarf auf dem Arbeitsmarkt unter Einbeziehung der Hochschulen Europas bedarf, und dass eine langfristige Planung von wesentlicher Bedeutung ist, um zu erreichen, dass der Wandel wirksam vonstatten geht und zu einer höheren Beschäftigungsquote führt; betont, dass die lokalen und regionalen Behörden bei dem Wandel hin zu einer umweltverträglicheren Wirtschaft im Hinblick auf Bildung, Infrastrukturen, die Förderung lokaler Unternehmen und die Schaffung sicherer Arbeitsplätze mit durch Tarifverträge oder anderen nach den nationalen Rechtsvorschriften zulässigen Mitteln geregelten Gehältern eine wichtige Rolle spielen; weist darauf hin, dass der soziale Dialog ein wesentlicher Bestandteil des Veränderungsmanagements ist; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten, die regionalen und lokalen Regierungen und die Sozialpartner auf, ihrer Verantwortung nachzukommen und dieser Herausforderung unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips gemeinsam zu begegnen;

14.

stellt fest, dass die Rolle der Sozialpartner im Hinblick auf den Wandel hin zu grüner Beschäftigung in den vergangenen Jahren nach und nach zugenommen hat, erinnert allerdings daran, dass noch mehr getan werden muss, um für einen dauerhaften, nachhaltigen Sozialdialog zu sorgen, mit dem dazu beigetragen wird, die Herausforderungen zu bewältigen, die sich im Rahmen des Wandels hin zu einer wettbewerbsfähigen, ressourceneffizienten Wirtschaft mit geringem CO2-Ausstoß stellen;

15.

betont, dass die nationalen Regierungen unbedingt den sektoralen Sozialdialog fördern müssen, insbesondere in den aufstrebenden grünen Wirtschaftszweigen, und dass in diesen Dialog auch die KMU einbezogen werden müssen;

16.

stellt fest, dass einige Regionen aufgrund der geografischen Konzentration von energie- und ressourcenintensiven und zu Verschmutzung führenden Industrien oder aufgrund größerer Armut oder höherer Arbeitslosigkeit stärker von Veränderungen betroffen sind als andere; fordert die Mitgliedstaaten und die von der Europäischen Union unterstützten lokalen und regionalen Regierungen auf, mit den Sozialpartnern zusammenzuarbeiten und gemeinsam mit ihnen Pläne für eine gerechten Wandel umzusetzen, die Solidaritätsmechanismen für einen in sozialer Hinsicht gerechten, grünen Wandel der jeweiligen lokalen und regionalen Wirtschaft umfassen, und gleichzeitig die vom Wandel betroffenen Gruppen und Arbeitnehmer zu unterstützen und somit die Unsicherheiten zu verringern, die durch die Verlagerung von Arbeitsplätzen entstehen, und dafür zu sorgen, dass dem Bedarf an neuen beruflichen Kompetenzen entsprochen wird;

17.

betont, dass die lokalen Behörden eine zentrale Rolle spielen können, was die Förderung der Entstehung von Arbeitsplätzen in der grünen Wirtschaft sowie von mehr menschenwürdigen, inklusiven Arbeitsplätzen angeht, und zwar durch

„grüne“ Investitionen,

die Nutzung der Vorteile des öffentlichen Beschaffungswesens, was auch die Nutzung von Sozial- und Umweltklauseln im öffentlichen Beschaffungswesen umfasst,

die Schaffung von Partnerschaften, auch mit Ausbildungseinrichtungen, zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage auf dem lokalen Arbeitsmarkt,

die Unterstützung von grünen KMU und die Ökologisierung von KMU,

die Schaffung inklusiver, grüner Beschäftigungsprogramme, mit denen dafür gesorgt wird, dass auch gefährdete Gruppen vom grünen Wachstum profitieren;

18.

weist auf die Belege hin, durch die unterstrichen wird, dass das Eingehen der Führungsebene auf die Belegschaft wichtig ist, um für eine erhebliche Beteiligung der Arbeitnehmer bei der Verwirklichung dieser Veränderungen durch soziale Partnerschaft zu sorgen; empfiehlt, dass die „Ökologiebeauftragten“ der Gewerkschaften von den Arbeitgebern in die Maßnahmen für eine Stärkung der Ökologisierung der Wirtschaft und eine Verbesserung der Nachhaltigkeit an ihrem Arbeitsplatz einbezogen werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, gezielte Unterstützung für gemeinsame Initiativen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern für die Ökologisierung von Industrien bereitzustellen;

19.

vertritt die Auffassung, dass Pilotprojekte geschaffen werden sollten, um einige dieser Ziele zu unterstützen;

20.

begrüßt die Zusage der Kommission, die gezielten Mobilitätsprogramme im Rahmen des Programms für Beschäftigung und soziale Innovation (EaSI) zu nutzen, um die Mobilität von Arbeitsuchenden zu fördern;

Kompetenzen für grüne Beschäftigung

21.

begrüßt die Vorschläge der Kommission in Bezug auf die Instrumente für die Ausbildung von Kompetenzen und die Prognose des künftigen Bedarfs an Kompetenzen; betont, dass im Rahmen des Kompetenzerwerbs die Ausbildung von MINT-Kompetenzen gefördert werden sollte, da diese in der Wirtschaft von hohem Nutzen sind; betont allerdings, dass ein ehrgeizigeres Vorgehen und mehr Investitionen notwendig sind; ist der Auffassung, dass alle Interessenträger des Arbeitsmarkts auf allen Ebenen in hohem Maße eingebunden werden müssen, damit der künftige Bedarf an Kompetenzen ermittelt werden kann;

22.

fordert die Mitgliedstaaten auf, mit der Kommission zusammenzuarbeiten, um eine Datenbank einzurichten, in der mit grüner Beschäftigung zusammenhängende Ausbildungskurse und Stellenangebote aufgeführt werden, damit die Qualität der verfügbaren Informationen, Empfehlungen und Beratungen in Bezug auf solche Berufslaufbahnen und Kompetenzen verbessert wird, die erforderlich sind, um die durch die Ökologisierung der Wirtschaft gebotenen Beschäftigungschancen nutzen zu können;

23.

fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Erhebung von Daten in sämtlichen Branchen der grünen Wirtschaft durchgeführt wird, einschließlich der Sektoren, denen derzeit weniger Beachtung beigemessen wird, z. B. öffentliche Verkehrsmittel und Einzelhandel; fordert die Kommission auf, nicht nur die nationalen statistischen Ämter und die öffentlichen Arbeitsverwaltungen (ÖAV) zu unterstützen und den Einsatz quantitativer Modellierungsinstrumente zu fördern, sondern auch eine geschlechterspezifischen Perspektive in die Erhebung von Daten über sämtliche Sektoren der grünen Wirtschaft aufzunehmen;

24.

fordert die Kommission auf, eine geschlechterspezifische Perspektive in die Entwicklung neuer Methoden für die Erhebung, Aufschlüsselung und Analyse von Daten einzubeziehen, wie z. B. die Bearbeitung mithilfe des ökonometrischen Instruments FIDELIO oder die Zusammenarbeit mit Interessenträgern wie der Internationalen Konferenz der Arbeitsstatistiker;

25.

betont, dass mehr Gewicht auf die Überbrückung der Kompetenzlücke gelegt werden muss, indem der Kompetenzerwerb gefördert wird;

26.

fordert die Kommission auf, zur Förderung des Kompetenzerwerbs beizutragen, indem sie dafür sorgt, dass die Qualifikationen und die entsprechenden Bildungs- und Ausbildungspläne auf Ebene der EU aktualisiert werden;

27.

fordert die Kommission auf, mehr Gewicht auf die Nutzung von Klassifizierungssystemen wie der ESCO-Klassifikation zu legen, mit der Kompetenzlücken ermittelt werden können;

28.

betont, dass die Synergien zwischen den Bildungssystemen und den vermehrt entstehenden neuen grünen Arbeitsplätzen unbedingt besser genutzt werden müssen, indem für eine bessere Koordinierung zwischen den Bildungseinrichtungen und den Arbeitnehmerverbänden und anderen einschlägigen Organisationen gesorgt wird;

29.

fordert die Mitgliedstaaten, die regionalen Regierungen und lokalen Behörden auf, mit den Sozialpartnern und Anbietern von Fortbildungen Strategien für die Ausbildung von Kompetenzen und die Ermittlung der erforderlichen Kompetenzen anzunehmen und umzusetzen, um die allgemeinen, sektorspezifischen und tätigkeitsspezifischen Kompetenzen zu verbessern; betont zudem, dass Bildungseinrichtungen, Unternehmen, die Sozialpartner und Behörden Partnerschaften unterhalten und einander vertrauen müssen;

30.

stellt fest, dass diese Strategien eine gründliche Prüfung der Art und des Niveaus der grünen Arbeitsplätze, die geschaffen werden sollen, sowie der erforderlichen Qualifikationen und Kenntnisse umfassen sollten, damit vorhergesehen und ermittelt werden kann, in welchen Bereichen Qualifikationslücken bestehen und wo gezielte Berufsbildungsprogramme und Programme des lebenslangen Lernens notwendig sind, wobei der Schwerpunkt auf die Erzielung des richtigen Verhältnisses zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage gelegt werden muss, damit die Beschäftigung gesteigert werden kann; betont, dass sowohl freigesetzte Arbeitnehmer als auch gering qualifizierte Personen, die dem Risiko ausgesetzt sind, vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen zu werden, aktiv in diese Strategien einbezogen werden sollten, indem gewährleistet wird, dass die berufliche Fachbildung für diese Arbeitnehmer gezielt erfolgt sowie zugänglich und kostenlos ist;

31.

stellt fest, dass das Cedefop die Auffassung vertritt, es sei besser, die Lehrpläne anzupassen und Umweltbewusstsein sowie das Verständnis für nachhaltige Entwicklung und unternehmerische Effizienz als Lernziele in die Lehrpläne aufzunehmen, als neue Ausbildungsprogramme vorzuschlagen;

32.

fordert die Mitgliedstaaten und die regionalen und lokalen Behörden auf, die nachhaltige Entwicklung sowie ökologische Kenntnisse und Kompetenzen in die Bildungs- und Ausbildungssysteme aufzunehmen, insbesondere indem sie die Systeme der beruflichen Bildung stärken und Forschungsinstitute anregen, in Zusammenarbeit mit neuen „grünen“ Unternehmen Technologien, Projekte und Patente für „grüne“ Produkte zu entwickeln; fördert den Austausch von Ideen zwischen Forschungsinstituten und Netzwerken von Unternehmen und Fachkräften; erinnert daran, dass Kompetenzen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) von Bedeutung sind und dass dafür Sorge getragen werden muss, dass mehr Frauen MINT-Fächer studieren;

33.

fordert eine ehrgeizige Strategie für die Schaffung von nachhaltigen Arbeitsplätzen, die auch die Bewältigung des Missverhältnisses zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage umfasst und im Rahmen derer besonders darauf geachtet wird, dass der Qualifikationsbedarf einer ökologischeren Wirtschaft erfüllt wird;

34.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Entwicklung in diesem Bereich zu nutzen, um Stellen für die Ausbildung von hochqualifiziertem Personal zu schaffen, um jungen Menschen Fachwissen und eine fachliche Ausbildung zukommen zu lassen, und damit einen Beitrag zum Abbau der hohen Jugendarbeitslosigkeit zu leisten;

35.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, beim Wandel hin zu einer grünen Wirtschaft den Bedürfnissen von Frauen und Mädchen im Hinblick auf einen besseren Zugang zum lebenslangen Lernen Rechnung zu tragen, insbesondere, was die Bereiche mit einem großen Potenzial zur Schaffung neuer grüner Arbeitsplätze wie Wissenschaft, Forschung, Ingenieurwesen und neue und digitale Technologien anbelangt, um die Stellung der Frau in der Gesellschaft zu verbessern, geschlechtsspezifische Stereotypen abzubauen und Arbeitsplätze zu schaffen, die den besonderen Bedürfnissen und Fähigkeiten von Frauen in vollem Maße entsprechen;

36.

fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten sowie die regionalen und lokalen Behörden systematisch auf, die Gleichstellung der Geschlechter auf sämtlichen Ebenen in die Begriffsbestimmung, die Umsetzung und die Überwachung der Maßnahmen zur Schaffung grüner Arbeitsplätze aufzunehmen, um für Chancengleichheit zu sorgen, und dabei den Herausforderungen bei der Schaffung grüner Arbeitsplätze in ländlichen Regionen Rechnung zu tragen; fordert die Mitgliedstaaten sowie die regionalen und lokalen Behörden auf, weitere Bemühungen zu unternehmen, damit Frauen uneingeschränkt in die Gestaltung der Politik, die Beschlussfassung und die Umsetzung einer Strategie für grüne Beschäftigung, zu der umweltspezifische Qualifikationen zählen, einbezogen werden;

37.

fordert die Kommission auf, eine öffentliche Debatte über das Konzept „Bildungsmaßnahmen für eine nachhaltige Entwicklung“ einzuleiten und dieses Konzept zu fördern, wobei das Augenmerk auf der Bildung von Mädchen und Frauen liegen sollte; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Strategien zur Förderung einer verstärkten Teilnahme von Frauen an den Bildungsbereichen Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen, Mathematik und Unternehmertum zu fördern und die Agenda für grüne Arbeitsplätze mit der Stärkung der Rolle der Frau durch Bildung zu verknüpfen; fordert, dass die Teilnahme von Frauen an der beruflichen Bildung und die Ausschöpfung der Möglichkeiten für lebenslanges Lernen in Sektoren der grünen Wirtschaft durch entsprechende Maßnahmen gefördert werden;

38.

fordert die Kommission auf, eine europäische Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter für den Zeitraum 2015–2020 anzunehmen, die den Beschäftigungszielen der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum Rechnung trägt;

39.

betont, dass Behörden und öffentliche Dienste — unter Einbeziehung aller Akteure auf dem Arbeitsmarkt, darunter Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen — gezielte Maßnahmen treffen müssen, um die Qualifikationslücken zu schließen; fordert die Mitgliedstaaten und die regionalen und lokalen Behörden auf, Mechanismen einzuführen, um die Mitarbeiter der für Beschäftigung zuständigen Behörden und Dienste darin zu schulen, sicherzustellen, dass die Kompetenzen, die für grüne Arbeitsplätze benötigt werden, in die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen einfließen, und Instrumente zu entwickeln, mit denen die Ergebnisse solcher Schulungen bewertet werden können; betont, dass die europäischen Ausbildungseinrichtungen ihre Programme an dem Bedarf der grünen Wirtschaft und dem Arbeitsmarkt im Allgemeinen ausrichten müssen;

40.

fordert die Mitgliedstaaten auf, ein Regelungsumfeld zu schaffen, in dem Innovationen in die grüne Wirtschaft gefördert werden;

Politikkohärenz mit dem Ziel der vollen Ausschöpfung des Beschäftigungspotenzials nachhaltiger Wirtschaftszweige

41.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ehrgeizige, langfristige und integrative Regelungs-, Steuer- und Finanzrahmen für nachhaltige Investitionen anzunehmen und Innovationen zu fördern, damit das Beschäftigungspotenzial des Wandels vollständig ausgeschöpft werden kann; betont, dass der Maßnahmenrahmen langfristiger Natur sein und in diesem Sinne Ziele und Indikatoren umfassen sollte, mit deren Hilfe der Fortschritt in Bezug auf die Erreichung dieser Ziele gemessen werden kann;

42.

betont, dass die Koordinierung zwischen allen Kommissionsdienststellen und allen zuständigen Ministerien auf nationaler Ebene wichtig ist, wenn es darum geht, einen umfassenden, ressortübergreifenden Rahmen für den Wandel zu schaffen, in dem den Verteilungseffekten des Wandels die nötige Aufmerksamkeit geschenkt werden kann;

43.

weist darauf hin, dass das Anspruchsniveau der verbindlichen Zielvorgaben der Kommission im Bereich der erneuerbaren Energieträger und der Energieeffizienz sowie die Investitionen in Technologien für erneuerbare Energieträger und Programme für Energieeffizienz, zu denen sich die Mitgliedstaaten verpflichtet haben, über Erfolg oder Misserfolg der Initiative für grüne Beschäftigung entscheiden;

44.

betont, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten für kohärente Maßnahmen zuständig sind, die der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen und der gesteigerten Energieeffizienz förderlich sind und mit denen die Entwicklung und die Schaffung von hochwertigen Arbeitsplätzen auf lokaler und regionaler Ebene vorangetrieben wird; hebt hervor, dass Investitionen in erneuerbare Energiequellen und Energieeffizienz in den kommenden Jahren einer der wichtigsten Ausgangspunkte für die Schaffung von Arbeitsplätzen in der EU sein können;

45.

weist darauf hin, dass die territoriale energiewirtschaftliche Unabhängigkeit langfristig eines der Ziele der Wirtschafts- und Energiepolitik der Union bleibt; besteht darüber hinaus darauf, dass die territoriale Dimension der Investitionen zwingend berücksichtigt wird, da sie zur Umsetzung der Ziele der Union in Bezug auf den territorialen Zusammenhalt, Stadt und Land miteinander zu verbinden, beiträgt;

46.

begrüßt, dass die Kommission — unter Zugrundelegung der Vereinbarung von Cancún und nachfolgender Initiativen — das Thema menschenwürdige Arbeitsplätze in das Verhandlungsmandat der EU für die 21. Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Paris aufgenommen hat; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Agenda für einen gerechten Wandel Teil ihrer Verhandlungsposition bleibt;

47.

fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, verbindliche Energieeinspar- und Energieeffizienzziele festzulegen und Energieeffizienzzertifikate („weiße Zertifikate“) zu unterstützen, mit deren Hilfe die Verwirklichung der Energieeinsparziele der EU erleichtert werden soll; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Energieeffizienzrichtlinie wirksam um- und durchzusetzen und sich weiterhin zu verpflichten, zumindest die Energieeffizienzziele für 2030 zu erreichen;

48.

unterstützt die Zusagen der EU dahingehend, in Zusammenarbeit mit anderen internationalen Partnern weiter auf einen gerechten globalen Wandel hin zu einer inklusiven grünen Wirtschaft hinzuwirken;

49.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die neuen Bestimmungen der überarbeiteten Rechtsvorschriften der EU über das öffentliche Beschaffungswesen vollständig einzuhalten und umzusetzen und darüber nachzudenken, ob geprüft werden sollte, ob Umwelt- und Sozialkriterien in den Vorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen Arbeitsplätze in der ökologischeren Wirtschaft entstehen lassen könnten; betont, dass noch bestehende Rechtsunsicherheiten im Hinblick auf die Nutzung von Umwelt- und Sozialklauseln im öffentlichen Beschaffungswesen ausgeräumt werden könnten;

50.

fordert die Kommission auf, zur Wiederbelebung des Reparaturwesens beizutragen, wodurch neue Arbeitsplätze geschaffen würden, die per se umweltfreundlich sind;

51.

fordert die Mitgliedstaaten auf, den Beitrag öffentlicher Dienstleistungen zu einem gerechten Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu stärken, insbesondere indem sie proaktiv dafür Sorge tragen, dass Dienstleistungen in Bereichen wie Kommunikation, Energie, Verkehr oder Abfall- und Wasserbewirtschaftung in nachhaltiger Weise erbracht werden;

52.

bekundet seine tiefe Enttäuschung darüber, dass das Legislativpaket zur Kreislaufwirtschaft zurückgezogen wurde, dessen Bestimmungen voraussichtlich zur Schaffung von bis zu 180 000 Arbeitsplätzen allein im Bereich Abfallbewirtschaftung in der EU beigetragen hätten; fordert die Kommission daher auf, unter Achtung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten ihrer Zusage Rechnung zu tragen, so bald wie möglich einen Vorschlag für ehrgeizige abfallrechtliche Vorschriften vorzulegen, die auf die Eindämmung, die Formulierung neuer Ziele für die Wiederverwertung und die neue Festlegung der Berechnungskriterien des tatsächlich wiederverwerteten Materials abzielen;

53.

fordert die Kommission darüber hinaus auf, die Einführung von Kriterien zu prüfen, mit denen Unternehmen, die über ein vorbildliches und nachhaltiges System der Abfallbeseitigung verfügen, Anreize gegeben werden können;

54.

erkennt an, dass die Verknüpfung von nachhaltiger landwirtschaftlicher Erzeugung mit der Überwachung und dem Schutz der Artenvielfalt in landwirtschaftlichen Betrieben und der anschließende Einsatz eines intelligenten Systems zur Kennzeichnung der Umweltauswirkungen von landwirtschaftlichen Produkten zur Ankurbelung der Verbrauchernachfrage für biodiversitätsfreundliche Produkte ein beträchtliches Potenzial für grüne Beschäftigung in ländlichen Gebieten der EU darstellt;

55.

merkt an, dass nachhaltige Waldbewirtschaftung über ein wirkliches Potenzial zur Schaffung von Arbeitsplätzen verfügt und zugleich aktiv zum Klimaschutz und zum Schutz der Artenvielfalt beiträgt;

56.

fordert die Kommission auf, das Europäische Semester und die Überprüfung der Strategie Europa 2020 zu nutzen, um die Schaffung von grünen Arbeitsplätzen zu fördern; fordert die Kommission auf, länderspezifische Empfehlungen vorzulegen, mit denen zu mehr Beschäftigung und einem kleineren ökologischen Fußabdruck beigetragen werden kann, und fordert detaillierte und unabhängige Studien über Kosten und Nutzen einer Verlagerung von Steuerlasten (z. B. vom Faktor Arbeit auf den Faktor Umwelt) sowie die Abschaffung von Beihilfen bis 2020;

57.

betont, dass solche Empfehlungen eine Verlagerung von der Besteuerung der Arbeit auf andere Quellen umfassen sollten und dass mit einer solchen Steuerverlagerung das Ziel verfolgt werden sollte, umweltschädigendes Verhalten zu ändern, sie jedoch keine ungewollten Auswirkungen auf die Systeme der sozialen Sicherheit haben und nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung von Menschen mit geringem Einkommen führen darf;

58.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, direkt und indirekt umweltschädigende Subventionen, zu denen auch solche für fossile Brennstoffe gehören, schrittweise abzubauen; fordert die Kommission auf, Modelle zu entwickeln, die von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden können und mit denen die Besteuerung vom Faktor Arbeit auf den Faktor Umweltverschmutzung verlagert wird, und gemäß dem Verursacherprinzip den Umweltauswirkungen von Gütern und Dienstleistungen Rechnung zu tragen; fordert die Kommission auf, länderspezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten zu richten, die zur Förderung von grüner Beschäftigung und zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks beitragen können; fordert die Kommission ferner auf, auf proaktive Weise ökologische und klimabezogene Erwägungen in das Europäische Semester einzubeziehen, um die Schaffung von grünen Arbeitsplätzen zu unterstützen;

59.

fordert die Mitgliedstaaten auf, gezielte Subventionen und/oder Steuervergünstigungen für neugegründete Unternehmen sowie für Mikrounternehmen und kleine und mittlere Unternehmen einzuführen, die Güter und Dienstleistungen mit hohem ökologischen Mehrwert, etwa Produkte mit einem insgesamt verringerten Kohlenstoffgehalt, anbieten;

60.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bei ihrer Politik auf mehr Kohärenz und Stimmigkeit zu achten und substanziellere politische Verpflichtungen auf höchster Ebene in damit zusammenhängenden Bereichen einzugehen, wie etwa der Besteuerung von Finanztransaktionen sowie der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung;

61.

fordert die Kommission auf, ihr Engagement für die Strategie Europa 2020 zu bekräftigen und die Halbzeitüberprüfung unverzüglich — und spätestens bis 2015 — vorzulegen; fordert die Kommission auf, die Ziele im Rahmen des Europäischen Semesters unter Berücksichtigung des Anzeigers für makroökonomische Ungleichgewichte und die Überprüfung der Strategie Europa 2020 zu bekräftigen; fordert die Kommission auf, Vorschläge für ehrgeizigere Sozial- und Umweltziele für die Jahre 2030 und 2050 vorzulegen; betont, dass mit einer genauen, methodisch fundierten und gemeinsamen Überwachung grüner Arbeitsplätze die Mitgliedstaaten ferner bei der Beurteilung der Wirksamkeit ihrer Umwelt- und ihrer Arbeitsmarktpolitik unterstützt und die auf europäischer Ebene zur Erfassung der Fortschritte im Hinblick auf die beschäftigungspolitischen Leitlinien und zur Überwachung dieser Leitlinien im Rahmen von Europa 2020 entwickelten Instrumente gestärkt werden könnten;

62.

unterstreicht die Möglichkeiten, die durch das Klima- und Energiepaket 2030 bei der Schaffung von Arbeitsplätzen geboten werden, und die künftige Rolle, die den Vorschriften des Umweltrechts zukommt, wenn es darum geht, die langfristigen umweltpolitischen Ziele der EU zu erreichen sowie Arbeitsplätze und grünes Wachstum zu schaffen;

63.

fordert die Kommission auf, Innovation als Eckpfeiler der europäischen Industrie anzusehen und aktive Strategien zu entwickeln, mit denen dafür gesorgt wird, dass der soziale Wandel stets gut gesteuert ist und sich für die gesamte EU ein Nutzen ergibt; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Entstehung neuer Versorgungsketten und industrieller Netzwerke im Bereich der Ressourceneffizienz sowie bei Waren und Dienstleistungen durch eine nachhaltige Industriepolitik und auf die Marktentwicklung ausgerichtete Anreize zu unterstützen;

64.

betont, dass es notwendig ist, dass die Mitgliedstaaten ihre Volkswirtschaften auf eine von niedrigem CO2-Ausstoß geprägte, ressourcen- und energieeffiziente Zukunft vorbereiten, wobei der möglichen Gefahr von Verlagerungen von Arbeitsplätzen und von CO2-Emissionen aufgrund der Auswirkungen von Klimaschutzmaßnahmen Rechnung zu tragen ist;

65.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die internationalen Anstrengungen bei der Gestaltung einer globalen Umweltpolitik zu stärken, damit der durch die Verlagerung der industriellen Produktion aus der EU und die Verlagerung von CO2-Emissionen verursachte Schaden begrenzt wird;

66.

fordert die Kommission auf, ihren Vorschlag zur Reform des EU-Emissionshandelssystems (EHS) so bald wie möglich vorzulegen und der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, Industrien zu schützen, die einem erheblichen Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen ausgesetzt sind;

67.

fordert die Kommission auf, sich bei der Umsetzung der Energieunion mit grüner Beschäftigung zu befassen;

Investitionen in die Schaffung nachhaltiger Arbeitsplätze

68.

verweist auf die Notwendigkeit, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen angebots- und nachfrageorientierten Maßnahmen sicherzustellen, und ist der Auffassung, dass sich das richtige Verhältnis aus der Verknüpfung der Schaffung von Arbeitsplätzen mit der entsprechenden aktiven Arbeitsmarktpolitik ergibt, wobei die spezifischen Bedürfnisse der einzelnen lokalen Arbeitsmärkte berücksichtigt werden müssen;

69.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, u. a. im Rahmen des Europäischen Fonds für strategische Investitionen, hochwertige Investitionen zu fördern, die einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen mit sich bringen, z. B. nachhaltige und hochwertige Arbeitsplätze, die Gleichstellung der Geschlechter, hochwertige Bildung und Innovation, um den Wandel hin zur grünen Wirtschaft zu fördern und Energiearmut zu bekämpfen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Investitionen in erster Linie in Bereichen zu tätigen, die sich positiv auf den Arbeitsmarkt auswirken, damit nachhaltige Arbeitsplätze mit uneingeschränkten sozialem Schutz entstehen und die Arbeitslosigkeit abnimmt; betont, dass die finanzierten Projekte in erheblichem Maße zur Strategie Europa 2020 beitragen sollen; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in den Jahren der Rezession die Schaffung von Arbeitsplätzen in den Branchen der grünen Wirtschaft stets positiv war;

70.

betont, dass Investitionen in Energieeffizienz der Entstehung von Arbeitsplätzen auf lokaler Ebene sowie dem lokalen Wirtschaftswachstum dienlich sein und die Energiearmut verringern können und dass Maßnahmen für Energieeffizienz in Gebäuden am kostenwirksamsten sind, was langfristige Lösungen für Energiearmut –von der EU-weit etwa 125 Millionen Menschen betroffen sind — angeht, und ein wichtiger Bestandteil der Sicherstellung einer effizienteren Nutzung der europäischen Energie und der Schaffung grüner Arbeitsplätze sind; bekräftigt, dass es in dieser Hinsicht auch von entscheidender Bedeutung ist, für die Sicherheit der Gebäude zu sorgen; fordert die Kommission auf, so bald wie möglich ihre Initiative zur „intelligenten Finanzierung intelligenter Gebäude“ vorzustellen;

71.

empfiehlt, Klimaziele und Ziele in den Bereichen Energie aus erneuerbaren Energieträgern und Energieeffizienz als Investitionsziele und wichtige politische Handlungsmaxime aufzufassen;

72.

warnt davor, Aktivitäten zu unterstützen, die nachteilige ökologische und soziale Auswirkungen haben, da sie die Politikkohärenz untergraben, die für die Maximierung des Beschäftigungspotenzials grüner Arbeitsplätze erforderlich ist;

73.

empfiehlt, hochwertige Investitionen in zentrale öffentliche Dienstleistungen wie Kommunikation, Energie, Verkehr und Abfall- und Wasserbewirtschaftung zu tätigen, um nachhaltige Verfahren für das öffentliche Beschaffungswesen sowie die Einbeziehung grüner Fähigkeiten zu unterstützen;

74.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Möglichkeiten, die der Rechtsrahmen für die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds bietet, sowie andere Quellen für EU-Fördermittel voll auszuschöpfen, um nachhaltige Vorhaben zu fördern, durch die grüne Arbeitsplätze entstehen, und den Zugang der lokalen Behörden zu Fördermitteln und Finanzierungsinstrumenten der EU so einfach wie möglich zu gestalten und eindeutige, einfache Bestimmungen und realistische Mindestförderschwellen einzuführen;

75.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Überprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR), die nach der Wahl 2016 vorgesehen ist, als Möglichkeit der Förderung eines umweltfreundlicheren Wandels unserer Volkswirtschaften in Betracht zu ziehen;

76.

weist darauf hin, dass Unterstützung aus dem ESF bereitsteht, um das grüne Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum zu fördern, und fordert die nationalen Regierungen und die einschlägigen nationalen Stellen auf, darüber nachzudenken, diese Finanzierung aktiver zu nutzen, um die Schaffung wirtschaftlich gerechtfertigter und tragfähiger grüner Arbeitsplätze voranzutreiben;

77.

stellt fest, dass einige Mitgliedstaaten beträchtliche Fortschritte erzielt haben, was die Ökologisierung ihrer Wirtschaft angeht, und fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, den Austausch von Ideen, Fachkenntnissen, Erfahrungen und bewährten Verfahren in diesem Bereich zu fördern, um für einen reibungslosen Wandel zu sorgen;

78.

fordert die Mitgliedstaaten und den Privatsektor mit Nachdruck auf, Instrumente wie das Ökodesign, das EU-Umweltzeichen (Ecolabel), das EMAS und das umweltgerechte öffentliche Beschaffungswesen (GPP) zu nutzen, da sie die grüne Wirtschaft fördern und somit zur Schaffung grüner Arbeitsplätze beitragen können; fordert die Kommission auf, Leitlinien bereitzustellen, um günstige Marktbedingungen für eine vollständige Annahme dieser freiwilligen Instrumente zu schaffen;

79.

fordert die Mitgliedstaaten auf, den Schwerpunkt verstärkt auf die Umsetzung der Umweltmanagement- und Öko-Audit-Systeme im Rahmen der europäischen Norm ISO 14000 zu legen;

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

80.

befürwortet die Ziele des Grünen Aktionsplans für KMU und die KMU-spezifischen Maßnahmen, einschließlich der Gründung eines europäischen Exzellenzzentrums für Ressourceneffizienz, das KMU, die eine Steigerung ihrer Ressourceneffizienz anstreben, berät und unterstützt, das grüne Unternehmertum fördert, die Chancen für grünere Wertschöpfungsketten nutzt und den Marktzugang von KMU und Kleinstunternehmen erleichtert; vertritt die Auffassung, dass Maßnahmen zur Sensibilisierung und fachliche Unterstützung wichtige Faktoren für KMU sind, um einen aktiven Beitrag zur Kreislaufwirtschaft zu leisten;

81.

weist erneut auf das erhebliche Potenzial hin, das KMU bei der Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere für junge Menschen, und der Förderung der die Berufs- und Lehrlingsausbildung umfassenden dualen Ausbildung bieten;

82.

weist darauf hin, dass der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) das Potenzial hat, kleinste, kleine und mittlere Unternehmen bei der Entwicklung von hochinnovativen Aktivitäten für Umwelt und Gesellschaft zu unterstützen;

83.

weist darauf hin, dass den Daten des Eurobarometers zu grünen Arbeitsplätzen in den KMU zu entnehmen ist, dass Energieeinsparungen und die Verringerung von Abfällen und des Rohstoffverbrauchs inzwischen wirtschaftlich von Vorteil sind;

84.

fordert die Kommission auf, neue Geschäftsmodelle zur Verbesserung der Effizienz der Herstellungs- und Vertriebsprozesse zu fördern, wie etwa genossenschaftliche Unternehmen, und innovative Lösungen zur Einsparung von Ressourcen und zur Bereitstellung von nachhaltigeren Produkten und Dienstleistungen umzusetzen;

85.

weist darauf hin, dass KMU nur dann Wachstum und Arbeitsplätze schaffen können, wenn ihnen auch durch die grüne Wirtschaft günstige Anreizmöglichkeiten geboten werden;

86.

fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass ökologische Anreize für KMU sinnvolle Auswirkungen auf die Bereiche haben, in denen sie am dringendsten benötigt werden;

87.

weist darauf hin, dass KMU und Kleinstunternehmen die wichtigste Triebkraft für die Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa sind; betont, dass KMU und Kleinstunternehmen mit besonderen Herausforderungen konfrontiert sind, was die Nutzung des Beschäftigungspotenzials eines grünen Wandels betrifft, insbesondere was Finanzierung, Ausbildung und die Beseitigung von Qualifikationslücken angeht; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ehrgeizige Maßnahmen zu ergreifen, um KMU und Kleinstunternehmen dabei zu unterstützen, grüne Arbeitsplätze zu schaffen, und dabei auch eine gezielte Unterstützung in den Bereichen Information, Sensibilisierung, fachliche Unterstützung und Zugang zu Finanzierung und Ausbildungsmaßnahmen vorzusehen;

88.

weist darauf hin, dass eine umweltverträglichere Wertschöpfungskette, die Wiederaufarbeitung, Reparaturen, Instandhaltung, Recycling und eine umweltgerechte Gestaltung umfasst, vielen KMU erhebliche Geschäftsmöglichkeiten bietet;

o

o o

89.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0584.

(2)  ABl. C 251 E vom 31.8.2013, S. 75.

(3)  ABl. C 308 E vom 20.10.2011, S. 6.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/59


P8_TA(2015)0265

Steuerumgehung und Steuerhinterziehung als Herausforderungen in Entwicklungsländern

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zum Thema „Steuerumgehung und Steuerhinterziehung als Herausforderungen für die Staatsführung, den Sozialschutz und die Entwicklung in Entwicklungsländern“ (2015/2058(INI))

(2017/C 265/07)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Erklärung von Monterrey (2002), die Konferenz von Doha über Entwicklungsfinanzierung (2008), die Erklärung von Paris (2005) und die Accra-Agenda für den Wandel (2008),

unter Hinweis auf die Resolutionen 68/204 und 68/279 der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur dritten Internationalen Konferenz über Entwicklungsfinanzierung, die vom 13. bis 16. Juli 2015 in Addis Abeba (Äthiopien) stattfinden wird,

unter Hinweis auf die Tätigkeiten des Sachverständigenausschusses der Vereinten Nationen für internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen (1),

unter Hinweis auf das Doppelbesteuerungsmusterabkommen der Vereinten Nationen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern (2),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (3),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 21. April 2010 mit dem Titel „Steuerwesen und Entwicklung — Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern bei der Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich“ (COM(2010)0163),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. Februar 2015 mit dem Titel „Eine globale Partnerschaft für Armutsbeseitigung und nachhaltige Entwicklung nach 2015“ (COM(2015)0044),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. März 2015 über Steuertransparenz als Mittel gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (COM(2015)0136),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Mai 2013 zur Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerflucht und Steueroasen (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. März 2011 zu Steuerwesen und Entwicklung — Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern bei der Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Februar 2010 zur Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Oktober 2013 zu Korruption im öffentlichen und privaten Sektor: Auswirkungen auf die Menschenrechte in Drittstaaten (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. Februar 2014 zu der Förderung von Entwicklung durch verantwortungsvolle Unternehmenspraktiken, einschließlich der Rolle von mineralgewinnenden Industrien in Entwicklungsländern (8),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2014 zur EU und den globalen Entwicklungsrahmen für die Zeit nach 2015 (9),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. März 2014 zum Bericht 2013 der EU über die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung (10),

gestützt auf Artikel 208 AEUV, in dem geregelt ist, dass das vorrangige Ziel der Entwicklungspolitik der EU die Beseitigung der Armut ist, und in dem der Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung festgelegt wurde,

gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Entwicklungsausschusses sowie die Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A8-0184/2015),

A.

in der Erwägung, dass illegale Finanzströme, d. h. sämtliche nicht erfassten privaten Finanzabflüsse im Zusammenhang mit Kapital, das rechtswidrig erwirtschaftet, übertragen oder verwendet wird, in der Regel auf Steuerhinterziehungs- und Steuerumgehungsaktivitäten, beispielsweise missbräuchliche Verrechnungspreise, zurückzuführen sind, was dem Grundsatz der Besteuerung am Ort der Gewinnentstehung zuwiderläuft; in der Erwägung, dass Steuerhinterziehung und Steuerumgehung in sämtlichen maßgeblichen internationalen Texten und von allen maßgeblichen internationalen Konferenzen über die Entwicklungsfinanzierung als wesentliche Hindernisse für die Mobilisierung von einheimischen Einnahmen zu Entwicklungszwecken bezeichnet wurden;

B.

in der Erwägung, dass sich laut dem Global Financial Integrity Report 2014 die ausländischen Direktinvestitionen und die öffentliche Entwicklungshilfe von 2003 bis 2012 zusammengenommen auf einen Betrag beliefen, der knapp unter dem Betrag der illegalen Kapitalabflüsse lag; in der Erwägung, dass auf illegale Finanzströme ein Betrag entfällt, der etwa zehnmal so hoch ist wie der Betrag, den die Entwicklungsländer zur Armutsbeseitigung, für das Gemeinwohl und für nachhaltige Entwicklung erhalten, und dass dieser einer jährlichen illegalen Kapitalflucht aus Entwicklungsländern mit einem geschätzten Volumen von 1 Billion USD entspricht;

C.

in der Erwägung, dass Einnahmen der öffentlichen Hand aus der rohstoffgewinnenden Industrie für die Entwicklungsstrategien vieler Entwicklungsländer und insbesondere für die am wenigsten entwickelten Länder von maßgeblicher Bedeutung sind, dass das Potenzial der rohstoffgewinnenden Industrien im Hinblick auf eine Steigerung der Steuereinnahmen der Entwicklungsländer allerdings im Großen und Ganzen jedoch nicht gut ausgeschöpft wird, da die Steuervorschriften mangelhaft sind oder Schwierigkeiten bei ihrer Umsetzung bestehen, da zwischen den Regierungen der Entwicklungsländer und Bergbaugesellschaften meist auf intransparente Weise und ohne klare Leitlinien Ad-hoc-Regelungen getroffen werden;

D.

in der Erwägung, dass angesichts der Größe des informellen Sektors in den Volkswirtschaften der Entwicklungsländer eine Besteuerung auf breiter Grundlage nahezu unmöglich ist; in der Erwägung, dass in Ländern, in denen ein erheblicher Teil der Bevölkerung in Armut lebt, ein beträchtlicher Teil des BIP nicht besteuert werden kann;

E.

in der Erwägung, dass gerechte, wirksame und transparente Steuersysteme für die Regierungen unverzichtbare Finanzmittel zur Erfüllung des Rechts der Bürger auf grundlegende öffentliche Dienstleistungen, beispielsweise Gesundheitsversorgung und Bildung für alle, generieren; in der Erwägung, dass wirksame steuerpolitische Umverteilungsmaßnahmen dazu beitragen, die Auswirkungen der zunehmenden Ungleichheiten auf die Bedürftigsten zu verringern;

F.

in der Erwägung, dass laut der UN-Konferenz für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD — United Nations Conference on Trade and Development) rund 30 % der grenzüberschreitenden Unternehmensinvestitionen durch Durchgangsländer geschleust werden, bevor sie als produktive Aktiva im Zielland wirksam werden;

G.

in der Erwägung, dass Körperschaftssteuereinnahmen einen erheblichen Anteil des Nationaleinkommens der Entwicklungsländer ausmachen, weswegen sich die Steuerumgehung von Unternehmen besonders stark auf sie auswirkt, und dass die Entwicklungsländer in den vergangenen Jahren die Körperschaftssteuersätze immer weiter gesenkt haben;

H.

in der Erwägung, dass Steueroasen und sonstige Hoheitsgebiete mit Steuer- und Finanzgeheimnis in Kombination mit „Nullbesteuerungsregelungen“, die dazu dienen, Kapital und Einkünfte anzuziehen, das bzw. die eigentlich in anderen Ländern zu versteuern wären, zu einem schädlichen Steuerwettbewerb führen, die Gerechtigkeit des Steuersystems unterminieren und zu Handels- und Investitionsverzerrungen führen, was sich insbesondere auf Entwicklungsländer auswirkt, wobei sich die entgangenen Steuereinnahmen auf schätzungsweise 189 Mrd. USD pro Jahr belaufen;

I.

in der Erwägung, dass die Besteuerung in Entwicklungsländern eine zuverlässige und nachhaltige Einnahmequelle sein kann und im Vergleich mit herkömmlichen Mechanismen zur Entwicklungsfinanzierung, wie etwa Vorzugsdarlehen, den Vorteil der Stabilität bietet, wenn das Steuersystem gerecht, ausgewogen, wirksam und transparent und die Steuerverwaltung wirksam und effizient ist, was die Förderung der Einhaltung der Steuervorschriften und eine transparente, verantwortungsvolle Verwendung der öffentlichen Einnahmen angeht;

J.

in der Erwägung, dass die potenziellen Vorteile einer wirksamen, transparenten Besteuerung und dementsprechender steuerpolitischer Maßnahmen über eine Zunahme der verfügbaren Mittel zur Förderung der Entwicklung hinausgehen und für eine verantwortungsvolle Staatsführung und Staatsbildung mit unmittelbar positiven Wirkungen verbunden sind, da hierdurch die demokratischen Institutionen, Rechtsstaatlichkeit und der Gesellschaftsvertrag zwischen der Regierung und den Bürgern gestärkt werden, um zwischen den Steuern, den öffentlichen und sozialen Diensten und den Bemühungen, die Stabilität der Staatshaushalte zu fördern, eine Wechselbeziehung zu schaffen, um so wiederum eine langfristige Unabhängigkeit von ausländischer Hilfe zu fördern und den Entwicklungsländern die Möglichkeit zu geben, zu reagieren und über die nationalen Ziele Rechenschaft abzulegen und in Bezug auf ihre politischen Entscheidungen eigenverantwortlich zu handeln;

K.

in der Erwägung, dass die Notwendigkeit zur Steigerung der inländischen Einnahmen angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise noch dringlicher geworden ist;

L.

in der Erwägung, dass die Höhe der in den Entwicklungsländern verfügbaren finanziellen Ressourcen durch die Mobilisierung inländischer Einnahmen stetig steigt und in diesem Bereich dank der Unterstützung der internationalen Geldgeber erhebliche Fortschritte erzielt worden sind;

M.

in der Erwägung, dass die Entwicklungsländer infolge unzureichender personeller und finanzieller Ressourcen im Hinblick auf die Beitreibung von Steuern, geringer Verwaltungskapazitäten, was den Umgang mit der Komplexität der Steuerbeitreibung von transnationalen Unternehmen angeht, eines Mangels an Kapazitäten und Infrastrukturen für die Beitreibung von Steuern, einer Abwanderung fähigen Personals aus der Steuerverwaltung sowie infolge von Korruption, der fehlenden Legitimität des politischen Systems, der fehlenden Beteiligung an der internationalen Zusammenarbeit in Steuerfragen und einer ungerechten Verteilung der Einnahmen und eines mangelhaften Steuerwesens mit schwerwiegenden politischen, verwaltungstechnischen und technischen Sachzwängen konfrontiert sind, was die Steigerung der Steuereinnahmen angeht;

N.

in der Erwägung, dass der derzeitige globale Kontext der Handelsliberalisierung und der schrittweisen Beseitigung von Handelshemmnissen in den vergangenen Jahrzehnten zwar zu einem Anstieg des grenzüberschreitenden Handels mit Waren geführt hat, für die Entwicklungsländer allerdings auch zu Schwierigkeiten geführt hat, was das Ausgleichen des Rückgangs der Einnahmen aus Handelssteuern sowie die Umstellung auf andere Arten inländischer Einnahmen — insbesondere auf einen ausgewogenen Steuermix — angeht, da diese Länder und insbesondere die am wenigsten entwickelten Länder nach wie vor stark von Handelssteuern abhängig sind;

O.

in der Erwägung, dass die Anzahl der Steuerabkommen zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern in den vergangenen Jahren zugenommen hat und diese Abkommen dazu genutzt wurden, die Steuern auf grenzüberschreitende Finanztransaktionen zu senken, was dazu geführt hat, dass die Kapazitäten der Entwicklungsländer, heimische Ressourcen zu mobilisieren, abgenommen haben, und dass potenzielle Kanäle geschaffen wurden, über die multinationale Unternehmen Steuern umgehen können; in der Erwägung, dass das niederländische Steuersystem laut einer jüngst von den niederländischen Behörden durchgeführten Folgenabschätzung die Umgehung der Quellensteuer erleichtert, was in den Entwicklungsländern zu entgangenen Dividenden und Zinsen aus Quellensteuereinnahmen in einer Größenordnung von 150 bis 550 Mio. EUR pro Jahr führt (11);

P.

in der Erwägung, dass die Entwicklungsländer im Vergleich zu entwickelten Volkswirtschaften erheblich weniger Einnahmen erzielen (mit einer Steuerquote von 10 bis 20 %, im Vergleich zu 30 bis 40 % in den OECD-Volkswirtschaften) und von einer äußerst schmalen Steuerbemessungsgrundlage gekennzeichnet sind; in der Erwägung, dass erhebliches Potenzial dahingehend besteht, die Steuerbemessungsgrundlage auszuweiten und die Steuereinnahmen zu steigern und in diesem Sinne die Mittel bereitzustellen, die dafür notwendig sind, dass die Regierungen ihren wesentlichen Verpflichtungen nachkommen können;

Q.

in der Erwägung, dass die Entwicklungsländer versucht haben, Investitionen anzuziehen, und zwar im Wesentlichen über bestimmte steuerliche Anreize oder Steuerbefreiungen, die intransparent sind und einer ordnungsgemäßen Kosten-Nutzen-Analyse entbehren, oft nicht zu wirklichen, nachhaltigen Investitionen führen, die Wirtschaften der Entwicklungsländer einem gegenseitigen Wettbewerb aussetzen, was die günstigste steuerliche Behandlung angeht, und zu nicht zufriedenstellenden Ergebnissen führen, was ein wirksames, effizientes Steuerwesen angeht, sowie zu einem schädlichen Wettbewerb im Bereich Steuern;

R.

in der Erwägung, dass sich die Mitgliedstaaten bereits verpflichtet haben, 0,7 % ihres BNE für die öffentliche Entwicklungshilfe bereitzustellen; in der Erwägung, dass die Hilfsbeträge zur Unterstützung der einheimischen Ressourcenmobilisierung nach wie vor niedrig sind und weniger als 1 % der gesamten öffentlichen Entwicklungshilfe des Jahres 2011 entsprechen, und dass im Jahr 2012 nur schätzungsweise 0,1 % (118,4 Mio. USD) an öffentlicher Entwicklungshilfe für den Kapazitätenaufbau in Steuerfragen aufgewendet wurde;

S.

in der Erwägung, dass viele Entwicklungsländer nicht einmal in der Lage sind, das Mindeststeuerniveau zu erreichen, das zur Finanzierung ihrer grundlegenden Funktionen, ihrer öffentlichen Dienstleistungen und ihrer Bemühungen zur Verringerung der Armut erforderlich ist;

T.

in der Erwägung, dass die Europäische Investitionsbank (EIB), die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) und die Institutionen der Mitgliedstaaten für die Entwicklungsfinanzierung Privatunternehmen in Entwicklungsländern unterstützen, und zwar entweder direkt durch die Gewährung von Darlehen oder aber indirekt durch die Unterstützung von Finanzintermediären, wie etwa Geschäftsbanken und Private-Equity-Fonds, die dann Darlehen weiterreichen oder in Unternehmen investieren;

U.

in der Erwägung, dass die Entwicklungsländer in den Strukturen und Verfahren der internationalen Zusammenarbeit in Steuerfragen vertreten sein sollten, damit sie gleichberechtigt an der Formulierung und Reformierung der globalen Steuervorschriften mitwirken können;

V.

in der Erwägung, dass der Sachverständigenausschuss der Vereinten Nationen für internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen ein Nebenorgan des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen ist und besonderes Augenmerk auf Entwicklungs- und Schwellenländer legt;

W.

in der Erwägung, dass das Beitreiben ausreichend hoher öffentlicher Einnahmen eine wesentliche Rolle spielen kann, was die Förderung einer gerechteren Gesellschaft ohne Diskriminierung zwischen Männern und Frauen sowie mit besonderer Unterstützung für Kinder und schutzbedürftige Gruppen angeht;

1.

fordert die Kommission auf, unverzüglich in Form einer Mitteilung einen ehrgeizigen Aktionsplan zur Unterstützung von Entwicklungsländern bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und der Einrichtung von gerechteren, ausgewogenen, effizienten und transparenten Steuersystemen vorzulegen und dabei die Arbeit, die der Entwicklungshilfeausschuss der OECD im Vorfeld der vom 13. bis 16. Juli 2015 in Addis Abeba (Äthiopien) stattfindenden Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung geleistet hat, sowie die Auswirkungen der internationalen Steuerabkommen auf Entwicklungsländer zu berücksichtigen;

2.

besteht darauf, dass eine wirksame Mobilisierung der inländischen Ressourcen und eine Stärkung der Steuersysteme unverzichtbare Faktoren für die Einigung auf das Rahmenwerk für die Zeit nach 2015 sein werden, das die Millenniums-Entwicklungsziele ersetzen wird, was langfristig eine tragfähige Strategie zur Überwindung der Abhängigkeit von ausländischer Hilfe darstellt, und besteht ferner darauf, dass wirksame und gerechte Steuersysteme von entscheidender Bedeutung für die Beseitigung der Armut, die Bekämpfung von Ungleichheiten, die verantwortungsvolle Staatsführung und den Staatsaufbau sind; weist darauf hin, dass bestimmte transnationale wirtschaftliche Aktivitäten sich auf die Fähigkeiten der Länder ausgewirkt haben, heimische Staatseinnahmen zu generieren und sich für eine Steuerstruktur zu entscheiden, während sich die Bedingungen für die Besteuerung durch die zunehmende Mobilität des Kapitals in Verbindung mit der Nutzung von Steuerparadiesen stark verändert haben; ist auch besorgt über das Ausmaß an Korruption und Intransparenz in der öffentlichen Verwaltung, was dazu führt, dass Steuereinnahmen nicht in den Staatsaufbau, in öffentliche Dienste oder in die öffentliche Infrastruktur investiert werden können;

3.

stellt fest, dass das Steueraufkommen im Verhältnis zum BIP in den meisten Entwicklungsländern weiterhin niedrig ist, sodass die Gefahr der Steuerhinterziehung und -umgehung durch einzelne Steuerzahler und Unternehmen in diesen Ländern besonders hoch ist; betont, dass dies zu beträchtlichen finanziellen Verlusten für die Entwicklungsländer und somit zu Korruption führt und die Entwicklungspolitik der EU beeinträchtigt, und dass die EU und die Mitgliedstaaten die Ergreifung angemessener Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene sowie auf der Ebene der EU zur Bekämpfung dieser Praxi ergreifen und dabei die Bedürfnisse der Entwicklungsländer und die Sachzwänge berücksichtigen sollten, was den Zugang dieser Länder zu ihren Steuereinnahmen angeht; ist der Ansicht, dass die EU eine führende Rolle einnehmen sollte, um die internationalen Anstrengungen zur Bekämpfung von Steuerparadiesen, Steuerbetrug und Steuerhinterziehung voranzutreiben, indem sie mit gutem Beispiel vorangeht, und dass sie mit den Entwicklungsländern zusammenarbeiten sollte, um aggressiven Steuervermeidungspraktiken seitens bestimmter transnationaler Unternehmen entgegenzuwirken sowie um die Länder dabei zu unterstützen, dem Druck zu widerstehen, in einen Steuerwettbewerb mit anderen Ländern zu treten;

Aktionsplan zur Bekämpfung von Steuerumgehung und Steuerhinterziehung in Entwicklungsländern

4.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, konkrete, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Entwicklungsländer und die regionalen Steuerverwaltungsrahmen, wie etwa das African Tax Administration Forum und das Inter-American Centre of Tax Administrations, bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -vermeidung, bei der Entwicklung von gerechten, ausgewogenen steuerpolitischen Maßnahmen und bei der Förderung von Verwaltungsreformen sowie bei der Steigerung des Anteils der finanziellen und technischen Hilfe an die nationalen Steuerverwaltungen von Entwicklungsländern im Hinblick auf Hilfe und Entwicklung zu unterstützen; ist der Ansicht, dass diese Unterstützung bereitgestellt werden sollte, um die Justiz- und Antikorruptionsbehörden in diesen Ländern zu stärken; fordert, dass das Fachwissen des öffentlichen Sektors der Mitgliedstaaten und der Empfängerländer gebündelt wird, um die Tätigkeiten im Rahmen der Zusammenarbeit auszuweiten um vorläufige Ergebnisse für die Empfängerländer zu erreichen; unterstützt Workshops, Schulungen, Sachverständigenmissionen, Studienreisen und Beratung;

5.

fordert die Kommission auf, dem verantwortungsvollen Handeln im Steuerbereich und der gerechten, ausgeglichenen, effizienten und transparenten Steuerbeitreibung auf der Tagesordnung in ihrem politischen Dialog (Politik, Entwicklung und Handel) sowie in sämtlichen Abkommen über Entwicklungszusammenarbeit mit Partnerländern einen hohen Stellenwert einzuräumen, wobei die Selbstverantwortung und die inländische Rechenschaftspflicht zu stärken sind, indem eine Umgebung gefördert wird, in der die nationalen Parlamente einen sinnvollen Beitrag zur Erstellung und Überwachung der Staatshaushalte leisten können, einschließlich in Bezug auf inländische Einnahmen und Steuerfragen, und indem die Rolle der Zivilgesellschaft gestärkt wird, damit die öffentliche Überwachung des Steuerwesens sowie von Betrugsfällen sichergestellt ist, unter anderem durch Einrichtung von wirksamen Systemen für den Schutz von Whistleblowern und journalistischen Quellen;

6.

fordert nachdrücklich, dass Informationen über das wirtschaftliche Eigentum an Unternehmen, Stiftungen und sonstigen Einrichtungen in offenen Datenformaten veröffentlicht werden, um den Einsatz von anonymen Briefkastengesellschaften und vergleichbaren rechtlichen Strukturen zur Geldwäsche, zur Finanzierung von illegalen oder von terroristischen Aktivitäten, zur Verschleierung der Identität von korrupten und kriminellen Personen, zur Verschleierung des Diebstahls öffentlicher Gelder sowie von Gewinnen aus illegalem Handel und aus Steuerhinterziehung zu verhindern; ist zudem der Ansicht, dass alle Länder mindestens die von der Arbeitsgruppe „Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung“ (Financial Action Task Force’s — FAFT) herausgegebenen Empfehlungen zur Bekämpfung der Geldwäsche einführen und vollständig umsetzen sollten;

7.

fordert die EU und die Mitgliedstaaten zur Durchsetzung des Grundsatzes auf, dass börsennotierte und nicht börsennotierte multinationale Unternehmen aller Länder und Sektoren — und insbesondere die Unternehmen, die Rohstoffe fördern — eine länderspezifische Berichterstattung als Standard einführen müssen und hierdurch verpflichtet werden, im Rahmen ihres Geschäftsberichts nach Ländern aufgegliedert für jedes Hoheitsgebiet, in dem sie tätig sind, die Namen sämtlicher Tochtergesellschaften, ihre Finanzergebnisse, einschlägige Steuerinformationen, Angaben zu den Vermögenswerten und zur Zahl der Arbeitnehmer zu veröffentlichen und die öffentliche Verfügbarkeit dieser Informationen sicherzustellen, und fordert, den Verwaltungsaufwand zu verringern, indem Kleinstunternehmen von der Regelung ausgenommen werden; fordert die Kommission daher auf, einen Legislativvorschlag für eine entsprechende Änderung der Rechnungslegungsrichtlinie vorzulegen; weist erneut darauf hin, dass öffentliche Transparenz ein wesentlicher Schritt hin zur Korrektur des derzeitigen Steuersystems und zum Gewinn des Vertrauens der Öffentlichkeit ist; fordert die OECD auf, zu empfehlen, dass die von ihr vorgeschlagene Vorlage für eine länderspezifische Berichterstattung von sämtlichen multinationalen Unternehmen veröffentlicht werden sollte, um sicherzustellen, dass alle Steuerbehörden in allen Ländern auf fundierte Informationen zugreifen können, damit sie Unsicherheiten hinsichtlich der Verrechnungspreise beurteilen und den optimalen Einsatz ihrer Prüfungsressourcen planen können; betont, dass Steuerbefreiungen und -vergünstigungen, die ausländischen Investoren über bilaterale Steuerabkommen eingeräumt werden, multinationalen Unternehmen einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil gegenüber inländischen Unternehmen und insbesondere gegenüber KMU verschaffen;

8.

fordert daher, dass die steuerlichen Rahmenbedingungen und Regelungen, unter denen die Unternehmen der rohstoffgewinnenden Industrien tätig sind, überarbeitet werden; fordert die EU auf, ihre Unterstützung für die Entwicklungsländer mit dem Ziel zu verstärken, die Rohstoffgewinnung angemessen zu besteuern, die Verhandlungsposition der Regierungen der aufnehmenden Länder zu stärken, damit sie bessere Erträge aus ihrer Rohstoffbasis ziehen und die Diversifizierung ihrer Wirtschaft vorantreiben können; unterstützt die Initiative für Transparenz in der rohstoffgewinnenden Wirtschaft (Extractive Industries Transparency Initiative — EITI) und die Tatsache, dass sie auf rohstofffördernde und rohstoffhandelnde Unternehmen ausgeweitet wird;

9.

begrüßt die Annahme eines Mechanismus für den automatischen Informationsaustausch, der ein wesentliches Instrument zur Verbesserung der globalen Transparenz und Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Steuerumgehung und Steuerhinterziehung darstellt, erkennt jedoch an, dass fortwährende Unterstützung in Form von Finanzen, Fachkompetenz und Zeit notwendig ist, damit die Entwicklungsländer die erforderliche Kapazität für die Übermittlung und die Verarbeitung von Informationen aufbauen können; betont daher, dass sichergestellt werden muss, dass der neue globale OECD-Standard für den automatischen Informationsaustausch eine Übergangsfrist für die Entwicklungsländer beinhaltet, mit dem berücksichtigt wird, dass es durch die sofortige Einführung der wechselseitigen Gültigkeit dieses Standards dazu kommen könnte, dass jene Länder, die noch nicht über die Ressourcen und Kapazitäten zur Einrichtung der erforderlichen Infrastruktur für die Erfassung, Verwaltung und Weitergabe der erforderlichen Informationen verfügen, de facto ausgeschlossen werden; ist ferner der Ansicht, dass ein einziger Standard zur Vertraulichkeit angestrebt werden sollte;

10.

fordert, dass bis Ende 2015 eine weltweit geltende Definition des Begriffs „Steuerparadies“ festgelegt wird, dass Strafen für Akteure festgelegt werden, die auf Steuerparadiese zurückgreifen, und dass eine schwarze Liste der Länder erstellt wird, die nicht gegen Steuerhinterziehung vorgehen oder diese akzeptieren, einschließlich jener in der EU; fordert die EU auf, die wirtschaftliche Umstellung der Entwicklungsländer zu unterstützen, die als Steuerparadiese fungieren; fordert die Mitgliedstaaten mit überseeischen Gebieten oder Schutzgebieten außerhalb der Union auf, gemeinsam mit den Verwaltungen dieser Staaten darauf hinzuarbeiten, dass die Grundsätze der steuerlichen Transparenz angenommen werden, und dafür zu sorgen, dass keines dieser Gebiete als Steuerparadies dient;

11.

fordert die Europäische Union und die Mitgliedstaaten auf, bei Verhandlungen über Steuerabkommen und Investitionsverträgen mit Entwicklungsländern dafür zu sorgen, dass Einnahmen oder Gewinne aus grenzüberschreitenden Tätigkeiten im Ursprungsland besteuert werden, d. h. dort, wo Gewinne erzielt oder erwirtschaftet werden; betont in dieser Hinsicht, dass mit dem OECD-Musterabkommen für Steuerfragen für eine gerechte Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen dem Ursprungsland und dem Land der Niederlassung gesorgt ist; betont, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten beim Aushandeln von Steuerabkommen den Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung einhalten sollten, der in Artikel 208 AEUV niedergelegt ist;

12.

fordert die Kommission und sämtliche Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dem Beispiel einiger Mitgliedstaaten zu folgen und Folgenabschätzungen für die europäische Steuerpolitik in Entwicklungsländern durchzuführen sowie bewährte Verfahren auszutauschen, um die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung zu stärken und die aktuellen Verfahren zu verbessern, und die negativen Übertragungseffekte auf Entwicklungsländer und die besonderen Bedürfnisse dieser Länder besser zu berücksichtigen; begrüßt in diesem Zusammenhang den überarbeiteten Aktionsplan gegen Steuerhinterziehung und -vermeidung, den die Kommission 2015 vorlegen wird, und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich zügig auf eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) zu einigen;

13.

unterstützt nachdrücklich die bestehenden internationalen Initiativen zur Reform des globalen Systems — darunter auch die Initiative der OECD zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) –, wobei der Schwerpunkt auf einer stärkere Beteiligung von Entwicklungsländern an den Strukturen und Verfahren der internationalen Zusammenarbeit in Steuerfragen liegen sollte; fordert die EU und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass sich das Steuergremium der Vereinten Nationen zu einem wahrhaft zwischenstaatlichen und im Rahmen des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen mit zusätzlichen Ressourcen ausgestatteten Gremium wandelt, um sicherzustellen, dass alle Länder gleichberechtigt an der Gestaltung und Reform der internationalen Steuerpolitik mitwirken können. betont, dass Sanktionen für nicht kooperative Hoheitsgebiete und für Finanzinstitutionen geprüft werden sollen, die in Steuerparadiesen tätig sind;

14.

betont, dass ein ausreichendes Maß an öffentlichen Mitteln dazu beitragen kann, geschlechtsspezifische Ungleichheiten auszugleichen und Mittel bereitzustellen, um Kinder und schutzbedürftige Gruppen der Gesellschaft besser zu unterstützen, und erkennt an, dass sich die Steuerhinterziehung auf das Wohlergehen des Einzelnen, insbesondere aber auf arme Haushalte und Haushalte mit niedrigem Einkommen auswirken, wovon Frauen unverhältnismäßig stark betroffen sind;

15.

stellt besorgt fest, dass sich viele Entwicklungsländer gegenüber einigen ausländischen Investoren in einer schwachen Verhandlungsposition befinden; ist der Ansicht, dass Unternehmen verpflichtet werden sollten, präzise Zusagen in Bezug auf die positiven Übertragungseffekte ihrer Investitionen auf die lokale und/oder nationale sozioökonomische Entwicklung des Ziellands zu machen; fordert die Kommission, den Rat und die Regierungen der Partnerstaaten auf, sicherzustellen, dass Steueranreize keine zusätzlichen Möglichkeiten zur Steuervermeidung eröffnen; betont, dass Steueranreize transparenter gestaltet werden sollten und idealerweise auf die Förderung von Investitionen in nachhaltige Entwicklung abzielen sollten;

16.

fordert die EIB, die EBWE und die Institutionen der Mitgliedstaaten für die Entwicklungsfinanzierung auf, zu überwachen, ob sich Unternehmen oder sonstige juristische Personen, die Unterstützung erhalten, an Steuerhinterziehung und Steuerumgehung beteiligen, indem sie mit Finanzintermediären zusammenarbeiten, die ihren Sitz in Offshore-Finanzplätzen oder Steueroasen haben, und sicherzustellen, dass dies nicht der Fall ist, und fordert sie auf, ihre Maßnahmen im Hinblick auf Transparenz zu stärken und in diesem Sinne beispielsweise alle Berichte und Ermittlungsergebnisse öffentlich zugänglich zu machen; fordert die EIB auf, Sorgfaltsprüfungen durchzuführen, nach Ländern aufgeschlüsselte jährliche Geschäftsberichte einzufordern, die wirtschaftliche Eigentümer und eine Überprüfung der Verrechnungspreise sicherzustellen, um die Transparenz von Investitionen zu gewährleisten und Steuerhinterziehung und -vermeidung zu verhindern;

o

o o

17.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  http://www.un.org/esa/ffd/tax/

(2)  http://www.un.org/esa/ffd/tax/unmodel.htm

(3)  ABl. L 309 vom 25.11.2005, S. 15.

(4)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0205.

(5)  ABl. C 199 E, 7.7.2012, S. 37.

(6)  ABl. C 341 E vom 16.12.2010, S. 29.

(7)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0394.

(8)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0163.

(9)  Angenommene Texte, P8_TA(2014)0059.

(10)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0251.

(11)  „Evaluation issues in financing for development — Analysing effects of Dutch corporate tax policy on developing countries“ (Fragen der Bewertung der Entwicklungsfinanzierung — Analyse der Auswirkungen der niederländischen Körperschaftssteuerpolitik auf Entwicklungsländer), Studie im Auftrag der Abteilung für Entwicklungszusammenarbeit und Politikbewertung (IOB — Inspectie Ontwikkelingssamenwerking en Beleidsevaluatie) des niederländischen Außenministeriums, November 2013.


Donnerstag, 9. Juli 2015

11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/65


P8_TA(2015)0266

Ressourceneffizienz: Wege zu einer Kreislaufwirtschaft

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu dem Thema „Ressourceneffizienz: Wege zu einer Kreislaufwirtschaft“ (2014/2208(INI))

(2017/C 265/08)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Hin zu einer Kreislaufwirtschaft: Ein Null-Abfallprogramm für Europa“ (COM(2014)0398).

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Effizienter Ressourceneinsatz im Gebäudesektor“ (COM(2014)0445),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Grüner Aktionsplan für KMU: KMU in die Lage versetzen, Umweltprobleme in Geschäftschancen umzuwandeln“ (COM(2014)0440),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Rahmenstrategie für eine krisenfeste Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzstrategie“ (COM(2015)0080),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Schaffung eines Binnenmarktes für grüne Produkte — Erleichterung einer besseren Information über die Umweltleistung von Produkten und Organisationen“ (COM(2013)0196),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Innovation für nachhaltiges Wachstum: eine Bioökonomie für Europa“ (COM(2012)0060),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa“ (COM(2011)0571),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Ressourcenschonendes Europa — eine Leitinitiative innerhalb der Strategie Europa 2020“ (COM(2011)0021),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Europa 2020 — Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (COM(2010)2020),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Dezember 2013 zu dem Thema „Öko-Innovation — Arbeitsplätze und Wachstum durch Umweltpolitik“ (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Januar 2014 zu einer europäischen Strategie für Kunststoffabfälle in der Umwelt (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. Mai 2012 zu einem ressourcenschonenden Europa (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. September 2011 zu einer erfolgreichen Rohstoffstrategie für Europa (4),

unter Hinweis auf das Siebte Umweltaktionsprogramm,

unter Hinweis auf die EU-Strategie für eine nachhaltige Entwicklung (2006) und deren Überarbeitung im Jahr 2009,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Tagung des Rates „Umwelt“ vom 28. Oktober 2014 zu dem Thema „Ökologisierung des Europäischen Semesters und Strategie Europa 2020 — Halbzeitüberprüfung“,

unter Hinweis auf den Synthesebericht der Europäischen Umweltagentur mit dem Titel „Die Umwelt Europas — Zustand und Perspektiven 2015“,

unter Hinweis auf das Übereinkommen über die biologische Vielfalt,

unter Hinweis auf die Untersuchung des UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) mit dem Titel „Inquiry into the Design of a Sustainable Financial System“ (Gestaltung eines nachhaltigen Finanzsystems),

unter Hinweis auf die Ergebnisse des Treffens des International Resource Panel des UNEP mit dem Titel „Environmental Risks and Challenges of Anthropogenic Metals Flows and Cycles“ (Umweltrisiken und Herausforderungen der anthropogenen Metallströme und -kreisläufe) (2013),

unter Hinweis auf die Ergebnisse des Treffens des International Resource Panel des UNEP mit dem Titel „Decoupling natural resource use and environmental impacts from economic growth“ (Entkopplung der Nutzung natürlicher Ressourcen und der Umweltauswirkungen vom Wirtschaftswachstum) (2011),

unter Hinweis auf die Petition „Stop Food Waste in Europe!“ (Schluss mit Lebensmittelverschwendung in Europa!),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 10. Dezember 2014 (5),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 12. Februar 2015 (6),

gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie die Stellungnahmen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (A8-0215/2015),

A.

in der Erwägung, dass ein nicht nachhaltiger Ressourceneinsatz die Ursache für verschiedene Umweltrisiken ist, beispielsweise Klimawandel, Ausdehnung der Wüstengebiete, Entwaldung, Verlust an biologischer Vielfalt und Schwächung von Ökosystemdienstleistungen; in der Erwägung, dass die Weltwirtschaft für die weltweite Produktion und die Absorption von Abfällen Ressourcen verbraucht, die dem eineinhalbfachen Wert der Ressourcen des Planeten entsprechen, und dass diese Zahl Schätzungen zufolge in den 30er-Jahren des Jahrhunderts auf einen Wert gestiegen sein wird, der den Ressourcen von zwei Planeten entspricht;

B.

in der Erwägung, dass Europa stärker von importierten Ressourcen abhängig ist als jede andere Weltregion und dass viele Ressourcen in relativ kurzer Zeit erschöpft sein werden; in der Erwägung, dass Europas Wettbewerbsfähigkeit erheblich dadurch gesteigert werden kann, dass mit den Ressourcen in der Wirtschaft ein höherer Mehrwert geschaffen und die nachhaltige Versorgung mit Materialien aus europäischen Quellen gefördert wird; in der Erwägung, dass als Beitrag zur Sicherung der Rohstoffversorgung die Innovationspartnerschaften zwischen der Wirtschaft, der Abfallbewirtschaftungsbranche und der Forschung zum Zweck der Erhöhung des Potenzials für das Recycling wichtiger Rohstoffe gestärkt werden sollten;

C.

in der Erwägung, dass der Übergang zu Kreislaufwirtschaft im Kern ein Wirtschaftsprozess ist, bei dem es um den Zugang zu Rohstoffen oder deren dauerhafte Verfügbarkeit, die Reindustrialisierung und fortgesetzte Digitalisierung Europas, die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Herausforderungen durch Klimawandel, Unsicherheit der Energieversorgung und Rohstoffknappheit geht; in der Erwägung, dass Investitionen in Kreislaufwirtschaft daher voll und ganz mit den Vorhaben der Kommission in den Bereichen Beschäftigung, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit vereinbar sein können und zudem allen beteiligten Kreisen Nutzen bringen können;

D.

in der Erwägung, dass Ressourceneffizienz überdies an übergeordneten Belangen der Nachhaltigkeit ausgerichtet und damit verträglich sein muss, was auch für die ökologischen, ethischen, wirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Aspekte gilt;

E.

in der Erwägung, dass die Zielvorgaben und die endgültigen vorrangigen Maßnahmen im 7. Umweltaktionsprogramm verbindlich sind;

F.

in der Erwägung, dass laut dem OECD-Umweltprogramm die ökologische Wirksamkeit von freiwilligen Ansätzen häufig fragwürdig und ihre Wirtschaftlichkeit in der Regel gering ist (7);

G.

in der Erwägung, dass der Übergang zu Kreislaufwirtschaft einen Systemwandel, der alle Akteure in der Wertschöpfungskette erfasst, sowie beträchtliche Innovationen in der Technologie, den Unternehmen und der Gesellschaft überhaupt erfordert;

H.

in der Erwägung, dass Bürger, kleine Unternehmen und kommunale Behörden spezielle Beiträge zu Ressourceneffizienz und zur Stimulierung der Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch zu leisten haben;

I.

in der Erwägung, dass eine gut funktionierende Kreislaufwirtschaft wettbewerbsfähige Unternehmen voraussetzt und dass Unternehmen ihrerseits treibende Kräfte des Übergangs zu Kreislaufwirtschaft sind;

J.

in der Erwägung, dass es wichtig ist, KMU ins Zentrum der Strategie der Union für Ressourceneffizienz zu stellen, weil sie 99 % der Unternehmen der Union ausmachen und zwei Drittel aller Arbeitskräfte beschäftigen;

K.

in der Erwägung, dass ein ambitioniertes europäisches Paket zur Kreislaufwirtschaft Geschäftschancen schafft, den Zugang zu Primärrohstoffen sichert, die Dauer von deren produktiver Nutzung verlängert (durch Wiederverwendung, Wiederaufarbeitung, Recycling oder Nutzung als Ersatzteile), für hochwertige Recyclingverfahren nach Ende der Lebensdauer sorgt und alle Nebenprodukte und Abfälle als wertvolle Ressourcenströme im Hinblick auf weitere Nutzung einstuft;

L.

in der Erwägung, dass eine nachhaltige und verantwortbare Beschaffung von Primärrohstoffen entscheidend dazu beiträgt, Ressourceneffizienz zu verwirklichen und die auf Kreislaufwirtschaft bezogenen Ziele zu erreichen;

M.

in der Erwägung, dass Märkte für Sekundärrohstoffe geschaffen werden müssen, um Ressourceneffizienzziele und Kreislaufwirtschaft zu verwirklichen;

N.

in der Erwägung, dass das Parlament die Kommission mehrfach aufgefordert hat, Indikatoren und Ziele für Ressourceneffizienz festzulegen;

O.

in der Erwägung, dass der Ausstieg aus der Verwendung giftiger Chemikalien, für die weniger bedenkliche und mit den geltenden Rechtsvorschriften über Chemikalien vereinbare Alternativen verfügbar sind oder geschaffen werden, eine zentrale Rolle bei der Verwirklichung von Kreislaufwirtschaft spielt;

P.

in der Erwägung, dass die Eurostat-Daten über die Behandlung von Siedlungsabfällen in der EU der 28 deutlich zeigen, dass noch immer keine gleichen Bedingungen in der Abfallpolitik gegeben sind und sich bei der Durchführung und der Durchsetzung der geltenden Rechtsvorschriften erhebliche Herausforderungen stellen;

Q.

in der Erwägung, dass im Durchschnitt nur 40 % der festen Abfälle wiederverwendet oder rezykliert werden, während der Rest auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen landet;

R.

in der Erwägung, dass die Produktion und der Verbrauch von landwirtschaftlichen Nahrungsmittelerzeugnissen einen beträchtlichen Anteil an der Ressourcennutzung haben, mit erheblichen Auswirkungen auf Umwelt, öffentliche Gesundheit, Tiergesundheit und Tierschutz; in der Erwägung, dass nachhaltige Problemlösungen benötigt werden, um zu einem ganzheitlichen Ansatz beim Vorgehen gegen Ressourceneffizienzmängel im Bereich Nahrungsmittel zu gelangen;

S.

in der Erwägung, dass die Aufhebung umweltschädlich wirkender Subventionen, einschließlich der direkten und indirekten Subventionierung fossiler Brennstoffe, die Treibhausgasemissionen beträchtlich senken, den Kampf gegen den Klimawandel unterstützen und den Übergang zu Kreislaufwirtschaft möglich machen würde;

1.

begrüßt die Mitteilung der Kommission „Hin zu einer Kreislaufwirtschaft: ein Null-Abfallprogramm für Europa“ (COM(2014)0398); unterstützt den Ansatz der Kommission zur Konzipierung von Kreislaufwirtschaft und zu entsprechenden Innovationen, mit dem ein politischer Rahmen zur Unterstützung der Ressourceneffizienz geschaffen und eine Zielvorgabe für Ressourceneffizienz aufgestellt wird, wie in der Mitteilung dargelegt, und die Vorstellung eines gezielten politischen Rahmens, der KMU die Möglichkeit gibt, aus Umweltproblemen ökologisch nachhaltige Geschäftschancen zu machen; betont, dass Legislativmaßnahmen erforderlich sind, um den Übergang zu Kreislaufwirtschaft zu vollziehen, und fordert die Kommission auf, bis Ende 2015 einen ambitionierten Vorschlag zu dem Thema Kreislaufwirtschaft vorzulegen, wie sie in ihrem Arbeitsprogramm für 2015 angekündigt hat;

2.

betont, dass Maßnahmen gegen Ressourcenknappheit die Verringerung der Gewinnung und Nutzung von Ressourcen insgesamt und die absolute Entkopplung des Wirtschaftswachstums von der Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen erfordern — worin ein Systemwandel liegt, der die Ableitung der notwendigen Maßnahmen von einem für 2050 anzustrebenden Szenario der Nachhaltigkeit und das sofortige Tätigwerden voraussetzt;

3.

betont, dass Produktion und Verbrauch Bereiche sind, die so angegangen werden müssen, dass dabei den allgemeineren Zielen einer nachhaltigen Entwicklung Rechnung getragen wird;

4.

weist darauf hin, dass zwar bereits Effizienzverbesserungen beim Ressourceneinsatz zu verzeichnen sind, diese Effizienzgewinne jedoch vom anhaltenden Produktionsanstieg aufgewogen werden und dass die Rohstoffgewinnung weltweit weiterhin rapide zunimmt, sodass es dringend geboten ist, die Gewinnung und den Einsatz von Ressourcen insgesamt zu senken, um den „Rebound-Effekt“ zu überwinden; fordert die Kommission auf, entsprechende Maßnahmen vorzuschlagen;

5.

weist darauf hin, dass Wasser sowohl als natürliche Ressource, die in Produktionsverfahren eingesetzt wird, als auch als öffentliches Gut beim Berechnen der Rohstoffverbrauchszahlen berücksichtigt und effizient genutzt werden sollte;

6.

betont, dass die Verbesserung des Ressourceneinsatzes durch geeignetere Design-Anforderungen und ein Abfallrecht, das eine Höherstufung in der Abfallhierarchie bewirkt (sodass Abfallvermeidung, Wiederverwendung, Vorbereitung zur Wiederverwendung und Recycling begünstigt werden), den Unternehmen, Behörden und Verbrauchern in der Union beträchtliche Nettoeinsparungen in Höhe von geschätzt 600 Mrd. EUR, d. h. 8 % des Jahresumsatzes, bringen könnten, wodurch sich gleichzeitig die Treibhausgasemissionen pro Jahr insgesamt um 2–4 % verringern würden; betont, dass eine Erhöhung der Ressourcenproduktivität um 30 % bis 2030 einen BIP-Zuwachs von fast 1 % und 2 Millionen zusätzliche dauerhafte Arbeitsplätze bewirken könnte (8); weist darauf hin, dass Ressourceneffizienz ein vorrangiges Ziel des 7. Umweltaktionsprogramms ist, in dem betont wird, dass die Herstellung von und die Verbrauchernachfrage nach ökologisch nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen durch Maßnahmen gefördert werden muss, die deren Verfügbarkeit, Erschwinglichkeit, Funktionalität und Attraktivität steigern;

7.

ist der Überzeugung, dass die Verbesserung der Ressourceneffizienz gesetzgeberische Maßnahmen und wirtschaftliche Anreize, die Internalisierung externer Kosten, die Fortsetzung der Förderung von Forschung und Innovation sowie gesamtgesellschaftliche Veränderungen und Änderungen der Lebensweise voraussetzt; hält eine Kombination von Instrumenten auf diversen politischen Ebenen für erforderlich, bei der auf Subsidiarität geachtet wird;

8.

ist der Überzeugung, dass die Verwirklichung einer vollwertigen Kreislaufwirtschaft die Mitwirkung aller einschlägigen Interessenträger — Regionen, Städte, Gemeinden, KMU, nichtstaatliche Organisationen, Wirtschaftsvertreter, Gewerkschaften und Bürger — voraussetzt;

9.

fordert die Kommission auf, lokale und regionale Gebietskörperschaften am gesamten Prozess der Gestaltung des Kreislaufwirtschaftspakets mitwirken zu lassen;

10.

betont, dass die Sensibilisierung der Öffentlichkeit, die Wahrnehmung durch die Bürger und deren Einbeziehung von grundlegender Bedeutung für den erfolgreichen Übergang zu Kreislaufwirtschaft sind; weist darauf hin, dass Bildungs- und Informationsmaßnahmen die erforderliche Aufmerksamkeit und die notwendigen Mittel erhalten sollten, um nachhaltige Verbrauchs- und Produktionsmuster zu unterstützen, und hebt die Vorteile des Übergangs zu einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft hervor;

11.

weist darauf hin, dass für den Übergang zu Kreislaufwirtschaft geschulte Arbeitskräfte nötig sind und dass der Bedarf an umweltbezogenen Kompetenzen in der allgemeinen und der beruflichen Bildung berücksichtigt werden muss;

12.

betont, dass die Union bereits Finanzinstrumente geschaffen hat, die mehr Kreislaufwirtschaft begünstigen, insbesondere die Programme Horizont 2020 und Life+, und dass diese Instrumente, wenn sie sinnvoll eingesetzt werden, ökologische Innovationen und die industrielle Ökologie in den Mitgliedstaaten und Regionen der Union mit fördern können;

13.

hebt hervor, dass Rechtssicherheit und langfristige Berechenbarkeit die Schlüssel dafür bieten, das Potenzial des Europäischen Fonds für strategische Investitionen für die Kreislaufwirtschaft zu erschließen, um Investitionen gezielt auf eine nachhaltige Wirtschaft auszurichten;

14.

betont, dass beim Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und Kreislaufwirtschaft ambitionierte Umweltschutzziele mit deutlichen sozialen Anforderungen verbunden werden sollten, zu denen die Begünstigung von menschenwürdiger Arbeit und Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz (beispielsweise Vorkehrungen dafür, dass die Menschen am Arbeitsplatz nicht schädlichen Stoffen ausgesetzt sind) gehören;

15.

betont, dass ein kohärenterer Rechtsrahmen für nachhaltige Produktion und nachhaltigen Verbrauch festgelegt werden muss, der sich auf den gesamten Produktionszyklus erstreckt, von der nachhaltigen Materialbeschaffung bis zur Verwertung von Altprodukten;

Indikatoren und Ziele

16.

betont, dass der Ressourceneinsatz der EU bis 2050 nachhaltig werden muss und dass dazu unter anderem Folgendes gehört: die absolute Senkung des Ressourcenverbrauchs auf ein nachhaltiges Maß auf der Basis zuverlässiger Messungen des Ressourcenverbrauchs entlang der gesamten Lieferkette, eine strenge Anwendung der Abfallhierarchie, die vollständige Verwirklichung des kaskadenförmigen Einsatzes von Ressourcen, vor allem im Fall Biomasse, eine verantwortbare und nachhaltige Materialbeschaffung, die Einrichtung eines geschlossenen Kreislaufsystems für nicht erneuerbare Rohstoffe, die verstärkte Nutzung von erneuerbaren Ressourcen in den Grenzen ihrer Erneuerbarkeit, der Ausstieg aus der Verwendung giftiger Stoffe, insbesondere soweit aufgrund des geltenden Chemikalienrechts weniger bedenkliche Alternativen gegeben sind oder noch geschaffen werden, sodass Kreisläufe nichttoxischer Materialien entstehen, und die Verbesserung der Qualität von Ökosystemdienstleistungen;

17.

weist darauf hin, dass das Parlament schon 2012 klare, belastbare und messbare Indikatoren für Wirtschaftstätigkeit gefordert hat, mit denen im Rahmen einer Lebenszyklusanalyse dem Klimawandel, der biologischen Vielfalt und der Ressourceneffizienz Rechnung getragen wird, und verlangt hat, diese Indikatoren als Grundlage für Rechtsetzungsinitiativen und konkrete Reduktionsziele heranzuziehen;

18.

fordert die Kommission auf, bis Ende 2015 einen Leitindikator und eine Reihe von Subindikatoren für Ressourceneffizienz, auch bezogen auf Ökosystemdienstleistungen, vorzuschlagen; stellt fest, dass die Verwendung dieser harmonisierten Indikatoren ab 2018 verbindlich vorgeschrieben sein sollte und dass damit der Ressourcenverbrauch, einschließlich der Ein- und Ausfuhren, auf der Ebene der EU, der Mitgliedstaaten und der Branchen gemessen werden sollte, und zwar unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus der Produkte und Dienstleistungen, und dass sich die Indikatoren auf die Methode des ökologischen Fußabdrucks stützen und mindestens Flächenverbrauch, Wassernutzung, Einsatz von Materialien und CO2-Emissionen messen sollten;

19.

fordert die Kommission auf, bis Ende 2015 eine Zielvorgabe für die Steigerung der Ressourceneffizienz auf der Ebene der Union um 30 % bis 2030, bezogen auf die Niveaus von 2014, und individuelle Zielvorgaben für jeden Mitgliedstaat vorzuschlagen; betont, dass Zielvorgaben für Ressourceneffizienz zunächst durch Indikatoren gestützt werden müssen, bevor sie umgesetzt werden können;

20.

fordert die Kommission auf, über internationale Übereinkünfte die Heranziehung von Indikatoren für Ressourceneffizienz zu unterstützen, um für Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen bzw. Volkswirtschaften und gleiche Bedingungen zu sorgen, und den Dialog und die Zusammenarbeit mit Drittländern zu begünstigen;

21.

betont, dass diese Indikatoren in das Europäische Semester und alle Folgenabschätzungen aufgenommen werden sollten;

Produktpolitik und Ökodesign

22.

betont die Bedeutung einer durchdachten Produktpolitik, mit der die Lebenserwartung, die Haltbarkeit, die Wiederverwendbarkeit und die Recyclingfähigkeit der Produkte erhöht wird; weist darauf hin, dass die Menge der Ressourcen, die ein Produkt während seiner Lebensdauer verbraucht, sowie seine Reparaturfähigkeit, Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit im Wesentlichen bereits in der Entwurfsphase bestimmt werden; fordert die Kommission auf, bei produktbezogenen Strategien einen lebenszyklusorientierten Ansatz zu unterstützen, insbesondere durch die Einführung harmonisierter Verfahren zur Bewertung des ökologischen Fußabdrucks eines Produkts;

23.

fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, ein ambitioniertes Arbeitsprogramm vorzulegen und die Ökodesign-Anforderungen der geltenden Ökodesign-Richtlinie umfassend und ambitioniert im Rahmen neuer und aktualisierter Durchführungsmaßnahmen einzuführen und dazu mit der sofortigen Verabschiedung bereits ausgearbeiteter Maßnahmen zu beginnen;

24.

fordert die Kommission auf, bis Ende 2016 gestützt auf eine Folgenabschätzung eine Überarbeitung der auf Ökodesign bezogenen Rechtsvorschriften und der sonstigen einschlägigen Rechtsvorschriften im Rahmen der Produktpolitik vorzuschlagen und die nachfolgend aufgeführten, wichtigen Änderungen darin einzubeziehen: Erweiterung des Anwendungsbereichs von Ökodesign-Anforderungen auf alle wichtigen Produktgruppen und nicht nur energieverbrauchsrelevante Produkte; schrittweise Aufnahme aller relevanten Ressourceneffizienz-Merkmale in die verbindlichen Design-Anforderungen; Einführung eines obligatorischen Produktpasses auf der Grundlage dieser Anforderungen; Einführung von Selbstüberwachung und durch Dritte vorzunehmenden Prüfungen, um sicherzustellen, dass die Produkte diese Anforderungen erfüllen; Definition von horizontalen Anforderungen an u. a. Haltbarkeit, Reparaturfähigkeit, Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit;

25.

fordert die Kommission auf, im Zuge der anstehenden Überarbeitung der Ökodesign-Richtlinie die Möglichkeit der Festlegung von Mindestanteilen an rezyklierten Materialien in neuen Produkten auf der Grundlage einer Kosten-Nutzen-Analyse zu bewerten;

26.

fordert die Kommission auf, Maßnahmen gegen geplante Obsoleszenz zu konzipieren und Produktstandards für die Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln, die Überholung und Reparatur, die Erleichterung des Zerlegens und den effizienten Einsatz von Rohstoffen, erneuerbaren Ressourcen und Recyclingmaterialien in Produkten betreffen;

27.

weist darauf hin, dass für die Schaffung einer erfolgreichen Kreislaufwirtschaft die Verfügbarkeit von Standard- und Modulkomponenten, die Planung von Demontageprozessen, das langfristig angelegte Produktdesign und effiziente Fertigungsverfahren eine wichtige Rolle spielen; fordert die Kommission auf, relevante Maßnahmen zu ergreifen, um darauf hinzuwirken, dass Produkte dauerhaft, einfach nachzurüsten, wiederzuverwenden, aufzuarbeiten, zu reparieren, zu rezyklieren und zwecks Gewinnung neuer Ressourcen zu zerlegen sind und dass Teile, die gefährliche Stoffe enthalten, in Produkthandbüchern klar gekennzeichnet sind, um ihre Abtrennung vor dem Recycling zu erleichtern;

28.

stellt fest, dass es wesentlich darauf ankommt, die Verbraucher zu sensibilisieren und darin zu bestärken, eine aktivere Rolle zu übernehmen;

29.

fordert die Kommission auf, die Verlängerung von Mindestgarantien für langlebige Verbrauchsgüter, im Hinblick auf die Verlängerung ihrer erwarteten Lebensdauer, vorzuschlagen und klarzustellen, dass die Verkäufer von Verbrauchsgütern aufgrund der Richtlinie 1999/44/EG während der ersten zwei Jahre der gesetzlichen Garantie Mängel zu untersuchen und sie den Verbrauchern nur dann in Rechnung zu stellen haben, wenn die Mängel durch unsachgemäße Verwendung verursacht sind;

30.

fordert die Kommission auf, geeignete Maßnahmen in Bezug auf die Verfügbarkeit von Ersatzteilen vorzuschlagen, um für die Reparaturfähigkeit der Produkte während ihrer Lebensdauer zu sorgen;

31.

fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) auf, ihre Bemühungen um den Ersatz besonders besorgniserregender Stoffe zu intensivieren und die Verwendung von Stoffen einzuschränken, die aufgrund der REACH-Verordnung unannehmbare Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt schaffen, und zwar gerade als Mittel zur Erfüllung der Verpflichtung aufgrund des 7. Umweltaktionsplans, schadstofffreie Stoffkreisläufe zu schaffen, damit rezyklierter Abfall in der Union als wichtige, zuverlässige Rohstoffquelle genutzt werden kann; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, ihr einseitiges Moratorium für die Verarbeitung von Empfehlungen seitens der ECHA bezüglich der Aufnahme besonders besorgniserregender Stoffe in Anhang XIV der REACH-Verordnung abzubrechen und stattdessen die Aufnahme solcher Stoffe zügig in Angriff zu nehmen; betont in Übereinstimmung mit der Abfallhierarchie, dass die Vermeidung Vorrang vor dem Recycling hat und dass demgemäß Recycling nicht als Rechtfertigung dafür angeführt werden sollte, die Verwendung gefährlicher veralteter Stoffe unbegrenzt fortzuschreiben;

32.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen um den Ersatz gefährlicher Stoffe im Rahmen der Richtlinie 2011/65/EU über die Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten im Hinblick auf die Einführung nicht toxischer Stoffkreisläufe zu intensivieren;

33.

fordert die Mitgliedstaaten auf, für eine wirkungsvolle Marktüberwachung zu sorgen, um sicherzustellen, dass sowohl europäische als auch importierte Produkte die Anforderungen in Bezug auf Produktpolitik und Ökodesign erfüllen; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Interesse dieser wirkungsvollen Marktüberwachung unverzüglich das Legislativverfahren zur Überarbeitung der Verordnung über Marktüberwachung voranzutreiben; weist darauf hin, dass weitere Verzögerungen den Interessen der Unternehmer und der Bürger schaden würden;

Wege zu einem Zustand ohne Abfälle

34.

weist auf die Analyse der Kommission hin, aus der hervorgeht, dass infolge der Verabschiedung neuer Zielvorgaben im Bereich Abfall 180 000 Arbeitsplätze entstehen würden, die Union wettbewerbsfähiger würde und die Nachfrage nach kostspieligen und knappen Ressourcen sinken würde (9); bedauert, dass der Legislativvorschlag über Abfälle zurückgezogen wurde (10), betrachtet jedoch die Ankündigung durch Vizepräsident Timmermans während der Plenartagung des Parlaments vom Dezember 2014 als die Gelegenheit für ein neues, ambitionierteres Paket zur Kreislaufwirtschaft;

35.

fordert die Kommission auf, bis Ende 2015 den angekündigten Vorschlag zur Überarbeitung des Abfallrechts vorzulegen, dabei die Abfallhierarchie mit Sorgfalt anzuwenden und Folgendes in den Vorschlag aufzunehmen:

klare und eindeutige Definitionen;

Konzipierung von Maßnahmen zur Abfallvermeidung;

Festlegung verbindlicher Ziele für die Vermeidung von Siedlungsabfällen sowie gewerblichen und industriellen Abfällen bis 2025;

Festlegung von Mindestanforderungen in Bezug auf erweiterte Herstellerverantwortung im Hinblick auf Transparenz und Kosteneffizienz bei den Systemen für erweiterte Herstellerverantwortung;

Anwendung der verursacherbezogenen Abfallgebührenerhebung („Pay-as-you-throw-Prinzip“) auf Restabfälle in Verbindung mit obligatorischen Systemen der getrennten Sammlung von Papier, Metall, Kunststoffen und Glas mit dem Ziel, hochwertige Recyclingmaterialien zu begünstigen; obligatorische getrennte Sammlung von Bioabfällen bis 2020;

Erhöhung der Zielvorgaben für das Recycling bzw. die Vorbereitung zur Wiederverwendung auf mindestens 70 % der Siedlungsabfälle sowie der Zielvorgabe für das Recycling von Verpackungsabfällen auf 80 % bis 2030, basierend auf einer zuverlässigen Berichtsmethode, die verhindert, dass beseitigte (deponierte oder verbrannte) Abfälle als rezyklierte Abfälle deklariert werden, unter Verwendung des gleichen harmonisierten Verfahrens in allen Mitgliedstaaten mit extern überprüften Statistiken; eine Berichtspflicht für Recyclingbetriebe in Bezug auf die eingehenden Abfallmengen, die in die Sortieranlagen gelangen, und in Bezug auf die ausgehenden Mengen an Recycling-Produkten, die aus den Sortieranlagen kommen;

strenge Beschränkung der Verbrennung mit oder ohne Energierückgewinnung auf nicht recyclingfähigen und nicht biologisch abbaubaren Abfall bis 2020;

verbindlich vorgeschriebene schrittweise Reduzierung der Deponierung in Übereinstimmung mit den Anforderungen für Recycling, und zwar in drei Stufen (2020, 2025 und 2030) mit dem Endergebnis eines Verbots sämtlicher Deponierung mit Ausnahme von bestimmten gefährlichen Abfällen und Restabfällen, bei denen die Deponierung die umweltverträglichste Option ist;

Empfehlung an die Mitgliedstaaten für Deponierung und Verbrennung Gebühren einzuführen;

36.

betont die Bedeutung und den Mehrwert europäischer Zielvorgaben in der Abfallpolitik sowohl in Bezug auf Rechtssicherheit, Vorhersagbarkeit und Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt als auch auf den Schutz und die Verbesserung des Lebensumfelds aller EU-Bürger;

37.

fordert die Kommission auf, die gleichen Zielvorgaben für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union festzulegen, um ein gleich hohes Umweltschutzniveau in der gesamten EU herbeizuführen und den Binnenmarkt nicht zu schwächen;

38.

fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass das geltende Abfallrecht und die zugehörigen Ziele vollständig und ordnungsgemäß umgesetzt werden, besonders die Verpflichtung zur Schaffung von Systemen zur getrennten Sammlung, darauf hinzuwirken, dass die Mitgliedstaaten ihre Bemühungen um die Verwirklichung der bisherigen Ziele verstärken, und Maßnahmen zur Unterstützung der Mitgliedstaaten beim Einsatz der richtigen Instrumente zu treffen, mit denen sie die Ziele innerhalb der Fristen erreichen;

39.

betont, dass für eine optimale Nutzung der verfügbaren Abfallbewirtschaftungskapazitäten in der Union eine bessere Planung und ein besserer Informationsaustausch zum Zweck der Vermeidung von Überkapazitäten erforderlich sind;

40.

fordert die Kommission auf, die Möglichkeit näher zu untersuchen, einen Regelungsrahmen für die verstärkte Rückgewinnung von Stoffen aus Deponien vorzuschlagen, damit auf bestehenden Deponien Sekundärrohstoffe rückgewonnen werden können, und die Ausarbeitung eines Systems von Umweltgenehmigungen für die Recyclingbranche in Betracht zu ziehen;

41.

fordert die Kommission auf, für mehr Transparenz und bessere Kontrollen zu sorgen, um die Verbringung von Abfällen in Länder mit im Vergleich zur Union weniger anspruchsvollen Umweltschutz- und Sozialnormen zu verhindern;

42.

fordert die Kommission auf, sich gemeinsam mit den Mitgliedstaaten verstärkt für die Bekämpfung der illegalen Ausfuhr von Verbraucherabfall einzusetzen;

43.

fordert die Kommission auf, in der Abfallrahmenrichtlinie Mindestanforderungen für den Inhalt einzelstaatlicher Präventionsprogramme sowie einen Katalog von Zielvorgaben und Indikatoren festzulegen, mit deren Hilfe die in den einzelnen Mitgliedstaaten erzielten Ergebnisse verglichen werden können;

44.

fordert die Kommission auf, die spezifischen Herausforderungen der Abfallwirtschaft in Angriff zu nehmen und die in der Mitteilung der Kommission zu einer Kreislaufwirtschaft (COM(2014)0398) dargelegten Maßnahmen durchzuführen; legt den Mitgliedstaaten und der Kommission nahe, zu veranlassen, dass EU-Mittel mobilisiert werden, um die Ziele der integrierten Abfallbewirtschaftung wie getrennte Sammlung und Ausbau der Recycling-Infrastruktur zu erreichen;

45.

fordert die Kommission auf, eine bis 2025 zu erfüllende Zielvorgabe für die Reduzierung von Abfällen im Meer um 50 % gegenüber den Niveaus von 2014 vorzuschlagen;

46.

betont, dass für das Einsammeln und das Recycling bestimmter kritischer Metalle aufgrund ihrer zunehmenden Knappheit und im Interesse der Verminderung der Abhängigkeit Zielvorgaben festzulegen sind;

47.

fordert die Kommission auf, bis Ende 2015 Zielvorgaben, Maßnahmen und Instrumente zur effizienten Erfassung von Lebensmittelabfällen vorzuschlagen und dabei auch eine verbindliche Zielvorgabe für die Verringerung von Lebensmittelabfällen in den Herstellungsbetrieben, in Einzelhandel bzw. Vertrieb, im Hotel- und Gaststättengewerbe und in privaten Haushalten von mindestens 30 % bis 2025 vorzusehen; fordert die Kommission auf, Anregungen dazu zu geben, dass in den Mitgliedstaaten Vereinbarungen eingeführt werden, die die Abgabe von im Einzelhandel nicht verkauften Produkten an wohltätige Vereinigungen vorsehen; fordert die Kommission auf, im Zuge einer Abschätzung der Auswirkungen neuer einschlägiger Legislativvorschläge auch die möglichen Auswirkungen auf Lebensmittelabfälle zu bewerten;

Nachhaltige Gebäude

48.

begrüßt die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Effizienter Ressourceneinsatz im Gebäudesektor“ (COM(2014)0445); ist der Ansicht, dass ein Ansatz für den Gebäudesektor erforderlich ist, der sich auf einen Fahrplan und zugehörige langfristige Zielvorgaben stützt;

49.

fordert die Kommission auf, die vollständige Umsetzung der Grundsätze und Anforderungen der Kreislaufwirtschaft im Bereich Gebäude vorzuschlagen und die politischen Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit der Ressourceneffizienz von Gebäuden fortzuentwickeln, was auch die Ausarbeitung von Indikatoren, Normen, Methoden und Qualitätsanforderungen in den Bereichen Flächennutzung, Stadtplanung, Architektur, Statik, Bau, Instandhaltung, Anpassungsfähigkeit, Energieeffizienz, Renovierung, Wiederverwendung und Recycling einschließt; vertritt die Auffassung, dass die Indikatoren für nachhaltige Gebäude auch grüne Infrastrukturen wie begrünte Dächer betreffen sollten; betont die Bedeutung eines ganzheitlichen Konzepts für den Gebäudebestand in Europa mit deutlichen und ambitionierten mittel- und langfristen Zielen und Fahrplänen zur Verwirklichung dieser Vision;

50.

ist der Auffassung, dass die Luftqualität in Innenräumen sowie das Wohlbefinden und die sozialen Bedürfnisse der Nutzer in die Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden Eingang finden sollten;

51.

fordert die Kommission auf, im Rahmen der allgemeinen Indikatoren für Ressourceneffizienz Indikatoren auszuarbeiten, mit denen die Nachhaltigkeit von Gebäuden über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu bewerten ist, wobei sie bereits bestehende Normen und Methoden und als Grundlage einen ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeitsansatz heranziehen sollte;

52.

fordert die Kommission auf, festzustellen, ob die Grundsätze und Normen der besten verfügbaren Technologie auf alle Materialien und Gebäudeteile ausgedehnt werden könnten, und einen Gebäudepass zu konzipieren, der auf der Betrachtung des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes basiert;

53.

ist der Auffassung, dass deshalb, weil 90 % des im Jahr 2050 vorhandenen Gebäudebestands heute bereits bestehen, besondere Anforderungen an und Anreize für den Bereich Renovierung festgelegt werden sollten, um bis 2050 den Energie-Fußabdruck von Gebäuden zu verbessern; fordert deswegen die Kommission auf, eine langfristige Strategie für die Renovierung bestehender Gebäude auszuarbeiten und die Rolle der durch die Richtlinie 2012/27/EU zur Energieeffizienz eingeführten nationalen Renovierungsstrategien aufzuwerten;

54.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Verbesserung des Recyclings durch den Aufbau von Infrastruktur für die getrennte Sammlung und das Recycling in der Bauwirtschaft zu begünstigen;

55.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, das Potenzial technischer Prüfungen vor dem Abbruch (Bewertungen von Gebäuden vor Rückbau oder Abbruch, in der die vorhandenen Materialien beschrieben werden und festgelegt wird, welche Teile zwecks Recycling getrennt gesammelt werden können) und die Sortierung recyclingfähiger Materialien vor Ort zu untersuchen (die Sortierung vor Ort liefert in der Regel Sekundärrohstoffe, deren Reinheit höher ist als beim Recycling außerhalb des Geländes und kann dazu beitragen, die Umweltauswirkungen des Transports einzudämmen, beispielsweise durch Zerkleinern/Verdichten vor Ort);

56.

stellt fest, dass Beton zu den am meisten verwendeten Werkstoffen in der Bauwirtschaft gehört; fordert die Kommission auf, die Möglichkeiten zum vermehrten Recycling von Beton in der Bauwirtschaft, wie es in Deutschland und der Schweiz praktiziert wird, zu begutachten;

Entwicklung von Märkten für Sekundärrohstoffe

57.

fordert die Kommission auf, Maßnahmen zur Schaffung von Anreizen und zur Begünstigung der Entwicklung von Märkten für hochwertige Sekundärrohstoffe sowie zur Einführung von Geschäftstätigkeiten auf der Grundlage der Wiederverwendung von Sekundärrohstoffen auszuarbeiten;

58.

ist der Auffassung, dass ein langfristiger und berechenbarer politischer Rahmen für alle diese Bereiche dazu beitragen wird, Investitionen und Aktionen in dem Maß zu fördern, das erforderlich ist, um Märkte für umweltverträglichere Technologien zur vollen Entfaltung zu bringen und nachhaltige betriebswirtschaftliche Problemlösungen zu unterstützen; betont, dass mit belastbaren Daten untermauerte Indikatoren und Zielvorgaben für Ressourceneffizienz den öffentlichen und privaten Entscheidungsträgern die notwendigen Anhaltspunkte für die Umgestaltung der Wirtschaft liefern würden;

59.

betont, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten die Aufstellung von Programmen für Industriesymbiose fördern müssen, die industrielle Synergien in Bezug auf Wiederverwendung und Recycling begünstigen und mit denen Unternehmen, besonders KMU, darin unterstützt werden, zu ermitteln, wie ihre Energie, ihre Abfälle und ihre Nebenprodukte als Ressourcen für andere dienen können; weist auf vergleichbare Konzepte hin, beispielsweise den Ansatz „von der Wiege bis zur Wiege“ und die Industrieökologie;

Sonstige Maßnahmen

60.

fordert die Kommission auf, Auftragsvergabeverfahren vorzuschlagen, bei denen wiederverwendete, reparierte, wiederaufbereitete, überholte und sonstige nachhaltig und ressourceneffizient hergestellte Produkte und entsprechende Problemlösungen bevorzugt werden und der Grundsatz „befolgen oder erläutern“ Anwendung findet, wenn sie nicht bevorzugt werden;

61.

betont, dass ein steuerliches Umfeld benötigt wird, das mit dem Verursacherprinzip in Einklang steht und von dem angemessene Signale im Hinblick auf Investitionen in Ressourceneffizienz, die Modernisierung der Produktionsverfahren und die Herstellung von mehr reparierbaren und haltbaren Produkten ausgehen; fordert, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Semesters auf Fortschritte in diesem Bereich hinarbeiten (11);

62.

fordert die Kommission auf, Maßnahmen im Zusammenhang mit der Besteuerung, wie ermäßigte Mehrwertsteuersätze auf rezyklierte, wiederverwendete und ressourceneffizient hergestellte Produkte, zu prüfen und vorzuschlagen;

63.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Grünen Aktionsplan für KMU in vollem Umfang durchzuführen;

64.

fordert die Kommission auf, einen strategischen Rahmen für Nährstoffe auszuarbeiten, um mehr Recycling herbeizuführen, Innovationen zu unterstützen, die Marktbedingungen zu verbessern und die nachhaltige Nutzung von Nährstoffen in die Rechtsvorschriften der Union über Düngemittel, Lebensmittel, Wasser und Abfall einzubeziehen;

65.

fordert die Kommission auf, die Mitteilung über nachhaltige Lebensmittel, die seit 2013 mehrfach zurückgestellt wurde, im ersten Halbjahr 2016 vorzustellen; betont, dass in der genannten Mitteilung Mängel an Ressourceneffizienz in der Lebensmittelkette ganzheitlich behandelt werden sollten und die Konzipierung einer Politik zugunsten nachhaltiger Lebensmittel stimuliert werden sollte, weil Herstellung und Konsum von Lebensmitteln einen hohen Anteil am Ressourcenverbrauch haben; fordert die Kommission auf, die Möglichkeit der Steigerung des Einsatzes umweltfreundlicher Lebensmittelverpackungen zu prüfen und dabei zu bewerten, ob ein schrittweiser Ersatz von Lebensmittelverpackungen durch biobasierte und biologisch abbaubare, kompostierbare Materialien im Einklang mit den Normen der Union durchführbar ist;

66.

fordert die Kommission auf, eine ständige Plattform für Ressourceneffizienz unter Einbeziehung aller einschlägigen Interessenträger zu schaffen, um die Anwendung neuester Forschungsergebnisse, den Austausch bewährter Verfahren und die Entstehung neuer industrieller Synthesen und industrieller Ökosysteme zu stimulieren und zu erleichtern;

67.

fordert die Kommission auf, eine bereichsübergreifende und GD-übergreifende Arbeitsgruppe für nachhaltige Finanzierung einzurichten, um die Ressourceneffizienz-Indikatoren in die integrierte Berichterstattung und Rechnungslegung auf Unternehmensebene aufzunehmen, wobei die Vertraulichkeit bestimmter geschäftlicher Informationen zu wahren ist; fordert die Kommission auf, zu prüfen, wie die Ressourceneffizienz und die Umweltrisiken in u. a. Ratings und Eigenkapitalanforderungen für Banken einzubetten sind, ein umfassendes Versicherungssystem für Umweltrisiken zu konzipieren und die Informationspflichten in Bezug auf Investmentprodukte festzulegen, und zwar mit einer ordnungsgemäßen Folgenabschätzung; ist der Auffassung, dass die Kommission in dieser Hinsicht Vorteile aus einer Zusammenarbeit auf der Ebene der UNEP-Untersuchung über die Gestaltung eines nachhaltigen Finanzsystems („Inquiry into the Design of a Sustainable Financial System“) ziehen könnte; fordert die Kommission auf, die bisherigen freiwilligen Initiativen in den Mitgliedstaaten mit Blick auf einen möglichen Austausch bewährter Verfahren zu prüfen;

68.

fordert die Kommission auf, die politischen Empfehlungen der Europäischen Plattform für Ressourceneffizienz (EREP) zur Entwicklung von Normen für die nachhaltige Beschaffung von Primärmaterialien und -rohstoffen zu untersuchen, weil eine nachhaltige und verantwortbare Beschaffung von Primärrohstoffen wesentlich dazu beiträgt, Ressourceneffizienz zu erreichen und die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu erfüllen; betont in dieser Hinsicht die gemeinsame Unterstützung der Vorschläge der Kommission zur verantwortungsvollen Beschaffung von Metallen und Mineralien aus Konfliktgebieten durch das Parlament und den Rat;

69.

fordert die Kommission auf, ihre Definition „kritischer“ Rohstoffe zu überprüfen und dabei die Umweltauswirkungen und Risiken in Verbindung mit deren Gewinnung und Verarbeitung sowie das jeweils gegebene Potenzial zur Substitution durch Sekundärrohstoffe besser zu berücksichtigen;

70.

betont, dass alle EU-Finanzmittel, auch über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI), Horizont 2020, die Kohäsionsfonds und die EIB, mobilisiert werden müssen, um die Ressourceneffizienz in Übereinstimmung mit der Abfallhierarchie zu fördern, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, alle umweltschädlichen Subventionen abzuschaffen, auch die in der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen vorgesehenen Subventionen für die Energieerzeugung aus dem biologisch abbaubaren Anteil von Industrie- und Siedlungsabfällen durch Verbrennung und die indirekten Subventionen für fossile Brennstoffe;

71.

fordert, dass bei den Mitteln des Programms für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für kleine und mittlere Unternehmen (COSME) sowie des Programms Horizont 2020 und der europäischen Struktur- und Investitionsfonds der Schwerpunkt verstärkt auf die Ausarbeitung nachhaltiger, innovativer und ressourceneffizienter Problemlösungen und neuer Geschäftsmodelle (wie Leasing oder Produkt-Dienstleistungs-Systeme) sowie die Verbesserung der Konzeption von Produkten und der Effizienz von Werkstoffen im Zusammenhang mit der Produkt- und Prozessleistung gelegt wird;

72.

betont, dass Forschung und Innovation entscheidend zum Übergang zu Kreislaufwirtschaft in Europa beitragen und dass im Rahmen von Horizont 2020 Forschungs- und Innovationsprojekte unterstützt werden müssen, mit denen die ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit von Kreislaufwirtschaft vor Ort nachgewiesen und getestet werden kann; betont, dass diese Projekte im Rahmen eines systemischen Ansatzes die Ausarbeitung einer innovationsfördernden und leichter umsetzbaren Verordnung erleichtern können, indem mögliche regulatorische Ungewissheiten, Hindernisse und/oder Lücken ermittelt werden, die die Ausarbeitung von auf Ressourceneffizienz basierenden Geschäftsmodellen beeinträchtigen können;

73.

fordert die Kommission auf, die digitale Agenda und die Informationstechnologie mit ihrem gesamten Potenzial zu nutzen, um Ressourceneffizienz und den Übergang zu Kreislaufwirtschaft zu fördern;

74.

betont, dass die Union eine offene Wirtschaft hat, die Einfuhren und Ausfuhren auf dem Weltmarkt tätigt; weist darauf hin, dass die Ressourcenverknappung als weltweite Herausforderung auch auf internationaler Ebene überwunden werden muss; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Tätigkeit des Internationalen Ausschusses für Ressourcenbewirtschaftung (International Resource Panel) des Umweltprogramms der Vereinten Nationen tatkräftig zu unterstützen und dabei die weltweit bestehenden Probleme mit kritischen Ressourcen zu untersuchen und praktische Lösungen für die Entscheidungsträger, die Wirtschaft und die Gesamtgesellschaft auszuarbeiten;

75.

fordert die Kommission auf, die notwendigen Maßnahmen auf internationaler Ebene zu ergreifen, um die Rückverfolgbarkeit von Produkten zu verbessern;

76.

betont, dass die Steigerung der Ressourceneffizienz die energiewirtschaftliche Abhängigkeit der Union und die Energiearmut, von der etwa 125 Millionen Unionsbürger betroffen sind, verringern kann; stellt fest, dass es sich lohnt, Energieeffizienz als gesonderte Energiequelle zu betrachten, deren Aufschwung erheblich zur Entwicklung der Wirtschaft der EU, zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Mäßigung der Energiekosten der Bevölkerung beiträgt;

77.

fordert die Kommission auf zu prüfen, ob sich die geltenden bzw. in Betracht gezogenen Rechtsvorschriften hinderlich auf die Kreislaufwirtschaft, die bisherigen innovativen Geschäftsmodelle oder die Entstehung neuer Modelle, wie beispielsweise einer Leasing-Wirtschaft oder einer Wirtschaft des Teilens bzw. einer kollaborativen Wirtschaft, auswirken oder ob hier finanzielle oder institutionelle Hemmnisse bestehen; fordert die Kommission auf, soweit notwendig, die jeweiligen Rechtsvorschriften zu verbessern und gegen die jeweiligen Hemmnisse vorzugehen; fordert die Kommission auf, die damit zusammenhängenden Rechtsvorschriften zu überarbeiten mit dem Ziel der Verbesserung der Umweltbilanz und der Ressourceneffizienz von Produkten über ihren Lebenszyklus hinweg, der besseren Abstimmung von vorhandenen Instrumenten und der Schaffung eines Konzepts zur Sicherung einer Vorreiterrolle;

78.

fordert die Kommission auf, relevante Aspekte der EU-Wettbewerbspolitik mit Bezügen zur Kreislaufwirtschaft zu klären, insbesondere die Abwägung zwischen den Risiken von Marktabsprachen und der Notwendigkeit, die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und ihren Lieferanten zu stärken;

79.

fordert die Kommission auf, ihm über sämtliche hier dargelegten Maßnahmen Bericht zu erstatten und die nächsten Schritte bis 2018 vorzuschlagen;

o

o o

80.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0584.

(2)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0016.

(3)  ABl. C 264 E vom 13.9.2013, S. 59.

(4)  ABl. C 51 E vom 22.2.2013, S. 21.

(5)  Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.

(6)  ABl. C 140 vom 28.4.2015, S. 37.

(7)  OECD-Umweltprogramm, „Voluntary approaches to environmental policy“, 2003.

(8)  Mitteilung der Kommission vom 2. Juli 2014 mit dem Titel „Hin zu einer Kreislaufwirtschaft: ein Null-Abfallprogramm für Europa“ (COM(2014)0398).

(9)  Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen vom 2. Juli 2014 mit einer Zusammenfassung der Folgenabschätzung für den Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Abfallrichtlinien (SWD(2014)0208).

(10)  Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2008/98/EG über Abfälle, 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle, 1999/31/EG über Abfalldeponien, 2000/53/EG über Altfahrzeuge, 2006/66/EG über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren sowie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (COM(2014)0397).

(11)  Budget Europe, 2015, länderspezifische Empfehlungen für das Verfahren des Europäischen Semesters, S. 6, http://www.foes.de/pdf/2015-02-25_CSR%20Recommendations_FINAL.pdf.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/76


P8_TA(2015)0268

Schaffung einer Kapitalmarktunion

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu der Schaffung einer Kapitalmarktunion (2015/2634(RSP))

(2017/C 265/09)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission vom 18. Februar 2015 mit dem Titel „Schaffung einer Kapitalmarktunion“ (COM(2015)0063),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 15. Mai 2014 mit dem Titel „Ein reformierter Finanzsektor für Europa“ (COM(2014)0279),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 2014 mit Empfehlungen an die Kommission zur Überprüfung des Europäischen Systems der Finanzaufsicht (ESFS) (1),

unter Hinweis auf die Überprüfungsberichte der Kommission über das Europäische System der Finanzaufsicht (COM(2014)0509) über die Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA) und COM(2014)0508 über den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB)),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 27. März 2014 mit dem Titel „Langfristige Finanzierung der europäischen Wirtschaft“ (COM(2014)0168),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. Februar 2014 zu der langfristigen Finanzierung der europäischen Wirtschaft (2),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 26. November 2014 mit dem Titel „Eine Investitionsoffensive für Europa“ (COM(2014)0903),

unter Hinweis auf die Anfrage an die Kommission zu dem Grünbuch zur Schaffung einer Kapitalmarktunion (O-000075/2015 — B8-0564/2015),

gestützt auf Artikel 128 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 26. Februar 2014 zu der langfristigen Finanzierung der europäischen Wirtschaft die Notwendigkeit betont hat, „durch neue Finanzierungsquellen […] den Zugang zu den Kapitalmärkten zu verbessern“, und gleichzeitig darauf hingewiesen hat, dass „die Geschäftsbanken voraussichtlich auch weiterhin eine wichtige Finanzierungsquelle für die Mitgliedstaaten bleiben werden und es für die EU von entscheidender Bedeutung ist, neue Quellen zu erschließen, um etablierte Mechanismen zu ergänzen und die Finanzierungslücke zu schließen und gleichzeitig einen geeigneten Regulierungs- und Aufsichtsrahmen zu bieten, der sich nach den Bedürfnissen der Realwirtschaft richtet“;

B.

in der Erwägung, dass die Kommission in ihrer Mitteilung vom 27. März 2014 mit dem Titel „Langfristige Finanzierung der europäischen Wirtschaft“ Möglichkeiten geprüft hat, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um die Finanzierung zu diversifizieren, die europäischen Kapitalmärkte zu entwickeln und den Zugang zu Finanzierung, insbesondere für KMU, beispielsweise in den Bereichen Aktien- und Unternehmensanleihemärkte, sichere und transparente Verbriefung, gedeckte Schuldverschreibungen und Privatplatzierung zu verbessern;

C.

in der Erwägung, dass laut der Erklärung von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die oberste strategische Priorität der Kommission der „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas und der Belebung der Investitionstätigkeit in Europa [gilt], um auf diese Weise neue Arbeitsplätze zu schaffen“;

D.

in der Erwägung, dass unzureichend regulierte und beaufsichtigte Kapitalmärkte ein wesentlicher Grund für den Ausbruch der Finanzkrise waren; in der Erwägung, dass dieser Tatsache bei allen neuen Vorschlägen, insbesondere zur Verbriefung, gebührend Rechnung getragen werden muss;

E.

in der Erwägung, dass die EU-Organe infolge der Finanzkrise eine Reihe von Rechtsvorschriften eingeführt haben, um ein erneutes Auftreten einer solchen Krise zu verhindern und ein Umfeld finanzieller Stabilität zu schaffen, das für wahrhaft tragfähiges Wachstum entscheidend ist; in der Erwägung, dass diese Rechtsvorschriften als der Rahmen gesehen werden sollten, in dem die Kapitalmarktunion geschaffen wird, und nicht als ein Hindernis dafür;

F.

In der Erwägung, dass eine Verringerung der Zersplitterung der Kapitalmärkte zu geringeren Kapitalkosten und zu einer besseren Allokation führen und so zum Wachstum von Unternehmen, insbesondere KMU, und zur Schaffung von Arbeitsplätzen innerhalb der EU beitragen könnte;

G.

in der Erwägung, dass verschiedene EU-Organe und die Privatwirtschaft derzeit Lösungen oder Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Kapitalmärkte entwickeln, beispielsweise in den Bereichen sichere und transparente Verbriefung, Privatplatzierung, Aktienanleihemärkte, europäische gedeckte Schuldverschreibungen und Börsengänge;

H.

in der Erwägung, dass alle bisherigen regulatorischen Bemühungen (die Eigenkapitalrichtlinie (CRD), die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente II (MiFID II)/die Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR)) durch eine Kapitalmarktunion ergänzt und weiter entwickelt werden müssen;

Wirtschaftlicher Hintergrund

1.

stellt fest, dass die Investitionen in die Realwirtschaft in Europa im Laufe der letzten Jahrzehnte relativ gesehen zurückgegangen sind, obwohl der europäische und der weltweite Finanzsektor im gleichen Zeitraum stark gewachsen sind; weist darauf hin, dass die Realwirtschaft weiterhin stark von Banken abhängig ist, wodurch die Wirtschaft gegenüber einer Verknappung von Bankendarlehen anfällig ist;

2.

stellt fest, dass dank der massiven staatlichen Eingriffe seit Beginn der Krise, die durch das Versagen des Finanzsektors ausgelöst wurde, reichlich Liquidität vorhanden ist, dass dies jedoch trotzdem nicht zu einem Anstieg der Finanzierungsnachfrage durch die Realwirtschaft geführt hat;

3.

weist darauf hin, dass es in Europa vor der Krise keinen Mangel an grenzüberschreitenden Kapitalströmen gab, dass sie sich jedoch auf Interbankenkredite und Verbindlichkeiten, die oft von Anlegern mit hohem Fremdkapitalhebel gehalten werden, konzentriert haben, was zu einer Übertragung der Risiken innerhalb des Binnenmarkts geführt hat;

4.

stellt fest, dass die Wiederherstellung der Stabilität des Bankensektors in der EU Priorität gegenüber der Finanzierung langfristiger Investitionen und der Realwirtschaft erhalten hat;

5.

weist darauf hin, dass es einen großen Bestand an brachliegendem Kapital im Besitz der Versicherungsbranche gibt, der effektiver genutzt werden sollte, indem der Regelungsrahmen durch eine Überarbeitung der Eigenkapitalanforderungen für bestimmte Anlagen durch die Versicherungsbranche verbessert wird;

6.

weist darauf hin, dass man trotz der Möglichkeiten, die ein wohldurchdachter EU-Kapitalmarkt bietet, die Tatsache nicht vernachlässigen darf, dass es beträchtliche Hindernisse in anderen Bereichen wie beispielsweise Besteuerung gibt, insbesondere durch Praktiken, mit denen Anreize für Fremdkapital statt Eigenkapital geschaffen werden, sowie im Insolvenz- und Rechnungslegungsrecht; ist der Ansicht, dass eine Harmonisierung auf EU-Ebene in diesen Bereichen nicht automatisch zusätzlichen Nutzen bringen würde und dass in diesem Zusammenhang keine Notwendigkeit besteht, die internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) in Europa auszuweiten;

7.

betont, dass das Ausmaß der finanziellen Integration seit der Krise zurückgegangen ist, da Banken und Anleger auf ihre Heimatmärkte zurückkehren;

8.

betont, dass Nachfrage und Angebot durch die Schaffung von Vertrauen in die Realwirtschaft angeregt werden können, indem eindeutige Zusagen auf Ebene der Union und der Mitgliedstaaten gegeben werden, ein positives Investitionsumfeld und Rechtssicherheit für Anleger zu fördern, langfristige Ziele für einen stabilisierenden, wettbewerbsfähigen und wachstumsfreundlichen Rechtsrahmen zu formulieren und Anreize für Anlagen in Infrastruktur und eine Diversifizierung dieser Anlagen zu fördern, sodass Firmen längerfristig planen können;

9.

stellt fest, dass die Zukunft Europas von seiner Innovationskraft abhängt; vertritt die Auffassung, dass abgesehen von einem innovationsfreundlichen Regelungsrahmen ein einfacher, angemessener und diversifizierter Zugang zu Finanzierung für Unternehmen entscheidend für die Schaffung von intelligentem, nachhaltigem und integrativem Wachstum ist;

10.

weist darauf hin, dass die Verbesserung der Finanzierungsbedingungen für europäische Unternehmen auf einer gestärkten wirtschaftlichen und finanziellen Stabilität aufbauen muss, was die Umsetzung von Reformen in allen Mitgliedstaaten umfasst;

11.

betont, dass unvollkommene Kapitalmärkte zu einer falschen Bewertung von Risiken und einer Entkoppelung zwischen den angestrebten Renditen und den tatsächlich eingegangenen Risiken geführt haben, was bewirkt hat, dass die Märkte gegenüber Rechtspersonen wie KMU negativ voreingenommen sind; ist davon überzeugt, dass eines der Ziele der Kapitalmarktunion darin bestehen sollte, die Wirksamkeit der Märkte zu verbessern und für faire, angemessene und wirtschaftlich sinnvolle Beziehungen zwischen Risiko und Rendite auf den EU-Kapitalmärkten zu sorgen;

Ein wahrhaft europäischer Ansatz

12.

ist der Ansicht, dass sich zwar beispielsweise die USA schneller von der Finanzkrise erholt haben als die EU, was teilweise auf ein stärker diversifiziertes Finanzsystem zurückzuführen ist, dass die EU jedoch ihre wahrhaft eigene Version einer Kapitalmarktunion aufbauen muss, die auf die Erfahrungen aus anderen Teilen der Welt zurückgreifen, diese jedoch nicht einfach kopieren darf; betont allerdings, dass ein vernünftiger Ansatz für die Anerkennung gleicher oder ähnlicher Standards von Drittländern entwickelt werden muss, um für Kompatibilität zwischen den europäischen und den internationalen Finanzmärkten zu sorgen;

13.

ist der Auffassung, dass bei einem wahrhaft europäischen Ansatz bei den Kapitalmärkten die internationalen Entwicklungen gebührend berücksichtigt werden müssen, sodass Europa für internationale Anleger attraktiv bleibt, indem unnötige Abweichungen und Dopplungen bei den Rechtsvorschriften vermieden werden;

14.

betont, dass in Europa zwar als Anteil am BIP mehr gespart wird als in den USA (20 % gegenüber 17 %), die Ersparnisse, die in EU-Fonds auf Gegenseitigkeit angelegt sind, jedoch nur 50 % des US-Niveaus entsprechen, die in Rentenfonds angelegten Ersparnisse nur 35 %; verweist weiterhin darauf, dass die Aktienmärkte, Unternehmensanleihemärkte und Verbriefungen in der EU 60 %, 35 % und 20 % der Niveaus ihrer Gegenstücke in den USA entsprechen;

15.

betont, dass die Kommission die unterschiedliche wirtschaftliche und kulturelle Zusammensetzung des KMU-Sektors in den einzelnen Mitgliedstaaten berücksichtigen muss, um unbeabsichtigte Folgen aufgrund der Umsetzung der Kapitalmarktunion zu vermeiden, durch die die bestehenden Ungleichgewichte beim Zugang zu Finanzierung zwischen den Mitgliedstaaten verstärkt werden könnten;

16.

fordert die Kommission auf, einen europäischen Ansatz zur Stärkung der Diversifizierung von Finanzierungsquellen und Investitionen in europäische Unternehmen einzuführen, indem sie eine Kapitalmarktunion schafft, die auf den Eigenheiten und der wechselseitigen Abhängigkeit der europäischen Banken und Kapitalmärkte aufbaut, wobei die Besonderheiten des europäischen Modells für die Finanzierung von Unternehmen und die Notwendigkeit, zwecks Wachstum zuverlässige Nichtbanken-Finanzierungsquellen zu entwickeln und diese durch Möglichkeiten für die Marktteilnehmer zu ergänzen, Fremdkapital, Eigenkapital und Risikokapital direkt auf den Märkten zu beschaffen, berücksichtigt werden müssen; stellt fest, dass die Kommission nicht unbedingt nur auf vergleichende Analysen mit anderen Rechtssystemen zurückgreifen sollte; weist die Kommission darauf hin, dass kulturelle Unterschiede nicht vernachlässigt werden sollten und dass angemessene Antworten zu ihrer Bewältigung gefunden werden müssen; ist außerdem der Ansicht, dass die Kommission bei ihren Reformen der Kapitalmärkte die neuesten technologischen Entwicklungen berücksichtigen sollte;

17.

fordert die Kommission auf, anzuerkennen, dass die Diversität zwischen den Unternehmensmodellen und den Finanzmärkten der Mitgliedstaaten eine Stärke sein kann, deren Schutz für ganz Europa lohnend ist;

18.

betont, dass die Einführung einer Kapitalmarktunion und die dieser zugrunde liegenden Rechtsvorschriften auf die Funktionsfähigkeit von Kapitalmärkten in der gesamten EU, die Vollendung des Binnenmarkts und die Steigerung von nachhaltigem Wachstum abzielen sollten; betont, dass im Anschluss an die Krise Schritte zur Beaufsichtigung des Bankensektors ergriffen wurden, die bisher nicht auf die Kapitalmärkte ausgeweitet wurden; betont, dass es Unterschiede zwischen Finanzsektoren gibt, weshalb unterschiedliche Lösungen benötigt werden; hebt jedoch hervor, dass in Bezug auf ähnliche Finanzierungstätigkeiten für gleiche Ausgangsbedingungen unter den Teilnehmern gesorgt werden muss und dass das wichtigste Ziel für alle Sektoren darin bestehen muss, die Kapitalallokation in der europäischen Wirtschaft zu verbessern und Kapitalbestände, die heute brachliegen, besser zu nutzen;

19.

betont, dass zu diesem Zweck eine eingehende und umfassende Bestandsaufnahme erfolgen muss, bei der die kumulativen Aspekte aller in den letzten Jahren verabschiedeten Dossiers auf die europäischen Kapitalmärkte berücksichtigt werden; weist darauf hin, dass dies auch eine sorgfältige Überprüfung umfasst, ob die in der Banken- und Versicherungsbranche geltenden strengen Eigenkapitalanforderungen überdacht werden müssen;

20.

betont, dass bei Initiativen im Hinblick auf die Schaffung einer Kapitalmarktunion nicht das Rad neu erfunden werden soll, sondern anerkannt werden muss, dass die Finanzierung für Unternehmen in Europa auf gut entwickelten, historisch gewachsenen Strukturen basiert, die sich trotz ihrer Beschränkungen als erfolgreich und krisenbeständig erwiesen haben und dass eine weitere Diversifizierung und die Entwicklung neuer Kanäle wertvoll sein könnten, um dafür zu sorgen, dass unterschiedliche Arten von Unternehmen komplementären Zugang zu Finanzierung haben;

21.

stellt fest, dass herkömmliche Finanzierungskanäle über Banken oft keine Unterstützung für innovative Vorhaben und KMU bieten; betont, dass der fehlende Zugang zu Finanzmitteln für KMU eines der größten Wachstumshindernisse in der EU darstellt; betont, dass Alternativen zu Bankenfinanzierung benötigt werden, solange Bankenkredite für KMU schwer zu erhalten sind, insbesondere durch die Verbesserung des Unternehmensumfelds für Risikokapital, Peer-to-Peer-Fonds, Privatplatzierungen, die Verbriefung von KMU-Darlehen und die Förderung von Kreditgenossenschaften, aber auch durch die Standardisierung der Regeln über öffentlich-private Partnerschaften in der gesamten EU;

22.

betont, dass eine wirksamere Allokation von Kapital innerhalb der EU nicht unbedingt zu stärkeren grenzüberschreitenden Kapitalströmen führen muss; verweist darauf, dass das Entstehen von Immobilienblasen in einigen Mitgliedstaaten vor der Krise zu einem gewissen Maße durch den Zufluss von zu viel Kapital begünstigt wurde;

23.

betont, dass ermittelt werden muss, welche bestehenden Finanzstrukturen sich als wirksam erwiesen haben und daher beibehalten werden sollten und welche Strukturen wesentlich verbessert werden müssen; ist der Ansicht, dass auch für lokale und dezentralisierte Finanzinstitute effektive Strukturen gefördert werden sollten;

24.

verweist auf den Erfolg EU-weiter Initiativen wie die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), die ein Wachstum von EU-Investmentfonds, die mit einem Pass in verschiedenen Mitgliedstaaten betrieben werden, um beinahe 8 Billiarden EUR an Vermögenswerten ermöglicht haben; ist der Ansicht, dass auch die Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) ein gutes Beispiel ist;

25.

begrüßt die Annahme der Verordnung über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF); ist der Ansicht, dass mit ELTIF die mit OGAW erzielten Fortschritte wiederholt werden können, indem eine stärkere Allokation von Kapital für finanzierungsbedürftige langfristige Vorhaben beispielsweise in den Bereichen Infrastruktur und Energie, insbesondere auf grenzüberschreitender Ebene, unterstützt wird; fordert die Kommission auf, zu untersuchen, wie außerordentliche Anlageprogramme wie der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) langfristig wirksam mit regulären EU-Fonds verbunden werden können; ist der Ansicht, dass institutionelle Anleger aufgefordert werden sollten, Fonds unter ihrer Verwaltung zu den europäischen Kapitalmärkten beizutragen; vertritt die Auffassung, dass institutionelle Anleger und die Bedingungen, unter denen sie sich am Markt beteiligen können, bei der Ausgestaltung der Kapitalmarktunion eine wichtige Rolle spielen müssen;

26.

verweist auf frühere Arbeiten zur Integration der Finanzmärkte wie den Aktionsplan für Finanzdienstleistungen (1999), den Bericht Giovannini und den Bericht de Larosière, und fordert die Kommission auf, bei ihrem Aktionsplan für die Kapitalmarktunion auf diesen Berichten aufzubauen;

27.

fordert die Kommission auf, die Lage auf den Kapitalmärkten eingehend und länderspezifisch zu analysieren, um in einer umfassenden Wirtschaftsanalyse zu beurteilen, wo und in welchem Ausmaß es EU-weite Hindernisse für Anlagen über Kapitalmärkte gibt und anzugeben, auf welchem Wege, einschließlich nicht legislativer und marktbasierter Ansätze, diese Hindernisse beseitigt oder minimiert werden können; ist der Ansicht, dass diese Analyse eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Kapitalmarktunion darstellt; fordert die Kommission auf, diesen Prozess zu beschleunigen;

28.

fordert die Kommission auf, grenzüberschreitende Risiken auf Finanz- und Kapitalmärkten in der EU zu ermitteln, die auf institutionellen, rechtlichen und regulatorischen Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten basieren, und diese mit wirksamen Maßnahmen anzugehen, um grenzüberschreitende Kapitalströme zu optimieren und die bestehende Bevorzugung von Heimatmärkten durch Anleger zu reduzieren;

29.

fordert die Kommission auf, auch die Angebotsseite zu berücksichtigen und insbesondere die Grundursachen dafür zu analysieren und anzugehen, warum Kleinanleger und institutionelle Anleger nicht in der Lage sind, ausreichend Kapital zu beschaffen und zu transformieren, um einzelne Finanzdienstleistungen und langfristige Anlagen in die Realwirtschaft zu stärken;

30.

schlägt vor, dass die Kommission die Vermittlung von Finanzwissen an Anleger und Unternehmen als Nutzer von Kapitalmärkten fördert und die Verfügbarkeit von EU-Daten und EU-Forschungsergebnissen durch die Standardisierung und Verbesserung der Datenerhebung verbessert, um es sowohl Unternehmen als auch Anlegern zu ermöglichen, die komparativen Kosten und den komparativen Nutzen von verschiedenen Dienstleistungen, die von Teilnehmern am Kapitalmarkt angeboten werden, zu verstehen;

31.

fordert die Kommission auf, Möglichkeiten zur Reduzierung der Informationsasymmetrien auf den Kapitalmärkten für KMU zu untersuchen, wobei sie sich mit dem Markt für Ratingagenturen und den Hindernissen für neue Teilnehmer an diesem Markt befassen sollte; hebt die Idee unabhängiger europäischer Ratingagenturen hervor, die Ratings anbieten, die auch für kleinere Anlagen kostenwirksam sind;

32.

begrüßt die Ankündigung der Kommission, die Prospektrichtlinie zu überarbeiten, um Mängel des derzeitigen Prospektrahmens zu beheben; betont, dass ihre Verfahren vereinfacht werden müssen, indem der Verwaltungsaufwand für Emittenten und Börsennotierungen entsprechend verringert wird, insbesondere in Bezug auf KMU und Midcap-Unternehmen; ist der Ansicht, dass es sich lohnen könnte, Möglichkeiten zu untersuchen, die Anforderungen abhängig von der Art der Vermögenswerte und/oder Anleger und/oder Emittenten besser anzupassen; weist darauf hin, dass die Transparenz gesteigert würde und die Transaktionskosten gesenkt würden, wenn die zur Verfügung zu stellenden Informationen standardisiert und digital verfügbar gemacht würden;

33.

fordert die Kommission auf, mehr Klarheit darüber zu schaffen, wie sich die Kapitalmarktunion zu den beiden anderen Säulen der Europäischen Investitionsoffensive, nämlich dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen und der europäischen Plattform für Investitionsberatung, verhalten wird;

34.

betont, dass Initiativen zu Kapitalmärkten mit anderen politischen Programmen wie der Entwicklung eines digitalen Binnenmarkts und laufenden Reformen im Bereich des Unternehmensrechts und der Unternehmensführung integriert werden müssen, um Kohärenz und Konsistenz innerhalb der unterschiedlichen regulatorischen und nicht regulatorischen Initiativen zu erzielen und so die positiven Nebeneffektive verschiedener Strategien auf Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu maximieren;

Bausteine einer Kapitalmarktunion

35.

vertritt die Auffassung, dass die Kapitalmarktunion schrittweise umgesetzt werden sollte und dass damit drei Prioritäten verfolgt werden sollten: erstens Anreize für die effizienteste Allokation von Ersparnissen zu schaffen, indem die den Unternehmen zur Verfügung stehenden Finanzierungsquellen vertieft und diversifiziert werden und eine größere Anzahl an Anlagemöglichkeiten, mehr Transparenz und eine Portfoliodiversifizierung für Sparer und Anleger angeboten werden; zweitens eine stärkere Risikominderung ermöglichen, indem stärker integrierte grenzüberschreitende Märkte geschaffen werden, die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems gegenüber den negativen Auswirkungen schwerer Finanzkrisen gestärkt wird und die Auswirkungen idiosynkratischer Schocks abgemildert werden; drittens dafür sorgen, dass es einen wirksamen ergänzenden Kanal für die Finanzierung der Realwirtschaft gibt;

36.

fordert die Kommission auf, bei Bedarf Vorschläge zur Überarbeitung der derzeitigen Rechtsvorschriften vorzulegen, insbesondere in Bezug auf Ratingagenturen und Prüfgesellschaften, um den Anlegerschutz zu steigern und zu ergänzen;

37.

betont, dass bestehende Hindernisse für grenzüberschreitende Finanzierung, insbesondere für KMU, beseitigt werden müssen, um die Vorteile der Kapitalmarktunion für Unternehmen aller Größen an allen Standorten zu fördern;

38.

betont, dass es ein Grundprinzip für den Aufbau einer Kapitalmarktunion sein muss, sich stärker auf die Endnutzer von Kapitalmärkten, d. h. Unternehmen und Investoren, zu konzentrieren und anzuerkennen, dass Märkte für Unternehmen und Investoren bestehen; ist daher der Ansicht, dass die EU-Politik sich darauf konzentrieren muss, dafür zu sorgen, dass Kapitalmärkte Unternehmen besseren Zugang zu Kapital und Anlegern diverse, transparente und erschwingliche Anlagemöglichkeiten bieten;

39.

fordert die Kommission auf, schlüssige Vorschläge vorzulegen, um dafür zu sorgen, dass die Kapitalmarktunion mit einer klaren Strategie einhergeht, um den kontraproduktiven Auswirkungen des Schattenbankenwesens zu begegnen;

40.

betont, dass die Initiativen zur Kapitalmarktunion, um zu den oben genannten Prioritäten beizutragen, darauf abzielen sollten, die Komplexität der Vermittlungskette zwischen Sparern und Anlagen zu begrenzen und gleichzeitig ihre Effizienz zu steigern und ihre Kosten zu senken, die Endnutzer für die Vermittlungskette und ihre Kostenstruktur zu sensibilisieren, den Anlegerschutz zu steigern, die Stabilität der Vermittlungskette durch angemessene aufsichtsrechtliche Regeln sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass Mittler mit einer minimalen Störung des Finanzsystems und der Realwirtschaft ausfallen und ersetzt werden können;

41.

begrüßt das Vorhaben der Kommission, eine Bestandsaufnahme der gesamten Auswirkungen der Finanzregelungen, insbesondere der Rechtsvorschriften der letzten fünf Jahre, vorzunehmen; betont, dass die vorgenannten Prioritäten bei einer Überarbeitung der bestehenden Finanzvorschriften berücksichtigt werden müssen;

42.

betont, dass Bankenfinanzierung und die Vermittlerrolle von Banken auf Kapitalmärkten wichtige Säulen der Unternehmensfinanzierung sind; betont, dass die Kapitalmarktunion darauf basieren sollte, die grundlegende Rolle von Banken zu ergänzen, nicht sie zu ersetzen, da die Bankenfinanzierung in der Finanzierung der europäischen Wirtschaft weiterhin eine Schlüsselrolle spielen sollte; betont die bedeutende Rolle eines persönlichen Bankservice, der auch zur Bereitstellung alternativer Finanzierungsmethoden verwendet werden kann, bei der Finanzierung von Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen; verweist auf die strategische Dimension, die ein starker und diversifizierter europäischer Bankensektor mit sich bringt; fordert die Kommission auf, den Zugang zu Bankenkrediten für KMU in der gesamten Union zu untersuchen und gegen unangemessene Hindernisse vorzugehen;

43.

betont, dass KMU eine möglichst breite Auswahl an Finanzierungsstrukturen zur Verfügung stehen sollte, sodass sie selbst die Wahl zwischen Finanzierungsoptionen unterschiedlicher Kosten- und Komplexitätsebenen haben, einschließlich Hypothekendarlehen und auf Verbriefungen basierender Finanzierung;

44.

betont, dass ein Umfeld gefördert werden muss, in dem mehr Ersparnisse von privaten Haushalten und Unternehmen in Anlageinstrumente fließen, die in Kapitalmärkte investieren und bei denen den Anlegern nahegelegt wird, Kapital über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg zuzuweisen; unterstreicht, dass angemessene Sicherheitsvorkehrungen insbesondere für Haushalte erforderlich sind, um für alle Vor- und Nachteile der Investitionen am Kapitalmarkt zu sensibilisieren; betont, dass die Zugänglichkeit der Vermittlung von Finanzwissen ausgeweitet werden muss, wodurch das Vertrauen von Anlegern, insbesondere Kleinanlegern, in die Kapitalmärkte gesteigert werden soll; betont außerdem, dass die Vermittlung von Finanzwissen auf KMU ausgerichtet werden sollte und ihnen die Nutzung der Kapitalmärkte näher bringen sollte;

45.

betont, dass die Initiativen zur Kapitalmarktunion Kreditnehmer in die Lage versetzen sollten, auf Mittel aus marktbasierten Quellen zuzugreifen, und so eine stärkere Diversität in Form von Darlehen wie Aktien und Unternehmensanleihen sowie indirekten Finanzierungsformen, bei denen Banken und Märkte zusammenarbeiten, unterstützen sollten;

46.

betont, dass ein verständlicher Vergleich der den Finanzakteuren zur Verfügung stehenden Anlageoptionen erleichtert werden muss, um eine effiziente Kapitalmarktunion aufzubauen; fordert in diesem Zusammenhang die Stärkung des gemeinsamen Rahmens zur Gewährleistung der Vergleichbarkeit und Transparenz unter den verschiedenen Finanzinstrumenten, insbesondere durch eine angemessene Umsetzung der diesbezüglich in der MiFID, der Richtlinie über Versicherungsvermittlung (IMD) und PRIIP (Versicherungsanlageprodukte) vorgesehenen Maßnahmen; unterstreicht die Bedeutung legislativer Kohärenz im Allgemeinen und zwischen den genannten Dossiers im Besonderen, um Regulierungsarbitrage zu verhindern und höchste Anlegerschutzstandards auf den Märkten zu gewährleisten;

47.

ist der Ansicht, dass durch die Kapitalmarktunion ein angemessenes regulatorisches Umfeld geschaffen werden sollte, das den grenzüberschreitenden Zugang zu Informationen über die Unternehmen, die sich um Kredit-, Quasi-Eigenkapital- und Eigenkapitalstrukturen bemühen, verbessert, um das Wachstum von Nichtbanken-Finanzierungsmodellen, einschließlich Schwarmfinanzierung und Partnerkrediten, zu fördern; ist der Ansicht, dass die Offenlegung solcher Informationen für KMU freiwillig sein sollte; betont, dass die Regeln zum Anlegerschutz für alle Finanzierungsmodelle gleichermaßen gelten sollten, unabhängig davon, ob es sich um Banken- oder Nichtbanken-Finanzierungsmodelle handelt; ist der Ansicht, dass ein solches Umfeld auch eine stärkere systemische Widerstandsfähigkeit und Überwachung der systemrelevanten Finanzmittler außerhalb des Bankensektors erfordern würde;

48.

ist der Auffassung, dass die Standardisierung bestimmter Finanzinstrumente und ihrer Zugänglichkeit auf dem gesamten Binnenmarkt ein angemessenes Instrument sein könnte, um die Liquidität zu verbessern, die Funktionsweise des Binnenmarkts zu stärken und einen umfassenden Überblick und eine Beaufsichtigung der europäischen Kapitalmärkte zu ermöglichen, wobei die bewährten Verfahren der bestehenden Standards der Mitgliedstaaten angemessen berücksichtigt werden sollten; betont, dass die Möglichkeit beibehalten werden muss, maßgeschneiderte Finanzinstrumente auszugeben, die den Bedürfnissen einzelner Emittenten und einzelner Anleger entsprechen;

49.

verweist darauf, dass bei einem historischen Überblick über den Aktionsplan für Finanzdienstleistungen zwei Schlupflöcher berücksichtigt werden müssen, die im Zuge seiner Umsetzung zu Tage getreten sind: die Notwendigkeit, die besonderen Auswirkungen von Maßnahmen, die im Rahmen des Binnenmarkts konzipiert wurden, auf die Funktionsfähigkeit des Euro-Währungsgebiets sorgfältig zu prüfen, und die Notwendigkeit, die Integration des Markts und der Aufsicht parallel zu verbessern; fordert die Kommission auf, bei der Ausarbeitung des Aktionsplans alle entsprechenden Lehren aus diesem Präzedenzfall zu ziehen;

50.

betont, dass dem Rechts- und dem Aufsichtsrahmen eine entscheidende Rolle zukommen sollte, wenn es darum geht, das Eingehen übermäßiger Risiken und Instabilität auf den Finanzmärkten zu vermeiden; betont, dass ein starkes Projekt für eine Kapitalmarktunion mit starker EU-weiter und nationaler Beaufsichtigung einschließlich angemessener makroprudenzieller Instrumente einhergehen muss; vertritt die Auffassung, dass es zu den möglichen Optionen gehört, der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) eine bedeutendere Rolle bei der Verbesserung der Konvergenz der Finanzaufsicht zuzuweisen;

51.

fordert die Kommission auf, die Risiken kapitalmarktbasierter Kreditfinanzierung und einschlägige Erfahrungen beim Auftreten der Finanzkrise 2007/2008 sorgfältig zu beurteilen und die sich daraus ergebenden Probleme anzugehen;

Die Kapitalmärkte den KMU näher bringen

52.

weist darauf hin, dass mögliche Änderungen oder Ergänzungen des bestehenden Regelungsrahmens für Finanzmittler darauf abzielen sollten, Eintrittsbarrieren für kleine und mittlere Mittler zu beseitigen und den Zugang zu Finanzierung insbesondere für innovative Start-up-Unternehmen und kleine und mittlere Unternehmen zu verbessern und dafür zu sorgen, dass die aufsichtsrechtlichen Standards in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko stehen;

53.

begrüßt den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Einbeziehung der Aktionäre sowie der Richtlinie 2013/34/EU in Bezug auf bestimmte Elemente der Erklärung zur Unternehmensführung (COM(2014)0213); ist insbesondere davon überzeugt, dass dieser Vorschlag ein Mittel zur Unterstützung eines für Aktionäre attraktiven Umfelds sein könnte, indem die Effizienz der Aktieninvestitionskette verbessert wird; betont, dass ein solider und praktikabler Rahmen für die Unternehmensführung die Kapitalmarktunion stärken würde;

54.

betont, dass die Kapitalmärkte nicht so komplex werden sollten, dass KMU davon ausgeschlossen werden, da sie die Unternehmen sind, die am dringendsten Zugang zu ergänzender Finanzierung benötigen, besonders in den Mitgliedstaaten, die wirtschaftliche Schwierigkeiten haben oder hatten; betont, dass eine positive Umgebung für eine erfolgreiche Finanzierung von KMU auch KMU-freundliche wirtschaftliche und regulatorische Bedingungen auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten umfassen muss; betont insbesondere, dass auf eine mögliche Vereinfachung der Verfahren für Börsengänge durch KMU und Midcap-Unternehmen eingegangen werden sollte, während gleichzeitig dafür gesorgt werden muss, dass weiterhin strikte Kriterien für die Beurteilung der Widerstandsfähigkeit und Zulässigkeit von Unternehmen für Börsengänge gelten; fordert die Kommission auf, zu untersuchen, was sonst noch getan werden kann, um KMU dabei zu helfen, Investitionen anzuziehen;

55.

weist darauf hin, dass der Mangel an Informationen über die Finanzlage von KMU eines der wesentlichen Hindernisse für Investitionen in diese Art von Unternehmen ist; fordert eingehende Überlegungen über Mittel und Wege, den Zugang von Anlegern zu transparenten und vergleichbaren Daten über KMU zu verbessern und dabei die zusätzliche Belastung dieser Unternehmen möglichst weitgehend zu begrenzen;

56.

befürwortet eine heterogene und attraktive Finanzierungsbasis auf den europäischen öffentlichen Märkten für Unternehmen aller Größen und unterstützt gleichzeitig das Konzept „Vorfahrt für KMU“ in den EU-Finanzregelungen, die sich auf aufstrebende Wachstumsunternehmen beziehen, und eine Überarbeitung der EU-Finanzregeln zur Reduzierung der Verwaltungskosten für die Börsennotierung von Unternehmen um 30-50 %;

57.

ist der Ansicht, dass angesichts der Bedeutung von KMU und Midcap-Unternehmen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze bestehende Nichtbanken-Finanzierungsmöglichkeiten wie die Entwicklung spezialisierter Sekundärmärkte (z. B. KMU-Wachstumsmärkte) und einfacher, transparenter und standardisierter Verbriefung besser genutzt werden müssen; begrüßt die Initiative zur Schaffung eines nachhaltigen, transparenten Marktes für Verbriefungen durch Entwicklung eines spezifischen Regelungsrahmens mit einer einheitlichen Begriffsbestimmung für hochwertige Verbriefungen in Kombination mit wirksamen Methoden der Risikoüberwachung, der Risikomessung und des Risikomanagements; betont jedoch, dass KMU eine extrem uneinheitliche Gruppe darstellen und dass Verbriefung nicht das einzige verfügbare Instrument ist; fordert die Kommission daher auf, eine große Bandbreite an Ansätzen zu verfolgen und eine Vielzahl von Wegen zur Verbesserung der Finanzierung von KMU in Erwägung zu ziehen;

58.

unterstützt Vorschläge zur Verbesserung der Möglichkeiten für den Zugang zu Daten für europäische Unternehmen, insbesondere KMU; macht gleichzeitig darauf aufmerksam, dass die Kosten für Marktdaten im Vergleich zu den gesamten Transaktionskosten gering sind;

59.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Kapazität zur Überwachung von Arten, Umfang und Tendenzen von bankähnlichen Vermittlungsaktivitäten, die außerhalb des regulierten Bankensektors stattfinden, zu stärken und angemessene Maßnahmen einzuführen, um dafür zu sorgen, dass sie dem Grundsatz „gleiches Risiko, gleiche Regeln“ unterliegen;

60.

weist darauf hin, dass privates Beteiligungskapital und Risikokapital interessante Finanzierungsalternativen insbesondere für Start-up-Unternehmen darstellen; fordert die Kommission auf, zusätzliche Instrumente zu entwickeln, die auf den mit dem europäischen Risikokapitalfonds und den europäischen Fonds für soziales Unternehmertum gesammelten Erfahrungen aufbauen, um die wesentlichen Mängel von Märkten für Risikokapital in der EU wie die mangelnden Informationen für Anleger anzugehen; ist der Ansicht, dass die Entwicklung einer speziellen Datenbank, um auf freiwilliger Basis Daten zu KMU und Start-up-Unternehmen zu erfassen, ein sinnvolles Instrument sein könnte, um Anlegern Informationen zu geben und so letztendlich die Bandbreite an Marktteilnehmern zu erweitern und weitere Risikokapitalmärkte unter den Mitgliedstaaten zu stärken;

61.

begrüßt Bemühungen, die Entwicklung von Märkten für Privatplatzierungen durch standardisierte Dokumente und Begriffsbestimmungen zu unterstützen, während gleichzeitig darauf geachtet wird, dass potenzieller Anleger ausreichend über die Risiken und Vorteile dieser Anlageform unterrichtet werden;

62.

fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Entwicklung jeglicher neuen Vorschläge für Dachfonds als Teil der Kapitalmarktunion nicht zu Schlupflöchern bei der Gesamtbeurteilung und dem Management systemischer und spezieller Risiken führt;

63.

bekräftigt, dass beim Aufbau der Kapitalmarktunion die EU-Koordinierung auf internationaler Ebene, insbesondere im Rahmen der G20, der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden, des International Accounting Standards Board (IASB) und des Basler Ausschusses gestärkt und verbessert werden muss;

Schaffung eines kohärenten EU-Regelungsumfelds für Kapitalmärkte

64.

betont außerdem die Bedeutung von Eigenkapitalfinanzierung, die dazu beitragen kann, Risiken zu mindern und übermäßige Verschuldungen und Hebelwirkungen im Finanzsystem zu reduzieren; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, die übermäßig belastenden Regelungen für die Eigenkapitalfinanzierung privater Unternehmen zu überprüfen und zu überarbeiten; betont, dass unbedingt auf die steuerliche Begünstigung von Fremdkapital gegenüber Eigenkapital eingegangen werden muss;

65.

ist sich bewusst, dass die Uneinheitlichkeit von Insolvenzvorschriften die Schaffung grenzüberschreitender Pools von Vermögenswerten und damit das Verbriefungsverfahren erschwert; nimmt in diesem Zusammenhang den Vorschlag der Kommission zur Kenntnis, in dem für die Verwirklichung einer gut funktionierenden Kapitalmarktunion erforderlichen Ausmaß auf grenzüberschreitende Insolvenzen einzugehen; fordert die Schaffung eines Sanierungs- und Abwicklungsrahmens für Nichtbanken, insbesondere zentrale Gegenparteien;

66.

verweist auf die Rolle von Zahlungssystemen und Wertpapierabwicklungssystemen für den Verbriefungsmarkt und fordert die Schaffung einer diesbezüglichen europäischen Marktinfrastruktur sowie eine koordinierte und harmonisiertere Beaufsichtigung der kritischen Marktinfrastruktur, insbesondere die Möglichkeit der Schaffung eines Datenspeichers für Verbriefung, in dem die an jeder Verbriefung Beteiligten erfasst würden, aggregierte Positionen und Ströme zwischen Marktteilnehmern verfolgt würden, die Effizienz und Wirksamkeit von Strategieinitiativen überwacht würde und mögliche sich entwickelnde Blasen ermittelt und Informationsasymmetrien reduziert würden;

67.

betont, dass angesichts der Rolle von IKT auf das Risiko von Cyberangriffen eingegangen werden und das ganze Finanzsystem vor solchen Angriffen geschützt werden muss;

68.

fordert die Kommission auf, die Vergleichbarkeit und Qualität von Finanzinformationen zu verbessern, indem sie den derzeitigen Rahmen für Rechnungslegungsstandards auch von einem globalen Standpunkt und im Hinblick auf konservative Bewertungsmodelle und die Verhältnismäßigkeit der Anforderungen untersucht; räumt ein, dass das vor kurzem überarbeitete europäische Rechnungslegungsrecht erst in der Praxis beurteilt werden muss;

69.

betont, dass eine Folgenabschätzung und eine Kosten-Nutzen-Analyse aller zusätzlichen Rechtsvorschriften, einschließlich delegierter Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte, durchgeführt werden muss; stellt fest, dass neue Rechtsvorschriften möglicherweise nicht immer die angemessene politische Reaktion auf diese Herausforderungen darstellen und dass nicht legislative und marktbasierte Ansätze sowie in einigen Fällen bereits bestehende einzelstaatliche Lösungen in Erwägung gezogen werden sollten; fordert die Kommission auf, in den einschlägigen Rechtsvorschriften für Verhältnismäßigkeit zu sorgen, um die positiven Wirkungen für KMU und Midcap-Unternehmen zu steigern;

70.

ist der Ansicht, dass die Bausteine für eine voll funktionsfähige Kapitalmarktunion bis spätestens 2018 umgesetzt sein sollten; bekräftigt die Forderung nach einer umfassenden Analyse der aktuellen Lage auf den EU-Kapitalmärkten und der bestehenden EU-weiten Hindernisse; fordert die Kommission auf, ihre Arbeiten zum Aktionsplan zu beschleunigen und so bald wie möglich legislative und nicht legislative Vorschläge vorzulegen, um das Ziel eines vollständig integrierten EU-Binnenmarkts für Kapital bis Ende 2018 zu verwirklichen;

71.

stellt fest, dass die sich entwickelnde digitale Umgebung als Gelegenheit gesehen werden sollte, die Leistung und den Wert der Kapitalmarktbranche für Unternehmen, Anleger und die Gesellschaft im Allgemeinen zu verbessern;

o

o o

72.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und dem Rat zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0202.

(2)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0161.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/84


P8_TA(2015)0269

Europäische Sicherheitsagenda

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu der Europäischen Sicherheitsagenda (2015/2697(RSP))

(2017/C 265/10)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf die Artikel 2, 3, 6, 7 und 21 des Vertrags über die Europäische Union sowie auf die Artikel 4, 16, 20, 67, 68, 70 bis 72, 75, 82 bis 87 und 88 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und insbesondere auf die Artikel 6, 7 und 8, Artikel 10 Absatz 1, die Artikel 11, 12, 21, 47 bis 50, 52 und 53,

unter Hinweis auf die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie die Übereinkommen, Empfehlungen, Entschließungen und Berichte der Parlamentarischen Versammlung, des Ministerkomitees, des Menschenrechtskommissars und der Venedig-Kommission des Europarats,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 28. April 2015 über die Europäische Sicherheitsagenda (COM(2015)0185),

unter Hinweis auf die Mitteilungen der Kommission mit den Titeln „Strategie zur wirksamen Umsetzung der Charta der Grundrechte durch die Europäische Union“ (COM(2010)0573) und „Operative Leitlinien zur Berücksichtigung der Grundrechte in Folgenabschätzungen“ (SEC(2011)0567),

unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs vom 8. April 2014 in den verbundenen Rechtssachen C-293/12 und C-594/12, mit dem die Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, aufgehoben wurde,

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 513/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Schaffung eines Instruments für die finanzielle Unterstützung der polizeilichen Zusammenarbeit, der Kriminalprävention und Kriminalitätsbekämpfung und des Krisenmanagements im Rahmen des Fonds für die innere Sicherheit und zur Aufhebung des Beschlusses 2007/125/JI des Rates (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Dezember 2011 zu dem Thema „Politik der EU zur Bekämpfung des Terrorismus: wichtigste Errungenschaften und künftige Herausforderungen (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 27. Februar 2014 zu der Lage der Grundrechte in der Europäischen Union (2012) (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. März 2014 zu dem Überwachungsprogramm der Nationalen Sicherheitsagentur der Vereinigten Staaten, die Überwachungsbehörden in mehreren Mitgliedstaaten und die entsprechenden Auswirkungen auf die Grundrechte der EU-Bürger und die transatlantische Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Dezember 2014 zur Erneuerung der EU-Strategie der inneren Sicherheit (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Februar 2015 zu Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung (6),

unter Hinweis auf seine Aussprache im Plenum vom 28. April 2015 über die Europäische Sicherheitsagenda,

unter Hinweis auf die Anfragen an den Rat und die Kommission zu der Europäischen Sicherheitsagenda (O-000064/2015 — B8-0566/2015 und O-000065/2015 — B8-0567/2015),

unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres,

gestützt auf Artikel 128 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die Bedrohungen der inneren Sicherheit der Union sich gewandelt haben und nun komplexer, hybrider, asymmetrischer, unkonventioneller und internationaler geworden sind, sich zudem rasch weiterentwickeln, kaum noch vorhersagbar sind, die Kapazitäten der einzelnen Mitgliedstaaten übersteigen und daher mehr denn je eine kohärente, umfassende, vielschichtige und koordinierte Reaktion der EU unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte erfordern;

B.

in der Erwägung, dass die Weiterentwicklung der Sicherheitspolitik der EU ein Bereich der geteilten Verantwortung ist, in dem koordinierte und aufeinander abgestimmte Anstrengungen aller Mitgliedstaaten, der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU, der Zivilgesellschaft und der Strafverfolgungsorgane notwendig sind, zumal dieser Bereich auf gemeinsame Ziele ausgerichtet ist und auf Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Grundrechte beruht; in der Erwägung, dass optimale Erfolge nur erzielt werden können, wenn die konkrete Umsetzung der gemeinsamen Ziele und Prioritäten mit einer klaren Verteilung der Aufgaben zwischen der EU-Ebene und der nationalen Ebene auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips und mit starker und wirkungsvoller parlamentarischer und gerichtlicher Kontrolle verbunden ist;

C.

in der Erwägung, dass die Ausnahmeregelung für die nationale Sicherheit gemäß Artikel 4 Absatz 2 EUV nicht als Rechtfertigung dafür herangezogen werden darf, den für die nationale Sicherheit zuständigen Stellen zu gestatten, dass sie gegen die Interessen — darunter auch die Wirtschaftsinteressen — anderer Mitgliedstaaten, die Rechte der Bürger und Einwohner der Mitgliedstaaten und generell die Rechtsvorschriften und das Regelwerk der Europäischen Union und von Drittländern verstoßen;

D.

in der Erwägung, dass darauf hingewiesen werden sollte, dass Lehren aus den zahlreichen Verstößen gegen europäische und universelle Normen und Werte gezogen werden müssen, die im Zusammenhang mit der internen und externen Sicherheitskooperation seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 begangen wurden;

E.

in der Erwägung, dass Freiheit, Sicherheit und Recht parallel zu verfolgende Ziele sind; in der Erwägung, dass Freiheit und Recht nur erreicht werden können, wenn bei Sicherheitsmaßnahmen stets — nach Maßgabe der Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit — die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte geachtet werden und wenn diese Maßnahmen einer ordnungsgemäßen demokratischen Kontrolle und Verantwortlichkeit unterliegen; in der Erwägung, dass in der Europäischen Sicherheitsagenda nicht ausreichend auf die Dimensionen Recht und Prävention eingegangen wird;

F.

in der Erwägung, dass den eigentlichen Ursachen von Verbrechen in vielen Fällen — zu diesen Ursachen zählen beispielsweise wachsende Ungleichheit, Armut, rassisch und ausländerfeindlich motivierte Gewalt- und Hassverbrechen — nicht allein mit Sicherheitsmaßnahmen beizukommen ist, sondern dass sie in einem breiter gefassten politischen Kontext behandelt werden müssen, der auch eine bessere Sozial- Beschäftigungs-, Bildungs-, Kultur- und Außenpolitik umfasst;

G.

in der Erwägung, dass in Zeiten wachsender wirtschaftlicher und sozialer Ungerechtigkeit, durch die der Sozialpakt und die Wirkmächtigkeit der Grundrechte und bürgerlichen Freiheitsrechte untergraben wird, der Aspekt Prävention in der Europäischen Sicherheitsagenda besonders wichtig ist; in der Erwägung, dass insbesondere bei kleineren strafbaren Handlungen zum einen Maßnahmen, die eine Alternative zur Gefängnisstrafe sind, und zum anderen Wiedereingliederungsmaßnahmen wesentliche Elemente der Präventionspolitik sein sollten;

H.

in der Erwägung, dass nach Ablauf des Übergangszeitraums, der in dem den Verträgen beigefügten Protokoll Nr. 36 vorgesehen war, die Kommission und der Gerichtshof inzwischen uneingeschränkte Befugnisse haben, was die Rechtsinstrumente der vorherigen dritten Säule betrifft, wobei die Verantwortlichkeit im Bereich der demokratischen Rechte und der Grundrechte auch auf bereits getroffene Maßnahmen, die eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts gespielt haben, ausgeweitet wurde;

I.

in der Erwägung, dass die Sicherheit der EU-Bürger, der Binnenmarkt, das geistige Eigentum und der Wohlstand der Europäischen Union durch Cyberkriminalität und internetgestützte Kriminalität gefährdet sind; in der Erwägung, dass beispielsweise durch Botnetze als Form der Cyberkriminalität Millionen Computer und Tausende Ziele gleichzeitig angegriffen werden können;

J.

in der Erwägung, dass die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit immer stärker verwischen und daher eine stärkere Zusammenarbeit und Abstimmung unter den Mitgliedstaaten erforderlich ist, die zu einem umfassenden und mehrdimensionalen Ansatz führt;

K.

in der Erwägung, dass als wesentlichem Aspekt der Sicherheitsagenda der Unterstützung und dem Schutz von Terrorismus- und Verbrechensopfern in der gesamten EU besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte;

1.

nimmt die Europäische Sicherheitsagenda für den Zeitraum 2015–2020 in der von der Kommission vorgeschlagenen Form und die darin beschriebenen Prioritäten zur Kenntnis; vertritt die Auffassung, dass unter den gegenwärtigen Herausforderungen der EU Terrorismus, gewaltbereiter Extremismus, grenzübergreifende organisierte Kriminalität und Cyberkriminalität die gravierendsten Bedrohungen sind, die ein koordiniertes Handeln auf nationaler Ebene, auf EU-Ebene und weltweit erfordern; weist darauf hin, dass die Sicherheitsagenda flexibel strukturiert werden sollte, damit in der Zukunft auf etwaige neue Herausforderungen reagiert werden kann;

2.

bekräftigt, dass die Ursachen — Ungleichheit, Armut und Diskriminierung — weiter Verbrechen zugrunde liegen, und angegangen werden müssen; betont darüber hinaus, dass angemessene Ressourcen für Sozialarbeiter, Kontaktbereichsbeamte und nationale Polizeibeamte und Justizbeamte zur Verfügung stehen müssen, die entsprechenden Haushaltsmittel in einigen Mitgliedstaaten jedoch gekürzt worden sind;

3.

fordert ein angemessenes Gleichgewicht zwischen präventiven und repressiven Maßnahmen, damit Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit gewahrt werden können; betont, dass Sicherheitsmaßnahmen stets im Einklang mit den Grundsätzen Rechtsstaatlichkeit und Schutz der Grundrechte — zu denen beispielsweise das Recht auf Schutz der Privatsphäre und Datenschutz, das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren zählen — getroffen werden müssen; fordert die Kommission deshalb auf, bei der Umsetzung der Europäischen Sicherheitsagenda dem unlängst gefällten Urteil des Gerichtshofs zur Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung (Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-293/12 und C-594/12) gebührend Rechnung zu tragen, in dem es heißt, dass alle sicherheitspolitischen Maßnahmen den Grundsätzen Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtmäßigkeit entsprechen und angemessene Garantien bieten müssen, damit die Verantwortlichkeit und der Zugang zu den Gerichten gewährleistet sind; fordert die Kommission auf, genau zu prüfen, wie sich dieses Urteil auf den Einsatz von Instrumenten auswirkt, bei denen zu Strafverfolgungszwecken auf die Vorratsdatenspeicherung zurückgegriffen wird;

4.

weist darauf hin, dass die Europäische Union, wenn sie glaubwürdig bleiben will, was die Förderung der Grundrechte im Innern und jenseits ihrer Grenzen anbelangt, ihre sicherheitspolitischen Maßnahmen, die Terrorismusbekämpfung und den Kampf gegen die organisierte Kriminalität sowie ihre Sicherheitspartnerschaften mit Drittländern auf ein Gesamtkonzept gründen sollte, bei dem auf alle Faktoren eingegangen wird, die Personen dazu bewegen, sich dem Terrorismus oder der organisierten Kriminalität anzuschließen, und daher sollte dieser Ansatz wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen enthalten, deren Ausarbeitung und Umsetzung — unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte — der gerichtlichen und demokratischen Kontrolle unterliegt und gründlichen Bewertungen unterzogen wird;

5.

begrüßt die Entscheidung der Kommission, dass die Sicherheitsagenda auf mehreren Grundsätzen beruht, nämlich auf der uneingeschränkten Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte, die durch ordnungsgemäße gerichtliche Kontrolle garantiert wird, auf mehr Transparenz, Verantwortlichkeit und demokratischer Kontrolle, auf der besseren Umsetzung und Anwendung der geltenden Rechtsinstrumente, auf einem kohärenteren agenturen- und bereichsübergreifenden Konzept und auf besseren Verbindungen zwischen der internen und der externen Dimension der Sicherheit; fordert Kommission und Rat auf, diese Grundsätze bei der Umsetzung der Sicherheitsagenda streng zu befolgen; weist darauf hin, dass es diese Grundsätze in den Mittelpunkt seiner Kontrolle der Umsetzung stellen wird;

6.

begrüßt, dass in der Sicherheitsagenda ein besonderer Schwerpunkt auf die Grundrechte gelegt wurde, und begrüßt insbesondere die Zusage der Kommission, alle von ihr vorgeschlagenen Sicherheitsmaßnahmen streng zu bewerten, und zwar nicht nur in Bezug auf den Umfang, in dem die Ziele der Maßnahme erreicht werden, sondern auch im Hinblick auf die Achtung der Grundrechte; betont, dass die Kommission in ihre Bewertung alle einschlägigen Einrichtungen und sonstigen Stellen einbeziehen muss, insbesondere die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, den Europäischen Datenschutzbeauftragten, Europol und Eurojust; fordert die Kommission auf, zu dieser Bewertung sämtliche Informationen und Unterlagen vorzulegen, damit das Parlament seine demokratische Kontrolle de facto auch ausüben kann;

7.

erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass es Maßnahmen verurteilt hat, die mit einer in gigantischem Ausmaß erfolgten systematischen und pauschalen Erfassung personenbezogener Daten unbescholtener Menschen einhergingen, insbesondere in Anbetracht der möglicherweise gravierenden Auswirkungen auf das Recht auf ein faires Verfahren, das Diskriminierungsverbot, den Schutz der Privatsphäre und den Datenschutz, die Pressefreiheit, die Gedankenfreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, und stellt fest, dass mit derartigen Maßnahmen Informationen in erheblichem Umfang missbräuchlich verwendet werden können, da die gesammelten Daten gegen politische Gegner eingesetzt werden können; hegt erhebliche Zweifel an dem Nutzen von Massenüberwachungsmaßnahmen, da dabei das Netz oftmals zu allgemein abgesucht wird, sodass zu viele falsche positive und negative Treffer ausgegeben werden; warnt vor der Gefahr, dass durch Massenüberwachungsmaßnahmen in den Hintergrund geraten könnte, dass in Strafverfolgungsmaßnahmen investiert werden muss, die möglicherweise weniger kostspielig, aber effizienter sind und mit denen weniger stark in die Privatsphäre eingegriffen wird;

8.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass der Grundsatz des Kindeswohls in allen sicherheitsrelevanten Rechtsvorschriften geachtet wird;

9.

stellt fest, dass es in der EU keine untereinander abgesprochene Definition des Begriffs „nationale Sicherheit“ gibt, wodurch undefinierte Auswüchse in EU-Rechtsinstrumenten mit Verweisen auf die „nationale Sicherheit“ entstehen;

10.

ist der Ansicht, dass die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU und die Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung und Umsetzung der Politik für Transparenz, Verantwortlichkeit und demokratische Kontrolle sorgen sollten, damit die Bürger mehr Vertrauen in die Sicherheitspolitik hegen; begrüßt das Vorhaben der Kommission, dem Parlament und dem Rat regelmäßig aktualisierte Informationen über die Umsetzung der Sicherheitsagenda vorzulegen; bekräftigt seine Absicht, in Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten regelmäßige Sitzungen zur Kontrolle der ordnungsgemäßen Umsetzung und Weiterentwicklung der Sicherheitsagenda zu organisieren; nimmt den Vorschlag der Kommission, ein EU-Konsultationsforum für die innere Sicherheit einzurichten, mit Interesse zur Kenntnis; fordert, in diesem Forum eine ausgewogene Vertretung aller einschlägigen Interessenträger sicherzustellen, und sieht ausführlichen Informationen über dieses Forum erwartungsvoll entgegen, insbesondere in Bezug auf dessen genaue Rolle, Aufgaben, Zusammensetzung und Befugnisse und die Einbeziehung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente;

11.

betont, dass die demokratische und gerichtliche Kontrolle der Geheimdienste der Mitgliedstaaten verbessert werden muss; stellt fest, dass die Befugnisse des Parlaments, des Gerichtshofs und des Amts des Bürgerbeauftragten nicht ausreichen, um ein wirksames Maß an Kontrolle über die EU-Sicherheitspolitik auszuüben;

12.

fordert die Kommission und den Rat auf, so rasch wie möglich einen Fahrplan oder einen vergleichbaren Mechanismus auszuarbeiten, damit die Sicherheitsagenda effizient gestaltet und einsatzbereit gemacht wird, die Sicherheitsagenda dem Parlament zu übermitteln und binnen sechs Monaten mit der Umsetzung zu beginnen; vertritt die Auffassung, dass durch einen Ansatz wie bei einem EU-Politikzyklus (Ermittlung und Bewertung der gemeinsamen Bedrohungen und Schwachstellen, Festlegung politischer Prioritäten und Ausarbeitung strategischer Pläne und Einsatzpläne, konkrete Umsetzung mit klar definierten Anschubfaktoren, Zeitleisten und zu erledigenden Aufgaben, abschließende Auswertung) für die notwendige Kohärenz und Kontinuität bei der Umsetzung der Sicherheitsagenda gesorgt werden könnte, sofern das Parlament ordnungsgemäß in die Festlegung der politischen Prioritäten und strategischen Ziele eingebunden wird; sieht der Fortführung der Diskussion dieser Angelegenheiten mit der Kommission und dem Ständigen Ausschuss für die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit (COSI) erwartungsvoll entgegen;

13.

begrüßt, dass die Sicherheitsagenda auf dem Grundsatz beruht, dass zuerst die vorhandenen Instrumente im Bereich Sicherheit vollständig angewandt und umgesetzt werden, bevor neue Instrumente vorgeschlagen werden; bekräftigt, dass die relevanten Daten und Informationen nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre zügiger und effizienter weitergegeben werden müssen; bedauert jedoch, dass trotz zahlreicher Aufforderungen des Parlaments eine Bewertung der Wirksamkeit der vorhandenen EU-Instrumente — auch in Anbetracht der neuen Sicherheitsbedrohungen der EU — und eine Bewertung der übrigen Lücken immer noch aussteht; ist der Ansicht, dass diese Maßnahme notwendig ist, damit die EU-Sicherheitspolitik effizient, bedarfsgerecht, verhältnismäßig, kohärent und umfassend ausgestaltet wird; fordert die Kommission auf, in dem Fahrplan für die Umsetzung der Sicherheitsagenda eine derartige operative Auswertung des Einsatzes der vorhandenen Instrumente, Ressourcen und Finanzmittel der EU im Bereich Innere Sicherheit zu einer vorrangigen Maßnahme zu erklären; fordert den Rat nochmals dazu auf, in Zusammenarbeit mit der Kommission eine umfassende Bewertung der Umsetzung der Maßnahmen vorzunehmen, die vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon im Bereich Innere Sicherheit getroffen wurden, und dabei auf das Verfahren nach Artikel 70 AEUV zurückzugreifen;

14.

begrüßt, dass sich die Kommission auf das Grenzmanagement als wesentlichen Aspekt zur Verhinderung von grenzübergreifender Kriminalität und Terrorismus konzentriert; betont, dass der Grenzschutz in der EU durch die systematische Überprüfung der bestehenden Datenbanken wie dem Schengener Informationssystem (SIS) gestärkt werden sollte; begrüßt, dass die Kommission zugesagt hat, bis Anfang 2016 ihren überarbeiteten Vorschlag über intelligente Grenzen vorzulegen;

15.

unterstützt die Forderung der Kommission nach einem kohärenteren agenturen- und bereichsübergreifenden Konzept, die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung des Austauschs von Informationen und bewährten Verfahren und die Forderung nach mehr operativer Zusammenarbeit unter den Mitgliedstaaten und mit den Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU; bekräftigt seine Forderung, stärker auf die vorhandenen Instrumente und Datenbanken wie SIS und ECRIS und auf gemeinsame Ermittlungsgruppen zurückzugreifen; fordert die Kommission auf, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um den Abschluss der noch ausstehenden Arbeitsregelungen zwischen den Einrichtungen und sonstigen Stellen voranzutreiben; nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass nicht genügend konkrete Maßnahmen in der Sicherheitsagenda vorgesehen sind, was die Stärkung der Dimension des Rechts anbelangt; fordert die Zusammenführung und Weiterentwicklung aller Aspekte der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, auch durch die Stärkung der Rechte der Verdächtigen und Beschuldigten, Opfer und Zeugen und durch eine verbesserte Anwendung der bestehenden EU-Instrumente zur gegenseitigen Anerkennung;

16.

unterstützt uneingeschränkt das vorrangige Anliegen der Kommission, den Mitgliedstaaten dabei behilflich zu sein, das wechselseitige Vertrauen zu stärken, die vorhandenen Instrumente für den Informationsaustausch voll auszuschöpfen und die grenzüberschreitende operative Zusammenarbeit der zuständigen Behörden zu fördern; betont, dass die grenzüberschreitende operative Zusammenarbeit überaus wichtig ist, vor allem in grenznahen Gebieten;

17.

fordert die Kommission auf, rasch einen Legislativvorschlag zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (7) vorzulegen, um die Kriterien der Ausschreibung zur Fahndung zu vereinheitlichen und Personen, die wegen Terrorismus verurteilt wurden oder unter Terrorismusverdacht stehen, zwingend zur Fahndung auszuschreiben;

18.

begrüßt, dass die Kommission angekündigt hat, den Bedarf und den etwaigen Mehrwert eines Europäischen Kriminalaktennachweises (EPRIS) zu ermitteln, mit dem der grenzübergreifende Zugriff auf Informationen in nationalen Strafregistern erleichtert werden soll, und unterstützt uneingeschränkt die Einleitung eines von einer Gruppe von Mitgliedstaaten geplanten Pilotprojekts, in dessen Rahmen Mechanismen festgelegt werden sollen, damit grenzübergreifende Abfragen nationaler Strafregister mit dem Abfrageergebnis „Treffer“/„kein Treffer“ automatisch erfolgen; betont, dass der grenzübergreifende Zugriff auf Informationen überaus wichtig ist, vor allem in grenznahen Gebieten;

19.

betont, dass gemeinsame Ermittlungsgruppen (GEG) für Ermittlungen in speziellen Fällen grenzübergreifender Art ein maßgeblicher Faktor sind, und fordert die Mitgliedstaaten auf, dieses erfolgreiche Instrument häufiger einzusetzen; fordert die Kommission auf, Vorschläge für einen Rechtsrahmen auszuarbeiten, auf dessen Grundlage nichtständige oder ständige GEG eingerichtet werden können, um dauerhafte Bedrohungen, vor allem in grenznahen Gebieten, beispielsweise Drogenhandel, Menschenhandel oder auch Motorradbanden, in Angriff zu nehmen;

20.

bedauert, dass Instrumente wie die Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten noch nicht in allen geeigneten grenzübergreifenden Fällen systematisch angewandt werden, und fordert, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission ihre einschlägigen Anstrengungen intensivieren;

21.

hebt hervor, dass in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der nationalen Geheimdienste eine Lücke bei der demokratischen und gerichtlichen Kontrolle besteht; hält es für bedenklich, dass die demokratische und gerichtliche Kontrolle durch Entscheidungen Dritter über den Zugang zu Unterlagen erheblich behindert wird;

22.

stellt fest, dass die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit immer stärker verwischen, und begrüßt daher die Zusage der Kommission, sie werde sicherstellen, dass die interne und die externe Dimension der Sicherheitspolitik ineinandergreifen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten dazu auf, den Einfluss der Sicherheitsagenda auf die EU-Strategie der äußeren Sicherheit und umgekehrt zu beurteilen, auch im Hinblick auf die Verpflichtungen, die sich aus der Achtung und Förderung der Grundfreiheiten und Grundrechte und der demokratischen Werte und Grundsätze in den von ihnen ratifizierten oder unterzeichneten internationalen Übereinkommen und Abkommen ergeben; hebt hervor, dass die Verknüpfungen, Synergien und Kohärenzen zwischen den beiden Dimensionen unter Achtung der Werte und Grundrechte der Union ausgebaut werden müssen, insbesondere in Bezug auf den Umgang mit den neuen, bereichsübergreifenden und hybriden Bedrohungen, mit denen die EU konfrontiert ist; fordert die Kommission auf, ihm regelmäßig über alle weiteren Maßnahmen zum Ausbau der Verknüpfungen zwischen der internen und der externen Dimension der Sicherheitspolitik und zur Ausweitung der Zusammenarbeit mit Drittländern im Bereich Sicherheit Bericht zu erstatten, damit es sein Recht der demokratischen Kontrolle gemeinsam mit den nationalen Parlamenten wahrnehmen kann;

23.

hebt die Bedeutung und die Aktualität der derzeitigen strategischen Überprüfung durch die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin hervor, mit der sie auf dem Europäischen Rat vom Dezember 2013 betraut wurde und die zur Verabschiedung einer neuen europäischen Sicherheitsstrategie führen sollte; im Rahmen einer breit angelegten Strategie, die auch außen- und sicherheitspolitische Themen umfasst, sollten die Interessen, Schwerpunkte und Ziele der EU, bestehende und sich entwickelnde Bedrohungen, Herausforderungen und Chancen sowie die Instrumente und Mittel der EU für deren Verwirklichung bzw. Bewältigung benannt und beschrieben werden;

24.

fordert sehr strikte Menschenrechtsklauseln in Abkommen über Zusammenarbeit mit Drittländern, vor allem im Hinblick auf die Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit mit Ländern in Nordafrika und in der Golfregion; fordert, die Zusammenarbeit mit undemokratischen Ländern mit schlechter Menschenrechtsbilanz zu überprüfen;

25.

hält es für entscheidend, sich der eigentlichen Ursachen bewaffneter Konflikte — nämlich Extremismus und Armut in Drittländern — anzunehmen, da sie den sicherheitspolitischen Herausforderungen der EU zugrunde liegen; fordert die Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR), die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre Anstrengungen zu intensivieren, die sich auf die Unterstützung offener, pluralistischer und gut funktionierender Staaten richten, in denen es eine starke und funktionsfähige Zivilgesellschaft gibt, die in der Lage ist, den Bürgern Freiheit, Sicherheit, Recht und Beschäftigung zu bieten;

26.

fordert die VP/HR nachdrücklich auf, einen Entwurf eines gemeinsamen Standpunkts zum Einsatz von bewaffneten Drohnen vorzulegen, der mit der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27. Februar 2014 zum Einsatz von bewaffneten Drohnen (8) im Einklang steht;

27.

nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission nachdrücklich gefordert hat, dass die Arbeiten an der Annahme der Richtlinie der EU über Fluggastdatensätze (PNR-Richtlinie) fertiggestellt werden; bekräftigt seine Entschlossenheit, darauf hinzuarbeiten, dass die Legislativtätigkeit tatsächlich bis zum Jahresende abgeschlossen ist; betont, dass in der PNR-Richtlinie die Grundrechte geachtet und die Datenschutzstandards eingehalten werden sollten, auch die einschlägige ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs, wobei diese Richtlinie gleichzeitig ein effizientes Instrument auf EU-Ebene bieten sollte; fordert die Kommission auf, das Legislativverfahren auch künftig dadurch voranzubringen, dass sie alle relevanten zusätzlichen Elemente zum Nachweis der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer PNR-Richtlinie der EU bereitstellt; fordert, dass in alle künftigen Vorschläge, mit denen neue Instrumente im Bereich Sicherheit wie die PNR-Richtlinie geschaffen werden, konsequent Mechanismen für den Austausch von Daten und die Zusammenarbeit unter den Mitgliedstaaten aufgenommen werden;

28.

teilt die Auffassung der Kommission, dass unterstützende Maßnahmen im Zusammenhang mit Schulungen, Forschung und Innovation und die wichtige Arbeit der Europäischen Polizeiakademie (CEPOL) in diesem Bereich von zentraler Bedeutung sind; ist der Ansicht, dass Schulungs- und Austauschprogramme für Strafverfolgungsbeamte maßgeblichen Einfluss auf den weiteren Ausbau einer europäischen Strafverfolgungskultur und die Weiterentwicklung einschlägiger bewährter Verfahren haben; vertritt die Auffassung, dass weitere Investitionen in sicherheitsbezogene Forschung und Innovation notwendig sind, auch im Bereich Prävention;

29.

stellt fest, dass es aufgrund der sich rasch ändernden Sicherheitslage erforderlich ist, einen flexiblen, adaptiven und reaktiven Ansatz zu verfolgen, die technischen Kapazitäten auszubauen und die in der Sicherheitsagenda beschriebenen vorrangigen Maßnahmen regelmäßig zu überprüfen; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auf Artikel 222 AEUV zurückgegriffen werden könnte, der vorsieht, dass der Europäische Rat regelmäßig eine Einschätzung der Bedrohungen vornimmt, denen die Union ausgesetzt ist, unter anderem auf der Grundlage der Bedrohungsbewertungen durch die Mitgliedstaaten und Europol, und dass das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente über die diesbezüglichen Ergebnisse und Folgemaßnahmen unterrichtet werden;

Terrorismus

30.

begrüßt die in der Sicherheitsagenda beschriebenen Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung, zur Austrocknung der Terrorismusfinanzierung, zur Abwehr der Bedrohung, die Bürger und Einwohner der EU („ausländische Kämpfer“) verkörpern, wenn sie zum Zwecke der Unterstützung des Terrorismus ausreisen, und zur Prävention der Radikalisierung; nimmt den Vorschlag zur Kenntnis, mit dem Europäischen Zentrum für Terrorismusbekämpfung innerhalb von Europol eine neue Struktur zu schaffen, und fordert die Kommission auf, dessen genaue Rolle, Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle im Einzelnen zu erläutern, insbesondere in Bezug darauf, dass unbedingt für demokratische und gerichtliche Kontrolle auf den jeweiligen Ebenen gesorgt werden muss, auch im Zuge der laufenden Überarbeitung des Mandats von Europol; betont, dass eine Ausweitung des Austauschs von Informationen unter den Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung in der Terrorismusbekämpfung ist und dass dieser Austausch besser strukturiert werden sollte;

31.

verurteilt grundsätzlich alle Analysen, durch die im Zusammenhang mit den Schlagwörtern Terrorismus, Unsicherheit, Islam und Migranten Verwirrung gestiftet wird;

32.

erinnert angesichts der jüngsten Terroranschläge in Brüssel, Paris, Kopenhagen und Saint-Quentin-Fallavier daran, dass die EU die Bedrohung der Sicherheit der Union dringendst besser bewerten und sich auf die unmittelbar vorrangigen Bereiche der Terrorismusbekämpfung konzentrieren muss: Stärkung der Sicherheit der EU-Grenzen, Ausbau der Fähigkeiten zur Meldung von Internetinhalten, Bekämpfung des unerlaubten Handels mit Feuerwaffen und Ausbau des Informationsaustausches sowie Intensivierung der operativen Zusammenarbeit zwischen den nationalen Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendiensten;

33.

weist erneut darauf hin, dass es im Kampf gegen Terrornetzwerke und Banden der organisierten Kriminalität von überragender Bedeutung ist, ihre Finanzströme, einschließlich nicht über SWIFT abgewickelter Finanzströme, aufzuspüren und auszutrocknen; begrüßt die Anstrengungen, die zur Sicherstellung einer fairen und ausgewogenen Beteiligung an dem Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (TFTP) unternommen wurden;

34.

betont, dass die Bedrohung, die von Terrorismus ausgeht, der seinen Ursprung in der EU selbst hat, gefährliche Ausmaße annimmt, seit islamische Fundamentalisten die Macht über Teile Syriens und des Irak ergriffen und eine weltweite Propagandakampagne gestartet haben, um sich mit den Dschihadisten zu verbünden und innerhalb der Grenzen der EU Anschläge zu verüben;

35.

betont, dass es zur Bewältigung der Bedrohung durch ausländische Kämpfer und Terrorismus im Allgemeinen einer mehrschichtigen Strategie bedarf, die eine umfassende Auseinandersetzung mit den ihr zugrunde liegenden Faktoren wie Radikalisierung einschließt und die Weiterentwicklung des sozialen Zusammenhalts und die Förderung von Inklusion und Wiedereingliederung vorsieht, indem man politische und religiöse Toleranz voranbringt, die Aufstachelung im Internet zur Verübung von Terroranschlägen analysiert und ihr entgegenwirkt, verhindert, dass Personen ausreisen, um sich terroristischen Organisationen anzuschließen, die Rekrutierung für bewaffnete Konflikte und die Teilnahme an diesen Konflikten verhindert und vereitelt, die finanzielle Unterstützung von terroristischen Organisationen und Personen, die sich ihnen anschließen wollen, unterbindet, gegebenenfalls für eine strenge strafrechtliche Verfolgung sorgt und den Strafverfolgungsbehörden die geeigneten Instrumente zur Verfügung stellt, damit sie ihre Aufgaben — unter vollständiger Achtung der Grundrechte — wahrnehmen können;

36.

fordert die Kommission auf, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten eine überzeugende Strategie für Kämpfer aus Europa und insbesondere diejenigen unter ihnen auszuarbeiten, die aus den Konfliktgebieten zurückkehren, die terroristischen Organisationen, die sie angeworben haben, verlassen wollen und Bereitschaft zeigen, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern — eine Strategie, die in der Sicherheitsagenda derzeit nicht enthalten ist; vertritt die Auffassung, dass dabei die Lage jugendlicher Kämpfer aus Europa besonders zu beachten ist;

37.

bekräftigt seine Entschlossenheit, im Wege offener und transparenter Untersuchungen diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung für massive Verstöße gegen die Grundrechte verantwortlich sind, insbesondere im Zusammenhang mit der Beförderung und dem rechtswidrigen Festhalten von Gefangenen durch die CIA in Mitgliedstaaten der EU; fordert, dass Journalisten, Informanten und anderen, die solche Verstöße aufdecken, Schutz gewährt wird;

Radikalisierung

38.

teilt die Auffassung, dass es zu den Prioritäten der EU gehören sollte, die Radikalisierung von vornherein zu verhindern; bedauert, dass die Sicherheitsagenda keine konkreteren Maßnahmen gegen die Radikalisierung in Europa enthält, und fordert die Kommission auf, rasch und umfassend zu handeln, um die Maßnahmen zur Prävention der Radikalisierung und des gewaltbereiten Extremismus zu intensivieren, wodurch die Ausbreitung extremistischer Ideologien eingedämmt und Integration und Inklusion gefördert werden; fordert die Kommission auf, das Aufklärungsnetzwerk gegen Radikalisierung (RAN) zu stärken, in dem alle relevanten Akteure mit vereinten Kräften an Initiativen gegen die Radikalisierung an der Basis der Gesellschaft mitwirken, und das Mandat, die Aufgaben und das Betätigungsfeld des vorgeschlagenen RAN-Kompetenzzentrums klarzustellen; empfiehlt, in die Strukturen des Kompetenzzentrums auch örtliche und nationale Entscheidungsträger einzubinden, damit die Empfehlungen, die von den Sachverständigen und Interessenträgern ausgearbeitet werden, auch wirklich in die Praxis umgesetzt werden; fordert ambitioniertere Maßnahmen gegen die Radikalisierung im Internet und die Verbreitung radikaler Ideologien in Europa auf Websites oder in den sozialen Medien; begrüßt die Einrichtung einer EU-Meldestelle für Internetinhalte bei Europol, die — in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft — die Mitgliedstaaten dabei unterstützen soll, Inhalte, in denen gewaltbereiter Extremismus vertreten wird, im Netz zu ermitteln und anschließend aus dem Netz zu entfernen, und fordert die Kommission auf, die für die Arbeit der Meldestelle notwendigen zusätzlichen Mittel bereitzustellen; bedauert, dass keine konkreten Sensibilisierungsmaßnahmen vorgesehen sind, mit denen im Internet verstärkt gegen Radikalisierung vorgegangen werden kann und insbesondere bereits im Vorfeld kritische Gegenerzählungen verbreitet werden können, mit denen terroristischer Propaganda etwas entgegengesetzt wird;

39.

weist darauf hin, dass man sich, wenn eine Sicherheitspolitik erfolgreich sein soll, mit den Faktoren — beispielsweise mit Radikalisierung, Intoleranz und Diskriminierung — befassen muss, die dem Extremismus zugrunde liegen, indem man politische und religiöse Toleranz fördert, den sozialen Zusammenhalt und die Inklusion fortentwickelt und die Wiedereingliederung erleichtert;

40.

vertritt die Auffassung, dass mit finanzieller und operativer Unterstützung durch die Kommission umfangreiche Forschungsaufgaben und konkrete Maßnahmen ausgearbeitet werden sollten, um über probate Kommunikationskanäle unter allen EU-Bürgern für die gemeinsamen Werte der EU wie Toleranz, Pluralismus und die Achtung des Rechts auf freie Meinungsäußerung, der Gewissensfreiheit und der Grundrechte im Allgemeinen zu werben und alle EU-Bürger an diesen Werten und Rechten teilhaben zu lassen; ist der Ansicht, dass in der Sicherheitsagenda auch betont werden sollte, dass irrige Meinungen über Religionen — insbesondere über den Islam — richtiggestellt werden müssen, da Religionen an sich bei der Radikalisierung und dem Abgleiten in den Terrorismus überhaupt keine Rolle spielen;

41.

hält es für sehr bedenklich, dass unlängst vermehrt Fälle von Hassverbrechen, auch im Internet, gegen EU-Bürger zu verzeichnen sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Bürger künftig vor Angriffen zu schützen und weder Aufstachelung zum Hass noch intolerantes Verhalten aus Gründen der Herkunft, der Wertvorstellungen oder der Religion zuzulassen, auch durch Bildungsarbeit unter jungen Menschen und die Förderung eines inklusiven Dialogs;

Organisierte Kriminalität

42.

teilt die Auffassung, dass Menschenhandel ein Phänomen ist, das auf EU-Ebene effizienter angegangen werden muss; weist jedoch aufs Schärfste zurück, dass eine Verbindung zwischen irregulärer Migration und Terrorismus hergestellt wird; weist darauf hin, dass es für Migranten, die auf der Suche nach Schutz sind, keine legalen Wege in die EU gibt und dadurch eine konstante Nachfrage nach illegalen Wegen erzeugt wird, wodurch wiederum Migranten, die wirklich eines internationalen Schutzes bedürfen, in Gefahr gebracht werden;

43.

betont, dass das organisierte Verbrechen in bedenklichem Ausmaß am Menschenhandel beteiligt ist; macht darauf aufmerksam, dass Kriminelle mit äußerster Gewalt und Brutalität gegen besonders schutzbedürftige Gruppen vorgehen; heißt den bestehenden Rahmen gut und teilt die Auffassung, dass eine Strategie für die Zeit nach 2016 ausgearbeitet werden muss und in die Ausarbeitung auch Europol und Eurojust mit ihrem einschlägigen Fachwissen eingebunden werden müssen;

44.

ist sich durchaus bewusst, dass die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ein entschlossenes Handeln seitens der EU erfordert; unterstützt die Kommission in ihrer Entschlossenheit, sich dieser Angelegenheit anzunehmen; fordert die Kommission insbesondere auf, bei der Bekämpfung des Menschenhandels eine immer engere Zusammenarbeit aufzubauen, aber auch mit Drittländern zu kooperieren, um die Schleuserkriminalität zu unterbinden, damit neue Tragödien im Mittelmeerraum verhindert werden;

45.

weist darauf hin, dass stärker darauf geachtet werden sollte, wie sich die grenzübergreifende organisierte Kriminalität in den Bereichen Waffenhandel, Menschenhandel und Herstellung und Verkauf illegaler Drogen entwickelt; nimmt mit Befriedigung die Feststellung in der Sicherheitsagenda zur Kenntnis, dass sich das Drogenproblem dynamisch entwickelt, zumal es insbesondere mit der organisierten Kriminalität in Verbindung steht und sich neue Bedrohungen durch Marktinnovationen bei der Herstellung und dem Verkauf neuartiger und bereits am Markt etablierter Drogen herausbilden; betont, dass das vorgeschlagene Paket zu neuen psychoaktiven Substanzen rasch angenommen werden muss, und fordert den Rat nachdrücklich auf, dieses Dossier voranzubringen;

46.

ist der Ansicht, dass eine Europäische Sicherheitsagenda über ein Instrumentarium zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus hinaus auch Schutzmechanismen für die Opfer dieser schweren Verbrechen enthalten sollte, damit es zu keiner weiteren Viktimisierung kommt; stellt fest, dass der Opferschutz als wichtiges Element bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus betrachtet werden sollte, da Straftätern so die klare Botschaft vermittelt wird, dass die Gesellschaft der Gewalt nicht nachgibt und die Opfer und deren Würde stets schützen wird;

Cyberkriminalität

47.

hebt hervor, dass terroristische Organisationen und Banden der organisierten Kriminalität immer häufiger im digitalen Raum operieren, um Verbrechen zu begehen, und dass Cyberkriminalität und internetgestützte Kriminalität eine erhebliche Bedrohung für die Bürger und die Wirtschaft der EU darstellen; stellt fest, dass Cyberkriminalität im Zeitalter der Digitaltechnik einen neuen Ansatz bei der Strafverfolgung und der justiziellen Zusammenarbeit erfordert; weist darauf hin, dass die Auswirkungen von Cyberkriminalität infolge neuer technologischer Entwicklungen viel schwerwiegender sind und viel schneller zum Tragen kommen, und fordert die Kommission daher auf, die Befugnisse der Strafverfolgungs- und Justizbehörden und deren rechtliche und technische Kapazitäten im Internet und vor Ort sorgfältig zu analysieren, damit sie in die Lage versetzt werden, Cyberkriminalität wirkungsvoll zu bekämpfen; betont gleichzeitig, dass bei allen Durchsetzungsmaßnahmen die Grundrechte streng geachtet werden müssen und dass diese Maßnahmen notwendig und verhältnismäßig sein und mit den Rechtsvorschriften der Union und der jeweiligen Mitgliedstaaten im Einklang stehen müssen; fordert insbesondere die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass das Recht auf den Einsatz von Verschlüsselungstechnik in der gesamten Europäischen Union unangetastet bleibt und dass keine Maßnahmen von den Mitgliedstaaten eingeführt werden, die zu dem Recht des Einzelnen auf den Einsatz von Verschlüsselungstechnik im Widerspruch stehen, während das Abhören von Kommunikation im Zusammenhang mit polizeilichen Ermittlungen oder einem Gerichtsverfahren mit angemessener richterlicher Genehmigung stets möglich ist; fordert die Kommission auf, der EU-Meldestelle für Internetinhalte bei Europol die für ihre Arbeit notwendigen zusätzlichen Mittel bereitzustellen, anstatt den internen Stellenplan zu ändern und beispielsweise Personal aus dem Europäischen Zentrum zur Bekämpfung der Cyberkriminalität abzuziehen, denn dieses Zentrum darf nicht unterbesetzt bleiben;

48.

hebt hervor, dass Forschung und Innovation unentbehrlich sind, wenn die EU mit den sich wandelnden Sicherheitsanforderungen Schritt halten soll; erachtet es als sehr wichtig, dass eine wettbewerbsfähige EU-Sicherheitsbranche dazu beiträgt, dass die EU in Sicherheitsangelegenheiten eigenständig handeln kann; bekräftigt, dass die Eigenständigkeit der EU im Bereich IT-Sicherheit zu verbessern ist und zudem geprüft werden muss, ob für die kritische Infrastruktur und im öffentlichen Dienst nicht eher in der EU hergestellte Sicherheitssysteme mit den entsprechenden IT-Sicherheitsdienstleistungen eingesetzt werden sollten;

49.

fordert die Kommission auf, eine angemessene Sensibilisierungs- und Präventionskampagne zur Aufklärung über die mit schwerer Cyberkriminalität verbundenen Risiken einzuleiten, um besser gegen Cyberangriffe gewappnet zu sein;

50.

begrüßt die Maßnahmen des Zentrums im Rahmen der Bekämpfung schwerer grenzüberschreitender Cyberkriminalität und internetgestützter Kriminalität; hebt hervor, dass das Zentrum bei der Unterstützung der Mitgliedstaaten insbesondere bei der Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern eine Schlüsselrolle spielt; weist darauf hin, dass die Kommission angekündigt hat, sie werde dem Zentrum die notwendigen Sachverständigen und die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen, um sein Wirken in Bereichen der europäischen Zusammenarbeit zu stärken, mit denen es sich seit seiner Einrichtung im Jahr 2013 nicht beschäftigt hat;

51.

fordert die Kommission auf, eine umfassende Bewertung der bestehenden Maßnahmen im Zusammenhang mit der sexuellen Ausbeutung von Kindern im Internet vorzunehmen, zu bewerten, ob nicht weitere Rechtsinstrumente erforderlich sind, sowie zu prüfen, ob Europol über das ausreichende Fachwissen, ausreichende Ressourcen und ausreichendes Personal verfügt, um gegen dieses schreckliche Verbrechen vorzugehen;

Finanzierung

52.

bedauert, dass der Haushaltsplanentwurf der Kommission für 2016 eine Aufstockung der Mittel bei Europol um nur etwa 1,5 Millionen EUR enthält, sodass der Agentur nicht die Ressourcen zugewiesen werden, die sie benötigt, um — wie in der Sicherheitsagenda vorgesehen — ein Europäisches Zentrum für Terrorismusbekämpfung und eine EU-Meldestelle für Internetinhalte einzurichten;

53.

begrüßt die Erklärung des Ersten Vizepräsidenten der Kommission, Frans Timmermans, der im Europäischen Parlament bekannt gegeben hat, die Kommission werde die verfügbaren Finanzmittel mit den Prioritäten der Sicherheitsagenda in Einklang bringen; betont in diesem Zusammenhang erneut, dass unbedingt dafür gesorgt werden sollte, dass die zuständigen Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU mit angemessenen personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet werden, um ihre aktuellen und künftigen Aufgaben im Rahmen der Sicherheitsagenda erfüllen zu können; erklärt, den Einsatz der Mittel des Fonds für die innere Sicherheit auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene sowie den künftigen Bedarf des Fonds eingehend prüfen und bewerten zu wollen;

o

o o

54.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 150 vom 20.5.2014, S. 93.

(2)  ABl. C 168 E vom 14.6.2013, S. 45.

(3)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0173.

(4)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0230.

(5)  Angenommene Texte, P8_TA(2014)0102.

(6)  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0032.

(7)  ABl. L 381 vom 28.12.2006, S. 4.

(8)  P7_TA(2014)0172.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/93


P8_TA(2015)0270

Die Lage in Jemen

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zur Lage im Jemen (2015/2760(RSP))

(2017/C 265/11)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Jemen,

unter Hinweis auf die Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HV), Federica Mogherini, vom 26. März 2015 zur Lage im Jemen,

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der VP/HV, Federica Mogherini, und des für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement zuständigen Mitglieds der Kommission, Christos Stylianides, vom 1. April 2015 zu den Auswirkungen der Kämpfe im Jemen,

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der VP/HV, Federica Mogherini, und des für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement zuständigen Mitglieds der Kommission, Christos Stylianides, vom 11. Mai 2015 zu dem vorgeschlagenen Waffenstillstand im Jemen,

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der VP/HV, Federica Mogherini, und des für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement zuständigen Mitglieds der Kommission, Christos Stylianides, vom 3. Juli 2015 zu der Krise im Jemen,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 20. April 2015 zum Jemen,

unter Hinweis auf die Resolutionen 2014 (2011), 2051 (2012), 2140 (2014), 2201 (2015) und 2216 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen,

unter Hinweis auf die Erklärung der Ko-Vorsitzenden der 24. Tagung des Golf-Kooperationsrates und der Europäischen Union und der Ministertagung vom 24. Mai 2015,

unter Hinweis auf die Presseerklärung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 25. Juni 2015 zur Lage im Jemen,

unter Hinweis auf das Abkommen für Frieden und nationale Partnerschaft vom 21. September 2014, das Abschlussdokument der Konferenz des nationalen Dialogs vom 25. Januar 2014 und die Initiative des Golf-Kooperationsrates vom 21. November 2011,

unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,

gestützt auf Artikel 123 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die derzeitige Krise im Jemen auf das Unvermögen aufeinander folgender Regierungen zurückzuführen ist, den legitimen Bestrebungen des jemenitischen Volkes nach Demokratie, wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung, Stabilität und Sicherheit gerecht zu werden; in der Erwägung, dass durch dieses Unvermögen die Bedingungen für den Ausbruch eines gewaltsamen Konflikts geschaffen wurden, indem keine alle Seiten einbeziehende Regierung geschaffen wurde, die Macht nicht gerecht geteilt wurde und die zahlreichen Spannungen zwischen den Stämmen im Land, die verbreitete Unsicherheit und der wirtschaftliche Stillstand systematisch ignoriert wurden;

B.

in der Erwägung, dass sich der aktuelle Konflikt im Jemen auf 20 der 22 Gouvernements ausgeweitet hat; in der Erwägung, dass den aktuellen konsolidierten Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge zwischen dem 19. März und dem 5. Mai 2015 mindestens 1 439 Menschen getötet und weitere 5 951 verletzt wurden, darunter viele Zivilisten; in der Erwägung, dass seit Beginn der Kampfhandlungen mehr als 3 000 Menschen getötet und mehr als 10 000 verletzt wurden;

C.

in der Erwägung, dass der Jemen eines der ärmsten Länder im Nahen Osten ist, dass dort hohe Arbeitslosigkeit und Analphabetismus herrschen und dass es an einer Grundausstattung mit öffentlichen Einrichtungen fehlt; in der Erwägung, dass derzeit 20 Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigen, darunter Schätzungen zufolge 9,4 Millionen jemenitische Kinder, mehr als 250 000 Flüchtlinge und 335 000 Binnenvertriebene;

D.

in der Erwägung, dass die jüngsten Entwicklungen schwere Risiken für die Stabilität der Region, insbesondere der Region am Horn von Afrika, der Region am Roten Meer sowie des Nahen und Mittleren Ostens bergen;

E.

in der Erwägung, dass eine Koalition unter der Leitung von Saudi-Arabien, der Bahrain, Ägypten, Jordanien, Kuwait, Marokko, Katar, Sudan und die Vereinigten Arabischen Emirate angehören, auf Ersuchen des jemenitischen Präsidenten Abd-Rabbu Mansur Hadi am 26. März 2015 eine Militäroperation gegen Huthi-Rebellen im Jemen eingeleitet hat; in der Erwägung, dass diese Koalition Meldungen zufolge im Jemen international verbotene Streubomben einsetzt, und in der Erwägung, dass der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte diesen Meldungen gerade nachgeht;

F.

in der Erwägung, dass die bewaffneten Huthi-Gruppen und die mit ihnen verbündeten Truppen für zahlreiche zivile Todesopfer im Jemen verantwortlich sind, da sie unter anderem Flugabwehrraketen abgeschossen haben, die nach dem Aufprall in bewohnten Gebieten explodieren und so Zivilisten umbringen oder verstümmeln;

G.

in der Erwägung, dass im Rahmen mehrerer Luftangriffe der Militärkoalition unter der Leitung Saudi-Arabiens im Jemen Zivilisten ums Leben kamen, was einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht darstellt, dem zufolge alle erdenklichen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um zivilen Todesopfern vorzubeugen oder ihre Zahl so gering wie möglich zu halten;

H.

in der Erwägung, dass Saudi-Arabien nicht nur Luftangriffe auf den Jemen geflogen hat, sondern auch eine Seeblockade des Jemen eingerichtet hat, die für die Zivilbevölkerung dramatische Auswirkungen hatte, da 22 Millionen Menschen — beinahe 80 % der Bevölkerung — dringend Lebensmittel, Wasser und medizinische Hilfsgüter benötigen;

I.

in der Erwägung, dass VN-Generalsekretär Ban Ki-moon am 15. Juni 2015 mit Blick auf die VN-Friedensgespräche einen erneuten humanitären Waffenstillstand für mindestens zwei Wochen während des Ramadan gefordert hat, damit die dringend benötigte Hilfe zu allen bedürftigen Jemeniten gelangen könne, dass jedoch keine Einigung erzielt wurde; in der Erwägung, dass die kriegführenden Parteien des Jemen am 19. Juni 2015 bei diplomatischen Gesprächen, die von dem VN-Sondergesandten Ismail Uld Scheich Ahmed vermittelt wurden, nicht zu einer Waffenstillstandsvereinbarung gelangt sind;

J.

in der Erwägung, dass am 30. Juni 2015 etwa 1 200 Häftlinge, darunter mutmaßliche Mitglieder von Al-Qaida, aus dem Zentralgefängnis der Stadt Taiz entkommen sind; in der Erwägung, dass bereits im April 2015 etwa 300 Häftlinge aus einem anderen Gefängnis in der Provinz Hadramaut entkommen sind; in der Erwägung, dass der Jemen Schauplatz von Terroranschlägen ist, zu denen die Anschläge vom 17. Juni 2015 in Sanaa, darunter auf drei Moscheen, zu zählen sind, bei denen eine Reihe von Personen getötet oder verletzt wurde;

K.

in der Erwägung, dass die VN den Jemen am 1. Juli 2015 zu einem Notfall der Stufe 3, dem höchsten auf der Skala, erklärt haben; in der Erwägung, dass die VN im Rahmen des Notfallplans versuchen werden, 11,7 Millionen Menschen zu erreichen, die am dringendsten Hilfe benötigen; in der Erwägung, dass das Gesundheitssystem Meldungen zufolge kurz vor dem Zusammenbruch steht, da mindestens 160 Gesundheitseinrichtungen aufgrund von Unsicherheit und Mangel an Brennstoff und Vorräten geschlossen wurden;

L.

in der Erwägung, dass 15,9 Millionen Menschen im Jemen humanitäre Hilfe benötigen; in der Erwägung, dass die besonders schutzbedürftigen Kinder aufgrund der derzeitigen weit verbreiteten Unsicherheit keinen Zugang zu den Gesundheitsdiensten und der Ernährung haben, die sie benötigen;

M.

in der Erwägung, dass 9,9 Millionen Kinder erheblich unter dem Konflikt leiden und dass seit März 2 015 279 Kinder getötet und 402 verletzt wurden; in der Erwägung, dass mindestens 1,8 Millionen Kinder aufgrund der konfliktbedingten Schließung von Schulen keinen Zugang zu Bildung mehr haben, wodurch sie stärker Gefahr laufen, von bewaffneten Gruppen rekrutiert oder eingesetzt oder anderweitig missbraucht zu werden; in der Erwägung, dass Kinder nach Angaben von UNICEF bis zu ein Drittel aller Kämpfer im Jemen stellen und dass allein zwischen dem 26. März und dem 24. April 2015 mindestens 140 Kinder rekrutiert wurden; in der Erwägung, dass 2014 die Rekrutierung von 156 Kindern und ihr Einsatz in bewaffneten Gruppen bestätigt wurde; in der Erwägung, dass sich diese Zahl für 2015 bereits verdoppelt hat;

N.

in der Erwägung, dass Schätzungen von UNICEF zufolge bei mehr als einer halben Million Kindern unter fünf Jahren die Gefahr einer schweren akuten Mangelernährung besteht, während 1,2 Millionen Kindern unter fünf Jahren eine moderate akute Mangelernährung droht, und in der Erwägung, dass dies beinahe einer Verdopplung der Zahl der unterernährten Kinder seit Beginn der Krise entspricht;

O.

in der Erwägung, dass das Gesundheitssystem kurz vor dem Zusammenbruch steht und dass die Einstellung der Impfungen dazu führt, dass etwa 2,6 Millionen Kinder unter 15 Jahren Gefahr laufen, sich mit Masern anzustecken, und 2,5 Millionen Kinder Durchfall bekommen könnten, eine potenziell tödliche Krankheit, die sich in Zeiten von Krieg und Vertreibungen schnell verbreitet; in der Erwägung, dass immer mehr Menschen am Denguefieber erkranken, Behandlungsmöglichkeiten für chronische Erkrankungen fehlen und lebenswichtige medizinische Hilfsgüter sowie medizinisches Personal daran gehindert werden, die Opfer zu erreichen;

P.

in der Erwägung, dass dem Land schnell der Kraftstoff ausgeht, und in der Erwägung, dass die Verteilung von Hilfsgütern dadurch bereits erheblich eingeschränkt ist und dies schon bald zu einer lebensbedrohlichen Wasserknappheit führen wird, da der von Dürreperioden heimgesuchte Jemen bei der Wasserversorgung vollständig auf Tiefbrunnenpumpen angewiesen ist, die mit Kraftstoff betrieben werden;

Q.

in der Erwägung, dass der Jemen auch direkt von der humanitären Krise am Horn von Afrika betroffen ist, da mehr als 250 000 Flüchtlinge, hauptsächlich aus Somalia, im Land gestrandet sind und unter prekären Bedingungen leben; in der Erwägung, dass der Jemen darüber hinaus Schätzungen der Regierung zufolge etwa eine Million Migranten aus Äthiopien aufgenommen hat;

R.

in der Erwägung, dass humanitäre Hilfsorganisationen aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage im Jemen den Großteil ihrer internationalen Mitarbeiter außer Landes gebracht haben; in der Erwägung, dass wenige Organisationen noch im Jemen arbeiten können und dass ihre Tätigkeiten deutlich eingeschränkt werden;

S.

in der Erwägung, dass Al-Qaida auf der arabischen Halbinsel (AQAP) in der Lage war, aus der Verschlechterung der politischen und sicherheitspolitischen Lage im Jemen einen Nutzen zu ziehen, sich auszudehnen und mehr sowie größere Terroranschläge durchzuführen;

T.

in der Erwägung, dass sich der sogenannte Islamische Staat (IS/Da’isch) im Jemen niedergelassen und Terroranschläge gegen schiitische Moscheen geführt hat, wobei Hunderte von Menschen ums Leben kamen; in der Erwägung, dass wahrscheinlich sowohl AQAP als auch der IS/Da’isch das Sicherheitsvakuum im Jemen ausnutzen werden, um ihre Ressourcen zu erhöhen und Angriffe auf die jemenitischen Sicherheitskräfte, die Huthi und westliche Einsatzkräfte vor Ort zu planen;

U.

in der Erwägung, dass das kulturelle Erbe des Jemen durch die Eskalation der bewaffneten Konflikte gefährdet wird; in der Erwägung, dass das Komitee für das Welterbe am 2. Juli 2015 zwei Standorte im Jemen auf die Liste des gefährdeten Welterbes aufgenommen hat: die Altstadt von Sanaa und die alte ummauerte Stadt Schibam;

V.

in der Erwägung, dass die EU ein Waffenembargo und weitere gezielte Sanktionen gegen einen Huthi-Anführer und gegen den Sohn des ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh verhängt hat; in der Erwägung, dass zwei weitere Mitglieder der Huthi-Bewegung sowie der ehemalige Präsident Saleh selbst seit Dezember 2014 den gleichen restriktiven Maßnahmen unterliegen;

W.

in der Erwägung, dass die Generaldirektion Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz (ECHO) der Kommission 2015 25 Mio. EUR zugewiesen hat, um Gemeinden im ganzen Land zu helfen, die von akuter Unterernährung, Konflikten und Zwangsumsiedlung betroffen sind; in der Erwägung, dass sich die gesamte EU-Finanzierung der Mitgliedstaaten und der Kommission für humanitäre Hilfe im Jemen 2014 auf 100,8 Mio. EUR belief, darunter 33 Mio. EUR von ECHO;

X.

in der Erwägung, dass in dem überarbeiteten Aufruf zur humanitären Hilfe der VN 1,6 Mrd. USD gefordert wurden, aber nur etwa 10 % davon derzeit finanziert sind;

1.

ist ernstlich besorgt angesichts der sich rapide verschlechternden politischen Lage, Sicherheitslage und humanitären Lage im Jemen; fordert alle kriegführenden Parteien mit Nachdruck auf, den Einsatz von Gewalt unverzüglich zu beenden; spricht den Familien der Opfer sein Mitgefühl aus; betont, dass die EU ihre Zusage bekräftigt hat, den Jemen und das jemenitische Volk weiterhin zu unterstützen;

2.

bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung der Einheit, Souveränität, Unabhängigkeit und territorialen Integrität des Jemen und der jemenitischen Bevölkerung;

3.

verurteilt das destabilisierende und gewaltsame einseitige Vorgehen der Huthi und der dem ehemaligen Präsidenten Saleh treuen Militäreinheiten; verurteilt ferner die Luftangriffe der Koalition unter der Leitung von Saudi-Arabien und ihre Seeblockaden des Jemen, die zum Tod von Tausenden von Menschen geführt, den Jemen weiter destabilisiert, günstigere Bedingungen für die Ausdehnung von terroristischen und extremistischen Organisationen wie dem IS/Da‘isch und AQAP geschaffen und eine bereits kritische humanitäre Lage noch weiter verschlimmert haben;

4.

appelliert daher eindringlich an alle Parteien im Jemen, insbesondere an die Huthi, auf eine Beilegung ihrer Differenzen im Wege des Dialogs und der Konsultation hinzuarbeiten; ruft alle Akteure der Region auf, konstruktiv mit den jemenitischen Parteien zusammenzuarbeiten, um eine Deeskalation der Krise zu ermöglichen und weitere Instabilität in der Region zu vermeiden; fordert alle Parteien auf, darauf zu verzichten, Stätten und Gebäude des Kulturerbes unter Beschuss zu nehmen, Luftangriffe darauf zu führen oder sie für militärische Zwecke zu nutzen;

5.

begrüßt es, dass die EU ihre feste Zusage und Entschlossenheit bekräftigt hat, der Bedrohung durch extremistische und terroristische Gruppen wie etwa AQAP entgegenzutreten und zu verhindern, dass diese die aktuelle Lage weiter ausnutzen können;

6.

verurteilt jegliche Gewalt und Versuche oder Androhungen von Gewalteinsatz zur Einschüchterung derjenigen, die sich an von den VN vermittelten Konsultationen beteiligen; betont, dass der von den VN vermittelte integrative politische Dialog unter der Leitung des Jemen stattfinden muss und dass damit das Ziel verfolgt werden muss, eine auf Konsens basierende politische Lösung für die Krise im Jemen im Einklang mit der Initiative des Golf-Kooperationsrates und ihrem Umsetzungsmechanismus, dem Ergebnis der Konferenz des umfassenden nationalen Dialogs, dem Abkommen für Frieden und nationale Partnerschaft und den einschlägigen Resolutionen des VN-Sicherheitsrates zu erzielen;

7.

verurteilt auf Schärfste die Terroranschläge des IS/Da’isch gegen schiitische Moscheen in Sanaa und Saada, bei denen Hunderte von Menschen getötet oder verletzt wurden, sowie die Verbreitung der extremen religiösen Ideologie, die diesem kriminellen Vorgehen zugrunde liegt;

8.

ist besorgt darüber, dass AQAP aus der sich verschlechternden politischen und sicherheitspolitischen Lage im Jemen einen Nutzen ziehen kann; fordert alle Konfliktparteien nachdrücklich auf, sich entschlossen dafür einzusetzen, extremistische und terroristische Gruppen wie den IS/Da’isch und AQAP mit höchster Priorität zu bekämpfen;

9.

verurteilt die Rekrutierung und den Einsatz von Kindern durch die Konfliktparteien;

10.

unterstützt uneingeschränkt die Bemühungen der Vereinten Nationen und des Sondergesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für den Jemen, Ismail Uld Scheich Ahmed, in den Friedensverhandlungen zwischen den Parteien zu vermitteln; unterstützt die Bemühungen des Sultanats Oman, in einem ersten Schritt hin zu einer im Rahmen von Verhandlungen erzielten politischen Lösung einen Waffenstillstand zwischen den Huthi und den der Regierung des Jemen treuen Truppen zu bewirken;

11.

betont, dass es für den Konflikt nur eine politische, alle Seiten einbeziehende und im Rahmen von Verhandlungen erzielte Lösung geben kann; fordert daher alle jemenitischen Parteien nachdrücklich auf, im Wege des Dialogs, des Kompromisses und der Machtteilung auf die Beilegung ihrer Differenzen und eine Regierung der nationalen Einheit hinzuarbeiten, um den Frieden wiederherzustellen, einen wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenbruch zu verhindern und die humanitäre Krise anzugehen;

12.

fordert einen humanitären Waffenstillstand, damit dringend benötigte lebensrettende Hilfsmaßnahmen die Bevölkerung des Jemen erreichen können; fordert alle Parteien mit Nachdruck auf, die dringende Bereitstellung humanitärer Hilfe für alle Teile des Jemen zu erleichtern sowie im Einklang mit den Grundsätzen der Unparteilichkeit, der Neutralität und der Unabhängigkeit für schnellen, sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Akteure zu sorgen, damit sie die Menschen erreichen können, die humanitäre Hilfe, einschließlich medizinischer Unterstützung, benötigen; weist ferner darauf hin, dass es deshalb wichtig ist, den Zugang des Handelsschiffverkehrs zum Jemen weiter zu erleichtern;

13.

fordert alle Seiten auf, das humanitäre Völkerrecht und die internationalen Menschenrechtsnormen zu achten, für den Schutz von Zivilisten zu sorgen, darauf zu verzichten, zivile Infrastrukturen, insbesondere medizinische Einrichtungen und Wasserversorgungsanlagen, direkt anzugreifen und zivile Gebäude für militärische Zwecke zu nutzen, und dringend mit den VN und Menschenrechtsorganisationen zusammenzuarbeiten, um den Bedürftigen Unterstützung zukommen zu lassen;

14.

betont, dass koordinierte humanitäre Maßnahmen unter Leitung der VN erforderlich sind, und appelliert dringend an alle Länder, zur Deckung des humanitären Bedarfs beizutragen; fordert die internationale Gemeinschaft auf, zu dem überarbeiteten Aufruf zur humanitären Hilfe der VN beizutragen;

15.

fordert eine unabhängige internationale Untersuchung aller mutmaßlichen Verstöße gegen die internationalen Menschenrechtsnormen und das humanitäre Völkerrecht;

16.

nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die im Redaktionsausschuss zur Ausarbeitung einer Verfassung erzielt wurden, fordert eine inklusive und transparente Verfassung, die den legitimen Bestrebungen des jemenitischen Volks gerecht wird und die Ergebnisse der Konferenz des nationalen Dialogs widerspiegelt, und fordert, ein Referendum über den Verfassungsentwurf und baldige Parlamentswahlen abzuhalten, um eine weitere Verschlechterung der humanitären Lage und der Sicherheitslage im Jemen zu verhindern;

17.

verweist darauf, dass die Religions- und Weltanschauungsfreiheit ein Grundrecht ist, und verurteilt scharf jegliche Gewalt oder Diskriminierung aus Gründen der Religion oder Weltanschauung im Jemen; bekräftigt seine Unterstützung aller Initiativen, die die Förderung des Dialogs und der gegenseitigen Achtung zwischen religiösen und anderen Gemeinschaften zum Ziel haben; appelliert an alle religiösen Instanzen, sich für Toleranz einzusetzen und gegen Hass, Sektierertum und gewalttätige und extremistische Radikalisierung vorzugehen;

18.

fordert die VP/HV und die Mitgliedstaaten dringend auf, in den VN Unterstützung für einen umfassenden internationalen Plan zu finden, um die Wasserversorgung im Jemen zu sichern, da dieser Schritt entscheidend dazu beitragen könnte, einen potenziellen Friedensprozess erfolgreich abzuschließen und der Bevölkerung die Perspektive einzuräumen, die Landwirtschaft verbessern, sich ernähren und das Land wiederaufbauen zu können;

19.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär des Golf-Kooperationsrates, dem Generalsekretär der Liga der Arabischen Staaten und der Regierung des Jemen zu übermitteln.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/98


P8_TA(2015)0271

Die sicherheitspolitischen Herausforderungen im Nahen Osten und Nordafrika und die Perspektiven für politische Stabilität

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu den sicherheitspolitischen Herausforderungen im Nahen Osten und in Nordafrika sowie zu den Perspektiven für politische Stabilität 2014/2229(INI))

(2017/C 265/12)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf die Artikel 8 und 21 des Vertrags über die Europäische Union,

unter Hinweis auf das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Irak andererseits und auf seinen Standpunkt vom 17. Januar 2013 zu dem Abkommen (1),

unter Hinweis auf die Europäische Sicherheitsstrategie vom 12. Dezember 2003 und die Erklärung des Rates der Europäischen Union vom 11. Dezember 2008 über die Verstärkung der Kapazitäten,

unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Kommission vom 8. März 2011 über eine Partnerschaft mit dem südlichen Mittelmeerraum für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand (COM(2011)0200),

unter Hinweis auf die beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten am 21. Mai 2011 initiierte Partnerschaft von Deauville;

unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Kommission vom 25. Mai 2011 mit dem Titel: „Eine neue Antwort auf eine Nachbarschaft im Wandel“ (COM(2011)0303),

unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Kommission vom 6. Februar 2015 mit dem Titel „Elemente einer EU-Regionalstrategie für Syrien und Irak sowie zur Bewältigung der Bedrohung durch Da'esh“ (JOIN(2015)0002),

unter Hinweis auf die beim dritten Treffen der Außenminister der Europäischen Union und der Arabischen Liga vom 11. Juni 2014 in Athen angenommene Erklärung sowie auf die am 19. Januar 2015 in Brüssel unterzeichnete Vereinbarung zwischen dem Europäischen Auswärtigen Dienst und dem Generalsekretariat der Arabischen Liga,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 30. August 2014 zum Irak und zu Syrien,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Internationalen Konferenz für Frieden und Sicherheit im Irak, die am 15. September 2014 in Paris stattgefunden hat,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 17. November 2014 zum Friedensprozess im Nahen Osten,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 15. Dezember 2014 zur EU-Regionalstrategie für Syrien und den Irak,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 9. Februar 2015 zur Terrorismusbekämpfung,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. März 2011 zu den Beziehungen der Europäischen Union zum Golf-Kooperationsrat (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2011 zur Vorgehensweise der EU gegenüber dem Iran (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Dezember 2011 zur Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Mai 2012 zum Thema „Wandel durch Handel: Die Handels- und Investitionsstrategie der EU für den südlichen Mittelmeerraum nach den Revolutionen des Arabischen Frühlings“ (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 2014 zu Saudi-Arabien, seinen Beziehungen zur EU und seiner Rolle in Nahost und Nordafrika (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. September 2014 zur Lage im Irak und in Syrien sowie zur IS-Offensive, einschließlich der Verfolgung von Minderheiten (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2015 zur Lage in Libyen (8),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Februar 2015 zu der humanitären Krise im Irak und in Syrien, insbesondere vor dem Hintergrund der Aktivitäten des IS (9),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. März 2015 zu den Beziehungen zwischen der EU und der Liga der Arabischen Staaten und der Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus (10),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. März 2015 zu insbesondere gegen Assyrer gerichteten Angriffen und Entführungen durch ISIS/Da'isch in jüngster Zeit im Nahen Osten (11),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Treffens libyscher Gemeinde- und Kommunalvertreter vom 23. März 2015 in Brüssel, das auf Einladung der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen einberufen und von der Europäischen Union ausgerichtet wurde,

unter Hinweis auf das Treffen der Außenminister der EU-Mitgliedstaaten und der südlichen Mittelmeeranrainerstaaten vom 13. April 2015 in Barcelona, das von Spanien, dem lettischen Ratsvorsitz und der EU ausgerichtet wurde, um die Zukunft der Europäischen Nachbarschaftspolitik zu erörtern,

unter Hinweis auf die Resolutionen 2139(2014), 2165(2014) und 2191(2014) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, mit denen den Vereinten Nationen und ihren Partnern für die Erbringung humanitärer Hilfe in Syrien ohne Zustimmung des syrischen Staates grenzüberschreitender und frontüberschreitender Zugang eingeräumt wird,

gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und die Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A8-0193/2015),

A.

in der Erwägung, dass die Konflikte in Syrien, im Irak, im Jemen und in Libyen und die zunehmenden Spannungen im Nahen Osten und Nordafrika (MENA-Region) wichtige Ursachen der Destabilisierung dieser Region sind; in der Erwägung, dass sich die Fronten im Kampf gegen den Terror zwischen der Sahelzone und dem Nahen Osten inzwischen geschlossen haben und fast bis an die kritischen Gebiete am Horn von Afrika reichen; in der Erwägung, dass diese Situation für die Sicherheit der gesamten Region verheerende Folgen hat, da politische und wirtschaftliche Entwicklung, wichtige Infrastrukturen sowie der Zusammenhalt in der Bevölkerung in der Region langfristig geschädigt werden; in der Erwägung, dass von diesen Entwicklungen auch ernste Gefahren für die Sicherheit, die Bürger und die Interessen Europas ausgehen; in der Erwägung, dass die Zahl der zivilen Opfer und der gegen die Zivilbevölkerung gerichteten Terrorakte hoch ist; in der Erwägung, dass schwere Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Recht begangen werden, die sich vor allem gegen ethnische und religiöse Minderheiten richten; in der Erwägung, dass die durch diese Konflikte ausgelöste schwere humanitäre Krise massive Vertreibungen der Bevölkerung zur Folge hat, sodass Flüchtlinge, aber auch die Gemeinden, die Flüchtlinge aufnehmen, gewaltigen Schwierigkeiten gegenüberstehen; in der Erwägung, dass es weiterhin schwierig ist, eine kohärente Konfliktlösungsstrategie aufzuzeigen und eine legitime und stabile Grundlage für einen inklusiven Dialog unter Einbindung der verschiedenen Parteien zu schaffen;

B.

in der Erwägung, dass es angesichts der Folgen der Aufstände in den betroffenen arabischen Ländern, der dadurch bedingten komplizierten neuen Gemengelage und aufgrund der Tatsache, dass die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) und andere Terrororganisationen dringend zerschlagen werden müssen, geboten ist, die Maßnahmen der EU in der MENA-Region zu überprüfen; in der Erwägung, dass autoritäre Regimes stärker unter Druck gesetzt werden müssen, um sie zur Einführung inklusiver politischer Strategien zu bewegen; in der Erwägung, dass die Stabilisierung der Region nicht nur eine Frage der Sicherheit, sondern auch wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich von Bedeutung ist und die Union und ihre Mitgliedstaaten mittel- und langfristig strategisch umfassende, vielschichtige Maßnahmen sowie eine umfassende Zusammenarbeit mit den Akteuren in der Region entwickeln muss;

C.

in der Erwägung, dass die Terrororganisation IS im Norden des Iraks und Syriens mit systematischen ethnischen Säuberungen begonnen hat und Kriegsverbrechen, einschließlich Massenhinrichtungen und Entführungen, gegen ethnische und religiöse Minderheiten verübt; in der Erwägung, dass in Meldungen der Vereinten Nationen von gezielten Tötungen, Zwangskonvertierungen, Entführungen, Frauenhandel, der Versklavung von Frauen und Kindern, der Rekrutierung von Kindern für Selbstmordanschläge sowie sexuellem Missbrauch, körperlicher Misshandlung und Folter die Rede ist; in der Erwägung, dass in der Vergangenheit Gemeinden der Christen, Jesiden, Turkmenen, Schabak, Kaka‘i, Sabäer und Schiiten, aber auch viele Araber und sunnitische Muslime zur Zielscheibe des IS geworden sind;

D.

in der Erwägung, dass der Nahe Osten und Nordafrika sich in einer geopolitischen Umbruchsituation befinden, die zu einer tiefgreifenden und unvorhersehbaren Verschiebung der Machtverhältnisse in der Region führen kann; in der Erwägung, dass sich die Krisen und Konflikte zuspitzen, die auch politisch, ethnisch und sektiererisch ausgerichtet sind, dass paramilitärische Gruppen erstarken, während bestimmte Staaten oder Regimes in der Region geschwächt werden oder zusammenbrechen; in der Erwägung, dass viele Menschenrechtsverletzungen die Folge sind; in der Erwägung, dass die Staaten der MENA-Region und die internationale Gemeinschaft die gleichen Sicherheitsinteressen verfolgen, wenn es um die Bekämpfung des Terrorismus und die Förderung inklusiver, wirklich demokratischer Reformen in der Region geht;

E.

in der Erwägung, dass die regionalen, aber auch die internationalen Spannungen infolge der Konflikte im Irak und in Syrien sowie im Jemen und in Libyen zunehmen; in der Erwägung, dass religiöse und ethnische Motive zur Durchsetzung von politischen Zielen und Machtinteressen instrumentalisiert werden; in der Erwägung, dass dadurch ein Konfrontationskurs zwischen sunnitischer und schiitischer Bevölkerung droht, der über die unmittelbaren geographischen Grenzen hinausreicht;

F.

in der Erwägung, dass Tunesien ein besonders bemerkenswertes Beispiel für die Demokratisierung nach den Aufständen in der arabischen Welt ist, dass das Land jedoch am 18. März 2015 Zielscheibe eines Terroranschlags wurde, zu dem sich der IS bekannt hat; in der Erwägung, dass daran deutlich wird, dass die Länder der Region und insbesondere Tunesien stark und kontinuierlich unterstützt werden müssen;

G.

in der Erwägung, dass die Förderung der Rechte der Frau und der Gleichstellung der Geschlechter gemäß den EU-Leitlinien von 2008 über Gewalt gegen Frauen und Mädchen grundlegende Bestandteile des politischen Dialogs und des Menschenrechtsdialogs zwischen der EU und den Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas (der MENA-Region) sein sollten; in der Erwägung, dass die Beteiligung und die Stärkung der Rolle der Frau im öffentlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in den MENA-Ländern für die langfristige Förderung von Stabilität, Frieden und wirtschaftlichem Wohlstand von grundlegender Bedeutung sind; in der Erwägung, dass die Stärkung der Position von Frauen und Mädchen durch Bildung entscheidend ist, wenn ihre Rolle in diesen Bereichen gestärkt werden soll; in der Erwägung, dass Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter einsetzen, in den MENA-Ländern eine wichtige Rolle für die Stärkung der Rolle der Frau spielen können;

H.

in der Erwägung, dass der Einfluss der Mitgliedstaaten in der Region sehr unausgewogen ist; in der Erwägung, dass die Europäische Union hier mehr Einfluss gewinnen muss; in der Erwägung, dass die langfristige politische und wirtschaftliche Stabilität der MENA-Region für die Union von entscheidender strategischer Bedeutung ist; in der Erwägung, dass die Union deshalb in der MENA-Region eine führende Rolle bei der Förderung von Konfliktlösungen und demokratischen Regierungsstrukturen übernehmen sollte;

I.

in der Erwägung, dass die Hilfe, die die EU den MENA-Ländern in der Vergangenheit geleistet hat, zu fragmentiert war und nicht schnell genug an die politischen und wirtschaftlichen Bedürfnisse der betreffenden Länder angepasst wurde, sodass die Rolle der EU als wichtiger Akteur in der Region untergraben wurde;

J.

in der Erwägung, dass bei der Unterstützung der EU für die MENA-Länder — insbesondere im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) — in der Vergangenheit allzu häufig auf dasselbe undifferenzierte strategische Konzept gebaut wurde, sodass mit Blick auf die konkrete Lage in den einzelnen betroffenen Ländern nicht genügend unterschieden sowie versäumt wurde, die zivilgesellschaftlichen Partner zu ermitteln, die Unterstützung und Hilfe beim Aufbau von Kapazitäten benötigen; in der Erwägung, dass die nach dem „Arabischen Frühling“ unternommenen Demokratisierungsversuche auf der Grundlage eines organisierten, langfristigen Ansatzes tatkräftig unterstützt werden müssen;

K.

in der Erwägung, dass sich die Umbrüche in der MENA-Region auf die Möglichkeiten der EU, ihre politischen und demokratischen Werte zu fördern, auswirken; in der Erwägung, dass diese Umbrüche sich auf die Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen der EU zu den betroffenen Ländern auswirken und die Sicherheit der Energieversorgung der EU gefährden könnten;

L.

in der Erwägung, dass die anschließende Krise in der MENA-Region, die die EU trotz etlicher Anzeichen nicht antizipiert hatte, die EU zu Notmaßnahmen zwang und die EU dadurch nicht in der Lage war, die Kernelemente zu analysieren oder der Komplexität der Lage, den Erwartungen und Chancen aufgrund der arabischen Aufstände von 2011 gerecht zu werden; in der Erwägung, dass es der EU insbesondere nicht gelungen ist, die sehr langfristig ausgerichtete Strategie aufzustellen, die zur Fortsetzung und Unterstützung einer echten Wende hin zu Demokratie, wirtschaftlicher Entwicklung und politischer Stabilität benötigt wird; in der Erwägung, dass die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) auf Weisung des Europäischen Rates vom Dezember 2013 einen wichtigen strategischen Reflexionsprozess auf den Weg gebracht hat; in der Erwägung, dass die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) einen weit gefassten Konsultationsprozess zur Überarbeitung der ENP eingeleitet haben; in der Erwägung, dass der EAD so aufgebaut ist, dass die Möglichkeit besteht, länderspezifische politische und strategische Analysen durchzuführen, die bei der Planung von Hilfeleistungen an die Länder der Region, auch im Rahmen der ENP, als wichtige Grundlage dienen sollten;

M.

in der Erwägung, dass die EU, wenn sie die MENA-Länder positiv beeinflussen will, mehr als die bloße Inaussichtstellung einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit anbieten können muss und demnach auch eine umfassende politische und strategische Partnerschaft anbieten sollte;

N.

in der Erwägung, dass die Anschläge zwischen dem 26. und dem 30. Juni 2015 in Tunesien, Kuwait und Jemen, zu denen sich der IS bekannt hat, 92 Menschenleben und mehrere hundert Verletzte gefordert haben; in der Erwägung, dass diese Anschläge ein weiteres Mal verdeutlichen, dass für die Sicherheitsprobleme und die politische Instabilität in der Region eine funktionierende Lösung gefunden werden muss;

Lösungen mit Blick auf Bedrohungen und Sicherheitslage

1.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, mit einem ganzheitlichen, ambitionierten Ansatz die Ursachen der sich rasch verschlechternden Lage in der MENA-Region anzugehen; unterstützt die internationale Kampagne gegen den IS, und begrüßt das Engagement der Koalitionspartner für Zusammenarbeit im Rahmen einer gemeinsamen Strategie; begrüßt insbesondere den Einsatz der EU-Mitgliedstaaten, die sich — mit militärischen Maßnahmen oder in Form eines Beitrags zur logistischen, finanziellen und humanitären Hilfe — an der internationalen Koalition gegen den IS beteiligen; fordert jedoch, dass in allen Bereichen mehr Unterstützung mobilisiert wird, und hebt hervor, dass flexiblere Maßnahmen nötig sind; weist darauf hin, dass diese Maßnahmen unter der Führung der EU zweckmäßig abgestimmt werden könnten — gegebenenfalls als Teil einer Operation im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) –, und fordert die EU deshalb auf, ausreichende Einsatzkapazitäten und eine wirkliche gemeinsame europäische Verteidigung aufzustellen; hebt jedoch hervor, dass im Interesse der Zerschlagung des IS, der Al-Nusra-Front und anderer Terrorverbände eine angemessene Lösung gefunden werden muss, die den jeweiligen politischen und regionalen Unterschieden Rechnung trägt; fordert die EU auf, in einem regionalen Dialog, an dem alle regionalen Akteure beteiligt sind — insbesondere die Arabische Liga, Saudi-Arabien, Ägypten, die Türkei und der Iran — die Rolle des zentralen Vermittlers zu übernehmen; hebt hervor, dass den legitimen Forderungen der Bevölkerung vor Ort — vor allem den Forderungen des Arabischen Frühlings von 2011 — im Interesse der langfristigen Stabilität der Region entsprochen werden muss; weist darauf hin, dass die Arabische Liga unlängst die Bildung einer schnellen Eingreiftruppe angekündigt hat, die insbesondere gegen den IS und andere, neue terroristische Gruppen vorgehen soll;

2.

hebt hervor, dass auf eine ständige politische Präsenz der EU auf oberster Ebene nicht verzichtet werden kann, wenn mit den MENA-Ländern ein langfristiger strategischer politischer Dialog und eine wirkliche gemeinsame Debatte über die zur Stabilisierung der Region notwendigen Maßnahmen geführt werden soll; hebt hervor, dass sich die Europäische Union auf dem internationalen Parkett nur wirklich Gehör verschaffen kann, wenn es ihr gelingt, mit einer Stimme zu sprechen; fordert die EU deshalb auf, umgehend eine wirkliche gemeinsame Außenpolitik aufzustellen, in deren Rahmen interne und externe Maßnahmen eng aufeinander abgestimmt werden; fordert die HR/VP auf, in Zusammenarbeit mit den EU-Außenministern oder von den regionalen Akteuren anerkannten Vertretern der Politik sicherzustellen, dass unter ihrer Leitung und im Namen der Union ein ständiger hochrangiger Dialog mit den Ländern der Region zustande kommt; weist darauf hin, dass wichtige zuverlässige Partnerländer gefunden werden müssen, wenn langfristig für politische Stabilität und eine stabile Sicherheitslage gesorgt werden soll;

3.

hebt hervor, wie wichtig und unverzichtbar es ist, dass die folgenden Initiativen noch 2015 wirksam umgesetzt werden: Unterstützung von Vorhaben und Tätigkeiten zum Aufbau von Kapazitäten in den MENA-Ländern, Maßnahmen gegen Radikalisierung und gewaltsamen Extremismus, Förderung der internationalen Zusammenarbeit, Maßnahmen, die bei den Ursachen ansetzen und zur Überwindung der gegenwärtigen Krise beitragen, Stärkung der Partnerschaft mit wichtigen Ländern, einschließlich der Vertiefung des politischen Dialogs mit der Arabischen Liga, der Organisation für islamische Zusammenarbeit, der Afrikanischen Union und anderen einschlägigen regionalen Koordinierungsstrukturen wie der G5 der Sahelzone;

4.

weist nachdrücklich darauf hin, dass Stabilität und Sicherheit in der MENA-Region für die Sicherheit der EU grundlegend sind; weist darauf hin, dass der IS und andere terroristische Organisationen schon vor Jahren im Irak und in Syrien ihren Ursprung genommen haben und seitdem versuchen, in der Region an Einfluss zu gewinnen; weist darauf hin, dass die Krisensituation, die in diesen Ländern mit Blick auf Institutionen, Demokratie und Sicherheit herrscht, und die Durchlässigkeit der Grenze zwischen diesen Ländern zu den Siegen dieser Gruppe beigetragen haben; hebt hervor, dass die wirtschaftliche, politische, gesellschaftliche und kulturelle Krise, von der die Region betroffen ist, den Rekrutierungserfolgen und der Ausbreitung des IS und der Al-Nusra-Front Vorschub geleistet hat; fordert die EU auf, zusammen mit der arabischen Welt die Ursachen der Radikalisierung zu ergründen und ein umfassendes Konzept aufzustellen, das auf Sicherheit, den Aufbau demokratischer Führungskapazitäten sowie politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung baut und am Grundsatz der Inklusion ausgerichtet ist; ist der Ansicht, dass Maßnahmen zur Abwendung der Bedrohung, die der IS und andere terroristische Gruppen darstellen, zunehmend und unverändert auf Schwierigkeiten stoßen werden, solange für diese Probleme keine praktische, tragfähige Lösung gefunden wird;

5.

stellt fest, dass im Rahmen der EU-Strategie „Elemente einer Regionalstrategie der EU für Syrien und den Irak sowie gegen die Bedrohung durch Da‘esh“ Mittel in Höhe von 1 Mrd. Euro bereitgestellt wurden, wobei 400 Mio. Euro für humanitäre Hilfe vorgesehen sind; begrüßt die Versuche, die humanitäre Hilfe der EU an geschlechts- und altersspezifischen Bedürfnissen auszurichten; fordert, dass Jordanien und dem Libanon besondere Aufmerksamkeit zuteil wird, weil sie im Verhältnis zu ihrer Bevölkerungszahl den größten Anteil von Flüchtlingen aufnehmen; hebt hervor, wie wichtig es ist, dass diese beiden Länder den Flüchtlingen eine sichere Einreise in ihr Hoheitsgebiet ermöglichen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung achten; weist ferner auf die Folgen der Flüchtlingskrise für die Kurdische Regionalregierung im Irak hin; ist besorgt, dass die Flüchtlingslager aufgrund der dort herrschenden extremen Armut und Entbehrungen zu einer Brutstätte der Radikalisierung werden könnten; vertritt die Ansicht, dass die Flüchtlingslager für die Aufnahmeländer langfristig Destabilisierungsfaktoren sind, und fordert aus diesem Grund, dass langfristige Lösungen gefunden werden, die sowohl den Flüchtlingen, als auch den Aufnahmeländern Unterstützung bieten; fordert die EU auf, mit anderen Partnern, das heißt mit dem UNHCR und UNICEF, zusammenzuarbeiten, um die fortdauernden Probleme zu lösen, die in Flüchtlings- und Binnenflüchtlingslagern im Irak, in Jordanien, im Libanon und in der Türkei — insbesondere mit Blick auf das Fehlen von Schulbildungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche — bestehen; begrüßt, dass die Bevölkerung der Aufnahmeländer im Rahmen der neuen Strategie und des Stabilitäts- und Friedensinstruments finanzielle Unterstützung erhält; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, sich angesichts der Flüchtlingskrise stärker zu engagieren, indem sie Finanzmittel bereitstellen und zur Umsiedlung besonders gefährdeter Flüchtlinge beitragen;

6.

stellt fest, dass die Zahl der Asylanträge aus Syrien und dem Irak kontinuierlich steigt, und fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, stärker als Aufnahmeländer für Asylbewerber in Erscheinung zu treten und in Bezug auf die Anhäufung von anhängigen Anträgen umgehend eine Lösung herbeizuführen;

7.

begrüßt, dass sich einige Länder der MENA-Region an der internationalen Koalition gegen den IS beteiligen; fordert die Regierungen dieser Länder und die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, in Bezug auf die Verhinderung der Finanzierung des internationalen Terrorismus und der Kriege in Syrien und Libyen ein deutlich stärkeres Engagement zu zeigen; fordert nochmals alle Länder der Region auf, dafür zu sorgen, dass Einzelpersonen und private sowie öffentliche Organisationen terroristische Organisationen oder syrische Bürger oder Unternehmen aus dem Umfeld der syrischen Regierung weder finanziell unterstützen noch zu deren Finanzierung beitragen können, zumal die EU gegen diese Organisationen, syrischen Bürger bzw. Unternehmen Sanktionen verhängt hat, die eine entsprechende Durchschlagskraft haben müssen; fordert im Interesse der Zusammenarbeit zwischen dem Golf-Kooperationsrat, der Arabischen Liga, der Organisation für Islamische Zusammenarbeit und den EU-Organen, dass sich diese Länder an regionalen Kooperationsprogrammen zur Überwachung von Kapitalbewegungen beteiligen; hebt hervor, dass ein effizientes Sanktionssystem eingeführt werden muss, das zusammen mit der Arabischen Liga, der Organisation für Islamische Zusammenarbeit und dem Golf-Kooperationsrat so koordiniert wird, dass der Finanzierung des IS durch internationale Akteure und den Handel mit illegal gewonnenem Erdöl durch diese terroristische Organisation der Riegel vorgeschoben wird; hebt in diesem Zusammenhang außerdem hervor, dass die Zollbehörden an den Grenzen der Türkei, des Irak und Syriens dringend stärker zusammenarbeiten müssen, damit verhindert wird, dass der IS illegales Erdöl verkaufen kann;

8.

hebt hervor, dass ein langfristiger strategischer Dialog mit der Arabischen Liga, der Organisation für Islamische Zusammenarbeit und dem Golf-Kooperationsrat zustande kommen muss; begrüßt in dieser Hinsicht die am 11. Juni 2014 in Athen verabschiedete gemeinsame Erklärung sowie die Vereinbarung vom Januar 2015 und fordert deren umfassende Umsetzung; hebt hervor, dass die Ausrichtung regelmäßiger Gipfeltreffen der EU mit der Arabischen Liga, der Organisation für Islamische Zusammenarbeit und dem Golf-Kooperationsrat von herausragender Bedeutung ist; unterstreicht die zentrale Rolle der Arabischen Liga bei der Krisenbewältigung; ist der Ansicht, dass an diesen Krisen deutlich wird, dass die Arabische Liga von ihren Mitgliedstaaten zu einem vollwertigen Exekutivorgan umgestaltet werden muss, das wirklich in der Lage ist, bindende Beschlüsse zu fassen; erinnert an die strategische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und dem Golf-Kooperationsrat; hebt hervor, dass der Golf-Kooperationsrat auf die Überwindung der Krisen und Konflikte in den MENA-Ländern positiven Einfluss nehmen könnte;

9.

hebt hervor, dass dem regionalen Dialog mit der Türkei und dem Iran derselbe Stellenwert zukommt; begrüßt, dass die EU3+3 und Iran unlängst in Bezug auf das Nuklearprogramm des Iran eine Einigung erzielt haben, und hofft, dass diese Einigung innerhalb der vereinbarten Frist zu einer endgültigen umfassenden Vereinbarung führt; fordert die VP/HR und die Mitgliedstaaten im Fall einer endgültigen Einigung über die Frage des Nuklearprogramms auf, eingehende Konsultationen mit dem Iran abzuhalten und gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, dass der Iran seiner Verpflichtung zur Nichtverbreitung in der Zeit bis zur Bestätigung durch die einschlägigen internationalen Gremien, einschließlich der IAEO, Folge leistet; fordert die EU deshalb nachdrücklich auf, sich aktiv für die Förderung vertrauensbildender Maßnahmen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien einzusetzen; hebt hervor, dass die Zusammenarbeit mit der Türkei bei der Terrorismusbekämpfung verstärkt werden muss; weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Türkei als Mitglied der NATO beim Kampf gegen den IS und bei der Stabilisierung des Irak und Syriens eine tragende Rolle spielen kann; fordert die Türkei auf, bestimmte Unklarheiten aus dem Weg zu räumen und ihrer Rolle als stabilisierende Kraft in der Region im vollen Umfang gerecht zu werden, indem sie eine wirksame Kontrolle der Grenze zu Syrien sicherstellt und bei der Zusammenarbeit mit der EU zur Zerschlagung des IS mehr Initiative zeigt;

10.

fordert die Länder in der Region auf, Terrorismus und Waffen nicht in die Nachbarländer zu exportieren, weil sich die dortige Lage damit weiter destabilisieren könnte;

11.

weist darauf hin, dass die Bedingungen für eine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen zwischen Israel und der Palästinensischen Behörde geschaffen werden müssen, damit in dem Konflikt — auf der Grundlage der Grenzen von 1967 mit Jerusalem als Hauptstadt beider Staaten — eine Lösung zustande kommt, die es den beiden Staaten ermöglicht, im Einklang mit dem Völkerrecht in Frieden und Sicherheit Seite an Seite weiter zu bestehen; äußert nochmals seine tiefe Besorgnis über die sich rasant verschlechternde humanitäre Lage im Gazastreifen; ist zutiefst besorgt über die Politik der Besiedlung des Westjordanlands durch Israel; ist äußerst besorgt über den Stillstand der Gespräche und die zunehmenden Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern; fordert, dass beide Seiten, die EU und die internationale Gemeinschaft sich ernsthaft und glaubhaft um eine Lösung bemühen; begrüßt und unterstützt die entschlossene Haltung der Hohen Vertreterin Mogherini, die sich dafür ausspricht, dass die EU ihr Engagement im Friedensprozess im Nahen Osten verstärkt und selbst als Vermittler auftritt; appelliert nachdrücklich an alle Parteien, von Handlungen Abstand zu nehmen, die durch Aufwiegelung, Provokation, die übermäßige Anwendung von Gewalt oder Vergeltung zu einer Verschlimmerung der Lage führen könnten; bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung für die arabische Friedensinitiative von 2002, und fordert die Länder der Arabischen Liga und Israel auf, diese Initiative zu verwirklichen; hebt hervor, dass Gespräche über die Wiederaufnahme des Friedensprozesses und die administrative und politische Kontrolle des Gazastreifens durch die Palästinensische Behörde von einer Einbeziehung der Arabischen Liga unbedingt profitieren würden; hebt hervor, dass Ägypten in Bezug auf das Zustandekommen eines endgültigen Waffenstillstands in dem Konflikt zwischen der Hamas und Israel im Sommer 2014 eine entscheidende Rolle gespielt hat; fordert die internationalen Geber auf, die auf der Konferenz von Kairo im Oktober 2014 eingegangenen Verpflichtungen zu respektieren;

12.

erklärt, dass es konkrete Maßnahmen der EU im Rahmen einer starken GSVP, die der Förderung der Stabilität und der Sicherheit in den MENA-Ländern dienen, uneingeschränkt unterstützt; bedauert, dass die GSVP-Missionen und -Operationen in der Region (EUBAM Libyen, EUPOL COPPS und EUBAM Rafah) unterdimensioniert sind und in keinem Verhältnis zu den sicherheitstechnischen Herausforderungen in der Region stehen, und fordert eine strategische Neubewertung dieser Einsätze; weist darauf hin, dass die EU im Rahmen ihres Engagements für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit eine zentrale Rolle spielen könnte, wenn es darum geht, im Bereich der Strafrechtsreformen, der Reformen des Sicherheitssektors sowie der Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration, des Grenzschutzes, der Maßnahmen gegen Terrorismus und Radikalisierung sowie der Unterbindung des Waffen-, Drogen und Menschenhandels konkrete Hilfeleistungen bereitzustellen und fachspezifische Schulungen anzubieten; fordert, dass ein besonderer Schwerpunkt auf Libyen gesetzt wird; hebt hervor, dass der Dialog und die Zusammenarbeit mit der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union wichtig sind, damit die Partnerländer ihre Fähigkeiten erweitern können und über die militärischen und personellen Ressourcen verfügen, die zur Bekämpfung des Extremismus notwendig sind;

13.

ist strikt dagegen, dass Drohnen für die außergerichtliche exterritoriale Tötung mutmaßlicher Terroristen eingesetzt werden, und fordert, dass der Einsatz von Drohnen zu diesem Zweck verboten wird;

14.

fordert die Behörden der EU-Mitgliedstaaten und der Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas auf, das Folterverbot zu achten, das insbesondere im Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe verankert ist, welches von den meisten der genannten Staaten unterzeichnet und ratifiziert wurde; weist nochmals darauf hin, dass Geständnisse, die durch Folter zustande gekommen sind, ungültig sind, und verurteilt diese Praxis;

15.

ist besonders besorgt darüber, dass die Mitgliedstaaten infolge der verschiedenen politischen Krisen in der Region nachrichtendienstliche Kapazitäten verloren haben; weist darauf hin, dass es darum gehen muss, bei der Bekämpfung des Terrorismus im Rahmen der Menschenrechte und des Völkerrechts eine bessere Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten und den MENA-Ländern zu fördern; fordert, dass diese Länder systematisch und wirksam mit Europol und Interpol zusammenarbeiten, damit sie beim Aufbau der zur Bekämpfung des Terrors, des Terrorismus und des organisierten Verbrechens, einschließlich Menschenhandel, notwendigen Strukturen und Ressourcen Unterstützung erhalten und auf den Schutz der Menschenrechte aller betroffenen Individuen ausgelegte, integrierte Verteidigungssysteme eingeführt werden, sobald angemessene Vorkehrungen zum Schutz der Menschenrechte getroffen wurden; hebt den 5+5-Dialog hervor, der die Maßnahmen der Union für den Mittelmeerraum ergänzt und Voraussetzung für die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen ist; hebt hervor, dass die fortbestehenden Mängel bei der Zusammenarbeit mit den Herkunfts-, Transit- und Zielländern ausländischer Kämpfer beseitigt werden müssen; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, ihre Ressourcen zu bündeln, bestehende Maßnahmen (Frontex, Eurosur) auszuweiten und ein europäisches System für Fluggastdatensätze einzuführen, um die Kontrollen an den EU-Außengrenzen zu verbessern; hebt hervor, dass die aktive Zusammenarbeit der Außen- und Innenminister, insbesondere in Bezug auf die justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit und den Austausch von Informationen, verstärkt werden sollte;

16.

hebt hervor, dass für den Konflikt in Syrien dringend eine politische Lösung gefunden werden muss; ist nach wie vor der Ansicht, dass die Voraussetzung für das Zustandekommen einer tragfähigen Lösung unter Wahrung der Einheit, der Souveränität und der territorialen Integrität des Landes in einem inklusiven politischen Prozess unter der Führung Syriens besteht, in dessen Rahmen gestützt auf das Genfer Kommuniqué vom 30. Juni 2012 und im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ein Übergang vollzogen wird; begrüßt die Bemühungen der Nationalen Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte, ihren Kreis — unter anderem durch die unlängst erfolgte Einbeziehung des Nationalen Koordinierungsausschusses — um weitere Mitglieder zu erweitern und andere Oppositionsgruppen einzubinden, um die Vorstellung der Opposition vom politischen Übergang zu formulieren; unterstützt das Engagement des Sondergesandten der Vereinten Nationen, Staffan de Mistura, für eine Beendigung der bewaffneten Konflikte und die Wiederaufnahme des politischen Dialogs; hebt hervor, dass die demokratische syrische Opposition geschützt und unterstützt werden muss; weist nochmals darauf hin, dass die Schuldigen in allen Fällen zur Verantwortung gezogen werden müssen, in denen das Assad-Regime im Verlauf des Konflikts Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und schwere Menschenrechtsverletzungen verübt hat;

17.

fordert, dass bei Initiativen zur Einstellung der Kampfhandlungen in Syrien die Bestimmungen des humanitären Völkerrechts und die internationalen Menschenrechtsnormen — letztere gelten sowohl in Kriegs- als auch in Friedenszeiten — sowie die Bestimmungen des internationalen Strafrechts berücksichtigt werden; fordert die Europäische Union auf, das Assad-Regime stärker unter Druck zu setzen, um es zur Einhaltung der Resolutionen 2139 (2014), 2165 (2014) und 2191 (2014) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu bewegen, ihre Bemühungen bei der Bereitstellung humanitärer Hilfe, auch in den von der gemäßigten Opposition kontrollierten Gebieten, zu verstärken und die syrische Opposition beim Aufbau von Kapazitäten zu unterstützen; begrüßt die auf der „Kuwait III“-Konferenz vereinbarten Zusagen, und fordert die EU und andere internationale Geber auf, ihren finanziellen Verpflichtungen bezüglich der Krise in Syrien nachzukommen; unterstützt die Empfehlung der Kommission, den Wiederaufbau von Verwaltung und öffentlichen Diensten in den zerstörten Regionen Syriens zu fördern, und fordert nachdrücklich Unterstützung für den Wiederaufbau der Stadt Kobane;

18.

ist zutiefst darüber besorgt, dass sich die humanitäre Lage in Syrien seit nunmehr vier Jahren zunehmend verschlechtert; stellt fest, dass sich der Zugang zu humanitärer Hilfe durch die vorsätzliche Behinderung der Hilfsmaßnahmen verschlechtert hat, weist darauf hin, dass dieser Zustand umgehend beendet werden muss; nimmt mit großer Besorgnis zur Kenntnis, dass die Zahl der Menschen, die in von Hilfsorganisationen nur schwer oder überhaupt nicht erreichbaren Gebieten leben, in den vergangenen zwei Jahren fast auf das Doppelte gestiegen ist;

19.

weist darauf hin, dass es in den Kriegsgebieten vor allem in Syrien, im Irak und in den vom IS kotrollierten Gebieten nachweislich zu Vergewaltigungen von Frauen und Mädchen kommt; fordert nachdrücklich, dass die weiblichen Opfer von Vergewaltigungen im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten die notwendige gynäkologische Versorgung und Betreuung erhalten und beispielsweise in von der EU finanzierten humanitären Einrichtungen Abtreibungen vornehmen lassen können, da dies dem humanitären Völkerrecht, den Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und Artikel 3 der Genfer Konvention entspricht, wonach Verwundeten und Kranken unterschiedslos Zugang zu der notwendigen medizinischen Versorgung zu garantieren ist;

20.

hebt hervor, dass die irakische Regierung die Beteiligung an der politischen Verantwortung, an der Macht und an den Erdöleinnahmen dahingehend verbessern muss, dass alle religiösen und ethnischen Gruppen, insbesondere die sunnitischen Minderheiten, berücksichtigt werden; fordert, dass diese Teilhabe zu einer zentralen Bedingung für die Durchführung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und dem Irak erklärt wird; fordert die irakische Regierung auf, ethnischen und religiösen Minderheiten unverzüglich Schutz zu bieten, zu verhindern, dass schiitische Milizen gewaltsam gegen sunnitische Minderheiten vorgehen, und Menschen auf der Flucht vor dem Terror des ISIS sichere Zuflucht zu gewähren und grundlegende Hilfe zu leisten; fordert nachdrücklich, dass die Vereinbarung zwischen der irakischen Regierung und der Kurdischen Regionalregierung im Irak vollständig umgesetzt wird, und fordert den Irak auf, die Mittelzuweisungen einzuhalten, die der Kurdischen Regionalregierung im Irak verfassungsmäßig garantiert wurden; hebt hervor, dass die Zusammenarbeit zwischen Bagdad und Erbil im Interesse der Sicherheit und des wirtschaftlichen Wohlstands des Irak und der Region wichtig ist und weiter ausgebaut werden sollte; fordert die EU auf, die irakische Regierung — vor allem im Hinblick auf die Herausforderungen, die sich durch die gesellschaftliche und wirtschaftliche Krise und im Zusammenhang mit dem unzureichenden Schutz der Menschenrechte stellen — beim Aufbau politischer, administrativer und militärischer Kapazitäten zu unterstützen;

21.

ist davon überzeugt, dass sich dauerhafte Sicherheit in den Regionen, die bereits aus den Händen der ISIS oder anderer terroristischer Gruppen befreit wurden, nur erreichen lässt, indem diese Gebiete weiter stabilisiert werden; weist darauf hin, dass dies mit der Bereitstellung von humanitärer Hilfe, Minenräumungsprogrammen und Kontrolle erreicht werden kann;

22.

verurteilt den Anschlag vom 18. März 2015 auf das Bardo-Museum in Tunis, zu dem sich der Islamische Staat bekannt hat, aufs Schärfste; ist besorgt über die Rekrutierungskapazitäten terroristischer Netze in dem Land, da es von einer Regierung der nationalen Einheit geführt wird, an der auch die gemäßigte islamische Nahda-Partei beteiligt ist; ist darüber hinaus besorgt über die Durchlässigkeit der tunesischen Grenze zu Libyen, über die vor allem Drogen und Waffen geschmuggelt werden, und begrüßt die jüngsten Bemühungen Tunesiens und der EU sowie ihrer Mitgliedstaaten um eine Zusammenarbeit in diesem Bereich; ist weiterhin besorgt über den massiven Zustrom libyscher Flüchtlinge nach Tunesien, der für die Stabilität des Landes eine große Belastungsprobe darstellt, und begrüßt, dass Tunesien, das bereits über eine Million libyscher Flüchtlinge aufgenommen hat, weiter Flüchtlinge aufnimmt; hebt hervor, dass die EU und Tunesien ihre Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen — insbesondere durch die Einführung gemeinsamer Sicherheitsprogramme — weiter fortsetzen und verstärken müssen; ist der Ansicht, dass die Anliegen Tunesiens dringend stärker unterstützt werden müssen, indem in Bezug auf Wirtschaft und Investitionen konkrete Verpflichtungen eingegangen werden, mit denen der fragile demokratische Übergangsprozess unterstützt wird, da es im Interesse der gesamten Region und der EU liegt, dem tunesischen Experiment zum Erfolg zu verhelfen; fordert die Kommission dringend auf, die Bedeutung der Demokratisierung herauszuheben und im Nachgang der arabischen Aufstände ein Zeichen zu setzen, indem sie in Tunis ein Gipfeltreffen zwischen der EU und den MENA-Ländern organisiert;

23.

äußert seine tiefe Besorgnis über die Verschlechterung der Sicherheitslage und der humanitären Lage in Libyen; ist zutiefst besorgt darüber, dass sich in dem Land weiter terroristische Gruppen, vor allem der IS, ausbreiten, die das politische Vakuum und die Eskalation der Gewalt ausnutzen; hebt hervor, dass dringend Maßnahmen zur Bekämpfung und Zerschlagung der terroristischen Organisationen getroffen werden müssen, die auf dem Hoheitsgebiet Libyens an Einfluss gewonnen haben; ist alarmiert über die besonders ernste Lage im Süden des Landes, der vom organisierten Verbrechen und von bewaffneten Verbänden als Umschlagplatz genutzt wird; hebt hervor, dass es die territoriale Integrität und die nationale Einheit Libyens zu wahren gilt und dies nur mit einer Politik erreicht werden kann, die auf die Einbeziehung aller einschlägigen Akteure baut; bekräftigt seine Unterstützung für die Gespräche, die der Sonderbeauftragte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Bernardino Léon unter der Ägide der VN führt, damit auf dem Verhandlungsweg eine Lösung zustande kommt, die zur Bildung einer libyschen Einheitsregierung führt; begrüßt den Einsatz Algeriens und Marokkos zur Stärkung des innerlibyschen Dialogs; hebt hervor, dass die EU bereits ihre Bereitschaft erklärt hat, im Einklang mit der Resolution 2174 (2014) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen restriktive Maßnahmen gegen all jene zu verhängen, die den Dialog stören; hebt hervor, dass die EU dazu bereit sein sollte, den Institutionen in Libyen Unterstützung zu leisten, sobald eine politische Lösung und eine Waffenruhe erreicht wurde; betont, dass die EU die Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration sowie die Reformierung des Sicherheitssektors in Libyen unterstützen sollte, sobald eine Einheitsregierung eingesetzt wurde, die ein entsprechendes Ersuchen an die EU richtet; warnt jedoch davor, dass die EU im Fall eines Stillstands der politischen Verhandlungen und einer Zuspitzung des bewaffneten Konflikts dazu bereit sein muss, sich an Friedenssicherungseinsätzen im Auftrag des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu beteiligen;

24.

äußert seine Besorgnis über die Verschlechterung der Sicherheitslage im Jemen; hebt hervor, dass sich die politische Krise zu einer Sicherheitskrise und humanitären Krise ausgeweitet hat, die die gesamte Arabische Halbinsel und darüber hinaus alle MENA-Staaten destabilisiert; unterstützt die Vereinten Nationen in ihren Bemühungen um die Wiederaufnahme der Verhandlungen; hebt hervor, dass eine dauerhafte Lösung der aktuellen Krise und die Wahrung der Einheit und der territorialen Integrität des Landes nur erreichbar sind, wenn in einem angstfreien Klima durch friedliche Verhandlungen der wichtigsten politischen Interessengruppen ein breiter politischer Konsens erzielt wird; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, praktische Maßnahmen zur Unterstützung der Zivilbevölkerung zu treffen und der Krise ein Ende zu setzen;

25.

verurteilt die Angriffe auf zivile Infrastruktur und die Zivilbevölkerung im Jemen aufs Schärfste; weist darauf hin, dass diese Angriffe viele Opfer gefordert und zu einer massiven Verschlechterung der ohnehin beklagenswerten humanitären Lage geführt haben; fordert die EU auf, zusammen mit internationalen und regionalen Akteuren einen sofortigen Waffenstillstand auszuhandeln und der Gewalt gegen Zivilisten ein Ende zu setzen; fordert, dass in Abstimmung mit anderen internationalen Gebern weitere Mittel bereitgestellt werden, damit eine humanitäre Krise verhindert und Hilfebedürftigen die nötige Grundversorgung angeboten werden kann;

26.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Problematik, dass junge Menschen die EU verlassen, um in Syrien und im Irak in den Reihen des IS und anderer terroristischer Organisationen zu kämpfen, gemeinsam mit den Ländern in der MENA-Region in strukturierter Weise anzugehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Einklang mit der Resolution 2170 (2014) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen geeignete Maßnahmen zu treffen, damit Kämpfer an der Ausreise gehindert werden, und für die Sicherheitsdienste und EU-Agenturen eine gemeinsame Strategie zur Überwachung und Kontrolle von Dschihadisten aufzustellen; fordert, dass in der EU und auf internationaler Ebene zusammengearbeitet wird, um gegen Personen, die im Verdacht stehen, an terroristischen Anschlägen beteiligt zu sein, angemessene rechtliche Schritte einzuleiten sowie weitere Präventivmaßnahmen zur Aufdeckung und Abwehr von Radikalisierungstendenzen zu treffen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit den anderen Mitgliedstaaten und den EU-Organen zu verstärken;

27.

hebt hervor, dass die ägyptische Regierung bei der Terrorismusbekämpfung die grundlegenden Menschenrechte und die politischen Grundfreiheiten einhalten, die Praxis der systematischen Festnahme friedlicher Demonstranten und Aktivisten aufgeben und das Recht auf ein faires Verfahren wahren muss; spricht sich für ein Verbot der Todesstrafe aus, das auch die unlängst verurteilten Mitglieder politischer und sozialer Organisationen retten könnte;

28.

begrüßt die vorläufige Vereinbarung zwischen Ägypten, dem Sudan und Äthiopien über die Verteilung des Nilwassers vom 23. März 2015; hebt hervor, dass Vereinbarungen über die Nutzung des Nilwassers für die Sicherheit der beteiligten Länder von grundlegender Bedeutung sind; hebt hervor, dass die EU bereit sein sollte, weitere Gespräche zwischen den Parteien voranzubringen, wenn dies den Verhandlungen dienen könnte;

Stärkung der allgemeinen Strategie für Demokratie und Menschenrechte

29.

ist der Ansicht, dass eine der Hauptursachen der politischen Instabilität in der Region darin besteht, dass es an Demokratie fehlt, und dass die Länder der MENA-Region chronische Instabilität langfristig am besten verhindern können, indem sie die Menschenrechte und die Grundätze der Demokratie achten; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die MENA-Region nicht nur unter dem Gesichtspunkt kurzfristiger Sicherheitsbedrohungen zu betrachten, sondern mit Blick auf die demokratischen Ziele der Gesellschaften in der Region tatkräftige, solide Unterstützung zu leisten; hebt hervor, dass im Rahmen eines ganzheitlichen, ambitionierten Demokratiekonzepts ausgewogene Maßnahmen getroffen werden müssen, mit denen die Sicherheitspolitik an die Frage der Menschenrechte gekoppelt wird, da letztere zu den Prioritäten der EU gehören; hebt hervor, dass die EU die langfristige Stabilität in der MENA-Region stärken muss, indem sie die Zivilgesellschaft — vor allem über das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte und die Fazilität zur Förderung der Zivilgesellschaft im Rahmen der Nachbarschaftspolitik, aber auch durch neue Instrumente zur Förderung der Demokratie, wie den Europäischer Demokratiefonds — weiter unterstützt; fordert die Mitgliedstaaten auf, für den Demokratiefonds im Geist der Solidarität und der Unterstützung ausreichende Mittel bereitzustellen, damit die Akteure vor Ort und der demokratische Wandel in der Region möglichst flexibel und wirksam unterstützt werden können; fordert den EAD auf, sich deutlich stärker für die Verbreitung und Vermittlung der europäischen Werte einzusetzen und dazu insbesondere seine regelmäßigen Treffen mit Regierungen und Vertretern der Zivilgesellschaft zu nutzen;

30.

begrüßt die breit angelegten Konsultationen über die Überarbeitung der ENP, die von der HR/VP und der Kommission angestoßen wurden; fordert die Kommission, den EAD, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, für die ENP eine wirksamere und innovativere politische und strategische Dimension zu entwickeln; begrüßt das Treffen zwischen den Außenministern der EU und der Länder des südlichen Mittelmeerraums; weist darauf hin, dass das letzte derartige Außenministertreffen vor sieben Jahren stattgefunden hat; vertritt die Auffassung, dass die Minister jährlich zusammenkommen sollten; fordert den EAD und die Kommission auf, auch weiterhin auf demokratische Reformen in der MENA-Region hinzuwirken und demokratische Akteure in der MENA-Region, insbesondere in den EU-Nachbarländern, zu unterstützen; hebt hervor, dass die derzeitige Mittelverteilung zur Finanzierung der ENP beibehalten werden muss; weist darauf hin, dass die Unterstützung bei Ländern, die — wie vor allem Tunesien — bei der Umsetzung von Reformen und der Einhaltung der europäischen politischen Normen Fortschritte verzeichnen, deutlich aufgestockt werden sollte, wobei es vor allem auch die Rechte der Frau zu fördern gilt;

31.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, ein Sonderprogramm zur Unterstützung und Rehabilitierung von Frauen und Mädchen einzurichten, die in den Konfliktgebieten in der MENA-Region und insbesondere in Syrien und im Irak Opfer von sexueller Gewalt und Sklaverei wurden; fordert die Regierungen der Länder der MENA-Region, die Vereinten Nationen, die EU und die betreffenden nichtstaatlichen Organisationen auf, der besonderen Gefährdung weiblicher Flüchtlinge — vor allem, wenn sie von ihren Angehörigen getrennt sind — Rechnung zu tragen, sie angemessen zu schützen und sich stärker für die Unterstützung von Überlebenden sexueller Gewalt einzusetzen sowie sozialpolitische Maßnahmen zu treffen, die diesen Menschen die Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglichen; fordert die an den bewaffneten Konflikten beteiligten Parteien auf, die Bestimmungen der Resolution 1325 (2000) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen einzuhalten, Maßnahmen zu treffen, um Frauen und Mädchen insbesondere vor sexuellem Missbrauch, Menschenschmuggel und -handel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung zu schützen und der Straffreiheit der Täter ein Ende zu setzen; fordert die Regierungen der Länder der MENA-Region nachdrücklich dazu auf, das Übereinkommen von Istanbul zu unterzeichnen und zu ratifizieren, da es eine starke Handhabe bietet, um der Gewalt gegen Frauen und Mädchen, einschließlich häuslicher Gewalt und der Geschlechtsverstümmelung bei Frauen, umfassend zu begegnen;

32.

hebt hervor, dass Verhandlungen über Assoziierungsabkommen auch dazu genutzt werden können, um Reformen voranzutreiben; hebt hervor, dass alle Dimensionen in einen Zusammenhang gebracht werden sollten, damit die EU ihre Beziehungen umfassender und einheitlicher vertiefen kann; hebt hervor, dass für die Partner reelle und greifbare Anreize in die Abkommen aufgenommen werden müssen, damit sich der Reformkurs für die Zivilbevölkerung attraktiver und wirkungsvoller gestaltet und besser abzeichnet;

33.

hebt hervor, dass die EU und die MENA-Länder die Zusammenarbeit auf der Grundlage gegenseitig anerkannter, an den gemeinsamen Interessen ausgerichteter Zielsetzungen verstärken müssen; weist darauf hin, dass es von Vorteil ist, die EU-Hilfe für die MENA-Länder mit den Hilfeleistungen anderer internationaler Geber abzustimmen; fordert die Kommission auf, Vorschläge für eine bessere diesbezügliche Abstimmung vorzulegen, und hebt hervor, dass Soforthilfen auf die langfristige Entwicklungshilfe abgestimmt werden müssen;

34.

ist der festen Überzeugung, dass die Entstehung von Demokratie und effektiven Verwaltungsstrukturen auf der lokalen Ebene für die Stabilisierung der MENA-Länder entscheidend ist, und fordert aus diesem Grund eine Institutionalisierung der Vereinigungen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den MENA-Ländern sowie den Aufbau entsprechender Kapazitäten;

35.

verurteilt die anhaltende Verletzung des Rechts auf Religions- und Glaubensfreiheit in der Region, und verdeutlicht nochmals, welchen Stellenwert diese Frage für die EU hat; erklärt noch einmal, dass die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit ein grundlegendes Menschenrecht ist; hebt aus diesem Grund hervor, dass wirksam gegen alle Formen der Diskriminierung religiöser Minderheiten vorgegangen werden muss; fordert die Regierungen der MENA-Länder auf, den religiösen Pluralismus zu verteidigen; fordert die Europäische Union auf, ihr Engagement für den aktiven Schutz religiöser Minderheiten und die Schaffung entsprechender Schutzzonen zu verstärken; begrüßt, dass die EU im Berichtsjahr 2013 Leitlinien zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Glaubensfreiheit angenommen hat, und fordert die EU-Organe und die Mitgliedstaaten auf, der Umsetzung dieser Leitlinien im Rahmen internationaler und regionaler Foren sowie der bilateralen Beziehungen mit Drittstaaten besondere Aufmerksamkeit zu widmen; fordert die VP/HR und den EAD auf, mit nichtstaatlichen Organisationen, religiösen Gruppen oder Glaubensgemeinschaften und religiösen Führern in einen ständigen Dialog zu treten;

36.

ist davon überzeugt, dass die kulturelle Zusammenarbeit und Kulturdiplomatie sowie die akademische Zusammenarbeit und der religiöse Dialog für die Bekämpfung des Terrorismus und aller Formen der Radikalisierung eine entscheidende Rolle spielen; hebt hervor, dass sowohl in Europa als auch in der MENA-Region Bildung und die Erziehung von Menschen zu kritisch denkenden Wesen ebenfalls als Bollwerk gegen Radikalisierungstendenzen dient, und fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten deshalb auf, die in diesem Bereich nötigen Investitionen zu unterstützen; betont, dass es den kulturellen und den akademischen Austausch, auch mit Vertretern des Islam in den MENA-Ländern sowie mit den islamischen Gemeinden Europas, unbedingt zu fördern gilt; fordert die Partnerstaaten auf, sich an den Kulturprogrammen der EU zu beteiligen; fordert die Kommission auf, den Vorschlag des Europäischen Parlaments aufzugreifen und ein von Erasmus+ abgegrenztes, gesondertes, ehrgeiziges Erasmus-Programm für Europa und den Mittelmeerraum zu schaffen; fordert die Kommission auf, den für den südlichen Mittelmeerraum aufgestellten Erasmus+-Programmen in unmittelbarer Zukunft besondere Aufmerksamkeit zu widmen; spricht sich dafür aus, dass Austauschprogramme auch Teilnehmern aus MENA-Ländern, die nicht Teil der ENP sind, offen stehen sollten;

37.

hebt hervor, dass die Mitgliedstaaten eine wirksame gemeinsame europäische Strategie gegen dschihadistische Propaganda und Radikalisierungstendenzen im eigenen Land aufstellen müssen, wobei sie auf digitale Hilfsmittel, das Internet und soziale Netzwerke zurückgreifen, die lokalen Behörden in Europa einbeziehen und mit jenen Gemeinschaften europäischer Bürger zusammenarbeiten sollten, die einen starken kulturellen Bezug zu den MENA-Ländern haben; ist der Ansicht, dass diese Gegenstrategie bei der Förderung jener gemeinsamen Werte, die auf der universellen Gültigkeit der Menschenrechte beruhen, ansetzen und darauf ausgerichtet sein sollte, die Vorstellung von Konflikten zwischen Religionen oder Zivilisationen in Misskredit zu bringen; fordert im Interesse einer besseren Kommunikation, dass beim EAD Mitarbeiter eingestellt werden, die die Sprachen der MENA-Region beherrschen; hebt hervor, dass mit konkreten Beispielen für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den MENA-Ländern und deren Zusammenarbeit eine entsprechende positive Botschaft gesendet werden muss; hebt hervor, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten daran arbeiten müssen, dass sie in der Region stärker wahrgenommen werden;

38.

weist darauf hin, dass die ENP Möglichkeiten für den kulturellen und interreligiösen Dialog bietet; hebt hervor, dass zwischen dem Austausch und der Zusammenarbeit zwischen EU und ENP-Ländern im Kultur- und Bildungsbereich einerseits und dem Aufbau und der Stärkung einer offenen Zivilgesellschaft, demokratischer, rechtsstaatlicher Strukturen und der Durchsetzung von Grundfreiheiten und Menschenrechten ein Zusammenhang besteht;

39.

hebt hervor, dass mit den Zivilgesellschaften der MENA-Länder ein direkter Dialog aufgenommen werden muss, damit die Erwartungen der Länder besser verstanden werden; befürwortet ausdrücklich Konsultationen mit Organisationen der Zivilgesellschaft und der jüngeren Generation im Rahmen der ENP und spricht sich für die verstärkte Gründung von solchen Organisationen aus; hebt besonders hervor, dass junge Menschen dieser Länder in einen auf ehrlicher, direkter und gleichberechtigter Mitsprache basierenden Dialog einbezogen werden müssen; weist darauf hin, dass Wahlbeobachtermissionen eine wichtige Rolle spielen, und fordert das Europäische Parlament und den EAD auf, solche Missionen auf Einladung der jeweiligen Regierung in alle Länder der Region zu entsenden, wenn Aussicht auf wirkliche demokratische Wahlen besteht, damit diese Missionen nicht zur Legitimierung manipulierter Wahlen missbraucht werden können; fordert, dass im Anschluss regelmäßig überprüft wird, ob die von den Missionen unterbreiteten Empfehlungen befolgt werden;

40.

weist darauf hin, dass herausgestellt werden muss, welche zentrale Rolle die Union für den Mittelmeerraum spielt, da diese Union ein einzigartiges Forum für den Dialog über die Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und allen Ländern des Mittelmeerraums bietet und im Rahmen einer tragfähigen sozioökonomischen Entwicklung zur Triebkraft für Investitionen werden muss; hebt hervor, dass die Union selbst in der Lage sein sollte, die Mittel zu beschaffen, die für diese Projekte erforderlich sind; ist der Ansicht, dass die Ministertreffen in die richtige Richtung gehen; fordert, dass die dort vereinbarten Programme und Maßnahmen, auch gemeinsame Wahlbeobachtungsmissionen und gemeinsame Bewertungsmissionen, stärkere Verbreitung finden und die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union verstärkt wird; weist nochmals darauf hin, dass die Parlamentarische Versammlung Europa-Mittelmeer wieder mit Leben erfüllt werden muss und die damit verbundenen politischen Ambitionen wieder aufgegriffen werden müssen, damit die Probleme, die im Hinblick auf die Sicherheitslage und die Stabilität des Mittelmeerraums bestehen, in einer Weise gelöst werden können, die für beide Seiten wirklich akzeptabel ist;

41.

äußert seine tiefe Besorgnis über die Menschenrechtsverletzungen, die sich in den von Konflikten betroffenen MENA-Ländern vor allem gegen gefährdete Gruppen richten; ist der Auffassung, dass Kinder eine besonders gefährdete Bevölkerungsgruppe sind; weist deshalb nochmals darauf hin, dass das Engagement für die Verwirklichung der überarbeiteten Strategie zur Umsetzung der EU-Leitlinien zum Thema Kinder und bewaffnete Konflikte verstärkt werden muss; bestärkt die EU darin, ihre Zusammenarbeit mit der Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für Kinder und bewaffnete Konflikte weiter zu vertiefen und die damit verbundenen Aktionspläne sowie Überwachungs- und Meldevorgänge zu unterstützen;

Stärkung der Zusammenarbeit für wirtschaftliche Entwicklung

42.

stellt fest, dass die MENA-Region besonders von Armut und Ungleichheiten betroffen ist; ist davon überzeugt, dass wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in Kombination mit mehr Demokratie und Gerechtigkeit die Grundlage für mehr politische Stabilität ist; ist besorgt über die Lage junger Menschen; ist der Ansicht, dass junge Menschen ein Anrecht auf annehmbare Zukunftsperspektiven haben; hebt hervor, dass die Bekämpfung der Korruption in den MENA-Ländern nicht nur eine grundlegende Voraussetzung dafür ist, dass europäische Investoren angezogen werden und eine tragfähige wirtschaftliche Entwicklung angestoßen wird, sondern auch die Voraussetzung für die Bewältigung von Sicherheitsproblemen ist; verweist auf das Beziehungsgefüge, das zwischen Transparenz, Rechtsstaatlichkeit und Terrorismusbekämpfung besteht, und den Umstand, dass diese Bereiche zusammen behandelt werden müssen; fordert den EAD, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Zusammenarbeit im Bereich der Korruptionsbekämpfung in den MENA-Ländern zu vertiefen, da es sich dabei um eine Priorität der Terrorismusbekämpfung handeln sollte;

43.

vertritt die Auffassung, dass der strategische Dialog zwischen der EU und den MENA-Ländern stärker auf das Ziel einer tragfähigen wirtschaftlichen Entwicklung ausgerichtet werden sollte, um die Länder bei der Beseitigung der Ungleichheiten und der Schaffung von Beschäftigungs- und Bildungsmöglichkeiten vor allem für junge Menschen zu unterstützen; hebt hervor, dass den MENA-Ländern der Zugang zum EU-Binnenmarkt erleichtert werden muss, ohne auf den nötigen Schutz zu verzichten; hebt hervor, dass in den MENA-Ländern — im Hinblick auf die strategisch wichtigen Zielsetzungen einer tragfähigen Entwicklung und demokratischer Rechenschaftspflicht — europäische Investitionen, auch in Energie- und Infrastrukturprojekte, gefördert werden müssen;

44.

weist darauf hin, dass 2015 das Europäische Jahr für Entwicklung ist, dessen Zielsetzung darin besteht, mehr Europäer dafür zu gewinnen, sich für die Beseitigung der Armut in der Welt zu engagieren; weist ferner darauf hin, dass sich diese Zielsetzung mit den Plänen der internationalen Gemeinschaft deckt, ein Paket mit Zielen für die nachhaltige Entwicklung zu vereinbaren; fordert die Behörden auf allen Ebenen in den MENA-Ländern auf, die Verwirklichung dieser Ziele zur Priorität zu erklären;

45.

hebt hervor, dass eine Vertiefung des Dialogs über Energiepolitik im Mittelmeerraum zu einer Intensivierung der Zusammenarbeit, zur Förderung der Stabilität in der Region und zum Umweltschutz beitragen könnte; empfiehlt aus diesem Grund, dass die EU in der MENA-Region eine stärkere Energiediplomatie verfolgt, wie dies im Zusammenhang mit der Energieunion vorgesehen ist; hebt hervor, dass Energielieferungen an die südlichen Nachbarländer der EU sowohl von strategischer als auch von wirtschaftlicher Bedeutung sind; begrüßt die Einrichtung der Plattform Erdgas Europa-Mittelmeer und bekräftigt, dass im Bereich Erdgas und Strom auf den Bau weiterer Verbindungsleitungen zwischen Europa und dem Mittelmeer hingewirkt werden muss;

46.

spricht sich dafür aus, die Hoch- und Berufsschulbildung finanziell zu fördern, damit in den MENA-Ländern ein großer Fachkräftepool entsteht; stellt fest, dass das EU-Programm der Mobilitätspartnerschaften im Rahmen der Berufsschulbildung mit flexiblen, anpassbaren Modulen, wie der Mobilitätspartnerschaften, möglichst auf alle MENA-Länder ausgedehnt werden sollte;

47.

fordert die EU auf, ihr Engagement in allen Phasen der wirtschaftlichen Entwicklung der Staaten in der Region unter Beweis zu stellen und zur Unterstützung der Länder alle dazu bereitstehenden Instrumente zu nutzen; weist darauf hin, dass die Palette der Instrumente von humanitärer Hilfe bis zu umfassenden, tiefgehenden Freihandelsabkommen reicht und die Voraussetzungen dafür bietet, einen Prozess zu begleiten, der sich von der Überwindung der Krise bis zur Schaffung stabiler Institutionen erstreckt;

48.

bedauert, dass die Wartezeit bei der Bewilligung von Makrofinanzhilfen für Länder in einer finanziell besonders prekären Lage mindestens ein Jahr beträgt; fordert die EU mit Nachdruck auf, die Fördermittel umgehend zu mobilisieren bzw. umzuschichten; fordert mit Nachdruck, dass in den Verfahren zur Beantragung von EU-Beihilfen eine neue Dimension vorgesehen wird– sowohl für Beihilfen, die über außenpolitische Finanzierungsinstrumente der EU bereitgestellt werden, als auch für die Ebene der Makrofinanzhilfen; hebt im Zusammenhang mit der Makrofinanzhilfe hervor, dass die EU die Folgen — sowohl in sozioökonomischer Hinsicht als auch mit Blick auf die Lage der Menschenrechte — der vom begünstigten Land beantragten Maßnahmen entsprechend bewerten muss, damit sichergestellt ist, dass die Unterstützung keine Destabilisierung bewirkt, weil dadurch beispielsweise Dienste sozialer Einrichtungen in Mitleidenschaft gezogen werden; fordert die arabischen Geber auf, die im Rahmen der Arabischen Liga oder des Golf-Kooperationsrats gewährten Hilfeleistungen möglichst weitgehend mit der EU abzustimmen;

49.

fordert die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) auf, ihre Investitionsstrategien im Interesse von Synergieeffekten mit der Union für den Mittelmeerraum abzustimmen;

50.

fordert die EU auf, Partnerschaften auch mit jenen Staaten in der Region auszubauen, die nicht zu ihren direkten Nachbarländern gehören; befürwortet den Abschluss eines Abkommens über die Einrichtung einer Freihandelszone EU-Golf-Kooperationsrat — sofern es gelingt, ein für beide Seiten vorteilhaftes Abkommen auszuhandeln, mit dem die EU ihre Präsenz verstärken und ihren Aktionsradius in der Region — vor allem durch die Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein neues, gemeinsames Aktionsprogramm — vergrößern kann; weist darauf hin, dass am 1. Juli 2014 ein solches Abkommen zwischen dem Golf-Kooperationsrat und den EFTA-Staaten in Kraft getreten ist;

51.

fordert die EU auf, mit einigen Ländern der Region im Einklang mit den Zusagen, die die Europäische Union im Anschluss an die Partnerschaft von Deauville getroffen hat, Gespräche über die Aufnahme von Verhandlungen über umfassende und tiefgehende Freihandelsabkommen auf den Weg zu bringen; weist nochmals darauf hin, dass die Ausweitung der Handelsbeziehungen Teil der EU-Außenpolitik ist und zur Verwirklichung der Ziele Frieden, Wohlstand und Stabilität beiträgt;

52.

hebt hervor, dass die regionale Integration der MENA-Länder eine Stärkung der politischen Beziehungen bewirken und Handel und Entwicklung fördern würde; fordert die MENA-Länder auf, ihre Volkswirtschaften und Einfuhrquellen zu diversifizieren; stellt fest, dass die große Mehrheit der MENA-Länder Handelsbeziehungen zu Ländern außerhalb der MENA-Region unterhält; bedauert, dass sich die EU zurzeit in Bezug auf die Union des Arabischen Maghreb an einem toten Punkt befindet; fordert die EU auf, auf der diplomatischen, politischen und finanziellen Ebene alles zu unternehmen, um die regionale Integration der Maghrebstaaten im Rahmen der Union des Arabischen Maghreb oder des geographisch weiter ausgelegten Abkommens von Agadir voranzutreiben;

53.

begrüßt, dass der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ die Investitionsinitiative für das südliche Mittelmeer (AMICI) unterstützt; unterstreicht die Bedeutung von Initiativen zur Förderung einer einheitlicheren und effizienteren EU-Außenpolitik;

54.

spricht sich dafür aus, die Zusammenarbeit im Bereich Verkehr zu vertiefen und dabei — im Interesse des Waren- und Personenverkehrs — auch die Infrastrukturnetze der Europäischen Union und der Partnerländer stärker zu verknüpfen;

o

o o

55.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Ausschuss der Regionen der Europäischen Union, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Arabischen Liga, dem Generalsekretär der Union für den Mittelmeerraum sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten der Union für den Mittelmeerraum zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0023.

(2)  ABl. C 247 E vom 17.8.2012, S. 1.

(3)  ABl. C 199 E vom 7.7.2012, S. 163.

(4)  ABl. C 168 E vom 14.6.2013, S. 26.

(5)  ABl. C 261 E vom 10.9.2013, S. 21.

(6)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0207.

(7)  Angenommene Texte, P8_TA(2014)0027.

(8)  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0010.

(9)  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0040.

(10)  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0077.

(11)  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0071.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/110


P8_TA(2015)0272

Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zur Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (2015/2002(INI))

(2017/C 265/13)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 2, Artikel 3 Absatz 5, Artikel 8 und Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union,

unter Hinweis auf das gemeinsame Konsultationspapier der Kommission und der Vizepräsidentin/Hohen Vertreterin vom 4. März 2015„Auf dem Weg zu einer neuen Europäischen Nachbarschaftspolitik“ (1),

unter Hinweis auf die gemeinsamen Mitteilungen der Kommission und der Vizepräsidentin/Hohen Vertreterin vom 8. März 2011„Eine Partnerschaft mit dem südlichen Mittelmeerraum für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand“ (COM(2011)0200) (2) und vom 25. Mai 2011„Eine neue Antwort auf eine Nachbarschaft im Wandel“ (COM(2011)0303) (3),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. März 2003 an den Rat und das Europäische Parlament „Größeres Europa — Nachbarschaft: Ein neuer Rahmen für die Beziehungen der EU zu ihren östlichen und südlichen Nachbarn“ (COM(2003)0104) (4),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 18. Februar 2008 zur Europäischen Nachbarschaftspolitik (5) und vom 20. April 2015 zur Prüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik,

unter Hinweis auf die vom Rat (Auswärtige Angelegenheiten) auf seiner Tagung vom 24. Juni 2013 angenommenen Leitlinien für die Förderung und den Schutz der Ausübung aller Menschenrechte durch lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle Personen (LGBTI),

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Europäischen Nachbarschaftspolitik, insbesondere die vom 20. November 2003 zu den Beziehungen der EU zu ihren östlichen und südlichen Nachbarn (6), vom 20. April 2004 zur neuen Nachbarschaftspolitik der EU angesichts eines größeren Europa (7), vom 19. Januar 2006 zur Europäischen Nachbarschaftspolitik (8), vom 15. November 2007 zur Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (9), vom 7. April 2011 zur Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik — östliche Dimension (10), vom 7. April 2011 zur Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik — südliche Dimension (11), vom 14. Dezember 2011 zur Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (12), vom 23. Oktober 2013 mit dem Titel „Europäische Nachbarschaftspolitik: für eine Vertiefung der Partnerschaft — Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu den Berichten für 2012“ (13) sowie vom 12. März 2014 zur Bewertung und Schwerpunktsetzung für die Beziehungen der EU zu Ländern der Östlichen Partnerschaft (14),

unter Hinweis auf die am 22. Mai 2015 auf dem Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft in Riga abgegebenen Erklärung,

unter Hinweis auf den Bericht der hochrangigen Reflexionsgruppe der Energiegemeinschaft mit dem Titel „An Energy Community for the Future“ (Eine Energiegemeinschaft für die Zukunft),

gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A8-0194/2015),

A.

in der Erwägung, dass die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) geschaffen wurde, um die Beziehungen zu vertiefen, die Zusammenarbeit zu verbessern und die Partnerschaften der EU mit den Nachbarländern zu stärken und damit einen gemeinsamen Raum der Stabilität, der Sicherheit und des Wohlstands im Sinne von Artikel 8 EUV zu schaffen; in der Erwägung, dass die Zielsetzung nach wie vor gilt;

B.

in der Erwägung, dass sich die Nachbarschaft derzeit aufgrund von zunehmenden langjährigen und neu entstehenden sicherheitspolitischen Herausforderungen im ständigen Wandel befindet und weniger stabil und erheblich unsicherer und mit einer tieferen Wirtschaftskrise konfrontiert ist als zu der Zeit, in der die ENP ins Leben gerufen wurde;

C.

in der Erwägung, dass die überprüfte Politik auf der gegenseitigen Rechenschaftspflicht und dem gemeinsamen Bekenntnis zu den Werten und Grundsätzen der EU, darunter Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und effiziente, rechenschaftspflichtige und transparente öffentliche Institutionen, beruhen sollte und dass diese Werte und Grundsätze im Hinblick auf Stabilität, Sicherheit und Wohlstand sowohl im Interesse unserer Nachbarländer als auch in unserem eigenem Interesse sind; in der Erwägung, dass die EU allen praktischen Schwierigkeiten und Herausforderungen zum Trotz unerschütterlich die Transformationsprozesse, die Demokratisierung, die Achtung der Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit in allen Ländern unterstützen muss;

D.

in der Erwägung, dass weite Teile der Nachbarschaft der EU weiterhin von bewaffneten oder schwelenden Konflikten und Krisen betroffen sind; in der Erwägung, dass die Partnerländer nach einer friedlichen Lösung für bestehende Konflikte suchen müssen; in der Erwägung, dass Konflikte einschließlich der schwelenden und anhaltenden Konflikten den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Wandel sowie die Zusammenarbeit, Stabilität und Sicherheit in der Region behindern; in der Erwägung, dass die EU eine aktivere Rolle bei der friedlichen Lösung von bestehenden Konflikten spielen sollte;

E.

in der Erwägung, dass diese Konflikte die Entwicklung einer echten und effektiven multilateralen Dimension der ENP untergraben; in der Erwägung, dass Frieden und Stabilität grundlegende Elemente der ENP sind; in der Erwägung, dass die Partnerländer diese Prinzipien achten müssen;

F.

in der Erwägung, dass die EU alle Formen von Menschenrechtsverletzungen einschließlich der Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Vergewaltigung, Sklaverei, Ehrenverbrechen, Zwangsheiraten, Kinderarbeit und Genitalverstümmelung von Frauen entschieden verurteilt;

G.

in der Erwägung, dass die Entwicklungen in der Region seit 2004 und insbesondere in den letzten Jahren gezeigt haben, dass die ENP nicht in der Lage ist, angemessen und schnell auf sich rapide ändernde und schwierige Bedingungen zu reagieren;

H.

in der Erwägung, dass die ENP weiterhin eine strategische Priorität der Außenpolitik der EU ist; in der Erwägung, dass die Überarbeitung der ENP mit dem Ziel durchgeführt werden muss, sie zu stärken, sowie im Geiste eines nachhaltigen Fortschritts hin zu einer umfassenden und effektiven Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU als Ganzes;

I.

in der Erwägung, dass die Kommission und der EAD zusammen mit dem Rat und dem Europäischen Parlament versucht haben, die ENP umzugestalten, um ihre Mängel zu beheben und sie an die geänderten nationalen und internationalen Gegebenheiten anzupassen, insbesondere nach dem Arabischen Frühling; in der Erwägung, dass sich dies in dem neuen Finanzierungsinstrument für die ENP für den Zeitraum 2014–2020, dem Europäischen Nachbarschaftsinstrument (ENI), zeigt; in der Erwägung, dass die derzeitigen Herausforderungen durch die Krise in der Ostukraine, die Besetzung der Krim und den Da’esh bei der Überarbeitung der ENP berücksichtigt werden sollten;

J.

in der Erwägung, dass Unsicherheit, Instabilität und ungünstige sozioökonomische Bedingungen in den Ländern der Europäischen Nachbarschaft negative Auswirkungen haben und zu einer Umkehrung demokratischer Trends der Vergangenheit führen können;

K.

in der Erwägung, dass seit der Einführung des neuen Ansatzes 2011 die politischen Entwicklungen in der Nachbarschaft verdeutlicht haben, dass die EU ihre Beziehungen zu ihren Nachbarn unter Berücksichtigung der verschiedenen externen und internen Gegebenheiten nochmals überdenken muss; in der Erwägung, dass sich die EU den neuen Herausforderungen in ihrer Nachbarschaft stellen und ihre Strategie anpassen muss, indem sie ihre Interessen und Prioritäten überprüft und ihre politischen Instrumente, Anreize und verfügbaren Ressourcen sowie ihre Attraktivität auf ihre Partner bewertet;

L.

in der Erwägung, dass bei der Überarbeitung der ENP 2011 erklärt wurde, dass sich der neue Ansatz auf gegenseitige Rechenschaftspflicht und ein gemeinsames Bekenntnis zu den universellen Werten der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit stützen muss;

M.

in der Erwägung, dass die EU eine aktivere Rolle bei der friedlichen Lösung bestehender Konflikte spielen sollte, insbesondere schwelender oder anhaltender Konflikte, die derzeit ein unüberwindliches Hindernis für die vollständige Entfaltung der ENP sowohl im Osten als auch im Süden darstellen und gutnachbarliche Beziehungen und die regionale Zusammenarbeit behindern;

N.

in der Erwägung, dass die ENP verschiedene „Nachbarschaften“ umfasst, zu denen Länder mit verschiedenen Interessen, Zielen und Potenzialen gehören;

O.

in der Erwägung, dass ein differenzierter Ansatz und eine maßgeschneiderte Politik notwendig sind, zumal die Europäische Nachbarschaft mittlerweile so stark fragmentiert wie nie zuvor ist und die Länder sich in vielerlei Hinsicht unterscheiden, etwa in ihren Ambitionen und Erwartungen gegenüber der EU, ihren Problemen und ihrem äußeren Umfeld; in der Erwägung, dass sich die bilateralen Beziehungen der EU zu den ENP-Ländern auf verschiedenen Entwicklungsstufen befinden; in der Erwägung, dass die wirksame Anwendung des Grundsatzes „mehr für mehr“ für die unterschiedliche Gestaltung der Beziehungen zu den Partnerländern von grundlegender Bedeutung ist und die Europäische Union Länder belohnen sollte, die ihre Zusammenarbeit mit der EU verstärken und Fortschritte bei der Umsetzung europäischer Werte erzielen, und zwar mittels finanzieller und anderer Anreize im Rahmen der ENP; in der Erwägung, dass die Nachbarländer der EU in der Lage sein sollten, ohne Druck von außen über ihre Zukunft zu bestimmen;

P.

in der Erwägung, dass die Fortschritte bei der Lösung von Konflikten und Kontroversen zwischen den ENP-Ländern als ein Kriterium betrachtet werden sollten, das in den jährlichen Fortschrittsberichten bewertet wird;

Q.

in der Erwägung, dass die Achtung der territorialen Integrität souveräner Staaten ein grundlegendes Prinzip der Beziehungen zwischen den Ländern in der europäischen Nachbarschaft ist und die Besetzung des Hoheitsgebiets eines Landes durch ein anderes nicht zulässig ist;

R.

in der Erwägung, dass die bis 2020 innerhalb des mehrjährigen Finanzrahmens zur Verfügung gestellten Ressourcen für die Maßnahmen der EU als „globaler Akteur“ lediglich 6 % des Gesamthaushalts betragen und alle damit verbundenen Programme einschließlich der Entwicklungs- und Kooperationshilfe abdecken;

S.

in der Erwägung, dass die ENP dazu beigetragen hat, dass die EU in ihrer Nachbarschaft mit nur einer Stimme spricht; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten der EU in der europäischen Nachbarschaftspolitik eine wichtige Rolle spielen und dafür ihre Anstrengungen bündeln und die Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit der EU erhöhen sollten, indem sie mit einer Stimme sprechen;

T.

in der Erwägung, dass das Konsultationsverfahren der Kommission und des EAD umfassend und inklusiv sein sollte, damit alle relevanten Interessenträger Gehör finden; in der Erwägung, dass herausgestellt werden sollte, dass die Teilnahme von Frauenrechts- und Gleichstellungsorganisationen an diesem Konsultationsverfahren zu fördern ist; in der Erwägung, dass Anstrengungen unternommen werden sollten, um die Sichtbarkeit der ENP und das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die ENP in den Partnerländern zu steigern;

U.

in der Erwägung, dass die Länder der Östlichen und der Südlichen Nachbarschaft der EU vor unterschiedlichen Problemen stehen, deren erfolgreiche Lösung eine ENP erfordert, die auf die besonderen Bedürfnisse und Herausforderungen einer jeden Region flexibel und anpassungsfähig reagiert;

1.

betont, dass die Überprüfung der ENP wichtig und notwendig ist und die Zeit dafür reif ist; weist darauf hin, dass die überarbeitete ENP der EU die Möglichkeit bieten sollte, auf die jeweilige Situation vor Ort rasch, flexibel und angemessen zu reagieren und gleichzeitig eine ambitionierte strategische Vision für den Ausbau sowohl der bilateralen als auch der multilateralen Beziehungen zu den Nachbarländern zu entwickeln, und zwar in Übereinstimmung mit ihrem Bekenntnis zur Förderung der zentralen Werte, die der ENP zugrunde liegen;

2.

betont, dass die ENP ein wesentlicher Bestandteil der EU-Außenpolitik ist und eine einheitliche Politik bleiben muss; ist der Auffassung, dass sie zum auswärtigen Handeln der EU gehört, dessen Potenzial in der einzigartigen Kapazität liegt, zahlreiche diplomatische, sicherheits- und verteidigungspolitische, wirtschaftliche, handels- und entwicklungspolitische sowie humanitäre Instrumente zu mobilisieren; hebt hervor, dass eine wirksame ENP der Schlüssel für die Stärkung der außenpolitischen Glaubwürdigkeit und der globalen Positionierung der EU ist und dass sich in der ENP die tatsächliche Führungsrolle der EU in der Nachbarschaft und in den Beziehungen zu ihren globalen Partnern zeigen muss;

3.

glaubt weiterhin an den Wert der ursprünglich genannten Ziele der ENP, die darin bestehen, einen auf den gemeinsamen Werten und Grundsätzen der EU beruhenden Raum des Wohlstands, der Stabilität, der Sicherheit und der guten Nachbarschaft zu schaffen, indem grundlegende Strukturreformen in den Nachbarländern, die in eigener Verantwortung und mit ihnen abgestimmt durchgeführt werden, unterstützt und Anreize dafür geschaffen werden, wodurch ein verstärkter Dialog mit der EU ermöglicht würde; betont daher die Notwendigkeit, aus Erfahrungen zu lernen, sich auf die Grundlagen zu besinnen und diese Ziele wieder ganz oben auf die Agenda zu setzen;

4.

betont die strategische Bedeutung der ENP als einer Politik, die zur Schaffung von vielschichtigen Beziehungen und einer starken Verflechtung zwischen der EU und ihren Partnern in ihrer Nachbarschaft beiträgt; hebt hervor, dass die zentrale Herausforderung der ENP darin besteht, greifbare und konkrete Verbesserungen für die Bürger der Partnerländer zu erreichen; ist der Auffassung, dass die ENP eine solidere, mehr auf politischen Grundsätzen beruhende und effektivere Politik werden sollte, unter anderem durch die Stärkung ihrer positiven Elemente, wie etwa eine stärkere Ausrichtung auf die Partnerschaft mit der Gesellschaft, eine Differenzierung und das Konzept „mehr für mehr“;

5.

betont, dass die Achtung der universellen und grundlegenden Werte der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie, der Freiheit, der Gleichheit und der Achtung der Menschenwürde, auf denen die EU basiert, weiterhin im Mittelpunkt der überarbeiteten Politik stehen muss, wie auch in Artikel 2 der Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Drittländern dargelegt; bekräftigt, dass die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit sowie die Förderung von Demokratie und Menschenrechten im Interesse der Partnerländer sind, und fordert, dass die Achtung dieser grundlegenden Werte stärker zur Bedingung für eine Zusammenarbeit gemacht wird; hebt in diesem Zusammenhang die Rolle des Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte und des Europäischen Fonds für Demokratie hervor;

6.

betont, dass die überarbeitete Politik strategischer, zielgerichteter, flexibler und einheitlicher und mit einer politischen Zielrichtung angelegt werden sollte; fordert, dass die EU eine klare und ambitionierte politische Vision für die ENP formuliert und besonderes Augenmerk auf die eigenen politischen Prioritäten in der Östlichen und Südlichen Nachbarschaft legt, wobei sowohl die unterschiedlichen Herausforderungen, vor denen die Länder in den einzelnen Regionen stehen, als auch ihre unterschiedlichen politischen Bestrebungen berücksichtigt werden sollten; betont, dass die Östliche Partnerschaft und die Partnerschaft mit den Mittelmeerländern von zentraler Bedeutung sind; fordert, dass für den Osten und den Süden Sonderbeauftragte ernannt werden, die die überarbeitete Politik koordinieren und sich mit allen EU-Maßnahmen in der Nachbarschaft befassen;

7.

unterstreicht die wichtige Rolle der Mitgliedstaaten, ihres Fachwissens und ihrer bilateralen Beziehungen mit den ENP-Ländern bei der Gestaltung einer kohärenten EU-Politik; betont, dass es notwendig ist, eine gute Koordinierung zwischen der HR/VP, dem Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, den EU-Delegationen und den EU-Sonderbeauftragten sicherzustellen, um Doppelarbeit zu vermeiden; betont, dass die EU-Delegationen eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der ENP spielen;

8.

fordert die HR/VP auf, Vorschläge für die Zusammenarbeit mit dafür offenen europäischen Nachbarn nach dem Vorbild des Europäischen Wirtschaftsraums auszuarbeiten, mit der diese Nachbarn ihrer europäischen Perspektive einen Schritt näher kommen könnten und die auf einer engeren Einbindung in den EU-Raum in Bezug auf die Freiheiten und die vollständige Integration in den gemeinsamen Markt beruhen und auch eine intensivere Zusammenarbeit in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik umfassen könnte;

9.

fordert nachdrücklich, dass kurz-, mittel- und langfristige Prioritäten und strategische Ziele festgelegt werden und dabei beachtet wird, dass im Rahmen der ENP zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen und mit den ENP-Ländern auf verschiedenen Gebieten eine differenzierte Herangehensweise verfolgt werden sollte; betont, dass die EU ihre Vorgehensweise eingedenk der Interessen und Prioritäten der EU und der betroffenen Länder sowie des jeweiligen Entwicklungsniveaus festlegen und dabei die gesellschaftlichen Interessen und Wünsche, die politischen Ambitionen und das geopolitische Umfeld im Blick haben sollte;

10.

betont, dass lokale Eigenverantwortung, Transparenz, gegenseitige Rechenschaftspflicht und Inklusion die wichtigsten Aspekte der neuen Vorgehensweise darstellen sollten, damit alle Bevölkerungsgruppen und Gesellschaftsschichten in den betroffenen Ländern und nicht nur einzelne Gruppen von der ENP profitieren;

11.

unterstreicht seine Überzeugung, dass es zur Stärkung der eigenen Entwicklungspotenziale der Partnerländer erforderlich ist, den gegenwärtigen politischen Dialog in der ENP um einen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Dialog unter Einbeziehung der gesamten politischen, sozialen, ethnischen und kulturellen Vielfalt der Partnerländer zu erweitern; unterstreicht die positiven Erfahrungen bei der territorialen Zusammenarbeit unter direkter Einbeziehung lokaler Gebietskörperschaften;

12.

bedauert die knappe Mittelausstattung der Zusammenarbeit der EU mit ihren Partnern in der Nachbarschaft, insbesondere angesichts der deutlich höheren Investitionen von Interessengruppen aus Drittländern in den ENP-Ländern; weist darauf hin, dass die EU dadurch in ihrer Fähigkeit eingeschränkt wird, ihre strategischen Interessen in der Nachbarschaft praktisch zu verfolgen; betont, dass die Unterstützung rationalisiert und die Mittel aufgestockt werden müssen, damit Partnerländer, die sich ernsthaft um Reformen, Demokratisierung und die Achtung der Menschenrechte bemühen und greifbare Fortschritte erzielen, effektiv belohnt und unterstützt werden können;

13.

betont, dass die Rechenschaftspflicht- und Transparenzmechanismen in den Partnerländern gefördert werden müssen, damit diese in die Lage versetzt werden, die Mittel auf verantwortungsvolle Art und Weise in Anspruch nehmen und verwenden zu können; fordert die Kommission auf, effiziente Verfahren zur Überwachung und Aufsicht über die Ausgaben der EU-Unterstützung in den ENP-Ländern sicherzustellen, die auch Kontrollmaßnahmen der Zivilgesellschaft umfassen;

14.

fordert die EU auf, ihre Koordinierung mit anderen Gebern und internationalen Finanzinstitutionen — auch im Rahmen der AMICI-Initiative — in Übereinstimmung mit ihrer Verpflichtung, ein kohärenterer, respektierter und effektiver globaler Akteur in der Region zu werden, zu verbessern, und fordert eine gemeinsame Programmplanung mit und unter den Mitgliedsstaaten; unterstreicht, dass eine bessere Koordinierung mit den Mitgliedstaaten und den regionalen und lokalen Behörden notwendig ist, um einen gemeinsamen, einheitlichen und wirksamen Ansatz für die kurz- und mittelfristigen Ziele der Zusammenarbeit der EU mit ihren Nachbarländern zu verfolgen und zu erreichen, und fordert, dass in dieser Angelegenheit Gespräche mit dem Rat aufgenommen werden;

15.

unterstreicht, dass die EU dem Ziel eines verstärkten Engagements in ihrer Nachbarschaft durch eine ausreichende Finanzierung gerecht werden sollte; ist der Auffassung, dass bei der Halbzeitüberprüfung der externen Finanzierungsinstrumente die überarbeitete Politik berücksichtigt werden sollte und dass mit dem Europäischen Nachbarschaftsinstrument (ENI) daher das Ziel verfolgt werden sollte, die ENP effizienter zu gestalten, ein zuverlässiges und nachhaltiges Engagement der EU gegenüber ihren Partnern und eine angemessene verfahrenstechnische Flexibilität sicherzustellen; fordert darüber hinaus eine stärkere Kohärenz und Abstimmung zwischen den verschiedenen Außenfinanzierungsinstrumenten der EU;

16.

unterstreicht in diesem Zusammenhang die Rolle des Europäischen Demokratiefonds, der die EU-Instrumente durch einen neuen flexibleren und reaktionsschnelleren Ansatz ergänzt, Lücken schließt und finanziell tragfähig ist; fordert die Kommission auf, die Mittelausstattung des Demokratiefonds aufzustocken;

17.

erkennt an, dass die Einstellung gegenüber Europa und der EU in den Nachbarländern tatsächliche Auswirkungen auf Konflikte hat, weist jedoch eine Mitschuld an Unterdrückung und Menschenrechtsverletzungen in den Nachbarländern der EU durch ein fehlgeleitetes Streben nach kurzfristiger Stabilität zurück;

Mehrwert der Maßnahmen auf EU-Ebene

Die Umgestaltung der Europäischen Nachbarschaftspolitik

18.

betont die Notwendigkeit, die ENP umzugestalten, um starke, strategische und dauerhafte Partnerschaften mit den ENP-Ländern aufzubauen, denen die Werte und Grundsätze der EU und die gemeinsamen Interessen zugrunde liegen und die der Bewahrung dieser Werte und Grundsätze sowie der Förderung der Interessen dienen; fordert, dass sich die technischen Aspekte der Politik auf eine klare politische Vision stützen sollten;

19.

weist darauf hin, dass für die ENP eigene Vorgehensweisen festgelegt und eigene Instrumente eingerichtet werden sollten, die den Ambitionen, Bedürfnissen und Zielen der ENP-Länder und der EU entsprechen;

20.

fordert die Kommission auf, sich auf die zusammen mit ihren Partnern auf der Grundlage gemeinsamer Interessen festgelegten Bereiche zu konzentrieren, in denen Fortschritte und ein allgemeiner Mehrwert erzielt werden können, und die Zusammenarbeit auf der Grundlage von Fortschritten und Zielsetzungen schrittweise auszuweiten, insbesondere, um zum Wirtschaftswachstum und zur menschlichen Entwicklung beizutragen, wobei die jüngeren Generationen im Mittelpunkt stehen sollten; weist darauf hin, dass wirtschaftliche Reformen mit politischen Reformen einhergehen müssen und dass eine verantwortungsvolle Regierungsführung nur mit einem offenen, verantwortungsvollen und transparenten Beschlussfassungsverfahren möglich ist, das sich auf demokratische Institutionen gründet;

21.

betont, dass die Erweiterungspolitik und die Nachbarschaftspolitik verschiedene Politikbereiche mit unterschiedlichen Zielen sind; weist jedoch erneut darauf hin, dass sich die in die ENP eingebundenen europäischen Länder ebenso wie alle anderen europäischen Länder für eine EU-Mitgliedschaft bewerben können, sofern sie die Kriterien und Voraussetzungen für die Aufnahme gemäß Artikel 49 EUV erfüllen; vertritt die Auffassung, dass zwar Reformen und Transformation an erster Stelle stehen müssen und keine unrealistischen Erwartungen geweckt werden sollten, jedoch weiterhin allen Ländern, die für eine Mitgliedschaft infrage kommen und klare Bestrebungen und Ambitionen in Bezug auf die EU geäußert haben, eine Mitgliedschaft als Anreiz in Aussicht gestellt werden sollte;

Unterstützung der Demokratie, Reformen im Bereich Justiz, Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsvolle Regierungsführung und Aufbau institutioneller Kapazitäten

22.

vertritt die Auffassung, dass die Unterstützung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der verantwortungsvollen Regierungsführung, des Staatsaufbaus sowie der Menschenrechte und Grundfreiheiten ein zentraler Aspekt der ENP ist; unterstreicht, dass im Rahmen der ENP keine Strategien verabschiedet werden sollten, die diese zentralen Werte gefährden; fordert, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten für die Durchführung und Unterstützung demokratischer Reformen und die Lösung politischer, wirtschaftlicher und sozialer Probleme Anreize bieten und Know-how zur Verfügung stellen sollten;

23.

unterstreicht, dass weiterhin ein Schwerpunkt darauf liegen muss, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsvolle Staatsführung, Unabhängigkeit der Justiz, Korruptionsbekämpfung und Achtung von Vielfalt und Minderheiten — einschließlich der Rechte von Religionsgemeinschaften, LGBTI-Personen, Menschen mit Behinderung sowie von Menschen, die einer ethnischen Minderheit angehören — zu stärken; hebt hervor, dass der Kapazitätsaufbau in nationalen Institutionen, einschließlich ihrer Nationalversammlungen, und die Unterstützung der Zivilgesellschaft, demokratischer Gruppen und politischer Parteien zu einem intensiveren politischen Dialog und zu mehr Pluralismus beitragen werden;

24.

hebt hervor, dass die Rechte von Frauen, die Gleichstellung der Geschlechter und das Recht auf Gleichbehandlung zu den Grundrechten und Grundprinzipien des außenpolitischen Handelns der EU gehören; betont, dass die Rechte von Kindern und jungen Menschen und die Gleichstellung der Geschlechter sowie die wirtschaftliche und politische Teilhabe von Frauen gefördert werden müssen, damit inklusive, wohlhabende und stabile Gesellschaften in der Nachbarschaft der EU entstehen können;

25.

vertritt die Auffassung, dass im Rahmen der überarbeiteten ENP die Grundfreiheiten in den ENP-Ländern unterstützt werden sollten, indem die freie Meinungsäußerung, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die Presse- und Medienfreiheit als Voraussetzungen für die Wahrnehmung ökonomischer, sozialer und kultureller Rechte gefördert werden;

26.

betont, dass die soziale Dimension der ENP ausgebaut werden muss, indem gemeinsam mit den Partnern gegen Armut und Ausgrenzung vorgegangen wird, Anreize für Beschäftigung und faires Wachstum geschaffen, gesunde Arbeitsbeziehungen aufgebaut und Bildung und menschenwürdige Arbeit gefördert werden und damit auch einige Ursachen der illegalen Migration angegangen werden;

27.

betont die Bedeutung des kulturellen Dialogs zwischen der EU und den Nachbarländern in Bereichen wie der Konfliktprävention und Friedenskonsolidierung, der Entwicklung kreativer Branchen, der Stärkung der Meinungsfreiheit, der Unterstützung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung, der Stärkung des Dialogs mit der Zivilgesellschaft und des interkulturellen und interreligiösen Dialogs — auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Diskriminierung und Verfolgung von Minderheiten und Religionsgemeinschaften; fordert die Stärkung des Rahmens für kulturelle Beziehungen, um die Ausarbeitung von Mobilitätsprogrammen und Schulungsmaßnahmen sowie den Aufbau von Kapazitäten und den Austausch in den Bereichen Kultur und Bildung zu ermöglichen;

28.

betont, dass der auf der „Partnerschaft mit den Gesellschaften“ basierende Ansatz gestärkt und gefördert werden sollte; fordert nachdrücklich, dass die gemeinsamen Interessen und Ziele der Politik in Zusammenarbeit mit allen Interessenträgern der verschiedenen Gesellschaften und nicht nur mit den Behörden festgelegt werden sollten;

29.

betont, wie wichtig die Entwicklung einer lebendigen und aktiven Zivilgesellschaft, zu der auch die Sozialpartner und die Unternehmen gehören, in den Transformations- und Demokratisierungsprozessen ist; fordert die weitere Unterstützung der Zivilgesellschaft, lokaler KMU und anderer nichtöffentlicher Akteure, da diese in Reformprozessen eine treibende Kraft darstellen, und einen engagierteren Dialog und eine engere Partnerschaft zwischen den Akteuren der Zivilgesellschaft und den Branchen in der EU und den Nachbarstaaten im Rahmen der ENP; unterstreicht die Bedeutung der europäischen Unternehmen und ihre Rolle bei der Förderung und Verbreitung internationaler Geschäftsstandards, auch in Bezug auf die soziale Verantwortung von Unternehmen;

Differenzierung und Konditionalität

30.

fordert, dass die ENP in einen maßgeschneiderten und flexibleren politischen Rahmen umgestaltet wird, mit dem sie sich an die vorhandene Diversität unter den Partnerländern anpassen kann, und eine konsequente Umsetzung der differenzierten Herangehensweise; betont, dass eine Differenzierung unter den ENP-Ländern stattfinden sollte;

31.

betont die Notwendigkeit, eine effektive Konditionalität in Bezug auf Reformprozesse anzuwenden, und unterstreicht die Notwendigkeit eines kohärenten Ansatzes vonseiten der EU zwischen ihren Standpunkten und der Konditionalität bei den Mittelzuweisungen; weist darauf hin, dass die EU ihre Grundwerte und Grundrechte nicht gefährden darf und es vermeiden sollte, mit zweierlei Maß zu messen; betont, dass sich die EU in Ländern, die bei der Umsetzung von Reformen Fortschritte erzielen, welche zu langfristigen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen führen, und in Ländern, die eine vertiefte politische Zusammenarbeit mit der EU anstreben, umfassender engagieren sowie diese Länder umfassender unterstützen und auf der Grundlage einzelstaatlicher Leistungen in diesem Reformprozess bewerten sollte; betont, wie wichtig es ist, den Grundsatz „mehr für mehr“ vollständig umzusetzen;

32.

betont, dass Assoziierungsabkommen die höchste, jedoch nicht die letzte Stufe in den Beziehungen zwischen der EU und ihren Nachbarländern darstellen;

33.

ist der Auffassung, dass die EU nicht-assoziierte Partnerländer auffordern sollte, sich in die sektorbezogene Zusammenarbeit einzubringen, einschließlich der Option für den Abschluss von neuen oder die Verstärkung von bestehenden sektoralen Abkommen wie die Energiegemeinschaft, durch die die Integration solcher Länder in bestehende Sektoren des einheitlichen Raums der vier Grundfreiheiten der EU erleichtert würde;

34.

ist der Ansicht, dass der Zusammenarbeit im Bereich der wirtschaftspolitischen Steuerung und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in ENP-Ländern bei der Verwirklichung der Europäischen Nachbarschaftspolitik eine besondere Beachtung zukommen sollte;

Sicherheitsdimension

35.

merkt an, dass die Wahrung von Frieden, Sicherheit und Stabilität zu den Grundanliegen der Nachbarschaftspolitik gehört und dass sich das sicherheitspolitische Umfeld drastisch verschlechtert hat; fordert eine starke Sicherheitskomponente in der ENP mit geeigneten Strategieinstrumenten, die bislang leider fehlen; betont, dass sich die EU auf die Verbesserung der Effizienz und Wirksamkeit ihrer derzeitigen Instrumente zur Krisenbewältigung konzentrieren sollte, um Kapazitäten für die Erweiterung des Spektrums der Interventionen zur Krisenbewältigung aufzubauen; betont, dass Sicherheit, Stabilität und Entwicklung Hand in Hand gehen und dass ein umfassender Ansatz benötigt wird, um den Sicherheitsproblemen in der Region Rechnung zu tragen und deren Ursachen in Angriff zu nehmen;

36.

merkt an, dass die Stabilität der Sahel-Sahara-Zone als neuralgisches Zentrum der Unsicherheit sowohl im Norden als auch im Süden Afrikas angesehen werden sollte und dass die Instabilität dieser Region durch eine Vielzahl von Netzen des Waffen-, Drogen- und Menschenhandels verursacht wird und eine Gefährdung für die Stabilität Europas darstellt;

37.

fordert eine engere Koordinierung zwischen der ENP und Maßnahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), die mit einer Stärkung der Zusammenhänge zwischen der internen und externen Sicherheit und der Befassung mit verschiedenen Aspekten der Sicherheit der ENP-Länder und der EU einhergeht; betont, dass die Überprüfung der ENP und die Überarbeitung der EU-Sicherheitsstrategie kohärent und vollständig aufeinander abgestimmt sein müssen;

38.

hebt die Notwendigkeit einer übergeordneten politischen Strategie hervor, und zwar unter uneingeschränkter Achtung des Völkerrechts und der in der Schlussakte von Helsinki im Jahr 1975 festgelegten Verpflichtungen sowie auf der Grundlage der Achtung der Menschenrechte, der Rechte von Minderheiten sowie der Grundfreiheiten, der Unabhängigkeit, Souveränität und territorialen Integrität von Staaten, der Unverletzlichkeit der Grenzen, der Gleichberechtigung und des Selbstbestimmungsrechts der Völker sowie der friedlichen Beilegung von Konflikten; weist darauf hin, dass die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als größte regionale Organisation, die für Sicherheit verantwortlich ist, in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen kann, und ist überzeugt, dass sie eine neue Dynamik erlangen sollte, indem ihr die Rolle eines Vermittlers übertragen wird; unterstützt die Rechte der Partner, unabhängige und souveräne Entscheidungen zur Außen- und Sicherheitspolitik zu treffen, die frei von äußerem Druck und Zwang sind;

39.

fordert, dass im Rahmen der überarbeiteten Politik Partnerländer dabei unterstützt werden, geeignete staatliche Strukturen aufzubauen, um Sicherheitsprobleme zu bewältigen, etwa die effektive Strafverfolgung, Terrorismus und organisiertes Verbrechen sowie Nachrichtendienste und Sicherheit, einschließlich der Cybersicherheit, die auf der Grundlage der uneingeschränkten Achtung der Menschenrechte ausgebaut werden und mit einer angemessenen parlamentarischen demokratischen Kontrolle einhergehen sollten; betont, dass sich die EU in Bereichen wie der Reform des Sicherheitssektors (SSR) und in Postkonfliktsituationen bei der Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration (DDR) engagieren sollte; fordert die EU auf, einen Schwerpunkt auf den Kapazitätsaufbau für die Grenzkontrollen der Partnerländer zu legen; erkennt den laufenden Beitrag an, der bereits von einigen dieser Länder erbracht wurde und wird; fordert die Nachbarländer dazu auf, gegebenenfalls einen Beitrag zu GSVP-Missionen zu leisten; fordert die EU auf, gemeinsame Initiativen von Nachbarländern im Bereich der Sicherheit zu fördern, sodass diese mehr Verantwortung übernehmen und einen positiven Beitrag zur Sicherheit in ihrer Region leisten können;

40.

weist die Mitgliedstaaten auf ihre Verpflichtungen im Rahmen des Gemeinsamen Standpunkts 2008/944/CFSP des Rates zu Waffenausfuhren hin, in dem sie unter anderem angehalten werden, eine Ausfuhrgenehmigung für Militärtechnologie oder Militärgüter an alle Nachbarländern abzulehnen, wenn ein eindeutiges Risiko besteht, dass Militärtechnologie oder Militärgüter, die zur Ausfuhr bestimmt sind, zur Ausübung interner Repression eingesetzt werden könnten, sowie um Repressalien im Inland zu verüben, schwerwiegende Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht zu begehen, bewaffnete Konflikte heraufzubeschwören bzw. zu verlängern oder bestehende Spannungen oder Konflikte in den Endbestimmungsländern zu verschärfen, oder zum Zwecke der Aggression gegen ein anderes Land oder zur gewaltsamen Durchsetzung eines Gebietsanspruchs;

41.

betont die Notwendigkeit der aktiven Unterstützung und Förderung der friedlichen Beilegung von Konflikten und der Aussöhnungspolitik in der Zeit nach einem Konflikt in der Nachbarschaft der EU, und zwar unter Einsatz verschiedener Mittel und Instrumente, je nach dem Mehrwert, der von ihnen erbracht werden kann; ist der Überzeugung, dass solche Maßnahmen die Arbeit von EU-Sonderbeauftragten, vertrauensbildende Programme, die Wiederherstellung des Dialogs, Vermittlung, die Förderung von zwischenmenschlichen Kontakten und GSVP-Missionen umfassen sollten; fordert die HR/VP und den EAD auf, innovative Maßnahmen und Ansätze einschließlich öffentlicher Kommunikationsstrategien und informeller Beratungen zu entwickeln, um den Dialog und die Aussöhnung zu unterstützen; stellt fest, dass die EU-Delegationen bei der Einrichtung von Frühwarnsystemen durch die Schaffung engmaschiger Präventionsnetze mit den verschiedenen Organisationen der Zivilgesellschaft eine Schlüsselrolle spielen müssen;

42.

bekräftigt seine Unterstützung für die Souveränität, die territoriale Integrität und die politische Unabhängigkeit der Partnerländer; vertritt die Ansicht, dass die ENP zu diesen Grundsätzen einen Beitrag leisten und diese in der Praxis unterstützen sollte; betont, dass die uneingeschränkte Entwicklung der ENP durch eingefrorene oder langwierige Konflikte erschwert wird; bedauert in diesem Zusammenhang, dass seit der Einführung der ENP keine Erfolge bei der Lösung bestehender Konflikte erzielt wurden; verweist auf seinen Standpunkt, dass die Besetzung des Hoheitsgebiets eines Partnerlandes gegen die wesentlichen Grundsätze und Ziele der ENP verstößt; betont die Notwendigkeit, so schnell wie möglich eine friedliche Beilegung der eingefrorenen Konflikte auf der Grundlage der Normen und Grundsätze des Völkerrechts herbeizuführen; fordert die HR/VP auf, eine aktivere Rolle zu spielen und deutlich zu machen, dass die Vertiefung bilateraler Beziehungen an eine friedliche Konfliktlösung und die Einhaltung des Völkerrechts gekoppelt ist; betont vor diesem Hintergrund, wie wichtig die Verfolgung einer Grundsatzpolitik ist, in deren Rahmen die Rechenschaftspflicht für alle Verletzungen der Menschenrechte und des internationalen humanitären Völkerrechts gefördert und — insbesondere in diesem Zusammenhang — eine Messung mit zweierlei Maß vermieden wird;

43.

fordert die EU mit Nachdruck auf, bei regionalen Konflikten den Geist und die Erfahrungen aus der Vergangenheit der europäischen Integration zur Geltung kommen zu lassen, da bilaterale Angelegenheiten friedlich gelöst werden müssen und gutnachbarschaftliche Beziehungen sowie die regionale Zusammenarbeit grundlegende Elemente der ENP sind; fordert in diesem Zusammenhang die Einbeziehung von Bürgern und das Engagement von öffentlichen Akteuren in horizontalen Partnerschaften und Partnerschaften mit Amtskollegen aus der Union sowie die Beschäftigung mit der Gesellschaft und mit der jüngeren Generation als ein Faktor für Veränderungen;

Förderung der regionalen Integration

44.

betont die Bedeutung der regionalen Dimension der ENP und die Notwendigkeit, die regionalen Synergien und die regionale Integration mithilfe von regionalen Kooperationsprogrammen zu fördern und einen Beitrag hierzu zu leisten; betont, dass eine verbesserte wirtschaftliche Zusammenarbeit unter den ENP-Ländern erforderlich ist, um Stabilität und Wohlstand in den europäischen Nachbarländern zu erreichen;

45.

fordert diesbezüglich, die bilateralen Beziehungen der EU zu den Ländern der Europäischen Nachbarschaftspolitik um deren multilaterale Dimension zu ergänzen, indem in diesem Zusammenhang die Zahl der Aktivitäten und Initiativen erhöht wird und die Stärkung grenzübergreifender Projekte, der Ausbau der Programme zur Förderung zwischenmenschlicher Kontakte und die Entwicklung von Anreizen zur Förderung der regionalen Zusammenarbeit stärker in den Vordergrund gerückt werden und der aktive Dialog mit der Zivilgesellschaft weiter verbessert wird; vertritt die Auffassung, dass im Rahmen der künftigen ENP eine integrative regionale Plattform zur Erörterung von Menschenrechtsthemen im Einklang mit den Kerngrundsätzen der ENP bereitgestellt werden sollte;

46.

fordert eine systematische Folgenabschätzung in Bezug auf die Menschenrechte — einschließlich der Geschlechterperspektive — angefangen bei Handelsverträgen und der finanziellen Unterstützung durch die EU bis hin zu Programmen und Projekten im Rahmen der ENP;

47.

fordert, dass die vorhandenen Plattformen der Zusammenarbeit durch die überarbeitete Politik gestärkt werden, etwa die Union für den Mittelmeerraum und die Östliche Partnerschaft, um die regionale Integration weiterhin zu unterstützen, sofern die von den Partnern festgelegten Prioritäten mit einem bestimmten Politikbereich übereinstimmen, damit bestimmte subregionale Themen wie Mobilität, Energie oder Sicherheit behandelt werden und eine Annäherung der Partner hinsichtlich der wirtschaftlichen Standards und der Rechtsvorschriften erreicht wird; ist der Überzeugung, dass die multilateralen Strukturen der ENP konsolidiert und strategischer ausgerichtet werden sollten;

48.

hebt die wichtige Rolle von multilateralen Versammlungen, wie EURO-NEST und PV-UfM, als Foren des politischen Dialogs sowie als Instrument zur Förderung der Eigenverantwortung im Rahmen der Nachbarschaftspolitik hervor und fordert diese nachdrücklich auf, ihr diesbezügliches Engagement auf angemessene und wirksame Weise zu verstärken;

49.

hebt den Mehrwert der parlamentarischen Diplomatie und der regelmäßigen bilateralen interparlamentarischen Treffen hervor, die das EP mit den Amtskollegen aus den Nachbarländern als ein Instrument für den Austausch von Erfahrungen und die Bewertung des Status der Beziehungen der einzelnen Länder zur EU abhält; legt den nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten nahe, ihre bilateralen interparlamentarischen Treffen im Rahmen der ENP abzuhalten, da dies ein Mittel zur Sicherstellung eines kohärenten Ansatzes ist;

50.

betont, wie wichtig die Konferenz der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Länder der Europäischen Union und der Östlichen Partnerschaft (CORLEAP) und die Versammlung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Europa-Mittelmeer (ARLEM) sind, durch die es lokalen und regionalen Vertretern ermöglicht wird, in einen Dialog mit den Organen der EU zu treten und eine wirtschaftliche, soziale, lokale und territoriale Zusammenarbeit zu entwickeln;

51.

hebt hervor, dass durch die Entwicklung von regionalen zivilgesellschaftlichen Plattformen, etwa Foren der Zivilgesellschaft im Rahmen der Östlichen Partnerschaft und der südlichen Nachbarschaft, das Engagement verschiedener Interessengruppen gestärkt wird, die Demokratisierung und die wirtschaftliche Reformagenda in der Nachbarschaft vorantreiben;

Nachbarn von Nachbarn

52.

weist darauf hin, dass es notwendig ist, starke Partnerschaften mit Nachbarländern aufzubauen; betont, wie wichtig es ist, sicherzustellen, dass die ENP Teil der weiter gefassten Außenpolitik der EU ist, und die anderen strategischen Akteure anzuerkennen, die Einfluss auf die Nachbarschaft haben, nämlich die „Nachbarn der Nachbarn“ sowie internationale und regionale Organisationen, in denen unter anderem Fragen von gemeinsamem Interesse und beiderseitigem Bedenken, einschließlich der regionalen und globalen Sicherheit, über bestehende bilaterale Rahmen oder multilaterale Dialoge erörtert werden, soweit dies angemessen und wichtig erscheint;

53.

betont, dass die EU die verschiedenen politischen Möglichkeiten ihrer Partner realistisch ins Auge fassen sollte sowie die Modalitäten, wie auf verschiedenen Ebenen Brücken zu ihren Nachbarn aufgebaut werden können und der Außenpolitik von Drittstaaten in ihrer Nachbarschaft zu begegnen ist, wobei sichergestellt werden muss, dass es Sache der EU und ihrer souveränen Partner ist, zu entscheiden, wie sie ihre Beziehungen weiterhin gestalten möchten;

54.

bekräftigt seine Überzeugung, dass die Bestimmungen der vertieften und umfassenden Freihandelsabkommen keine Handelshemmnisse für die Russische Föderation darstellen und dass die Assoziierungsabkommen nicht als Hindernis für gut nachbarschaftliche Beziehungen mit einem ihrer Nachbarn angesehen werden sollte;

55.

fordert die EU auf, wirksame Mechanismen der Unterstützung für ENP-Partnerländer zu entwickeln, die eine ehrgeizige europäische Agenda verfolgen und infolgedessen unter Vergeltungsmaßnahmen, Handelszwängen oder offenen militärischen Aggressionen durch Drittländer zu leiden haben; bekräftigt seine Auffassung, dass die ENP zwar nicht gegen andere strategischen Akteure gerichtet ist und in ihrem Rahmen die Vorstellung eines geopolitischen Nullsummenspiels in der Nachbarschaft abgelehnt wird, die EU allerdings glaubhafte Zusagen machen und Partnern eine solide politische Unterstützung bieten muss, die sich enger mit ihr abstimmen möchten;

56.

fordert die EU auf, auf das Expertenwissen von regionalen Organisationen zurückzugreifen, denen die Nachbarn angehören, etwa das des Europarates, der OSZE, der Afrikanischen Union, der einschlägigen Regionalbüros der Vereinten Nationen und der Liga der Arabischen Staaten, und diese aktiv einzubeziehen und mit ihnen zusammenzuarbeiten, um regionalen Konflikten zu begegnen; weist darauf hin, dass dies wichtige Foren zur Einbindung von Partnern sind, wenn es um die Durchführung von Reformen, die Befassung mit Bedenken hinsichtlich der Menschenrechte und mit regionalen Fragen — für die sie mehr Verantwortung übernehmen sollten — sowie die Förderung der Demokratisierung geht;

Ziele und Instrumente der Politik

Ein diversifiziertes Angebot: vorrangige Bereiche

57.

fordert, dass die EU zusammen mit ihren Partnern Prioritäten für eine verstärkte Zusammenarbeit und Integration in verschiedenen Politikbereichen untersucht und festlegt, etwa was wirtschaftliche und menschliche Entwicklung, Konflikt- und Katastrophenverhütung, Infrastruktur und regionale Entwicklung, Umwelt, Handels- und Wettbewerbspolitik, KMU, Migration, Sicherheit sowie Energie und Energieeffizienz betrifft, um einen Raum des Wohlstands, der Stabilität und der guten Nachbarschaft zu schaffen;

58.

ist der Auffassung, dass das Ziel der Kohärenz zwischen den internen und externen Politikbereichen der EU sowie die engen und weiter wachsenden Zusammenhänge zwischen bestimmten internen und externen Belangen sich in der neuen ENP widerspiegeln sollten;

59.

ist der Auffassung, dass eine stärkere Zusammenarbeit im Bereich des künftigen digitalen Binnenmarktes, die Unterstützung für E-Verwaltungsreformen und Open-Government-Lösungen Instrumente zur Einbindung der Bürger darstellen;

60.

betont die Bedeutung des freien Personenverkehrs und unterstützt die Verbesserung der Mobilität innerhalb der Nachbarschaft in einem sicheren und sorgfältig gestalteten Umfeld durch Visaerleichterung und -liberalisierung, insbesondere für Studenten, junge Menschen, Künstler und Wissenschaftler; fordert die Kommission auf, die Mobilitätspartnerschaften in der Nachbarschaft in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten weiter zu verbessern und Möglichkeiten für zirkuläre Migrationsprogramme auszuarbeiten, durch die für Migranten sichere und legale Wege eröffnet würden; fordert die EU auf, eine deutliche Unterscheidung zwischen Asylbewerbern, die vor Verfolgung fliehen, und irregulären Wirtschaftsmigranten vorzunehmen; verurteilt den Menschenhandel, dem zumeist Frauen zum Opfer fallen, und betont die Bedeutung einer verstärkten Zusammenarbeit mit den Partnerländern, um diesen zu bekämpfen;

61.

fordert die Kommission auf, bei der Förderung von beruflicher und akademischer Ausbildung sowie im Rahmen der zirkulären Migrationsprogramme mit den Nachbarländern ein Augenmerk auf die Perspektive der Geschlechtergleichstellung zu legen, um die Mitwirkung von Frauen in ihren Volkswirtschaften zu fördern;

62.

weist darauf hin, dass eine hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere unter jungen Menschen, ein fehlender freier Zugang zu Informationen, soziale Ausgrenzung und Armut sowie der fehlende Schutz von Minderheitenrechten in Verbindung mit einer geringen politischen und sozioökonomischen Teilhabe von Frauen, schlechter Regierungsführung und einem hohen Maß an Korruption die grundlegenden Ursachen für Instabilität bilden, und fordert ein Engagement, das über die vertieften und umfassenden Freihandelszonen hinausreicht; weist darauf hin, dass die alleinige Aussicht auf Handelsvereinbarungen und Freihandelsabkommen nicht länger ausreicht, um unsere Partnerschaft mit den Nachbarn, insbesondere den Ländern des südlichen Mittelmeerraums, zu verstärken; weist auf die fehlende regionale wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den EU-Nachbarländern hin und fordert den Aufbau subregionaler Initiativen, um den Handel zwischen ihnen zu intensivieren;

63.

hebt die Bedeutung von Investitionen in Projekte für die Jugend, für Frauen und für zukünftige Führungskräfte hervor, indem im vollem Umfang von den Stipendienmöglichkeiten im Rahmen des Programms „Erasmus +“ Gebrauch gemacht wird, um den Austausch von Studenten und Lehrern zwischen den ENP-Ländern und den Mitgliedstaaten zu unterstützen, mit dem Ziel, künftige Führungskräfte sowohl aus den ENP-Ländern als auch aus den Mitgliedstaaten auszubilden sowie akademische Projekte und Bildungsprojekte — etwa das Europakolleg –, die sich bereits in diesem Bereich bewährt haben, weiterhin zu fördern;

64.

fordert die Kommission auf, unterschiedliche Stufen der Beteiligung, der Zusammenarbeit und des Engagements im Rahmen der EU-Politik, der EU-Programme und der EU-Agenturen, etwa Europol, Frontex und der Zollverwaltung, sowie in den Bereichen der Bekämpfung des Menschenhandels, der ökonomischen und grenzübergreifenden Straftaten sowie der Energiegemeinschaft, der im Falle einer erfolgreichen Eingliederungsvereinbarung innerhalb der ENP eine größere Rolle zukommen kann, auszuloten und sie den ENP-Ländern anzubieten; hebt die Bedeutung der Energiesicherheit und der engeren Zusammenarbeit im Energiebereich innerhalb der Europäischen Nachbarschaft hervor, in der Absicht, das gemeinsame Ziel der kontinuierlichen Versorgung mit bezahlbarer, nachhaltiger, effizienter und sauberer Energie zu erreichen; fordert die schrittweise Öffnung der Energieunion für die ENP-Länder; legt der Kommission nahe, bei den ENP-Ländern für die Unterzeichnung des Budapester Übereinkommens zur Bekämpfung von Cyberkriminalität einzutreten und diese zum Beitritt aufzufordern, falls dies noch nicht geschehen ist;

65.

ist der Auffassung, dass stärkeres Gewicht auf den Einsatz technischer Hilfsprogramme wie TAIEX oder Twinning gelegt werden sollte und die Partner in die Programme der Union, beispielsweise Erasmus oder „Horizont 2020“, eingebunden werden sollten, da sie auf unterschiedlichen Ebenen zum Wissensaustausch und zum Aufbau von Netzen beitragen und die Basis zur Schaffung eines gemeinsamen Nachbarschaftsraums bilden;

66.

ist der Ansicht, dass die parlamentarische Dimension der Politik gestärkt werden muss, indem die Wirksamkeit der interparlamentarischen Treffen und der gemeinsamen, im Rahmen von Verträgen mit der EU eingerichteten parlamentarischen Gremien sowie der parlamentarischen Versammlungen erhöht wird; begrüßt in diesem Zusammenhang den neuen Ansatz, den das Parlament zur Unterstützung der parlamentarischen Demokratie angenommen hat; hebt die Rolle der Parlamente in den ENP-Ländern hervor, wenn es darum geht, Regierungen zur Rechenschaft zu ziehen, und empfiehlt die Stärkung der Überwachungskapazität der Parlamente; fordert, dass das Europäische Parlament an der Umsetzung der neuen ENP beteiligt und regelmäßig über deren Fortschritte in den Partnerländern unterrichtet und konsultiert wird; vertritt die Ansicht, dass die europäischen politischen Parteien und Fraktionen in den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament eine wichtige Rolle spielen und eine maßgebliche Verantwortung hinsichtlich der Förderung einer politischen Kultur auf der Grundlage voll entwickelter demokratischer Institutionen, der Rechtsstaatlichkeit, der Mehrparteiendemokratie und der vollständigen Einbindung von Frauen in die Beschlussfassung übernehmen können;

67.

betont, dass im Rahmen einer erfolgreichen ENP eine Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten ebenfalls sichergestellt werden sollte, auch indem Leitinitiativen ausgeweitet werden; fordert die Kommission daher auf, die politische Koordinierung und die gemeinsame Planung der Finanzhilfen zu verstärken und Mechanismen bereitzustellen, um den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und den EU-Strukturen zu den ENP-Ländern sowie die Konsultation zwischen den Mitgliedstaaten, den EU-Strukturen und den Nachbarländern zu fördern; ist der Ansicht, dass die finanzielle und technische Hilfe der EU an die erfolgreiche Umsetzung konkreter Eckwerte in dem Reformprozess gebunden sein sollte, auf deren Grundlage weitere Unterstützung zugewiesen wird;

Bewertung und Sichtbarkeit

68.

betont, dass sich die Aktionspläne, die in enger Partnerschaft mit den Behörden der Partnerländer und in Absprache mit Organisationen der Zivilgesellschaft etabliert werden, auf die Umsetzung einer begrenzten Anzahl von realistischen Prioritäten konzentrieren sollten und dass ihre Umsetzung regelmäßig bzw. wenn veränderte Umstände dies rechtfertigen bewertet werden sollte, wobei die politischen Optionen gemeinsam vereinbart werden könnten; weist auf die Bedeutung der Entwicklung eines Konsultationsprozesses mit den Organisationen der Zivilgesellschaft bezüglich der Festlegung von Eckwerten hin;

69.

betont, dass der Schwerpunkt in den Fortschrittsberichten auf der Umsetzung der in den Aktionsplänen festgelegten Prioritäten liegen sollte und diese das Niveau des Engagements des Partnerlandes widerspiegeln sollten; bekräftigt seine Forderung, dass die in den Berichten enthaltenen Daten aus dem Blickwinkel des nationalen Kontexts betrachtet und Tendenzen aus den vorherigen Jahren miteinbezogen werden sollten; ist der Ansicht, dass alle wichtigen Interessengruppen der ENP-Länder, einschließlich der Zivilgesellschaft, effektiv beteiligt und vor der Erstellung der Berichte konsultiert werden sollten; fordert, dass Schlüsseldokumente wie die Fortschrittsberichte ohne Weiteres auf den jeweiligen Webseiten der EU-Delegationen verfügbar und in die Landessprache übersetzt sind; fordert die EU auf, für die Messung der Fortschritte in den Partnerländern hochwertigere Instrumente einzusetzen und wirksame Auflagen bezüglich der Fortschritte der Partner in den Bereichen Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einzuführen;

70.

ist der Auffassung, dass die EU-Hilfen sichtbarer gemacht werden sollten, um der Bevölkerung in den Partnerländern und in den Mitgliedstaaten der EU die Vorteile der Unterstützung durch die EU klar aufzuzeigen; fordert die Kommission auf, einen besonderen Mechanismus für die Bereitstellung der humanitären Hilfe der EU für die Nachbarländer zu konzipieren, der sich von dem bei Drittländern weltweit zum Einsatz kommenden Modell unterscheidet und durch den die hohe Sichtbarkeit der EU und ihrer politischen Agenda neben weiteren Zielen sichergestellt wird; hebt die Bedeutung und die Notwendigkeit eines Mechanismus hervor, durch den die Transparenz bei der von der EU gewährten Finanzhilfe sichergestellt werden kann;

71.

fordert die EU auf, ihre Kapazität zu stärken, um Fehlinformations- und Propagandakampagnen gegen sich selbst und ihre Mitgliedstaaten entgegenzuwirken, die darauf abzielen, deren Einheit und Solidarität zu mindern; fordert die EU auf, ihre Sichtbarkeit zu stärken, um ihre Unterstützung und ihr Engagement für die und in den Partnerländern deutlich zu machen; betont, wie wichtig es ist, objektive, unabhängige und unvoreingenommene Informationen sowie die Medienfreiheit in den ENP-Ländern zu fördern, und dass es Anstrengungen mit Blick auf eine strategische Kommunikation in der Nachbarschaft der EU bedarf, darunter über ihre Werte und Ziele, und zwar durch die Ausarbeitung einer umfassenden, wirksamen und systematischen Kommunikationsstrategie im Rahmen der überarbeiteten Politik;

72.

fordert die EU auf, ihre Präsenz in den Partnerländern zu erhöhen und verstärkt auf interaktive audiovisuelle Instrumente und soziale Medien in den jeweiligen Landessprachen zurückzugreifen, um die Gesamtgesellschaft zu erreichen; fordert die Kommission auf, eine eindeutige, an Gesellschaften in den ENP-Ländern gerichtete Kommunikationsstrategie auszuarbeiten, um ihnen die Vorteile der Assoziierungsabkommen und der vertieften und umfassenden Freihandelszonen als Instrumente zur Modernisierung ihrer politischen Systeme und Volkswirtschaften näherzubringen;

o

o o

73.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der ENP-Länder, der Parlamentarischen Versammlung EURO-NEST, der Parlamentarischen Versammlung der Union für den Mittelmeerraum, der Liga der Arabischen Staaten, der Afrikanischen Union, dem Europarat und der OSZE zu übermitteln.


(1)  JOIN(2015)0006 http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52015JC0006&from=de.

(2)  http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52011DC0200&from=EN.

(3)  http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0303:FIN:de:PDF.

(4)  http://eeas.europa.eu/enp/pdf/pdf/com03_104_de.pdf.

(5)  Schlussfolgerungen des Rates (Außenbeziehungen) vom 18. Februar 2008, http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-6496-2008-INIT/de/pdf.

(6)  ABl. C 87 E vom 7.4.2004, S. 506.

(7)  ABl. C 104 E vom 30.4.2004, S. 127.

(8)  ABl. C 287 E vom 24.11.2006, S. 312.

(9)  ABl. C 282 E vom 6.11.2008, S. 443.

(10)  ABl. C 296 E vom 2.10.2012, S. 105.

(11)  ABl. C 296 E vom 2.10.2012, S. 114.

(12)  ABl. C 168 E vom 14.6.2013, S. 26.

(13)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0446.

(14)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0229.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/121


P8_TA(2015)0273

Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zur Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (2014/2256(INI))

(2017/C 265/14)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Artikel 4, 26, 34, 114, 118 und 167 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

unter Hinweis auf Artikel 27 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte,

unter Hinweis auf das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) von 1994,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der UNESCO vom 20. Oktober 2005 zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen,

unter Hinweis auf die Artikel 11, 13, 14, 16, 17, 22 und 52 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (1),

unter Hinweis auf die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und der Kunst und ausdrücklich auf den Dreistufentest,

unter Hinweis auf den Urheberrechtsvertrag der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) vom 20. Dezember 1996,

unter Hinweis auf den WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger vom 20. Dezember 1996,

unter Hinweis auf den WIPO-Vertrag zum Schutz von audiovisuellen Darbietungen, der am 24. Juni 2012 von der Diplomatischen Konferenz der WIPO über den Schutz audiovisueller Darbietungen in Beijing angenommen wurde,

unter Hinweis auf die gemeinsame Studie des Europäischen Patentamts (EPA) und des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (HABM) vom September 2013 über die Rechte des geistigen Eigentums mit dem Titel „Intellectual property rights intensive industries: contribution to economic performance and employment in the European Union“ (Beitrag schutzrechtsintensiver Wirtschaftszweige zur Wirtschaftsleistung und Beschäftigung in der Europäischen Union),

unter Hinweis auf den Vertrag von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen zu veröffentlichten Werken,

unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt (2),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2013/37/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Änderung der Richtlinie 2003/98/EG über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (3),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2012/28/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über bestimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister Werke (4),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/116/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (5),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/77/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2011 zur Änderung der Richtlinie 2006/116/EG über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (6),

unter Hinweis auf die Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung (7),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (8),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (9), mit der die Richtlinie 92/100/EWG des Rates (10) geändert wurde,

unter Hinweis auf die Richtlinie 2001/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 über das Folgerecht des Urhebers des Originals eines Kunstwerks (11),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 27. Februar 2014 zu den Abgaben für Privatkopien (12),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. September 2013 zur Unterstützung der europäischen Kultur- und Kreativwirtschaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung (13),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. September 2012 zum Online-Vertrieb von audiovisuellen Werken in der Europäischen Union (14),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. September 2010 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums im Binnenmarkt (15),

unter Hinweis auf die öffentliche Anhörung zur Überarbeitung der EU-Vorschriften zum Urheberrecht, die zwischen dem 5. Dezember 2013 und dem 5. März 2014 von der Kommission durchgeführt wurde,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Februar 2012 zum Zugang von Blinden zu Büchern und anderen Druckerzeugnissen im Anschluss an die Petition 924/2011, eingereicht von Dan Pescod, britischer Staatsangehörigkeit, im Namen der Europäischen Blindenmission (EBU)/Royal National Institute of Blind People (RNIB) (16),

unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission über den Online-Vertrieb von audiovisuellen Werken in der Europäischen Union: Chancen und Herausforderungen für den digitalen Binnenmarkt (COM(2011)0427),

unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission mit dem Titel „Urheberrechte in der wissensbestimmten Wirtschaft“ (COM(2008)0466),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Ein Binnenmarkt für Rechte des geistigen Eigentums — Förderung von Kreativität und Innovation zur Gewährleistung von Wirtschaftswachstum, hochwertigen Arbeitsplätzen sowie erstklassigen Produkten und Dienstleistungen in Europa“ (COM(2011)0287),

unter Hinweis auf das Absichtserklärung vom 20. September 2011 über die wichtigsten Grundsätze für die Digitalisierung und Zugänglichmachung von vergriffenen Werken zur Erleichterung der Digitalisierung und Zurverfügungstellung von Büchern und Fachzeitschriften für die europäischen Bibliotheken und vergleichbare Einrichtungen,

gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses sowie die Stellungnahmen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie und des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (A8-0209/2015),

A.

in der Erwägung, dass die Überarbeitung der Richtlinie 2001/29/EG für die Förderung von Kreativität und Innovation, für kulturelle Vielfalt, Wirtschaftswachstum, Wettbewerbsfähigkeit, für den digitalen Binnenmarkt und für den Zugang zu Wissen und Informationen von zentraler Bedeutung ist und dass sie gleichzeitig den Urhebern von Werken der Literatur und der Kunst ausreichende Anerkennung und hinreichenden Schutz ihrer Rechte bietet;

B.

in der Erwägung, dass Artikel 167 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) bestimmt, dass die EU die Entfaltung und die Vielfalt der Kulturen der Mitgliedstaaten insbesondere durch das künstlerische und literarische Schaffen fördert;

C.

in der Erwägung, dass die Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft auf die Anpassung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte an die technologischen Entwicklungen ausgerichtet war;

D.

in der Erwägung, dass die Richtlinie 2001/29/EG auch verschiedene völkerrechtliche Verpflichtungen der EU betrifft, darunter die Bestimmungen der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, des WIPO-Urheberrechtsvertrags und des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger;

E.

in der Erwägung, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten erhebliche Investitionen in die Digitalisierung und Online-Verfügbarkeit der umfangreichen Sammlungen von Einrichtungen des kulturellen Erbes Europas tätigen, damit die Bürgerinnen und Bürger Zugang von überall mit jedwedem Gerät haben können;

F.

in der Erwägung, dass die europäische Kultur- und Kreativwirtschaft ein Motor für das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der EU ist und einen wesentlichen Beitrag zur Wirtschaft der EU leistet, da sie Schätzungen zufolge mehr als 7 Millionen Menschen beschäftigt und über 4,2 % zum BIP der EU beiträgt, und in der Erwägung, dass die Kulturwirtschaft auch während der Wirtschaftskrise der Jahre 2008-2012 Arbeitsplätze geschaffen hat;

G.

in der Erwägung, dass in der gemeinsamen Studie des EPA und des HABM vom September 2013 aufgezeigt wird, dass in den schutzrechtsintensiven Wirtschaftszweigen etwa 39 % der gesamten Wirtschaftsleistung der EU (also etwa 4 700 Mrd. EUR jährlich) erwirtschaftet wird und außerdem — gemessen an der Gesamtbeschäftigtenzahl — 26 % (56 Millionen) aller Arbeitsplätze als direkte Arbeitsplätze und 9 % als indirekte Arbeitsplätze bereitgestellt werden,

H.

in der Erwägung, dass die „digitale Revolution“ neue Technologien und Kommunikationsmittel, aber auch neue Ausdrucksformen hervorgebracht hat, wodurch die traditionelle Dreierkonstellation zwischen Urhebern, Kulturunternehmern und Nutzern in Frage gestellt wird, und zur Entstehung einer wissensbasierten Wirtschaft mit neuen Arbeitsplätzen und einem günstigen Umfeld für Kultur und Innovationen beigetragen hat;

I.

in der Erwägung, dass alle politischen Initiativen zum digitalen Binnenmarkt mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere den Artikeln 11, 13, 14, 16, 17 und 22, vereinbar sein müssen;

J.

in der Erwägung, dass die kulturelle Vielfalt und die Sprachenvielfalt über Staatsgrenzen hinaus gehen und dass einige europäische Sprachen in mehreren Ländern gesprochen werden;

K.

in der Erwägung, dass in der Grundrechtecharta die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit, sowie die Freiheit der Kunst und der Wissenschaft geschützt werden und der Schutz personenbezogener Daten und der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, des Eigentumsrechts und des geistigen Eigentums, des Rechts auf Bildung und der unternehmerischen Freiheit garantiert wird;

L.

in der Erwägung, dass auch im digitalen Zeitalter der Anspruch des Urhebers auf Schutz seiner kreativen Leistung weiter bestehen muss;

M.

in der Erwägung, dass Maßnahmen, die zur weiteren Entwicklung des kulturellen Austauschs beitragen und die Rechtssicherheit in dem Sektor verbessern, in Betracht gezogen werden müssen; in der Erwägung, dass seit der Anwendung der Richtlinie 2001/29/EG zahlreiche kreative Online-Dienste entwickelt werden konnten und den Verbrauchern noch nie ein so reichhaltiges Angebot an kreativen und kulturellen Werken zur Verfügung stand; in der Erwägung, dass den Nutzern ein reichhaltiges, vielfältiges und hochwertiges Angebot zur Verfügung stehen muss;

N.

in der Erwägung, dass die harmonische und systematische Entwicklung der digitalen Bibliothek Europeana, die 2008 im Zusammenhang mit einer EU-Initiative eingerichtet wurde, Werke aus Bibliotheken der Mitgliedstaaten zugänglich gemacht hat;

O.

in der Erwägung, dass kreative Werke zu den Hauptquellen zählen, aus denen die Akteure der digitalen Wirtschaft und der Informationstechnologiebranche, wie Suchmaschinen, soziale Medien oder Plattformen für nutzergenerierte Inhalte, schöpfen, aber praktisch der gesamte von den kreativen Werken generierte Wert diesen digitalen Vermittlern zufällt, die wiederum den Urhebern eine Vergütung vorenthalten oder extrem niedrige Vergütungen aushandeln;

P.

in der Erwägung, dass durch die Richtlinie 2011/77/EU und die Richtlinie 2006/116/EG die Bedingungen für den Schutz des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte dadurch harmonisiert wurden, dass eine vollständige Harmonisierung der Schutzdauer für jede Art von Werk und jedes verwandte Schutzrecht in den Mitgliedstaaten vorgenommen wurde;

Q.

in der Erwägung, dass es Aufgabe der Gesetzgeber der EU ist, einen klaren und für alle Interessenträger — insbesondere auch für die breite Öffentlichkeit — nachvollziehbaren Rechtsrahmen zum Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte zu fördern und damit für Rechtssicherheit zu sorgen;

R.

in der Erwägung, dass bestimmte Vermittler im Internet Wettbewerbsvorteile besitzen und ihre Macht weiter zunimmt, was sich negativ auf das schöpferische Potenzial der Urheber und auf die Entwicklung von Dienstleistungen anderer Vertreiber kreativer Werke auswirkt;

S.

in der Erwägung, dass bei der Festlegung des Rechtsrahmens zum Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte darauf geachtet werden sollte, dass innovative industrielle und kommerzielle Modelle gefördert werden müssen, damit die mit neuen Technologien verbundenen Möglichkeiten zum Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit von EU-Unternehmen genutzt werden können;

T.

in der Erwägung, dass die Förderung von Wachstum und Beschäftigung ein vorrangiges Ziel der Kommission ist und im Mittelpunkt ihres Programms für den Zeitraum von 2014 bis 2019 steht;

1.

weist darauf hin, dass mit dem Urheberrecht die Vergütung der Urheber und die Finanzierung der schöpferischen Tätigkeit konkret sichergestellt werden kann;

2.

begrüßt die Initiative der Kommission, eine Konsultation zum Urheberrecht durchgeführt zu haben, die bei einer großen Bandbreite von Interessenträgern, einschließlich der Kulturwirtschaft und der Zivilgesellschaft, auf großes Interesse gestoßen ist (17);

3.

begrüßt die Zusage der Kommission, die digitale Agenda der EU, einschließlich Urheberrechtsfragen, während der Mandatszeit der neuen Kommission weiterzuentwickeln; begrüßt das Arbeitsprogramm der Kommission für 2015 insofern, als darin zugesagt wird, ein Paket für den digitalen Binnenmarkt vorzulegen, das auch einen Gesetzgebungsvorschlag zur Modernisierung des Urheberrechts enthält, damit dieses für das digitale Zeitalter tauglich gemacht werden kann;

4.

erinnert daran, dass das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte sowohl die Entwicklung und den Vertrieb neuer Produkte und Dienstleistungen als auch die Schaffung und Verwertung ihres schöpferischen Inhalts schützen und fördern und damit in der EU branchenübergreifend zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit, mehr Beschäftigung und Innovation beitragen;

5.

betont, dass das Urheberrecht nur so wirksam ist, wie es die zum Schutz dieses Rechtes vorhandenen Durchsetzungsmaßnahmen sind, und dass das Urheberrecht energisch durchgesetzt werden muss, wenn eine blühende und innovative Kreativwirtschaft sichergestellt werden soll;

6.

weist darauf hin, dass das Territorialprinzip ein inhärentes Merkmal des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte ist; betont, dass dieses Prinzip Maßnahmen zur Sicherung der Portabilität der Inhalte nicht entgegensteht;

7.

betont, dass bei einer Überarbeitung der Richtlinie 2001/29/EG der Grundsatz einer angemessenen Vergütung der Rechtsinhaber weiter Geltung haben sollte; fordert, dass das Territorialprinzip bekräftigt wird, nach dem jeder Mitgliedstaat in der Lage ist, den Grundsatz einer angemessenen Vergütung im Rahmen seiner eigenen Kulturpolitik zu garantieren;

8.

stellt fest, dass den Nutzern seit der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG ein umfangreicheres legales Angebot an Werken zur Verfügung steht; stellt ferner fest, dass der grenzüberschreitende Zugang zur Vielfalt der Verwendungen, die den Verbrauchern durch den technologischen Fortschritt angeboten wird, faktengestützte Verbesserungen des geltenden Rechtsrahmens erforderlich machen könnte, um das legale Angebot an breit gefächerten kulturellen und kreativen Online-Inhalten weiter zu entwickeln, damit Zugang zur kulturellen Vielfalt Europas geschaffen wird;

9.

weist darauf hin, dass den Verbrauchern allzu oft der Zugang zu bestimmten Informationsangeboten aus geografischen Gründen verwehrt wird, was gegen das Ziel der Richtlinie 2001/29/EG zur Verwirklichung der vier Freiheiten des Binnenmarkts verstößt; fordert die Kommission daher mit Nachdruck auf, geeignete Lösungen für eine bessere grenzübergreifende Zugänglichkeit zu Dienstleistungen und zu urheberrechtlich geschützten Inhalten für Verbraucher vorzuschlagen;

10.

ist der Auffassung, dass aus dem in der Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Rechten verfolgten Ansatz Lehren für andere Arten von Inhalten gezogen werden könnten, dass aber Probleme im Zusammenhang mit der Übertragbarkeit und dem Geoblocking eventuell nicht durch eine allumfassende Lösung gelöst werden können, sondern mehrere verschiedene Interventionen sowohl regulatorischer als auch marktgeführter Art erfordern könnten;

11.

betont, dass die kreative Produktion der EU eine ihrer wertvollsten Ressourcen ist und dass diejenigen, die in ihren Genuss kommen wollen, dafür bezahlen können sollten, selbst wenn sie nur in einem anderen Mitgliedstaat verkauft wird;

12.

weist darauf hin, dass Sendeunternehmen, die den gesamten europäischen Raum abdecken möchten, Mehrgebietslizenzen erwerben können, wie sie in der Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten vorgesehen sind;

13.

weist darauf hin, dass die Finanzierung, die Produktion und die Koproduktion von Filmen und Fernsehinhalten in hohem Maße von ausschließlichen Gebietslizenzen abhängen, die örtlichen Verleihern auf verschiedenen Plattformen erteilt werden, die den kulturellen Eigenheiten der verschiedenen europäischen Märkte Rechnung tragen; betont deshalb, dass sich die Vertragsfreiheit, den geografischen Geltungsbereich und verschiedene Vertriebsplattformen zu bestimmen, positiv auf Investitionen in Filme und Fernsehinhalte sowie auf die kulturelle Vielfalt auswirkt; fordert die Kommission auf sicherzustellen, dass einer Initiative zur Modernisierung des Urheberrechts eine umfangreiche Folgenabschätzung zu den möglichen Auswirkungen auf die Produktion, die Finanzierung und den Vertrieb von Filmen und Fernsehinhalten sowie auf die kulturelle Vielfalt vorausgeht;

14.

betont, dass gewerbliche Geoblocking-Praktiken nicht in den Mitgliedstaaten der EU lebende kulturelle Minderheiten daran hindern sollten, auf bestehende Inhalte oder Dienstleistungen in ihrer Sprache zugreifen zu können, die entweder kostenfrei oder kostenpflichtig sind;

15.

unterstützt die Initiativen, die auf die Verbesserung der Übertragbarkeit von Online-Diensten betreffend rechtmäßig erworbener und rechtmäßig zur Verfügung gestellter Inhalte innerhalb der EU abzielen, wobei das Urheberrecht und die Interessen der Rechtsinhaber in vollem Umfang respektiert werden;

16.

erinnert daran, dass die europäischen Kulturmärkte aufgrund der kulturellen und sprachlichen Vielfalt in Europa naturgemäß heterogen sind; stellt fest, dass diese Vielfalt eher als Vorteil denn als ein Hindernis für den Binnenmarkt betrachtet werden sollte;

17.

nimmt die große Bedeutung der Gebietslizenzen in der EU insbesondere mit Blick auf die Herstellung von Bild- und Tonträgern sowie die Filmproduktion zur Kenntnis, die vorrangig auf Vorab-Einkaufs- oder Vorfinanzierungsregelungen der Sendeunternehmen beruhen;

18.

nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass rechtswidrige Online-Dienste rasant zunehmen, geschützte Werke immer häufiger unerlaubt vervielfältigt und die Immaterialgüterrechte generell immer häufiger verletzt werden, was eine ernste Bedrohung für die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten und die schöpferische Tätigkeit in der EU darstellt;

19.

betont, dass jegliche Reform des Urheberrechtsrahmens sich auf ein hohes Maß an Schutz gründen sollte, da Rechte für das geistige Schaffen wesentlich sind und eine solide, klare und flexible Rechtsgrundlage bieten, durch die Investitionen und Wachstum im Bereich der Kreativ- und Kulturwirtschaft begünstigt und gleichzeitig die Rechtsunsicherheit und rechtliche Unstimmigkeiten, die die Abläufe am Binnenmarkt beeinträchtigen, beseitigt werden;

20.

betont, dass neben dem wichtigen Ausbau funktionierender Strukturen für den digitalen Binnenmarkt auch Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das ordnungsgemäße Funktionieren des analogen Binnenmarkts weiterhin zu gewährleisten;

21.

weist darauf hin, dass in den schutzrechtsintensiven Wirtschaftszweigen in der EU mehr als 7 Millionen Menschen beschäftigt sind; fordert deshalb die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass allen Gesetzesinitiativen zur Modernisierung des Urheberrechts gemäß den Grundsätzen der besseren Rechtsetzung eine umfassende Ex-ante-Folgenabschätzung über die Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung sowie über die Kosten und die möglichen Vorteile einer solchen Initiative vorausgeht;

22.

betont, dass künftige Überarbeitungen des Urheberrechts der EU gezielt und auf belastbare Daten gestützt erfolgen müssen, damit sich die Kreativwirtschaft in Europa weiterentwickeln kann;

23.

stellt fest, dass die Abläufe im digitalen Binnenmarkt und die Ausarbeitung eines rechtmäßigen Angebots vielfältiger kultureller und kreativer Online-Inhalte durch urheberrechtswidrige gewerbliche Tätigkeiten ernsthaft gefährdet werden;

24.

hält es für unverzichtbar, die Position von Autoren und Urhebern zu stärken und ihre Vergütung im Zusammenhang mit dem digitalen Vertrieb und der digitalen Nutzung ihrer Werke zu verbessern;

Ausschließliche Rechte

25.

weist darauf hin, dass es wichtig ist, Urhebern und ausübenden Künstler für ihre schöpferische und künstlerische Tätigkeit rechtlichen Schutz zukommen zu lassen; erkennt an, dass die Verbreitung von Kultur und Wissen im öffentlichen Interesse liegt; erkennt die Rolle von Produzenten und Verlegern, Werke auf den Markt zu bringen, und die Notwendigkeit einer fairen und angemessenen Vergütung für alle Gruppen von Rechtsinhabern an; fordert eine verbesserte vertragliche Position von Urhebern und ausübenden Künstlern im Verhältnis zu anderen Rechtsinhabern und Vermittlern, insbesondere durch die Erwägung einer angemessenen Frist für die Nutzung der vom Urheber an Dritte übertragenen Rechte, nach deren Ablauf diese Rechte erlöschen würden, da vertragliche Kontakte durch ein Machtgefälle gekennzeichnet sein können; betont in diesem Zusammenhang die große Bedeutung der Vertragsfreiheit;

26.

stellt fest, dass ein angemessener Schutz von urheberrechtlich geschützten Werken und sonstigen Schutzgegenständen auch kulturell gesehen von großer Bedeutung ist, und dass nach Artikel 167 AEUV die Union bei ihrer Tätigkeit den kulturellen Aspekten Rechnung zu tragen hat;

27.

betont, dass Urheber und ausübende Künstler im digitalen Umfeld in gleichem Maße wie in der analogen Welt eine angemessene Vergütung erhalten müssen;

28.

legt der Kommission nahe, zielgerichtete und sachgerechte Maßnahmen zur Erhöhung der Rechtssicherheit im Einklang mit dem Ziel der Kommission einer besseren Rechtsetzung zu prüfen; fordert die Kommission auf, die Auswirkungen eines einheitlichen Unionsurheberrechts auf Arbeitsplätze und Innovation, auf die Interessen der Urheber, ausübenden Künstler und anderen Rechtsinhaber sowie auf die Förderung des Zugangs von Verbrauchern zu regionaler kultureller Vielfalt zu untersuchen;

29.

weist darauf hin, dass die ausschließlichen Rechte und die Vertragsfreiheit grundlegende Bestandteile des fragilen Interessengeflechts der schöpferischen Tätigkeiten und deren Finanzierung sind, da dadurch Risiken breiter gestreut, verschiedene Akteure zugunsten eines vielfältigen öffentlichen Kulturlebens in gemeinsame Projekte eingebunden und Investitionen in die Produktion professioneller Inhalte angezogen werden;

30.

empfiehlt, dass der Gesetzgeber der EU prüfen sollte, wie die Hindernisse für die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors weiter abgebaut werden können, um das öffentliche Interesse, gleichzeitig aber auch persönliche Informationen zu schützen; stellt fest, dass solche Anpassungen der Rechtsvorschriften der Richtlinie 2013/37/EU, den Grundsätzen des Urheberrechts und der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union Rechnung tragen sollten;

31.

fordert die Kommission auf, gemeinfreie Werke wirksam zu schützen, die definitionsgemäß nicht dem Urheberrechtschutz unterliegen; fordert deshalb die Kommission nachdrücklich auf, klarzustellen, dass ein Werk, das einmal gemeinfrei war, auch nach einer etwaigen Digitalisierung des Werkes, durch die kein neues, umgewandeltes Werk entsteht, gemeinfrei bleibt; fordert die Kommission auch auf, zu prüfen, ob es möglich ist, Rechtsinhabern die Möglichkeit einzuräumen, ihre Werke ganz oder teilweise gemeinfrei zur Verfügung zu stellen;

32.

fordert die Kommission auf, die Schutzdauer des Urheberrechts weiter zu harmonisieren, ohne diese zu verlängern, so dass sie den derzeit geltenden internationalen Standards der Berner Übereinkunft entspricht; legt den Mitgliedstaaten nahe, die Umsetzung und Durchführung der Richtlinien 2006/116/EG und 2011/77/EU zügig abzuschließen;

Ausnahmen und Beschränkungen

33.

fordert den Gesetzgeber der EU auf, dem Ziel der Richtlinie 2001/29/EG treu zu bleiben, angemessenen Schutz für Urheberrechte und verwandte Schutzrechte als einen der zentralen Wege der Gewährleistung europäischer kultureller Kreativität zu bieten und einen angemessenen Ausgleich zwischen den verschiedenen Gruppen von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegenständen sowie zwischen den verschiedenen Gruppen von Rechtsinhabern zu sichern; weist ferner darauf hin, dass bei jeder Änderung der Rechtsvorschriften in diesem Bereich dafür gesorgt werden sollte, urheberrechtlich und durch verwandte Schutzrechte geschützte Werke und Dienste für Menschen mit Behinderung in allen Formaten zugänglich zu machen;

34.

betont, dass das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte den Rechtsrahmen für die europäische Kultur- und Kreativwirtschaft sowie für Bildung und Forschung, aber auch für den Wirtschaftsbereich bilden, der von den Ausnahmen und Beschränkungen im Urheberrecht profitiert, und dass sie damit die Grundlage für die Tätigkeiten und für Arbeitsplätze in diesen Bereichen bilden;

35.

stellt fest, dass Ausnahmen und Beschränkungen unter Berücksichtigung des Zwecks, für den sie geschaffen wurden und der Besonderheiten des digitalen und des analogen Umfelds angewandt werden müssen, wobei die Balance zwischen den Interessen der Rechtsinhaber und den Interessen der Öffentlichkeit gewahrt bleiben muss; fordert daher die Kommission auf, die Möglichkeit der Überarbeitung bestimmter bestehender Ausnahmen und Beschränkungen zu prüfen, um diese besser an das digitale Umfeld anzupassen, wobei die laufenden Entwicklungen im digitalen Umfeld und die Notwendigkeit der Wettbewerbsfähigkeit berücksichtigt werden müssen;

36.

unterstreicht, dass es wichtig ist, dass Ausnahmen und Beschränkungen für Personen mit Behinderungen zugänglich sind; nimmt in diesem Zusammenhang den Abschluss des Vertrags von Marrakesch zur Kenntnis, der den Zugang für sehbehinderte Personen zu Büchern erleichtern wird, und fordert die schnelle Ratifizierung des Vertrags, ohne sie von der Überarbeitung des Rechtsrahmens der EU abhängig zu machen; ist der Ansicht, dass der Vertrag ein Schritt in die richtige Richtung ist, jedoch noch viel zu tun bleibt, um den Zugang zu Inhalten für Menschen mit anderen Behinderungen zu gewährleisten;

37.

nimmt die Bedeutung europäischer kultureller Vielfalt zur Kenntnis und stellt fest, dass Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Ausnahmen eine Herausforderung für das Funktionieren des Binnenmarkts im Hinblick auf die Entwicklung grenzüberschreitender Tätigkeiten und der weltweiten Wettbewerbsfähigkeit der EU und der Innovation darstellen können und auch zu Rechtsunsicherheit für Urheber und Nutzer führen kann; ist der Ansicht, dass einige Ausnahmen und Beschränkungen daher von mehr gemeinsamen Regelungen profitieren könnten; weist jedoch darauf hin, dass Unterschiede gerechtfertigt sein könnten, um Mitgliedstaaten zu ermöglichen, entsprechend ihrer speziellen kulturellen und wirtschaftlichen Interessen und den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität Rechtsvorschriften zu erlassen;

38.

fordert die Kommission auf, die Anwendung von Mindestanforderungen für die Ausnahmen und Beschränkungen zu prüfen sowie weiter für die ordnungsgemäße Umsetzung der Ausnahmen und Beschränkungen der Richtlinie 2001/29/EG und den innerhalb des Binnenmarkts gleichwertigen Zugang zu kultureller Vielfalt über Grenzen hinweg zu sorgen sowie die Rechtssicherheit zu verbessern;

39.

erachtet es als notwendig, die Ausnahmen zu stärken, die Einrichtungen von öffentlichem Interesse wie etwa Bibliotheken, Museen oder Archive in Anspruch nehmen können, um einen breiten Zugang zum kulturellen Erbe — auch mittels Online-Plattformen — zu fördern;

40.

fordert die Kommission auf, mit Umsicht den Schutz von Grundrechten zu prüfen, insbesondere wenn sie den Kampf gegen Diskriminierung oder den Schutz der Pressefreiheit zum Ziel haben; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass für diese Ausnahmen ein angemessener Ausgleich zu entrichten sein sollte;

41.

weist darauf hin, dass die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der Kultur- und Kreativwirtschaft bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und für das Wachstum in der EU eine große Rolle spielen; betont, dass sich die meisten KMU der Kultur- und Kreativwirtschaft auf die Flexibilität des urheberrechtlichen Rahmens stützen, um nicht nur kulturelle und kreative Werke zu produzieren, zu finanzieren und zu vertreiben, sondern auch innovative Lösungen zu entwickeln, damit die Nutzer online auf kreative Werke zugreifen können, die auf die Präferenzen und Besonderheiten der lokalen Märkte abgestimmt sind;

42.

nimmt mit Interesse die Entwicklung neuer Formen der Nutzung von Werken in digitalen Netzen, insbesondere unter Umgestaltung der Werke, zur Kenntnis, und betont die Notwendigkeit, Lösungen zu prüfen, die wirksamen Schutz, der eine ordnungsgemäße Vergütung und gerechten Ausgleich für Urheber vorsieht, mit dem im Allgemeininteresse liegenden Ziel des Zugangs zu Kulturgütern und Wissen in Einklang bringen;

43.

betont, dass dort, wo bereits Ausnahmen oder Beschränkungen Anwendung finden, weitere Nutzungen von Inhalten, die durch den technologischen Fortschritt oder neue Nutzungen von Technologien ermöglicht werden, zur Erhöhung der Rechtssicherheit so weit wie möglich im Einklang mit den bestehenden Ausnahmen oder Beschränkungen ausgelegt werden sollten, wenn die neue Nutzung der bestehenden ähnlich ist, wobei der Dreistufentest anzuwenden ist; erkennt an, dass diese Flexibilität in der Auslegung von Ausnahmen und Beschränkungen die Anpassung der fraglichen Ausnahmen und Beschränkungen an die jeweiligen nationalen Gegebenheiten und den sozialen Bedarf ermöglichen kann;

44.

betont die Notwendigkeit, Technologieneutralität und Zukunftsverträglichkeit von Ausnahmen und Beschränkungen unter gebührender Berücksichtigung der Auswirkungen der Medienkonvergenz zu gewährleisten, wobei dem öffentlichen Interesse gedient wird, indem Anreize zur Schaffung, Finanzierung und Verbreitung neuer Werke gefördert werden und dazu, diese Werke der Öffentlichkeit auf neuen, innovativen und nachvollziehbaren Wegen zur Verfügung zu stellen;

45.

schlägt vor, die Bestimmungen über die Haftung von Dienstleistungserbringern und Vermittlern zu überprüfen, um ihren rechtlichen Status und ihre Haftung in Bezug auf Urheberrechte klarzustellen, um zu garantieren, dass im Schaffensprozess und in der Wertschöpfungskette angemessene Sorgfalt gewahrt wird, und um sicherzustellen, dass Urheber und Rechtsinhaber in der EU eine gerechte Vergütung erhalten;

46.

betont, dass die Entwicklung des digitalen Marktes ohne die parallele Entwicklung der Kultur- und Kreativwirtschaft unmöglich ist;

47.

betont, dass die Ausnahme für Karikaturen, Parodien oder Pastiches für eine lebendige demokratische Auseinandersetzung wichtig ist; betont, dass die Ausnahme einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen und Rechten der Urheber und Originalfiguren und der Freiheit der Meinungsäußerung des Nutzers eines geschützten Werkes, der sich auf die Ausnahme für Karikaturen, Parodien oder Pastiches stützt, schaffen sollte;

48.

betont die Notwendigkeit, ordnungsgemäß zu prüfen, ob automatisierte Analyseverfahren für Texte und Daten (z. B. „Text- und Data-Mining“ oder „Content-Mining“) für Forschungszwecke ermöglicht werden können, vorausgesetzt, die Genehmigung zum Lesen des Textes wurde erworben;

49.

betont, dass die Entwicklung des digitalen Marktes eng mit der Entwicklung der Kreativ- und Kulturwirtschaft verknüpft ist, weshalb ein dauerhafter Wohlstand nur durch die ausgewogene parallele Entwicklung dieser beiden Bereiche erzielt werden kann;

50.

stellt fest, dass das Recht auf Privateigentum eine der Grundlagen der modernen Gesellschaft ist; stellt ebenfalls fest, dass ein erleichterter Zugang zu Lehrmaterialien und Kulturgütern für die Entwicklung einer wissensbasierten Gesellschaft außerordentlich bedeutsam ist, und dass dies von den Gesetzgebern berücksichtigt werden sollte;

51.

fordert eine Ausnahme für Forschungs- und Unterrichtszwecke, die nicht nur Bildungseinrichtungen, sondern auch akkreditierte Bildungs- und Forschungstätigkeiten, einschließlich Online- und grenzüberschreitende Tätigkeiten, die mit einer Bildungseinrichtung oder Institution verbunden sind, umfasst, die von zuständigen Behörden oder Rechtsvorschriften oder im Anwendungsbereich eines Bildungsprogramms anerkannt ist;

52.

betont, dass jede neue Ausnahme oder Beschränkung, die in das Rechtssystem des EU-Urheberrechts eingeführt werden soll, ordnungsgemäß mittels einer fundierten und objektiven wirtschaftlichen und rechtlichen Analyse zu begründen ist;

53.

weist auf die Bedeutung der Bibliotheken für die Wissensvermittlung hin und fordert die Kommission auf, die Annahme einer Ausnahme zu prüfen, die es öffentlichen und Forschungsbibliotheken gestattet, Werke in digitalen Formaten für den persönlichen Gebrauch für einen begrenzten Zeitraum durch das Internet oder die Netzwerke der Bibliothek an die Öffentlichkeit zu verleihen, damit sie ihren Gemeinwohlauftrag der Verbreitung von Wissen wirksam und zeitgemäß wahrnehmen können; empfiehlt, dass Urheber für den elektronischen Verleih in gleichem Ausmaß wie im Fall des Verleihs gedruckter Bücher im Einklang mit den einzelstaatlichen Vorschriften fair entschädigt werden sollten;

54.

fordert die Kommission auf, die Annahme einer Ausnahme zu prüfen, die es den Bibliotheken gestattet, Inhalte zwecks Konsultation, Erfassung und Archivierung zu digitalisieren;

55.

betont, dass es wichtig ist, die Schlussfolgerungen aus den zahlreichen Versuchen der Buchbranche, ausgewogene, gerechte und überlebensfähige Geschäftsmodelle aufzubauen, zu berücksichtigen;

56.

nimmt zur Kenntnis, dass in einigen Mitgliedstaaten gesetzliche Lizenzen mit dem Ziel von Ausgleichsregelungen eingeführt worden sind; betont, dass dafür gesorgt werden muss, dass Handlungen, die gemäß einer Ausnahme zulässig sind, auch zulässig bleiben; weist darauf hin, dass ein Ausgleich für die Anwendung von Ausnahmen und Beschränkungen nur in den Fällen in Betracht gezogen werden sollte, wenn Handlungen, die als unter eine Ausnahme fallend betrachtet werden, dem Rechtsinhaber einen Schaden zufügen; fordert ferner die Europäische Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums auf, eine umfassende wissenschaftliche Bewertung dieser mitgliedstaatlichen Maßnahmen und ihrer Auswirkungen auf alle betroffenen Interessenträger durchzuführen;

57.

weist auf die Bedeutung der Ausnahme für Privatkopien, die technisch nicht begrenzt werden kann, verbunden mit einem fairen Ausgleich für Urheber, hin; fordert die Kommission auf, auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse, der Entschließung des Parlaments vom 27. Februar 2014 zu den Abgaben für Privatkopien (18) und der Ergebnisse der jüngst von der Kommission durchgeführten Schlichtung (19) die Durchführbarkeit von bestehenden Maßnahmen des gerechten Ausgleichs für Rechtsinhaber in Bezug auf Vervielfältigungen, die von natürlichen Personen für den privaten Gebrauch angefertigt wurden, insbesondere in Bezug auf Transparenzmaßnahmen, zu analysieren;

58.

stellt fest, dass eine Abgabe auf private Kopien so geregelt werden sollte, dass die Bürger über die tatsächliche Höhe, den Zweck und die Verwendung der Abgabe unterrichtet werden;

59.

betont, dass die Abgaben im digitalen Bereich im Interesse des Schutzes der Rechte von Rechtsinhabern und Verbrauchern transparenter und optimiert werden sollten, wobei der Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt Rechnung getragen werden sollte;

60.

hält es für wichtig, bei der Urheberrechtsregelung für mehr Klarheit und Transparenz für die Urheberrechtsnutzer zu sorgen, insbesondere in Bezug auf nutzergenerierte Inhalte und urheberrechtliche Abgaben, um die Kreativität zu fördern, die Entwicklung von Online-Plattformen voranzubringen und für eine angemessene Vergütung der Inhaber von Urheberrechten zu sorgen;

61.

betont die Bedeutung von Artikel 6 Absatz 4 der Richtlinie 2001/29/EG und betont, dass die effektive Anwendung von Ausnahmen oder Beschränkungen und der Zugang zu Inhalten, die nicht Schutzgegenstand des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte sind, nicht durch Verträge oder Vertragsbestimmungen ausgeschlossen werden sollten;

62.

fordert die Sendeunternehmen auf, sämtliche Informationen über die für die Sicherstellung der Interoperabilität ihrer Inhalte erforderlichen technologischen Maßnahmen zu veröffentlichen;

63.

hebt hervor, dass eine bessere Interoperabilität vor allem von Software und Endgeräten gefördert werden muss, da mangelnde Interoperabilität zu Lasten der Innovation, des Wettbewerbs und der Verbraucher geht; ist der Ansicht, dass mangelnde Interoperabilität dazu führt, dass ein bestimmtes Produkt oder ein bestimmter Dienst eine marktbeherrschende Stellung erlangt, wodurch der Wettbewerb beeinträchtigt und das Angebot für die Verbraucher in der EU eingeschränkt wird;

64.

weist darauf hin, dass die schnelle technische Entwicklung im digitalen Markt einen technologisch neutralen Rechtsrahmen für Urheberrechte verlangt;

65.

erkennt die Bedeutung einer verhältnismäßigen und wirksamen Durchsetzung zur Unterstützung von Urhebern, Rechtsinhabern und Verbrauchern an;

66.

fordert die Kommission und den Gesetzgeber der EU auf, Lösungen für die Verlagerung der Wertschöpfung von Inhalten auf die Dienste auszuarbeiten; betont die Notwendigkeit, die Definition des Vermittlerstatus an das derzeitige digitale Umfeld anzupassen;

67.

betont, dass die Verbraucher oft mit diversen Einschränkungen konfrontiert werden, und dass die Verbraucherrechte im Urheberrechtsrahmen oft nicht vorkommen; fordert die Kommission auf, die Wirksamkeit des geltenden Urheberrechts aus der Sichtweise des Verbrauchers zu prüfen und eine Reihe klarer und verständlicher Verbraucherrechte zu entwickeln;

o

o o

68.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 167 vom 22.6.2001, S. 10.

(2)  ABl. L 84 vom 20.3.2014, S. 72.

(3)  ABl. L 175 vom 27.6.2013, S. 1.

(4)  ABl. L 299 vom 27.10.2012, S. 5.

(5)  ABl. L 372 vom 27.12.2006, S. 12.

(6)  ABl. L 265 vom 11.10.2011, S. 1.

(7)  ABl. L 248 vom 6.10.1993, S. 15.

(8)  ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 45.

(9)  ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 28.

(10)  ABl. L 346 vom 27.11.1992, S. 61.

(11)  ABl. L 272 vom 13.10.2001, S. 32.

(12)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0179.

(13)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0368.

(14)  ABl. C 353 E vom 3.12.2013, S. 64.

(15)  ABl. C 50 E vom 21.2.2012, S. 48.

(16)  ABl. C 249 E vom 30.8.2013, S. 49.

(17)  Kommission (GD Markt), Bericht über die Antworten zu der Öffentlichen Konsultation zur Überprüfung des EU-Rechtsrahmens zum Urheberrecht, Juli 2014.

(18)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0179.

(19)  Empfehlungen von António Vitorino vom 31. Januar 2013, die sich aus der jüngst von der Kommission durchgeführten Schlichtung über die Abgaben für private Kopien und private Vervielfältigung ergeben.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/130


P8_TA(2015)0274

Bewertung der Maßnahmen des Europäischen Fonds für Demokratie (EFD)

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu dem neuen Ansatz der EU in Bezug auf die Menschenrechte und Demokratie — Bewertung der Maßnahmen des Europäischen Fonds für Demokratie (EFD) seit seiner Einrichtung (2014/2231(INI))

(2017/C 265/15)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Artikel 2, 6, 8 und 21 des Vertrags über die Europäische Union,

unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 29. März 2012 an den Rat zu den Modalitäten der möglichen Einrichtung eines Europäischen Fonds für Demokratie (EFD) (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Juli 2011 zu den außenpolitischen Maßnahmen der EU zur Förderung der Demokratisierung (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Dezember 2012 zu einer Strategie für digitale Freiheiten in der Außenpolitik der EU (3),

unter Hinweis auf den Jahresbericht der EU über Menschenrechte und Demokratie in der Welt 2013, der vom Rat am 23. Juni 2014 angenommen wurde,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. März 2015 zum Jahresbericht über Menschenrechte und Demokratie in der Welt 2013 und die Politik der Europäischen Union in diesem Bereich (4),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 236/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2014 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften und Verfahren für die Anwendung der Instrumente der Union für die Finanzierung des auswärtigen Handelns (5),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 235/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2014 zur Schaffung eines Finanzierungsinstruments für weltweite Demokratie und Menschenrechte (6),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 18. Mai 2009 zur „Unterstützung der demokratischen Staatsführung — Für einen verbesserten EU-Rahmen“ (7),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zur Unterstützung der Demokratie in den Außenbeziehungen der Europäischen Union vom 17. November 2009 (8)

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 13. Dezember 2010 mit dem Fortschrittsbericht 2010 und der Liste der Pilotländer (9),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 20. Juni 2011 zur Europäischen Nachbarschaftspolitik (10),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 1. Dezember 2011 zum Europäischen Fonds für Demokratie (11),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 25. Juni 2012 zum Thema Menschenrechte und Demokratie (12) und auf den Strategischen Rahmen und Aktionsplan der EU für Menschenrechte und Demokratie, der ebenfalls am 25. Juni 2012 vom Rat angenommen wurde (13),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 31. Januar 2013 zur EU-Unterstützung für einen nachhaltigen Wandel in Übergangsgesellschaften (14),

unter Hinweis auf das Gemeinsame Konsultationspapier der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Kommission vom 4. März 2015 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer neuen Europäischen Nachbarschaftspolitik“ JOIN(2015)0006),

unter Hinweis auf die Überprüfung des Europäischen Auswärtigen Dienstes 2013 (15),

unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Kommission vom 25. Mai 2011 mit dem Titel: „Eine neue Antwort auf eine Nachbarschaft im Wandel — Eine Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik“ (COM(2011)0303),

unter Hinweis auf das an den damaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek, und die damalige Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, gerichtete Schreiben vom 25. November 2011, in dem die Einrichtung des EFD unterstützt wurde,

unter Hinweis auf den Beschluss des EFD-Kuratoriums vom 3. Dezember 2014, die ursprünglich bestehenden geografischen Beschränkungen des EFD aufzuheben,

gestützt auf Artikel 52 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A8-0177/2015),

A.

in der Erwägung, dass eines der Hauptziele des auswärtigen Handelns der Union, das in Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union sowie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist, darin besteht, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Universalität und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu fördern und zu unterstützen;

B.

in der Erwägung, dass nach Auffassung der EU der Grundsatz der Eigenverantwortung im Rahmen von Prozessen des Aufbaus demokratischer Strukturen von höchster Bedeutung für die Förderung einer echten demokratischen Kultur ist;

C.

in der Erwägung, dass viele EU-Mitgliedstaaten im Laufe der vergangenen Jahrzehnte einen demokratischen Wandlungsprozess erfolgreich vollzogen und viel Erfahrung auf diesem Gebiet gesammelt haben, die für die Maßnahmen des EFD von Belang sein könnte und die auf fachlicher und politischer Ebene für die Tätigkeiten des EFD genutzt werden kann und genutzt werden sollte;

D.

in der Erwägung, dass die Ereignisse des Arabischen Frühlings und in der östlichen Nachbarregion zu einer Neugestaltung der politischen Instrumente der EU für die Förderung der Menschenrechte und die Unterstützung der Demokratie geführt haben;

E.

in der Erwägung, dass in einer Reihe von Ländern, in denen der EFD tätig ist, der Spielraum für legitime Handlungen der Zivilgesellschaft und für die externe Finanzierung von zivilgesellschaftlichen Organisationen immer kleiner wird, da autoritäre Regime immer ausgefeiltere Methoden, darunter Rechtsvorschriften, anwenden, um die Arbeit von nichtstaatlichen Organisationen und Demokratieverfechtern zu beschneiden, zu denen auch EFD-Begünstigte gehören;

F.

in der Erwägung, dass die Länder in der Nachbarregion der EU mit einer beträchtlichen Zahl von politischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert sind, wodurch Bemühungen um eine Demokratisierung und die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ernsthaft unter Druck geraten sind;

G.

in der Erwägung, dass man in den Ländern, in denen der EFD tätig ist, die Bereitstellung objektiver und unabhängiger Informationen fördern und die Medienlandschaft einschließlich des Internets und sozialer Medien stärken muss, indem die Presse- und Meinungsfreiheit geschützt und jede Form von sozialer und politischer Zensur bekämpft werden; in der Erwägung, dass außerdem Bemühungen um eine Demokratisierung in diesen Ländern unterstützt werden müssen, wozu die Festigung der Rechtsstaatlichkeit und die Korruptionsbekämpfung gehören;

H.

in der Erwägung, dass durch die Einrichtung des EFD neben anderen EU-Programmen wie dem Europäischen Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) und der Fazilität der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) für die Zivilgesellschaft der auf den Staat ausgerichtete herkömmliche Ansatz durch einen dringend benötigten ausgewogeneren sowie langfristig und gesellschaftlich orientierten Blickwinkel mit dem Schwerpunkt auf direkter Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Basisorganisationen und demokratischen politischen Akteuren ergänzt wird;

I.

in der Erwägung, dass die Bewertung der Wirkung der Maßnahmen zur Unterstützung der Demokratie, wie sie zum Beispiel durch den EFD durchgeführt werden, an und für sich ein schwieriges Unterfangen ist, was insbesondere auf den nicht linearen und langfristigen Verlauf von politischen Wandlungsprozessen in den betreffenden Ländern und auf die oftmals vertraulich behandelten Aktivitäten zurückzuführen ist;

J.

in der Erwägung, dass neue Informationstechnologien und soziale Medien zu wichtigen Instrumenten beim Streben nach Demokratie geworden sind und daher auf der EU-Agenda für die Unterstützung der Demokratie einen vorderen Platz einnehmen sollten;

K.

in der Erwägung, dass durch den EFD bis zum 30. Juni 2015 insgesamt 186 Initiativen mit einem Gesamtbetrag von mehr als 5,2 Mio. EUR in der südlichen Nachbarregion sowie über 5,3 Mio. EUR in der östlichen Nachbarregion und anderswo finanziert wurden;

L.

in der Erwägung, dass der EFD von einer einzigartigen Form der Kofinanzierung profitiert, bei der dessen Verwaltungsetat von der Kommission getragen wird, während Maßnahmen vor Ort durch die Beiträge von Mitgliedstaaten und Drittländern finanziert werden;

Allgemeine Bewertung

1.

begrüßt angesichts der derzeit problematischen internationalen Rahmenbedingungen die bisherige Erfolgsbilanz des EFD und ist der Auffassung, dass er sein Hauptziel, der „Förderung und Unterstützung der Demokratisierung und einer vertieften und nachhaltigen Demokratie in den einen politischen Übergang durchlaufenden Ländern und in den für die Demokratisierung kämpfenden Gesellschaften zu dienen“ (16) und dabei „diejenigen zu unterstützen, die keine Unterstützung genießen“ erfüllt; stellt fest, dass er dies mithilfe der Bekämpfung der Korruption erreicht, indem er den Dialog durch Vielfalt und Gewaltfreiheit fördert, zu sozialer und politischer Teilhabe anregt, Aktivisten und Journalisten unterstützt, die sich in ihren Ländern dem Ziel verschrieben haben, eine Demokratisierung zu gewährleisten und dabei das Tempo zu erhöhen, und indem er den Zugang zur Justiz erleichtert;

2.

stellt mit Genugtuung fest, dass der EFD trotz der kurzen Zeit seiner bisherigen Tätigkeit und seiner begrenzten Finanzmittel und ungeachtet der Herausforderungen, die mit der Bewertung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Förderung der Demokratie verbunden sind, den Empfehlungen des Parlaments nachkommt und bestehende Formen der Unterstützung der Demokratie durch die EU mit einem Mehrwert versieht, der aus einer schnellen, flexiblen, nachfragegesteuerten Bottom-up-Finanzierung besteht, die den Begünstigten in einer finanziell effizienteren Weise als Ergänzung zu anderen EU-Maßnahmen unmittelbar zugutekommt, was einem geringen Verwaltungsaufwand und einfachen Verfahren zu verdanken ist, die für den EFD von seinem Kuratorium eingerichtet wurden;

3.

ist der Auffassung, dass der EFD als Instrument zur Unterstützung von Demokratie zu einer Senkung sowohl des politischen Risiko als auch des persönlichen Risikos von Menschen beigetragen hat;

4.

betont seine umfassende und fortgesetzte Unterstützung der mehrgleisigen Bemühungen der EU zur Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen, sozialer Bewegungen und Aktivisten in der ganzen Welt; weist erneut darauf hin, wie wichtig es ist, Redundanzen zu vermeiden und den ergänzenden Charakter der EFD-Maßnahmen im Hinblick auf bestehende EU-Instrumente der externen Finanzierung (insbesondere das EIDHR und das Europäische Nachbarschaftsinstrument) sicherzustellen, da alle zum Ziel haben, demokratische Prinzipien sowie die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten in der Nachbarregion der EU zu fördern;

5.

begrüßt das konsequente Eintreten des EFD für Rede- und Vereinigungsfreiheit, Medienfreiheit, den Aufbau und die Festigung rechtsstaatlicher Strukturen, Korruptionsbekämpfung sowie sozialen und politischen Pluralismus zur Unterstützung des Aufbaus demokratischer Staatsformen in der östlichen und südlichen Nachbarregion der EU;

6.

ist der Ansicht, dass die vom EFD ergriffenen Initiativen seine einzigartige Fähigkeit unter Beweis gestellt haben, in Fällen, in denen eine Finanzierung durch EU-Mitgliedstaaten und Drittländer nicht möglich war, Engpässe zu überbrücken oder Lücken zu füllen;

7.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, einen ganzheitlichen Ansatz zur Unterstützung eines politischen Wandels und der Demokratisierung in Drittstaaten zu entwerfen, der die Achtung der Menschenrechte, die Förderung der Gerechtigkeit, Transparenz, Rechenschaftspflicht, Versöhnung, Rechtsstaatlichkeit sowie die Festigung demokratischer Institutionen einschließlich der Gesetzgebungsorgane umfasst;

Finanzierung

8.

fordert die Gründungsmitglieder des EFD, insbesondere alle Mitgliedstaaten und die Kommission, auf, gemäß den von ihnen eingegangenen Verpflichtungen ihren Beitrag an den EFD zu entrichten oder diesen noch zu erhöhen;

9.

in der Erwägung, dass nach Stand vom 26. April 2015 die folgenden Länder Beiträge an den EFD zugesagt und entrichtet haben: Belgien, Bulgarien, die Tschechische Republik, Dänemark, Estland, Deutschland, Ungarn, Lettland, Litauen, Luxemburg, die Niederlande, Polen, Rumänien, die Slowakei, Spanien, Schweden und die Schweiz, wohingegen dies bei den restlichen zwölf Ländern noch aussteht;

10.

betont, dass es für eine Beibehaltung und Erhöhung der Wirksamkeit des EFD von wesentlicher Bedeutung ist, für eine langfristige, ausreichende, stabile, transparente und berechenbare Finanzierung zu sorgen;

11.

fordert die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und das für europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen zuständige Kommissionsmitglied auf, im Rahmen der vor kurzem begonnenen Überprüfung der ENP den Mehrwert des EFD zu berücksichtigen und darüber nachzudenken, wie der EFD nachhaltig finanziert werden kann;

12.

fordert Belgien auf, zumindest die Möglichkeit zu erwägen, die vom EFD und seinen Beschäftigten eingenommenen Steuern oder einen Teil davon in Form einer Finanzierung von EFD-Projekten zurückfließen zu lassen; erinnert daran, dass der EFD als private Stiftung nach belgischem Recht betrieben wird;

13.

begrüßt die finanziellen Beiträge der nord- und mitteleuropäischen sowie einiger südeuropäischen Mitgliedstaaten; fordert, dass die übrigen südlichen Mitgliedstaaten, von denen einige besonders enge historische, wirtschaftliche oder kulturelle Verbindungen zu der südlichen Nachbarregion haben, sich bei ihrem Beitrag zum EFD mittels Finanzierung oder Abordnung von Beamten besonders anstrengen;

14.

begrüßt die Finanzbeiträge, die der EFD von EU-Partnern wie der Schweiz und Kanada erhalten hat; regt an, dass auch andere Staaten, insbesondere die Länder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), den EFD unterstützen;

15.

fordert alle EFD-Geber auf, die uneingeschränkte Autonomie des EFD-Exekutivausschusses bei der Auswahl der Begünstigten auf der Grundlage des vom Kuratorium gebilligten Arbeitsplans sicherzustellen, und fordert ein Ende der Praxis der Geber, Gelder nur für bestimmte Länder oder Projekte vorzusehen;

Personalausstattung

16.

fordert, dass sich die Stärkung der Befugnisse des EFD-Sekretariats auch in einer angemessenen Personalausstattung niederschlägt, damit es seine neuen Aufgaben erfüllen kann;

17.

fordert die Mitgliedstaaten auf, nach dem von ihnen bekundeten Interesse, nationale Sachverständige für das EFD-Sekretariat abzustellen, entsprechende Folgemaßnahmen zu ergreifen;

Ausweitung des geografischen Mandats des EFD und Ost-Süd-Ausgleich

18.

begrüßt die Aufhebung der ursprünglich bestehenden geografischen Beschränkungen des EFD, die in der Sitzung des Kuratoriums vom 3. Dezember 2014 angenommen wurde;

19.

weist lobend darauf hin, dass der EFD bei der Projektfinanzierung auf ein geografisches Gleichgewicht zwischen der östlichen und der südlichen Nachbarregion achtet;

Finanzhilfen und Begünstigte

20.

hält es für wesentlich, dass eine nachhaltige Finanzierung der EFD-Begünstigten auf lange Sicht durch die Stärkung ergänzender Verbindungen zu anderen bilateralen Spendern und zu EU-Instrumenten der externen Finanzierung, insbesondere dem Europäischen Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR), sichergestellt wird, das gegebenenfalls die mittelfristige finanzielle Unterstützung von „gereiften“ EFD-Begünstigten übernehmen könnte, und fordert daher

a)

den EFD und die Kommission auf, eine Kontaktgruppe einzurichten, die erkunden soll, wie EFD-Begünstigte am besten zur finanziellen Unterstützung durch das EIDHR wechseln können; und

b)

die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) auf, eigens Vorschläge für Mechanismen der Schnittstellen für die Programmplanung und der Zusammenarbeit mit dem EFD zu unterbreiten, damit langfristig für Kohärenz und Nachhaltigkeit gesorgt wird;

21.

fordert den EFD auf, sich weiter aktiv in Ländern zu engagieren, wo der Spielraum für eine externe Unterstützung der Zivilgesellschaft stark eingeschränkt ist oder die staatliche Finanzierung diskriminierend ist und allein bestimmten Organisationen und Zivilgesellschaften gewährt wird; unterstützt die Bemühungen des EFD, neue innovative Wege zu erkunden, wie Akteure, die für einen Wandel eintreten, in einem besonders schwierigen politischen Umfeld unterstützt werden können;

22.

fordert das Kuratorium mit Nachdruck auf, weiterhin demokratische politische Aktivisten zu unterstützen und inklusive politische Prozesse zu finanzieren; ist der Auffassung, dass der EFD sich in die Neugründung und Konsolidierung politischer Parteien, die sich klar zu demokratischen Prinzipien bekennen, einbringen und diesen Prozess nach Möglichkeit im Rahmen einer Partnerschaft mit bestehenden politischen Stiftungen unterstützen sollte;

23.

begrüßt die EFD-Leitlinien für eine Überwachung und Bewertung; betont jedoch, dass diese Durchführungsleitlinien in einem angemessenen Verhältnis zur Größe und Personalausstattung des EFD stehen sollten;

24.

fordert den EFD auf, weiterhin auf neue Technologien zu reagieren und die technologische Unterstützung in seine Finanzhilfen zu integrieren;

25.

begrüßt die Finanzhilfen des EFD an ukrainische Akteure, die ein gutes Beispiel für die rasche Unterstützung politisch und zivilgesellschaftlich engagierter Bürger sind, die später in demokratische Ämter gewählt werden; begrüßt es, dass der EFD alle für Demokratie eintretenden Aktivisten, die sich in der östlichen Nachbarregion der EU engagieren, unterstützt und dadurch versucht, die Entwicklung gefestigter demokratischer Strukturen zu stärken;

26.

begrüßt die EFD-Finanzhilfen an Aktivisten in einigen der Länder der südlichen Nachbarregion, da sie ein Beleg für den Mehrwert der prodemokratischen Tätigkeit des EFD in besonderes feindlichen Umgebungen sind;

27.

fordert den EFD nachdrücklich auf, ein größeres Augenmerk auf sozial oder politisch ausgegrenzte Gruppen zu legen, indem unter anderem Frauenbewegungen, die für mehr Frauenrechte und die zunehmende Beteiligung von Frauen am öffentlichen Leben eintreten, sowie ethnische und sprachliche Minderheiten, LGBTI-Menschenrechtsaktivisten, verfolgte religiöse Minderheiten ebenso wie Basisorganisationen, gefährdete bzw. neue politische Bewegungen, Gewerkschafter, Blogger und Medienaktivisten unterstützt werden;

28.

fordert den EFD auf, gegebenenfalls eine Zusammenarbeit mit engagierten Bürgern einzugehen, die mit Religionsgemeinschaften, darunter verfolgte religiöse Minderheiten, in Verbindung stehen; erinnert daran, dass die Kirche eine tragende Rolle beim Widerstand gegen kommunistische Regimes sowie bei demokratischen Wandlungsprozessen in Mittel- und Osteuropa gespielt hat und weiterhin spielt;

29.

fordert den EFD auf, seine Unterstützung von jungen aufstrebenden Führungspersönlichkeiten sowie von Frauen, jungen Menschen und Angehörigen von Minderheiten, die neu in ein Amt gewählt wurden, in Ländern, die sich in einem politischen Wandlungsprozess befinden, zu intensivieren;

30.

fordert die Mitgliedstaaten auf, mittels des EFD die Zivilgesellschaft und die Medien in Russland weiterhin finanziell zu unterstützen; weist darauf hin, dass aktuelle Entwicklungen wie die zivilgesellschaftlichen Organisationen auferlegten Einschränkungen, die Unterdrückung der politischen Opposition und die zielgerichteten aggressiven Desinformationskampagnen durch die staatlich kontrollierten Medien anscheinend dazu dienen, bewusst einen Nährboden für ein extrem nationalistisch geprägtes politisches Klima, das durch antidemokratische Rhetorik, Repression und Hassreden gekennzeichnet ist, zu schaffen;

Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und dem EFD

31.

begrüßt die Vorstellung des ersten EFD-Jahresberichts vor dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, wie es gemäß Artikel 8 Absatz 4 des EFD-Statuts vorgesehen ist; betont, wie wichtig es ist, dass dieses Verfahren jährlich durchgeführt wird, und hebt hervor, dass dies eine gute Gelegenheit bietet, Bilanz zu ziehen und neue Synergien zu entwickeln;

32.

fordert wirksame Verbindungen zwischen dem EFD, der Koordinierungsgruppe Demokratieförderung und Wahlen sowie den einschlägigen Parlamentsausschüssen und ständigen Delegationen; fordert seine Mitglieder auf, den EFD zu unterstützen und seine Arbeit in entsprechenden Redebeiträgen sowie bei Besuchen von Delegationen des Europäischen Parlaments in Drittländern (darunter bei Treffen mit Begünstigten) hervorzuheben;

33.

fordert einen Ausbau der Zusammenarbeit zwischen dem EFD, seinen Begünstigten und dem Sacharow-Preis-Netzwerk;

34.

fordert den EFD auf, seine Zusammenarbeit mit dem „Forum des Europäischen Parlaments für junge Führungskräfte“ auszubauen;

Kohärenz und Koordination der Politik

35.

fordert die Mitgliedstaaten und EU-Organe auf, für eine echte interne und externe Kohärenz in Bezug auf die Demokratisierungsanstrengungen zu sorgen und die Rolle des EFD dabei anzuerkennen;

36.

fordert, dass die EU-Delegationen und diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten in den Ländern, in denen der EFD tätig ist, den EFD auf potenzielle Begünstigte aufmerksam machen und diese über den EFD informieren; fordert den EFD wiederum auf, engen Kontakt mit den zuständigen diplomatischen Bediensteten der EU und der Mitgliedstaaten zu pflegen, was potenzielle Begünstigte betrifft, die durch den EFD nicht unterstützt werden können, wobei gegenseitig auf die sensiblen Inhalte der Informationen und die Sicherheit aller Beteiligten geachtet wird;

37.

fordert die EU-Delegationen und die diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, in strukturierter Form zusammenzuarbeiten, um Visumantragsverfahren von EFD-Begünstigten, die in die Europäische Union eingeladen wurden, zu beschleunigen;

38.

begrüßt die Anstrengungen des EAD und der Kommission, Informationen über den EFD unter ihren Mitarbeitern, insbesondere in den EU-Delegationen, zu verbreiten;

39.

fordert, dass alle drei Jahre eine Sitzung des EFD-Kuratoriums auf Ministerebene stattfindet, in der man sich mit der EU-Politik zur Unterstützung der Demokratie und den künftigen Prioritäten der EFD-Strategie beschäftigt;

Zusammenarbeit mit anderen Unterstützern der Demokratie

40.

fordert den EFD auf, weiterhin mit in Europa beheimateten Organisationen wie dem Europarat, dem Internationalen Institut für Demokratie und Wahlunterstützung (IDEA) und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Einklang mit dem EFD-Statut zusammenzuarbeiten;

41.

fordert den EFD auf, die Zusammenarbeit mit wichtigen Akteuren sowie internationalen, regionalen und nationalen Organisationen weiter voranzutreiben, die in der EU beheimatet oder in den Ländern aktiv sind, in denen sich der EDF betätigt;

42.

fordert den EFD auf, Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit internationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen wie dem Zivilgesellschaftlichen Forum der Östlichen Partnerschaft und der Anna-Lindh-Stiftung zu erkunden;

Weitere Empfehlungen

43.

fordert den EFD auf, neue innovative Methoden und Instrumente der Hilfe für den Aufbau von Demokratie zu entwickeln, darunter solche zur Unterstützung von politischen Akteuren bzw. Aktivisten, und bewährte Verfahren auszutauschen, damit eine Anpassung an die zunehmend restriktive Atmosphäre in einer Reihe von Ländern mit autoritären Regimes mit einem besonderen Augenmerk auf den neuen Medien und Basisinitiativen in diesen Ländern erfolgt; betont in diesem Zusammenhang, wie wichtig länderspezifische Strategien sind;

44.

fordert den EFD im Sinne seines demokratischen Geistes auf, dafür zu sorgen, dass bei der Zusammensetzung seines Kuratoriums die Fraktionen auf der Grundlage des D’Hondt-Systems vertreten sind;

45.

begrüßt die bisherige Außenwirkung der Erfolge des EFD und ist der Auffassung, dass man durch eine noch stärkere Betonung der Einzigartigkeit und des Mehrwerts des EFD und eine regelmäßige breit angelegte Berichterstattung darüber die Möglichkeiten des EFD im Bereich der Mittelbeschaffung noch ausweiten könnte;

o

o o

46.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Auswärtigen Dienst sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und dem Europäischen Fonds für Demokratie zu übermitteln.


(1)  ABl. C 257 E vom 6.9.2013, S. 13.

(2)  ABl. C 33 E vom 5.2.2013, S. 165.

(3)  Angenommene Texte, P7_TA(2012)0470.

(4)  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0076.

(5)  ABl. L 77 vom 15.3.2014, S. 95.

(6)  ABl. L 77 vom 15.3.2014, S. 85.

(7)  http://register.consilium.europa.eu/doc/srv?l=DE&f=ST%209908%202009%20INIT

(8)  http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-111250-2008-INIT/de/pdf

(9)  https://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/EN/foraff/118433.pdf

(10)  http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_Data/docs/pressdata/EN/foraff/122917.pdf

(11)  http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_Data/docs/pressdata/EN/foraff/126505.pdf

(12)  http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_Data/docs/pressdata/EN/foraff/131171.pdf

(13)  http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_Data/docs/pressdata/EN/foraff/131181.pdf

(14)  http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_Data/docs/pressdata/EN/foraff/135130.pdf

(15)  http://eeas.europa.eu/library/publications/2013/3/2013_eeas_review_de.pdf

(16)  Artikel 2 des EFD-Statuts — abrufbar unter: https://www.democracyendowment.eu/about-eed/


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/137


P8_TA(2015)0275

Die Lage in Burundi

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zur Lage in Burundi (2015/2723(RSP))

(2017/C 265/16)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Burundi,

unter Hinweis auf das Abkommen von Cotonou,

unter Hinweis auf die Erklärung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. April 2014 zur Lage in Burundi,

unter Hinweis auf das Abkommen von Arusha für Frieden und Aussöhnung in Burundi,

unter Hinweis auf die Verfassung von Burundi,

unter Hinweis auf die am 31. Mai 2015 in Daressalam (Tansania) von den Staatschefs der Ostafrikanischen Gemeinschaft abgegebene Erklärung,

unter Hinweis auf den eindringlichen Aufruf, den ehemalige Staatschefs, politische Parteien und zivilgesellschaftliche Organisation Burundis am 28. Mai 2015 in Bujumbura formuliert haben,

unter Hinweis auf die von der Afrikanischen Union auf ihrem Gipfeltreffen vom 13. Juni 2015 angenommenen Beschlüsse zur Lage in Burundi,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 22. Juni 2015 zu Burundi,

unter Hinweis auf die Erklärung der Vizepräsidentin und Hohen Vertreterin Federica Mogherini vom 28. Mai 2015, die EU-Wahlbeobachtungsmission in Burundi auszusetzen, und die Erklärung des Sprechers der VP/HR vom 29. Juni 2015 zur Lage in Burundi,

unter Hinweis auf den Beschluss des Präsidiums der PPV AKP-EU vom 14. Juni 2015, die Wahlbeobachtungsmission der Versammlung in Burundi aufgrund der Lage in dem Land auszusetzen,

unter Hinweis auf die EU-Leitlinien betreffend den Schutz von Menschenrechtsverteidigern und die Menschenrechtsleitlinien der EU in Bezug auf die Freiheit der Meinungsäußerung sowie auf die Schlussfolgerungen des Rates vom Juni 2014, in denen er sich verpflichtete, sich stärker für Menschenrechtsverteidiger einzusetzen,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

unter Hinweis auf die Afrikanische Charta für Demokratie, Wahlen und Regierungsführung,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte,

unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker,

gestützt auf Artikel 123 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass in Artikel 96 der Verfassung von Burundi und in Artikel 7 Absatz 3 des Abkommens von Arusha für Frieden und Aussöhnung in Burundi festgelegt ist, dass ein Präsident seine Funktion nur über zwei Amtszeiten ausüben darf; in der Erwägung, dass Präsident Pierre Nkurunziza seit 2005 im Amt ist, da er im Jahr 2010 im Rahmen einer Wahl wiedergewählt wurde, die von der Opposition boykottiert wurde, nachdem diese die Regierung der Einschüchterung beschuldigt hatte;

B.

in der Erwägung, dass Präsident Nkurunziza am 26. April 2015 ankündigte, er werde für eine dritte Amtszeit kandidieren, die er für rechtmäßig erklärte, da er für seine erste Amtszeit von Mitgliedern der Legislative ernannt worden sei, und damit das Land in Aufruhr versetzte und Proteste auf breiter Front und einen gescheiterten Militärputsch im Mai auslöste;

C.

in der Erwägung, dass nach dieser Ankündigung und einem fehlgeschlagenen Staatsstreich unter der Leitung des ehemaligen Generalmajors der Armee Godefroid Niyombare — der aus dem Land floh — am 14. Mai 2015 17 Offiziere verhaftet wurden und anschließend mehr als 70 Menschen im Zuge der Gewalt und einer Reihe von Granatenangriffen ums Leben kamen;

D.

in der Erwägung, dass zwei leitende Mitglieder der Unabhängigen Nationalen Wahlkommission (CENI), ein hochrangiger Richter des Verfassungsgerichts, der beauftragt worden war, über die Rechtmäßigkeit der dritten Amtszeit des Präsidenten zu urteilen, und der Präsident der Nationalversammlung aus dem Land geflohen sind und dabei alle als Grund die Angst um ihre eigene Sicherheit angaben; in der Erwägung, dass am 25. Juni 2015 auch der burundische Vizepräsident Gervais Rufyikiri aus dem Land floh, nachdem er die Rechtmäßigkeit einer dritten Amtszeit des Präsidenten angezweifelt hatte;

E.

in der Erwägung, dass die Polizei übermäßige Gewalt eingesetzt hat, um gegen friedliche Protestteilnehmer vorzugehen, wodurch Menschen ums Leben kamen; in der Erwägung, dass zwischen dem 26. April und dem 12. Mai 2015 den Aufzeichnungen der Polizei zufolge 892 Menschen im Zusammenhang mit den Protesten festgenommen und 568 anschließend wieder freigelassen wurden; in der Erwägung, dass 280 Inhaftierte der Staatsanwaltschaft übergeben wurden;

F.

in der Erwägung, dass die Gewalt durch das Vorgehen regierungstreuer Milizen sogar noch verschlimmert wurde; in der Erwägung, dass nichtstaatliche Organisationen und Menschenrechtsverteidiger die Unterwanderung von Polizei und Streitkräften durch Milizen der CNDD–FDD (Conseil national pour la défense de la démocratie — Forces de défense de la démocratie) verurteilt haben;

G.

in der Erwägung, dass die Oppositionsparteien und die Zivilgesellschaft die Wahl aus folgenden Gründen boykottiert haben: Nutzung staatlicher Einrichtungen im Interesse einer Partei, Übergriffe und Einschüchterung durch die Jugendmiliz der Partei CNDD-FDD (die Imbonerakure), mangelndes Vertrauen in die CENI (Unabhängige Nationale Wahlkommission Burundis) und Strategien der Regierung zur Verringerung der Inklusivität des Wahlprozesses, darunter Schwierigkeiten bei der Wählerregistrierung und die Neueinteilung der Wahlbezirke zugunsten der Regierungspartei; in der Erwägung, dass die katholische Kirche Burundis die Pfarrer, die bei der Organisation der Wahl helfen sollten, aufgrund der Lage zurückgezogen hat, da sie „keine Wahl unterstützen kann, die voller Mängel ist“;

H.

in der Erwägung, dass die regierende Partei Burundis die Wiederaufnahme von Vermittlungsgesprächen unter Leitung des Vermittlers der Vereinten Nationen Abdoulaye Bathily, dessen Rücktritt sie gefordert hatte, boykottierte; in der Erwägung, dass sich die „Vermittlungsgruppe“ aus Vertretern der Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union (AU), der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) und der Internationalen Konferenz über die Region der Großen Seen (ICGL) zusammensetzt;

I.

in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft in der Region eine wichtige Rolle spielt, da sie auf die Einhaltung des Abkommens von Arusha achtet, und in der Erwägung, dass Einrichtungen wie der Internationale Strafgerichtshof für die Durchführung unabhängiger Untersuchungen der in Burundi verübten Gewalttaten und Verbrechen eine große Bedeutung haben;

J.

in der Erwägung, dass die Parlamentswahl ungeachtet der Forderungen der internationalen Gemeinschaft nach einer Verschiebung der Wahl sowie des Boykotts vonseiten der Zivilgesellschaft und der Opposition am 29. Juni 2015 stattfand und die Präsidentschaftswahl für den 15. Juli 2015 angesetzt ist;

K.

in der Erwägung, dass die EU am 29. Juni 2015 ihre Wahlbeobachtungsmission in Burundi zurückgezogen hat, da ihrer Ansicht nach durch die Anberaumung einer Parlamentswahl, bei der die Mindestvoraussetzungen für einen glaubwürdigen, transparenten und offenen Wahlgang nicht erfüllt sind, die Krise nur weiter verschärft wird;

L.

in der Erwägung, dass die Beobachter der Vereinten Nationen erklärten, dass die Wahl vom 29. Juni 2015 in Teilen des Landes in einer angespannten politischen Lage und in einem Klima weit verbreiteter Angst und Einschüchterung stattgefunden hatte, und daraus die Schlussfolgerung zogen, dass das Umfeld für die Durchführung einer freien, glaubwürdigen und inklusiven Wahl nicht förderlich war;

M.

in der Erwägung, dass der Wahlprozess nach wie vor erheblich beeinträchtigt wird, weil die unabhängigen Medien Einschränkungen unterliegen, übermäßige Gewalt gegen Demonstranten ausgeübt wird, ein Klima der Einschüchterung der Oppositionsparteien und der Zivilgesellschaft herrscht und kein Vertrauen in die Wahlbehörden besteht, was die EU zu dem Beschluss bewegt hat, ihre Wahlbeobachtungsmission auszusetzen;

N.

in der Erwägung, dass die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC) und die Afrikanische Union (AU) erklärt haben, dass derzeit keine für die Durchführung der Wahlen förderlichen Bedingungen gegeben sind und dass es innerhalb der in der Verfassung von Burundi festgelegten Frist nicht möglich sein wird, für derartige Bedingungen zu sorgen;

O.

in der Erwägung, dass nach Angaben des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) etwa 127 000 Menschen aus Burundi in Nachbarländer geflohen sind, was in der Demokratischen Republik Kongo, Ruanda und Tansania, wo Berichten zufolge die Cholera ausgebrochen ist, zu einer humanitären Notlage führte;

P.

in der Erwägung, dass der politische Stillstand in Burundi und die sich verschlechternde sicherheitspolitische und wirtschaftliche Lage schwerwiegende Folgen für die Bevölkerung haben und Risiken für die gesamte Region bergen und dass in Burundi derzeit die schlimmste Krise seit dem zwölf Jahre dauernden, ethnisch motivierten Bürgerkrieg herrscht, in dessen Rahmen bis 2005 schätzungsweise 300 000 Menschen ums Leben gekommen sind;

Q.

in der Erwägung, dass Vertreter der EU aufgrund vorangegangener Entschließungen des Europäischen Parlaments und insbesondere der darin enthaltenen Verweise auf Artikel 96 des Abkommens von Cotonou nachdrücklich die integrative Beteiligung aller politischen Kräfte des Landes am Wahlprozess im Einklang mit dem Zeitplan für die Wahl und dem Verhaltenskodex für Wahlen (Code de bonne conduite en matière électorale) gefordert haben;

R.

in der Erwägung, dass die EU die Auszahlung des ausstehenden Betrags im Umfang von 1,7 Mio. EUR zur Unterstützung der Wahl in Burundi ausgesetzt hat, da die erforderlichen Voraussetzungen für die Glaubwürdigkeit und den reibungslosen Verlauf des Wahlprozesses unter friedlichen, inklusiven und transparenten Bedingungen sowie unter Achtung der politischen Freiheiten, darunter der Meinungsfreiheit, derzeit nicht gegeben sind;

S.

in der Erwägung, dass auch Belgien die Aussetzung der Wahlhilfe angekündigt hat und beschlossen hat, die Hälfte der für die Wahlen vorgesehenen 4 Mio. EUR einzubehalten und sich aus einer gemeinsam mit den Niederlanden finanzierten Vereinbarung über die polizeiliche Zusammenarbeit in Höhe von 5 Mio. EUR zurückzuziehen; in der Erwägung, dass auch Frankreich die Zusammenarbeit mit Burundi im Bereich der Sicherheit ausgesetzt und die Bundesrepublik Deutschland die Aussetzung der gesamten bilateralen Zusammenarbeit mit der Regierung von Burundi angekündigt hat;

T.

in der Erwägung, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung durch die Verfassung von Burundi sowie durch die von Burundi ratifizierten internationalen und regionalen Verträge gewährleistet wird und darüber hinaus ein Bestandteil der nationalen Strategie für verantwortungsvolle Staatsführung und die Bekämpfung von Korruption sowie eine wesentliche Bedingung für die Abhaltung freier, fairer, transparenter und friedlicher Wahlen ist; in der Erwägung, dass die Medien allerdings infolge der Schließung von im Privatbesitz befindlichen Rundfunkanstalten Mitte Mai, des massenhaften Fortgangs von Journalisten und der ständigen Bedrohung der sich noch in Burundi aufhaltenden Journalisten vollständig ausgeschaltet wurden;

U.

in der Erwägung, dass die EU einen bedeutenden Beitrag zum Jahreshaushalt Burundis leistet, der sich etwa zur Hälfte aus internationaler Hilfe zusammensetzt, und Burundi vor kurzem 432 Mio. EUR aus dem Europäischen Entwicklungsfonds für den Zeitraum 2014–2020 zur Verfügung gestellt hat, unter anderem um einen Beitrag zur Verbesserung der Staatsführung und zur Stärkung der Zivilgesellschaft zu leisten;

V.

in der Erwägung, dass die derzeitige Lage Auswirkungen auf das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben aller Burundier hat; in der Erwägung, dass die meisten Schulen und Universitäten infolge der gewaltsamen Demonstrationen in der Hauptstadt Bujumbura geschlossen sind, die Landeswährung abgewertet wurde, die Arbeitslosigkeit gestiegen ist und die Steuereinnahmen aufgrund der Schließung von Handelszentren und des Abflauens des Handels mit den Nachbarländern gesunken sind;

1.

ist zutiefst besorgt über die sich verschlechternde politische und humanitäre Lage in Burundi und der Großregion; fordert die unverzügliche Einstellung der Gewalt und der politischen Einschüchterung von Kontrahenten und die sofortige Entwaffnung aller mit Parteien verbündeten bewaffneten Jugendgruppen; spricht den Opfern der Gewalt und den Angehörigen der Todesopfer sein Mitgefühl aus und fordert unverzügliche humanitäre Hilfe für diejenigen, die aus ihren Häusern fliehen mussten;

2.

verurteilt den Beschluss der Regierung Burundis, die Wahl trotz der derzeit kritischen politischen und sicherheitspolitischen Lage sowie ungeachtet der Tatsache, dass der Wahlprozess erheblich beeinträchtigt wurde, weil die unabhängigen Medien Einschränkungen unterliegen, übermäßige Gewalt gegen Demonstranten ausgeübt wird, ein Klima der Einschüchterung der Oppositionsparteien und der Zivilgesellschaft herrscht und kein Vertrauen in die Wahlbehörden besteht, abzuhalten; fordert die burundischen Behörden mit Nachdruck auf, die für den 15. Juli 2015 anberaumte Präsidentschaftswahl gemäß den Forderungen der Afrikanischen Union zu verschieben und alle Interessenträger in die Anstrengungen zur Schaffung eines Umfelds, das für einen friedlichen, glaubwürdigen, freien und fairen Wahlprozess förderlich ist, einzubinden;

3.

fordert sämtliche am Wahlprozess beteiligten Personen einschließlich der für die Organisation der Wahlen zuständigen Stellen und der Sicherheitsdienste dazu auf, die im Rahmen des Abkommens von Arusha eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten, und erinnert daran, dass der Bürgerkrieg mit der Unterzeichnung dieses Abkommens beendet und die Verfassung Burundis auf der Grundlage des Abkommens ausgearbeitet wurde; betont die Bedeutung einer einvernehmlichen Einigung über den Zeitplan für die Wahlen auf der Grundlage einer technischen Bewertung durch die Vereinten Nationen;

4.

bekräftigt erneut, dass eine dauerhafte politische Lösung im Interesse der Sicherheit und Demokratie für alle Einwohner Burundis nur im Rahmen eines Dialogs und Konsenses gefunden werden kann, an denen in Übereinstimmung mit dem Abkommen von Arusha und der Verfassung von Burundi die Regierung Burundis, die Opposition und die Zivilgesellschaft beteiligt werden; fordert alle Interessenträger in Burundi auf, die Gespräche über alle strittigen Themen wieder aufzunehmen; unterstützt daher die Vermittlungsbemühungen der AU, der EAC und der Vereinten Nationen und ist bereit, die Umsetzung der vor kurzem von der AU angekündigten spezifischen Maßnahmen zu unterstützen;

5.

bekundet erneut seine Unterstützung für die kontinuierlichen Bemühungen der EAC und betont die Bedeutung der Maßnahmen, auf die man sich auf den Gipfeltreffen in Daressalam am 13. und 31. Mai 2015 geeinigt hatte, darunter die Aufforderung, die Wahl zu verschieben und die Gewalt sofort zu beenden, die mit Parteien verbündeten Jugendgruppen zu entwaffnen und in einen Dialog mit allen in Burundi relevanten Akteuren einzutreten sowie die Zusage der Beteiligten in der Region, nicht untätig zu bleiben, wenn sich die Lage verschlechtern sollte, zumal die Bemühungen einen Rahmen für eine politische und einvernehmliche Lösung der Krise bieten;

6.

weist darauf hin, dass für die Partnerschaft der EU mit Burundi das Abkommen von Cotonou maßgeblich ist und dass alle Parteien verpflichtet sind, die Bestimmungen dieses Abkommens, insbesondere die Bestimmungen zur Einhaltung der Menschenrechte, zu achten und umzusetzen; weist darauf hin, dass Burundi auch den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker unterzeichnet und ratifiziert hat und daher die allgemeinen Menschenrechte und das Recht auf freie Meinungsäußerung achten muss; fordert die Regierung von Burundi daher auf, eine ernsthafte und offene politische Debatte ohne Angst vor Einschüchterung zuzulassen und von jeglichem Missbrauch der Gerichtsbarkeit Abstand zu nehmen, der dazu dient, politische Rivalen auszuschließen;

7.

nimmt den Dialog zur Kenntnis, der gemäß Artikel 8 des Abkommens von Cotonou zwischen der EU und der Regierung von Burundi stattgefunden hat; ist dennoch der Überzeugung, dass wesentliche und grundlegende Aspekte des Abkommens von Cotonou weiterhin missachtet werden, insbesondere die Einhaltung der grundlegenden Menschenrechte und der demokratischen Grundsätze, und fordert die Kommission daher auf, Verfahren nach Artikel 96 einzuleiten, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen;

8.

fordert die Kommission zu diesem Zweck auch auf, dringend die EU-Hilfe zu prüfen, um sie umzulenken, die finanzielle Unterstützung für die Zivilgesellschaft aufzustocken und den Schwerpunkt auf die humanitäre Hilfe und nicht die Unterstützung des Zentralhaushalts zu legen, dabei aber auch nicht die äußerst vorbildliche Rolle zu vergessen, die die burundische Armee in der Friedensmission in Somalia gespielt hat;

9.

verleiht der Forderung des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 22. Juni 2015 an die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HV/VP) Nachdruck, eine Liste gezielter restriktiver Maßnahmen zu erstellen, Visum- und Reiseverbote für diejenigen, die für Gewalttaten, Unterdrückung und schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, sowie diejenigen, die eine politische Lösung in dem von der AU und der EAC vorgeschlagenen Rahmen aktiv behindern, auszusprechen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Vermögenswerte all dieser Personen in den EU-Mitgliedstaaten einzufrieren;

10.

ist zutiefst besorgt über die Anzahl der Opfer und die Zahl der mutmaßlichen Fälle schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen seit Beginn der Krise, insbesondere über Verstöße, die den Mitgliedern der Imbonerakure zugeschrieben werden; verweist auf die Einschüchterungen und Risiken, denen sich Menschenrechtsverteidiger, politische Aktivisten und Journalisten gegenübersehen, und die willkürliche Verhaftung von Mitgliedern der Oppositionspartei; fordert die unverzügliche und bedingungslose Freilassung aller Personen, die verhaftet wurden, weil sie ihr Recht auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben;

11.

fordert, dass die von der Imbonerakure verübten Gewalttaten und Einschüchterungen unverzüglich eingestellt werden; fordert die CNDD-FDD auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die Jugendmiliz zu entwaffnen und ihre Mitglieder davon abzuhalten, Gegner einzuschüchtern und anzugreifen, sowie dafür zu sorgen, dass diejenigen, die für Übergriffe verantwortlich sind, vor Gericht gestellt werden; fordert eine unabhängige internationale Untersuchung der Vorwürfe, dass die CNDD-FDD ihre Jugendorganisation bewaffnet und militärisch ausbildet; fordert gleichzeitig die Anführer der Oppositionsparteien nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass keine Gewalt gegen ihre Gegner ausgeübt wird;

12.

betont erneut, dass es für diejenigen, die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, keine Straflosigkeit geben darf und dass die betreffenden Personen persönlich zur Rechenschaft gezogen und vor Gericht gestellt werden müssen; hält es für besonders wichtig, dass die von der AU angekündigten Menschenrechtsbeobachter und Militärexperten sofort entsandt werden;

13.

nimmt zur Kenntnis, dass die Bemühungen bestimmter Kräfte, die Aufstände in einen ethnischen Konflikt zu verwandeln, scheitern und dass die politische Teilung in Burundi nicht ausdrücklich ethnischer Art ist; ist der Überzeugung, dass dies ein Beleg für den Erfolg des Abkommens von Arusha ist, mit dem ethnisch ausgewogene Militär- und Polizeikräfte eingerichtet werden sollten; fordert den Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs daher auf, diese Medien sowie auch die Reden der führenden Politiker engmaschig daraufhin zu überwachen, ob sie zu ethnisch motiviertem Hass anstiften;

14.

weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, wie wichtig es ist, den Verhaltenskodex für Wahlen und den von den Vereinten Nationen vermittelten und von den politischen Akteuren im Jahr 2013 unterzeichneten Fahrplan für die Wahl zu achten, und unterstützt uneingeschränkt die Bemühungen der Vereinten Nationen und der Region, eine weitere Zunahme der politischen Gewalt zu verhindern;

15.

fordert die unverzügliche Aufhebung der Einschränkung der Medien und des Internetzugangs und verurteilt erneut die wiederholten Angriffe auf Radio Publique Africaine, eines der wichtigsten Nachrichtenportale des Landes; ist der Ansicht, dass nur dann rechtmäßige Wahlen stattfinden können, wenn die Medien keinen Einschränkungen unterliegen und Journalisten arbeiten können, ohne eingeschüchtert zu werden;

16.

würdigt die Rolle der humanitären Hilfsorganisationen und der Regierungen der Nachbarländer, die sich um die Bedürfnisse derjenigen kümmern, die vor der Krise fliehen, und Flüchtlingen Schutz bieten; begrüßt die Ankündigung der Kommission, weitere 1,5 Mio. EUR zur Verfügung stellen zu wollen, um die humanitäre Lage zu verbessern; mahnt jedoch an, dass die von der EU und den Mitgliedstaaten zugesagten Mittel aufgrund des hohen Zustroms von Flüchtlingen in eine bereits schwache Region, der gemeldeten Cholera-Ausbrüche und der besorgniserregenden Berichte über sexuelle Gewalt dringend verdoppelt werden müssen; betont, wie wichtig eine langfristige Strategie nicht nur für die medizinische Unterstützung und die Lebensmittelhilfe, sondern auch für die Unterstützung bei der Wiedereingliederung und die psychologische Hilfe für die Flüchtlinge ist;

17.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, alle Zusagen zu erfüllen, die sie im Rahmen des Krisenplans der Vereinten Nationen zur Unterstützung der Flüchtlinge für die Region Burundi gemacht haben, für den bis September 2015 207 Mio. USD benötigt werden, um den erwarteten 200 000 Flüchtlingen aus Burundi zu helfen, und dazu unter anderem bestehende Darlehen für die Region aufzustocken;

18.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, der Regierung Burundis und den Regierungen der Länder in der Region der Großen Seen, den Regierungen der Ostafrikanischen Gemeinschaft, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, der Afrikanischen Union, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, den Ko-Präsidenten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU sowie dem Panafrikanischen Parlament zu übermitteln.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/142


P8_TA(2015)0276

Gedenken an Srebrenica

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zum Gedenken an Srebrenica (2015/2747(RSP))

(2017/C 265/17)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 7. Juli 2005 (1) und vom 15. Januar 2009 (2) zu Srebrenica,

unter Hinweis auf die Bestimmungen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, der Europäischen Menschenrechtskonvention und des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in denen festgelegt wird, dass jeder Mensch das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit und das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit hat,

unter Hinweis auf das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Bosnien und Herzegowina (BiH) andererseits, das am 16. Juni 2008 in Luxemburg unterzeichnet wurde und am 1. Juni 2015 in Kraft getreten ist,

unter Hinweis auf die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen Nr. 827 vom 25. Mai 1993, 1551 vom 9. Juli 2004 und 1575 vom 22. November 2004,

gestützt auf Artikel 123 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass sich am 11. Juli 2015 der Völkermord und die ethnische Säuberung, die während des Bosnien-Kriegs in Srebrenica und dem Umland der Stadt stattgefunden haben, zum 20. Mal jähren und dies die Erinnerung wachrufen sollte, wie gefährlich extreme Formen von Nationalismus und Intoleranz in der Gesellschaft sind, insbesondere wenn sich diese im Rahmen eines Krieges noch weiter verschärfen;

B.

in der Erwägung, dass die bosnische Stadt Srebrenica, die durch die Resolution 819 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 16. April 1993 zur Schutzzone erklärt worden war, am 11. Juli 1995 von bosnisch-serbischen Truppen eingenommen wurde, die von General Ratko Mladić angeführt wurden und dem Befehl des damaligen Präsidenten der Republik Srpska, Radovan Karadžić, unterstanden;

C.

in der Erwägung, dass während des mehrere Tage andauernden Massakers nach dem Fall von Srebrenica bosnisch-serbische Soldaten unter dem Kommando von General Mladić und paramilitärische Einheiten, darunter auch irreguläre Polizeieinheiten, über 8 000 muslimische Männer und Jungen hinrichteten, die in diesem der Schutztruppe der Vereinten Nationen (UNPROFOR) unterstehenden Gebiet Schutz gesucht hatten; in der Erwägung, dass nahezu 30 000 Frauen, Kinder und alte Menschen in einer groß angelegten ethnischen Säuberungsaktion zwangsvertrieben wurden, wodurch dieses Ereignis zum schwersten Kriegsverbrechen in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs wurde;

D.

in der Erwägung, dass die tragischen Ereignisse von Srebrenica bei den Überlebenden tiefe emotionale Narben hinterlassen haben und die politische Aussöhnung zwischen den ethnischen Gruppen in Bosnien und Herzegowina (BiH) dauerhaft behindern;

E.

in der Erwägung, dass das Massaker von Srebrenica sowohl vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ) — Rechtsmittelurteil, Anklagebehörde gegen Radislav Krstić, Aktenzeichen IT-99-33, 19. April 2004 — als auch vom Internationalen Gerichtshof (IGH) — in dem Fall betreffend die Anwendung der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (Bosnien und Herzegowina gegen Serbien und Montenegro) vom 27. Februar 2007, S. 127, § 297 (IGH) –als Völkermord anerkannt wird;

F.

in der Erwägung, dass die bosnisch-serbischen Truppen durch die an der Zivilbevölkerung von Srebrenica begangenen Verbrechen — darunter die Verschleppung von Tausenden Frauen, Kindern und alten Menschen und die Vergewaltigung zahlreicher Frauen — in vielfacher Hinsicht gegen die Genfer Konventionen verstoßen haben;

G.

in der Erwägung, dass trotz der Bemühungen, Massen- und Einzelgräber zu finden und die Leichen zu exhumieren, die Leichen von fast 1 200 Männern und Jungen aus Srebrenica nicht aufgefunden und identifiziert werden konnten;

H.

in der Erwägung, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen 1999 in seinem Bericht über die Eroberung Srebrenicas erklärt hat, die Vereinten Nationen wären mit der Durchführung ihres Mandats und vor allem mit der Sicherung der sogenannten Schutzzonen gescheitert und trügen deshalb Mitverantwortung;

I.

in der Erwägung, dass die EU auf einem friedlichen Zusammenleben und der engagierten Zusammenarbeit zwischen ihren Mitgliedern begründet ist; in der Erwägung, dass der Wille, zu verhindern, dass es in Europa erneut zu Kriegen oder Verstößen gegen humanitäres Völkerrecht kommt, zu den wichtigsten Beweggründen für den europäischen Integrationsprozess gehört;

J.

in der Erwägung, dass der IStGHJ am 30. Januar 2015 die gegen fünf hochrangige bosnisch-serbische Armeeoffiziere verhängten Urteile bestätigt hat, die für ihre Beteiligung an dem Völkermord in Srebrenica von 1995 verurteilt worden waren; in der Erwägung, dass einige der verurteilten Offiziere direkt dem früheren bosnisch-serbischen Militärführer Ratko Mladić unterstellt waren, gegen den derzeit ein Verfahren wegen Völkermordes und anderer Verbrechen vor dem IStGHJ anhängig ist;

1.

gedenkt aller Opfer des Völkermordes von Srebrenica und all der entsetzlichen Gewalttaten während der Kriege im ehemaligen Jugoslawien und zollt ihnen Respekt; spricht den Angehörigen der Opfer, die oftmals keine endgültige Gewissheit über das Schicksal ihrer Verwandten haben, sein Mitgefühl aus und bekundet seine Solidarität mit ihnen;

2.

verurteilt den Völkermord in Srebrenica aufs Schärfste; erklärt entschieden, dass solche fürchterlichen Verbrechen nie wieder verübt dürfen, und weist darauf hin, dass es alles in seiner Macht Stehende unternehmen wird, damit sich solche Ereignisse nicht wiederholen; lehnt jegliche Form von Leugnung, Relativierung oder Fehlauslegung des Völkermordes ab;

3.

betont, dass die politischen Vertreter in Bosnien und Herzegowina die Vergangenheit anerkennen müssen, um gemeinsam erfolgreich auf eine bessere Zukunft für alle Bürger des Landes hinzuarbeiten; betont, dass die Nachbarländer, die religiösen Autoritäten, die Zivilgesellschaft, die Kunst- und Kulturszene, die Medien und das Bildungssystem eine wichtige Rolle in diesem schwierigen Prozess übernehmen können;

4.

betont, dass die vom IStGHJ geleistete Arbeit wichtig ist und dass alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um alle noch anhängigen Straf- und Berufungsverfahren zu beschleunigen und ohne Verzögerung zum Abschluss zu bringen; wiederholt, dass Gerichtsverfahren wegen Kriegsverbrechen auf innerstaatlicher Ebene stärkere Beachtung gewidmet werden muss;

5.

wiederholt das Bekenntnis der EU zu der europäischen Perspektive und dem weiteren Beitrittsprozess Bosnien und Herzegowinas sowie aller westlichen Balkanländer; vertritt die Auffassung, dass regionale Zusammenarbeit und der europäische Integrationsprozess die beste Möglichkeit sind, um die Aussöhnung voranzutreiben sowie Hass und Differenzen zu überwinden;

6.

fordert, dass Bildungs- und Kulturprogramme entwickelt werden, mit denen die Menschen über die Ursachen solcher Gräueltaten aufgeklärt und dafür sensibilisiert werden, wie wichtig es ist, Frieden, Menschenrechte und Toleranz gegenüber anderen Religionen zu fördern; bekundet seine Unterstützung für zivilgesellschaftliche Organisationen wie den Verein der Mütter der Enklaven Srebrenica und Žepa, die maßgeblich zur Sensibilisierung und einer breiteren Grundlage für die Aussöhnung aller Bürger des Landes beitragen;

7.

bedauert, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, der die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit trägt, keine Resolution zum Gedenken an den Völkermord in Srebrenica verabschiedet hat; das ist besonders bedauerlich, da der Internationale Gerichtshof, das wichtigste Rechtsorgan der Vereinten Nationen, die Straftaten in Srebrenica als Völkermord eingestuft hat;

8.

begrüßt die einstimmige Entscheidung des Ministerrats von Bosnien und Herzegowina, den 11. Juli als Trauertag in Bosnien und Herzegowina auszurufen;

9.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament von Bosnien und Herzegowina und seinen Entitäten sowie den Regierungen und Parlamenten der Westbalkanländer zu übermitteln.


(1)  ABl. C 157 E vom 6.7.2006, S. 468.

(2)  ABl. C 46 E vom 24.2.2010, S. 111.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/144


P8_TA(2015)0277

Gesetzesvorlagen in Kambodscha zu nichtstaatlichen Organisationen und Gewerkschaften

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu den Gesetzesentwürfen Kambodschas über nichtstaatliche Organisationen und Gewerkschaften (2015/2756(RSP))

(2017/C 265/18)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Kambodscha,

unter Hinweis auf die Erklärung des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit vom 22. Juni 2015,

unter Hinweis auf die abschließenden Beobachtungen der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen vom 27. April 2015 zum zweiten periodischen Bericht Kambodschas,

unter Hinweis auf den Bericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für die Lage der Menschenrechte in Kambodscha vom 15. August 2014,

unter Hinweis auf die verschiedenen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), insbesondere auf das Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts und das Übereinkommen Nr. 98 über das Vereinigungsrecht und das Recht zu Kollektivverhandlungen,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966,

unter Hinweis auf das Kooperationsabkommen von 1997 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Kambodscha,

gestützt auf Artikel 135 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die dynamische Zivilgesellschaft in Kambodscha — insbesondere Aktivisten, die sich mit dem Thema Landnutzungsrechte befassen, Mitglieder von Gewerkschaften, Journalisten und Mitglieder der Oppositionspartei — eine wichtige ausgleichende Rolle gespielt hat;

B.

in der Erwägung, dass die Regierung Kambodschas am 5. Juni 2015 den Entwurf des Gesetzes über Vereinigungen und nichtstaatliche Organisationen (NGO-Gesetz) gebilligt hat; in der Erwägung, dass der Gesetzesentwurf am 16. Juni 2015 der Nationalversammlung Kambodschas zur Prüfung vorgelegt wurde;

C.

in der Erwägung, dass die EU der wichtigste Partner Kambodschas im Bereich Entwicklungshilfe ist und dass für den Zeitraum 2014–2020 weitere 410 Mio. EUR bewilligt wurden; in der Erwägung, dass die EU viele verschiedene Menschenrechtsinitiativen unterstützt, die von kambodschanischen nichtstaatlichen Organisationen und sonstigen Organisationen der Zivilgesellschaft durchgeführt werden, und auch Beobachtungsmissionen zu Wahlen auf nationaler und kommunaler Ebene entsandt sowie den Wahlprozess unterstützt hat; in der Erwägung, dass Kambodscha in hohem Maße von Entwicklungshilfe abhängig ist;

D.

in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit erklärt hat, dass die Zivilgesellschaft in Kambodscha bei der Ausarbeitung des NGO-Gesetzes nicht einbezogen wurde;

E.

in der Erwägung, dass mehrere bekannte nichtstaatliche Organisationen darauf hingewiesen haben, dass bereits früher versucht wurde, Gesetze zu erlassen, mit denen das Recht auf Vereinigungsfreiheit und freie Meinungsäußerung ungerechtfertigt eingeschränkt und eine Rechtsgrundlage für die willkürliche Schließung oder Verweigerung der Registrierung von politisch unerwünschten nichtstaatlichen Organisationen — darunter auch solche, die Menschenrechtsverteidiger beschäftigen — geschaffen würde, wobei diese Gesetzesentwürfe später aufgrund von nationalem und internationalem Widerstand zurückgenommen wurden;

F.

in der Erwägung, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung in Artikel 41 und das Recht auf politische Teilhabe in Artikel 35 der Verfassung Kambodschas verankert ist;

G.

in der Erwägung, dass das Recht, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln, in der Verfassung Kambodschas, in Artikel 20 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und in Artikel 21 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verankert ist;

H.

in der Erwägung, dass das Recht, sich an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten zu beteiligen, in Artikel 25 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verankert ist, und in der Erwägung, dass das in Artikel 22 des Pakts verankerte Recht auf Vereinigungsfreiheit eine wichtige Ergänzung dazu ist und oft als Mittel für diese Beteiligung dient; in der Erwägung, dass Transparenz und Rechenschaftspflicht wesentliche Aspekte einer funktionierenden Demokratie sind;

I.

in der Erwägung, dass dem Land nach Verabschiedung des Gesetzes voraussichtlich 600 bis 700 Mio. USD an Entwicklungsprojekten pro Jahr entgehen werden; in der Erwägung, dass durch das NGO-Gesetz die Mittel begrenzt würden, wodurch die internationalen nichtstaatlichen Organisationen möglicherweise nicht mehr in der Lage wären, kosteneffiziente Projekte durchzuführen;

J.

in der Erwägung, dass der Entwurf des Gesetzes über Gewerkschaften gegen das Vereinigungsrecht verstoßen und die Rechte unabhängiger Gewerkschaften, darunter auch bereits bestehender Gewerkschaften, erheblich einschränken würde; in der Erwägung, dass in dem Gesetzesentwurf eine unverhältnismäßig hohe Mindestzahl an Arbeitnehmern gefordert wird, die für die Gründung einer Gewerkschaft benötigt werden (20 %); in der Erwägung, dass den im Ministerium für Arbeit tätigen Beamten in dem Gesetzesentwurf weitreichende Befugnisse hinsichtlich der Genehmigung von Streiks und der Aussetzung der Registrierung von Gewerkschaften aus fadenscheinigen Gründen und ohne ordnungsgemäßes Verfahren übertragen werden; in der Erwägung, dass Hausangestellten in dem Gesetzesentwurf das Recht, verwehrt wird, sich gewerkschaftlich zu organisieren, dass Gewerkschaftsführern die Lese- und Schreibfähigkeit zur Auflage gemacht wird, wodurch Frauen und Ausländer diskriminiert werden, dass der Kontakt zu nichtstaatlichen Organisationen verboten wird und dass für Arbeitgeber, die gegen das Arbeitsrecht verstoßen, so niedrige Geldbußen angesetzt werden, dass sie keine Wirkung zeigen würden;

K.

in der Erwägung, dass die Regierung Kambodschas seit einer Konsultation im Mai 2014, in deren Rahmen lokale Gruppen, die sich für Arbeitnehmerrechte einsetzen, zur Beteiligung aufgefordert wurden, keine öffentlichen Konsultationen zu anschließenden Gesetzesentwürfen mehr organisiert hat; in der Erwägung, dass aus regelmäßigen Pressemitteilungen von Regierungsbeamten hervorging, dass das Gesetz über Gewerkschaften im Jahr 2015 erlassen wird;

L.

in der Erwägung, dass in Kambodscha etwa 5 000 nichtstaatliche Organisationen registriert sind, die beispielsweise in den Bereichen Menschenrechte, Gesundheitsversorgung, Zivilgesellschaft und Landwirtschaft Hilfe leisten;

M.

in der Erwägung, dass Premierminister Hun Sen bei einem Treffen mit dem EU-Botschafter für Kambodscha, Jean-François Cautain, am 16. Juni 2015 erklärte, die Nationalversammlung beabsichtige, eine Konsultation zu dem Entwurf des NGO-Gesetzes zu organisieren, und er wolle die Zivilgesellschaft und Entwicklungspartner in die Konsultation einbeziehen;

1.

fordert die Regierung Kambodschas nachdrücklich auf, den Entwurf des NGO-Gesetzes zurückzunehmen;

2.

fordert die Regierung Kambodschas mit Nachdruck auf, die rechtmäßige und sinnvolle Rolle der Zivilgesellschaft, der Gewerkschaften und der politischen Opposition anzuerkennen, die zur allgemeinen wirtschaftlichen und politischen Entwicklung Kambodschas beitragen; weist darauf hin, dass die Zivilgesellschaft einer der wichtigsten Grundpfeiler für die Entwicklung eines Landes ist; betont, dass durch das Gesetz über Vereinigungen und nichtstaatliche Organisationen günstige Rahmenbedingungen geschaffen werden sollten, die es der Zivilgesellschaft ermöglichen, weiterhin zur Entwicklung Kambodschas beizutragen;

3.

fordert die Regierung Kambodschas auf, den Entwurf des Gesetzes über Gewerkschaften zurückzunehmen, den aktuellen Entwurf zu veröffentlichen und sich zum Zwecke seiner Überarbeitung im Einklang mit dem Völkerrecht und den IAO-Übereinkommen — insbesondere dem Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts und dem Übereinkommen Nr. 98 über das Vereinigungsrecht und das Recht zu Kollektivverhandlungen — mit Sachverständigen und Mitgliedern von Gewerkschaften zu beraten, bevor der Entwurf erneut zur Prüfung vorgelegt wird;

4.

schließt sich der Erklärung des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen an, dass eine derartige Rechtsvorschrift nur im Rahmen eines umfassenden und partizipativen Verfahrens verabschiedet werden sollte, bei dem alle Interessenträger soweit einbezogen werden, dass sie hinter dem Inhalt stehen;

5.

fordert, dass der Zivilgesellschaft und dem kambodschanischen Volk ausreichend Zeit eingeräumt wird, um Rechtsvorschriften zu prüfen und entsprechende Konsultationen durchzuführen, damit sie ihren gewählten Vertretern vor der Abstimmung über die Rechtsvorschrift Anmerkungen zukommen lassen können;

6.

fordert, dass die Redefreiheit, die Vereinigungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit, die international anerkannt sind und zu deren Einhaltung sich Kambodscha durch die Ratifizierung des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verpflichtet hat, in allen Gesetzesentwürfen geachtet werden und dass die Fähigkeit der Zivilgesellschaft, auf wirksame und freie Weise zu handeln, darin nicht übermäßig eingeschränkt wird;

7.

fordert die Regierung Kambodschas auf, die Demokratie, die Rechtstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten — vor allem des Rechts auf freie Meinungsäußerung und auf Versammlungsfreiheit — weiter zu stärken;

8.

fordert die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, sich der Forderung nach der Rücknahme des Entwurfs des NGO-Gesetzes und des Gesetzes über Gewerkschaften anzuschließen und die Regierung Kambodschas unverzüglich auf dieses Thema anzusprechen;

9.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, dem Sekretariat der Vereinigung südostasiatischer Staaten, dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und der Regierung sowie der Nationalversammlung des Königreichs Kambodscha zu übermitteln.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/147


P8_TA(2015)0278

Die Demokratische Republik Kongo, insbesondere der Fall der beiden inhaftierten Menschenrechtsaktivisten Yves Makwambala und Fred Bauma

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zur Demokratischen Republik Kongo (DRK), insbesondere zu dem Fall der beiden inhaftierten Menschenrechtsaktivisten Yves Makwambala und Fred Bauma (2015/2757(RSP))

(2017/C 265/19)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine vorherigen Entschließungen zur Demokratischen Republik Kongo, insbesondere seine Entschließung vom 12. September 2013 (1) und die diesbezügliche Entschließung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU,

unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes zur Lage in der Demokratischen Republik Kongo, insbesondere auf seine Erklärung vom 21. Januar 2015,

unter Hinweis auf die Erklärungen der EU-Delegation in der Demokratischen Republik Kongo zur Lage der Menschenrechte in diesem Land, insbesondere auf die Erklärung vom 11. Februar 2015,

unter Hinweis auf den Jahresbericht der EU über Menschenrechte und Demokratie, den der Rat am 22. Juni 2015 angenommen hat,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 19. Januar 2015 zur Demokratischen Republik Kongo,

unter Hinweis auf die Erklärung der internationalen Gesandten für die Region der Großen Seen vom 22. Januar 2015 zur Lage der Demokratischen Republik Kongo,

unter Hinweis auf die gemeinsame Pressemitteilung des Sonderberichterstatters der Afrikanischen Union über die Lage von Menschenrechtsverteidigern und des Sonderberichterstatters der Afrikanischen Union für Gefängnisse und Haftbedingungen in Afrika vom 12. Februar 2015 über die Lage der Menschenrechte nach den Ereignissen im Zusammenhang mit der Änderung des Wahlrechts in der Demokratischen Republik Kongo,

unter Hinweis auf das im Juni 2000 unterzeichnete Partnerschaftsabkommen von Cotonou,

unter Hinweis auf die EU-Leitlinien betreffend den Schutz von Menschenrechtsverteidigern und die Menschenrechtsleitlinien der EU in Bezug auf die Freiheit der Meinungsäußerung — online und offline,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966,

unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker, die 1982 von der Demokratischen Republik Kongo ratifiziert wurde,

unter Hinweis auf die Verfassung der Demokratischen Republik Kongo, insbesondere auf die Artikel 22, 23, 24 und 25,

unter Hinweis auf den Aufruf „Free Filimbi Activists“ (Befreiung der Filimbi-Aktivisten), der am 15. Juni 2015 von über 200 Menschenrechtsvereinigungen ins Leben gerufen wurde,

gestützt auf Artikel 135 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass zwischen dem 19. und dem 21. Januar 2015 landesweit Proteste gegen den Entwurf eines Wahlgesetzes ausbrachen, mit dem eine Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten ermöglicht werden sollte, obwohl dies den Bestimmungen der Verfassung zuwiderläuft, und durch den im Vorfeld der nationalen Wahlen die Durchführung einer möglicherweise sehr langwierigen Volkszählung erforderlich geworden wäre;

B.

in der Erwägung, dass den Behörden zufolge 27 Menschen bei den Demonstrationen ums Leben kamen, obwohl andere Quellen von 42 Toten berichten, und in der Erwägung, dass 350 Menschen festgenommen oder verschleppt wurden, von denen sich noch einige in Haft befinden, ohne dass ein Verfahren gegen sie anhängig ist;

C.

in der Erwägung, dass die Regierung während der Proteste im Januar 2015 Internet- und mobile Kurznachrichtendienste eingestellt hat;

D.

in der Erwägung, dass das Wahlgesetz, das letztendlich vom Parlament verabschiedet wurde, die umstrittene Bestimmung nicht enthielt;

E.

in der Erwägung, dass die Behörden ab dem Beginn der Proteste sofort gegen die Menschenrechtsaktivisten und oppositionellen Politiker vorgegangen sind, die friedlich gegen die Bestimmung protestiert hatten und zu denen unter anderen auch Christopher Ngoyi, Jean-Claude Muyambo, Vano Kiboko und Cyrille Dowe gehörten, die sich noch immer aus offensichtlich politischen Beweggründen in Haft befinden;

F.

in der Erwägung, dass der Nachrichtendienst der Demokratischen Republik Kongo (ANR — Agence nationale de renseignements) in der Anfangszeit der prodemokratischen Jugendbewegung Filimbi am 15. März 2015 über 30 Menschen festgenommen und inhaftiert hat, ohne dass gegen sie Anklage erhoben wurde, darunter auch internationale Teilnehmer und Aktivisten der Demokratischen Republik Kongo, Musiker, Geschäftsleute und Journalisten;

G.

in der Erwägung, dass die meisten Aktivisten und Unterstützer freigelassen und die Ausländer aus dem Land ausgewiesen wurden; in der Erwägung, dass Yves Makwambala und Fred Bauma jedoch noch immer im Gefängnis von Makala in Kinshasa festgehalten werden und ihnen vorgeworfen wird, einer Vereinigung anzugehören, die gegründet wurde, um Menschen und Eigentum anzugreifen, sich gegen den Staatschef zu verschwören, zu versuchen, die „Verfassungsordnung“ entweder zu zerstören oder zu ändern und Menschen dazu anzustiften, mit Waffen gegen die Staatsgewalt vorzugehen; in der Erwägung, dass die Behörden Fred Bauma außerdem wegen Störung des öffentlichen Friedens und Yves Makwambala wegen öffentlicher Beleidigung des Staatschefs angeklagt haben, obwohl die Angeklagten lediglich von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung, auf friedliche Versammlungen und auf Vereinigungsfreiheit Gebrauch machten;

H.

in der Erwägung, dass die Bewegung Filimbi als eine Plattform ins Leben gerufen wurde, um junge Menschen aus der Demokratischen Republik Kongo dazu zu ermutigen, auf friedliche und verantwortungsvolle Art und Weise ihren bürgerlichen Pflichten nachzukommen;

I.

in der Erwägung, dass die Behörden im März und April 2015 in Goma (im Osten der Demokratischen Republik Kongo) mindestens 15 Aktivisten der Jugendbewegung LUCHA, die friedlich für die Freilassung ihrer in Kinshasa inhaftierten Kollegen demonstrierten, festgenommen und später wieder freigelassen haben; in der Erwägung, dass vier dieser Aktivisten eine Anklage wegen Anstiftung zu öffentlichem Ungehorsam droht;

J.

in der Erwägung, dass die Nationalversammlung der Demokratischen Republik Kongo am 27. März 2015 eine parlamentarische Untersuchungsmission eingerichtet hat, um Informationen zu den Festnahmen zu erheben und darüber Bericht zu erstatten; in der Erwägung, dass diese Mission in ihrem Bericht zu dem Schluss kam, dass keine Belege dafür vorliegen, dass die Anführer und Mitglieder der Filimbi-Bewegung an der Planung oder Durchführung terroristischer oder anderer gewaltsamer Verbrechen beteiligt waren, und sie eine politische Lösung für ihre unmittelbare Freilassung forderte;

K.

in der Erwägung, dass 14 internationale Organisationen und 220 Menschenrechtsorganisationen der Demokratischen Republik Kongo am 15. Juni 2015 die unmittelbare und bedingungslose Freilassung der beiden Aktivisten gefordert haben;

L.

in der Erwägung, dass in diesem Zusammenhang ein Massengrab mit schätzungsweise 421 Leichen in Maluku, etwa 80 km vom Zentrum von Kinshasa entfernt, entdeckt wurde;

M.

in der Erwägung, dass der Justizminister vor Kurzem anerkannt hat, dass das Justizwesen in der Demokratischen Republik Kongo mit vielen Problem zu kämpfen hat, darunter Klientelismus, unerlaubte Einflussnahme, Korruption, Straflosigkeit und Ungerechtigkeit bei gerichtlichen Entscheidungen;

N.

in der Erwägung, dass die Pressefreiheit durch gegen Journalisten gerichtete Bedrohungen und Angriffe eingeschränkt wird und viele Medien auf illegale Art und Weise geschlossen oder zensiert wurden;

O.

in der Erwägung, dass die nächsten nationalen Wahlen für November 2016 vorgesehen sind, dass sich die Organisation und Finanzierung jedoch schwierig gestaltet;

P.

in der Erwägung, dass die Zivilgesellschaft in der Demokratischen Republik Kongo im Zusammenhang mit der politischen Übergangsphase 2003, den Wahlen 2006 und 2011, der Überarbeitung der Bergbauverträge, dem Ausschluss der Demokratischen Republik Kongo von der Initiative zur Verbesserung der Transparenz in der Rohstoffindustrie im Jahr 2013, der Ausarbeitung des Wahlgesetzes von 2013 und der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften gegen sexuelle Gewalt eine bedeutende Rolle eingenommen hat;

Q.

in der Erwägung, dass die Reaktion der Regierung auf das Engagement der Zivilgesellschaft einen Versuch darstellt, Aktivisten und zivilgesellschaftliche Organisationen wie die politische Opposition zu behandeln und sie zu untergraben;

R.

in der Erwägung, dass die EU im Juni 2014 eine Wahl-Folgekommission entsendet hat, die darauf hingewiesen hat, dass das Wählerverzeichnis aktualisiert werden muss, die Bedingungen für einen faireren Wettbewerb zwischen allen Kandidaten geschaffen werden müssen und die bürgerlichen Freiheitsrechte, das System zur Schlichtung von Wahlstreitigkeiten und die Bekämpfung der Straffreiheit verstärkt werden müssen;

S.

in der Erwägung, dass im Rahmen des Nationalen Richtprogramms für die Demokratische Republik Kongo für den Zeitraum 2014–2020, das mit 620 Mio. EUR aus dem 11. Europäischen Entwicklungsfonds finanziert wird, ein Schwerpunkt auf die Stärkung der Regierungsführung und der Rechtsstaatlichkeit gelegt wird, wozu auch Reformen in den Bereichen Justiz, Polizei und Armee gehören;

1.

bedauert, dass während der Proteste im Januar 2015 Demonstranten ums Leben gekommen sind, inhaftiert wurden und willkürlich Gewalt gegen sie ausgeübt wurde; bedauert ferner, dass — insbesondere in der Anfangszeit der Bewegung Filimbi im März 2015 — gegen Aktivisten und politische Opponenten vorgegangen wurde;

2.

fordert die Behörden der Demokratischen Republik Kongo auf, Yves Makwambala und Fred Bauma unmittelbar und bedingungslos freizulassen sowie alle Vorwürfe fallen zu lassen, die gegen sie und andere führende Mitglieder der Filimbi-Bewegung sowie alle anderen Aktivisten, Gefangenen aus Gewissensgründen und politischen Opponenten erhoben wurden, die ausschließlich aufgrund ihrer politischen Ansichten oder ihrer Teilnahme an friedlichen Aktivitäten willkürlich festgenommen und inhaftiert wurden;

3.

unterstützt die Forderung der Nationalversammlung der Demokratischen Republik Kongo, dass schnell eine politische Lösung herbeigeführt werden muss, damit die Mitglieder der Filimbi-Bewegung und andere friedliche zivilgesellschaftliche Organisationen die Möglichkeit haben, ihr Recht auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit auszuüben, ohne befürchten zu müssen, dass sie verfolgt oder schikaniert werden;

4.

fordert die Behörden auf, dafür zu sorgen, dass die Inhaftierten nicht gefoltert oder misshandelt wurden bzw. werden, und sicherzustellen, dass sie vollständig geschützt sind und Zugang zu ihren Angehörigen und Anwälten haben;

5.

hält die Tatsache, dass der Nachrichtendienst der Demokratischen Republik Kongo die Personen, die er ohne Anklage festgenommen hat, über 48 Stunden lang in Haft behielt, ihnen keinen Zugang zu rechtlichem Beistand gewährte und sie nicht vor ein zuständiges Gericht brachte, für eine flagrante Verletzung von Rechten, die in der Verfassung der Demokratischen Republik Kongo verankert sind;

6.

fordert, dass die Regierung der Demokratischen Republik Kongo zusammen mit ihren internationalen Partnern eine umfassende, gründliche und transparente Untersuchung der Ereignisse vom Januar und März 2015 in die Wege leitet und dass alle illegalen Handlungen oder die Verweigerung von Rechten und Freiheiten festgestellt werden; beharrt darauf, dass jede Amtsperson, die unter Verdacht steht, für die Verletzung von Rechten oder Freiheiten, die durch das nationale Recht oder das Völkerrecht garantiert werden, verantwortlich zu sein, vor Gericht gestellt werden muss;

7.

ist sehr besorgt über die andauernden Versuche, das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf friedliche Versammlungen und auf Vereinigungsfreiheit, einzuschränken, sowie darüber, dass die Behörden zunehmend gegen diese Freiheiten verstoßen, zumal ein gutes politisches Klima unerlässlich ist, wenn der Wahlzyklus in der Demokratischen Republik Kongo im kommenden Jahr erfolgreich sein soll;

8.

erachtet es als besonders bedauerlich, dass diese Verstöße sich speziell gegen Oppositionsführer und Jugendbewegungen richten;

9.

fordert die Behörden der Demokratischen Republik Kongo auf, dafür zu sorgen, dass die genannten Freiheiten — insbesondere während des Wahlzeitraums — unmittelbar und bedingungslos gewährt werden, so wie es in der Verfassung der Demokratischen Republik Kongo und in den internationalen Menschenrechtsbestimmungen festgelegt ist;

10.

weist darauf hin, dass die Achtung politischer Vielfalt und Opposition, eine offene und friedliche politische Debatte und die vollständige Ausübung der in der Verfassung verankerten Rechte — wie das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf friedliche Versammlungen und auf Vereinigungsfreiheit sowie das Recht auf Informationsfreiheit — unerlässlich sind, damit demokratische Wahlen stattfinden können, die glaubwürdig, inklusiv, friedlich und termingerecht sind; beharrt darauf, dass solche Garantien in der besonders volatilen Region der Großen Seen von größter Bedeutung sind und auch von der erfolgreichen Umsetzung des in Addis Abeba unterzeichneten Rahmenabkommens für Frieden, Sicherheit und Zusammenarbeit abhängen; unterstützt in diesem Zusammenhang die Bemühungen der internationalen Gesandten für die Region der Großen Seen;

11.

legt dem Parlament, dem Senat und dem Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo, Joseph Kabila, nahe, alle notwendigen Maßnahmen umzusetzen, um die Demokratie zu festigen und um sicherzustellen, dass alle politischen Kräfte, prodemokratischen Bewegungen und die Zivilgesellschaft, die den Willen des Volkes der Demokratischen Republik Kongo vertreten, sowohl auf der Grundlage der verfassungsmäßigen und rechtlichen Bestimmungen als auch auf der Grundlage freier und fairer Wahlen effektiv an der politischen Gestaltung des Landes mitwirken;

12.

unterstützt die Entwicklung von Plattformen wie Filimbi, die prodemokratischen Kräften Gehör verschaffen, und begrüßt die Beteiligung junger Menschen am Wahlprozess, von dem sie auf ungerechte Art und Weise ausgeschlossen wurden;

13.

verweist auf die von der Demokratischen Republik Kongo im Rahmen des Abkommens von Cotonou eingegangenen Verpflichtungen zur Achtung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechtsgrundsätze, zu denen die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Medien, verantwortliches Regierungshandeln und Transparenz in politischen Ämtern zählen; fordert die Regierung der Demokratischen Republik Kongo nachdrücklich auf, diese Bestimmungen im Einklang mit den Artikeln 11 Buchstabe b, 96 und 97 des Cotonou-Abkommens einzuhalten, und fordert die Kommission auf, das entsprechende Verfahren nach den Artikeln 8, 9 und 96 des Cotonou-Abkommens einzuleiten, falls die Demokratische Republik Kongo ihren Verpflichtungen nicht nachkommt;

14.

beharrt darauf, dass die Art und der Umfang zusätzlicher Unterstützung durch die EU für den Wahlprozess in der Demokratischen Republik Kongo davon abhängig sein muss, welche Fortschritte das Land bei der Umsetzung der Empfehlungen der EU-Wahlbeobachtungsmission von 2011 und der Wahl-Folgekommission von 2014 hinsichtlich der Einhaltung des Zeitplans für die Wahl und die Vorlage eines glaubwürdigen Haushalts erzielt hat;

15.

fordert die EU-Delegation nachdrücklich auf, die Entwicklungen zu überwachen und alle geeigneten Werkzeuge und Instrumente (darunter auch das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte) einzusetzen, um Menschenrechtsverteidiger und prodemokratische Bewegungen zu unterstützen;

16.

fordert die Justizbehörden der Demokratischen Republik Kongo auf, dafür zu sorgen, dass sie frei von politischer Instrumentalisierung ist und die in den rechtlichen Instrumenten verankerten Rechte — wie der Zugang zu Gerichten und das Recht auf ein faires Verfahren — geschützt werden;

17.

fordert die Behörden der Demokratischen Republik Kongo auf, das Ausmaß des Massengrabs in der Nähe von Kinshasa nicht länger herunterzuspielen, und wiederholt die Forderung der EU und der Vereinten Nationen, dass dringend eine transparente und glaubwürdige Untersuchung in die Wege geleitet werden muss, um den Angehörigen der Vermissten Gewissheit zu verschaffen und den verschiedenen Anschuldigungen ein Ende zu bereiten;

18.

verurteilt die illegale Schließung und die missbräuchliche Zensur der Medien sowie die zeitweilige Einstellung der Telekommunikation;

19.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Afrikanischen Union, den Regierungen der Länder der Region der Großen Seen, dem Präsidenten, dem Premierminister und dem Parlament der Demokratischen Republik Kongo, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen sowie der Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP-EU zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0388.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/151


P8_TA(2015)0279

Bahrain, insbesondere der Fall von Nabil Radschab

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu Bahrain und insbesondere dem Fall Nabil Radschab (2015/2758(RSP))

(2017/C 265/20)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine vorigen Entschließungen zu Bahrain, insbesondere die vom 6. Februar 2014 zu Bahrain, insbesondere den Fällen von Nabil Radschab, Abdulhadi Al-Chawadscha und Ibrahim Scharif (1),

unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik Federica Mogherini vom 17. Juni 2015 zur Verurteilung von Ali Salman, Generalsekretär von Al-Wifaq, in Bahrain,

unter Hinweis auf die 24. Tagung des Gemeinsamen Rates für die Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Golf-Kooperationsrat (GCC) und dessen Ministertagung in Doha (Katar) vom 24. Mai 2015,

unter Hinweis auf den Beschluss des Ministerrats der Arabischen Liga in Kairo vom 1. September 2013, einen panarabischen Menschenrechtsgerichtshof in der bahrainischen Hauptstadt Manama einzurichten,

unter Hinweis auf den Bericht vom Februar 2014 über die Umsetzung der Empfehlungen der Unabhängigen Untersuchungskommission von Bahrain durch die bahrainische Regierung und auf die von der bahrainischen Regierung im September 2014 vorgelegten Informationen zu der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966, das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, das Übereinkommen über die Rechte des Kindes und die Arabische Charta der Menschenrechte, denen Bahrain jeweils beigetreten ist,

unter Hinweis auf die Leitlinien der Europäischen Union zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern, die im Juni 2004 angenommen und 2008 überarbeitet wurden,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Verminderung der Staatenlosigkeit,

unter Hinweis auf den neuen Strategischen Rahmen der EU für Menschenrechte und den EU-Aktionsplan für Menschenrechte, mit dem der Schutz und die Kontrolle der Achtung der Menschenrechte sämtlichen EU-Strategien zugrunde gelegt werden sollen und in dem ein gesonderter Abschnitt dem Schutz von Menschenrechtsverteidigern gewidmet ist,

unter Hinweis auf den Besuch des EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte Stavros Lambrinidis in Bahrain Ende Mai 2015,

unter Hinweis auf Artikel 5 und 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte,

gestützt auf Artikel 135 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass Bahrain infolge der Veröffentlichung des Berichts der Unabhängigen Untersuchungskommission von Bahrain vom 23. November 2011 und des Folgeberichts vom 21. November 2012 Fortschritte bei den Reformen zur Verbesserung der Menschenrechtssituation angekündigt hat;

B.

in der Erwägung, dass die Einrichtung des Amtes eines Ombudsmanns beim Innenministerium, der Kommission für die Rechte von Gefangenen und Häftlingen und der Dienststelle für Sonderermittlungen Anlass zur Hoffnung gibt, diese Institutionen allerdings unparteiischer, transparenter und von den Regierungsstellen unabhängiger und werden sollten;

C.

in der Erwägung, dass die bahrainischen Staatsorgane seit dem Beginn der Unruhen 2011 zunehmend repressiv gegen Aktivisten der Zivilgesellschaft und die friedliche Opposition vorgehen; in der Erwägung, dass 47 Staaten, darunter alle 28 EU-Mitgliedstaaten, auf der 26. Tagung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen am 10. Juni 2014 eine gemeinsame Erklärung unterzeichneten, in der sie tiefe Besorgnis über die Menschenrechtssituation in Bahrain äußern; in der Erwägung, dass in der gemeinsamen Erklärung ausdrücklich problematische Bereiche genannt werden, darunter lange Gefängnisstrafen wegen der Wahrnehmung des Rechts, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen, unzureichende Garantien für faire Gerichtsverfahren, die Niederschlagung von Demonstrationen, die fortgesetzte Schikanierung und Inhaftierung von Menschen, die sich auf den Schutz der Meinungsfreiheit berufen und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben, Misshandlungen und Folter in Haftanstalten, der willkürliche Entzug der Staatsangehörigkeit ohne ordentliches Verfahren und die unzureichende Ahndung von Menschenrechtsverletzungen;

D.

in der Erwägung, dass Nabil Radschab, bahrainscher Menschenrechtsverteidiger und Präsident des Zentrums für Menschenrechte in Bahrain (BCHR), stellvertretender Generalsekretär des Internationalen Bunds der Menschenrechtsligen (FIDH) und Mitglied des Beratenden Ausschusses der Abteilung Naher Osten von Human Rights Watch, zu sechs Monaten Haft verurteilt wurde, nur weil er friedlich sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat; in der Erwägung, dass Nabil Radschab nach seinem Besuch beim Unterausschuss Menschenrechte des Europäischen Parlaments am 1. Oktober 2014 festgenommen und beschuldigt wurde, Tweets über eine Gruppe Landsleute, die angeblich mit dem IS/Da‘isch zusammenarbeiten, veröffentlicht zu haben; in der Erwägung, dass Nabil Radschab der Beleidigung einer öffentlichen Institution und der Armee angeklagt wurde und die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für willkürliche Inhaftierungen seine Verhaftung im November 2013 als willkürlich bezeichnet hat;

E.

in der Erwägung, dass Nabil Radschab mehrere Gefängnisstrafen absitzen musste, seit er 2002 das Zentrum für Menschenrechte in Bahrain gegründet hat, dass gegen ihn weitere Anklagen im Zusammenhang mit der Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung erhoben wurden und ihm derzeit bis zu zehn Jahre Haft wegen angeblicher „Beleidung einer staatlichen Einrichtung“ und „Streuung von Gerüchten in Kriegszeiten“ drohen;

F.

in der Erwägung, dass viele Menschenrechtsverteidiger, etwa Nadschi Fatil, der dänische Menschenrechtsverteidiger Abdulhadi Al-Chawadscha, der schwedische politische Aktivist Mohammed Habib Al-Muqdad und andere der sogenannten Dreizehn von Bahrain, ebenso wie Nabil Radschab zur direkten Bestrafung ihrer Tätigkeiten für die Verteidigung der Menschenrechte in Bahrain festgenommen, gerichtlich verfolgt, inhaftiert und zu langen oder gar lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt wurden; in der Erwägung, dass die meisten von ihnen Berichten zufolge gewalttätigen Übergriffen, Misshandlungen und physischer oder psychischer Folter ausgesetzt waren;

G.

in der Erwägung, dass dem Zentrum für Menschenrechte in Bahrain zufolge über 3 000 Häftlinge willkürlich in Haft gehalten werden, darunter viele Menschenrechtsverteidiger, die zur direkten Bestrafung ihrer Tätigkeiten festgenommen und zu langen bzw. lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt wurden; in der Erwägung, dass die meisten von ihnen Berichten zufolge gewalttätigen Übergriffen, Misshandlungen und physischer oder psychischer Folter ausgesetzt waren;

H.

in der Erwägung, dass der Generalsekretär der größten bahrainischen Oppositionspartei Al-Wifaq, Scheich Ali Salman, im Zusammenhang mit den regierungskritischen Protesten, die 2011 auf dem Höhepunkt der Aufstände des Arabischen Frühlings in der Region ausbrachen, am 16. Juni 2015 zu vier Jahren Haft verurteilt wurde; in der Erwägung, dass seine Anwälte Berichten zufolge vom Gericht am mündlichen Vortrag gehindert wurden und keine nennenswerte Gelegenheit erhielten, die Beweise zu prüfen; in der Erwägung, dass eine Gruppe unabhängiger Sachverständiger der Vereinten Nationen im Rahmen eines sogenannten Sonderverfahrens auf Ebene des Menschenrechtsrats die bahrainischen Staatsorgane dringend aufgefordert hat, Scheich Ali Salman freizulassen;

I.

in der Erwägung, dass Bahrain seit 2012 Antiterrorgesetze dafür missbraucht, Aktivisten und Vertretern der Opposition, darunter mindestens neun Minderjährigen, zur Strafe für unbotmäßiges Verhalten willkürlich die Staatsangehörigkeit zu entziehen; in der Erwägung, dass mehreren Berichten zufolge allein 2015 über 100 Aktivisten, Demonstranten und Politikern die Staatsangehörigkeit entzogen wurde und dadurch viele staatenlos wurden, was einen Verstoß gegen das VN-Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit darstellt;

J.

in der Erwägung, dass seit 2011 in politisch motivierten Fällen zunehmend die Todesstrafe verhängt wird und seit 2011 mindestens sieben Menschen in politischen Prozessen zum Tode verurteilt wurden, allein vier davon 2015;

K.

in der Erwägung, dass die per königlichem Erlass eingerichtete unabhängige Untersuchungskommission von Bahrain, die die Geschehnisse im Februar 2011 in Bahrain untersuchen und darüber berichten soll, mehrere Empfehlungen zu Menschenrechten und politischen Reformen ausgesprochen hat; in der Erwägung, dass bei der Überarbeitung der Rechtsordnung und des Strafverfolgungssystems Fortschritte erzielt wurden, die Regierung die zentralen Empfehlungen der Kommission jedoch nicht vollständig umgesetzt hat, insbesondere die Entlassung der Anführer von Protestbewegungen, die wegen der Wahrnehmung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung verurteilt wurden; in der Erwägung, dass die Aussöhnungsgespräche, die auch Nationaler Dialog genannt werden, ins Stocken geraten sind, dass einige Gruppen immer noch nicht im politischen System vertreten sind und die Sicherheitskräfte nach wie vor nicht rechenschaftspflichtig sind;

1.

fordert, dass die Anklagen gegen alle Menschenrechtsverteidiger, politischen Aktivisten und anderen Personen, die festgehalten und denen angebliche Rechtsverstöße im Zusammenhang mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Bildung von Vereinigungen zur Last gelegt werden, fallengelassen und die Personen — darunter Nabil Radschab, Scheich Ali Salman und die „Dreizehn von Bahrain“ — unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden;

2.

nimmt die Zusagen der bahrainischen Staatsorgane, die Empfehlungen der Unabhängigen Untersuchungskommission von Bahrain von 2011 und der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung von Bahrain durch die Vereinten Nationen sowie die Empfehlungen anderer VN-Mechanismen umzusetzen, und die jüngst erfolgte Entlassung mehrerer Häftlinge, denen Verbrechen im Zusammenhang mit ihren politischen Vereinigungen und ihrer Meinungsfreiheit zur Last gelegt wurden, zur Kenntnis; fordert die bahrainische Regierung nachdrücklich auf, sämtliche im Bericht der Untersuchungskommission und im Rahmen der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung geäußerten Empfehlungen rasch umzusetzen und gemäß den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Bahrains den Menschenrechtsverstößen ein Ende zu bereiten und für die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu sorgen;

3.

verleiht seiner tiefen Sorge darüber Ausdruck, dass die Antiterrorgesetze in Bahrain zur Verletzung der Menschenrechte missbraucht werden, unter anderem in Form des Entzugs der Staatsangehörigkeit;

4.

verurteilt die nach wie vor praktizierte Folter und sonstigen grausamen und erniedrigenden Behandlungs- oder Bestrafungsmethoden gegenüber Häftlingen, friedlichen Demonstranten und Mitgliedern der Opposition durch die bahrainischen Staatsorgane und fordert die Regierung von Bahrain nachdrücklich auf, ihre Verpflichtungen und Zusagen gemäß dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter zu erfüllen;

5.

empfiehlt der bahrainischen Regierung, mit den Sonderberichterstattern der Vereinten Nationen (insbesondere über Folter, Versammlungsfreiheit, die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten sowie über Menschenrechtsverteidiger) zusammenzuarbeiten und ihnen eine ständige Einladung auszusprechen;

6.

stellt fest, dass sich die Regierung von Bahrain weiterhin darum bemüht, das Strafgesetzbuch und das Prozessrecht zu reformieren, und empfiehlt, diesen Prozess fortzusetzen; fordert die bahrainische Regierung auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine unparteiische und gerechte Justiz, die ordnungsgemäße Verfahren garantiert, aufzubauen und die Unparteilichkeit ihres Ombudsmanns, der Dienststelle für Sonderermittlungen und der nationalen Menschenrechtsinstitution sicherzustellen;

7.

fordert die sofortige Ratifizierung des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter, des zweiten Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR), das auf die Abschaffung der Todesstrafe abzielt, des Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen und des Internationalen Übereinkommens über den Schutz der Rechte von Wanderarbeitnehmern und ihrer Familienangehörigen;

8.

fordert die bahrainischen Staatsorgane auf, den nationalen Dialog für Konsens mit dem Ziel einer dauerhaften nationalen Aussöhnung zwischen allen Bevölkerungsgruppen und tragfähiger politischer Lösungen zur Überwindung der Krise fortzusetzen; stellt fest, dass in einem tragfähigen politischen Prozess legitime und friedliche Kritik frei geäußert werden sollte; weist die bahrainischen Staatsorgane in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Einbeziehung der schiitischen Mehrheit und ihrer friedlichen politischen Vertreter auf der Grundlage der Achtung der Menschenwürde, des Respekts und der Fairness unbedingt zu einer glaubwürdigen Strategie für die nationale Aussöhnung und tragfähige Reformen gehören sollte;

9.

begrüßt, dass der Oppositionsführer Ibrahim Scharif nach der Begnadigung durch den König im Juni 2015 vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen wurde; vertritt die Überzeugung, dass diese Entscheidung eine begrüßenswerte und wichtige Maßnahme für die Vertrauensbildung in Bahrain ist;

10.

fordert die HR/VP nachdrücklich auf, in all ihren Gesprächen mit der bahrainischen Regierung auch künftig auf die Bedeutung von Reformen und Aussöhnung hinzuweisen; empfiehlt dringend die Einsetzung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der EU und Bahrains für Menschenrechte, weist jedoch darauf hin, dass ein Menschenrechtsdialog zwischen der EU und Bahrain einen umfassenden Dialog zwischen Regierung und Opposition in Bahrain selbst nicht ersetzen kann;

11.

nimmt die Empfehlungen des Ombudsmanns, der Kommission für die Rechte von Gefangenen und Häftlingen und der nationalen Menschenrechtsinstitution zur Kenntnis, insbesondere zu den Rechten von Häftlingen und den Haftbedingungen einschließlich Misshandlungs- und Foltervorwürfen; empfiehlt diesen Stellen, ihre Arbeit unabhängig, unparteiisch und transparent fortzusetzen, und fordert die bahrainischen Staatsorgane auf, diese Empfehlungen vollständig umzusetzen;

12.

fordert ein rasches kollektives Vorgehen der EU zur Ausarbeitung einer umfassenden Strategie dafür, dass die EU und die Kommission aktiv auf die Entlassung der inhaftierten Aktivisten und Gefangenen aus Gewissensgründen dringen können; fordert den EAD und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Menschenrechtsleitlinien der EU — insbesondere zu Menschenrechtsverteidigern und Folter — von der EU-Delegation in Riad und den Botschaften der Mitgliedstaaten in Bahrain in geeigneter Form umgesetzt werden, und fordert sie auf, über die Umsetzung zu berichten;

13.

fordert ein Ausfuhrverbot der EU für Tränengas und Geräte zur Kontrolle von Menschenansammlungen, bis der missbräuchliche Einsatz dieser Ausrüstungen untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen wurden;

14.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament des Königreichs Bahrain und den Mitgliedstaaten des Golf-Kooperationsrats zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0109.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/155


P8_TA(2015)0280

Die Situation von zwei christlichen Pastoren im Sudan

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu der Situation von zwei christlichen Pastoren im Sudan (2015/2766(RSP))

(2017/C 265/21)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zum Sudan,

unter Hinweis auf den Bericht der Sachverständigen für Menschenrechte vom 19. Mai 2014, der gemäß den Sonderverfahren des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen veröffentlicht wurde,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 und die Erklärung der Vereinten Nationen über die Beseitigung aller Formen der Intoleranz und der Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Weltanschauung,

unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker,

unter Hinweis auf das Abkommen von Cotonou aus dem Jahr 2000,

unter Hinweis auf die Leitlinien der EU zur Freiheit der Religion oder Weltanschauung aus dem Jahr 2013,

unter Hinweis auf den nationalen Plan des Sudan für Menschenrechte, der 2013 auf der Basis der Grundsätze Universalität und Gerechtigkeit für alle angenommen wurde,

unter Hinweis auf die Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen, insbesondere auf die Resolutionen 62/149 vom 18. Dezember 2007, 63/168 vom 18. Dezember 2008, 65/206 vom 21. Dezember 2010, 67/176 vom 20. Dezember 2012 und 3/69 vom 18. Dezember 2014 zu einem Moratorium für die Anwendung der Todesstrafe, in denen die Länder, in denen es die Todesstrafe immer noch gibt, aufgefordert werden, ein Moratorium für die Vollstreckung der Todesstrafe zu verhängen und die Todesstrafe schließlich abzuschaffen,

gestützt auf Artikel 135 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass Pastor Michael Yat von der Presbyterianischen Evangelischen Kirche des Südsudan während eines Besuchs im Sudan am 21. Dezember 2014 nach seiner Predigt in der Khartoum North Church der Presbyterianischen Evangelischen Kirche des Sudan vom Geheimdienst des Sudan verhaftet wurde; in der Erwägung, dass er unmittelbar nach einer Predigt verhaftet wurde, in der er den umstrittenen Verkauf von Kirchenländereien und -eigentum und die Behandlung von Christen im Sudan verurteilt haben soll;

B.

in der Erwägung, dass Pastor Peter Yen Reith am 11. Januar 2015 verhaftet wurde, nachdem er einen Brief an die Religionsbehörde des Sudan gerichtet hatte, in dem er sich nach Pastor Michael Yat erkundigte und mehr über dessen Haft erfahren wollte;

C.

in der Erwägung, dass die beiden Männer bis zum 1. März 2015 in Isolationshaft gehalten wurden und ihnen am 4. Mai 2015 mehrere Straftaten nach dem Strafgesetzbuch des Sudan von 1991 vorgeworfen wurden, darunter gemeinschaftliche kriminelle Handlungen (Artikel 21), Untergrabung der verfassungsmäßigen Ordnung (Artikel 51), Kriegführung gegen den Staat (Artikel 50), Spionage (Artikel 53), unrechtmäßiger Erhalt oder unrechtmäßige Offenlegung amtlicher Schriftstücke (Artikel 55), Anstiftung zum Hass (Artikel 64), Störung des Friedens (Artikel 69) und Gotteslästerung (Artikel 125);

D.

in der Erwägung, dass die Anklagepunkte im Sinne von Artikel 50 und 53 des Strafgesetzbuchs des Sudan im Fall eines Schuldspruchs die Todesstrafe nach sich ziehen;

E.

in der Erwägung, dass die Staatsorgane des Sudan am 1. Juli 2015 einen Teil der Anlage der evangelischen Kirche in Bahri zerstören ließen; in der Erwägung, dass der Anwalt der Kirche, Mohamed Mustafa, der auch der Anwalt der beiden inhaftierten Pastoren ist, und Pastor Hafiz von der evangelischen Kirche in Bahri monierten, der Staatsangestellte würde den falschen Teil der Anlage zerstören; in der Erwägung, dass beide wegen Behinderung eines Beamten bei der Ausübung seines Amtes inhaftiert wurden; in der Erwägung, dass der Staatsbeamte die Zerstörung des falschen Teils der Anlage fortsetzte;

F.

in der Erwägung, dass Bedrohungen gegen leitende Kirchenmitglieder, die Einschüchterung christlicher Gemeinden und die Zerstörung von Kircheneigentum seit der Abspaltung des Südsudan im Jahr 2011 immer häufiger werden;

G.

in der Erwägung, dass zwölf junge christliche Mädchen aus den Nuba-Bergen am 25. Juni 2015 beim Verlassen einer Baptistenkirche unter dem Vorwurf festgenommen wurden, sei seien unanständig gekleidet; in der Erwägung, dass zwei der Mädchen am Folgetag bedingungslos und die anderen zehn Mädchen gegen Kaution freigelassen wurden;

H.

in der Erwägung, dass die christlichen Mädchen vor Gericht erscheinen müssen, weil ihnen ein Vergehen nach Artikel 152 des Strafgesetzbuchs des Sudan zur Last gelegt wird, in dem es heißt: „Wer sich an einem öffentlichen Ort unanständig verhält oder wider die öffentliche Sittlichkeit handelt oder unzüchtige Kleidung trägt oder wider die öffentliche Sittlichkeit gekleidet ist oder öffentliches Ärgernis erregt, wird mit bis zu 40 Peitschenhieben oder Geldbuße oder beidem bestraft.“;

I.

in der Erwägung, dass die vom Sudan ratifizierte Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker auch das Recht auf Leben sowie ein Verbot von Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung und Behandlung enthält, dass jedoch die Todesstrafe, Auspeitschungen, Amputationen und andere Formen körperlicher Bestrafung bei zahlreichen strafbaren Handlungen im Sudan immer noch vollstreckt bzw. vollzogen werden;

J.

in der Erwägung, dass die Verhängung eines universellen Moratoriums für die Todesstrafe und schließlich ihre endgültige Abschaffung eines der Hauptziele der internationalen Gemeinschaft bleiben müssen, was am 18. Dezember 2014 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen nochmals bekräftigt wurde;

1.

fordert die Staatsorgane des Sudan auf, alle Anklagepunkte gegen Pastor Michael Yat und Pastor Peter Yen Reith fallenzulassen, und fordert die unverzügliche und bedingungslose Freilassung der beiden Pastoren; fordert die Regierung des Sudan indes auf, dafür Sorge zu tragen, dass die beiden Pastoren bis zu ihrer Freilassung nicht gefoltert oder misshandelt werden und dass ihre körperliche und geistige Unversehrtheit uneingeschränkt geachtet wird;

2.

fordert die EU-Delegation für den Sudan auf, das Gerichtsverfahren zu beobachten und den Pastoren Unterstützung zuteil werden zu lassen; fordert die EU auf, eine Führungsrolle zu übernehmen, wenn es darum geht, die schwerwiegenden und weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht im Sudan aufzuzeigen und zu verurteilen;

3.

erinnert die Staatsorgane des Sudan an ihre Verpflichtungen zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit auf nationaler und internationaler Ebene; bekräftigt, dass die Religions-, Gewissens- und Weltanschauungsfreiheit ein universelles Menschenrecht ist, das es überall und für jedermann zu schützen gilt; verurteilt scharf alle Arten von Gewalt und Einschüchterung, mit denen das Recht beeinträchtigt wird, einer Religion eigener Wahl anzugehören, nicht anzugehören oder sie anzunehmen, auch den Einsatz von Drohungen, physischer Gewalt oder strafrechtlicher Sanktionen, um Gläubige oder Nichtgläubige zu zwingen, ihrer Religion abzuschwören oder zu konvertieren;

4.

verurteilt die Festnahme der zwölf christlichen Mädchen; fordert die Regierung des Sudan auf, die Verfahren gegen die zehn Mädchen, die noch von Fehlverhalten freizusprechen sind, einzustellen;

5.

fordert die Regierung des Sudan auf, alle Rechtsvorschriften aufzuheben, die eine Diskriminierung aus Gründen der Religion vorsehen, und die Identität von Minderheitengruppen und auch aller Minderheitenglaubensgemeinschaften zu schützen;

6.

verurteilt die Schikanierung von Christen und die Einmischung in kirchliche Angelegenheiten; fordert die Regierung des Sudan nachdrücklich auf, von derartigen Handlungen abzusehen; fordert den Sudan auf, die Gesetze über den Abfall vom Glauben aufzuheben und der Schließung von Kirchen und anderer religiöser Stätten ein Ende zu setzen;

7.

fordert die Regierung des Sudan auf, das Justizsystem des Landes im Einklang mit internationalen Menschenrechtsnormen so zu reformieren, dass die grundlegenden Menschenrechte und -freiheiten geschützt werden und der Schutz der Menschenrechte jedes Einzelnen gewährleistet wird, insbesondere in Bezug auf die Diskriminierung von Frauen, religiösen Minderheiten und benachteiligten Gruppen;

8.

bekräftigt, dass es die Todesstrafe unter allen Umständen verurteilt und dass ein weltweites Moratorium verhängt und die Todesstrafe schließlich abgeschafft werden muss; fordert die Regierung des Sudan daher auf, die Todesstrafe abzuschaffen sowie die Praxis der Auspeitschung, die immer noch vollzogen wird, zu beenden und verhängte Todesurteile umzuwandeln;

9.

ist äußerst besorgt angesichts der zunehmenden Unterdrückung von Mitgliedern der Opposition, verurteilt aufs Schärfste die Verhängung und sofortige Vollstreckung der Strafe von jeweils 20 Peitschenhieben gegen Mastour Ahmed Mohamed, den stellvertretenden Vorsitzenden der Kongresspartei, sowie gegen zwei weitere führende Parteimitglieder, Assem Omar und Ibrahim Mohamed, durch das Gericht von Oumdourman am 6. Juli 2015; unterstützt die Bemühungen der Vereinten Nationen, der EU, der Afrikanischen Union und der Troika (Norwegen, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten von Amerika), die darauf gerichtet sind, im Zusammenhang mit der Lage im Sudan eine Verhandlungslösung zu erreichen und die Bestrebungen der Zivilgesellschaft und der Oppositionsparteien, eine inklusive Friedenslösung voranzubringen, zu unterstützen;

10.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung der Republik Sudan, der Afrikanischen Union, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, den Ko-Vorsitzenden der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU und dem Panafrikanischen Parlament zu übermitteln.


III Vorbereitende Rechtsakte

EUROPÄISCHES PARLAMENT

Dienstag, 7. Juli 2015

11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/158


P8_TA(2015)0239

Ernennung eines Mitglieds des Rechnungshofes — Bettina Michelle Jakobsen

Beschluss des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 über die Ernennung von Bettina Michelle Jakobsen zum Mitglied des Rechnungshofes (C8-0122/2015 — 2015/0803(NLE))

(Anhörung)

(2017/C 265/22)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 286 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, gemäß dem es vom Rat angehört wurde (C8-0122/2015),

gestützt auf Artikel 121 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltskontrollausschusses (A8-0198/2015),

A.

in der Erwägung, dass der Haushaltskontrollausschuss die Qualifikationen der vorgeschlagenen Kandidatin bewertet hat, insbesondere im Hinblick auf die Erfordernisse nach Artikel 286 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union;

B.

in der Erwägung, dass der Haushaltskontrollausschuss in seiner Sitzung vom 17. Juni 2015 die Kandidatin, deren Ernennung zum Mitglied des Rechnungshofes der Rat vorschlägt, angehört hat;

1.

gibt eine befürwortende Stellungnahme zu dem Vorschlag des Rates ab, Bettina Michelle Jakobsen zum Mitglied des Rechnungshofs zu ernennen;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss dem Rat und — zur Information — dem Rechnungshof sowie den übrigen Organen der Europäischen Union und den Rechnungskontrollbehörden der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/159


P8_TA(2015)0240

Ausübung der Rechte der Union nach internationalen Handelsregeln ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem geänderten Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Verfahren der Union im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Union nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln (kodifizierter Text) (COM(2015)0049 — C8-0041/2015 — 2014/0174(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren — Kodifizierung)

(2017/C 265/23)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2015)0049),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 207 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C8-0041/2015),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 10. Dezember 2014 (1),

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 20. Dezember 1994 über ein beschleunigtes Arbeitsverfahren für die amtliche Kodifizierung von Rechtstexten (2),

gestützt auf die Artikel 103 und 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A8-0203/2015),

A.

in der Erwägung, dass aus der Stellungnahme der beratenden Gruppe der Juristischen Dienste des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission hervorgeht, dass sich der genannte Vorschlag auf eine reine Kodifizierung der bestehenden Rechtstexte ohne inhaltliche Änderungen beschränkt;

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.

(2)  ABl. C 102 vom 4.4.1996, S. 2.


P8_TC1-COD(2014)0174

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 7. Juli 2015 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2015/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Verfahren der Union im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Union nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln (kodifizierter Text)

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2015/1843).


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/160


P8_TA(2015)0241

Schutz gegen schädigende Preisgestaltung im Schiffbau ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz gegen schädigende Preisgestaltung im Schiffbau (kodifizierter Text) (COM(2014)0605 — C8-0171/2014 — 2014/0280(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren — Kodifizierung)

(2017/C 265/24)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2014)0605),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 207 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C8-0171/2014),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 20. Dezember 1994 über ein beschleunigtes Arbeitsverfahren für die amtliche Kodifizierung von Rechtstexten (1),

gestützt auf die Artikel 103 und 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A8-0202/2015),

A.

in der Erwägung, dass aus der Stellungnahme der beratenden Gruppe der Juristischen Dienste des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission hervorgeht, dass sich der genannte Vorschlag auf eine reine Kodifizierung der bestehenden Rechtstexte ohne inhaltliche Änderungen beschränkt;

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 102 vom 4.4.1996, S. 2.


P8_TC1-COD(2014)0280

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 7. Juli 2015 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2016/… des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz gegen schädigende Preisgestaltung im Schiffbau (kodifizierter Text)

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2016/1035).


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/161


P8_TA(2015)0242

Fangmöglichkeiten in EU-Gewässern für Fischereifahrzeuge, die die Flagge von Venezuela führen, vor der Küste von Französisch-Guayana ***

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über die Genehmigung — im Namen der Europäischen Union — der Erklärung über die Gewährung von Fangmöglichkeiten in EU-Gewässern für Fischereifahrzeuge, die die Flagge der Bolivarischen Republik Venezuela führen, in der ausschließlichen Wirtschaftszone vor der Küste von Französisch-Guayana (05420/2015 — C8-0043/2015 — 2015/0001(NLE))

(Zustimmung)

(2017/C 265/25)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates über die Genehmigung — im Namen der Europäischen Union — der Erklärung über die Gewährung von Fangmöglichkeiten in EU-Gewässern für Fischereifahrzeuge, die die Flagge der Bolivarischen Republik Venezuela führen, in der ausschließlichen Wirtschaftszone vor der Küste von Französisch-Guayana (05420/2015),

unter Hinweis auf den Entwurf einer Erklärung über die Genehmigung von Fangmöglichkeiten in EU-Gewässern für Fischereifahrzeuge, die die Flagge der Bolivarischen Republik Venezuela führen, in der ausschließlichen Wirtschaftszone vor der Küste von Französisch-Guayana (05420/2015),

unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 43 Absatz 2 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C8–0043/2015),

gestützt auf Artikel 99 Absatz 1 Unterabsätze 1 und 3, Artikel 99 Absatz 2 sowie auf Artikel 108 Absatz 7 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Empfehlung des Fischereiausschusses (A8-0195/2015),

1.

gibt seine Zustimmung zu der Genehmigung der Erklärung;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Bolivarischen Republik Venezuela zu übermitteln.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/162


P8_TA(2015)0243

Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015: Haushaltsüberschuss 2014

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2015 — Einstellung des Haushaltsüberschusses 2014 (09765/2015 — C8-0161/2015 — 2015/2077(BUD))

(2017/C 265/26)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 314 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 106a des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (1), insbesondere auf Artikel 41,

unter Hinweis auf den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2015, der am 17. Dezember 2014 endgültig erlassen wurde (2),

unter Hinweis auf den Berichtigungshaushaltsplan Nr. 1/2015, der am 28. April 2015 endgültig erlassen wurde (3),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014–2020 (4),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 2015/623 des Rates vom 21. April 2015 zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014-2020 (5),

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (6),

gestützt auf den Beschluss 2007/436/EG, Euratom des Rates vom 7. Juni 2007 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (7),

unter Hinweis auf den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015, der von der Kommission am 15. April 2015 angenommen wurde (COM(2015)0160),

unter Hinweis auf den Standpunkt zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015, der vom Rat am 19. Juni 2015 festgelegt und dem Europäischen Parlament am selben Tag zugeleitet wurde (09765/2015),

gestützt auf die Artikel 88 und 91 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses (A8-0219/2015),

A.

in der Erwägung, dass das Ziel des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015 darin besteht, den Überschuss des Haushaltsjahres 2014, der sich auf 1 435 Mio. EUR beläuft, in den Haushaltsplan 2015 einzustellen;

B.

in der Erwägung, dass sich dieser Überschuss im Wesentlichen aus einem positiven Ergebnis bei den Einnahmen in Höhe von 1 183 Mio. EUR, einer Ausgabenunterschreitung um 142 Mio. EUR und einer Wechselkursdifferenz von 110 Mio. EUR zusammensetzt;

C.

in der Erwägung, dass die beiden größten Posten auf der Einnahmenseite Verzugszinsen und Geldbußen (634 Mio. EUR) und ein positives Ergebnis bei den Eigenmitteln (479 Mio. EUR) sind;

D.

in der Erwägung, dass auf der Ausgabenseite die Nichtausschöpfung im Einzelplan III mit 29 Mio. EUR für 2014 und 6 Mio. EUR für die Übertragungen aus 2013 äußerst niedrig, bei den sonstigen Organen aber auf 101 Mio. EUR angestiegen ist;

E.

in der Erwägung, dass die äußerst niedrige Nichtausschöpfung im Einzelplan III den anhaltenden Mangel an Mitteln für Zahlungen illustriert, der auch künftig eine der wichtigsten Herausforderungen bei der Ausführung des Haushaltsplans 2015 darstellen wird;

1.

nimmt Kenntnis von dem von der Kommission vorgelegten Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015, der nur die Einstellung des Überschusses des Haushaltsjahres 2014 in Höhe von 1 435 Mio. EUR in den Haushaltsplan gemäß Artikel 18 der Haushaltsordnung zum Gegenstand hat, sowie dem diesbezüglichen Standpunkt des Rates;

2.

weist darauf hin, dass der Rat bei den Haushaltsverhandlungen für 2015 darauf bestanden hat, die Zahlungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union in den Entwürfen der Berichtigungshaushaltspläne Nr. 5/2014 und Nr. 7/2014 in der Gesamthöhe von 126,7 Mio. EUR in den Haushaltsplan 2015 zu übertragen;

3.

vertritt die Ansicht, dass die Zahlungen im Zusammenhang mit diesen beiden Entwürfen der Berichtigungshaushaltspläne des Jahres 2014, die insgesamt sieben Inanspruchnahmen des Solidaritätsfonds der Europäischen Union abdecken, angesichts des im Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015 ausgewiesenen Überschusses ohne Weiteres aus dem Haushaltsplan 2014 bestritten hätten werden können;

4.

bedauert generell die Tendenz im Rat, seinen Verpflichtungen gegenüber notleidenden Ländern, die die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union erfüllen, nicht durch die Inanspruchnahme der zusätzlichen Ressourcen — wie bei den spezifischen Instrumenten vorgesehen –, sondern dadurch nachzukommen, dass Mittel aus den bestehenden Programmen abgezweigt werden; begrüßt jedoch die Tatsache, dass der Rat beim Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015 nicht so vorgegangen ist;

5.

weist darauf hin, dass die Kommission mit dem Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015 außerdem den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015 zur Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union für Rumänien, Bulgarien und Italien in Höhe von insgesamt 66,5 Mio. EUR vorgelegt hat;

6.

weist darauf hin, dass der Anteil des BNE-Beitrags der Mitgliedstaaten zum Haushaltsplan der Union mit der Annahme des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015 um 1 435 Mio. EUR sinken wird und dass somit ihr Beitrag zur Finanzierung des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015 mehr als ausgeglichen wird; unterstreicht daher, dass für die beiden Vorgänge ein gemeinsamer Annahmezeitplan gelten muss, da sie in politischer Hinsicht eng miteinander verknüpft sind;

7.

betont seine Bereitschaft, sowohl den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015 als auch den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015 schnellstmöglich in der von der Kommission vorgelegten Fassung anzunehmen;

8.

billigt den Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015;

9.

beauftragt seinen Präsidenten, festzustellen, dass der Berichtigungshaushaltsplan Nr. 3/2015 endgültig erlassen ist, und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

10.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie dem Rechnungshof und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1.

(2)  ABl. L 69 vom 13.3.2015.

(3)  ABl. L 190 vom 17.7.2015.

(4)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 884.

(5)  ABl. L 103 vom 22.4.2015, S. 1.

(6)  ABl. C 373 vom 20.12.2013, S. 1.

(7)  ABl. L 163 vom 23.6.2007, S. 17.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/164


P8_TA(2015)0244

Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015: Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der EU für Rumänien, Bulgarien und Italien

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2015 für den Vorschlag zur Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union für Rumänien, Bulgarien und Italien (09767/2015 — C8-0162/2015 — 2015/2078(BUD))

(2017/C 265/27)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 314 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 106a des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (1), insbesondere auf Artikel 41,

unter Hinweis auf den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2015, der am 17. Dezember 2014 endgültig erlassen wurde (2),

unter Hinweis auf den Berichtigungshaushaltsplan Nr. 1/2015, der am 28. April 2015 endgültig erlassen wurde (3),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014-2020 (4) (MFR-Verordnung),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) 2015/623 des Rates vom 21. April 2015 zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014-2020 (5),

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (6),

gestützt auf den Beschluss 2007/436/EG, Euratom des Rates vom 7. Juni 2007 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (7),

unter Hinweis auf den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015, der von der Kommission am 15. April 2015 angenommen wurde (COM(2015)0161),

unter Hinweis auf den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (Überschwemmungen in Rumänien, Bulgarien und Italien), den die Kommission am 15. April 2015 angenommen hat (COM(2015)0162),

unter Hinweis auf den Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015, der vom Rat am 19 Juni 2015 festgelegt und dem Europäischen Parlament am gleichen Tag zugeleitet wurde (09767/2015),

gestützt auf die Artikel 88 und 91 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses (A8-0220/2015),

A.

in der Erwägung, dass der Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015 die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (EUSF) in Höhe eines Betrags von 66 505 850 EUR an Mitteln für Verpflichtungen und Mitteln für Zahlungen im Zusammenhang mit den beiden Überschwemmungen vom Frühjahr und Sommer 2014 in Rumänien, für die eine Hilfe von insgesamt 8 495 950 EUR beantragt wurde, den Überschwemmungen vom Juli/August 2014 in Bulgarien, für die eine Hilfe von insgesamt 1 983 600 EUR beantragt wurde, und den Überschwemmungen vom Oktober/November 2014 in Italien, für die eine Hilfe von insgesamt 56 026 300 EUR beantragt wurde, zum Gegenstand hat;

B.

in der Erwägung, dass der Zweck des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015 darin besteht, diese Haushaltsanpassung förmlich in den Haushaltsplan 2015 aufzunehmen;

1.

nimmt Kenntnis von dem von der Kommission vorgelegten Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015 und dem diesbezüglichen Standpunkt des Rates;

2.

unterstreicht die Dringlichkeit der Freigabe der finanziellen Hilfe aus dem EUSF für die von diesen Naturkatastrophen betroffenen Länder, wobei zu berücksichtigen ist, dass der EUSF Solidarität mit der Bevölkerung in den von Katastrophen betroffenen Regionen zeigt;

3.

erinnert daran, dass der Rat bei den Haushaltsverhandlungen für 2015 darauf bestanden hat, die in den Entwürfen der Berichtigungshaushaltspläne Nr. 5/2014 und Nr. 7/2014 für die Inanspruchnahme des EUSF veranschlagten Mittel für Zahlungen in Höhe eines Betrag von 126,7 Mio. EUR auf den Haushaltsplan 2015 zu verlagern;

4.

ist der Ansicht, dass diese beiden Entwürfe von Berichtigungshaushaltsplänen des Jahres 2014, die insgesamt sieben EUSF-Fälle umfassten, angesichts des Überschusses, wie er im Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015 ausgewiesen wurde, ohne Weiteres aus dem Haushaltsplan 2014 hätten finanziert können, wobei zu berücksichtigen ist, dass der EUSF eine rasche, wirksame und flexible Reaktion auf derartige Notfälle ermöglichen soll;

5.

bedauert generell, dass der Rat dazu neigt, seine Verpflichtungen gegenüber Ländern, die eine Katastrophe größeren Ausmaßes erlebt haben und daher die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des EUSF erfüllen, nicht durch Inanspruchnahme der zusätzlichen Mittel, wie sie die speziellen Instrumente vorsehen, sondern dadurch zu erfüllen, dass er anderen Programmen Mittel entzieht; begrüßt indessen, dass der Rat diesem Ansatz beim Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015 nicht gefolgt ist;

6.

betont insbesondere, dass die derzeitige kritische Situation bei den Mitteln für Zahlungen keine andere Finanzierungsmöglichkeiten zulässt als die, die die Kommission im Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015 vorschlägt; weist darauf hin, dass der EUSF ein besonderes Instrument darstellt, dessen Mittel außerhalb der entsprechenden Obergrenzen des mehrjährigen Finanzrahmens im Haushaltsplan zu veranschlagen sind;

7.

weist darauf hin, dass sich durch die Annahme des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2015 der Anteil der BNE-Beiträge der Mitgliedstaaten zum Unionshaushalt um 1 435 Mio. EUR verringern wird, womit ihr Beitrag zur Finanzierung des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015 mehr als ausgeglichen wird; unterstreicht daher, dass für die beiden Vorgänge ein gemeinsamer Annahmezeitplan gelten muss, da sie in politischer Hinsicht eng miteinander verknüpft sind;

8.

unterstreicht seine Bereitschaft, beide Entwürfe von Berichtigungshaushaltsplänen so bald wie möglich in der von der Kommission vorgelegten Form anzunehmen;

9.

billigt den Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4/2015;

10.

beauftragt seinen Präsidenten, festzustellen, dass der Berichtigungshaushaltsplan Nr. x/2015 endgültig erlassen ist, und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

11.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie dem Rechnungshof und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1.

(2)  ABl. L 69 vom 13.3.2015.

(3)  ABl. L 190 vom 17.7.2015.

(4)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 884.

(5)  ABl. L 103 vom 22.4.2015, S. 1,

(6)  ABl. C 373 vom 20.12.2013, S. 1.

(7)  ABl. L 163 vom 23.6.2007, S. 17.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/166


P8_TA(2015)0245

Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der EU: Überschwemmungen in Rumänien, Bulgarien und Italien

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union gemäß Nummer 11 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (Überschwemmungen in Rumänien, Bulgarien und Italien) (COM(2015)0162 — C8-0094/2015 — 2015/2079(BUD))

(2017/C 265/28)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2015)0162 — C8-0094/2015),

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates vom 11. November 2002 zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (1),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014-2020 (2), insbesondere auf Artikel 10,

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (3), insbesondere auf Nummer 11,

unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für regionale Entwicklung,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses (A8-0211/2015),

1.

billigt den dieser Entschließung beigefügten Beschluss;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss mit dem Präsidenten des Rates zu unterzeichnen und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung einschließlich der Anlage dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 311 vom 14.11.2002, S. 3.

(2)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 884.

(3)  ABl. C 373 vom 20.12.2013, S. 1.


ANLAGE

BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (Überschwemmungen in Rumänien, Bulgarien und Italien)

(Der Text dieser Anlage ist hier nicht wiedergegeben; er entspricht dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss (EU) 2015/1180.)


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/167


P8_TA(2015)0247

Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2015: Europäischer Fonds für strategische Investitionen (EFSI)

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2015 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2015, Einzelplan III — Kommission, für den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1291/2013 und (EU) Nr. 1316/2013 (09876/2015 — C8-0172/2015 — 2015/2011(BUD))

(2017/C 265/29)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 314 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 106a des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (1), insbesondere auf Artikel 41,

unter Hinweis auf den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2015, der am 17. Dezember 2014 endgültig erlassen wurde (2),

unter Hinweis auf den Berichtigungshaushaltsplan Nr. 1/2015, der am 28. April 2015 endgültig erlassen wurde (3),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014–2020 (4),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 2015/623 des Rates vom 21. April 2015 zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014-2020 (5),

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (6),

unter Hinweis auf den von der Kommission am 13. Januar 2015 angenommenen Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2015 (COM(2015)0011),

unter Hinweis auf den Standpunkt zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2015, der vom Rat am 26. Juni 2015 festgelegt und dem Europäischen Parlament am selben Tag zugeleitet wurde (09876/2015 — C8-0172/2015),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2015/1017 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2015 über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen, die europäische Plattform für Investitionsberatung und das europäische Investitionsvorhabenportal sowie zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1291/2013 und (EU) Nr. 1316/2013 — der Europäische Fonds für strategische Investitionen (7),

gestützt auf die Artikel 88 und 91 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses sowie die Stellungnahmen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie und des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr sowie des Ausschusses für regionale Entwicklung (A8-0221/2015),

A.

in der Erwägung, dass das Ziel des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2015 darin besteht, entsprechend der Einigung der Gesetzgeber über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) die notwendigen Änderungen am Eingliederungsplan vorzunehmen und für die notwendige Umschichtung von Mitteln für Verpflichtungen in Höhe von 1,36 Mrd. EUR und Mitteln für Zahlungen in Höhe von 10 Mio. EUR zu sorgen;

B.

in der Erwägung, dass für die Dotierung des Garantiefonds der EU im Jahr 2015 Mittel für Verpflichtungen in Höhe von insgesamt 1,35 Mrd. EUR aus der Fazilität „Connecting Europe“ (790 Mio. EUR), aus Horizont 2020 (70 Mio. EUR) und ITER (490 Mio. EUR) umgeschichtet werden;

C.

in der Erwägung, dass die Kommission beabsichtigt, die Kürzung bei ITER durch eine entsprechende Aufstockung im Zeitraum 2018–2020 auszugleichen;

D.

in der Erwägung, dass die Bereitstellung von Mitteln für Verpflichtungen und Mitteln für Zahlungen für die Europäische Plattform für Investitionsberatung in Höhe von jeweils 10 Mio. EUR vollständig im Wege einer Umschichtung aus ITER (Haushaltsartikel 08 04 01 02) erfolgt;

E.

in der Erwägung, dass alle zusätzlichen Mittel für die Umsetzung des EFSI — sowohl die Mittel für Verpflichtungen als auch die Mittel für Zahlungen — in vollem Umfang durch eine Umschichtung aufgebracht werden, sodass das Gesamtvolumen der Mittel für Verpflichtungen und der Mittel für Zahlungen im Haushaltsplan 2015 unverändert bleibt;

1.

nimmt Kenntnis von dem von der Kommission vorgelegten Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2015 und dem diesbezüglichen Standpunkt des Rates;

2.

begrüßt, dass eine zügige Einigung über den EFSI infolge der Entschlossenheit aller Organe möglich wurde, um dafür zu sorgen, dass der Fonds so bald wie möglich aufgelegt werden kann; stellt fest, dass die Ergebnisse der Verhandlungen besser als der ursprüngliche Vorschlag der Kommission ausgefallen sind, und bedauert die negativen Auswirkungen auf Horizont 2020 und die Fazilität „Connecting Europe“;

3.

bekräftigt die Rolle des Unionshaushalts bei der Schaffung eines Mehrwerts durch Bündelung der Ressourcen und Sicherstellung eines hohen Maßes an Synergien zwischen dem EU-Struktur- und –Investitionsfonds und dem EFSI, wobei die Multiplikatoreffekte der Beiträge der Union erhöht werden; befürwortet die Mobilisierung zusätzlicher privater und öffentlicher Finanzierungsquellen zur Finanzierung von Investitionen in Ziele mit einer europäischen Dimension, insbesondere durch Inangriffnahme grenzüberschreitender Herausforderungen in Bereichen wie Energie, Umwelt und Verkehrsinfrastruktur;

4.

begrüßt, dass im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag der Kommission eine weitere Milliarde EUR aus dem Gesamtspielraum für Mittel für Verpflichtungen des MFR finanziert wird, der aus verbleibenden Spielräumen der Haushaltspläne 2014 und 2015 herrührt, womit sich die Umschichtungen aus der Fazilität „Connecting Europe“ und Horizont 2020 verringern; weist darauf hin, dass nach Artikel 14 der MFR-Verordnung die Mittel im Rahmen des Gesamtspielraums des MFR für Mittel für Verpflichtungen erst ab 2016 bereitgestellt werden;

5.

bedauert allerdings generell die Umschichtung aus der Fazilität „Connecting Europe“ und aus Horizont 2020, da es sich dabei um wesentliche Programme für Beschäftigung und Wachstum in Europa handelt; beabsichtigt daher, diese Umschichtungen im anstehenden jährlichen Haushaltsverfahren rückgängig zu machen;

6.

weist darauf hin, dass Investitionen in Forschung und Verkehr wesentlich sind, um die Rolle und die Zielsetzungen des Unionshaushalts zu stärken, die darin bestehen, Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung zu fördern und der Verwirklichung der Ziele der „Strategie Europa 2020“ näher zu kommen; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Programme Horizont 2020 und die Fazilität „Connecting Europe“ Schlüsselprogramme der Haushaltsrubrik 1a „Wettbewerbsfähigkeit für Wachstum und Beschäftigung“ sind;

7.

bekräftigt seine Bereitschaft, den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2015 in der vom Rat entsprechend der Einigung der Gesetzgeber über den EFSI geänderten Fassung anzunehmen, da ihm daran liegt, dass der EFSI so bald wie möglich aufgelegt wird;

8.

billigt den Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2015;

9.

beauftragt seinen Präsidenten, festzustellen, dass der Berichtigungshaushaltsplan Nr. 2/2015 endgültig erlassen ist, und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

10.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und dem Rechnungshof sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1.

(2)  ABl. L 69 vom 13.3.2015.

(3)  ABl. L 190 vom 17.7.2015.

(4)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 884.

(5)  ABl. L 103 vom 22.4.2015, S. 1.

(6)  ABl. C 373 vom 20.12.2013, S. 1.

(7)  ABl. L 169 vom 1.7.2015, S. 1.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/170


P8_TA(2015)0248

Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2015: Reaktion auf den Migrationsdruck

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2015 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2015 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2015 — Reaktion auf den Migrationsdruck (09768/2015 — C8-0163/2015 — 2015/2121(BUD))

(2017/C 265/30)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 314 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 106a des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (1), insbesondere auf Artikel 41,

unter Hinweis auf den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2015, der am 17. Dezember 2014 endgültig erlassen wurde (2),

unter Hinweis auf den Berichtigungshaushaltsplan Nr. 1/2015, der am 28. April 2015 endgültig erlassen wurde (3),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014-2020 (4) (MFR-Verordnung),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 2015/623 des Rates vom 21. April 2015 zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014-2020 (5),

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (6),

unter Hinweis auf den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2015, der von der Kommission am 13. Mai 2015 angenommen wurde (COM(2015)0241),

unter Hinweis auf den Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2015, der vom Rat am 19. Juni 2015 festgelegt und dem Europäischen Parlament am gleichen Tag zugeleitet wurde (09768/2015 — C8-0163/2015),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 29. April 2015 zu den jüngsten Tragödien im Mittelmeer und zur Migrations- und Asylpolitik der EU (7),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 13. Mai 2015 mit dem Titel „Die Europäische Migrationsagenda“ (COM(2015)0240),

gestützt auf die Artikel 88 und 91 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses und die Stellungnahme des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A8-0212/2015),

A.

in der Erwägung, dass das Ziel des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2015 darin besteht, nach den jüngsten Tragödien im Mittelmeer und der Zunahme der Dimension der Migrationsströme die Mittel der Union für die Steuerung der Migration und der Flüchtlingsströme aufzustocken;

B.

in der Erwägung, dass sich die Aufstockung der Mittel für Verpflichtungen auf 75 722 000 EUR beläuft;

C.

in der Erwägung, dass die Mittel für die sich auf 69 652 000 EUR belaufende Aufstockung der Mittel für Zahlungen in vollem Umfang aus dem Programm Galileo umgeschichtet werden, sodass das Gesamtvolumen der Mittel für Zahlungen im Haushaltsplan 2015 unverändert bleibt;

D.

in der Erwägung, dass sich die für die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (Frontex) vorgeschlagene Aufstockung auf insgesamt 26,8 Mio. EUR an Mitteln für Verpflichtungen und Mitteln für Zahlungen beläuft, die zum Teil aus zusätzlichen, im Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2015 vorgesehenen Mitteln und zum Teil aus einer Umschichtung innerhalb des Kapitels 18 02 (Innere Sicherheit) infolge des Abschlusses alter Vorgänge im Rahmen des Außengrenzenfonds stammen;

E.

in der Erwägung, dass die Kosten im Zusammenhang mit der Notsituation bisher hauptsächlich zu Lasten der nationalen Haushaltspläne der südlichen Küstenstaaten der Union gegangen sind;

F.

in der Erwägung, dass die Zunahme der Migration nach Europa angesichts der mittelfristigen makroökonomischen Prognose und der gegensätzlichen demografischen Entwicklungen innerhalb der Union und in den Nachbarregionen, insbesondere in West- und Zentralafrika, nicht als vorübergehendes Phänomen betrachtet werden kann;

G.

in der Erwägung, dass der Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2015 auch Personalaufstockungen bei drei Agenturen, nämlich 16 zusätzliche Planstellen für Frontex, vier Planstellen für das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) und drei Planstellen für das Europäische Polizeiamt (Europol), vorsieht;

H.

in der Erwägung, dass die Migrationsströme ohne eine wirksame und rechtzeitige Steuerung zu beträchtlichen Kosten in anderen Politikbereichen führen können;

1.

nimmt Kenntnis von dem von der Kommission vorgelegten Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2015 und dem diesbezüglichen Standpunkt des Rates;

2.

begrüßt die Bereitschaft aller Organe, angesichts des offenkundigen und dringenden Bedarfs die Mittel für den Bereich Migration und Asyl aufzustocken;

3.

erinnert daran, dass das Parlament bereits bei seiner Lesung des Haushaltsplans 2015 im Oktober 2014 deutlich mehr Mittel für diese Haushaltslinien und zusätzliches Personal für die betroffenen Agenturen gefordert hatte;

4.

bedauert jedoch den begrenzten Betrag der im Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2015 vorgeschlagenen Erhöhungen, die bei der andauernden und sich vermutlich noch verschärfenden Krise im Mittelmeer, dem wachsenden Risiko einer Zunahme der Flüchtlinge aus der Ukraine und der Notwendigkeit, die Herausforderungen im Bereich der Migration generell zu bewältigen, dem tatsächlichen Bedarf nicht entsprechen; unterstreicht indessen angesichts der verschiedenen Untersuchungen, die in Bezug auf mehrere in den Mitgliedstaaten festgestellte Missbräuche durchgeführt werden, die Notwendigkeit einer strengen Kontrolle des Verwendungszwecks dieser Mittel und folglich einer größeren Transparenz im Zusammenhang mit den Verfahren der Auftragsvergabe und der Weitervergabe von Aufträgen;

5.

bedauert die Spaltungen, zu denen es im Zusammenhang mit dem Vorschlag der Kommission in der „Europäischen Agenda für Migration“ zwischen den Mitgliedstaaten im Rat gekommen ist; weist darauf hin, dass aufgrund der Art des Migrationsphänomens die Notsituation wirksamer auf Unionsebene gemeistert werden kann;

6.

ist der Ansicht, dass bei den einschlägigen Agenturen keine Personalkürzungen oder -umschichtungen vorgenommen werden sollten; vertritt die Auffassung, dass diese Agenturen ihre Bediensteten angemessen einsetzen müssen, um ihre zunehmenden Aufgaben erfüllen zu können;

7.

betont, dass angesichts der großen Zahl von Menschen, die an den südlichen Küsten der Union ankommen, der immer wichtigeren Rolle, die der EASO beim Asylmanagement zufällt, und der klaren Forderung nach einer vorgezogenen Bereitstellung von Mitteln zur Verbesserung der Aufnahmebedingungen der Vorschlag, das Personal des EASO nur um vier Bedienstete aufzustocken, eindeutig unzureichend ist;

8.

ist der Ansicht, dass die Haushaltsauswirkungen und zusätzlichen Aufgaben, die sich durch die in der EU-Agenda für Migration und der EU-Agenda für Sicherheit vorgesehenen Maßnahmen für Europol ergeben, von der Kommission detailliert bewertet werden sollten, damit das Europäische Parlament und der Rat den Mittel- und Personalbedarf von Europol entsprechend anpassen können; hebt die Rolle von Europol bei der grenzübergreifenden Unterstützung der Mitgliedstaaten und beim Informationsaustausch hervor; betont, dass sichergestellt werden muss, dass Europol 2016 über einen angemessenen Haushalt und Personalbestand verfügt, um seine Aufgaben und Tätigkeiten wirksam wahrnehmen zu können;

9.

fordert die Kommission auf, im Rahmen der Halbzeitüberprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens eine möglichst präzise Bewertung des Bedarfs des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds bis 2020 vorzunehmen; fordert die Kommission auf, einen Vorschlag für eine angemessene Mittelerhöhung und gegebenenfalls eine angepasste Verteilung der Mittel auf die verschiedenen Programme und Durchführungsmethoden des Fonds nach Änderung der finanziellen Vorausschau zu unterbreiten;

10.

bringt seine Absicht zum Ausdruck, den Eingliederungsplan des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds im Interesse der Transparenz und einer besseren Kontrolle der jährlichen Mittelzuweisungen für die in der Verordnung (EU) Nr. 516/2014 (8) vorgesehenen Programme und Umsetzungsmittel zu ändern;

11.

stellt des Weiteren fest, dass der Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2015 keine zusätzlichen Mittel für Zahlungen im Haushaltsplan 2015 vorsieht, sondern sich erneut einer bloßen Umschichtung bereits vorhandener Mittel bedient;

12.

weist nachdrücklich darauf hin, dass die Umschichtung aus Galileo im Haushaltsplan 2016 ordnungsgemäß ausgeglichen werden muss;

13.

bekräftigt dennoch seine Bereitschaft, den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2015 angesichts der Dringlichkeit der Situation so bald wie möglich in der von der Kommission vorgelegten Form anzunehmen,

14.

billigt daher den Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2015;

15.

beauftragt seinen Präsidenten, festzustellen, dass der Berichtigungshaushaltsplan Nr. 5/2015 endgültig erlassen ist, und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

16.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie dem Rechnungshof und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1.

(2)  ABl. L 69 vom 13.3.2015.

(3)  ABl. L 190 vom 17.7.2015.

(4)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 884.

(5)  ABl. L 103 vom 22.4.2015, S. 1.

(6)  ABl. C 373 vom 20.12.2013, S. 1.

(7)  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0176.

(8)  Gemäß der Verordnung (EU) Nr. 516/2014 belaufen sich die dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds für 2014-2020 zugewiesenen Gesamtmittel auf 3 137 Mio. EUR. Dieser Betrag verteilt sich wie folgt:

a)

2 392 Mio. EUR für nationale Programme (Artikel 19);

b)

360 Mio. EUR für die in Anhang II aufgeführten spezifischen Maßnahmen (Artikel 16), das Neuansiedlungsprogramm (Artikel 17) und Überstellungen (Artikel 18);

c)

385 Mio. EUR für Unionsmaßnahmen (Artikel 20), Soforthilfe (Artikel 21), das Europäische Migrationsnetzwerk (Artikel 22) und technische Hilfe (Artikel 23).

Der derzeitige Eingliederungsplan entspricht dieser Aufteilung in keinster Weise.


Mittwoch, 8. Juli 2015

11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/173


P8_TA(2015)0253

Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien (Protokoll anlässlich des Beitritts Kroatiens) ***

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss, im Namen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten, des Protokolls zum Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien andererseits anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union (05548/2014 — C8-0127/2014 — 2013/0386(NLE))

(Zustimmung)

(2017/C 265/31)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates (05548/2014),

unter Hinweis auf den Entwurf eines Protokolls zum Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien andererseits anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union (05547/2014),

unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 217 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer i sowie Artikel 218 Absatz 8 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C8-0127/2014),

gestützt auf Artikel 99 Absatz 1 Unterabsätze 1 und 3, Artikel 99 Absatz 2 und Artikel 108 Absatz 7 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Empfehlung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A8-0188/2015),

1.

gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Protokolls;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zu übermitteln.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/174


P8_TA(2015)0254

Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien (Protokoll anlässlich des Beitritts Kroatiens) ***

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss — im Namen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten — des Protokolls zum Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Serbien andererseits anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union (06682/2014 — C8-0098/2014 — 2014/0039(NLE))

(Zustimmung)

(2017/C 265/32)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates (06682/2014),

unter Hinweis auf den Entwurf eines Protokolls zum Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Serbien andererseits anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union (06681/2014),

unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 217, Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer i und Artikel 218 Absatz 8 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C8–0098/2014),

gestützt auf Artikel 99 Absatz 1 Unterabsätze 1 und 3, Artikel 99 Absatz 2 und Artikel 108 Absatz 7 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Empfehlung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A8-0189/2015),

1.

gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Protokolls;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Republik Serbien zu übermitteln.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/175


P8_TA(2015)0255

Verlängerung des Abkommens über die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit mit Indien ***

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über die Verlängerung des Abkommens über die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Regierung der Republik Indien (05872/2015 — C8-0074/2015 — 2014/0293(NLE))

(Zustimmung)

(2017/C 265/33)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates über die Verlängerung des Abkommens über die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Regierung der Republik Indien (05872/2015),

unter Hinweis auf den Beschluss 2002/648/EG des Rates vom 25. Juni 2002 über den Abschluss des Abkommens über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Indien (1),

unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 186 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C8-0074/2015),

gestützt auf Artikel 99 Absatz 1 Unterabsätze 1 und 3, Artikel 99 Absatz 2, Artikel 108 Absatz 7 und Artikel 50 Absatz 1 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Empfehlung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (A8-0179/2015),

1.

gibt seine Zustimmung zur Verlängerung des Abkommens;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Republik Indien zu übermitteln.


(1)  ABl. L 213 vom 9.8.2002, S. 29.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/176


P8_TA(2015)0256

Wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit mit den Färöer Inseln: „Horizont 2020“ ***

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Abkommens über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Färöern zur Assoziierung der Färöer mit dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ (2014-2020) (05660/2015 — C8-0057/2015 — 2014/0228(NLE))

(Zustimmung)

(2017/C 265/34)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates (05660/2015),

unter Hinweis auf den Entwurf eines Abkommens über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Färöern zur Assoziierung der Färöer mit dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ (2014-2020), (14014/2014),

unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 186, Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a und Artikel 218 Absatz 8 Unterabsatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C8-0057/2015),

gestützt auf Artikel 99 Absatz 1 Unterabsätze 1 und 3, Artikel 99 Absatz 2, Artikel 108 Absatz 7 und Artikel 50 Absatz 1 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Empfehlung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (A8-0180/2015),

1.

gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Färöer zu übermitteln.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/177


P8_TA(2015)0257

Langfristige Einbeziehung der Aktionäre und Erklärung zur Unternehmensführung ***I

Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Einbeziehung der Aktionäre sowie der Richtlinie 2013/34/EU in Bezug auf bestimmte Elemente der Erklärung zur Unternehmensführung (COM(2014)0213 — C7-0147/2014 — 2014/0121(COD)) (1)

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2017/C 265/35)

[Abänderung 1, falls nicht anders angegeben]

ABÄNDERUNGEN DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS (*1)

am Vorschlag der Kommission

RICHTLINIE (EU) 2015/… DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Einbeziehung der Aktionäre, der Richtlinie 2013/34/EU in Bezug auf bestimmte Elemente der Erklärung zur Unternehmensführung sowie der Richtlinie 2004/109/EG

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 50 und 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2)

nach Anhörung des Europäischen Datenschutzbeauftragten,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (3) legt die Anforderungen an die Ausübung bestimmter, mit Stimmrechtsaktien verbundener Rechte von Aktionären im Zusammenhang mit Hauptversammlungen von Unternehmen fest, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat haben und deren Aktien zum Handel an einem in einem Mitgliedstaat gelegenen oder dort betriebenen geregelten Markt zugelassen sind.

(2)

Die Aktionäre sind zwar nicht die Eigentümer der Gesellschaften, die gesonderte juristische Personen sind und demnach nicht vollumfänglich von ihnen kontrolliert werden, aber sie spielen im Hinblick auf die Führung der Gesellschaften eine wichtige Rolle. Die Finanzkrise hat gezeigt, dass Aktionäre die übermäßige kurzfristige Risikobereitschaft von Vermögensverwaltern in vielen Fällen unterstützt haben. Zudem ist die derzeitige „Überwachung“ von Unternehmen, in die investiert werden soll, sowie das Engagement von institutionellen Anlegern und Vermögensverwaltern bei solchen Unternehmen oft unzureichend und zu stark auf kurzfristige Renditen ausgerichtet , was zu einer unzureichenden Corporate Governance und Wertentwicklung börsennotierter Gesellschaften führt .

(2a)

Eine stärkere Beteiligung der Aktionäre an der Corporate Governance ist eine wichtige Stütze für die Verbesserung der finanziellen sowie der nicht finanziellen Wertentwicklung der Unternehmen. Da die Rechte der Aktionäre nicht die einzigen Faktoren sind, die bei der langfristigen Planung bei der Corporate Governance berücksichtigt werden, sollten außerdem ergänzende Maßnahmen durchgeführt werden, um eine stärkere Beteiligung der verschiedenen betroffenen Akteure, insbesondere Beschäftigte, örtliche Behörden und die Zivilgesellschaft, sicherzustellen.

(3)

Im Aktionsplan „Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance“ kündigte die Kommission eine Reihe von Maßnahmen im Bereich Corporate Governance an, mit denen vor allem die langfristige Einbeziehung der Aktionäre und die Transparenz zwischen Unternehmen und Anlegern gefördert werden sollen.

(4)

Um die Ausübung von Aktionärsrechen und die Zusammenarbeit zwischen börsennotierten Gesellschaften und Aktionären zu erleichtern, sollten börsennotierte Gesellschaften das Recht haben, ihre Aktionäre zu identifizieren und direkt mit diesen zu kommunizieren. Diese Richtlinie sollte daher einen rechtlichen Rahmen für die Identifizierung der Aktionäre bieten , um die Transparenz und den Dialog zu verbessern . [Abänd. 29]

(5)

Eine wirksame Ausübung von Aktionärsrechten hängt in erheblichem Maße von der Effizienz der Kette von Finanzintermediären ab, die Depotkonten für die Aktionäre führen, insbesondere in einem grenzüberschreitenden Kontext. Mit dieser Richtlinie soll die Informationsübermittlung durch Finanzintermediäre entlang der Aktienverwahrkette verbessert werden, um die Ausübung von Aktionärsrechten zu erleichtern.

(6)

Da die Finanzintermediäre eine wichtige Rolle spielen, sollten sie verpflichtet sein, die Ausübung von Rechten durch die Aktionäre zu erleichtern, wenn die Aktionäre die Rechte selbst ausüben oder einen Dritten dafür benennen wollen . Wenn die Aktionäre die Rechte nicht selbst ausüben wollen und den Finanzintermediär als Dritten benannt haben , sollte der Finanzintermediär verpflichtet sein, die Rechte gemäß der ausdrücklichen Ermächtigung und Anweisung der Aktionäre und zu deren Gunsten auszuüben.

(7)

Um Aktieninvestitionen in der gesamten Union und die Ausübung der mit Aktien verbundenen Rechte zu fördern, sollte mit dieser Richtlinie in Bezug auf Kosten für die von den Finanzintermediären erbrachten Dienstleistungen ein hohes Maß an Transparenz geschaffen werden. Um Preisdiskriminierungen bei grenzüberschreitenden Aktienbeständen gegenüber rein inländischen Beständen zu verhindern, sollten Unterschiede zwischen den Kosten für die Ausübung von Rechten im Inland und jenen für die Ausübung grenzüberschreitender Rechte hinreichend begründet werden und den Unterschieden bei den tatsächlichen Kosten für die von den Finanzintermediären erbrachten Dienstleistungen entsprechen . Finanzintermediäre aus Drittländern mit Zweigniederlassung in der Union sollten den Vorschriften zur Identifizierung der Aktionäre, zur Informationsübermittlung, zur Erleichterung der Ausübung der Aktionärsrechte sowie zur Transparenz von Kosten unterliegen, damit gewährleistet ist, dass die Bestimmungen auf von solchen Finanzintermediären gehaltene Aktien wirksam angewendet werden.

(8)

Eine wirksame und nachhaltige Einbeziehung der Aktionäre ist ein wichtiges Element des Corporate-Governance-Modells börsennotierter Gesellschaften, das von einem ausgewogenen System von Kontrollen der verschiedenen Organe und Interessenträger untereinander abhängt. Die ordnungsgemäße Einbeziehung von Interessenträgern, insbesondere von Beschäftigten, sollte im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines ausgewogenen europäischen Corporate-Governance-Rahmens als äußerst wichtiges Element betrachtet werden.

(9)

Institutionelle Anleger und Vermögensverwalter sind oft bedeutende Aktionäre börsennotierter Gesellschaften in der Union und können daher eine wesentliche Rolle bei der Corporate Governance sowie allgemein bei der Strategie und langfristigen Leistungsentwicklung dieser Gesellschaften spielen. Die Erfahrung der letzten Jahre hat jedoch gezeigt, dass sich institutionelle Anleger und Vermögensverwalter oft nicht richtig in die Unternehmen einbringen, von denen sie Aktien halten, und dass die Kapitalmärkte oft Druck auf Unternehmen ausüben, damit diese kurzfristig Erfolge liefern, was die langfristige finanzielle und nicht finanzielle Leistung von Unternehmen gefährdet und neben verschiedenen anderen negativen Auswirkungen auch suboptimale Investitionen, beispielsweise in Forschung und Entwicklung, zu Lasten der langfristigen Leistungsentwicklung des Unternehmens ▌ zur Folge hat .

(10)

Institutionellen Anlegern und Vermögensverwaltern mangelt es oft an Transparenz bezüglich ihrer Anlagestrategien und ihrer Einbeziehungspolitik sowie deren Umsetzung und Ergebnisse . Die Offenlegung derartiger Informationen würde sich positiv auf die Sensibilisierung der Anleger auswirken, Endbegünstigte wie künftige Rentner in die Lage versetzen, optimale Anlageentscheidungen zu treffen, den Dialog zwischen Unternehmen und ihren Aktionären erleichtern, zur stärkeren Einbeziehung der Aktionäre führen und die Rechenschaftspflicht der Unternehmen gegenüber Interessenträgern und Zivilgesellschaft ausbauen.

(11)

Deshalb sollten institutionelle Anleger und Vermögensverwalter eine Politik zur Einbeziehung der Aktionäre ausarbeiten, in der unter anderem festgelegt wird, wie sie die Einbeziehung der Aktionäre in ihre Anlagestrategie integrieren, wie sie die Unternehmen, in die investiert werden soll, einschließlich ihrer ökologischen und sozialen Risiken, überwachen, wie sie Dialoge mit diesen Unternehmen und ihren Interessenträgern führen und Stimmrechte ausüben. Die Einbeziehungspolitik sollte Maßnahmen zur Bewältigung tatsächlicher oder potenzieller Interessenkonflikte (wenn beispielsweise der institutionelle Anleger, der Vermögensverwalter oder mit diesen verbundene Unternehmen Finanzdienstleistungen für das Unternehmen erbringen, in das investiert werden soll) enthalten. Die Politik, ihre Umsetzung und ihre Ergebnisse sollten jährlich offengelegt und den Kunden der institutionellen Anleger mitgeteilt werden. Entscheiden sich institutionelle Anleger oder Vermögensverwalter gegen die Ausarbeitung einer Einbeziehungspolitik und/oder gegen die Veröffentlichung ihrer Umsetzung und Ergebnisse, müssen sie unmissverständlich und ausführlich begründen, warum dies der Fall ist.

(12)

Institutionelle Anleger sollten jährlich offenlegen, wie ihre Anlagestrategie an das Profil und die Laufzeit ihrer Verbindlichkeiten angepasst ist und wie sie zur mittel- bis langfristigen Wertentwicklung ihrer Vermögenswerte beiträgt. Nutzen sie die Dienste von Vermögensverwaltern — sei es im Rahmen von Verwaltungsmandaten, bei denen die Vermögenswerte individuell verwaltet werden, oder für die Verwaltung zusammengelegter Mittel –, sollten sie die Hauptelemente der Vereinbarung mit dem Vermögensverwalter in Bezug auf mehrere Aspekte offenlegen, beispielsweise ob Anreize dafür geschaffen werden, dass der Vermögensverwalter seine Anlagestrategie und Anlageentscheidungen auf das Profil und die Laufzeit der Verbindlichkeiten des institutionellen Anlegers abstimmt, oder Anreize dafür, dass der Vermögensverwalter Anlageentscheidungen auf der Grundlage der mittel- bis langfristigen Leistungsentwicklung der Unternehmen trifft und sich in die Unternehmen einbringt, wie die Leistung des Vermögensverwalters beurteilt wird, wie sich das Entgelt für die Anlageverwaltungsdienste zusammensetzt und wie hoch der angestrebte Portfolioumsatz ist. Dies würde zu einer angemessenen Abstimmung der Interessen der Endbegünstigten institutioneller Anleger, der Vermögensverwalter und der Unternehmen, in die investiert wird, beitragen sowie möglicherweise zur Entwicklung längerfristiger Anlagestrategien und zu längerfristigen Beziehungen zu den Unternehmen, in die investiert wird, unter Einbeziehung der Aktionäre führen.

(13)

Vermögensverwalter sollten verpflichtet sein, zu veröffentlichen , inwiefern ihre Anlagestrategie und deren Umsetzung mit der Vermögensverwaltungsvereinbarung in Einklang stehen und wie die Anlagestrategie und die Anlageentscheidungen zur mittel- bis langfristigen Wertentwicklung der Vermögenswerte des institutionellen Anlegers beitragen. Sie sollten zudem den Portfolioumsatz und Angaben dazu veröffentlichen , ob sie Anlageentscheidungen auf der Grundlage ihrer Einschätzung der mittel- bis langfristigen Leistungsentwicklung der Unternehmen treffen, in die investiert werden soll, ▌und ob die Vermögensverwalter für die Zwecke der Einbeziehung Berater für die Stimmrechtsvertretung einsetzen. Weitere Informationen, auch Angaben zur Zusammensetzung des Portfolios, zu den Portfolioumsatzkosten, zu bisherigen Interessenkonflikten und den Maßnahmen, mit denen darauf reagiert wurde, sollten die Vermögensverwalter direkt gegenüber den institutionellen Anlegern offenlegen. Diese Informationen würden dem institutionellen Anleger eine bessere Überwachung des Vermögensverwalters ermöglichen und bieten Anreize für eine bessere Interessenabstimmung und für die Einbeziehung der Aktionäre.

(14)

Zur Verbesserung der Informationen in der Aktieninvestitionskette sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Berater für die Stimmrechtsvertretung angemessene Maßnahmen treffen und umsetzen, damit so gut wie möglich gewährleistet ist, dass ihre Stimmempfehlungen richtig und zuverlässig sind, auf einer sorgfältigen Prüfung aller ihnen zur Verfügung stehenden Informationen beruhen und nicht durch bestehende oder potenzielle Interessenkonflikte oder Geschäftsbeziehungen beeinflusst werden. Berater für die Stimmrechtsvertretung sollten einen Verhaltenskodex einführen und diesen einhalten. Bei Abweichungen von diesem Kodex sollte — zusammen mit gegebenenfalls vereinbarten Alternativlösungen — eine entsprechende Erklärung und Begründung abgegeben werden. Berater für die Stimmrechtsvertretung sollten über die Anwendung ihres Verhaltenskodex jährlich Bericht erstatten. Sie sollten bestimmte wichtige Informationen im Zusammenhang mit der Vorbereitung ihrer Stimmempfehlungen ebenso offenlegen wie tatsächliche oder potenzielle Interessenkonflikte oder Geschäftsbeziehungen, die die Vorbereitung der Stimmempfehlungen beeinflussen könnten.

(15)

Da die Vergütung eines der Hauptinstrumente ist, mit dem Unternehmen ihre Interessen mit denen ihrer Unternehmensleitung in Einklang bringen können, und angesichts der zentralen Rolle, die Mitglieder der Unternehmensleitung in Unternehmen spielen, ist es wichtig, die Vergütungspolitik von Unternehmen unbeschadet der Bestimmungen zur Vergütung der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates  (4) angemessen und unter Berücksichtigung der von den Unternehmen in den verschiedenen Mitgliedstaaten angewandten unterschiedlichen Unternehmungsleitungsstrukturen festzulegen. Die Leistungen von Mitgliedern der Unternehmensleitung sollte anhand sowohl finanzieller als auch nicht finanzieller Kriterien — wie ökologischen und sozialen Faktoren und Aspekten der Unternehmensführung — bewertet werden.

(15a)

Die Vergütungspolitik in Bezug auf Mitglieder der Unternehmensleitung muss auch zum langfristigen Wachstum des Unternehmens beitragen; sie sollte einer wirksameren Umsetzung der Corporate Governance entsprechen und nicht ausschließlich oder vor allem an kurzfristige Investitionsziele geknüpft sein.

(16)

Um sicherzustellen, dass Aktionäre auch tatsächlich Einfluss auf die Vergütungspolitik nehmen können, sollten sie das Recht erhalten, über die Vergütungspolitik des Unternehmens auf der Grundlage einer klaren, verständlichen und umfassenden Übersicht, die mit der Geschäftsstrategie, den Zielen, Werten und langfristigen Interessen des Unternehmens in Einklang steht und Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten enthalten sollte, abzustimmen . Unternehmen sollten die Unternehmensleitung nur entsprechend der Vergütungspolitik entlohnen , über die die Aktionäre abgestimmt haben . Die Vergütungspolitik , über die abgestimmt wurde, sollte unverzüglich offengelegt werden. [Abänd. 30]

(17)

Um sicherzustellen, dass die Umsetzung der Vergütungspolitik in Einklang mit der genehmigten Politik steht, sollte den Aktionären das Recht eingeräumt werden, über den Vergütungsbericht des Unternehmens beratend abzustimmen. Um zu gewährleisten, dass die Mitglieder der Unternehmensleitung ihrer Rechenschaftspflicht nachkommen, sollte der Vergütungsbericht klar und verständlich sein und einen umfassenden Überblick über die den einzelnen Mitgliedern der Unternehmensleitung im abgelaufenen Geschäftsjahr gezahlte Vergütung enthalten. Stimmen die Aktionäre gegen den Vergütungsbericht, sollte das Unternehmen gegebenenfalls einen Dialog mit den Aktionären aufnehmen, um die Gründe für die Ablehnung zu erfahren . Das Unternehmen sollte im nächsten Vergütungsbericht darlegen, wie der Abstimmung der Aktionäre Rechnung getragen wurde. [Abänd. 31]

(17a)

Mehr Transparenz hinsichtlich der Tätigkeiten von großen Unternehmen und insbesondere hinsichtlich der erzielten Gewinne, der auf den Gewinn gezahlten Steuern und der erhaltenen Beihilfen ist entscheidend dafür, dass die Aktionäre und die übrigen EU-Bürger den Unternehmen Vertrauen entgegenbringen und dass ihre Einbeziehung erleichtert wird. Eine obligatorische Berichterstattung in diesem Bereich kann daher als wichtiges Element der Verantwortung der Unternehmen gegenüber den Aktionären und der Gesellschaft betrachtet werden.

(18)

Damit Interessenträger, Aktionäre und die Zivilgesellschaft problemlos Zugang zu allen relevanten Corporate-Governance-Informationen haben, sollte der Vergütungsbericht Teil der Erklärung zur Unternehmensführung sein, die börsennotierte Gesellschaften nach Artikel 20 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (5) veröffentlichen sollten.

(18a)

Es muss zwischen Verfahren zur Festsetzung von Vergütungen für Mitglieder der Unternehmensleitung und Lohnbildungssystemen für Beschäftigte unterschieden werden. Von den Vergütungsregelungen unberührt bleiben sollten daher die durch Artikel 153 Absatz 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) garantierte uneingeschränkte Wahrnehmung der Grundrechte, die allgemeinen Grundsätze des nationalen Vertrags- und Arbeitsrechts sowie gegebenenfalls die Rechte der Sozialpartner, den nationalen Gesetzen und Gepflogenheiten entsprechend Tarifverträge zu schließen und durchzusetzen.

(18b)

Ebenfalls von den Vergütungsregelungen unberührt bleiben sollten gegebenenfalls die Bestimmungen über die Vertretung von Arbeitnehmern im Verwaltungs-, Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgan nach Maßgabe des nationalen Rechts.

(19)

Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen können den Unternehmen ▌ abträglich sein, da sie dem nahe stehenden Unternehmen/der nahe stehenden Person die Möglichkeit geben können, sich Werte des Unternehmens anzueignen. Folglich sind angemessene Maßnahmen zum Schutz der Unternehmensinteressen von Bedeutung. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb sicherstellen, dass wesentliche Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen von den Aktionären oder dem Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan der Unternehmen gemäß Verfahren genehmigt werden, durch die verhindert wird, dass ein nahe stehendes Unternehmen oder eine nahe stehende Person seine/ihre Position ausnutzt, und die einen angemessenen Schutz der Interessen des Unternehmens und von Aktionären, die keine nahe stehenden Unternehmen oder Personen sind, einschließlich Minderheitsaktionäre, bieten . Bei wesentlichen Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen ▌ sollten die Unternehmen die Transaktionen spätestens zum Zeitpunkt ihres Abschlusses öffentlich bekanntmachen und der Bekanntmachung einen Bericht ▌ beifügen, in dem bewertet wird, ob die Transaktion zu marktüblichen Bedingungen getätigt wird, und bestätigt wird, dass sie aus Sicht des Unternehmens und der Minderheitsaktionäre fair und vernünftig ist. Die Mitgliedstaaten sollten Transaktionen zwischen einem Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen und einem oder mehreren Mitgliedern seiner Gruppe unter der Voraussetzung von diesen Anforderungen ausnehmen dürfen , dass sich diese Mitglieder der Gruppe oder Gemeinschaftsunternehmen im vollständigen Besitz des Unternehmens befinden oder dass kein anderes dem Unternehmen nahe stehendes Unternehmen oder keine anderen dem Unternehmen nahe stehende Person eine Beteiligung an den Mitgliedern oder den Gemeinschaftsunternehmen hält und dass die Transaktionen im ordentlichen Geschäftsgang zu marktüblichen Bedingungen getätigt werden .

(20)

Angesichts der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 (6) ist es notwendig, ein Gleichgewicht zwischen der Erleichterung der Ausübung der Aktionärsrechte und dem Recht auf Privatsphäre und den Schutz personenbezogener Daten zu finden. Die Angaben zur Identifizierung der Aktionäre sollten sich auf den Namen , die Kontaktdaten, einschließlich der vollständigen Adresse, Telefonnummer und gegebenenfalls E-Mail-Adresse, und die Anzahl der Aktien und der Stimmrechte der jeweiligen Aktionäre beschränken. Diese Angaben sollten richtig sein und auf dem neuesten Stand gehalten werden, und Finanzintermediäre und Unternehmen sollten die Berichtigung oder Löschung aller unrichtigen oder unvollständigen Daten gestatten. Die Angaben zur Identifizierung der Aktionäre sollten ausschließlich zur Erleichterung der Ausübung der Aktionärsrechte , der Einbeziehung der Aktionäre und des Dialogs zwischen Unternehmen und Aktionär verwendet werden.

(21)

Damit die Anwendung der Artikel über die Identifizierung der Aktionäre, die Informationsübermittlung, die Erleichterung der Ausübung der Aktionärsrechte und die Vergütungsberichte einheitlich erfolgt, sollte der Kommission für die Festlegung der spezifischen Anforderungen an die Übermittlung von Informationen über die Identität von Aktionären, die Informationsübermittlung zwischen dem Unternehmen und den Aktionären, die durch den Finanzintermediär erleichterte Ausübung der Aktionärsrechte und die standardisierte Darstellung des Vergütungsberichts die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 290 AEUV übertragen werden. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission dafür sorgen, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.

(22)

Um sicherzustellen, dass die Vorschriften dieser Richtlinie oder die Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinie auch tatsächlich angewendet werden, sollte jeder Verstoß gegen diese Vorschriften mit Sanktionen geahndet werden. Die Sanktionen sollten zu diesem Zweck hinreichend abschreckend und verhältnismäßig sein.

(23)

Da die Ziele dieser Richtlinie aufgrund des internationalen Charakters des Aktienmarktes der Union auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten wahrscheinlich zu unterschiedlichen Vorschriften führen würden, was das Funktionieren des Binnenmarktes untergraben oder behindern könnte, und daher wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen besser auf Unionsebene zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(24)

Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission zu erläuternden Dokumenten vom 28. September 2011 (7) haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt –

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Änderung der Richtlinie 2007/36/EG

Richtlinie 2007/36/EG wird wie folgt geändert:

(1)

Artikel 1 wird wie folgt geändert:

(a)

In Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Sie legt außerdem konkrete Anforderungen fest, die darauf ausgerichtet sind, die langfristige Einbeziehung der Aktionäre zu erleichtern , einschließlich der Identifizierung der Aktionäre, der Informationsübermittlung und der Erleichterung der Ausübung der Aktionärsrechte. Zusätzlich schafft sie Transparenz bezüglich der Einbeziehungspolitik von institutionellen Anlegern und Vermögensverwaltern sowie der Tätigkeiten von Beratern für die Stimmrechtsvertretung, und sie legt bestimmte Anforderungen an die Vergütung der Mitglieder der Unternehmensleitung und an Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen fest .“

(aa)

Nach Absatz 3 wird folgender Absatz angefügt:

„3a.     Die Unternehmen gemäß Absatz 3 sind in keinem Fall von den in Kapitel Ib festgelegten Bestimmungen ausgenommen.“

(b)

Nach Absatz 3a wird folgender Absatz angefügt:

3b.    Kapitel Ib gilt für institutionelle Anleger und für Vermögensverwalter, soweit diese entweder direkt oder über einen Organismus für gemeinsame Anlagen im Namen institutioneller Anleger Anlagen tätigen und soweit sie in Aktien investieren. Es gilt auch für Berater für die Stimmrechtsvertretung.

(ba)

Nach Absatz 3b wird folgender Absatz angefügt:

„3c.     Die Bestimmungen dieser Richtlinie gelten unbeschadet der Bestimmungen sektorspezifischer EU-Rechtsvorschriften zur Regulierung bestimmter Arten börsennotierter Gesellschaften oder Unternehmen. Die Bestimmungen sektorspezifischer EU-Rechtsvorschriften gehen dieser Richtlinie dann vor, wenn die Anforderungen nach dieser Richtlinie den in sektorspezifischen EU-Rechtsvorschriften enthaltenen Anforderungen widersprechen. Enthält diese Richtlinie spezifischere Regelungen oder fügt sie Anforderungen gegenüber den Bestimmungen, die in sektorspezifischen EU-Rechtsvorschriften festgelegt sind, hinzu, werden diese Bestimmungen zusammen mit den Bestimmungen dieser Richtlinie angewandt.“

(2)

In Artikel 2 werden folgende Buchstaben d bis jc angefügt:

„d)

‚Finanzintermediär‘ bezeichnet eine juristische Person, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in der Europäischen Union hat und für Kunden Depotkonten führt;

da)

‚großes Unternehmen‘ bezeichnet ein Unternehmen, das den Kriterien von Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 2013/34/EU entspricht;

db)

‚große Gruppe‘ bezeichnet eine Gruppe, die den Kriterien von Artikel 3 Absatz 7 der Richtlinie 2013/34/EU entspricht;

e)

‚Finanzintermediär aus einem Drittland‘ bezeichnet eine juristische Person, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung außerhalb der Europäischen Union hat und für Kunden Depotkonten führt;

f)

‚institutioneller Anleger‘ bezeichnet ein Unternehmen, das Tätigkeiten der Lebensversicherung im Sinne des Artikels 2 Absatz 3 Buchstaben a, b und c sowie Tätigkeiten der Rückversicherung zur Abdeckung von Lebensversicherungsverpflichtungen ausübt und nicht gemäß den Artikel 3, 4, 9, 10, 11 oder 12 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (8) ausgeschlossen ist, oder eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung, die gemäß Artikel 2 der Richtlinie 2003/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (9) in deren Anwendungsbereich fällt, es sei denn, ein Mitgliedstaat hat im Einklang mit Artikel 5 der genannten Richtlinie beschlossen, die genannte Richtlinie auf die betreffende Einrichtung nicht oder nur teilweise anzuwenden;

g)

‚Vermögensverwalter‘ bezeichnet eine Wertpapierfirma gemäß Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (10), die Portfolioverwaltungsdienstleistungen für institutionelle Anleger erbringt, einen AIFM (Verwalter alternativer Investmentfonds) im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (11), der die Bedingungen für eine Ausnahme gemäß Artikel 3 der genannten Richtlinie nicht erfüllt, oder eine Verwaltungsgesellschaft im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (12); oder eine gemäß der Richtlinie 2009/65/EG zugelassene Investmentgesellschaft, sofern diese keine gemäß der genannten Richtlinie für ihre Verwaltung zugelassene Verwaltungsgesellschaft benannt hat;

h)

‚Einbeziehung der Aktionäre‘ bezeichnet die Überwachung von Unternehmen in Bezug auf wesentliche Angelegenheiten , darunter Strategie, finanzielle und nicht finanzielle Leistungsentwicklung, Risiko, Kapitalstruktur , Humanressourcen, soziale und ökologische Auswirkungen sowie Unternehmensführung (Corporate Governance) durch einen Aktionär, allein oder zusammen mit anderen Aktionären, sowie den Dialog mit den Unternehmen und deren Interessenträgern zu diesen Angelegenheiten und die Ausübung der Stimmrechte und anderer mit Aktien verbundener Rechte ;

i)

‚Berater für die Stimmrechtsvertretung‘ bezeichnet eine juristische Person, die Aktionären gewerbsmäßig Empfehlungen in Bezug auf die Ausübung ihrer Stimmrechte erteilt;

l)

‚Mitglied der Unternehmensleitung‘ bezeichnet

jedes Mitglied des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines Unternehmens,

Vorstandsvorsitzende und stellvertretende Vorstandsvorsitzende, wenn sie nicht Mitglied des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines Unternehmens sind ;

j)

der Begriff ‚nahe stehende Unternehmen und Personen‘ hat dieselbe Bedeutung wie nach den internationalen Rechnungslegungsstandards, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates (13) übernommen wurden;

ja)

‚Vermögenswerte‘ bezeichnet das in der gemäß den internationalen Rechnungslegungsstandards erstellten konsolidierten Bilanz des Unternehmens ausgewiesene Gesamtvermögen;

jb)

‚Interessenträger‘ bezeichnet Einzelpersonen, Gruppen, Organisationen oder örtliche Gemeinschaften, die durch den Betrieb und die Leistung des Unternehmens betroffen sind oder in anderer Weise ein Interesse daran haben;

jc)

‚Informationen über die Identität von Aktionären‘ bezeichnet alle Informationen, die es ermöglichen, die Identität eines Aktionärs festzustellen, wozu zumindest Folgendes gehört:

die Namen der Aktionäre und ihre Kontaktdaten (einschließlich der vollständigen Anschrift, der Telefonnummer und der E-Mail-Adresse) und, wenn es sich um juristische Person handelt, ihre Rechtsträgerkennung oder, falls diese nicht verfügbar ist, andere Identifikationsdaten;

die Zahl gehaltener Aktien und der mit diesen Aktien verbundenen Stimmrechte.“

(8)   Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1). "

(9)  Richtlinie 2003/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Juni 2003 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (ABl. L 235 vom 23.9.2003, S. 10)."

(10)   Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (Neufassung) (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349). "

(11)  Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 (ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 1)."

(12)  Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32)."

(13)  Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (ABl. L 243 vom 11.9.2002, S. 1)."

(2a)

In Artikel 2 wird folgender Absatz angefügt:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie können die Mitgliedstaaten in die Definition des Begriffs ‚Mitglied der Unternehmensleitung‘ in Absatz 1 Buchstabe l andere Personen in vergleichbarer Position aufnehmen.“

(2b)

Nach Artikel 2 wird folgender Artikel eingefügt:

„Artikel 2a

Datenschutz

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieser Richtlinie im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG erfolgt.“

(3)

Nach Artikel 3 werden die folgenden Kapitel Ia und Ib eingefügt:

„KAPITEL Ia

IDENTIFIZIERUNG DER AKTIONÄRE, ÜBERMITTLUNG VON INFORMATIONEN UND ERLEICHTERUNG DER AUSÜBUNG VON AKTIONÄRSRECHTEN

Artikel 3a

Identifizierung der Aktionäre

1.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Unternehmen das Recht der Identifizierung ihrer Aktionäre haben . Dabei werden bestehende nationale Systeme berücksichtigt .

2.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Finanzintermediär dem Unternehmen auf dessen Antrag hin unverzüglich die Informationen über die Identität von Aktionären übermittelt ▌. Gibt es in einer Verwahrkette mehr als einen Finanzintermediär, wird die Anfrage des Unternehmens unverzüglich von einem Intermediär zum nächsten weitergeleitet. Der Finanzintermediär, der über die Informationen über die Identität von Aktionären verfügt, übermittelt sie direkt dem Unternehmen.

Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass Zentralverwahrer die Finanzintermediäre sind, die für die Erfassung der Informationen über die Identität von Aktionären und für deren direkte Übermittlung an das Unternehmen zuständig sein sollen.

3.   Die Aktionäre werden von dem Finanzintermediär ordnungsgemäß darüber unterrichtet, dass die Informationen über ihre Identität gemäß diesem Artikel verarbeitet werden können , und gegebenenfalls darüber, dass die Informationen tatsächlich an das Unternehmen weitergeleitet wurden . Die betreffenden Informationen dürfen ausschließlich zur Erleichterung der Ausübung der Rechte des Aktionärs , im Interesse der Einbeziehung des Aktionärs und für den Dialog zwischen Unternehmen und Aktionären über Angelegenheiten, die das Unternehmen betreffen, verwendet werden. Unternehmen sollte es in jedem Fall gestattet sein, Dritten eine Übersicht über die Eigentumsverhältnisse des Unternehmens zur Verfügung zu stellen, indem sie die verschiedenen Kategorien von Aktionären offen legen. Das Unternehmen und der Finanzintermediär sorgen dafür, dass natürliche und juristische Personen unvollständige oder unrichtige Daten korrigieren oder löschen können . Die Mitgliedstaaten stellen sicher , dass die Unternehmen und die Finanzintermediäre die Informationen über die Identität von Aktionären, die ihnen gemäß diesem Artikel übermittelt werden, nicht länger als notwendig und in keinem Fall länger als 24 Monate aufbewahren, nachdem das Unternehmen oder der Finanzintermediär erfahren hat, dass die betreffende Person nicht mehr Aktionär ist .

4.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Übermittlung der Informationen über die Identität von Aktionären an das Unternehmen gemäß Absatz 2 durch einen Finanzintermediär nicht als Verstoß gegen Verbote bezüglich der Offenlegung von Informationen, die sich aus einem Vertrag oder einer Rechts- oder Verwaltungsvorschrift ergeben, betrachtet wird.

5.    Um eine einheitliche Anwendung dieses Artikels zu gewährleisten, wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 14a zur Präzisierung der in den Absätzen 2 und 3 genannten Mindestanforderungen an die Übermittlung von Informationen bezüglich der Frage, welche Informationen zu übermitteln sind, welches Format Antrag und Übermittlung haben sollten , einschließlich der zu verwendenden sicheren Formate, und welche Fristen einzuhalten sind , zu erlassen. [Abänd. 24]

Artikel 3b

Übermittlung von Informationen

1.   Für Fälle, in denen ein Unternehmen nicht direkt mit seinen Aktionären kommuniziert, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Finanzintermediär den Aktionären oder gemäß den vom Aktionär erteilten Anweisungen einem Dritten die Informationen im Zusammenhang mit ihren Aktien in allen folgenden Fällen unverzüglich über die Website des Unternehmens zur Verfügung stellt und übermittelt:

(a)

die Information ist zur Ausübung eines dem Aktionär aus seinen Aktien erwachsenden Rechts erforderlich;

(b)

die Information ist für alle Aktionäre bestimmt, die Aktien der betreffenden Gattung halten.

2.   Die Mitgliedstaaten verpflichten die Unternehmen, dem Finanzintermediär die Informationen im Zusammenhang mit der Ausübung der mit den Aktien verbundenen Rechte gemäß Absatz 1 rechtzeitig und in standardisierter Form zu liefern.

3.   Die Mitgliedstaaten verpflichten den Finanzintermediär, den Unternehmen unverzüglich die von den Aktionären erhaltenen Informationen im Zusammenhang mit der Ausübung der mit den Aktien verbundenen Rechte zu übermitteln, im Einklang mit den Anweisungen der Aktionäre.

4.   Gibt es in einer Verwahrkette mehr als einen Finanzintermediär, werden die Informationen gemäß den Absätzen 1 und 3 unverzüglich von einem Intermediär zum nächsten weitergeleitet.

5.    Um eine einheitliche Anwendung dieses Artikels zu gewährleisten, wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 14a zur Präzisierung der in den Absätzen 1 bis 4 genannten Mindestanforderungen an die Übermittlung von Informationen bezüglich des Inhalts der zu übermittelnden Informationen, der einzuhaltenden Fristen und des Formats der zu übermittelnden Informationen , einschließlich der zu verwendenden sicheren Formate, zu erlassen .

Artikel 3c

Erleichterung der Ausübung der Aktionärsrechte

1.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Finanzintermediäre die Ausübung der Aktionärsrechte durch den Aktionär, einschließlich des Rechts auf Teilnahme an Hauptversammlungen und Stimmabgabe dabei, erleichtern . Diese Erleichterung erfolgt durch mindestens eine der folgenden Maßnahmen:

(a)

Der Finanzintermediär trifft die erforderlichen Vorkehrungen, damit der Aktionär selbst oder ein von diesem benannter Dritter die Rechte ausüben kann;

(b)

der Finanzintermediär übt die mit den Aktien verbundenen Rechte mit ausdrücklicher Genehmigung und gemäß den Anweisungen des Aktionärs zu dessen Gunsten aus.

2.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Unternehmen über ihre Website das Protokoll der Hauptversammlungen und die Ergebnisse der Abstimmung veröffentlichen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Unternehmen die auf Hauptversammlungen von den Aktionären oder in deren Namen abgegebenen Stimmen bestätigen , wenn sie auf elektronischem Wege abgegeben werden . Wird die Stimme von dem Finanzintermediär abgegeben, ist die Bestätigung dem Aktionär zu übermitteln. Gibt es in einer Verwahrkette mehr als einen Finanzintermediär, wird die Bestätigung unverzüglich von einem Intermediär zum nächsten weitergeleitet.

3.    Um eine einheitliche Anwendung dieses Artikels zu gewährleisten, wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 14a zur Präzisierung der in den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels genannten Anforderungen an die Erleichterung der Ausübung der Aktionärsrechte bezüglich der Art der Erleichterung, der Form der Bestätigung der Stimmabgabe und der einzuhaltenden Fristen zu erlassen.

Artikel 3d

Transparenz der Kosten

1.   Die Mitgliedstaaten können es den Finanzintermediären gestatten , die Kosten für die gemäß diesem Kapitel zu erbringenden Dienstleistungen den Unternehmen in Rechnung zu stellen . Die Finanzintermediäre legen ihre Preise, Gebühren und jegliche anderen Entgelte für jede der in diesem Kapitel genannten Dienstleistungen einzeln offen.

2.    Wenn es den Finanzintermediären gestattet ist, Kosten gemäß Absatz 1 in Rechnung zu stellen, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Finanzintermediäre gesondert für jede Dienstleistung die Kosten der in diesem Kapitel erwähnten Dienstleistungen veröffentlichen.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass etwaige Kosten , die von einem Finanzintermediär den Aktionären, Unternehmen oder anderen Finanzintermediären in Rechnung gestellt werden, diskriminierungsfrei , angemessen und verhältnismäßig sind. Unterschiede zwischen den Entgelten für die Ausübung von Rechten im Inland und grenzüberschreitenden Rechten sind nur zulässig, wenn sie ordnungsgemäß gerechtfertigt werden und den Unterschieden entsprechen, die bei den tatsächlichen Kosten für die Erbringung der Dienstleistungen bestehen .

Artikel 3e

Finanzintermediäre aus Drittländern

Die Bestimmungen dieses Kapitels gelten für Finanzintermediäre aus Drittländern mit Zweigniederlassung in der Union.

KAPITEL IB

TRANSPARENZ BEI INSTITUTIONELLEN ANLEGERN, BEI VERMÖGENSVERWALTERN UND BEI BERATERN FÜR DIE STIMMRECHTSVERTRETUNG

Artikel 3f

Einbeziehungspolitik

1.   Die Mitgliedstaaten stellen unbeschadet des Artikels 3f Absatz 4 sicher, dass institutionelle Anleger und Vermögensverwalter eine Politik zur Einbeziehung der Aktionäre (‚Einbeziehungspolitik‘) ausarbeiten. Mit dieser Einbeziehungspolitik wird bestimmt, wie institutionelle Anleger und Vermögensverwalter

(a)

die Einbeziehung der Aktionäre in ihre Anlagestrategie integrieren;

(b)

Unternehmen überwachen, in die investiert werden soll, auch in Bezug auf deren nicht finanzielle Leistung sowie die Minderung sozialer und ökologischer Risiken ;

(c)

Dialoge mit Unternehmen führen, in die investiert werden soll;

(d)

Stimmrechte ausüben;

(e)

die Dienste von Beratern für die Stimmrechtsvertretung nutzen;

(f)

mit anderen Aktionären kooperieren;

(fa)

den Dialog mit anderen Interessenträgern von Unternehmen, in die investiert werden soll, führen und mit ihnen zusammenarbeiten .

2.   Die Mitgliedstaaten stellen unbeschadet von Artikel 3f Absatz 4 sicher, dass die Einbeziehungspolitik auch Maßnahmen zur Bewältigung tatsächlicher oder potenzieller Interessenkonflikte im Zusammenhang mit der Einbeziehung der Aktionäre enthält. Insbesondere sind solche Maßnahmen in Bezug auf die folgenden Situationen auszuarbeiten:

(a)

Der institutionelle Anleger, der Vermögensverwalter oder mit diesen verbundene Unternehmen bieten dem Unternehmen, in das investiert werden soll, Finanzprodukte an oder haben anderweitige geschäftliche Beziehungen zu diesem;

(b)

ein Mitglied der Unternehmensleitung des institutionellen Anlegers oder des Vermögensverwalters ist auch Mitglied der Leitung des Unternehmens, in das investiert werden soll;

(c)

ein Vermögensverwalter, der das Vermögen einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung verwaltet, investiert in ein Unternehmen, das Beiträge an diese Einrichtung zahlt;

(d)

ein institutioneller Anleger oder ein Vermögensverwalter ist mit einem Unternehmen verbunden, für dessen Aktien ein Übernahmeangebot abgegeben wurde.

3.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass institutionelle Anleger und Vermögensverwalter alljährlich ihre Einbeziehungspolitik, die Art und Weise ihrer Umsetzung und ihre Ergebnisse offenlegen. Die in Satz 1 genannten Informationen müssen zumindest auf der Website des Unternehmens kostenfrei verfügbar sein. Institutionelle Anleger bieten ihren Kunden diese Informationen alljährlich..

Institutionelle Anleger und Vermögensverwalter geben für jedes Unternehmen, von dem sie Aktien halten, öffentlich bekannt , ob und wie sie auf den Hauptversammlungen der betreffenden Unternehmen abgestimmt haben, und legen eine Erläuterung ihres Abstimmungsverhaltens vor. Stimmt ein Vermögensverwalter im Namen eines institutionellen Anlegers ab, so verweist der institutionelle Anleger darauf, wo die betreffenden Informationen über die Stimmabgabe vom Vermögensverwalter veröffentlicht wurden. Die in diesem Absatz genannten Informationen müssen zumindest auf der Website des Unternehmens kostenfrei abrufbar sein.

4.   Entscheiden sich institutionelle Anleger oder Vermögensverwalter gegen die Ausarbeitung einer Einbeziehungspolitik oder gegen die Veröffentlichung ihrer Umsetzung und Ergebnisse, müssen sie unmissverständlich und ausführlich begründen, warum dies der Fall ist. [Abänd. 25]

Artikel 3 g

Anlagestrategie institutioneller Anleger und Vereinbarungen mit Vermögensverwaltern

1.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass institutionelle Anleger der Öffentlichkeit gegenüber offenlegen, wie ihre Anlagestrategie (‚Anlagestrategie‘) an das Profil und die Laufzeit ihrer Verbindlichkeiten angepasst ist und wie sie zur mittel- bis langfristigen Wertentwicklung ihrer Vermögenswerte beiträgt. Die in Satz 1 genannten Informationen müssen zumindest auf der Website des Unternehmens mindestens für die Dauer ihrer Gültigkeit kostenfrei verfügbar sein und den Kunden des Unternehmens jährlich zusammen mit den Informationen zur Einbeziehungspolitik übermittelt werden .

2.   Investiert ein Vermögensverwalter im Namen eines institutionellen Anlegers — sei es mit einem Ermessensspielraum im Rahmen eines Einzelkundenmandats oder im Rahmen eines Organismus für gemeinsame Anlagen –, legt der institutionelle Anleger die Hauptelemente der Vereinbarung mit dem Vermögensverwalter jährlich in Bezug auf folgende Aspekte offen:

(a)

Ob und in welchem Ausmaß Anreize dafür geschaffen werden, dass der Vermögensverwalter seine Anlagestrategie und Anlageentscheidungen auf das Profil und die Laufzeit der Verbindlichkeiten des institutionellen Anlegers abstimmt;

(b)

ob und in welchem Ausmaß Anreize dafür geschaffen werden, dass der Vermögensverwalter Anlageentscheidungen auf der Grundlage der mittel- bis langfristigen Entwicklung der Leistung des Unternehmens einschließlich der nicht finanziellen Leistung trifft und sich in die Unternehmen einbringt, um deren Leistungsentwicklung zu verbessern und Anlagerenditen zu erzielen;

(c)

Methode und maßgeblicher Zeitraum für die Bewertung der Leistung des Vermögensverwalters und insbesondere, ob und wie dabei die langfristige Gesamtleistung berücksichtigt wird, im Gegensatz zu einer an einem Referenzwert oder an der Leistung anderer Vermögensverwalter, die eine ähnliche Anlagestrategie verfolgen, gemessenen Leistung;

(d)

wie die Struktur des Entgelts für die Anlageverwaltungsdienste dazu beiträgt, die Anlageentscheidungen des Vermögensverwalters auf das Profil und die Laufzeit der Verbindlichkeiten des institutionellen Anlegers abzustimmen;

(e)

was der angestrebte Portfolioumsatz oder Umsatzbereich ist, mit welcher Methode der Umsatz berechnet wird und ob es ein Verfahren gibt, das bei dessen Überschreitung durch den Vermögensverwalter Anwendung findet;

(f)

Laufzeit der Vereinbarung mit dem Vermögensverwalter.

Sind eines oder mehrere der unter den Buchstaben a bis f genannten Elemente nicht in der Vereinbarung mit dem Vermögensverwalter enthalten, begründet der institutionelle Anleger unmissverständlich und ausführlich, warum dies der Fall ist. [Abänd. 26]

Artikel 3h

Transparenz bei Vermögensverwaltern

1.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Vermögensverwalter gemäß den Absätzen 2 und 2a offen legen , wie ihre Anlagestrategie und deren Umsetzung mit der Vereinbarung gemäß Artikel 3 g Absatz 2 in Einklang stehen ▌.

2.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Vermögensverwalter jährlich folgende Informationen veröffentlichen :

(a)

Ob und gegebenenfalls wie sie Anlageentscheidungen auf der Grundlage ihrer Einschätzung der mittel- bis langfristigen Entwicklung der Leistung einschließlich der nicht finanziellen Leistung des Unternehmens treffen, in das investiert werden soll;

(b)

das Portfolioumsatzniveau, die Methode zu dessen Berechnung und eine Erläuterung, falls der Umsatz über dem angestrebten Niveau lag;

(c)

ob es tatsächliche oder potenzielle Interessenkonflikte im Zusammenhang mit Einbeziehungstätigkeiten gab und gegebenenfalls welche, und wie der Vermögensverwalter mit diesen umgegangen ist;

(d)

ob und gegebenenfalls wie der Vermögensverwalter für die Zwecke der Einbeziehung Berater für die Stimmrechtsvertretung einsetzt;

(e)

wie die Anlagestrategie und deren Umsetzung insgesamt zur mittel- bis langfristigen Wertentwicklung der Vermögenswerte des institutionellen Anlegers beitragen.

2a.     Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Vermögensverwalter institutionellen Anlegern, mit denen sie eine Vereinbarung gemäß Artikel 3 g Absatz 2 geschlossen haben, jährlich alle folgenden Informationen offen legen:

(a)

wie ihr Portfolio zusammengesetzt wurde und eine Erläuterung aller wesentlichen Änderungen im Portfolio im vorangegangenen Zeitraum;

(b)

die Portfolioumsatzkosten;

(c)

ihre Politik in Bezug auf die Wertpapierleihe und deren Umsetzung.

3.   Die gemäß Absatz 2 offen gelegten Informationen müssen zumindest auf der Website des Unternehmens kostenfrei verfügbar sein. Die gemäß Absatz 2a offen gelegten Informationen werden kostenfrei zur Verfügung gestellt und werden, sofern der Vermögensverwalter die Vermögenswerte nicht mit Ermessensspielraum im Rahmen eines Einzelkundenmandats verwaltet, auf Ersuchen auch anderen Anlegern zur Verfügung gestellt.

3a.     Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass einem Vermögensverwalter in Ausnahmefällen gestattet werden kann, von der Offenlegung eines bestimmten Teils der nach diesem Artikel offen zu legenden Informationen abzusehen, wenn sich dieser Teil auf laufende Entwicklungen oder Angelegenheiten bezieht, über die Verhandlungen geführt werden, und seine Offenlegung der Wettbewerbsposition des Vermögensverwalters schwer schaden würde, sofern dies von der zuständigen Behörde genehmigt wird.

Artikel 3i

Transparenz bei Beratern für die Stimmrechtsvertretung

1.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Berater für die Stimmrechtsvertretung angemessene Maßnahmen ergreifen und umsetzen, um — soweit sie dazu in der Lage sind — zu gewährleisten , dass ihre Untersuchungen und Stimmempfehlungen richtig und zuverlässig sind, auf einer sorgfältigen Prüfung aller ihnen zur Verfügung stehenden Informationen beruhen und ausschließlich im Interesse ihrer Kunden erarbeitet werden .

1a.     Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Berater für die Stimmrechtsvertretung den Verhaltenskodex angeben, den sie anwenden. Sollten sie von einer der in diesem Verhaltenskodex genannten Empfehlungen abweichen, geben sie eine entsprechende Erklärung und Begründung dafür ab und legen dar, welche Alternativmaßnahmen gegebenenfalls getroffen wurden. Diese Informationen werden zusammen mit der Angabe des Verhaltenskodex, den sie anwenden, auf der Website des Beraters für die Stimmrechtsvertretung veröffentlicht.

Berater für die Stimmrechtsvertretung erstatten über die Anwendung des Verhaltenskodex alljährlich Bericht. Die jährlichen Berichte werden auf der Website der Berater für die Stimmrechtsvertretung veröffentlicht und sind dort für mindestens drei Jahre ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung kostenfrei abrufbar.

2.    Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Berater für die Stimmrechtsvertretung alljährlich folgende Informationen im Zusammenhang mit der Vorbereitung ihrer Untersuchungen und Stimmempfehlungen veröffentlichen:

(a)

Die wesentlichen Merkmale der von ihnen verwendeten Methoden und Modelle;

(b)

ihre Hauptinformationsquellen;

(c)

ob und gegebenenfalls wie sie den nationalen Markt sowie rechtliche, regulatorische und unternehmensspezifische Bedingungen berücksichtigen;

(ca)

die wesentlichen Merkmale der durchgeführten Untersuchungen und verfolgten Stimmrechtspolitik für die einzelnen Märkte;

(d)

ob sie eine Kommunikation oder einen Dialog mit den Unternehmen, die ihre Untersuchungen und Stimmempfehlungen betreffen, und ihren Interessenträgern unterhalten, und gegebenenfalls welchen Ausmaßes und welcher Art dieser Dialog ist;

(da)

die Politik im Hinblick auf die Vermeidung und Regelung potenzieller Interessenkonflikte;

(e)

die Gesamtzahl der an der Erarbeitung der Stimmempfehlungen beteiligten Mitarbeiter und deren Qualifikationen ;

(f)

die Gesamtzahl der im vergangenen Jahr abgegebenen Stimmempfehlungen.

Diese Informationen werden auf der Website der Berater für die Stimmrechtsvertretung veröffentlicht und sind dort für mindestens drei Jahre ab Veröffentlichung kostenfrei verfügbar.

3.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Berater für die Stimmrechtsvertretung tatsächliche oder potenzielle Interessenkonflikte oder Geschäftsbeziehungen, die Untersuchungen und die Vorbereitung der Stimmempfehlungen beeinflussen könnten, identifizieren und ihre Kunden unverzüglich darüber sowie über die Schritte, die sie zur Ausräumung oder Milderung dieser tatsächlichen oder potenziellen Interessenkonflikte unternommen haben, informieren.“

(4)

Die folgenden Artikel werden eingefügt:

„Artikel 9a

Recht auf Abstimmung über die Vergütungspolitik

1.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Unternehmen eine Vergütungspolitik in Bezug auf die Mitglieder der Unternehmensleitung erarbeiten und über diese auf der Aktionärshauptversammlung verbindlich abstimmen lassen . Unternehmen entlohnen die Mitglieder der Unternehmensleitung nur entsprechend der Vergütungspolitik , über die auf der Aktionärshauptversammlung abgestimmt wurde . Über Änderungen der Vergütungspolitik wird auf der Aktionärshauptversammlung abgestimmt, und die Vergütungspolitik wird in jedem Fall mindestens alle drei Jahre der Hauptversammlung zur Genehmigung vorgelegt.

Die Mitgliedstaaten können aber vorsehen, dass die Abstimmungen auf der Hauptversammlung über die Vergütungspolitik beratenden Charakter haben. Wenn es vorher keine Vergütungspolitik gab und die Aktionäre den ihnen vorgelegten Entwurf der Vergütungspolitik ablehnen, kann das Unternehmen den Mitgliedern der Unternehmensleitung — solange der Entwurf überarbeitet wird, im Höchstfall aber für die Dauer eines Jahres — nach den bestehenden Verfahren eine Vergütung zahlen.

Wenn es eine geltende Vergütungspolitik gibt und die Aktionäre den ihnen gemäß Unterabsatz 1 vorgelegten Entwurf der Vergütungspolitik ablehnen, kann das Unternehmen den Mitgliedern der Unternehmensleitung — solange der Entwurf überarbeitet wird, im Höchstfall aber für die Dauer eines Jahres — im Einklang mit der geltenden Politik eine Vergütung zahlen.

2.   Die Politik ist klar und verständlich, steht mit der Geschäftsstrategie, den Zielen, Werten und langfristigen Interessen des Unternehmens in Einklang und enthält Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten.

3.   Die Politik enthält eine Erläuterung dazu, inwiefern sie die langfristigen Interessen und die langfristige Tragfähigkeit des Unternehmens fördert. Sie legt klare Kriterien für die Gewährung der festen und variablen Bestandteile der Vergütung, einschließlich sämtlicher Prämien und sämtlicher Vorteile in jeglicher Form, fest.

In der Politik ist das angemessene jeweilige Verhältnis von festen und variablen Vergütungsbestandteilen angegeben . In der Politik wird erläutert, wie die Vergütungs- und Beschäftigungsbedingungen der Beschäftigten des Unternehmens in die Festlegung der Politik oder der Vergütung der Unternehmensleitung eingeflossen sind.

In der Politik werden die finanziellen und die nicht finanziellen Leistungskriterien , wobei gegebenenfalls Programme und Ergebnisse im Zusammenhang mit der sozialen Verantwortung der Unternehmen berücksichtigt werden, angegeben, die für die Gewährung der variablen Vergütungsbestandteile angewendet werden sollen, und es wird erläutert, inwiefern sie die langfristigen Interessen und die Tragfähigkeit des Unternehmens fördern und mit welchen Methoden festgestellt werden soll, inwieweit die Leistungskriterien erfüllt wurden; auch werden darin die Aufschubzeiten in Bezug auf variable Vergütungsbestandteile, die Wartezeiten bei aktienbezogener Vergütung und das Halten von Aktien nach dem Erwerb der damit verbundenen Rechte präzisiert sowie Angaben zu der Möglichkeit gemacht, variable Vergütungsbestandteile zurückzufordern.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Wert von Aktien bei den finanziellen Leistungskriterien keine vorrangige Rolle spielt.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die aktienbezogene Vergütung bei Mitgliedern der Unternehmensleitung nicht der wichtigste Bestandteil ihrer Vergütung ist. Die Mitgliedstaaten können Ausnahmen von den Bestimmungen dieses Unterabsatzes unter der Bedingung vorsehen, dass die Vergütungspolitik eine unmissverständliche und ausführliche Begründung dafür enthält, inwiefern eine solche Ausnahme die langfristigen Interessen und die langfristige Tragfähigkeit des Unternehmens fördert.

Die Politik enthält die wichtigsten Bestimmungen der Verträge der Mitglieder der Unternehmensleitung, einschließlich der Dauer der Verträge, der geltenden Kündigungsfristen , der Bestimmungen zu der Beendigung und den Zahlungen im Zusammenhang mit der Beendigung eines Vertrags sowie der Merkmale der betrieblichen Altersversorgungs- und Vorruhestandsregelungen . Wenn es nach nationalem Recht zulässig ist, dass Unternehmen Vereinbarungen mit Mitgliedern der Unternehmensleitung ohne Vertrag treffen, enthält in diesem Fall die Politik die wichtigsten Bestimmungen der Vereinbarungen mit den Mitgliedern der Unternehmensleitung, einschließlich der Dauer der Verträge, der geltenden Kündigungsfristen, der Bestimmungen zu der Beendigung und den Zahlungen im Zusammenhang mit der Beendigung eines Vertrags sowie der Merkmale der betrieblichen Altersversorgungs- und Vorruhestandsregelungen.

Im Rahmen der Vergütungspolitik werden die Verfahren, nach denen das Unternehmen über die Vergütung der Mitglieder der Unternehmensleitung entscheidet, sowie die Rolle und die Arbeitsweise des Vergütungsausschusses festgelegt.

In der Politik wird der konkrete Entscheidungsprozess bei der Festlegung der Vergütungspolitik erläutert. Bei Überarbeitung der Politik enthält diese eine Erläuterung sämtlicher wesentlicher Änderungen sowie dazu, inwiefern die Abstimmungen und Ansichten der Aktionäre bezüglich der Politik und der Vergütungsberichte mindestens in den vergangenen drei aufeinander folgenden Jahren dabei berücksichtigt wurden.

4.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Vergütungspolitik nach Genehmigung durch die Aktionäre unverzüglich veröffentlicht wird und auf der Website des Unternehmens mindestens für die Dauer ihrer Gültigkeit kostenfrei verfügbar ist. [Abänd. 27 rev.]

Artikel 9b

Im Vergütungsbericht anzugebende Informationen und Recht auf Abstimmung über den Vergütungsbericht

1.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Unternehmen einen klaren und verständlichen Vergütungsbericht erstellen, der einen umfassenden Überblick über die den einzelnen Mitgliedern der Unternehmensleitung, einschließlich neu eingestellter oder ehemaliger Mitglieder der Unternehmensleitung, im abgelaufenen Geschäftsjahr gemäß der Vergütungspolitik nach Artikel 9a gezahlte Vergütung einschließlich sämtlicher Vorteile in jeglicher Form enthält. Er enthält die folgenden Elemente, sofern einschlägig:

(a)

Die Gesamtvergütung, aufgeschlüsselt nach Komponenten, die gewährt oder ausgezahlt wurde oder geschuldet wird , das jeweilige Verhältnis von festen und variablen Vergütungsbestandteilen sowie eine Erläuterung, wie die Gesamtvergütung mit der langfristigen Leistung verknüpft ist und wie die finanziellen und nichtfinanziellen Leistungskriterien angewendet wurden;

(b)

das Verhältnis zwischen der Vergütung der Vorstandsmitglieder in den letzten drei Geschäftsjahren sowie ihr Verhältnis im selben Zeitraum zur allgemeinen Entwicklung der Unternehmensleistung und zur Entwicklung der durchschnittlichen Vergütung der Beschäftigten ;

(c)

jegliche Vergütung, die die Mitglieder der Unternehmensleitung von Unternehmen derselben Gruppe erhalten haben oder die geschuldet wird ;

(d)

die Anzahl der gewährten oder angebotenen Aktien und Aktienoptionen und die wichtigsten Bedingungen für die Ausübung der Rechte, einschließlich Ausübungspreis, Ausübungsdatum und etwaiger Änderungen dieser Bedingungen;

(e)

Informationen dazu, ob und wie von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde, variable Vergütungsbestandteile zurückzufordern;

(f)

Informationen dazu, wie die Vergütung der Mitglieder der Unternehmensleitung festgesetzt wurde, einschließlich Angaben zur Rolle des Vergütungsausschusses.

2.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Recht natürlicher Personen auf Schutz der Privatsphäre bei der Verarbeitung personenbezogener Daten der Mitglieder der Unternehmensleitung gemäß der Richtlinie 95/46/EG gewahrt bleibt.

3.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Aktionäre das Recht haben, auf der Hauptversammlung über den Vergütungsbericht für das abgelaufene Geschäftsjahr abzustimmen. Stimmen die Aktionäre gegen den Vergütungsbericht, nimmt das Unternehmen gegebenenfalls einen Dialog mit den Aktionären auf, um die Gründe für die Ablehnung zu erfahren. Das Unternehmen legt im nächsten Vergütungsbericht dar, ▌ wie der Abstimmung der Aktionäre Rechnung getragen wurde.

3a.     Die einzelstaatlichen Lohnbildungssysteme für Beschäftigte und gegebenenfalls die einzelstaatlichen Bestimmungen über die Vertretung von Arbeitnehmern in Verwaltungsräten bleiben von den Vergütungsregelungen gemäß diesem Artikel und Artikel 9a unberührt.

4.    Um eine einheitliche Anwendung dieses Artikels zu gewährleisten, wird der Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 14a delegierte Rechtsakte zur Präzisierung der standardisierten Darstellung der Informationen gemäß Absatz 1 zu erlassen. [Abänd. 28]

Artikel 9c

Recht auf Abstimmung über Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen

1.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Unternehmen wesentliche Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen ▌ spätestens zum Zeitpunkt ihres Abschlusses öffentlich bekannt machen und der Bekanntmachung einen Bericht beifügen, in dem bewertet wird, ob die Transaktion zu marktüblichen Bedingungen getätigt wird, und bestätigt wird, dass sie aus Sicht des Unternehmens und der Minderheitsaktionäre fair und vernünftig ist , und dargelegt wird, auf welchen Beurteilungen die Bewertung beruht . Die Bekanntmachung muss Informationen zur Art des Verhältnisses mit den nahe stehenden Unternehmen und Personen, die Namen der nahe stehenden Unternehmen und Personen, den Betrag der Transaktion und alle weiteren für die Bewertung der wirtschaftlichen Fairness der Transaktion aus Sicht des Unternehmens und der Minderheitsaktionäre erforderlichen Informationen enthalten.

Die Mitgliedstaaten legen spezifische Regelungen hinsichtlich des nach Unterabsatz 1 anzunehmenden Berichts fest, einschließlich des Akteurs, der für die Vorlage der Berichte zuständig ist, bei dem es sich handeln muss entweder um

einen unabhängigen Dritten,

ein Aufsichtsgremium des Unternehmens oder

einen Ausschuss unabhängiger Mitglieder der Unternehmensleitung.

2.   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass wesentliche Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen von den Aktionären oder dem Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan der Unternehmen gemäß Verfahren genehmigt werden, durch die verhindert wird, dass ein nahe stehendes Unternehmen oder eine nahe stehende Person seine/ihre Position ausnutzt, und die einen angemessenen Schutz der Interessen des Unternehmens und von Aktionären, die keine nahe stehenden Unternehmen oder Personen sind, einschließlich Minderheitsaktionäre, bieten .

Die Mitgliedstaaten dürfen vorsehen, dass Aktionäre das Recht haben, über wesentliche Transaktionen abzustimmen, die von dem Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan des Unternehmens genehmigt wurden.

Dadurch soll verhindert werden, dass nahe stehende Unternehmen und Personen einen Vorteil aus einer besonderen Stellung ziehen, und den Interessen des Unternehmens gebührender Schutz gewährt werden.

2a.     Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass nahe stehende Unternehmen und Personen sowie ihre Vertreter von der Erstellung des in Absatz 1 genannten Berichts und von den Abstimmungen und Entscheidungen, die gemäß Absatz 2 stattfinden, ausgeschlossen sind. Ist ein Aktionär an der Transaktion mit nahe stehenden Unternehmen und Personen beteiligt, ist er von einer etwaigen Abstimmung, die diese Transaktion betrifft, ausgeschlossen. Die Mitgliedstaaten können zulassen, dass ein Aktionär, der ein nahe stehendes Unternehmen oder eine nahestehende Person ist, an der Abstimmung teilnimmt, sofern das einzelstaatliche Recht angemessene Schutzmechanismen enthält, die während des Abstimmungsverfahrens gelten, um die Interessen der Aktionäre, die keine nahe stehenden Unternehmen oder Personen sind, einschließlich Minderheitsaktionäre, zu schützen, indem das nahestehende Unternehmen oder die nahestehende Person daran gehindert wird, die Transaktion zu genehmigen, obwohl die Mehrheit der Aktionäre, die keine nahestehenden Unternehmen oder Personen sind, und die Mehrheit der unabhängigen Mitglieder der Unternehmensleitung gegenteiliger Meinung sind.

3.    Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Transaktionen mit denselben nahe stehenden Unternehmen und Personen, die in einem beliebigen Zeitraum von 12 Monaten oder in demselben Geschäftsjahr getätigt wurden und nicht den Verpflichtungen nach den Absätzen 1, 2 oder 3 unterworfen wurden, für die Zwecke dieser Absätze aggregiert werden .

4.   Die Mitgliedstaaten dürfen die folgenden Transaktionen von den Anforderungen gemäß den Absätzen 1 und 2 ausnehmen:

Transaktionen zwischen einem Unternehmen und einem oder mehreren Mitgliedern seiner Gruppe oder Gemeinschaftsunternehmen , sofern die betreffenden Mitglieder der Gruppe oder die Gemeinschaftsunternehmen sich vollständig im Besitz des Unternehmens befinden oder kein nahe stehendes Unternehmen oder keine nahestehende Person des Unternehmens eine Beteiligung an diesen Mitgliedern oder an den Gemeinschaftsunternehmen hält;

Transaktionen, die im ordentlichen Geschäftsgang zu marktüblichen Bedingungen getätigt werden.

4a.     Die Mitgliedstaaten legen fest, was wesentliche Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen oder Personen sind. Bei der Festlegung dessen, was wesentliche Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen sind, wird Folgendes berücksichtigt:

(a)

Einfluss von Informationen über die Transaktion auf die Entscheidungen der am Genehmigungsprozess Beteiligten,

(b)

Einfluss der Transaktion auf Ergebnisse, Vermögen, Kapitalisierung oder Umsatz des Unternehmens sowie Stellung des nahe stehenden Unternehmens oder der nahe stehenden Person;

(c)

Risiken, die für das Unternehmen und seine Minderheitsaktionäre mit der Transaktion verbunden sind.

Bei der Festlegung dessen, was wesentliche Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen sind, können die Mitgliedstaaten eine oder mehrere quantitative Kennzahlen festlegen, die auf dem Einfluss der Transaktion auf Einnahmen, Vermögen, Kapitalisierung oder Umsatz des Unternehmens basieren oder der Art der Transaktion und der Stellung des nahe stehenden Unternehmens oder der nahe stehenden Person Rechnung tragen.“

(5)

Nach Artikel 14 wird folgendes Kapitel IIa eingefügt:

„KAPITEL IIA

DELEGIERTE RECHTSAKTE UND SANKTIONEN

Artikel 14 a

Ausübung der Befugnisübertragung

1.    Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

2.     Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 3a Absatz 5, Artikel 3b Absatz 5, Artikel 3c Absatz 3 und Artikel 9b wird der Kommission auf unbestimmte Zeit ab dem …* übertragen.

3.     Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 3a Absatz 5, Artikel 3b Absatz 5, Artikel 3c Absatz 3 und Artikel 9b kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

4.     Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

5.     Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 3a Absatz 5, Artikel 3b Absatz 5, Artikel 3c Absatz 3 und Artikel 9b erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Veranlassung des Europäischen Parlaments oder des Rates kann diese Frist um drei Monate verlängert werden.

Artikel 14b

Sanktionen

Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften bis spätestens [date for transposition] mit und melden ihr spätere Änderungen unverzüglich.“

Artikel 2

Änderung der Richtlinie 2013/34/EU

Richtlinie 2013/34/EU wird wie folgt geändert:

(-1)

In Artikel 2 wird folgende Nummer angefügt:

„(17)

‚Steuervorbescheid‘ jede vorgezogene Auslegung oder Anwendung von Rechtsvorschriften in grenzübergreifenden Situationen oder für Transaktionen eines Unternehmens, die dazu führen kann, dass einem Mitgliedstaat Steuereinnahmen verloren gehen oder das Unternehmen Steuerzahlungen aufgrund künstlicher gruppeninterner Gewinnverlagerungen einsparen kann.“

(-1a)

Nach Artikel 18 Absatz 2 wird folgender Absatz eingefügt:

„2a.     Im Anhang zum Jahresabschluss müssen große Unternehmen und Unternehmen von öffentlichem Interesse jährlich aufgeschlüsselt nach Mitgliedstaat und Drittland, in dem sie jeweils über eine Niederlassung verfügen, auch die folgenden Angaben auf konsolidierter Basis für das Geschäftsjahr offenlegen:

(a)

Name(n), Art der Tätigkeiten und Belegenheitsort,

(b)

Umsatz,

(c)

Anzahl der Lohn- und Gehaltsempfänger in Vollzeitäquivalenten,

(d)

Wert der Aktiva und jährliche Kosten der Erhaltung dieser Aktiva,

(e)

Verkäufe und Ankäufe,

(f)

Gewinn oder Verlust vor Steuern,

(g)

Steuern auf Gewinn oder Verlust,

(h)

erhaltene staatliche Beihilfen.

(i)

Muttergesellschaften erstellen neben den einschlägigen Daten ein Verzeichnis der in jedem Mitgliedstaat oder Drittstaat tätigen Tochterunternehmen.“

(-1b)

Artikel 18 Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„3.     Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2a nicht auf den Jahresabschluss eines Unternehmens angewandt werden, wenn dieses Unternehmen in den konsolidierten Abschluss einbezogen wird, der gemäß Artikel 22 zu erstellen ist, vorausgesetzt, diese Informationen sind im Anhang zum konsolidierten Abschluss enthalten.“

(-1c)

Folgender Artikel 18a wird eingefügt:

„Artikel 18a

Zusätzliche Offenlegungspflichten für große Unternehmen

1.     Große Unternehmen veröffentlichen im Anhang zum Abschluss neben den nach den Artikeln 16, 17 und 18 und den anderen Bestimmungen dieser Richtlinie vorgeschriebenen Angaben aufgeschlüsselt nach Mitgliedstaaten und Drittländern, in denen sie über ein Tochterunternehmen verfügen, wesentliche Bestandteile von und Informationen über Steuervorbescheide. Der Kommission wird die Befugnis übertragen, mit Hilfe delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 49 Form und Inhalt der Veröffentlichung festzulegen.

2.     Unternehmen, die im Durchschnitt des Geschäftsjahres nicht mehr als 500 Mitarbeiter auf konsolidierter Basis beschäftigen und am Bilanzstichtag entweder eine Bilanzsumme von höchstens 86 Mio. EUR oder einen Nettoumsatz von höchstens 100 Mio. EUR auf konsolidierter Basis aufweisen, sind von der Verpflichtung gemäß Absatz 1 dieses Artikels befreit.

3.     Die in Absatz 1 dieses Artikels genannte Verpflichtung gilt nicht für Unternehmen, die dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen und deren Mutterunternehmen dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegt und deren Angaben in den von diesem Mutterunternehmen gemäß Absatz 1 dieses Artikels offengelegten Angaben enthalten sind.

4.     Die in Absatz 1 genannten Informationen werden gemäß der Richtlinie 2006/43/EG geprüft.“

(1)

Artikel 20 wird wie folgt geändert:

(a)

In Absatz 1 wird folgender Buchstabe h angefügt:

„(h)

den Vergütungsbericht gemäß Artikel 9b der Richtlinie 2007/36/EG.“

(b)

Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„3.   Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft gibt gemäß Artikel 34 Absatz 1 Unterabsatz 2 ein Urteil hinsichtlich der nach Absatz 1 Buchstaben c und d geforderten Angaben ab und überprüft, ob die in Absatz 1 Buchstaben a, b, e, f, g und h genannten Angaben gemacht wurden.“

(c)

Absatz 4 wird wie folgt geändert:

„4.   Die Mitgliedstaaten können Unternehmen nach Absatz 1, die ausschließlich andere Wertpapiere als zum Handel an einem geregelten Markt im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 14 der Richtlinie 2004/39/EG zugelassene Aktien emittiert haben, von der Anwendung des Absatzes 1 Buchstaben a, b, e, f, g und h ausnehmen, es sei denn, dass diese Unternehmen Aktien emittiert haben, die über ein multilaterales Handelssystem im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 15 der Richtlinie 2004/39/EG gehandelt werden.“

Artikel 2a

Änderung der Richtlinie 2004/109/EG

Die Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates  (14) wird wie folgt geändert:

(1)

In Artikel 2 Absatz 1 wird folgender Buchstabe r angefügt:

„(r)

‚Steuervorbescheid‘ ist jede vorgezogene Auslegung oder Anwendung von Rechtsvorschriften in grenzübergreifenden Situationen oder für Transaktionen eines Unternehmens, die dazu führen kann, dass einem Mitgliedstaat Steuereinnahmen verloren gehen oder das Unternehmen Steuerzahlungen aufgrund künstlicher gruppeninterner Gewinnverlagerungen einsparen kann.“

(2)

Folgende Artikel werden eingefügt:

„Artikel 16a

Zusätzliche Offenlegungspflichten für Emittenten

1.     Die Mitgliedstaaten verlangen von jedem Emittenten, jährlich aufgeschlüsselt nach Mitgliedstaaten und Drittländern, in denen er über ein Tochterunternehmen verfügt, folgende Angaben auf konsolidierter Basis für das Geschäftsjahr zu veröffentlichen:

(a)

Name(n), Art der Tätigkeiten und Belegenheitsort,

(b)

Umsatz,

(c)

Anzahl der Lohn- und Gehaltsempfänger in Vollzeitäquivalenten,

(d)

Gewinn oder Verlust vor Steuern,

(e)

Steuern auf Gewinn oder Verlust,

(f)

erhaltene staatliche Beihilfen,

2.     Die in Absatz 1 genannte Verpflichtung gilt nicht für Emittenten, die dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen und deren Mutterunternehmen dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegt und deren Angaben in den von diesem Mutterunternehmen gemäß Absatz 1 dieses Artikels veröffentlichten Angaben enthalten sind.

3.     Die Angaben nach Absatz 1 werden im Einklang mit der Richtlinie 2006/43/EG geprüft und — soweit möglich — als Anhang zum Jahresabschluss oder gegebenenfalls zum konsolidierten Abschluss des betreffenden Emittenten veröffentlicht.

Artikel 16b

Zusätzliche Offenlegungspflichten für Emittenten

1.     Die Mitgliedstaaten verlangen von jedem Emittenten, jährlich aufgeschlüsselt nach Mitgliedstaaten und Drittländern, in denen er über ein Tochterunternehmen verfügt, auf konsolidierter Basis für das Geschäftsjahr wesentliche Bestandteile von und Informationen zu Steuervorbescheiden offenzulegen. Der Kommission wird die Befugnis übertragen, mit Hilfe delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 27 Absätze 2a, 2b und 2c Form und Inhalt der Veröffentlichung festzulegen.

2.     Die in Absatz 1 dieses Artikels genannte Verpflichtung gilt nicht für Emittenten, die dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen und deren Mutterunternehmen dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegt und deren Angaben in den von diesem Mutterunternehmen gemäß Absatz 1 dieses Artikels veröffentlichten Angaben enthalten sind.

3.     Die Angaben nach Absatz 1 werden im Einklang mit der Richtlinie 2006/43/EG geprüft und — soweit möglich — als Anhang zum Jahresabschluss oder gegebenenfalls zum konsolidierten Abschluss des betreffenden Emittenten veröffentlicht.“

(3)

Artikel 27 Absatz 2a erhält folgende Fassung:

„(2a)     Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte nach Artikel 2 Absatz 3, Artikel 5 Absatz 6, Artikel 9 Absatz 7, Artikel 12 Absatz 8, Artikel 13 Absatz 2, Artikel 14 Absatz 2, Artikel 16a Absatz 1, Artikel 17 Absatz 4, Artikel 18 Absatz 5, Artikel 19 Absatz 4, Artikel 21 Absatz 4 und Artikel 23 Absätze 4, 5 und 7 wird der Kommission für einen Zeitraum von vier Jahren ab dem Januar 2011 übertragen. Die Kommission legt spätestens sechs Monate vor Ablauf des Zeitraums von vier Jahren einen Bericht über die übertragene Befugnis vor. Die Befugnisübertragung verlängert sich automatisch um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widerrufen sie nach Artikel 27a.“

Artikel 3

Umsetzung

1.   Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens am [18 months after entry into force] nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Rechtsvorschriften mit.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

2.   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 4

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 5

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu …

Im Namen des Europäischen

Der Präsident

Parlaments Im Namen des Rates

Der Präsident


(1)  Der Gegenstand wurde gemäß Artikel 61 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Geschäftsordnung zur erneuten Prüfung an den zuständigen Ausschuss zurücküberwiesen (A8-0158/2015).

(*1)  Textänderungen: Der neue bzw. geänderte Text wird durch Fett- und Kursivdruck gekennzeichnet; Streichungen werden durch das Symbol ▌ gekennzeichnet.

(2)  ABl. C 451 vom 16.12.2014, S. 87.

(3)  Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften (ABl. L 184 vom 14.7.2007, S. 17).

(4)  Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

(5)  Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).

(6)  Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31).

(7)  ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.

(14)  Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 38.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/198


P8_TA(2015)0258

Marktstabilitätsreserve für das EU-System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung und Anwendung einer Marktstabilitätsreserve für das EU-System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten und zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG (COM(2014)0020 — C8-0016/2014 — 2014/0011(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2017/C 265/36)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2014)0020),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 192 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C8-0016/2014),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 4. Juni 2014 (1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

unter Hinweis auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 13. Mai 2015 gemachte Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (A8-0029/2015),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, ihren Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 424 vom 26.11.2014, S. 46.


P8_TC1-COD(2014)0011

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 8. Juli 2015 im Hinblick auf den Erlass des Beschlusses (EU) 2015/… des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung und Anwendung einer Marktstabilitätsreserve für das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Union und zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG

(Der Text dieser Anlage ist hier nicht wiedergegeben; er entspricht dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss (EU) 2015/1814.)


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/199


P8_TA(2015)0259

Seeleute ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2008/94/EG, 2009/38/EG, 2002/14/EG, 98/59/EG und 2001/23/EG in Bezug auf Seeleute (COM(2013)0798 — C7-0409/2013 — 2013/0390(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2017/C 265/37)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2013)0798),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 153 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C7-0409/2013),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 25. März 2014 (1),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 3. April 2014 (2),

unter Hinweis auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 13. Mai 2015 gemachte Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten sowie die Stellungnahme des Fischereiausschusses (A8-0127/2015),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, ihren Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 226 vom 16.7.2014, S. 35.

(2)  ABl. C 174 vom 7.6.2014, S. 50.


P8_TC1-COD(2013)0390

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 8. Juli 2015 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2015/…/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2008/94/EG, 2009/38/EG und 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 98/59/EG und 2001/23/EG des Rates in Bezug auf Seeleute

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Richtlinie (EU) 2015/1794).


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/200


P8_TA(2015)0260

Wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit mit der Schweiz: „Horizont 2020“ und ITER-Tätigkeiten ***

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Abkommens für wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft an das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ und das Programm der Europäischen Atomgemeinschaft für Forschung und Ausbildung in Ergänzung von „Horizont 2020“ sowie zur Beteiligung der Schweizerischen Eidgenossenschaft an den ITER-Tätigkeiten von „Fusion for Energy“ (05662/2015 — C8-0056/2015 — 2014/0304(NLE))

(Zustimmung)

(2017/C 265/38)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates (05662/2015),

unter Hinweis auf den Entwurf des Abkommens für wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft an das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ und das Programm der Europäischen Atomgemeinschaft für Forschung und Ausbildung in Ergänzung von „Horizont 2020“ sowie zur Beteiligung der Schweizerischen Eidgenossenschaft an den ITER-Tätigkeiten von „Fusion for Energy“ (15369/2014),

unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 186, Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a, Artikel 218 Absatz 7 und Artikel 218 Absatz 8 Unterabsatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C8-0056/2015),

gestützt auf Artikel 99 Absatz 1 Unterabsätze 1 und 3, Artikel 99 Absatz 2, Artikel 108 Absatz 7 und Artikel 50 Absatz 1 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Empfehlung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (A8-0181/2015),

1.

gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu übermitteln.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/201


P8_TA(2015)0261

Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten *

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (COM(2015)0098 — C8-0075/2015 — 2015/0051(NLE))

(Anhörung)

(2017/C 265/39)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an den Rat (COM(2015)0098),

gestützt auf Artikel 148 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, gemäß dem es vom Rat angehört wurde (C8-0075/2015),

gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (A8-0205/2015),

1.

billigt den Vorschlag der Kommission in der geänderten Fassung;

2.

fordert die Kommission auf, ihren Vorschlag gemäß Artikel 293 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union entsprechend zu ändern;

3.

fordert den Rat auf, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen;

4.

fordert den Rat auf, es erneut anzuhören, falls er beabsichtigt, den Vorschlag der Kommission entscheidend zu ändern;

5.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

Abänderung 1

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(1)

Die Mitgliedstaaten und die Union sollten auf die Entwicklung einer koordinierten Beschäftigungsstrategie und insbesondere auf die Förderung der Qualifizierung, Ausbildung und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer sowie der Fähigkeit der Arbeitsmärkte hinarbeiten, auf die Erfordernisse des wirtschaftlichen Wandels zu reagieren, um die Vollbeschäftigung und den sozialen Fortschritt gemäß Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union zu erreichen. Die Mitgliedstaaten betrachten die Förderung der Beschäftigung als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse und stimmen ihre diesbezüglichen Tätigkeiten im Rat aufeinander ab, wobei die einzelstaatlichen Gepflogenheiten in Bezug auf die Verantwortung der Sozialpartner berücksichtigt werden.

(1)

Die Mitgliedstaaten und die Union sollten auf die Entwicklung einer wirksamen und koordinierten Beschäftigungsstrategie , die geeignet ist, den schwerwiegenden Auswirkungen der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken, und insbesondere auf die Förderung der Qualifizierung, Ausbildung und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer sowie der Fähigkeit der Arbeitsmärkte hinarbeiten, auf die Erfordernisse des wirtschaftlichen , sozialen und ökologischen Wandels zu reagieren, insbesondere durch eine gezielte Ausbildungsförderung in den Bereichen Naturwissenschaften, Technik, Ingenieurwesen und Mathematik und durch eine Anpassung der Bildungssysteme, um die Vollbeschäftigung und den sozialen Fortschritt gemäß Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union zu erreichen. Besondere Anstrengungen sollten darauf gerichtet werden, die Beschäftigungsquote von Arbeitnehmern mit sehr geringer Schulbildung oder sehr niedrigen Qualifikationen sowie von Personen, die nicht in der Lage sind, schnell eine Ausbildung zu absolvieren oder rasch eine Qualifikation zu erwerben, zu erhöhen und die Arbeitslosigkeit, die immer weiter zunimmt und immer länger andauert, zu senken, insbesondere in zurückgebliebenen Gebieten. Die Mitgliedstaaten betrachten die Förderung der Beschäftigung als eine Priorität und als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse und stimmen ihre diesbezüglichen Tätigkeiten im Rat aufeinander ab, wobei die einzelstaatlichen Gepflogenheiten in Bezug auf die Zuständigkeit der Sozialpartner berücksichtigt werden. Die Union sollte diese Bemühungen mit Vorschlägen für Strategien zur Erreichung der Ziele des Vertrags unterstützen und für einen inklusiven und integrierten Arbeitsmarkt sowie für menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der gesamten Union Sorge tragen, einschließlich angemessener Löhne, die auch im Wege von Kollektivverhandlungen erzielt werden.

Abänderung 2

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 1 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(1a)

Schätzungen von Eurostat zufolge waren im Januar 2015 23 815 000 Personen in der Union arbeitslos, 18 059 000 davon im Euro-Währungsgebiet.

Abänderung 3

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 1 b (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(1b)

Es ist nunmehr von grundlegender Bedeutung, verlässliche Indikatoren für die Armut festzulegen, in der zahlreiche Unionsbürger leben, unter Berücksichtigung der älteren Zahlen im Beschluss des Rates 2010/707/EU  (1bis) , in dem ermittelt wurde, dass mindestens 20 Mio. Menschen vor dem Risiko der Armut und der Ausgrenzung bewahrt werden müssen.

Abänderung 4

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(2)

Die Union hat die Pflicht, soziale Ausgrenzung und Diskriminierung bekämpfen, gleichberechtigten Zugang zu Grundrechten gewährleisten sowie soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz fördern. Bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen sollte die Union die Anforderungen in Bezug auf die Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und ein hohes Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung berücksichtigen.

(2)

Die Union hat die Pflicht, soziale Ausgrenzung , alle Formen der Armut und Diskriminierung zu bekämpfen, gleichberechtigten Zugang zu Grundrechten zu gewährleisten sowie soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz zu fördern. Dieses übergeordnete Ziel sollte nicht durch Nebenwirkungen anderer Rechtsvorschriften oder Strategien gefährdet werden. Bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen sollte die Union die Anforderungen in Bezug auf die Wahrung eines angemessenen sozialen Schutzes, die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und ein hohes Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung berücksichtigen.

Abänderung 6

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 4

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(4)

Die Mitgliedstaaten sollten ihre Wirtschaftspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse betrachten und sie im Rat koordinieren. Die beschäftigungspolitischen Leitlinien und die Grundzüge der Wirtschaftspolitik sollten vom Rat angenommen werden, damit sie den Mitgliedstaaten und der Union als Leitfaden für die einschlägigen Maßnahmen dienen können.

(4)

Die Mitgliedstaaten sollten ihre Wirtschafts- und Sozialpolitik als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse betrachten und sie im Rat koordinieren. Die beschäftigungspolitischen Leitlinien und die Grundzüge der Wirtschaftspolitik sollten vom Rat angenommen werden, damit sie den Mitgliedstaaten und der Union als Leitfaden für die einschlägigen Maßnahmen dienen können.

Abänderung 7

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 4 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(4a)

Um für ein demokratischeres Beschlussfassungsverfahren über die integrierten Leitlinien Sorge zu tragen, die sich auf die Bürgerinnen und Bürger und die Arbeitsmärkte der gesamten Union auswirken, ist es wichtig, dass sowohl über die beschäftigungspolitischen Leitlinien als auch über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik vom Rat und vom Europäischem Parlament, entschieden wird. Die integrierten Leitlinien müssen den Mitgliedstaaten ermöglichen, auf der Ebene der Union, der Mitgliedstaaten und der Regionen vorrangig nachhaltige und integrierte Wirtschaftsmodelle anzunehmen.

Abänderung 8

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 5

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(5)

Im Einklang mit den Vertragsbestimmungen hat die Union fiskalpolitische und makrostrukturelle Koordinierungsinstrumente entwickelt und eingeführt. Im Europäischen Semester werden die verschiedenen Instrumente in einem übergreifenden Rahmen für integrierte multilaterale wirtschaftliche und haushaltspolitische Überwachung zusammengeführt. Die im Jahreswachstumsbericht 2015 der Kommission vorgesehene Straffung und Stärkung des Europäischen Semesters wird seine Funktionsweise weiter verbessern.

(5)

Im Einklang mit dem Vertrag hat die Union fiskalpolitische und makrostrukturelle Koordinierungsinstrumente entwickelt und eingeführt , die sich deutlich auf die soziale und beschäftigungspolitische Lage in der Union auswirken . Diese politischen Maßnahmen können in einigen Teilen der Union zu Stagnations- und Deflationstendenzen führen, durch die Wachstum und Beschäftigung gehemmt werden könnten. In diesem Zusammenhang müssen unbedingt die neuen sozialen Indikatoren sowie die asymmetrischen Schocks berücksichtigt werden, die die Finanz- und Wirtschaftskrise in bestimmten Mitgliedstaaten ausgelöst hat. Im Europäischen Semester , das besser auf das Erreichen der Ziele der Strategie Europa 2020 ausgerichtet werden sollte, werden die verschiedenen Instrumente in einem übergreifenden Rahmen für die integrierte multilaterale Überwachung der Wirtschafts-, Haushalts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik zusammengeführt. Die im Jahreswachstumsbericht 2015 der Kommission vorgesehene Straffung und Stärkung des Europäischen Semesters kann dessen Funktionsweise weiter verbessern , jedoch hat dieses Instrument noch nicht zu einer Verbesserung der Wirtschaftslage in den Mitgliedstaaten geführt, die am stärksten von der Krise betroffen waren .

Abänderung 9

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 5 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(5a)

Laut Angaben der Beobachtungsstelle zur Europäischen Sozialpolitik gibt es bereits in 26 Mitgliedstaaten der Union Formen der Einkommensstützung und des sozialen Schutzes (1bis). Marianne Thyssen, für Beschäftigung, Soziales, Qualifikationen und Arbeitskräftemobilität zuständiges Kommissionsmitglied, hat erklärt, dass es, wenn sie über die Politik sämtlicher EU-Mitgliedstaaten entscheiden könnte, in allen Ländern der EU ein Mindesteinkommen geben würde.

Abänderung 10

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 5 b (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(5b)

Für die Schaffung eines Regulierungsrahmens für einen unionsweiten Mindestlohn fehlt die Regulierungsbefugnis auf der Ebene der Union.

Abänderung 47

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 6

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(6)

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat erhebliche Schwächen in der Wirtschaft der Union und ihrer Mitgliedstaaten aufgezeigt. Außerdem hat sie deutlich gemacht, wie eng die Volkswirtschaften und Arbeitsmärkte der Mitgliedstaaten miteinander verflochten sind. Die wesentliche Herausforderung besteht heute darin, in der Union für ein starkes, nachhaltiges und inklusives Wachstum zu sorgen und Arbeitsplätze zu schaffen. Dies erfordert abgestimmte und ehrgeizige politische Maßnahmen auf Unions- und nationaler Ebene im Einklang mit den Bestimmungen des Vertrags und der wirtschaftspolitischen Steuerung der Union. Die Maßnahmen sollten eine Ankurbelung der Investitionen sowie eine erneuerte Verpflichtung zu Strukturreformen und zur haushaltspolitischen Verantwortung bewirken , wobei Angebots- und Nachfrageseite berücksichtigt werden.

(6)

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat gravierende Schwächen in den Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten und bei den Koordinierungsmechanismen der Union aufgezeigt. Außerdem hat sie deutlich gemacht, wie eng die Volkswirtschaften und Arbeitsmärkte der Mitgliedstaaten miteinander verflochten sind. Die wesentliche Herausforderung besteht heute darin, in der Union für ein starkes, nachhaltiges und inklusives Wachstum zu sorgen und Arbeitsplätze zu schaffen , wofür es notwendig ist, gegen die sehr hohe Arbeitslosigkeit vorzugehen, die in bestimmten Gebieten der Union herrscht . Dies erfordert konsequente, abgestimmte und ehrgeizige , vor allem aber wirksame politische Maßnahmen auf Unions- und nationaler Ebene im Einklang mit den Bestimmungen des Vertrags und der wirtschaftspolitischen Steuerung der Union. Die Maßnahmen sollten eine Ankurbelung der Investitionen bewirken, insbesondere solcher, die auf die Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen, Kleinstunternehmen, innovativer Start-up-Unternehmen und Unternehmen ausgerichtet sind, die umweltgerechte Beschäftigung fördern, sowie eine erneuerte Verpflichtung zu Strukturreformen und zur haushaltspolitischen Verantwortung, wobei Angebots- und Nachfrageseite berücksichtigt werden. Die Maßnahmen sollten außerdem die Schaffung eines stärker integrativen, auf Rechten basierenden Arbeitsmarkts abzielen, flankiert durch einen angemessenen Sozialschutz. Sie sollten ferner Maßnahmen des sozialen Schutzes wie einen garantierten Mindestlohn umfassen, der im Einklang mit den nationalen Praktiken eingeführt werden muss, um die absolute Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen.

Abänderung 12

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 7

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(7)

Die Mitgliedstaaten und die Union sollten sich auch mit den sozialen Auswirkungen der Krise auseinandersetzen und sich um eine von Zusammenhalt geprägte Gesellschaft bemühen, in der die Menschen dazu befähigt werden, Veränderungen zu antizipieren und zu bewältigen, und aktiv am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilnehmen können. Zugangsmöglichkeiten und Chancen sollten für alle sichergestellt und Armut und soziale Ausgrenzung abgebaut werden, insbesondere durch die Gewährleistung gut funktionierender Arbeitsmärkte und Sozialsysteme und die Beseitigung von Hindernissen für die Teilnahme am Arbeitsmarkt. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Vorteile des Wirtschaftswachstums allen Bürgerinnen und Bürgern und allen Regionen zugutekommen.

(7)

Die Mitgliedstaaten und die Union sollten sich auch mit den sozialen Auswirkungen der Krise auseinandersetzen , indem sie zuverlässigere Daten über die absolute Armut liefern, und sich um eine integrative und gerechtere Gesellschaft bemühen, in der die Menschen dazu befähigt werden, Veränderungen zu antizipieren und zu bewältigen, und aktiv am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilnehmen können. Zugangsmöglichkeiten und Chancen sollten für alle diskriminierungsfrei sichergestellt und Armut und soziale Ausgrenzung erheblich abgebaut werden, insbesondere durch die Gewährleistung gut funktionierender Arbeitsmärkte und angemessener Sozialsysteme und die Beseitigung von unnötigen Verwaltungshindernissen sowie von Hindernissen für die Teilnahme am Arbeitsmarkt , insbesondere derjenigen Hindernisse, von denen Menschen mit Behinderungen betroffen sind . Außerdem sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Vorteile des Wirtschaftswachstums allen Bürgerinnen und Bürgern und allen regionalen und lokalen Stellen zugutekommen. In diesem Zusammenhang ist der im gemeinsamen Beschäftigungsbericht enthaltene Fortschrittsanzeiger für wichtige beschäftigungs- und sozialpolitische Indikatoren ein besonders nützliches Instrument, das dazu beitragen kann, dass größere Probleme und Unterschiede im Bereich Beschäftigung und Soziales zeitnah aufgezeigt und diejenigen Bereiche ermittelt werden, in denen Maßnahmen am dringendsten erforderlich sind. Künftige Ausgaben des Fortschrittsanzeigers sollten jedoch auch nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Daten enthalten.

Abänderung 13

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 7 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(7a)

Der Europäische Rechnungshof hat drei kritische Aspekte für die Umsetzung der Jugendgarantie erkannt: die Angemessenheit der Gesamtmittelausstattung, die Definition eines „qualitativ hochwertigen Angebots“ und die Art der Überwachung und der Berichterstattung über die Ergebnisse dieser Herangehensweise.

Abänderung 14

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 7 b (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(7b)

Im Beschluss Nr. 2010/707/EU  (1bis) des Rates sind folgende Ziele aufgelistet: die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung der 20- bis 64-jährigen Frauen und Männer auf 75 % bis zum Jahr 2020; die Senkung der Schulabbrecherquote auf unter 10 %; die Erhöhung des Anteils der 30- bis 34-Jährigen, die über einen Hochschul- oder einen gleichwertigen Abschluss verfügen, auf mindestens 40 %; die Förderung der sozialen Eingliederung, insbesondere durch die Verringerung von Armut, wobei angestrebt wird, mindestens 20 Mio. Menschen vor dem Risiko der Armut und der Ausgrenzung zu bewahren. Die Umsetzung der Strategie Europa 2020 im beschäftigungspolitischen und sozialen Bereich bleibt ein zentrales Ziel der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten.

Abänderung 15

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 8

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(8)

Maßnahmen im Einklang mit den Leitlinien stellen einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele der Strategie Europa 2020 dar. Die Leitlinien bilden ein integriertes Bündel europäischer und nationaler Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten und die Union umsetzen sollten, um die positiven Spillover-Effekte koordinierter Strukturreformen , einen angemessenen gesamtwirtschaftlichen Policy-Mix und einen kohärenteren Beitrag der europäischen Politik zu den Zielen der Strategie Europa 2020 zu erreichen.

(8)

Maßnahmen im Einklang mit den Leitlinien stellen einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele der Strategie Europa 2020 dar , die bisher noch nicht erreicht wurden . Das Ergebnis der im Jahr 2014 durchgeführten öffentlichen Konsultation zur Strategie Europa 2020 hat deutlich gezeigt, dass die Zielsetzungen der Strategie in den Bereichen Beschäftigung, Armut, soziale Ausgrenzung und Bildung nach wie vor von hoher Relevanz und gleichermaßen wichtig sind, voneinander abhängen und einander gegenseitig verstärken. Die Leitlinien bilden ein integriertes Bündel europäischer und nationaler Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten und die Union umsetzen sollten, um die positiven Spillover-Effekte koordinierter Reformen zur Verringerung der Ungleichheiten und zur Steigerung des Wohlergehens der Bürgerinnen und Bürger , einen angemessenen gesamtwirtschaftlichen Policy-Mix und einen kohärenteren Beitrag der europäischen Politik zu den Zielen der Strategie Europa 2020 zu erreichen.

Abänderung 16

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 9

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(9)

Auch wenn sich diese Leitlinien an die Mitgliedstaaten und die Union richten, sollten sie in Partnerschaft mit allen nationalen, regionalen und lokalen Behörden und in enger Zusammenarbeit mit den Parlamenten sowie den Sozialpartnern und den Vertretern der Zivilgesellschaft umgesetzt werden.

(9)

Bei der Ausarbeitung und Umsetzung nationaler Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten für eine wirksame Steuerung sorgen. Auch wenn sich diese Leitlinien an die Mitgliedstaaten und die Union richten, sollten sie in Partnerschaft mit allen nationalen, regionalen und lokalen Behörden und Parlamenten sowie den Sozialpartnern und den Vertretern der Zivilgesellschaft umgesetzt , überwacht und bewertet werden.

Abänderung 17

Vorschlag für einen Beschluss

Erwägung 10

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(10)

Die Grundzüge der Wirtschaftspolitik geben den Mitgliedstaaten Orientierung für die Durchführung von Reformen und spiegeln die gegenseitige Abhängigkeit wider. Sie stehen im Einklang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt. Die Leitlinien sollten die Grundlage für die länderspezifischen Empfehlungen bilden, die der Rat gegebenenfalls an die Mitgliedstaaten richtet –

(10)

Die Grundzüge der Wirtschaftspolitik und die beschäftigungspolitischen Leitlinien geben den Mitgliedstaaten Orientierung für die Durchführung von Reformen und sollten die Grundlage für die länderspezifischen Empfehlungen bilden, die der Rat gegebenenfalls an die Mitgliedstaaten richtet. Angesichts der starken gegenseitigen Abhängigkeit der Volkswirtschaften und Arbeitsmärkte der Mitgliedstaaten sollte der Rat bei der Annahme länderspezifischer Empfehlungen die Lage in den Nachbarländern sowie in den Ländern, zu denen der betreffende Mitgliedstaat aufgrund der Entwicklung der Arbeitnehmermigration oder anderer relevanter Indikatoren eindeutige Verbindungen hat, berücksichtigen. In diesem Zusammenhang sollte die Kommission für den Fall, dass die länderspezifischen Empfehlungen angepasst werden müssen, über genaue und aktualisierte Statistiken und Daten verfügen.

Abänderung 18

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 5 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Mitgliedstaaten sollten die Schaffung von Arbeitsplätzen erleichtern , Anstellungshindernisse für Unternehmen verringern, Unternehmertum fördern und insbesondere die Gründung und das Wachstum kleiner Unternehmen unterstützen, um die Beschäftigungsquote von Frauen und Männern zu erhöhen. Zudem sollten die Mitgliedstaaten aktiv die Sozialwirtschaft und soziale Innovation fördern.

Die Mitgliedstaaten sollten in Zusammenarbeit mit den regionalen und lokalen Behörden das äußerst schwerwiegende Problem der Arbeitslosigkeit wirksam und rechtzeitig angehen, die Schaffung nachhaltiger und hochwertiger Arbeitsplätze erleichtern und entsprechende Investitionen tätigen, die Frage des Zugangs für Risikogruppen aufgreifen und Hindernisse für die Einstellung von Menschen aller Qualifikationsniveaus in allen Arbeitsmarktbereichen verringern, auch durch den Abbau von Bürokratie und unter Einhaltung der Arbeits- und Sozialstandards, Unternehmertum unter Jugendlichen fördern und insbesondere die Gründung und das Wachstum kleinster, kleiner und mittlerer Unternehmen unterstützen, um die Beschäftigungsquote von Frauen und Männern zu erhöhen. Die Mitgliedstaaten sollten unter anderem umweltgerechte Arbeitsplätze, Arbeitsplätze im Gesundheits- und Sozialwesen, Arbeitsplätze im maritimen Bereich, die Sozialwirtschaft und soziale Innovation aktiv fördern.

Abänderung 19

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 5 — Absatz 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Steuerlast sollte vom Faktor Arbeit auf andere Quellen verlagert werden, wo die Auswirkungen auf Beschäftigung und Wachstum weniger schädlich sind; gleichzeitig sollten Steuereinnahmen für einen angemessenen sozialen Schutz und wachstumsfördernde Ausgaben sichergestellt werden. Die Reduzierung der Besteuerung des Faktors Arbeit sollte auf relevante Komponenten der steuerlichen Belastung abstellen sowie auf den Abbau von Hindernissen und Negativanreizen für die Erwerbsbeteiligung, vor allem für diejenigen, die am weitesten vom Arbeitsmarkt entfernt sind.

Die Steuerlast sollte vom Faktor Arbeit auf andere Quellen verlagert werden, wo die Auswirkungen auf Beschäftigung und Wachstum weniger schädlich sind; gleichzeitig sollten Steuereinnahmen für einen angemessenen sozialen Schutz und für Ausgaben im Zusammenhang mit öffentlichen Investitionen, Innovation und der Schaffung von Arbeitsplätzen sichergestellt werden. Die Reduzierung der Besteuerung des Faktors Arbeit sollte auf relevante Komponenten der steuerlichen Belastung abstellen sowie auf die Bekämpfung von Diskriminierung und den Abbau von Hindernissen und Negativanreizen für die Erwerbsbeteiligung, vor allem für Menschen mit Behinderungen und diejenigen, die am weitesten vom Arbeitsmarkt entfernt sind , wobei die bestehenden Arbeitsnormen einzuhalten sind .

Abänderung 20

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 5 — Absatz 3

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Mitgliedstaaten sollten zusammen mit den Sozialpartnern Lohnfestsetzungsmechanismen fördern, die die Anpassung der Löhne an die Produktivitätsentwicklungen ermöglichen. In diesem Zusammenhang sollten Unterschiede bei den Qualifikationsniveaus und den lokalen Arbeitsmarktbedingungen sowie bei der Wirtschaftsleistung der verschiedenen Regionen, Sektoren und Unternehmen berücksichtigt werden. Bei der Festlegung von Mindestlöhnen sollten die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner die Auswirkungen auf die Armut trotz Erwerbstätigkeit, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Wettbewerbsfähigkeit in Erwägung ziehen.

Maßnahmen, mit denen für Löhne zur Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts gesorgt wird, sind nach wie vor wichtig, und zwar sowohl für die Schaffung von Arbeitsplätzen als auch für die Verringerung der Armut in der Union. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb zusammen mit den Sozialpartnern Lohnfestsetzungsmechanismen respektieren und fördern, die die Anpassung der Reallöhne an die Produktivitätsentwicklungen ermöglichen und dazu beitragen, die in der Vergangenheit aufgetretenen Unterschiede auszugleichen, ohne den Deflationsdruck weiter zu erhöhen . Diese Mechanismen sollten gewährleisten, dass stets ausreichende Ressourcen verfügbar sind, um die grundlegenden Bedürfnisse zu erfüllen, wobei den spezifischen Armutsindikatoren der einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen ist. In diesem Zusammenhang sollten Unterschiede bei den Qualifikationsniveaus und den lokalen Arbeitsmarktbedingungen in geeigneter Weise bewertet werden , um für angemessene, existenzsichernde Löhne in der gesamten Union Sorge tragen zu können . Bei der Festlegung von Mindestlöhnen im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und Praktiken sollten die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner die Angemessenheit dieser Mindestlöhne sicherstellen und ihre Auswirkungen auf die Armut trotz Erwerbstätigkeit, das Haushaltseinkommen, die Gesamtnachfrage, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Wettbewerbsfähigkeit in Erwägung ziehen.

Abänderung 21

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 5 — Absatz 3 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Die Mitgliedstaaten sollten Bürokratie abbauen, um kleine und mittlere Unternehmen zu entlasten, da diese erheblich zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

Abänderung 22

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 6 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Mitgliedstaaten sollten Produktivität und Beschäftigungsfähigkeit durch ein angemessenes Angebot einschlägiger Kenntnisse und Qualifikationen fördern. Die Mitgliedstaaten sollten die notwendigen Investitionen in die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung tätigen und dabei deren Effektivität und Effizienz verbessern, um das Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte zu erhöhen und sie zu befähigen, die sich rasch wandelnden Erfordernisse der dynamischen Arbeitsmärkte in einer zunehmend digitalen Wirtschaft zu antizipieren und sich daran anzupassen. Die Mitgliedstaaten sollten ihre Bemühungen verstärken, den Zugang zu einer hochwertigen Erwachsenenbildung für alle zu verbessern, und Strategien für aktives Altern und ein längeres Arbeitsleben umsetzen.

Die Mitgliedstaaten sollten eine nachhaltige Produktivität und eine Beschäftigungsfähigkeit in hochwertigen Arbeitsplätzen durch ein angemessenes Angebot einschlägiger Kenntnisse und Qualifikationen fördern , die allen zur Verfügung gestellt und zugänglich gemacht werden . Besonderes Augenmerk sollte dabei auf das Gesundheitswesen, Sozialdienstleistungen und Verkehrsdienstleistungen gelegt werden, da diese Bereiche unter Personalmangel leiden oder mittelfristig leiden werden. Die Mitgliedstaaten sollten wirksame Investitionen in hochwertige und inklusive Bildung ab dem frühen Kindesalter und in die Berufsbildungssysteme tätigen und dabei deren Effektivität und Effizienz verbessern, um die Kenntnisse der Arbeitskräfte auszubauen und ihr Qualifikationsniveau und die Diversität der Qualifikationen zu erhöhen und die Arbeitskräfte somit zu befähigen, die sich rasch wandelnden Erfordernisse der dynamischen Arbeitsmärkte in einer zunehmend digitalen Wirtschaft und der Gesellschaft als Ganzes zu antizipieren und sich daran anzupassen. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass soziale Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit in zahlreichen Berufen an Bedeutung gewinnen.

Abänderung 23

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 6 — Absatz 1 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Die Mitgliedstaaten sollten den Unternehmergeist bei jungen Menschen fördern, unter anderem indem sie an Sekundarschulen fakultative Kurse über Unternehmensführung anbieten und die Gründung von Schülerunternehmen fördern. Die Mitgliedstaaten sollten in Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Behörden ihre Bemühungen verstärken, frühzeitige Schulabbrüche junger Menschen zu verhindern, den Übergang von Bildung und Ausbildung ins Berufsleben reibungsloser zu gestalten, den Zugang zu einer hochwertigen Erwachsenenbildung für alle zu verbessern und diesbezügliche Hindernisse abzubauen, unter besonderer Berücksichtigung von Hochrisikogruppen und ihren Bedürfnissen, indem die Qualifikationen dort aktualisiert werden, wo der Verlust des Arbeitsplatzes und die Änderungen auf dem Arbeitsmarkt eine aktive Wiedereingliederung ins Arbeitsleben erforderlich machen. Gleichzeitig sollten die Mitgliedstaaten Strategien für aktives Altern umsetzen, um eine gesunde Berufstätigkeit bis zum Erreichen des tatsächlichen Renteneintrittsalters zu ermöglichen.

Abänderung 24

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 6 — Absatz 1 b (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Die Mitgliedstaaten sollten dafür Sorge tragen, dass das von einem sich ständig ändernden Arbeitsmarkt benötigte Qualifikationsniveau erreicht wird, und neben Programmen für die Erwachsenenbildung die allgemeine und berufliche Bildung fördern, wobei sie jedoch berücksichtigen sollten, dass auch Arbeitsplätze für Geringqualifizierte benötigt werden und dass die Beschäftigungsperspektiven für Hochqualifizierte besser sind als für mittelmäßig und gering Qualifizierte.

Abänderung 25

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 6 — Absatz 1 c (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Der Zugang zu erschwinglichen, hochwertigen Angeboten der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung sollte, gekoppelt mit Familienunterstützung und Erziehungshilfe sowie mit Maßnahmen, die Eltern die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben erleichtern, eine Priorität umfassender Strategien und Investitionen sein und einen Beitrag dazu leisten, den Schulabgang ohne Abschluss zu verhindern und die Chancen junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.

Abänderung 26

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 6 — Absatz 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die hohe Arbeitslosigkeit muss bekämpft und Langzeitarbeitslosigkeit verhindert werden . Die Zahl der Langzeitarbeitslosen sollte durch umfassende und sich gegenseitig verstärkende Strategien deutlich gesenkt werden, darunter Maßnahmen zur spezifischen aktiven Unterstützung Langzeitarbeitsloser bei der Rückkehr in den Arbeitsmarkt . Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit erfordert einen umfassenden Ansatz – dazu gehört die Ausstattung der einschlägigen Einrichtungen mit den notwendigen Mitteln, damit sie ihre nationalen Pläne zur Umsetzung der Jugendgarantie vollständig und konsequent durchführen können.

Das Problem der Arbeitslosigkeit , insbesondere der Langzeitarbeitslosigkeit und hoher Arbeitslosigkeit in bestimmten Regionen, sollte umgehend wirksam gelöst sowie präventiv durch Kombination von angebots- und nachfrageorientierten Maßnahmen angegangen werden . Die Zahl der Langzeitarbeitslosen und das Problem des Missverhältnisses zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage sowie des Veraltens von Qualifikationen sollte durch umfassende und sich gegenseitig verstärkende Strategien angegangen werden, darunter Maßnahmen zur personalisierten und bedürfnisorientierten aktiven Unterstützung Langzeitarbeitsloser und angemessene Formen des sozialen Schutzes von Langzeitarbeitslosen, um sie auf bewusste und verantwortungsvolle Weise wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern . Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit erfordert einen umfassenden Ansatz in Form einer Gesamtstrategie für Jugendbeschäftigung. Dazu gehören Investitionen in Sektoren, in denen hochwertige Arbeitsplätze für junge Menschen geschaffen werden können, und die Ausstattung der einschlägigen Akteure wie Jugendfördereinrichtungen, Träger der allgemeinen und beruflichen Bildung, Jugendorganisationen und öffentliche Arbeitsverwaltungen mit den notwendigen Mitteln, damit sie ihre nationalen Pläne zur Umsetzung der Jugendgarantie vollständig und konsequent durchführen können , aber auch der zügige Abruf vorhandener Mittel durch die Mitgliedstaaten . Der Zugang zu Finanzmitteln für diejenigen, die ein Unternehmen gründen wollen, sollte durch eine bessere Verfügbarkeit von Informationen, den Abbau übermäßigen bürokratischen Aufwands und die Möglichkeit vereinfacht werden, das Arbeitslosengeld mehrerer Monate nach Vorlage eines Geschäftsplans und in Übereinstimmung mit nationalen Rechtsvorschriften in einen vorab ausgezahlten Zuschuss zur Unternehmensgründung umzuwandeln.

Abänderung 27

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 6 — Absatz 2 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Die Mitgliedstaaten sollten lokale und regionale Unterschiede bei der Ausarbeitung und Ausführung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen und mit lokalen Arbeitsvermittlungsstellen zusammenarbeiten.

Abänderung 28

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 6 — Absatz 3

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Strukturelle Schwächen in der allgemeinen und beruflichen Bildung sollten angegangen werden, um hochwertige Lernergebnisse sicherzustellen und den frühzeitigen Schulabgang zu verhindern bzw. dagegen vorzugehen. Die Mitgliedstaaten sollten den Bildungsstand anheben und die Einrichtung von Systemen des dualen Lernens sowie eine Aufwertung der beruflichen Bildung erwägen; gleichzeitig sollten mehr Möglichkeiten für die Anerkennung von Fähigkeiten vorgesehen werden , die außerhalb des formalen Bildungssystems erlangt wurden .

Strukturelle Schwächen in der allgemeinen und beruflichen Bildung sollten angegangen werden, um hochwertige Lernergebnisse sicherzustellen und den frühzeitigen Schulabgang zu verhindern bzw. dagegen vorzugehen , und um eine umfassende hochwertige Bildung ab den untersten Bildungsniveaus zu fördern . Dies erfordert flexible Bildungssysteme, die praxisorientiert sind. In Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Behörden sollten die Mitgliedstaaten den Bildungsstand in qualitativer Hinsicht anheben , indem sie allen den Zugang zu Bildung ermöglichen, und Systeme des dualen Lernens einrichten und verbessern , die an ihre Bedürfnisse angepasst sind, indem sie die berufliche Bildung und bestehende Rahmen wie Europass aufwerten, sowie gegebenenfalls für eine angemessene Aktualisierung der Qualifikationen sorgen und sicherstellen, dass auch außerhalb des formalen Bildungssystems erworbene Qualifikationen anerkannt werden . Die Verbindungen zwischen den Bildungssystemen und dem Arbeitsmarkt sollten verstärkt werden und es sollte gleichzeitig sichergestellt werden, dass die Ausbildung ausreichend breit angelegt ist, so dass die Menschen über eine solide Grundlage für lebenslange Beschäftigungsfähigkeit verfügen.

Abänderung 29

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 6 — Absatz 3 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Die Mitgliedstaaten sollten ihre Ausbildungssysteme besser auf den Arbeitsmarkt abstimmen, um den Übergang zwischen Ausbildung und Arbeitswelt zu erleichtern. Vor allem im Zusammenhang mit der Digitalisierung sowie im Hinblick auf neue Technologien sind grüne Arbeitsplätze und das Gesundheitswesen von wesentlicher Bedeutung.

Abänderung 30

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 6 — Absatz 4

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Hindernisse für eine Teilhabe am Arbeitsmarkt sollten abgebaut werden, insbesondere für Frauen, ältere Arbeitnehmer, junge Menschen, Menschen mit Behinderung und legale Migranten. Die Gleichstellung der Geschlechter, einschließlich gleicher Entlohnung, muss auf dem Arbeitsmarkt genauso sichergestellt werden wie der Zugang zu erschwinglichen, hochwertigen Angeboten der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung.

Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt sowie beim Zugang zum Arbeitsmarkt muss weiter abgebaut werden, insbesondere im Hinblick auf Gruppen, die mit Diskriminierung oder Ausgrenzung konfrontiert sind, wie Frauen, ältere Arbeitnehmer, junge Menschen, Menschen mit Behinderung und legale Migranten. Die Gleichstellung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt , einschließlich gleicher Entlohnung, muss genauso sichergestellt werden wie der Zugang zu erschwinglichen, hochwertigen Angeboten der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung und ein Maß an Flexibilität, das zur Verhinderung der Ausgrenzung von Menschen, die aufgrund familiärer Verpflichtungen ihre Berufslaufbahn unterbrochen haben — wie beispielsweise pflegende Familienangehörige –, erforderlich ist . In diesem Sinne sollten die Mitgliedstaaten ihre Blockade der Richtlinie über Frauen in Aufsichtsräten aufgeben.

Abänderung 31

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 6 — Absatz 4 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten berücksichtigen, dass die Quote der jungen Menschen, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden (NEET), bei Frauen höher liegt als bei Männern, und dass das NEET-Phänomen in erster Linie auf einen Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit zurückzuführen ist, aber auch auf eine Inaktivität, die nicht dadurch bedingt ist, dass sich die Betroffenen in einer schulischen oder beruflichen Ausbildung befinden.

Abänderung 32

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 6 — Absatz 5

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Mitgliedstaaten sollten die Unterstützung aus dem Europäischen Sozialfonds und anderen Unionsfonds im Hinblick auf eine Verbesserung der Beschäftigung, der sozialen Inklusion, der Bildung und der öffentlichen Verwaltung intensiv nutzen.

Die Mitgliedstaaten sollten die Unterstützung aus dem Europäischen Sozialfonds und anderen Unionsfonds im Hinblick auf die Bekämpfung von Armut und die Förderung hochwertiger Beschäftigung, der sozialen Inklusion, der Bildung, der öffentlichen Verwaltung und der öffentlichen Dienstleistungen intensiv , effektiv und effizient nutzen. Der Europäische Fonds für strategische Investitionen und seine Investitionsplattformen sollten ebenfalls genutzt werden, um zu gewährleisten, dass hochwertige Arbeitsplätze geschaffen und Arbeitnehmern die für den Übergang der Union zu einem nachhaltigen Wachstumsmodell erforderlichen Qualifikationen vermittelt werden.

Abänderung 33

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 7 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Mitgliedstaaten sollten die Segmentierung des Arbeitsmarktes verringern. Vorschriften und Einrichtungen, die sich mit dem Beschäftigungsschutz befassen, sollten ein geeignetes Umfeld für die Rekrutierung neuer Arbeitskräfte schaffen und gleichzeitig ein angemessenes Schutzniveau für Arbeitnehmer und Arbeitssuchende sowie Beschäftigte mit befristeten Verträgen oder Verträgen über selbstständige Dienstleistungen sicherstellen. Es sollten Arbeitsplätze von hoher Qualität in puncto sozioökonomischer Sicherheit, Bildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten , Arbeitsbedingungen (auch hinsichtlich Gesundheit und Sicherheit) und Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben gewährleistet werden .

Die Mitgliedstaaten sollten die Segmentierung des Arbeitsmarktes verringern , indem sie prekären Beschäftigungsverhältnissen, Unterbeschäftigung, nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit und Null-Stunden-Verträgen entgegenwirken . Vorschriften und Einrichtungen, die sich mit dem Beschäftigungsschutz befassen, sollten ein geeignetes Umfeld für die Rekrutierung neuer Arbeitskräfte schaffen und gleichzeitig ein angemessenes Schutzniveau für Arbeitnehmer und Arbeitssuchende sowie Beschäftigte mit befristeten Verträgen , Teilzeitverträgen, atypischen Verträgen oder Verträgen über selbstständige Dienstleistungen sicherstellen , wobei die Sozialpartner aktiv einbezogen und Tarifverhandlungen gefördert werden sollten . Für alle Arbeitnehmer sollten Arbeitsplätze von hoher Qualität in puncto sozioökonomischer Sicherheit, zeitlicher Perspektive , angemessener Entlohnung, Rechte am Arbeitsplatz, menschenwürdiger Arbeitsbedingungen (auch im Hinblick auf Gesundheit und Sicherheit) , Sozialversicherungsschutz, Gleichstellung der Geschlechter und Bildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten gewährleistet werden. Daher ist es notwendig, den Eintritt junger Menschen ins Erwerbsleben, die Wiedereingliederung Langzeitarbeitsloser und die Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben zu fördern, indem erschwingliche Betreuungsdienste bereitgestellt werden und die Arbeitsorganisation modernisiert wird . Eine Angleichung der Arbeitsbedingungen nach oben sollte in der gesamten Union gefördert werden.

Abänderung 34

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 7 — Absatz 1 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Der Zugang zum Arbeitsmarkt sollte Unternehmertum, die nachhaltige Schaffung von Arbeitsplätzen in allen Bereichen, einschließlich grüner Arbeitsplätze, und Betreuung und Innovation begünstigen, damit die Fähigkeiten der Menschen bestmöglich genutzt und ihre lebenslange Entwicklung sowie von Arbeitnehmern ausgehende Innovation gefördert werden.

Abänderung 35

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 7 — Absatz 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Mitgliedstaaten sollten — unter Beachtung der nationalen Gepflogenheiten — die nationalen Parlamente und Sozialpartner in die Planung und Umsetzung relevanter Reformen und Strategien einbeziehen und auf eine Verbesserung der Funktionsweise und der Wirksamkeit des sozialen Dialogs auf nationaler Ebene hinarbeiten.

Die Mitgliedstaaten sollten — unter Beachtung des Partnerschaftsprinzips und der nationalen Gepflogenheiten — die nationalen Parlamente, Sozialpartner , zivilgesellschaftliche Organisationen sowie regionale und lokale Behörden in die Planung und Umsetzung relevanter Reformen und Strategien einbeziehen und auf eine Verbesserung der Funktionsweise und der Wirksamkeit des sozialen Dialogs auf nationaler Ebene hinarbeiten , insbesondere in denjenigen Ländern, in denen größere Probleme aufgrund einer durch die jüngste Deregulierung der Arbeitsmärkte und die Schwäche der Tarifverhandlungen verursachte Lohnabwertung bestehen .

Abänderung 36

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 7 — Absatz 3

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Mitgliedstaaten sollten ihre aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen verstärken , indem sie deren Ausrichtung, Reichweite, Umfang und Zusammenwirken mit passiven Maßnahmen verbessern. Diese Maßnahmen sollten auf eine Abstimmung von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt abzielen und nachhaltige Übergänge fördern, wobei die öffentlichen Arbeitsverwaltungen individualisierte Unterstützung anbieten und Systeme zur Leistungsmessung einrichten. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass ihre Sozialschutzsysteme tatsächlich diejenigen aktivieren und befähigen, die am Arbeitsmarkt teilhaben können, und jene schützen, die (vorübergehend) vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen und/oder nicht in der Lage sind, sich daran zu beteiligen. Ferner sollten die Mitgliedstaaten die Menschen auf potenzielle Risiken vorbereiten, indem sie in Humankapital investieren, und inklusive, allen offenstehende Arbeitsmärkte fördern sowie wirksame Antidiskriminierungsmaßnahmen einführen.

Die Mitgliedstaaten sollten grundlegende Qualitätsstandards hinsichtlich ihrer aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen sicherstellen , indem sie deren Ausrichtung, Reichweite, Umfang und Zusammenwirken mit unterstützenden Maßnahmen wie sozialer Absicherung verbessern. Diese Maßnahmen sollten auf eine Verbesserung des Zugangs zum Arbeitsmarkt, eine Stärkung der Tarifverhandlungen und des sozialen Dialogs abzielen und nachhaltige Übergänge fördern, wobei die hochqualifizierten öffentlichen Arbeitsverwaltungen individualisierte Unterstützung anbieten und Systeme zur Leistungsmessung einrichten. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass ihre Sozialschutzsysteme tatsächlich diejenigen aktivieren und befähigen, die am Arbeitsmarkt teilhaben können, und jene schützen, die (vorübergehend) vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen und/oder nicht in der Lage sind, sich daran zu beteiligen. Die Mitgliedstaaten sollten als eine der möglichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und im Einklang mit nationalen Gepflogenheiten ein Mindesteinkommen einführen, das ihrer spezifischen sozioökonomischen Lage angemessen ist. Ferner sollten die Mitgliedstaaten die Menschen auf potenzielle Risiken und auf die sich wandelnden wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen vorbereiten, indem sie in Humankapital investieren, und inklusive, allen offenstehende Arbeitsmärkte fördern sowie wirksame Antidiskriminierungsmaßnahmen einführen.

Abänderung 37

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 7 — Absatz 4

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Mobilität der Arbeitskräfte sollte sichergestellt werden, so dass das volle Potenzial des europäischen Arbeitsmarktes genutzt werden kann. Dazu gehört auch die Verbesserung der Übertragbarkeit von Rentenansprüchen und der Anerkennung von Qualifikationen. Gleichzeitig sollten die Mitgliedstaaten dem Missbrauch der geltenden Regeln vorbeugen .

Die Mobilität der Arbeitskräfte sollte als Grundrecht und Gegenstand bewusster Entscheidung sichergestellt werden, so dass das volle Potenzial des europäischen Arbeitsmarktes genutzt werden kann. Dazu gehören auch die Verbesserung der Übertragbarkeit von Rentenansprüchen und der wirksamen Anerkennung von Qualifikationen sowie der Abbau von Bürokratie und anderer bestehender Hindernisse . Gleichzeitig sollten die Mitgliedstaaten die Sprachbarrieren abbauen, indem sie die Ausbildungssysteme in diesem Bereich verbessern . Die Mitgliedstaaten sollten auch das EURES-Netz angemessen nutzen, um die Mobilität von Arbeitnehmern zu fördern. Investitionen in Regionen, die von der Abwanderung von Arbeitskräften betroffen sind, sollten gefördert werden, um der Abwanderung Hochqualifizierter entgegenzuwirken und mobilen Arbeitnehmern Anreize für eine Rückkehr zu bieten.

Abänderung 38

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 7 a (neu) — Überschrift

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Verbesserung der Qualität und Leistung der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung auf allen Ebenen

Abänderung 39

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 7 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Die Mitgliedstaaten sollten dem Zugang zu Betreuung und erschwinglichen hochwertigen Angeboten der frühkindlichen Bildung und Erziehung Vorrang einräumen, da dies wichtige Unterstützungsmaßnahmen für die Arbeitsmarktakteure sind und dazu beitragen, die Gesamtbeschäftigungsquote zu steigern, während sie gleichzeitig die Menschen bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortlichkeiten unterstützen. Die Mitgliedstaaten sollten umfassende Strategien aufstellen und Investitionen tätigen, die für eine bessere Familienunterstützung und Erziehungshilfe erforderlich sind, sowie Maßnahmen ergreifen, die Eltern die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben erleichtern, und somit einen Beitrag dazu leisten, Schulabgängen ohne berufs- oder studienqualifizierenden Abschluss vorzubeugen und die Chancen junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.

Abänderung 40

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 8 — Überschrift

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Fairness , Armutsbekämpfung und Chancengleichheit

Soziale Gerechtigkeit , Armutsbekämpfung und Chancengleichheit

Abänderung 41

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 8 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Mitgliedstaaten sollten ihre Sozialschutzsysteme modernisieren , um einen wirksamen, effizienten und angemessenen Schutz des Einzelnen in allen Lebensphasen zu gewährleisten, um für Gerechtigkeit zu sorgen und Ungleichheiten zu beseitigen. Es bedarf vereinfachter und gezielterer sozialpolitischer Maßnahmen, ergänzt durch bezahlbare, hochwertige Kinderbetreuung und Bildungsangebote, Unterstützung bei Ausbildung und Beruf, Wohnraumförderung und Zugang zur Gesundheitsversorgung sowie zu grundlegenden Leistungen wie Bankkonto und Internet; weiterhin sind Maßnahmen zur Verhinderung frühzeitigen Schulabgangs und zur Bekämpfung sozialer Ausgrenzung erforderlich.

Die Mitgliedstaaten sollten in Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Behörden ihre Sozialschutzsysteme verbessern , indem sie die Einhaltung grundlegender Standards sicherstellen, um einen wirksamen, effizienten und nachhaltigen Schutz des Einzelnen in allen Lebensphasen zu gewährleisten, um für ein Leben in Würde, Solidarität, den Zugang zur sozialer Sicherheit, die uneingeschränkte Achtung sozialer Rechte und Gerechtigkeit zu sorgen und Ungleichheiten zu beseitigen und Inklusion sicherzustellen, um die Armut, insbesondere der aus dem Arbeitsmarkt Ausgegrenzten und der schwächsten Bevölkerungsgruppen, zu beseitigen . Es bedarf vereinfachter, gezielterer und ehrgeizigerer sozialpolitischer Maßnahmen, die bezahlbare, hochwertige Kinderbetreuung und Bildungsangebote, wirksame Unterstützung bei Ausbildung und Beruf, Wohnraumförderung und allen offenstehender Zugang zu hochwertiger Gesundheitsversorgung sowie zu grundlegenden Leistungen wie Bankkonto und Internet umfassen ; weiterhin sind Maßnahmen zur Verhinderung frühzeitigen Schulabgangs und zur Bekämpfung absoluter Armut, sozialer Ausgrenzung und ganz allgemein sämtlicher Formen von Armut erforderlich. Insbesondere gegen Kinderarmut muss entschlossen vorgegangen werden.

Abänderung 42

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 8 — Absatz 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Zu diesem Zweck sollte eine Vielzahl von Instrumenten komplementär eingesetzt werden, einschließlich der arbeitsmarktpolitischen Aktivierung und der auf individuelle Bedürfnisse abgestimmten Einkommensunterstützung. Die Sozialschutzsysteme sollten so gestaltet werden, dass alle anspruchsberechtigten Personen aufgenommen, Investitionen in Humankapital gefördert und die Vorbeugung bzw. Verringerung der Armut unterstützt werden können .

Zu diesem Zweck sollte eine Vielzahl von Instrumenten komplementär eingesetzt werden, einschließlich der arbeitsmarktpolitischen Aktivierung und der auf individuelle Bedürfnisse abgestimmten Einkommensunterstützung. Diesbezüglich obliegt es den einzelnen Mitgliedstaaten, die Höhe des Mindesteinkommens im Einklang mit den nationalen Gepflogenheiten so festzusetzen, dass es ihrer jeweiligen sozioökonomischen Lage angemessen ist. Die Sozialschutzsysteme sollten so gestaltet werden, dass Zugang gefördert, alle Personen in nichtdiskriminierender Weise aufgenommen, Investitionen in Humankapital gefördert und die Vorbeugung bzw. Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie der Schutz vor anderen Risiken wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit unterstützt werden. Besonderes Augenmerk sollte Kindern gelten, die aufgrund der Langzeitarbeitslosigkeit ihrer Eltern in Armut leben.

Abänderung 43

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 8 — Absatz 3

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Rentensysteme sollten angepasst werden, damit sie für Frauen und Männer vor dem Hintergrund der höheren Lebenserwartung und des demografischen Wandels nachhaltig und angemessen bleiben . Zu den Anpassungen gehören die Kopplung des gesetzlichen Rentenalters an die Lebenserwartung , die Erhöhung des tatsächlichen Renteneintrittsalters und der Aufbau zusätzlicher Sparsysteme für den Ruhestand .

Die Rentensysteme sollten so umstrukturiert werden, dass sichergestellt ist, dass sie für Frauen und Männer nachhaltig , sicher und angemessen bleiben, indem Ruhestandsregelungen gestärkt werden, die auf ein angemessenes Ruhestandseinkommen abzielen, das zumindest über der Armutsgrenze liegt. Im Rahmen der Rentensysteme sollte die Konsolidierung, Weiterentwicklung und Verbesserung der drei Säulen der Sparsysteme für den Ruhestand vorgesehen sein . Die Koppelung des Renteneintrittalters an die Lebenserwartung ist nicht das einzige Instrument, um der Herausforderung des Alterns zu begegnen. Im Rahmen der Reformen der Rentensysteme sollten unter anderem die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, die Geburtenrate, die demografische Situation, die Lage im Hinblick auf Gesundheit und Wohlstand, Arbeitsbedingungen und die wirtschaftliche Abhängigkeitsrate berücksichtigt werden. Der beste Weg, um der Herausforderung des Alterns zu begegnen, besteht darin, die Gesamtbeschäftigungsquote unter anderem auf der Grundlage sozialer Investitionen in aktives Altern zu erhöhen.

Abänderung 44

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 8 — Absatz 4

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Mitgliedstaaten sollten die Zugänglichkeit, Effizienz und Effektivität der Gesundheits- und Pflegesysteme verbessern und gleichzeitig ihre finanzielle Tragfähigkeit gewährleisten.

Die Mitgliedstaaten sollten die Qualität, Bezahlbarkeit, Zugänglichkeit, Effizienz und Effektivität der Gesundheits- und Pflegesysteme sowie der sozialen Dienste verbessern und für menschenwürdige Arbeitsbedingungen in den entsprechenden Sektoren sorgen; gleichzeitig sollten sie die finanzielle Tragfähigkeit dieser Systeme gewährleisten , indem sie die solidarische Finanzierung stärken .

Abänderung 45

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 8 — Absatz 4 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Die Mitgliedstaaten sollten die Unterstützung aus dem Europäischen Sozialfonds und anderen Unionsfonds umfassend nutzen, um Armut, soziale Ausgrenzung und Diskriminierung zu bekämpfen, die Zugänglichkeit für Personen mit Behinderungen zu verbessern, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern und die öffentliche Verwaltung zu verbessern.

Abänderung 46

Vorschlag für einen Beschluss

Anhang — Leitlinie 8 — Absatz 4 b (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Zu den Zielen der Strategie Europa 2020, an denen die Mitgliedstaaten — unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Ausgangspositionen und nationalen Gegebenheiten — ihre nationalen Ziele ausrichten, gehört die Erhöhung der Beschäftigungsquote der 20- bis 64-jährigen Frauen und Männer auf 75 % bis zum Jahr 2020, die Senkung der Schulabbrecherquote auf unter 10 %, die Erhöhung des Anteils der 30- bis 34-Jährigen, die über einen Hochschul- oder einen gleichwertigen Abschluss verfügen, auf mindestens 40 % und die Förderung der sozialen Eingliederung, insbesondere durch die Verringerung von Armut, wobei angestrebt wird, mindestens 20 Mio. Menschen vor dem Risiko von Armut und Ausgrenzung zu bewahren  (1bis) .


(1bis)   Beschluss 2010/707/EU des Rates vom 21. Oktober 2010 über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 308 vom 24.11.2010, S. 46).

(1bis)   http://www.eesc.europa.eu/resources/docs/revenu-minimum_-etude-ose_-vfinale_en--2.pdf

(1bis)   Beschluss 2010/707/EU des Rates vom 21. Oktober 2010 über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 308 vom 24.11.2010, S. 46).

(1bis)   Diese Bevölkerungsgruppe wird als die Anzahl der Personen definiert, die nach drei Indikatoren (Armutsrisiko, materielle Deprivation, Erwerbslosenhaushalt) von Armut und Ausgrenzung bedroht sind, wobei es den Mitgliedstaaten freigestellt ist, ihre nationalen Ziele auf der Grundlage der am besten geeigneten Indikatoren und unter Berücksichtigung ihrer nationalen Gegebenheiten und Prioritäten festzulegen.


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/223


P8_TA(2015)0262

Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung: Antrag EGF/2015/001 FI/Broadcom — Finnland

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung gemäß Nummer 13 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (Antrag Finnlands — EGF/2015/001 FI/Broadcom) (COM(2015)0232 — C8-0135/2015 — 2015/2125(BUD))

(2017/C 265/40)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2015)0232 — C8-0135/2015),

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1309/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (2014-2020) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1927/2006 (1) (EGF-Verordnung),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014-2020 (2), insbesondere auf Artikel 12,

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (3) (IIV vom 2. Dezember 2013), insbesondere auf Nummer 13,

unter Hinweis auf das in Nummer 13 der IIV vom 2. Dezember 2013 vorgesehene Trilogverfahren,

unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten,

unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für regionale Entwicklung,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses (A8-0210/2015),

A.

in der Erwägung, dass die Union Legislativ- und Haushaltsinstrumente geschaffen hat, um Arbeitnehmer, die unter den Folgen weitreichender Strukturveränderungen im Welthandelsgefüge oder den Folgen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu leiden haben, zusätzlich zu unterstützen und ihnen bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt behilflich zu sein;

B.

in der Erwägung, dass die finanzielle Unterstützung der Union für entlassene Arbeitnehmer im Einklang mit der Gemeinsamen Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, die in der Konzertierungssitzung vom 17. Juli 2008 angenommen wurde, und unter gebührender Beachtung der IIV vom 2. Dezember 2013 hinsichtlich der Annahme von Beschlüssen zur Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) dynamischen Charakter haben und so zügig und effizient wie möglich bereitgestellt werden sollte;

C.

in der Erwägung, dass der Erlass der EGF-Verordnung die Einigung zwischen Parlament und Rat auf eine Wiedereinführung des Krisenkriteriums für die Inanspruchnahme des Fonds, eine Erhöhung des Finanzbeitrags der Union auf 60 % der geschätzten Gesamtkosten der vorgeschlagenen Maßnahmen, eine Verbesserung der Effizienz bei der Bearbeitung der EGF-Anträge in der Kommission und durch Parlament und Rat durch Verkürzung der Zeiträume für die Bewertung und Genehmigung, eine Ausweitung der förderfähigen Maßnahmen und Begünstigten durch Einbeziehung von Selbständigen und Jugendlichen und eine Finanzierung von Anreizen zur Unternehmensgründung widerspiegelt;

D.

in der Erwägung, dass Finnland den Antrag EGF/2015/001 FI/Broadcom auf einen Finanzbeitrag aus dem EGF wegen 568 Entlassungen bei Broadcom Communications Finland, einem in der NACE-Rev.-2-Abteilung 46 („Großhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und Krafträdern)“) (4) tätigen Unternehmen, und zwei Zulieferern bzw. nachgeschalteten Herstellern gestellt hat;

E.

in der Erwägung, dass der Antrag die in der EGF-Verordnung festgelegten Kriterien für die Förderfähigkeit erfüllt;

1.

teilt die Auffassung der Kommission, dass die Bedingungen gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der EGF-Verordnung erfüllt sind und dass Finnland daher Anspruch auf einen Finanzbeitrag in Höhe von 1 365 000 EUR gemäß dieser Verordnung hat;

2.

stellt fest, dass die finnischen Behörden den Antrag auf einen Finanzbeitrag aus dem EGF am 30. Januar 2015 gestellt haben und dass die Bewertung des Antrags von der Kommission am 2 Juni 2015 vorgelegt wurde; begrüßt das zügige Bewertungsverfahren von weniger als fünf Monaten;

3.

weist darauf hin, dass in den 2000er Jahren die Zahl der Beschäftigten in finnischen Tochterunternehmen auf allen Kontinenten anstieg, bis Asien 2004 zum größten Arbeitgeber in der Elektronik- und Elektroindustrie aufstieg und die Beschäftigtenzahlen in Europa zu sinken begannen; ist der Ansicht, dass die Entlassungen bei Broadcom zum Teil mit einer Entwicklung in Zusammenhang stehen, die die gesamte finnische Elektronikindustrie erfasst hat und 2011 darin gipfelte, dass Nokia Massenentlassungen ankündigte; kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass diese Ereignisse im Wesentlichen mit weitreichenden Strukturveränderungen im Welthandelsgefüge infolge der Globalisierung in Zusammenhang stehen;

4.

stellt fest, dass diese Entlassungen die Arbeitslosigkeit insbesondere in der Region Nordösterbotten (Teil der NUTS (5)-2-Region FI1A), wo 424 der 568 Entlassungen vorgenommen wurden, weiter verschärfen werden; stell fest, dass die Arbeitslosenquote in dieser Region kontinuierlich einige Prozentpunkte über dem Landesdurchschnitt liegt; stellt fest, dass die Arbeitslosenquote im August 2014 im Landesdurchschnitt bei 12,2 %, in Nordösterbotten bei 14,1 % und in der am stärksten betroffenen Stadt, Oulu, bei 16,1 % lag und dass diese Region stark von den 2011 bei Nokia einsetzenden Massenentlassungen betroffen war;

5.

ist der Ansicht, dass Umfragen und Besuche in Unternehmen Maßnahmen sind, die nicht nur den entlassenen Arbeitnehmern, die Gegenstand dieses Antrags sind, zugutekommen, sondern auch zum Aufbau von Wissen über Beschäftigungsfragen innerhalb dieses Sektors im Hinblick auf künftige Entlassungen beitragen können; stellt fest, dass diese spezifischen Aktionen bereits eine Fortsetzung einer ähnlichen Maßnahme darstellen, die bei einem früheren EGF-Fall in Finnland (EGF/2013/001 FI/Nokia) durchgeführt wurde;

6.

weist darauf hin, dass für den Wirtschaftszweig „Großhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und Krafträdern)“ bislang ein weiterer EGF-Antrag (EGF/2010/012 NL/Noord Holland ICT) gestellt wurde, der sich ebenfalls auf das Globalisierungskriterium stützte;

7.

stellt mit Genugtuung fest, dass die finnischen Behörden, um die Arbeitnehmer rasch zu unterstützen, beschlossen haben, am 11. August 2014, also lange vor der Entscheidung über die Gewährung der EGF-Unterstützung für das vorgeschlagene koordinierte Paket und sogar vor der Stellung des Antrags, mit der Umsetzung der personalisierten Dienstleistungen für die betroffenen Arbeitnehmer zu beginnen;

8.

nimmt zur Kenntnis, dass Finnland drei Arten von Maßnahmen für die entlassenen Arbeitnehmer, die Gegenstand dieses Antrags sind, plant: (i) Hilfestellung bei der Annahme einer neuen Stelle, (ii) Hilfestellung beim Schritt in die Selbständigkeit und (iii) Schulungs- und Bildungsangebote;

9.

nimmt zur Kenntnis, dass die Behörden planen, 17,46 % aller Kosten für Beihilfen und Anreize in Form von Gehaltsbeihilfen (Teil des Gehalts bei jedem Beschäftigungsverhältnis, das für einen zu unterstützenden Arbeitnehmer begründet wird) und Beihilfen für Reise-, Übernachtungs- und Umzugskosten zu verwenden, was der Hälfte der für solche Maßnahmen maximal zulässigen 35 % aller Kosten entspricht;

10.

begrüßt das von den finnischen Behörden angewandte Verfahren der Konsultation der zu unterstützenden Begünstigten oder ihrer Vertreter bzw. der Sozialpartner sowie der lokalen und regionalen Behörden;

11.

weist darauf hin, dass es wichtig ist, die Beschäftigungsfähigkeit aller Arbeitnehmer durch eine adäquate Fortbildung und die Anerkennung der während der beruflichen Laufbahn eines Arbeitnehmers erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu verbessern; erwartet, dass die im koordinierten Paket angebotenen Fortbildungsmaßnahmen nicht nur auf den Bedarf der entlassenen Arbeitnehmer, sondern auch auf das tatsächliche Unternehmensumfeld abgestimmt werden;

12.

weist darauf hin, dass im Einklang mit Artikel 7 der EGF-Verordnung bei der Ausarbeitung des koordinierten Pakets personalisierter Dienstleistungen sowohl den künftigen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt als auch den in Zukunft nachgefragten Kompetenzen Rechnung getragen werden sollte und dass dieses Paket mit dem Umstieg auf eine ressourcenschonende und nachhaltige Wirtschaft vereinbar sein sollte;

13.

begrüßt die Komplementarität der vorgeschlagenen Interventionen des EGF mit anderen aus nationalen Fonds oder Unionsfonds finanzierten Maßnahmen;

14.

stellt fest, dass die Informationen über das aus dem EGF zu finanzierende koordinierte Paket personalisierter Dienstleistungen auch Angaben zur Komplementarität mit Maßnahmen umfassen, die aus den Strukturfonds finanziert werden; hebt hervor, dass die finnischen Behörden bestätigen, dass für die förderfähigen Maßnahmen keine Unterstützung aus anderen Finanzinstrumenten der Union in Anspruch genommen wird; fordert die Kommission erneut auf, in ihren Jahresberichten eine vergleichende Bewertung dieser Daten vorzulegen, um sicherzustellen, dass die geltenden Rechtsvorschriften voll und ganz eingehalten und keine Dienstleistungen von der Union doppelt finanziert werden;

15.

begrüßt das verbesserte Verfahren, das die Kommission im Anschluss an die Forderung des Parlaments nach schnellerer Freigabe der Finanzhilfen eingeführt hat; nimmt Kenntnis von dem Zeitdruck, den der neue Zeitplan mit sich bringt, und von den möglichen Auswirkungen auf die Effizienz der Fallprüfung;

16.

billigt den dieser Entschließung beigefügten Beschluss;

17.

beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss mit dem Präsidenten des Rates zu unterzeichnen und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

18.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung einschließlich der Anlage dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 855.

(2)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 884.

(3)  ABl. C 373 vom 20.12.2013, S. 1.

(4)  Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Aufstellung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige NACE Revision 2 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates sowie einiger Verordnungen der EG über bestimmte Bereiche der Statistik (ABl. L 393 vom 30.12.2006, S. 1).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1046/2012 der Kommission vom 8. November 2012 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1059/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Schaffung einer gemeinsamen Klassifikation der Gebietseinheiten für die Statistik (NUTS) im Hinblick auf die Übermittlung der Zeitreihen für die neue regionale Gliederung (ABl. L 310 vom 9.11.2012, S. 34).


ANLAGE

BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (Antrag Finnlands — EGF/2015/001 FI/Broadcom)

(Der Text dieser Anlage ist hier nicht wiedergegeben; er entspricht dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss (EU) 2015/1477.)


11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/226


P8_TA(2015)0263

Haushaltsplan 2016 — Mandat für den Trilog

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 zum Mandat für den Trilog über den Entwurf des Haushaltsplans 2016 (2015/2074(BUD))

(2017/C 265/41)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 314 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 106a des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft,

unter Hinweis auf den von der Kommission am 24. Juni 2015 angenommenen Entwurf des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2016 (COM(2015)0300),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (1),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014–2020 (2),

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 2015 zu den allgemeinen Leitlinien für die Vorbereitung des Haushaltsplans 2016, Einzelplan III — Kommission (4),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 17. Februar 2015 zu den haushaltspolitischen Leitlinien für 2016,

gestützt auf Titel II Kapitel 8 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Schreiben des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Ausschusses für internationalen Handel, des Ausschusses für internationalen Handel, des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und des Ausschusses für konstitutionelle Fragen,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses und die Stellungnahmen der anderen betroffenen Ausschüsse (A8-0217/2015),

Haushaltsplanentwurf 2016: Einhaltung der Verpflichtungen und Finanzprioritäten

1.

weist darauf hin, dass das Parlament in seiner oben genannten Entschließung vom 11. März 2015 die Schaffung von menschenwürdigen und hochwertigen Arbeitsplätzen und die Entwicklung von Unternehmen und unternehmerischer Initiative für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum in der gesamten Union zusammen mit der Solidarität nach innen und nach außen sowie der Sicherheit in Europa in den Mittelpunkt seiner Prioritäten für den Haushaltsplan 2016 stellte; bekräftigt das Engagement des Parlaments für die Einhaltung der rechtlichen und politischen Verpflichtungen und fordert die Organe auf, ihre Zusagen zu erfüllen;

2.

hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass im mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2014 — 2016 die Obergrenzen für alle Rubriken festgesetzt wurden, jedoch auch spezifische und maximal mögliche Flexibilität gewährleistet wurde, damit die Union ihre rechtlichen Verpflichtungen erfüllen kann, ebenso wie besondere Instrumente bereitgestellt werden, damit sie auf konkrete unvorhergesehene Umstände reagieren oder eindeutig ermittelte Ausgaben über die Obergrenzen hinaus finanzieren kann;

3.

begrüßt, dass die zuvor genannten Prioritäten im Entwurf der Kommission für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2016 gestärkt werden und vorgeschlagen wird, die EU-Unterstützung für Investitionen, Wissen, Arbeitsplätze und wachstumsorientierte Programme auszuweiten, insbesondere für ein beispielhaftes Mobilitätsprogramm wie Erasmus+; vertritt die Auffassung, dass mit dem Entwurf des Haushaltsplans für 2016 ein begrüßenswerter Schritt zur Unterstützung der Mitgliedstaaten, die ihre Strukturprobleme, vor allem den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit, angehen möchten, gemacht wird; nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, dass die Kommission zusätzlich zu den bereits erwarteten Mittelanhebungen für die gesamte Rubrik 3 (Sicherheit und Unionsbürgerschaft) und die Rubrik 4 (Europa in der Welt) die Herausforderung annimmt, auf neue Entwicklungen wie die Krisen in der Ukraine, in Syrien und im Mittelmeerraum zu reagieren, indem auf die Erfordernisse der EU und der Mitgliedstaaten im Bereich Sicherheit und Migration eingegangen und auf dem Gebiet der Außenbeziehungen nachdrückliche politische Bereitschaft gezeigt wird und Mittel zugunsten von Herkunfts- und Transitländern bereitgestellt werden;

4.

begrüßt die Einbeziehung des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) in den Haushaltsplanentwurf 2016 und insbesondere die Inanspruchnahme des Gesamtspielraums für Mittel für Verpflichtungen zur Deckung eines Teils der für den EFSI-Garantiefonds im Umfang von 8 Mrd. EUR benötigten Ausgaben, statt sich lediglich auf Kürzungen im Rahmen von Horizont 2020 und der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) zu verlassen; betont, dass sich das Parlament bemüht hat, die Auswirkungen auf diese beiden Programme so gering wie möglich zu halten, und dass die Kürzungen durch die von den Rechtsetzungsinstanzen getroffene Abmachung insgesamt um 1 Mrd. EUR verringert wurden, wobei insbesondere die Grundlagenforschung ausgespart wird; erwartet, dass sich die endgültige EFSI-Vereinbarung möglichst bald in Form eines Berichtigungsschreibens im Haushaltsplan 2016 niederschlägt;

5.

weist gleichwohl darauf hin, dass der Beschluss über die für die Bildung des EFSI-Garantiefonds zu bewilligenden jährlichen Mittelansätze von der Haushaltsbehörde erst im Rahmen des jährlichen Haushaltsverfahrens gefasst wird; verpflichtet sich, die — weiterhin beträchtlichen — Kürzungen, von denen Horizont 2020 und die CEF betroffen sind, in diesem Rahmen weiter auszugleichen, damit die Ziele dieser Programme, die erst vor zwei Jahren infolge von Verhandlungen über ihre jeweiligen Rechtsgrundlagen vereinbart wurden, auch erreicht werden können; beabsichtigt zudem, genau zu prüfen, ob diese Kürzungen gemäß dem Vorschlag der Kommission vornehmlich im Zeitraum 2016–2018 vorgenommen werden sollen, oder weiter auch über die Jahre 2019 und 2020 verteilt werden sollen, um die Auswirkungen auf diese Programme zu minimieren;

6.

bedauert, dass das Programm für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für kleine und mittlere Unternehmen (COSME) 2016 eine nominale Kürzung der Mittel für Verpflichtungen im Vergleich zu 2015 hinnehmen muss; unterstreicht das sehr negative Signal, das eine derartige Verringerung in einer Zeit setzen würde, in der das Potenzial von KMU als innovative und arbeitsplatzschaffende Unternehmen dringend benötigt wird, um den Aufschwung in der EU zu befördern, Investitionslücken zu schließen und zur Wohlstandssicherung in der EU beizutragen; weist darauf hin, dass die Förderung von unternehmerischer Initiative, die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und des Marktzugangs von Unternehmen der Union einschließlich sozialer Unternehmen sowie die Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten für KMU, die erheblich zur Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit Europas beitragen, von allen Organen eindeutig unterstützte Prioritäten sind, womit die Vorabausstattung und Aufstockung der Mittelansätze für COSME in den vergangenen zwei Jahren unter Berücksichtigung der hohen Ausführungsraten des Programms begründet wurden; beabsichtigt daher, dafür zu sorgen, dass sich dieses Programm 2016 positiv entwickelt;

7.

bekräftigt seine Bedenken hinsichtlich der Finanzierung der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen (YEI) als entscheidendem Instrument für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in der Union, was für alle europäischen Entscheidungsträger oberste Priorität hat; nimmt die Vorabausstattung der ergänzenden Zuweisung für YEI 2014 und 2015 zur Kenntnis; bedauert, dass für 2016 keine neuen Mittel für Verpflichtungen vorgeschlagen werden; weist darauf hin, dass im MFR vorgesehen ist, einen Gesamtspielraum für Mittel für Verpflichtungen über die Obergrenzen hinaus bereits ab 2016 für politische Ziele im Zusammenhang mit Wachstum und Beschäftigung, insbesondere aber zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, zur Verfügung zu stellen; weist darauf hin, dass in der Verordnung über den Europäischen Sozialfonds folglich vorgesehen ist, dass die Mittel für die YEI für die Jahre 2016 — 2020 im Rahmen des Haushaltsverfahrens nach oben revidiert werden können; fordert daher eine Fortführung der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen durch Nutzung jeglicher im MRF vorgesehenen Flexibilitätsvorschrift und beabsichtigt, dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Beträge im Haushaltsplan 2016 veranschlagt werden;

8.

stellt fest, dass die Kommission dank einer rechtzeitigen Einigung über eine Umschichtung der Verpflichtungen im Rahmen der gemeinsamen Mittelverwaltung im MFR 2014 — 2020 wegen der späten Annahme der einschlägigen Vorschriften und Programme in ihren Haushaltsplanentwurf 2016 (Rubriken 2 und 3) 4,5 Mrd. EUR an Verpflichtungsermächtigungen einbezogen hat, die 2014 nicht verwendet werden konnten; weist darauf hin, dass im Rahmen des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2015 bereits eine Mittelübertragung im Umfang von 16,5 Mrd. EUR von 2014 nach 2015 für die Rubriken 1b, 2 und 3 ermöglicht wurde; betont, dass es sich dabei jedoch lediglich um reine Mittelübertragungen von bereits 2014 vereinbarten Mittelansätzen handelt, die zu Vergleichszwecken daher bei jeglicher Einschätzung der Entwicklung des Haushaltsplans 2016 im Vergleich zum Haushaltsplan 2015 nicht berücksichtigt werden sollten; weist deshalb darauf hin, dass die betreffenden Programme Nutzen aus einer Anhebung der Mittel für Verpflichtungen im Haushaltsplanentwurf 2016 ziehen;

9.

hält die langsamer als geplant erfolgende Einleitung der neuen Programme des MFR-Zeitraums 2014 — 2020 wegen der späten Billigung der Rechtsgrundlagen und der operationellen Programme sowie der Ausfälle bei den Mitteln für Zahlungen 2014 für besorgniserregend; sagt eine Prüfung der Frage zu, ob die beantragten Mittel für Verpflichtungen und Zahlungen tatsächlich ausreichen werden, damit diese neuen Programme wie geplant funktionieren; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Verzögerungen bei ihrer Umsetzung auszugleichen;

10.

stellt fest, dass der Haushaltsplanentwurf der Europäischen Union für 2016 insgesamt 153,5 Mrd. EUR an Mitteln für Verpflichtungen (darunter 4,5 Mrd. EUR umgeschichteter Mittel aus dem Jahr 2014) und 143,5 Mrd. EUR an Mitteln für Zahlungen umfasst; weist darauf hin, dass dies ungeachtet des Umschichtungseffekts 2015 und 2016 einer Anhebung der Verpflichtungen um +2,4 % und der Zahlungen um +1,6 % im Vergleich zum Haushaltsplan 2015 entspricht; betont, dass diese insgesamt mäßigen Anhebungen, die der im MFR vorgegebenen Ausrichtung entsprechen und einen Inflationsausgleich darstellen, real fast keinen Anstieg bedeuten, wodurch die Bedeutung effizienter und wirksamer Ausgaben unterstrichen wird;

11.

unterstreicht, dass die Kommission unter den Obergrenzen des MFR Margen in Höhe von 2,2 Mrd. EUR an Mitteln für Verpflichtungen (darunter 1,2 Mrd. EUR in Rubrik 2) und 1,6 Mrd. EUR an Mitteln für Zahlungen belässt; weist darauf hin, dass die verfügbaren Margen bei Verpflichtungen und Zahlungen sowie nicht ausgeführte Zahlungen in den Gesamtspielraum einfließen, der in den Folgejahren zu nutzen ist, wenn dies notwendig wird; stellt fest, dass der Gesamtspielraum bei den Mitteln für Verpflichtungen erstmals zur Verfügung gestellt wird und teilweise für den EFSI genutzt werden soll; begrüßt grundsätzlich die vorgeschlagene Inanspruchnahme des Flexibilitätsinstruments für eindeutig ermittelte Ausgaben im Rahmen der neuen EU-Initiativen in den Bereichen Asyl und Migration, die nicht innerhalb der Grenzen von Rubrik 3 finanziert werden können; beabsichtigt, einen Teil der verbleibenden Margen und der einschlägigen Flexibilitätsvorschriften im Rahmen des MFR zu nutzen, um entscheidende Prioritäten zu verstärken;

Zahlungen: Wiederherstellung von Vertrauen

12.

weist darauf hin, dass Zahlungsausfälle, die hauptsächlich zu niedrigen Zahlungsobergrenzen und unzureichenden Mittelansätzen geschuldet waren, 2014 ein nie dagewesenes Ausmaß erreichten und auch 2015 akut bleiben; fürchtet, dass dadurch die ordnungsgemäße Umsetzung des neuen MFR 2014–2020 weiter gefährdet wird und die Empfänger, vor allem die lokalen, regionalen und nationalen Behörden, die wirtschaftlichen und sozialen Zwängen unterliegen, benachteiligt werden; unterstützt zwar das aktive Management der Zahlungen durch die Kommission, ist jedoch besorgt über die Vertagung der Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen, die Verringerung der Vorfinanzierung und verspätete Zahlungen, die sich nachteilig auf die Verwirklichung der Ziele des wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalts auswirken könnten; ist besorgt darüber, dass der Rat bei seiner Lesung der Jahreshaushaltspläne bei den Zahlungen Ad-hoc-Kürzungen vorgenommen hat, u. a. bei den Programmen für Wettbewerbsfähigkeit für Wachstum und Beschäftigung unter Rubrik 1a; fordert die Kommission auf, spätestens bis zum 31. März 2016 einen Bericht darüber vorzulegen, wie sich die verspäteten Zahlungen der EU von 2013 bis 2015 auf die Empfänger ausgewirkt haben und welche Folgen dies für die Durchführung der Programme hatte;

13.

begrüßt, dass im Haushaltsplanentwurf der EU die gemeinsame Erklärung von Parlament, Rat und Kommission über einen Zahlungsplan 2015 — 2016 im Anschluss an die gemeinsame Diagnose und Verpflichtung der drei Organe, diesen Rückstand zu verringern, berücksichtigt wird; bekräftigt, dass gemäß Artikel 310 AEUV der Haushaltsplan der EU in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen ist; weist darauf hin, dass die im Haushaltsplanentwurf beantragten Mittel für Zahlungen den Schätzungen der Kommission zufolge den Rückstand bei den unbezahlten Rechnungen auf ein tragbares Niveau von etwa 2 Mrd. EUR verringern; sagt infolgedessen zu, den Vorschlag der Kommission uneingeschränkt zu unterstützen, und erwartet, dass der Rat seine diesbezüglichen Zusagen einhält;

14.

unterstreicht, dass Parlament, Rat und Kommission sich verpflichtet haben, künftig das Entstehen eines nicht haltbaren Rückstands ausstehender Zahlungsanträge am Jahresende zu vermeiden und gleichzeitig die im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens und der jährlichen Haushaltsverfahren erreichten Vereinbarungen uneingeschränkt einzuhalten und umzusetzen; weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass die Entwicklung dieses Rückstands aufmerksam und wachsam beobachtet werden muss; bekräftigt seine Bedenken, dass die Besonderheiten der Zahlungszyklen vor allem gegen Ende des MFR für zusätzlichen Druck in Bezug auf die Höhe der Mittel für Zahlungen sorgen; erinnert die Kommission an ihre in der gemeinsamen Erklärung zu einem Zahlungsplan gegebene Zusage, ihre mittel- und langfristigen Prognoseinstrumente weiterzuentwickeln und ein Frühwarnsystem einzurichten, damit diese ersten Zahlungsprognosen im Juli vorliegen können und somit die Haushaltsbehörde künftig Beschlüsse in voller Kenntnis der Sachlage fassen kann;

15.

begrüßt, dass sich der Schwerpunkt im Rahmen der Gesamtmittelansätze für Zahlungen endlich erheblich vom Abschluss der vergangenen Programme 2007 — 2013 auf die Durchführung der neuen Programme 2014 — 2020 verlagert; betont allerdings, dass die Zahlungen im Haushaltsplanentwurf 2016 insbesondere für Rubrik 1b im Vergleich zu der Höhe der Verpflichtungen niedrig angesetzt sind, wodurch die Gefahr eines ähnlich hohen Zahlungsrückstands am Ende des laufenden MFR entsteht; stellt deshalb die Frage, inwieweit dies mit den langfristigen Aussichten für den Zahlungsplan vereinbar ist;

Teilrubrik 1a — Wettbewerbsfähigkeit für Wachstum und Beschäftigung

16.

stellt fest, dass der Kommissionsvorschlag 2016 im Vergleich zu 2015 eine Anhebung der Mittel für Verpflichtungen in Teilrubrik 1a um +6,1 % auf 18,6 Mrd. EUR beinhaltet; weist darauf hin, dass die Anhebung der Verpflichtungen hauptsächlich auf die Einbeziehung des EFSI, Mittelerhöhungen für Erasmus+ und die Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) sowie in geringerem Ausmaß auf Mittelerhöhungen für Zoll, Fiscalis und Betrugsbekämpfung sowie Beschäftigung und soziale Innovation zurückzuführen ist; wird besonders darauf achten, die Ungleichbehandlung von Lehrlingsausbildung und Hochschulbildung in Europa zu verringern, insbesondere indem für gleiche Mobilitätsmöglichkeiten gesorgt wird;

17.

bedauert allerdings die Kürzungen der Mittel für große Infrastrukturvorhaben, Horizont 2020 und COSME sowie die langsameren Fortschritte der CEF Verkehr aufgrund der Mittelumschichtung zugunsten des EFSI; weist darauf hin, dass der ursprüngliche Vorschlag der Kommission für den EFSI 2016 im Vergleich zu 2015 Kürzungen im Umfang von 170 Mio. EUR für Horizont 2020 bewirkt und somit ein widersprüchliches Signal bezüglich eines Programms ausgesandt hätte, das im Rahmen des laufenden MFR weithin als vorrangige Leitinitiative anerkannt wird; bedauert die Folgen für die Forschungsfinanzierung, unter anderem in den Bereichen Energie, KMU, Klima und Umwelt, Sozialwissenschaften und Wissenschaft in der Gesellschaft; sagt zu, sich um weitere Ausgleichsmaßnahmen für die vorgeschlagenen Kürzungen dieser Programme durch Mittelanhebungen im Rahmen des Haushaltsverfahrens mittels der Verwendung der unter der Obergrenze für Teilrubrik 1a noch verfügbaren Marge von 200 Mio. EUR zu bemühen; unterstreicht, dass sich die Finanzierung für Investitionen, Forschung, Entwicklung und Innovation auf die Bereiche konzentrieren sollte, in denen der größte Mehrwert erzielt werden kann, so die Verbesserung der Energieeffizienz, IKT, Finanzhilfen für die Grundlagenforschung sowie kohlenstoffarme Technologien und solche zur Nutzung erneuerbarer Energieträger;

18.

bekräftigt seine Unterstützung für das ITER-Programm und ist bereit, für eine angemessene Finanzierung zu sorgen; ist allerdings besorgt darüber, dass die Haushaltsbehörde aufgrund der Tatsache, dass die überarbeitete Zeit- und Finanzplanung für ITER im November 2015 vorliegen soll, die neuen Informationen im jährlichen Haushaltsverfahren für 1016 nicht berücksichtigen kann; fordert darüber hinaus ITER und das gemeinsame Unternehmen für die Europäische Union Fusion for Energy eindringlich auf, die angeforderten Berichte über seine Entlastung 2013 unverzüglich vorzulegen und den einschlägigen Empfehlungen des Parlaments zu folgen;

19.

betont, dass die in der Vergangenheit verzeichnete unzureichende Ausstattung mit Mitteln für Zahlungen die Kluft zwischen Verpflichtungen und Zahlungen in mehreren Programmen der Teilrubrik 1a vertieft und damit im Vergleich zu anderen Rubriken zur deutlichen Erhöhung der RAL beigetragen hat; hält es für besorgniserregend, dass die Kommission den Vorfinanzierungsbetrag senken und — gravierender noch — neue Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen vertagen und die Unterzeichnung von Verträgen hinauszögern musste; stellt beispielsweise fest, dass die Kommission für Horizont 2020 schätzt, dass bei einem normalen Ausführungsszenario ohne Begrenzung der Mittel für Zahlungen bis Ende 2014 ca. 1 Mrd. EUR mehr ausgegeben worden wäre; begrüßt zwar die Bemühungen der Kommission, die Situation bei den Zahlungen weiterhin zu kontrollieren, bekräftigt aber, dass es unter keinen Umständen eine verlangsamte Ausführung der Programme 2014 — 2020 als Mittel zum Umgang mit Zahlungsausfällen tolerieren wird;

20.

begrüßt daher die Aufstockung der Mittel für Zahlungen um +11,4 % auf 17,5 Mrd. EUR im Vergleich zu 2015 und die Verbesserung des Verhältnisses zwischen Zahlungen und Verpflichtungen für 2016; vermerkt insbesondere, dass für mehrere Programme (Copernicus, Erasmus+, Horizont 2020, CEF Verkehr, atomare Sicherheit und Stilllegung) die Zahlungsermächtigungen den Umfang der Verpflichtungsermächtigungen übersteigen;

Teilrubrik 1b — Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt

21.

nimmt zur Kenntnis, dass für Teilrubrik 1b 50,8 Mrd. EUR an Mitteln für Zahlungen (+3,2 % im Vergleich zu 2015, Umschichtungseffekt neutralisiert) und 49,1 Mrd. EUR an Zahlungen (-4 %) vorgeschlagen werden, was eine geringe Marge von 15,3 Mio. EUR unter der Obergrenze für Verpflichtungen belässt; weist darauf hin, dass die Kohäsionspolitik die wichtigste Investitionsstrategie der EU darstellt, deren Ziel die Verringerung der Unterschiede zwischen den europäischen Regionen durch die Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts ist; unterstreicht, dass mit Instrumenten wie dem ESF, dem EFRE, dem Kohäsionsfonds oder der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen wirkungsvoll die Konvergenz gefördert, das Entwicklungsgefälle verringert und die Schaffung hochwertiger und dauerhafter Arbeitsplätze unterstützt wird; betont die zentrale Bedeutung der Kohäsionspolitik für die Verwirklichung der Ziele der Strategie Europa 2020;

22.

hebt hervor, dass 44 % der für 2016 vorgeschlagenen Mittel für Zahlungen ausstehende Zahlungsanträge für vorangegangene Programmplanungszeiträume abdecken, womit nur 26,8 Mrd. EUR an Zahlungen für die Einleitung der neuen Kohäsionsprogramme 2014 — 2020 verbleiben; erachtet die vorgeschlagenen Mittel für Zahlungen daher als absolutes Minimum im Vergleich zu den in dieser Teilrubrik notwendigen Mitteln;

23.

weist darauf hin, dass im Haushalsplan 2016 ein Betrag in Höhe von 21,6 Mrd. EUR erforderlich ist, um den Umfang der ausstehenden Zahlungsanträge für die Kohäsionsprogramme 2007 — 2013 von 24,7 Mrd. EUR Ende 2014 und 20 Mrd. EUR Ende 2015 bis Ende 2016 auf ca. 2 Mrd. EUR zurückzuführen, wie dies in der der gemeinsamen Erklärung über einen Zahlungsplan 2015 — 2016 beigefügten Einschätzung der Kommission beschrieben ist; fordert nachdrücklich, dass eine ähnliche anormale Anhäufung unbezahlter Rechnungen künftig vermieden wird, damit die Glaubwürdigkeit der EU nicht untergraben wird;

24.

betont zusätzlich zu seiner Forderung nach einer Fortführung der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen, dass diese in den Mitgliedstaaten dringend schneller und dabei effizient und effektiv umgesetzt werden muss; empfiehlt den Mitgliedstaaten und der Kommission, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die nationalen Pläne für eine Jugendgarantie vorrangig zu verwirklichen, und dabei gegebenenfalls den Empfehlungen aus dem Sonderbericht Nr. 3/2015 des Rechnungshofs zu folgen; bekräftigt, dass die kürzlich gebilligte Anhebung der Vorfinanzierungsrate auf 30 %, die vom Europäischen Parlament nachdrücklich unterstützt wurde, von der raschen Vorlage von Anträgen der Mitgliedstaaten auf Zwischenzahlungen binnen eines Jahres, die 2016 gestellt werden sollten, abhängt; fordert, dass die aufgestockte Vorfinanzierung für YEI sich nicht negativ auf die Ausführung anderer Komponenten des ESF auswirken sollte;

Rubrik 2 — Nachhaltiges Wachstum: natürliche Ressourcen

25.

stellt fest, dass für Rubrik 2 insgesamt 63,1 Mrd. EUR an Verpflichtungen (-0,1 % im Vergleich zu 2015, Umschichtungseffekt neutralisiert) und 55,9 Mrd. EUR an Zahlungen (-0,2 %) vorgeschlagen wurden, was eine Marge von 1,2 Mrd. EUR unter der Obergrenze für Verpflichtungen und eine Marge von 1,1 Mrd. EUR unter der Teilobergrenze für den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) belässt; weist darauf hin, dass der Mechanismus für Haushaltsdisziplin nur angewandt wird, um die Reserve für Krisen im Agrarsektor zu begründen; erwartet das im Oktober 2015anstehende Berichtigungsschreiben der Kommission, das sich auf aktuelle Informationen zur Finanzierung des EAGF stützen sollte; betont, dass Mittelübertragungen zwischen den zwei Säulen der GAP zu einer generellen Aufstockung der für die Entwicklung des ländlichen Raums verfügbaren Mittel führen;

26.

betont, dass im Haushaltsplanentwurf 2016 gegenüber dem Haushaltsplan 2015 ein Rückgang des Bedarfs an Interventionen auf den Agrarmärkten verzeichnet wird, hauptsächlich aufgrund der 2015 verzeichneten Auswirkungen der Sofortmaßnahmen im Zusammenhang mit dem russischen Embargo gegen Einfuhren bestimmter Agrarerzeugnisse aus der EU; nimmt zur Kenntnis, dass der Kommission zufolge im Haushaltsplan 2016 keine weiteren Maßnahmen notwendig sind; unterstreicht das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der europäischen Landwirtschaft zu stärken, und fordert, dass dafür Mittel bereitgestellt werden;

27.

betont, dass die reformierte Gemeinsame Fischereipolitik einen ehrgeizigen Rechtsrahmen bietet, mit dem — auch durch die Datenerfassung — den Herausforderungen einer verantwortungsvollen Fischereitätigkeit begegnet werden kann, und stellt mit Befriedigung fest, dass dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds eine Übertragung 2014 nicht verwendeter Mittel von auf 2015 zugute kam, während bei einer Neutralisierung dieses Umschichtungseffekts die Mittel für Verpflichtungen für diesen Fonds 2016 weiter steigen; stellt allerdings fest, dass bei den Zahlungen das Auslaufen der bisherigen Programme nur teilweise durch den Start des neuen ausgeglichen wird, womit 2016 niedrigere Mittelansätze verzeichnet werden;

28.

begrüßt die gestiegenen Mittelansätze für Verpflichtungen und Zahlungen für das LIFE-Programm für Umwelt und Klimawandel; begrüßt die ersten Schritte in Richtung einer Ökologisierung des EU-Haushaltsplans und weist darauf hin, dass diese Entwicklung beschleunigt werden muss;

Rubrik 3 — Sicherheit und Unionsbürgerschaft

29.

begrüßt, dass mit dem Haushaltsplanentwurf 2016 programmübergreifend die Unterstützung in Rubrik 3 ausgeweitet wird, was 2,5 Mrd. EUR an Mitteln für Verpflichtungen (+12,6 % im Vergleich zum Haushaltsplan 2015 bei neutralisierter Umschichtung) und 2,3 Mrd. EUR an Mitteln für Zahlungen (+9,7 %) bedeutet; weist darauf hin, dass dies keine Marge für weitere Mittelerhöhungen oder Pilotprojekte und vorbereitende Maßnahmen in Rubrik 3 belässt; ist der Ansicht, dass in Anbetracht der aktuellen geopolitischen Lage, insbesondere angesichts des zunehmenden Drucks durch die Migrationsströme, die Höhe der Obergrenzen für die bei weitem kleinste Rubrik des MFR möglicherweise überholt ist und im Zusammenhang mit der Revision des MFR nach der Wahl überdacht werden sollte;

30.

begrüßt die Europäische Migrationsagenda der Kommission und bekräftigt seine Unterstützung für die Ausweitung der Maßnahmen der EU und die Entwicklung einer Kultur der fairen Lastenteilung und Solidarität in den Bereichen Asyl, Migration und Verwaltung der Außengrenzen; lobt daher die Aufstockung der Mittel für Verpflichtungen für den Fonds für die innere Sicherheit und den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds einschließlich des Aufbaus des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS); begrüßt den Vorschlag der Kommission, das Flexibilitätsinstrument im Umfang von 124 Mio. EUR zu nutzen, um auf die gegenwärtigen Migrationstrends im Mittelmeerraum zu reagieren; fragt sich, ob die vorgeschlagenen Mittel ausreichen werden; betont, dass die bestimmungsgemäße Verwendung dieser Mittel streng kontrolliert werden muss;

31.

betont, dass der Vorschlag, das Personal des EASO nur um 6 Mitarbeiter aufzustocken, angesichts des massiven Zustroms an den südlichen Küsten der Union und der zunehmenden Aufgaben, die das EASO beim Asylmanagement übernehmen muss, eindeutig unzureichend ist; fordert daher für 2016 einen adäquaten Personalbestand und eine ausreichende Dotierung des EASO, damit es seine Aufgaben und Tätigkeiten auch ausführen kann;

32.

ist der Ansicht, dass die Haushaltsauswirkungen und die zusätzlichen Aufgaben im Rahmen der Maßnahmen der EU-Agenda für Migration und der EU-Agenda für Sicherheit in Bezug auf Europol von der Kommission detailliert geprüft werden sollten, damit die Haushaltsbehörde den Mittel- und Personalbedarf von Europol entsprechend anpassen kann; hebt die Rolle von Europol bei der grenzübergreifenden Unterstützung der Mitgliedstaaten und beim Informationsaustausch hervor; unterstreicht, dass für 2016 ein angemessener Etat und Personalbestand für Europol sichergestellt werden müssen, damit die Agentur ihre Aufgaben und Tätigkeiten auch ausführen kann;

33.

ist der Ansicht, dass die betreffenden Agenturen nicht dazu gezwungen sein sollten, Personal abzubauen oder zu versetzen, und dass sie ihre Mitarbeiter sinnvoll einsetzen müssen, um ihren zunehmenden Verantwortlichkeiten gerecht zu werden;

34.

verweist auch auf die nachdrückliche und konsequente Unterstützung des Europäischen Parlaments für angemessene Finanzmittel für Programme im Bereich Kultur und Medien; begrüßt daher die Mittelanhebungen für das Programm Kreatives Europa, einschließlich Multimedia-Maßnahmen, im Vergleich zum Haushaltsplan 2015, sieht die administrative Teilung der beiden Bereiche Kultur und Medien jedoch kritisch; befürwortet auch die vorgeschlagene Mittelerhöhung für das Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“, da es für die Beteiligung der Bürger am demokratischen Prozess in Europa wesentlich ist; vertritt die Auffassung, dass die Europäische Bürgerinitiative (ECI) ein zentrales Instrument der partizipativen Demokratie in der EU ist, und fordert, ihre Sichtbarkeit und Zugänglichkeit zu verbessern; betont in diesem Zusammenhang die positive Rolle paneuropäischer Netzwerke aus lokalen und nationalen Medien wie EuranetPlus;

35.

betont, dass Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Verbraucherschutz und Gesundheit für die EU-Bürger Bereiche von entscheidender Bedeutung sind; würdigt daher die Erhöhung der Mittel für Verpflichtungen für das Lebensmittel- und Futtermittelprogramm, das Gesundheitsprogramm und das Verbraucherprogramm im Vergleich zum Haushaltsplan 2015;

Rubrik 4 — Europa in der Welt

36.

begrüßt die insgesamt aufgestockten Finanzmittel für Rubrik 4 im Umfang von 8,9 Mrd. EUR an Mitteln für Verpflichtungen (+5,6 % im Vergleich zum Haushaltsplan 2015), während unter der Obergrenze eine Marge von 261,3 Mio. EUR verbleibt; vermerkt, dass dies ein hohes Maß an Solidarität mit Drittländern zeigt; ist der Auffassung, dass der EU-Haushalt dazu dient, Menschen in Not zu erreichen und europäische Grundwerte zu fördern; stellt zufrieden fest, dass die in der EU in den vergangenen Jahren verzeichneten wirtschaftlichen und sozialen Probleme sie nicht davon abgehalten haben, sich weiterhin dem Rest der Welt zu widmen; vertritt gleichwohl die Überzeugung, dass es für bestimmte vorrangigen Bereiche, etwa das Europäische Nachbarschaftsinstrument, einschließlich der Unterstützung für den Friedensprozess in Nahost, Palästina und das UNRWA, angesichts der anhaltenden humanitären und politischen Krise in dem Nachbarschaftsraum und darüber hinaus aller Wahrscheinlichkeit nach weiterer Aufstockungen bedürfen wird;

37.

begrüßt die von der Kommission programmübergreifend für Rubrik 4 beantragte Aufstockung der Mittel für Zahlungen (+28,5 % auf 9,5 Mrd. EUR), womit die Zahlungen, insbesondere in den Bereichen Entwicklung, humanitäre Hilfe und EU-Unterstützung für Palästina und für das UNRWA, die Verpflichtungen übersteigen; ist der Ansicht, dass die entsprechenden Mittelerhöhungen uneingeschränkt durch die Notwendigkeit gerechtfertigt werden, die Wirkung der 2014 und 2015 in dieser Rubrik verzeichneten dramatischen Zahlungsausfälle auszugleichen, die die Kommission veranlasst haben, die Vorfinanzierung zurückzuführen und rechtliche Verpflichtungen hinauszuschieben; weist darauf hin, dass 2015 in Rubrik 4 insgesamt 1,7 Mio. EUR an Zinsen für verspätete Zahlungen zu entrichten waren; erwartet, dass die Kluft zwischen Verpflichtungen und Zahlungen allmählich reduziert und der Rückstand an unbezahlten Rechnungen auf ein normales Niveau zurückgeführt wird; betont, dass dies für die langfristige Finanzierbarkeit der gefährdeten Empfänger unerlässlich ist, auch damit die EU als verlässlicher Partner gegenüber internationalen Organisationen auftreten kann;

38.

ist der Ansicht, dass externe Finanzinstrumente Mittel bieten, auf vielfältige Weise und über ihre jeweiligen Ziele hinaus gegen die Ursachen der Herausforderungen in den Bereichen innere Sicherheit und Migration vorzugehen, die im Mittelpunkt des nächstjährigen Haushaltsplans stehen, mit besonderen Schwerpunkten auf den Süd- und Ostgrenzen der Union und im weiteren Sinne auf von Konflikten betroffenen Regionen; verweist insbesondere auf das Instrument für Entwicklungszusammenarbeit und das Europäische Nachbarschaftsinstrument, aber auch auf Maßnahmen, für die bescheidenere Mittelanhebungen verzeichnet werden, wie humanitäre Hilfe, das Instrument für Stabilität und Frieden, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte; fordert die Kommission auf, eindeutig Bereiche zu ermitteln, die einen Beitrag dazu leisten können, diesen aktuellen Herausforderungen zu begegnen, und in denen potentielle Mittelerhöhungen effizient aufgenommen werden können; weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass unbedingt Unterstützung zu leisten ist, damit die Armut eingedämmt und schließlich beseitigt werden kann, und dass die Menschenrechte, die Gleichstellung der Geschlechter, der soziale Zusammenhalt und der Kampf gegen Ungleichheiten zentrale Anliegen der Außenhilfe der EU sind;

39.

unterstreicht die beträchtliche Aufstockung der im Haushaltsplan 2016 für den von der Europäischen Investitionsbank verwalteten Garantiefonds für Maßnahmen in Zusammenhang mit den Außenbeziehungen bereitgestellten Mittel und stellt fest, dass dies neben weiteren Faktoren auf den Start der Makrofinanzhilfe-Darlehen für die Ukraine zurückzuführen ist;

40.

fordert die Kommission und den EAD auf, sicherzustellen, dass in strategischen Ländern wie der Ukraine und Tunesien, die relativ umfangreiche Mittel aus einer Vielzahl von EU-Fonds erhalten, ein gemeinsamer Ansatz zur Anwendung gelangt; vertritt die Auffassung, dass von Seiten der EU eine stärkere politische und wirtschaftliche Wirkung erreicht werden kann, indem zwischen den maßgeblichen Akteuren in der EU und vor Ort für mehr Kohärenz und Koordinierung dadurch gesorgt wird, dass Verfahren vereinfacht und verkürzt werden und ein klareres Bild vom Handeln der EU vermittelt wird;

Rubrik 5 — Verwaltung

41.

nimmt zur Kenntnis, das die Ausgaben in Rubrik 5 im Vergleich zum Haushaltsplan 2015 um 2,9 % auf 8 908,7 Mio. EUR steigen, wobei in dieser Zahl die Verwaltungsausgaben der Institutionen (+2,2 %) sowie Ruhegehälter und Europaschulen (+5,4 %) global berücksichtigt werden; vermerkt, dass unter der Obergrenze eine Marge von 574,3 Mio. EUR verbleibt; unterstreicht, dass der Anteil der Rubrik 5 am EU-Haushaltsplan mit 5,8 % stabil bleibt; weist allerdings darauf hin, dass diese Zahl die technische Hilfe nicht berücksichtigt, die als operative Ausgabe verbucht wird;

Besondere Instrumente

42.

bekräftigt erneut, dass besondere Instrumente für die uneingeschränkte Einhaltung und Ausführung des MFR wesentlich sind und naturgemäß über die Obergrenzen sowohl bei Verpflichtungen als auch bei Zahlungen hinaus verbucht werden sollten, insbesondere zur Berechnung des Gesamtspielraums für Mittel für Zahlungen; begrüßt die vorgeschlagene Parität zwischen Verpflichtungen und Zahlungen für die Soforthilfereserve; stellt fest, dass die für die Soforthilfereserve (SHR), den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) und den EU-Solidaritätsfonds (EUSF) im Haushaltsplanentwurf 2016 veranschlagten Mittel weitgehend stabil sind oder leicht ansteigen;

Pilotprojekte — Vorbereitende Maßnahmen

43.

unterstreicht die Bedeutung von Pilotprojekten (PP) und vorbereitenden Maßnahmen (VM) als Instrumente für die Formulierung politischer Prioritäten und Einführung neuer Initiativen, die zu ständigen EU-Tätigkeiten und -Programmen, einschließlich Initiativen, mit denen die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Veränderungen in der EU reflektiert und begleitet werden sollen, werden können; hält es für bedenklich, dass die Kommission keine Mittel für die Fortführung sehr erfolgreicher PP-VA insbesondere in Rubrik 3, veranschlagt hat; beabsichtigt, ein ausgewogenes Paket von PP-VM zu identifizieren; stellt fest, dass im vorliegenden Vorschlag die Marge in einigen Rubriken relativ begrenzt oder sogar inexistent ist, und beabsichtigt, Mittel und Wege zu prüfen, um Raum für mögliche PP-VM zu schaffen;

Dezentrale Agenturen

44.

betont die entscheidende Rolle der dezentralen Agenturen im Rahmen der Politikgestaltung der EU und ist entschlossen, den Mittel- und Personalbedarf aller Agenturen von Fall zu Fall zu prüfen, um angemessene Mittel und Bedienstete für alle Agenturen und insbesondere für diejenigen sicherzustellen, denen kürzlich neue Aufgaben übertragen wurden oder die aufgrund politischer Prioritäten oder aus anderen Gründen eine höhere Arbeitsbelastung verzeichnen; ist vor allem entschlossen, die Agenturen im Bereich Justiz und Inneres mit den notwendigen Ressourcen auszustatten, um die aktuellen Herausforderungen aufgrund der Migration zu bewältigen; unterstreicht einmal mehr seinen Widerstand gegen den Planstellenpool zur Personalumschichtung und erwartet, dass im Haushaltsverfahren eine Lösung gefunden wird, um den zusätzlichen Personalkürzungen in den dezentralen Agenturen ein Ende zu bereiten; bekräftigt darüber hinaus seine Absicht, die Interinstitutionelle Arbeitsgruppe für dezentrale Agenturen zu nutzen, um gemeinsame Grundlagen der Organe für die Behandlung der Agenturen im Haushaltsplan zu schaffen, auch mit Blick auf die Konzertierung betreffend den Haushaltsplan 2016;

o

o o

45.

fordert nachhaltige Haushaltsanstrengungen zur Bereitstellung geeigneter Ausbildungsmöglichkeiten und Umschulungen in den Branchen, in denen Arbeitskräftemangel herrscht, und in den Schlüsselbranchen mit hohem Beschäftigungspotenzial, wie beispielsweise der grünen Wirtschaft, der Kreislaufwirtschaft, dem Gesundheitswesen und den IKT-Sektoren; hebt hervor, dass im Haushaltsplan 2016 eine angemessene Unterstützung für die Förderung der sozialen Inklusion sowie für Maßnahmen vorgesehen sein sollte, mit denen gegen Armut vorgegangen werden soll und die Rechte der von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffenen Menschen gestärkt werden sollen; weist darauf hin, dass der Gleichstellungsaspekt in alle Politikbereiche der EU integriert und im Haushaltsverfahren berücksichtigt werden sollte; fordert nachdrücklich eine finanzielle Unterstützung für alle Programme, die zur Schaffung von Arbeitsplätzen für Personen, die in mehrfacher Hinsicht benachteiligt sind, wie Langzeitarbeitslose, Menschen mit Behinderung, Angehörige von Minderheiten und erwerbslose und entmutigte Personen, und zu ihrer sozialen Inklusion beitragen;

46.

weist darauf hin, dass sich im Haushaltsverfahren 2016, in dem die Programme voraussichtlich uneingeschränkt funktionieren, neue wichtige Initiativen in den Bereichen Investitionen und Migration einbezogen, Probleme aus der Vergangenheit betreffend Zahlungen und besondere Instrumente gelöst und die neuen MFR-Vorschriften, z. B. der Gesamtspielraum für Mittel für Verpflichtungen, erstmals aktiviert werden, zeigen wird, wie sich der Rat zum Zahlungsplan verhält und wie der geltende MFR bewertet wird; erinnert die Kommission an ihre rechtliche Verpflichtung, den MFR bis Ende 2016 zu prüfen und im Zusammenhang mit dieser Haushaltsprüfung einen Legislativvorschlag für die Neufassung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 zur Festlegung des MFR für die Jahre 2014–2020 vorzulegen; weist erneut darauf hin, dass die Kommission parallel zu diesem Verfahren auf der Grundlage der Ergebnisse der Hochrangigen Arbeitsgruppe „Eigenmittel“, die 2016 vorgelegt werden sollen, auch die neuen Eigenmittelinitiativen bewerten sollte;

47.

würdigt den breiten Konsens, der der Prüfung der Berichtigungshaushaltsplanentwürfe 2015 sowie den Verhandlungen über den Zahlungsplan bisher zugrunde lag, was die gemeinsame Bereitschaft demonstriert, den MFR einzuhalten, die sorgfältig ausgehandelten Rechtsgrundlagen umzusetzen und die Finanzierung der neuen Programme sicherzustellen; fordert, dass die Kommission und die beiden Teile der EU-Haushaltsbehörde weiterhin konstruktiv zusammenarbeiten, und verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, dass so die im Haushaltsverfahren liegenden Gründe für die Eskalation der Rückstände schließlich beseitigt werden können; erwartet, dass der gleiche Geist auch die Verhandlungen über den Haushaltsplan 2016 prägt, ebenso die Suche nach Mitteln und Wegen, um künftige unvorhergesehene Herausforderungen zu bewältigen;

48.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1.

(2)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 884.

(3)  ABl. C 373 vom 20.12.2013, S. 1.

(4)  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0061.


ANHANG I: GEMEINSAME ERKLÄRUNG ZU DEN TERMINEN FÜR DAS HAUSALTSVERFAHREN UND DEN MODALITÄTEN FÜR DIE ARBEITSWEISE DES VERMITTLUNGSAUSSCHUSSES IM JAHR 2015

A.

Gemäß Teil A des Anhangs der Interinstitutionellen Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung einigen sich das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission auf die folgenden Haupttermine für das Haushaltsverfahren im Jahr 2016:

1.

Am 14. Juli 2015 wird vor der Festlegung des Standpunkts des Rates ein Trilog-Treffen einberufen.

2.

Der Rat bemüht sich, bis zur 38. Woche (dritte Septemberwoche) seinen Standpunkt festzulegen und diesen dem Europäischen Parlament zu übermitteln, um eine rechtzeitige Einigung mit dem Europäischen Parlament zu erleichtern.

3.

Der Haushaltsausschuss des Europäischen Parlaments bemüht sich, bis spätestens Ende der 42. Woche (Mitte Oktober) über die Abänderungen am Standpunkt des Rates abzustimmen.

4.

Am 19. Oktober 2015 wird vor der Lesung des Europäischen Parlaments ein Trilog-Treffen einberufen.

5.

Das Plenum des Europäischen Parlaments schließt seine Lesung in der 44. Woche (Plenartagung 26.–29. Oktober 2015) ab.

6.

Die Vermittlungsfrist beginnt am 29. Oktober 2015. Im Einklang mit den Bestimmungen des Artikels 314 Absatz 4 Buchstabe c AEUV wird für die Dauer der Vermittlung eine Frist bis zum 18. November 2015 gesetzt.

7.

Der Vermittlungsausschuss tritt am 9. November 2015 am Sitz des Europäischen Parlaments und am 13. November am Sitz des Rates zusammen und kann bei Bedarf erneut zusammentreten; die Tagungen des Vermittlungsausschusses werden durch einen oder mehrere Triloge vorbereitet. Ein Trilog ist für den 11. November 2015 vorgesehen. Während der Vermittlungsfrist von 21 Tagen können weitere Trilog-Treffen einberufen werden.

B.

Die Modalitäten für die Arbeitsweise des Vermittlungsausschusses sind in Teil E des Anhangs der obengenannten Interinstitutionellen Vereinbarung festgelegt.


ANHANG II GEMEINSAME ERKLÄRUNG ÜBER EINEN ZAHLUNGSPLAN 2015 — 2016

Auf der Grundlage der gemeinsamen Erklärung zu einem Zahlungsplan, die im Dezember 2014 im Rahmen der Einigung über die Haushaltspläne 2014 und 2015 angenommen wurde, haben die drei Organe gemeinsam den Sachstand und den Ausblick für die Zahlungen im Haushaltsplan der EU auf der Grundlage des von der Kommission am 23. März 2015 übermittelten Dokuments bewertet.

„Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission kommen wie folgt überein:

1.   Sachstand

Das Europäische Parlament und der Rat nehmen die umfassende Bewertung der Kommission zur Kenntnis, die sie in dem Dokument mit dem Titel „Bestandteile eines Zahlungsplans, mit dem der EU-Haushalt wieder auf eine tragfähige Grundlage gestellt werden soll“ (im Anhang) vorgelegt hat und die als analytische Grundlage für die Ermittlung der Hauptursachen für die Zunahme der noch offenen Auszahlungsanträge zu Jahresende und für die Verwirklichung des Ziels dient, die Höhe der unbezahlten Rechnungen — mit besonderem Schwerpunkt auf der Umsetzung der kohäsionspolitischen Programme 2007 — 2013 — zu verringern.

a)

Die Einschränkungen bei den im Rahmen der vergangenen Haushaltspläne genehmigten Zahlungsermächtigungen in Verbindung mit dem Umsetzungszyklus der kohäsionspolitischen Programme haben dazu geführt, dass allmählich ein untragbarer Rückstand bei den offenen Auszahlungsanträgen zu Jahresende entstanden ist, der Ende 2014 schließlich eine bislang ungekannte Höhe von 24,7 Mrd. EUR erreicht hat. Die Organe räumen jedoch ein, dass der Rückstand aufgrund der schwierigen Entscheidungen in Bezug auf die Haushaltspläne 2014 und 2015 weitgehend stabilisiert werden konnte.

b)

Aufgrund der fehlenden Mittel für Zahlungen hat sich zudem die Umsetzung der Programme 2014 — 2020 unter anderen Rubriken verlangsamt; der Schwerpunkt wurde insbesondere darauf gelegt, vertragliche Verpflichtungen aus früheren Zusagen zu erfüllen und somit — zu einem Zeitpunkt, zu dem Schlüsselprogramme einen Beitrag zu Wachstum und Beschäftigung in Europa leisten und die Rolle der EU auf der internationalen Bühne absichern sollen — die Gefahr von Verzugszinsen zu vermeiden.

2.   Ausblick

c)

Das Europäische Parlament und der Rat nehmen den von der Kommission vorgelegten Ausblick für 2015 und 2016 zur Kenntnis: Die Analyse zeigt, dass der Rückstand bei den offenen Auszahlungsanträgen zu Jahresende für die Kohäsionsprogramme 2007 — 2013 bis Ende 2016 — unter der Voraussetzung, dass ausreichende Mittel für Zahlungen für den Haushaltsplan 2016 bewilligt werden — möglicherweise auf eine Höhe von rund 2 Mrd. EUR verringert werden könnte, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, dass die kohäsionspolitischen Programme kurz vor der Abschlussphase stehen. Dies sollte dazu beitragen, negative Auswirkungen und unnötige Verzögerungen bei der Umsetzung der Programme für den Zeitraum 2014 — 2020 zu verhindern.

d)

Das Europäische Parlament und der Rat bekräftigen ihre Zusage, den untragbaren Rückstand bei den ausstehenden Auszahlungsanträgen für die Kohäsionsprogramme 2007 — 2013 schrittweise abzubauen. Sie verpflichten sich zur uneingeschränkten Zusammenarbeit im Hinblick darauf, im Haushaltsplan 2016 Mittel für Zahlungen in einer Höhe zu genehmigen, die es ermöglicht, dieses Ziel zu erreichen. Sie werden den aktuellen Ausblick, der von der Kommission in ihre Voranschläge für den Entwurf des Haushaltsplans 2016 aufgenommen und noch weiter verfeinert werden soll, bei ihren Beratungen berücksichtigen.

e)

Die Kommission wird die Entwicklung des Rückstands weiterhin genau beobachten und erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen vorschlagen, um einen geregelten Fortschritt bei den Mitteln für Zahlungen im Einklang mit den genehmigten Verpflichtungsermächtigungen sicherzustellen.

f)

Die drei Organe verweisen auf ihre Zusage, den Stand der Ausführung der Zahlungen im Jahr 2015 aktiv zu überwachen. Im Rahmen ihres regelmäßigen Gedankenaustauschs bestätigen sie ihre Bereitschaft, am 26. Mai, am 14. Juli und am 19. Oktober eigens anberaumte interinstitutionelle Zusammenkünfte abzuhalten, um eine tragfähige Haushaltsplanung sicherzustellen. In diesem Zusammenhang sollten sie bei den interinstitutionellen Zusammenkünften auch auf die längerfristigen Vorausschätzungen zur erwarteten Entwicklung der Zahlungen bis zum Ende des derzeitigen MFR eingehen, wobei die Kommission ersucht wird, gegebenenfalls Alternativszenarien vorzulegen.

g)

Zur Erleichterung der Überwachung des Sachstands bei den Programmen 2007 — 2013 wird die Kommission im Juli und Oktober Berichte vorlegen, in denen sie die Ausführung des Haushaltsplans — im Vergleich sowohl zu den monatlichen Vorausschätzungen für das Jahr als auch zum Vorjahr — sowie die Entwicklung des Rückstands bei den offenen Auszahlungsanträgen in Teilrubrik 1b darlegt.

h)

Das Europäische Parlament und der Rat sind entschlossen, zu verhindern, dass in Zukunft ein ähnlicher Rückstand entstehen kann, und fordern die Kommission daher auf, die Ausführung der Programme 2014 — 2020 gründlich zu prüfen und ein Frühwarnsystem einzurichten. Um dies zu erreichen, verpflichtet sich die Kommission dazu, geeignete Instrumente zu entwickeln, um im Laufe des Haushaltsverfahrens fortlaufende Vorausschätzungen für die Auszahlungsanträge nach Teilrubriken für die Teilrubriken 1b, 2 und 5 und nach Programmen für die Teilrubriken 1a, 3 und 4 vorzulegen; diese Vorausschätzungen konzentrieren sich auf die Jahre N und N+1 und umfassen auch die Entwicklung bei den unbezahlten Rechnungen und den noch abzuwickelnden Mittelbindungen (RAL); die Vorausschätzungen werden regelmäßig auf der Grundlage der Haushaltsbeschlüsse und aller relevanten Entwicklungen mit Auswirkungen auf die Zahlungsprofile der Programme aktualisiert; Zahlungsvorausschätzungen werden im Juli im Rahmen der interinstitutionellen Zusammenkünfte zu den Zahlungen gemäß Nummer 36 Absatz 3 des Anhangs zur IIV vorgelegt.

i)

Auf dieser Grundlage sollte die Haushaltsbehörde in der Lage sein, — unter uneingeschränkter Achtung und Umsetzung der im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens und der jährlichen Haushaltsverfahren erzielten Vereinbarungen — rechtzeitig die erforderlichen Entscheidungen zu treffen, um zu verhindern, dass in Zukunft ein untragbarer Rückstand bei den offenen Auszahlungsanträgen zu Jahresende entsteht.

ANLAGE ZU ANLAGE II: BESTANDTEILE EINES ZAHLUNGSPLANS, MIT DEM DER EU-HAUSHALT WIEDER AUF EINE TRAGFÄHIGE GRUNDLAGE GESTELLT WERDEN SOLL  (1)

Zusammenfassung

Das immer stärkere Auseinanderklaffen der bewilligten Mittel für Zahlungen und der von den EU-Organen in der Vergangenheit eingegangenen Verpflichtungen stellt — insbesondere seit 2012 — eine der wichtigsten Entwicklungen bei der Ausführung des EU-Haushalts dar. Diese Deckungslücke bei den Mitteln für Zahlungen führte zu einer Reihe negativer Konsequenzen in den verschiedenen Ausgabenbereichen und insbesondere zu einem wachsenden Rückstand offener Auszahlungsanträge für die kohäsionspolitischen Programme 2007-2013 (Teilrubrik 1b), der Ende 2014 eine bislang ungekannte Höhe erreichte.

Dieser wachsende Rückstand offener Auszahlungsanträge ist darauf zurückzuführen, dass der Höhepunkt des Programmzyklus 2007-2013 mit dem Rückgang der Obergrenze des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) bei den Mitteln für Zahlungen im Jahr 2014 zusammenfiel, wozu noch die allgemeinen Rahmenbedingungen einer Konsolidierung der öffentlichen Finanzen auf nationaler Ebene hinzukamen. Daher sind zwei unterschiedliche Faktoren für das Verständnis dieser Entwicklung von zentraler Bedeutung.

Der erste Faktor ist die zyklische Zunahme der Auszahlungsanträge infolge der fortdauernden Umsetzung der kohäsionspolitischen Programme 2007-2013, für die die Zahlungen in den ersten Jahren des MFR 2014-2020 vorgenommen werden müssen. Nach einem langsamen Anlaufen der Programme in den Jahren 2007-2009, bedingt (unter anderem) durch die Auswirkungen der Finanzkrise und die getroffenen Gegenmaßnahmen, beschleunigte sich die Durchführung ab dem Jahr 2012, wobei die Auszahlungsanträge von Jahr zu Jahr zunahmen und 2013 im Bereich der Kohäsionspolitik einen historischen Rekordwert von 61 Mrd. EUR erreichten, wofür die Durchführungsfristen und die in den kohäsionspolitischen Rechtsakten verankerten Vorschriften über die automatische Aufhebung von Mittelbindungen auslösend waren (2).

Angesichts des auch bei anderen Programmen inzwischen erreichten regulären Durchführungstempos, der geringeren Obergrenze der Mittel für Zahlungen im Jahr 2014 und der andauernden Haushaltskonsolidierung in den Mitgliedstaaten war es schwierig, für eine derartig starke Zunahme von Auszahlungsanträgen für die Kohäsionspolitik 2007-2013 im EU-Haushalt Vorkehrungen zu treffen.

Der zweite zentrale Faktor, der diese Entwicklung erklärt, ist die beträchtliche Senkung der Obergrenzen bei den Mitteln für Zahlungen im neuen MFR, die 2014 besonders einschneidend war (Rückgang um 8 Mrd. EUR). Der daraus resultierende Mangel an Mitteln für Zahlungen betrifft nicht nur den Zusammenhalt (Teilrubrik 1b), sondern auch andere Ausgabenbereiche, insbesondere die Politikbereiche Wachstum und Beschäftigung (Teilrubrik 1b), Europa in der Welt (Rubrik 4) und Sicherheit (Rubrik 3).

Um dieser Herausforderung zu begegnen, leitete die Kommission eine Reihe von Maßnahmen ein, mit denen eine aktive Bewirtschaftung der knappen Mittel für Zahlungen sichergestellt werden sollte, nämlich: Beschleunigung der Maßnahmen zur Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge, Begrenzung der auf Treuhandkonten ruhenden ungenutzten Beträge, Senkung der Vorschusssätze, größtmögliche Ausschöpfung der höchstzulässigen Zahlungsfristen, Verschiebung von Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen/Ausschreibungen und der entsprechenden Auftragsvergabe sowie Einräumung höherer Priorität für Länder, die eine Finanzhilfe erhalten.

Außerdem wurde die Haushaltsbehörde rechtzeitig über die verschiedenen Herausforderungen und Entwicklungen informiert, und es wurden verschiedene Berichtigungshaushaltspläne vorgeschlagen, um die bewilligten Mittel für Zahlungen zu erhöhen.

Trotz Aufstockung der Mittel für Zahlungen durch von Parlament und Rat erlassene Berichtigungshaushaltspläne (3) und ungeachtet der aktiven Bewirtschaftung der verfügbaren Mittel für Zahlungen durch die Kommission nahm der Rückstand der noch offenen Auszahlungsanträge weiter zu: Er erreichte Ende 2014 allein für die Kohäsionspolitik 2007-2013 einen Wert von 24,7 Mrd. EUR  (4).

Aufgrund der entschärfenden Maßnahmen der Kommission konnte der Aufbau eines Rückstands in den anderen von der Kommission direkt verwalteten Politikbereichen weitgehend eingedämmt werden. Die 2014 verfügbaren Mittel für Zahlungen wurden größtenteils zur Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen aus dem vorhergehenden Programmplanungszeitraum und damit zur Minimierung von Verzugsstrafen verwendet, die auf das Jahr bezogen dennoch um das Fünffache (auf 3 Mio. EUR) anstiegen (5). Durch diese Maßnahmen konnten zwar größere negative finanzielle Auswirkungen auf den EU-Haushalt vermieden werden, sie führten jedoch dazu, dass die Fälligkeitstermine für eine Reihe von Zahlungen auf 2015 verschoben wurden, was sich auf die legitimen Erwartungen der Anspruchsberechtigten auswirkte, die den Beginn eines Projekts unter Umständen verschieben und/oder es stärker kofinanzieren mussten.

Die Abschlussphase der Kohäsionsprogramme 2007-2013 rückt näher. Im Jahr 2014 ging das Gesamtvolumen der eingegangenen Auszahlungsanträge (von 61 Mrd. EUR im Jahr 2013) auf 53 Mrd. EUR zurück. In ihren letzten Vorausschätzungen (Januar 2015) gehen die Mitgliedstaaten davon aus, dass sie 2015 und 2016 Auszahlungsanträge im Wert von rund 48 Mrd. EUR bzw. 18 Mrd. EUR einreichen werden. Diese Zahlen kann man jedoch so nicht stehen lassen, da in den Jahren 2015-2016 eine Deckelung der zahlbaren Anträge auf 95 % der gesamten Finanzausstattung des Programms vorgenommen wird, wie es in den einschlägigen Rechtsvorschriften festgelegt ist (6). Die so gekürzten zahlbaren Anträge werden von der Kommission für 2015 auf rund 35 Mrd. EUR und für 2016 auf bis zu 3,5 Mrd. EUR geschätzt.

Für die Kohäsionspolitik 2007-2013 wurden im Haushaltsplan 2015 Mittel für Zahlungen in Höhe von nahezu 40 Mrd. EUR bewilligt. Diese Mittel decken sowohl rückständige Zahlungen (24,7 Mrd. EUR, das entspricht 62 % des Etats für die Kohäsionspolitik 2007-2013) als auch neue Anträge, die zeitig genug eingehen, um eine Zahlung leisten zu können (Schätzwert: 35 Mrd. EUR). Infolgedessen ist davon auszugehen, dass sich der Rückstand zum Jahresende 2015 auf 20 Mrd. EUR verringern wird.

Derzeit schätzt die Kommission, dass für die Deckung der noch ausstehenden Auszahlungsanträge bis zum Programmabschluss und für den allmählichen Abbau des Rückstands bis zu 23,5 Mrd. EUR benötigt werden. In ihrem Entwurf des Haushaltsplans 2016 wird die Kommission eine Feinabstimmung der Mittel für Zahlungen für die Teilrubrik 1b vornehmen, um sicherzustellen, dass dieses Ziel erreicht wird und gleichzeitig die Programme 2014-2020 ordnungsgemäß durchgeführt werden können.

Haushaltsjahr 2015 für die Kohäsionspolitik (Mrd. EUR)

Im Haushaltsplan 2015 verfügbare Mittel für Zahlungen

(1)

39,5

davon Rückstand zum Jahresende 2014

(2)

24,7

davon Vorausschätzungen für 2015, gedeckelt auf 95 %

(3)

~35

Erwarteter Rückstand zum Jahresende 2015

(4)=(1)-(2)-(3)

~20


Haushaltsplan 2016 für die Kohäsionspolitik (Mrd. EUR)

Erwarteter Rückstand zum Jahresende 2015

(1)

~20

2016 vor Abschluss maximal erwartete Eingänge an Auszahlungsanträgen

(2)

~3,5

Im Haushaltsplan 2016 maximal zu deckende Auszahlungs–anträge

(3)=(1)+(2)

~23,5

Desgleichen sollte das Volumen der Mittel für Zahlungen, das im Haushaltsplan 2016 für die übrigen Politikbereiche vorgeschlagen wird, es ermöglichen, die sich aus früheren Mittelbindungen ableitenden Verpflichtungen zu erfüllen und die Gefahr von Verzugszinsen zu minimieren, aber auch eine ausreichende Umsetzung und Auftragsvergabe für die Programme 2014-2020 sicherzustellen.

Der mehrjährige Charakter eines Großteils des EU-Haushalts ist der Grund dafür, dass es eine zeitliche Verzögerung zwischen dem Zeitpunkt der Verbuchung der Mittelbindung und der tatsächlichen Leistung der entsprechenden Zahlung gibt. Die Anhäufung eines strukturellen Volumens noch abzuwickelnder Mittelbindungen (bekannt unter der Bezeichnung „RAL“, dem französischen Akronym von „reste à liquider“) ist daher ein normales und erwartetes Phänomen. Angesichts der in den Rechtsvorschriften festgelegten Frist für die Zahlung der Anträge durch die Kommission (7), der Konzentration der Anträge am Jahresende, die damit zusammenhängt, dass die Aufhebung von Mittelbindungen und mögliche Unterbrechungen vermieden werden sollen, werden zum Jahresende noch offene Auszahlungsanträge bis zu einem gewissen Grad als „normal“ angesehen. Die Zunahme des Rückstands in den letzten Jahren hat jedoch „anormale“ Ausmaße erreicht (8), die einen wachsenden Anteil des Haushaltsplans des darauffolgenden Jahres binden und im Sinne einer wirtschaftlichen Haushaltsführung nicht tragbar sind.

Die Kommission schätzt, dass etwa die Hälfte des zum Jahresende 2013 und zum Jahresende 2014 bestehenden Rückstands offener Auszahlungsanträge im Bereich der Kohäsionspolitik „anormal“ war, d. h. mit dem Mangel an im Haushaltsplan bewilligten Mitteln für Zahlungen in Zusammenhang stand, was einen Schneeballeffekt auslöste. Mit der näher rückenden Abschlussphase werden 2015 und 2016 weniger Mittel für Zahlungen benötigt, und der Rückstand wird automatisch zurückgehen. Der Umfang der Unterbrechungen und Aussetzungen wird mit dem näher rückenden Programmabschluss voraussichtlich ebenfalls zurückgehen. Bei einem Betrag von rund 21,5 Mrd. EUR an Mitteln für Zahlungen für die Programme 2007-2013 im Haushaltsplan 2016 wird der Rückstand den Prognosen zufolge Ende 2016 rund 2 Mrd. EUR betragen.

Kohäsionspolitische Programme 2007-2013: Entwicklung des Rückstands offener Auszahlungsanträge zum Jahresende 2007-2016

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Die Notwendigkeit eines Abbaus des aufgelaufenen „anormalen“ Rückstands wurde von beiden Teilen der Haushaltsbehörde, dem Rat und dem Europäischen Parlaments, anerkannt, die sich bei den Verhandlungen über den Haushaltsplan 2015 „gerade im Hinblick auf die Kohäsionspolitik … einig (waren) über das Ziel, im Rahmen des laufenden MFR die Höhe der unbezahlten Rechnungen zu verringern, so dass sie sich am Jahresende auf ihrem strukturellen Niveau befinden“ und sich verpflichteten, „ab 2015 einen Plan zur Verringerung der Höhe der unbezahlten Rechnungen — entsprechend der Umsetzung der Programme des Zeitraums 2007-2013 — auf die gemeinsam vereinbarte Höhe zum Zeitpunkt der Halbzeitüberprüfung des laufenden mehrjährigen Finanzrahmens umzusetzen“.

Dieses Dokument bietet eine solide Basis für einen Konsens der beiden Teile der Haushaltsbehörde, die bemüht sein dürften, Beschlüsse zu fassen, die es ermöglichen, den „anormalen“ Rückstand unbezahlter Rechnungen für die Programme 2007-2013 bis Ende 2016 abzubauen.

Dieser Zahlungsplan bietet außerdem Gelegenheit, einige Lehren für die künftige Haushaltsführung zu ziehen:

1.

Die Einigung auf den Berichtigungshaushaltsplan 2/2014 (9) Ende des Jahres 2014 war sehr wichtig, um den Rückstand offener Auszahlungsanträge weitgehend auf einem Niveau zu stabilisieren, das innerhalb von zwei Jahren abgebaut werden kann. Die Organe haben sich angesichts einer sehr schwierigen Haushaltssituation in vielen Mitgliedstaaten zu ihrer Verantwortung bekannt.

2.

Die von der Kommission getroffenen Maßnahmen einer aktiven Haushaltsführung haben sich als unverzichtbar erwiesen, um mit dem in vielen Politikbereichen bestehenden Mangel an Mitteln für Zahlungen fertig zu werden. Diese Maßnahmen müssen so lange aufrechterhalten werden, wie es nötig ist, um unverhältnismäßige Unterbrechungen für die Begünstigen und/oder die Zahlung von Verzugszinsen zu vermeiden.

3.

Wenngleich die Durchführung der kohäsionspolitischen Programme einem wiederkehrenden Zyklus folgt, können die Höchst- und Tiefstwerte dadurch geglättet werden, dass die Programme in einer frühen Phase des Programmplanungszeitraums so schnell wie möglich durchgeführt werden. Dies ist in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation, in der dringend investiert werden muss, um die wirtschaftliche Erholung und die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, besonders wünschenswert.

4.

Die Anträge müssen regelmäßig eingereicht werden. Die Mitgliedstaaten sollten unnötige administrative Verzögerungen vermeiden, indem sie ihre Auszahlungsanträge das ganze Jahr über einsenden. Eine regelmäßige Einreichung der Anträge verbessert die Haushaltsführung und trägt dazu bei, den Rückstand zum Jahresende zu minimieren.

5.

Auf der anderen Seite ist die Veranschlagung ausreichender Mittel für Zahlungen eine notwendige Voraussetzung dafür, dass der Haushaltsplan ordnungsgemäß ausgeführt werden kann und die Anhäufung einer untragbaren Höhe offener Auszahlungsanträge zum Jahresende vermieden wird. Darüber hinaus wird die „spezifische und größtmögliche Flexibilität“, die in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates und der Erklärung von Präsident Barroso vom Februar 2013 erwähnt wurde, anzuwenden sein, damit die Union ihre rechtlichen Verpflichtungen erfüllen kann. Außerdem sollten die Beschlüsse der Haushaltsbehörde so weit wie möglich ein ausgeglichenes Zahlungsprofil während der Laufzeit des MFR ermöglichen.

6.

Die Prognosekapazität muss ausgebaut werden. Zusätzlich zu den verschiedenen bereits bereitgestellten Analysen (10) wird die Kommission ihre mittel- und langfristigen Prognosen weiter verbessern, um zu erwartende Probleme nach Möglichkeit bereits zu einem frühen Zeitpunkt ermitteln zu können. Insbesondere wird sie die beiden Teile der Haushaltsbehörde informieren, sobald sie die Ausführung der Programme 2014-2020 betreffende Entwicklungen feststellt, die eine Gefahr für ein ausgeglichenes Zahlungsprofil darstellen.

1.   HINTERGRUND

Die Kommission sieht sich seit 2011 ungeachtet der vollständigen Ausschöpfung der Obergrenzen bei den Mitteln für Zahlungen in den Jahren 2013 und 2014 und der Inanspruchnahme des Spielraums für unvorhergesehene Ausgaben im Jahr 2014 einer immer stärkeren Zunahme der zum Jahresende noch offenen Auszahlungsanträge gegenüber. Während praktisch alle in den jährlichen Haushaltsplänen bewilligten Mittel für Zahlungen aufgebraucht wurden, nahm der zum Jahresende bestehende Rückstand offener Auszahlungsanträge für die Kohäsionspolitik (Teilrubrik 1b) und die spezifischen Programme in anderen Rubriken (z. B. Rubrik 4 „Europa in der Welt“) stetig zu.

Die Kommission ist der Forderung des Parlaments und des Rates nach einer ganzjährigen Überwachung der Situation nachgekommen, und in den letzten Jahren fanden interinstitutionelle Ad-hoc-Zusammenkünfte statt, um sich über die Einschätzung des Sachstands auszutauschen. Seit 2011 musste die Kommission Entwürfe von Berichtigungshaushaltsplänen (EBH) vorlegen, deren Ziel darin bestand, das Niveau der Mittel für Zahlungen beträchtlich anzuheben, um Engpässen vorzubeugen. Weil zunächst weniger Mittel für Zahlungen bewilligt wurden, kam es zu wiederholten EBH, die das Beschlussfassungsverfahren über den Entwurf des Haushaltsplans, der Hauptgegenstand der Konzertierung sein sollte, komplizierter gestalteten. Die Berichtigungshaushaltspläne wurden zu einem späten Zeitpunkt erlassen, was die Steuerung des Zahlungsprozesses weiter erschwerte.

Das nachstehende Diagramm veranschaulicht vor dem Hintergrund stetig zunehmender Mittel für Verpflichtungen die immer angespanntere Situation bei den jährlichen Zahlungshaushalten und Obergrenzen und die allmähliche Verringerung des Abstands zwischen der Obergrenze der Mittel für Zahlungen und den bewilligen Mitteln, eine Entwicklung, die 2014 darin gipfelte, dass der Spielraum für unvorhergesehene Ausgaben in Anspruch genommen werden musste.

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Im Dezember 2014 vereinbarten das Europäische Parlament und der Rat im Rahmen der Einigung über die Haushaltspläne 2014 und 2015 folgende gemeinsame Erklärung:

 

Gerade im Hinblick auf die Kohäsionspolitik sind sich die Organe einig über das Ziel, im Rahmen des laufenden MFR die Höhe der unbezahlten Rechnungen zu verringern, so dass sie sich am Jahresende auf ihrem strukturellen Niveau befinden.

Um dieses Ziel zu erreichen,

stimmt die Kommission zu, zusammen mit den gemeinsamen Schlussfolgerungen zum Haushaltsplan 2015 die aktuellste Prognose über die Höhe der unbezahlten Rechnungen bis Ende 2014 vorzulegen; die Kommission wird im März 2015, wenn ein Gesamtbild von der Höhe der unbezahlten Rechnungen am Ende des Jahres 2014 für die Hauptpolitikbereiche vorliegt, diese Zahlen aktualisieren und Alternativszenarien vorschlagen;

werden sich die drei Organe auf dieser Grundlage bemühen, eine Einigung über einen Höchstbetrag der am Jahresende aufgelaufenen unbezahlten Rechnungen zu erzielen, der als tragbar angesehen werden kann;

verpflichten sich die drei Organe, auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung der MFR-Verordnung, der vereinbarten Mittelausstattungen der Programme sowie aller anderen rechtsverbindlichen Vereinbarungen, ab 2015 einen Plan zur Verringerung der Höhe der unbezahlten Rechnungen — entsprechend der Umsetzung der Programme des Zeitraums 2007-2013 — auf die gemeinsam vereinbarte Höhe zum Zeitpunkt der Halbzeitüberprüfung des laufenden mehrjährigen Finanzrahmens umzusetzen. Die drei Organe werden sich rechtzeitig vor der Vorlage des Entwurfs des Haushaltsplans 2016 über einen solchen Plan einigen. Angesichts des außerordentlich hohen Niveaus an unbezahlten Rechnungen kommen die drei Organe überein, alle Möglichkeiten zur Senkung der Höhe der betreffenden Rechnungen zu prüfen.

Jedes Jahr legt die Kommission zusammen mit ihrem Entwurf des Haushaltsplans ein Dokument zur Bewertung des Niveaus unbezahlter Rechnungen vor und erläutert, wie und um welchen Betrag dieses Niveau laut Entwurf des Haushaltsplans gesenkt werden kann. In diesem jährlichen Bericht werden eine Bilanz über die bisher erzielten Fortschritte gezogen und Anpassungen an den Plan im Einklang mit den aktualisierten Zahlen vorgeschlagen.

Als unmittelbare Reaktion auf die gemeinsame Erklärung legte die Kommission am 15. Dezember 2014 eine aktualisierte Prognose über die Höhe der offenen Auszahlungsanträge bis Ende 2014 vor, die in Anhang 1 wiedergegeben ist.

Das vorliegende Dokument bietet einen Überblick über den Stand des Haushaltsvollzugs zum Ende des Jahres 2014 unter besonderer Berücksichtigung des Rückstands bei den kohäsionspolitischen Programmen 2007-2013, und zwar im Hinblick darauf, diesen bis zur Halbzeitüberprüfung im Jahr 2016 auf eine vereinbarte Höhe zu senken. Das Dokument behandelt auch die Entwicklung des Rückstands bei den anderen Rubriken, auch wenn das Problem des Rückstands, in absoluten Zahlen gesehen, hier weitaus weniger akut ist als in Teilrubrik 1b: Der Rückstand offener Auszahlungsanträge bei den anderen Rubriken belief sich Ende 2014 auf rund 1,8 Mrd. EUR.

2.   SACHSTAND ENDE 2014

2.1.   Haushaltsvollzug zum Ende des Jahres 2014

Ende des Jahres 2014 belief sich der Betrag der ausgeführten Mittel für Zahlungen (vor Mittelübertragung) auf 134,6 Mrd. EUR (99 % der endgültigen Mittel des Haushaltsjahres 2014). Die Nichtausschöpfung von Mitteln für Zahlungen (nach Mittelübertragung) war so gering wie nie: Sie belief sich auf 32 Mio. EUR gegenüber 107 Mio. EUR im Jahr 2013 und 66 Mio. EUR im Jahr 2012. Eine so hohe Ausführungsrate trotz der späten Annahme des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans 3/2014 ist eine Bestätigung für die angespannte Situation bei den Mitteln für Zahlungen, insbesondere im Hinblick auf den Abschluss der Programme 2007-2013. In vielen Fällen wurden die entsprechenden Haushaltslinien auch mit Mitteln aufgestockt, die ursprünglich für die Zahlung der Vorschüsse für die neu angenommenen Programme 2014-2020 vorgesehen waren.

Während des Jahres 2014 wurden die Mittel für Zahlungen für die Kohäsionsprogramme 2007-2013 um 4,6 Mrd. EUR aufgestockt. Davon entfielen 2,5 Mrd. EUR auf den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans 3/2014, 0,6 Mrd. EUR auf die Mittelübertragung zum Jahresende (11) und 1,5 Mrd. EUR auf interne Übertragungen aus den Programmen 2014-2020. Diese Mittelerhöhungen trugen dazu bei, dass sich der Rückstand bei den Kohäsionsprogrammen 2007-2013 zum Jahresende 2014 stabilisierte.

Ein hoher Betrag nicht verwendeter Mittel für Verpflichtungen wurde auf 2015 übertragen bzw. umverteilt, nicht nur zugunsten der Kohäsionspolitik, sondern auch zugunsten der Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum (Rubrik 2) und der Migrations-und Sicherheitsfonds (Rubrik 3). Infolgedessen ging der Betrag der noch abzuwickelnden Mittelbindungen (RAL) auf 189 Mrd. EUR zum Jahresende 2014 zurück, was gegenüber dem RAL zum Jahresende 2013 einen Rückgang um 32 Mrd. EUR darstellte. Diese Abnahme des RAL ist jedoch in gewisser Weise künstlich, da sie hauptsächlich aus der Nichtinanspruchnahme von Mitteln für Verpflichtungen für die Programme 2014-2020 resultiert, die auf 2015 und spätere Jahre übertragen und umverteilt wurden, so dass sich ein diesbezüglicher RAL erst später bemerkbar machen wird. Wären alle Mittel für die neuen Programme 2014 gebunden worden, hätte sich der RAL nur wenig von dem des Jahres 2013 unterschieden (224 Mrd. EUR).

Das nachstehende Diagramm veranschaulicht die Entwicklung des RAL über den Zeitraum 2007-2014 und die Prognose für die Höhe des RAL zum Ende des Jahres 2015, sowohl für den Haushalt insgesamt als auch für die unter die geteilte Verwaltung fallenden Programme der Rubriken 1b, 2 und 3 und die anderen Programme/Rubriken. Wie aus dem Diagramm hervorgeht, wird die Gesamthöhe des RAL zum Jahresende 2015 voraussichtlich auf ein Niveau zurückgehen, das dem zum Jahresende 2013 vergleichbar ist. Das Diagramm zeigt aber auch den Unterschied zwischen den unter die geteilte Verwaltung fallenden Programmen der Rubriken 1b, 2 und 3, für die der RAL zum Jahresende 2015 im Vergleich zum Jahr 2013 zurückgehen dürfte, und den anderen Programmen/Rubriken, für die der RAL zum Jahresende 2015 steigen dürfte.

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2.2.   2014 getroffene entschärfende Maßnahmen

Am 28. Mai 2014 legte die Kommission ihren Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans 3/2014 vor, in dem sie für 2014 zusätzliche Mittel für Zahlungen beantragte. Nach einem langwierigen Annahmeverfahren wurde der EBH 3/2014 schließlich am 17. Dezember 2014 genehmigt. In Erwartung des Erlasses des Berichtigungshaushaltsplans führte die Kommission im Laufe des Jahres 2014 eine Reihe von entschärfenden Maßnahmen ein, um innerhalb eines außergewöhnlich engen Haushaltsrahmens die aus Mittelbindungen der Vergangenheit stammenden rechtlichen Verpflichtungen erfüllen und gleichzeitig die neue Generation von Programmen einleiten zu können.

Um die vereinbarten politischen Maßnahmen mit den im Haushaltsplan bewilligten Mitteln umsetzen zu können, verfolgte die Kommission den Ansatz einer aktiven Haushaltsführung unter Berücksichtigung von drei grundlegenden Prinzipien:

Minimierung der finanziellen Auswirkungen von Verzugszinsen und potenziellen Verbindlichkeiten für den EU-Haushalt;

größtmögliche Umsetzung der Programme;

Minimierung der möglicherweise negativen Auswirkungen von Beschlüssen auf Dritte und die Gesamtwirtschaft.

Entsprechend umfassten die Maßnahmen zur Sicherstellung einer aktiven Bewirtschaftung der knappen Mittel für Zahlungen Folgendes: proaktive Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge, Begrenzung der auf Treuhandkonten ruhenden ungenutzten Beträge, Senkung der Vorschusssätze, größtmögliche Ausschöpfung der höchstzulässigen Zahlungsfristen, Verschiebung von Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen/Ausschreibungen und der entsprechenden Auftragsvergabe.

Diese entschärfenden Maßnahmen trugen dazu bei, dass die Kommission ihren Status als erstklassiger Investor und ihren Ruf als zuverlässiger und sicherer Partner bewahren konnte. Es gelang der Kommission, die negativen Auswirkungen des Mangels an Mitteln für Zahlungen so weit wie möglich zu minimieren, z. B. in Form einer Begrenzung der Höhe der Verzugszinsen. Trotz eines fast fünffachen Anstiegs im Vergleich zu 2013 ist der Betrag der zum Ende des Jahres 2014 gezahlten Zinsen noch immer gering (3 Mio. EUR). Der relativ höhere Anstieg bei Teilrubrik 1a (Wettbewerbsfähigkeit für Wachstum und Arbeitsplätze) und Rubrik 4 (Europa in der Welt), wie er aus der nachstehenden Tabelle hervorgeht, veranschaulicht den Druck auf die Mittel für Zahlungen.

Verzugszinsen (in EUR)

 

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

Teilrubrik 1a

294 855

157 950

173 748

329 615

137 906

243 748

1 047 488

Teilrubrik1b

1 440

5 324

6 220

11 255

31 726

71 620

103 960

Rubrik 2

27 819

1 807

9 576

15 713

61 879

30 991

61 985

Rubrik 3

13 417

59 852

48 673

50 397

29 375

13 060

7 252

Rubrik 4

250 204

178 468

257 818

1 266 425

335 820

247 786

1 797 825

Rubrik 5

43 915

442 678

237 367

60 825

142 254

46 187

8 614

Insgesamt

631 651

846 079

733 403

1 734 230

738 960

653 392

3 027 124

Die Verzugszinsen im Bereich der Kohäsionspolitik (Teilrubrik 1b) sind nicht signifikant, da der größte Teil dieser Rubrik unter die geteilte Verwaltung fällt und im Rahmen der geteilten Verwaltung keine Verzugszinsen anfallen. Unter dem Aspekt der Glaubwürdigkeit ist die Nichteinhaltung der in den Rechtsvorschriften festgelegten Fristen für die unter die geteilte Verwaltung fallenden Politikbereiche jedoch in höchstem Maße bedenklich.

3.   TERMINOLOGIE

In diesem Abschnitt wird eine Reihe von Begriffen definiert, die in diesem Dokument verwendet werden.

3.1.   Projektzyklus

Bevor sie ein operationelles Programm oder ein Projekt genehmigt, reserviert die Kommission die Mittel dadurch, dass sie bei einer Haushaltslinie eine Mittelbindung über einen bestimmten Betrag vornimmt. Durch diesen Vorgang wird ein Teil der bewilligten Mittel für Verpflichtungen aufgebraucht.

Sehr oft führt die Unterschrift unter den Projektvertrag oder die Genehmigung eines operationellen Programms zur Leistung einer gewissen Vorschusszahlung, durch die der Begünstigte in die Lage versetzt wird, mit dem Projekt zu beginnen, ohne einen Kredit aufnehmen zu müssen. Bei Erreichen festgelegter Zwischenziele ist der Begünstigte berechtigt, Zwischenzahlungsanträge zu stellen und sich die im Zusammenhang mit dem Programm entstandenen Ausgaben erstatten zu lassen.

Bei wichtigen Programmen, z. B. im Bereich der Forschung (Horizont 2020), der Strukturfonds, des Europäischen Fischereifonds und der Entwicklung des ländlichen Raums, führen Anträge auf Zwischenzahlung, sobald ein gewisser Durchführungsstand erreicht ist, nicht mehr zu Zahlungen, da sie durch die Vorschüsse gedeckt sind. Außerdem wird ein Prozentsatz der insgesamt für das Projekt oder das Programm bereitgestellten Mittel erst bei Abschluss gezahlt, wenn sich die Kommission davon überzeugt hat, dass alle Arbeiten im Einklang mit der ursprünglichen Vereinbarung ausgeführt wurden. Ist dies nicht der Fall, werden die Mittelbindungen zum Teil aufgehoben. In gewissen Fällen kann die Kommission auch Einziehungsanordnungen ausstellen, um ungerechtfertigte Zahlungen wiedereinzuziehen.

3.2.   Noch abzuwickelnde Mittelbindungen (RAL)

Noch abzuwickelnde Mittelbindungen werden in der Regel als „RAL“ bezeichnet, nach dem französischen Akronym für „Reste à Liquider“. Man versteht darunter den Teil einer Mittelbindung, der nicht irgendwann durch Leistung einer Zahlung realisiert wurde. Bei mehrjährigen Projekten erfolgt die Mittelbindung zu Beginn des Projekts bei gleichzeitiger Zahlung begrenzter Vorschüsse, während in einer späteren Phase, wenn das Projekt durchgeführt wird, Zwischenzahlungen geleistet werden und bei Abschluss des Projekts die Schlusszahlung erfolgt.

Ein großer Teil des EU-Haushalts betrifft Investitionen, deren Durchführung sich über mehrere Jahre erstreckt. Je nach der Differenz zwischen den im Jahreshaushalt bewilligten Mitteln für Verpflichtungen und Mitteln für Zahlungen verändert sich der Gesamtbetrag des RAL. Dagegen bestimmen die Geschwindigkeit, mit der das Volumen der Mittelbindungen zunimmt, und das Tempo der Programmdurchführung die normale Entwicklung des RAL. Der RAL steigt jedoch unabhängig vom Durchführungstempo weiter an, wenn nicht genügend Mittel für Zahlungen veranschlagt werden. In diesem letztgenannten Fall erhöht sich das Niveau der zum Jahresende noch offenen Auszahlungsanträge.

Das Verhältnis zwischen dem RAL und den Mittelbindungen eines Jahres ist ein guter Indikator, um die Höhe des RAL bei spezifischen Programmen mit der Mittelausstattung dieser Programme zu vergleichen. So ist z. B. bei einjährigen Programmen und Aktionen, wie z. B. Erasmus oder humanitäre Hilfe, das Verhältnis zwischen RAL und Mittelbindungen niedriger als eins, was bedeutet, dass die meisten Mittelbindungen innerhalb eines Jahres gezahlt werden. Bei den Kohäsionsprogrammen beträgt das Verhältnis zwischen RAL und Mittelbindungen dagegen typischerweise 2½ oder 3, worin sich die Auswirkungen der in den Rechtsakten verankerten Vorschriften über die automatische Aufhebung von Mittelbindungen (die sogenannte „N+2“- und „N+3“-Regel, siehe Abschnitt 4.1) widerspiegeln. Bestimmte Programme im Rahmen der Rubrik 4 verfügen aufgrund des komplexen Verhandlungszyklus im Zusammenhang mit der Durchführung über eine höhere Verhältniszahl. Die Kommission berücksichtigt diese Indikatoren bei den von ihr beantragten Mitteln für Zahlungen.

3.3.   Liquiditätsengpässe vs. Mangel an Mitteln für Zahlungen

Die Liquidität der Kommission ist zum größten Teil von den Beträgen abhängig, die gemäß den Eigenmittelvorschriften auf monatlicher Grundlage bei den Mitgliedstaaten abgerufen werden. Die Kommission darf keine Kredite aufnehmen, um einen Mangel an liquiden Mitteln zu überbrücken. Liquiditätsengpässe können zu vorübergehenden Verzögerungen bei den Zahlungen an die Empfänger von EU-Mitteln führen, obwohl im Haushaltsplan für das betreffende Haushaltsjahr genügend Mittel für Zahlungen bewilligt wurden. Wenn dies geschieht, dann in der Regel zu Beginn des Jahres, weil die Summe der zum Ende des Vorjahres noch offenen Auszahlungsanträge und der in den ersten Monate des laufenden Jahres (z. B. für den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft) zu zahlenden Auszahlungsanträge den monatlichen Zufluss der der Kommission zur Verfügung gestellten Eigenmittel überschreitet. Mit dem Abbau des Zahlungsrückstands aus dem Vorjahr und dem weiteren monatlichen Mittelzufluss im Laufe des Jahres verliert der Liquiditätsengpass in den folgenden Monaten des Jahres an Bedeutung.

Die Zahlungsengpässe zu Beginn des Jahres werden durch den Mangel an Mitteln für Zahlungen verschärft, da die monatlichen Mittelabrufe auf den Einnahmen basieren, die im bewilligten Haushaltsplan vorgesehen sind, wie er sich vor dem Erlass von Berichtigungshaushaltsplänen zur Erhöhung des Niveaus der Mittel für Zahlungen, der in der Regel gegen Ende des Jahres erfolgt, darstellt.

Je nach dem genauen Zeitpunkt des Erlasses (d. h. vor oder nach dem 16. November des betreffenden Jahres) kann der entsprechende zusätzliche Abruf von Eigenmitteln, mit denen die in die zum Jahresende erlassenen Berichtigungshaushaltspläne eingestellten zusätzlichen Mittel für Zahlungen gedeckt werden sollen, dazu führen, dass die Kassenmittel erst zu Beginn des nächsten Haushaltsjahres verfügbar sind, was die Ausführung der Berichtigungshaushaltspläne im gleichen Jahr erschweren kann.

3.4.   Rückstand offener Auszahlungsanträge zum Jahresende

Zum Ende eines jeden Jahres gibt es einen Rückstand offener Auszahlungsanträge, d. h. Forderungen, die von den Empfängern von EU-Mitteln geltend gemacht wurden und innerhalb einer festgesetzten Frist (in der Regel weniger als zwei Monate) beglichen werden müssen, aber noch nicht beglichen wurden (12). Dies ist einem der nachstehenden drei Gründe zuzuschreiben:

a)

Andauernde Unterbrechungen/Aussetzungen: Die Zahlungen wurden für bestimmte Begünstigte/Programme unterbrochen. Zahlungsunterbrechungen sind in der Regel kurzfristige förmliche Maßnahmen, mit denen die Kommission die Zahlung so lange aussetzt, bis die fehlenden Informationen vorgelegt oder das Verwaltungs- und Kontrollsystem überprüft wurde.

b)

Zeitwahl: Die Auszahlungsanträge wurden nicht gezahlt, weil sie in den allerletzten Tagen des Jahres übermittelt wurden, so dass für die Bearbeitung vor Jahresende nicht mehr genügend Zeit blieb.

c)

Fehlen von Mitteln: Die Auszahlungsanträge wurden nicht gezahlt, weil die bewilligten Mittel für Zahlungen bei der entsprechenden Haushaltslinie erschöpft waren.

Ein Teil des Rückstands gilt als „normal“ (Buchstaben a und b). Die Zunahme des „anormalen“ Rückstands offener Auszahlungsanträge, der größtenteils auf die Kohäsionspolitik entfällt, hängt mit dem Mangel an Mitteln für Zahlungen zusammen (Buchstabe c), wobei zu Beginn des Jahres auch die Liquiditätsengpässe eine Rolle spielen (siehe Abschnitt 3.3). In Abschnitt 4 wird der Fall der Kohäsionspolitik eingehender behandelt.

4.   TEILRUBRIK 1B: ENTWICKLUNG DES RÜCKSTANDS UND AUSBLICK

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem spezifischen Fall der Kohäsionspolitik (Teilrubrik 1b). Zunächst werden die Hauptmerkmale der Strukturfonds dargestellt und erklärt, wie spezielle Ereignisse der Vergangenheit oder im Zusammenhang mit den Rechtsvorschriften die gegenwärtige schwierige Situation geschaffen haben. Im Anschluss daran wird untersucht, wie ein „normaler“ Rückstand definiert werden könnte, und eine detaillierte Analyse der Situation zum Ende des Jahres 2014 vorgenommen.

4.1.   Ausführung der Strukturfonds 2007-2013

Strukturfonds 2007-2013: Hauptmerkmale

Die aus der Teilrubrik 1b finanzierten Projekte gliedern sich nach operationellen Programmen. Diese operationellen Programme werden von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen und von der Kommission zu Beginn des Programmplanungszeitraums für dessen gesamte Dauer ausgehandelt und angenommen. Jedes operationelle Programm wird im Wege der geteilten Verwaltung in Form einzelner Projekte durchgeführt. Dies bedeutet, dass die Mittel von den Mitgliedstaaten ausgeführt werden. Die Kommission beteiligt sich im Rahmen von Monitoringausschüssen, in denen sie eine beratende Rolle bei der Projektauswahl wahrnimmt und die Projektdurchführung anhand jährlicher Durchführungsberichte überwacht.

Die Programme werden aus dem EU-Haushalt kofinanziert. Dies bedeutet, dass die Kommission nicht die vollen Programmkosten trägt. Die Mitgliedstaaten müssen ihrerseits Mittel aufbringen, um einen Teil der Programme zu finanzieren.

Sobald ein Programm angenommen wurde, besteht für die Europäische Union eine rechtliche Verpflichtung für den gesamten Zeitraum. Die Kommission hat von 2007 bis 2013 jährlich jeweils vor Ende April auf der Grundlage der Finanzplanung des Programms und nicht der tatsächlichen Durchführung der Projekte des Programms die Mittel automatisch gebunden. Während die Zahlungen der EU niemals die zulasten des EU-Haushalts vorgenommenen Mittelbindungen überschreiten können, sind die Ausgaben von Beginn des Zeitraums an (d. h. sogar vor der Annahme des Programms) bis zum Ende des Förderzeitraums förderfähig.

Nach der Genehmigung des Programms zahlt die Kommission Vorschüsse. Diese Zahlungen erfolgen automatisch an den Mitgliedstaat und stehen diesem bis zu ihrer Abrechnung bei Programmabschuss zur Verfügung.

Im Zuge der Durchführung der verschiedenen Projekte reichen die Mitgliedstaaten über ihre Bescheinigungsbehörde Anträge auf Zwischenzahlungen ein. Die Kommission leistet die beantragten Zwischenzahlungen auf der Grundlage des geltenden Kofinanzierungssatzes, sofern keine Unterbrechung oder Aussetzung beschlossen wird.

Dieser Mechanismus funktioniert so lange, wie der Gesamtbetrag der von der Kommission gezahlten Vorschüsse und der von den Mitgliedstaaten für die Programme eingereichten Anträge auf Zwischenzahlung weniger als 95 % der Finanzausstattung der Programme beträgt. Sobald dieser Schwellenwert erreicht ist, kann der Mitgliedstaat zwar weiterhin seine Auszahlungsanträge einreichen, diese werden jedoch dazu herangezogen, etwaige noch offene Vorschüsse abzurechnen. Der Restbetrag wird bei Programmabschluss gezahlt. Die Mitgliedstaaten müssen die förderfähigen Ausgaben bis zur Höhe der zu Beginn des Zeitraums erhaltenen Vorschüsse und des für den Programmabschluss einbehaltenen Betrags (5 % der Gesamtzuweisung) nachweisen.

Nach Ende des Förderzeitraums ist ein Zeitraum von 15 Monaten für die Erstellung der Abschlussdokumente und ihre Übermittlung an die Kommission und die Beantragung der Abschlusszahlung vorgesehen. Bevor die Abschlusszahlung geleistet werden kann, überprüft die Kommission das Abschlusspaket (d. h. die Abschlusserklärung, den abschließenden Durchführungsbericht und den Restzahlungsantrag). Da diese Dokumente bis zum 31. März 2017 erwartet werden, ergeht die Entscheidung über den Abschluss (und die damit verbundenen Abschlusszahlungen) zwischen 2017 und 2019.

Je nach dem Ausgang dieses Verfahrens werden die für den Abschluss einbehaltenen 5 % dazu verwendet, die Zahlungen für die noch offenen Auszahlungsanträge zu leisten. Es kann aber auch vorkommen, dass die Kommission bei Abschluss nicht den vollen Betrag zahlt. Die Mittelbindung, die dem nicht gezahlten Betrag entspricht, wird in diesem Fall aufgehoben. Sind die Korrekturen höher als 5 %, zieht die Kommission den zu Unrecht gezahlten Betrag wieder ein.

Die N+2-/N+3-Regel

Die N+2-/N+3-Regel wurde erstmals für den Programmplanungszeitraum 2000-2006 eingeführt. Die Regel besagt, dass eine im Jahr N vorgenommene Mittelbindung bis zum 31. Dezember des Jahres N+2 (N+2-Regel) durch Vorschüsse und Anträge auf Zwischenzahlung in gleicher Höhe gedeckt sein muss. So muss z. B. eine im Jahr 2012 vorgenommene Mittelbindung bis zum 31. Dezember 2014 vollständig durch Auszahlungsanträge gedeckt sein. Für den Betrag, der nicht gedeckt ist, wird die Mittelbindung aufgehoben, was bedeutet, dass die Mittel für den Mitgliedstaat verloren sind. In der gesamten Geschichte der Strukturfonds hat es bisher jedoch keine nennenswerten Aufhebungen von Mittelbindungen nach der N+2-/N+3-Regel gegeben.

Zweck der Regel ist es, die Finanzdisziplin bei der Verwaltung der EU-Mittel sicherzustellen. Da die Mittelbindungen automatisch vorgenommen werden, sobald ein Programm genehmigt wurde, verpflichtet die Regel die Mitgliedstaaten dazu, die Projekte dynamisch durchzuführen und Probleme am Ende des Zyklus zu vermeiden. Die Regel sorgt auch für ein ausgeglicheneres Zahlungsprofil, da die Mitgliedstaaten die Auszahlungsanträge in regelmäßigen Abständen einreichen müssen. Durch eine Lockerung der Regelung, vor allem in der Folge der Finanzkrise von 2008, kam es jedoch, wie im nächsten Kapitel erläutert wird, zu einer Abschwächung ihres Regulierungseffekts.

Diese Regel ist der eigentliche Grund für die Konzentration der Auszahlungsanträge am Jahresende: Die Mitgliedstaaten müssen ihre Auszahlungsanträge über ein spezielles IT-System bis zum 31. Dezember um Mittenacht übermitteln. Obwohl sie rechtlich dazu verpflichtet sind, ihre Anträge regelmäßig, über das ganze Jahr verteilt vorzulegen (13), machen viele von ihnen, wie die Erfahrung der Vergangenheit lehrt, erst in den letzten Wochen hohe Beträge geltend.

4.2.   Profil der Auszahlungsanträge für den Programmplanungszeitraum 2007-2013

Haupttreiber des Zahlungszyklus

Am Anfang des Zeitraums werden hohe Vorschussbeträge gezahlt, woran sich im Zuge des Strukturaufbaus der Programme und des Beginns der Projektdurchführung einige Jahre lang relativ niedrige Zwischenzahlungen anschließen. Da die N+2-/N+3-Regelung ihre Wirkung frühestens am Ende des dritten Jahres des Programmplanungszeitraums zu entfalten beginnt, besteht zu Beginn des Finanzrahmens kein Druck zur Einreichung von Anträgen. Außerdem sind die zu Beginn des Programmplanungszeitraums vorgenommenen Mittelbindungen noch zu einem großen Teil durch die Vorschüsse gedeckt. Etwa zwei bis drei Jahre vor Ablauf des Programmplanungszeitraums beginnt das jährliche Volumen der Zwischenzahlungen zu steigen, da die Programme jetzt zur Auszahlungsreife gelangen und die Auszahlungsanträge ihren normalen Rhythmus erreichen. Ein Höhepunkt ist am Ende des Programmplanungszeitraums/Anfang des folgenden Programmplanungszeitraums zu beobachten, worauf es in den folgenden Jahren zu einem Rückgang auf nahezu null kommt, wenn die Programme die 95 %-Schwelle erreichen. Wie bereits ausgeführt, werden die Abschlusszahlungen ein bis drei Jahre nach Ende des Förderzeitraums geleistet.

Ausnahmeregelungen

Drei Entwicklungen in dem für den Programmplanungszeitraum 2007-2013 geltenden Rechtsrahmen verstärkten den zyklischen Charakter der Zwischenzahlungen:

1.

Übergang von der N+3- auf die N+2-Regel. Im Rahmen des bei der Aufstellung des MFR 2007-2013 geschlossenen Gesamtkompromisses wurden die neuen Mitgliedstaaten sowie Griechenland und Portugal für die Mittelbindungstranchen der Jahre 2007-2010 einer N+3-Regel und danach bis zum Ende des Programmplanungszeitraums einer N+2-Regel unterworfen. Dies bedeutet, dass diese Mitgliedstaaten zum Ende des Jahres 2013 zwei Mittelbindungstranchen abdecken mussten: die Tranche des Jahres 2010 und die Tranche des Jahres 2011. Natürlich haben die Mitgliedstaaten mit der Durchführung der Programme und der Einreichung ihrer Auszahlungsanträge nicht notwendigerweise bis zum Ablauf der bis zur Aufhebung der Mittelbindung eingeräumten Frist gewartet, so dass es 2013 nicht zu einer Verdoppelung der Auszahlungsanträge kam. Dennoch hat diese Regel durch die Anhäufung eines wachsenden Rückstands den Spitzenwert des Jahres 2013 mit seinem Ausstrahlungseffekt auf die folgenden Jahre deutlich verstärkt.

2.

Die Mitgliedstaaten mussten ihre einschlägigen Kontrollsysteme einer Konformitätsprüfung unterziehen. Die Ergebnisse der Konformitätsprüfung mussten von der Kommission gebilligt werden. Anträge auf Zwischenzahlung konnten eingereicht werden, die Erstattung durch die Kommission erfolgte aber erst nach Genehmigung der Konformitätsbewertung. Obwohl die meisten Programme 2007 angenommen wurden, verzögerte sich die Einreichung der Anträge (oder zumindest ihre Erstattung durch die Kommission), so dass 2008 fast keine Zwischenzahlungen geleistet wurden.

3.

Als Reaktion auf die Finanzkrise gab es laute Forderungen der Mitgliedstaaten, die Mittelbindungstranche für das Jahr 2007 von der N+2-/N+3-Regel auszunehmen. Dies wurde von der Kommission akzeptiert, doch anstatt die Frist bis zur Aufhebung der Mittelbindung für die Tranche des Jahres 2007 um ein Jahr zu verlängern, wurde die N+2-/N+3-Regel durch einen einstimmigen Beschluss des Rates, die Verpflichtung im Zusammenhang mit der Tranche des Jahres 2007 in sechs Sechsteln auf den gesamten Zeitraum zu verteilen, weiter aufgeweicht. Diese sogenannte „griechische Regel“ ermöglichte es, weniger Auszahlungsanträge zu Beginn des Zeitraums, dafür aber mehr Auszahlungsanträge zum Ende des Zeitraums einzureichen.

Außerdem wurde — ebenfalls als Reaktion auf die Krise — der Förderzeitraum für die Ausgaben im Zusammenhang mit den Programmen 2000-2006 von Ende 2008 auf 2009 verlängert (durch Änderung des Genehmigungsbeschlusses der Kommission für das Programm), weshalb sich die Mitgliedstaaten weiterhin auf die Durchführung der Programme 2000-2006 konzentrierten. Dies hatte zur Folge, dass sich die Durchführung der Programme 2007-2013 und die damit verbundene Einreichung der Anträge auf Zwischenzahlung für den Zeitraum 2007-2013 verzögerte.

Vergleich der Programme 2000-2006 mit den Programmen 2007-2013

Während am Ende des vierten Jahres des Programmplanungszeitraums 2007-2013 von der N+3- zur N+2-Regel übergegangen wurde, gab es während des Programmplanungszeitraums 2000-2006 nur eine N+2-Regel, auch wenn 2004 wegen des Beitritts von zehn neuen Mitgliedstaaten einige Anpassungen vorgenommen wurden.

In dem nachstehenden Diagramm werden die kumulierten Zwischenzahlungen für den Zeitraum 2000-2006, die in den Jahren 2001-2007 geleistet wurden, ausgedrückt als Prozentsatz der Gesamtdotierung, mit den kumulierten Zwischenzahlungen für die Programme 2007-2013, die von 2008 bis 2014 geleistet wurden, ebenfalls ausgedrückt als Prozentsatz der Gesamtdotierung, verglichen.

Diagramm 1: Jahresrhythmus der kumulativen Zwischenzahlungen (mit einem zeitlichen Abstand von einem Jahr): Zeitraum 2000-2006 (EU-15) vs. Zeitraum 2007-2013 (% der Gesamtdotierung ohne Vorschüsse)

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Wie aus dem Diagramm hervorgeht, blieben die kumulativen Zahlungen für die Programme 2007-2013 durchweg hinter dem Wert für den Zeitraum 2000-2006 zurück, wenn auch mit aufholender Tendenz gegen Ende des Zeitraums. Dieses verzögerte Profil für die Programme 2007-2013 war die Folge der oben beschriebenen Faktorenkombination. Es erklärt die Nichtausschöpfung der Mittel für Zahlungen und der Obergrenze dieser Mittel zu Beginn des Zeitraums, da das Zahlungsprofil für die Programme 2000-2006 als Bezugswert für die Festlegung der Obergrenzen herangezogen worden war.

Mit Beginn des Aufholens der Auszahlungsanträge in einer späteren Phase wurden die Zahlungen durch die Höhe der bewilligten Mitteln für Zahlungen und/oder die Obergrenze der Mittel für Zahlungen stark eingeschränkt, was zur Bildung des Rückstands führte.

Entwicklung des Rückstands 2007-2014

Das folgende Diagramm (14) gibt einen Überblick über die Entwicklung des Rückstands für die Programme 2007-2013 über den Zeitraum 2007-2016.

Diagramm 2: Kohäsionspolitische Programme 2007-2013: Entwicklung der offenen Auszahlungsanträge zum Jahresende 2007-2016 (in Mrd. EUR)

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Wie aus dem Diagramm hervorgeht, begann sich der Rückstand bei den Programmen 2007-2013 im Jahr 2011, als er einen Wert von 11 Mrd. EUR erreichte, zu erhöhen, wobei er 2014 mit 24,7 Mrd. EUR einen Höchststand verzeichnete. Wie weiter unten ausgeführt, gehen die Prognosen auch für Ende 2015 noch von einem hohen Rückstand aus, ehe dieser Ende 2016 wieder auf einen „normalen“ und tragbaren Wert absinken wird.

4.3.   Bestandteile und Formen des Rückstands

Im Laufe des Jahres gehen bei der Kommission folgende Auszahlungsanträge für die Strukturfonds ein:

a)

berechtigte Auszahlungsanträge, die im Laufe des Jahres durch Zahlungen gedeckt werden;

b)

Auszahlungsanträge, die bereits durch die zu Beginn des Programmplanungszeitraums gezahlten Vorschüsse gedeckt sind und auf die folglich keine weiteren Zahlungen folgen;

c)

Auszahlungsanträge, für die die Zahlung erst nach Programmabschluss erfolgen kann. Bei diesen Auszahlungsanträgen ist die Einigung zwischen der Kommission und dem Begünstigten über den Programmabschluss abzuwarten;

d)

Auszahlungsanträge, für die keine Zahlung erfolgt, weil sie in den letzten Tagen des Jahres und damit zu spät übermittelt wurden, um noch vor Jahresende bearbeitet werden zu können;

e)

Auszahlungsanträge, die Gegenstand einer für bestimmte Begünstigte geltenden Unterbrechung/Aussetzung sind. Aussetzungen oder Unterbrechungen sind in der Regel kurzfristige förmliche Maßnahmen, mit denen die Kommission die Zahlung so lange aussetzt, bis die fehlenden Informationen vorgelegt oder das Verwaltungs- und Kontrollsystem überprüft wurde;

f)

Auszahlungsanträge, für die bis zum Jahresende keine Zahlung erfolgt, weil die bewilligten Mittel für Zahlungen bei der entsprechenden Haushaltslinie erschöpft waren.

Bei den letzten vier Kategorien (c bis f) handelt es sich um Auszahlungsanträge, die zum Jahresende noch offen sind, der Rückstand setzt sich aber aus Auszahlungsanträgen zusammen, die aus den Gründen d, e und f offen bleiben. Zum Jahresende noch offene Auszahlungsanträge werden bis zu einem gewissen Grad als „normal“ angesehen, nämlich dann, wenn sie auf die Gründe d und e zurückzuführen sind. Der „anormale“ Rückstand umfasst nur die offenen Auszahlungsanträge, die auf Grund f zurückzuführen sind.

Das nachstehende Diagramm veranschaulicht den Verlauf der Auszahlungsanträge für Teilrubrik 1b, von der Einreichung durch die Mitgliedstaaten über die Anerkennung als „zahlbare Anträge“ bis hin zur Bildung eines „normalen“ oder „anormalen“ Rückstands.

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Konzentration der Auszahlungsanträge am Jahresende und Zahlungszeitpunkt

Es gibt eine sehr starke Konzentration der von den Mitgliedstaaten eingereichten Auszahlungsanträge auf den Monat Dezember, die für den Zeitraum 2011-2014 von 27 % bis 35 % des jährlichen Gesamtbetrags reicht. Die Kommission muss für jeden Auszahlungsantrag, der bei ihr eingeht, Kontrollen durchführen, ehe sie die Auszahlung veranlassen kann. Je mehr Anträge in den letzten Wochen des Jahres eingehen, umso größer ist die Gefahr, dass die Anträge vor Jahresende nicht erstattet werden können.

Daher fordert die Kommission die Mitgliedstaaten immer wieder auf, ihre Auszahlungsanträge regelmäßiger, über das ganze Jahre verteilt, einzureichen.

Das nachstehende Diagramm gibt einen Überblick über die monatliche Entwicklung der Beantragung von Zahlungen für die Programme 2007-2013 von 2011 bis 2014.

Diagramm 3a: Monatlicher Verlauf der kumulativen Einreichung von Anträgen auf Zwischenzahlung für den Zeitraum 2007-2013 (in % des Gesamtbetrags)

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Wie das obige Diagramm zeigt, gibt es einen sich wiederholenden sehr starken Anstieg der Auszahlungsanträge zum Jahresende.

Diagramm 3b: Konzentration der Auszahlungsanträge auf die beiden letzten Monate des Jahres (im November und Dezember eingegangener Prozentsatz) von 2011 bis 2014

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Aus den Diagrammen ist ersichtlich, dass wegen des zunehmenden Drucks der N+2-Regel immer mehr Anträge gegen Ende des Jahres eingingen. Mit der Abschaffung der N+3-Regel im Jahr 2013 fielen alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Rumäniens, der Slowakei und Kroatiens unter die N+2-Regel. Das Volumen der 2013 eingegangenen Auszahlungsanträge wurde dadurch erheblich beeinflusst. Die Höhe der Ansprüche, die zu spät geltend gemacht wurden, um noch im Laufe des Jahres befriedigt werden zu können, hängt von der Gesamthöhe der im Laufe des Jahres geltend gemachten Ansprüche und ihrer Verteilung im Jahresverlauf ab.

Auswirkungen von Unterbrechungen und Aussetzungen

Die Kommission bedient sich, wenn sie sich möglicher Mängel bewusst ist, einer Reihe präventiver Mechanismen zum Schutz des EU-Haushalts, ehe sie Zahlungen an die Mitgliedstaaten leistet. Diese dienen insbesondere zur Verbesserung der Kontrollsysteme in den Mitgliedstaaten und sorgen damit dafür, dass die Kommission später weniger Finanzkorrekturen vornehmen muss.

Daher sind einige Auszahlungsanträge nicht sofort zahlbar, da von der Kommission eine Unterbrechung oder Aussetzung beschlossen wurde, die so lange gilt, bis Verbesserungen an den Kontrollsystemen vorgenommen wurden. Auch wenn die meisten dieser Anträge letztlich nicht abgelehnt werden, kann die Zahlung nicht sofort erfolgen.

Nach der einschlägigen Verordnung (15) kann die Kommission

die Zahlungsfrist für die Programme 2007-2013 für bis zu sechs Monate unterbrechen, wenn es Hinweise auf erhebliche Mängel in der Funktionsweise der Verwaltungs- und Kontrollsysteme des betreffenden Mitgliedstaats gibt oder wenn die Kommissionsdienststellen zusätzliche Überprüfungen vornehmen müssen, nachdem ihnen zur Kenntnis gelangt ist, dass Ausgaben in einer bescheinigten Ausgabenerklärung in Verbindung mit einer schwerwiegenden Unregelmäßigkeit stehen, die noch nicht bereinigt wurde.

die Zwischenzahlungen an einen Mitgliedstaat für die Programme 2007-2013 ganz oder teilweise aussetzen, wenn es Hinweise dafür gibt, dass die Verwaltungs- und Kontrollsysteme für das Programm einen schwerwiegenden Mangel aufweisen und der Mitgliedsgliedstaat noch nicht die notwendigen Abhilfemaßnahmen getroffen hat, die Ausgaben in einer bescheinigten Ausgabenerklärung mit einer schwerwiegenden Unregelmäßigkeit in Zusammenhang stehen, die nicht behoben wurde, oder ein Mitgliedstaat in schwerwiegender Weise gegen seine Verwaltungs- und Kontrollverpflichtungen verstoßen hat. Werden die erforderlichen Maßnahmen von dem Mitgliedstaat nicht getroffen, kann die Kommission eine Finanzkorrektur verhängen.

Schätzung des „normalen“ Rückstands

Wie bereits ausgeführt, versteht man unter dem „normalen“ Rückstand die Summe der Auszahlungsanträge, für die eine Unterbrechung oder Aussetzung beschlossen wurde, und der Anträge, die zu spät eingehen, um noch im laufenden Jahr die Zahlung leisten zu können. Auszahlungsanträge, die während der letzten zehn Kalendertage des Jahres eingehen, können als zu spät eingehend gelten, da die Kommission über eine hinreichende Sicherheit dafür verfügen muss, dass sie die verfügbaren Haushaltsmittel in vollem Umfang ausführen kann. Bei einem Teil der Anträge, für die eine Unterbrechung oder Aussetzung beschlossen wurde, handelt es sich jedoch ebenfalls um Anträge, die zu spät eingegangen sind. Diese Anträge sollten nicht doppelt gezählt werden.

Dementsprechend wächst der „normale“ Rückstand mit der Gesamtzahl der Anträge, die im Laufe des Jahres eingehen, und ihrer relativen Konzentration während der letzten Tage des Jahres.

Das nachstehende Diagramm gibt einen Überblick über die eingegangenen Auszahlungsanträge, den Rückstand zum Jahresende und die Anträge, die zu spät eingegangen sind, um eine Zahlung oder Aussetzung vorzunehmen.

Diagramm 4: Teilrubrik 1b: Anträge, Rückstand, Aussetzungen 2010-2014

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Für die letzten drei Jahre (2012-2014) kann der „normale“ Rückstand (d. h. während der letzten zehn Tage des Jahres eingegangene Anträge oder Anträge, für die eine Unterbrechung oder Aussetzung vorgenommen wurde, auch wenn sie vor den letzten zehn Tagen eingegangen sind) auf etwa die Hälfte des jeweils bis zum Jahresende entstandenen Gesamtrückstands veranschlagt werden. Die andere Hälfte hing mit dem Mangel an im Haushaltsplan bewilligten Mitteln für Zahlungen zusammen, was einen Schneeballeffekt auslöste (16).

Mit dem erwarteten Rückgang der Auszahlungsanträge in den Jahren 2015 und 2016, der voraussichtlich geringeren Zahl von Unterbrechungen/Aussetzungen und dem Fehlen eines Drucks durch die N+2-Regel zum Ende des Jahres 2015 (17) dürfte auch der „normale“ Rückstand deutlich zurückgehen.

4.4.   Ausblick auf die Zahlungen/Auszahlungsanträge für 2007-2013 in den Jahren 2015 und 2016

Prognose für 2015 und 2016 auf der Grundlage der Vorausschätzungen der Mitgliedstaaten

Nach der für den Zeitraum 2007-2013 maßgeblichen Fondsverordnung (18) müssen die Mitgliedstaaten der Kommission bis zum 30. April des Jahres N Vorausschätzungen ihrer voraussichtlichen Zwischenzahlungsanträge für das Jahr N und das Jahr N+1 übermitteln. Während der letzten Jahre haben sich die Mitgliedstaaten darauf verständigt, diese Informationen im September des Jahres N zu aktualisieren, um das wachsende Niveau offener Auszahlungsanträge (Rückstand) und die beträchtliche Konzentration der Auszahlungsanträge auf die letzten Monate des Jahres genauer einzuschätzen.

Die neue Fondsverordnung für den Zeitraum 2014 2020 (19) schreibt jedoch vor, dass die Mitgliedstaaten ihre Vorausschätzungen der Zwischenzahlungsanträge für das Jahr N und das Jahr N+1 bis zum 31. Januar des Jahres N übermitteln müssen (wobei zum 31. Juli eine Aktualisierung vorzulegen ist). Auf Ersuchen der Kommission haben die Mitgliedstaaten diese neue Frist 2015 für ihre Programme 2007-2013 auf freiwilliger Basis angewandt, was im Dezember 2014 bestätigt wurde. Nach den Daten, die die Kommission zum 3. März 2015 erhalten hat, gehen die Mitgliedstaaten derzeit davon aus, dass sie 2015 Auszahlungsanträge in Höhe von rund 48 Mrd. EUR (sowohl zahlbare als auch nicht zahlbare Anträge) und 2016 Auszahlungsanträge in Höhe von rund 18 Mrd. EUR einreichen werden (20).

Wie weiter oben ausgeführt, führen nicht alle Auszahlungsanträge unmittelbar zu Zahlungen, da bei den Zahlungen die in Artikel 79 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 (21) festgelegte „Obergrenze von 95 %“ zu berücksichtigen ist. Da immer mehr Programme die „Obergrenze von 95 %“ erreichen, wird diese Korrektur 2015 und in späteren Jahren erheblich an Bedeutung gewinnen. Folglich sind die tatsächlichen Zahlen der erwarteten zahlbaren Anträge niedriger als die Vorausschätzungen der Mitgliedstaaten, weil die über die Obergrenze von 95 % hinausgehenden Anträge erst bei Programmabschluss berücksichtigt werden. Auf der Grundlage dieser gedeckelten Vorausschätzungen geht die Kommission davon aus, dass sie 2015 Auszahlungsanträge im Wert von rund 35 Mrd. erhalten wird. Der entsprechende Wert für 2016 wird derzeit mit rund 3 Mrd. EUR veranschlagt. Der Betrag für 2016 wird sich genauer bestimmen lassen (und möglicherweise leicht höher ausfallen) sobald die Mitgliedstaaten die fehlenden Daten übermittelt oder die Daten für einige operationelle Programme revidiert haben.

In Anhang 2 finden sich nähere Angaben zu den Vorausschätzungen der Mitgliedstaaten für die Auszahlungsanträge, die sie 2015 und 2016 für die Kohäsionsprogramme 2007-2013 einreichen werden.

Prognose der Kommission auf der Grundlage der Ausführung

Ende 2014 belief sich der Gesamtbetrag der geleisteten Vorschüsse und Zwischenzahlungen auf 266,1 Mrd. EUR. Die Gesamtdotierung für die Programme der Kohäsionspolitik 2007-2013 beträgt 347,3 Mrd. EUR. Berücksichtigt man die bereits aufgehobenen Mittelbindungen und das Risiko der Aufhebung von Mittelbindungen aufgrund der Durchführung der N+2-/N+3-Regel Ende 2014, wofür die Bestätigung noch aussteht (ein maximaler Gesamtbetrag von rund 0,9 Mrd. EUR seit Beginn des Zeitraums), so beläuft sich der noch zu zahlende Betrag maximal auf etwa 80,3 Mrd. EUR. 5 % der Beträge der einzelnen Programme werden jedoch erst bei Abschluss fällig (17,3 Mrd. EUR).

Folglich beläuft sich die erwartete Höhe der noch im Jahr 2015 oder in den Folgejahren zu leistenden Zwischenzahlungen auf etwa 63 Mrd. EUR oder 18 % der Gesamtdotierung, was den Rückstand zum Ende des Jahres 2014 (24,7 Mrd. EUR) mit einschließt. Der Höchstbetrag neuer zahlbarer Auszahlungsanträge, die 2015 oder in den Folgejahren vor Abschluss eingehen werden, beträgt 38,3 Mrd. EUR. Wenn 2015 Auszahlungsanträge über einen Betrag von bis zu 35 Mrd. EUR eingehen, werden die Anträge über den restlichen Betrag von bis zu 3,5 Mrd. EUR 2016 eingehen.

Prognostizierter Rückstand zum Jahresende 2015 auf der Grundlage der berichtigten Vorausschätzungen der Mitgliedstaaten

Die im Haushaltsplan 2015 bewilligten Mittel für Zahlungen belaufen sich auf 39,5 Mrd. EUR. Dieser Betrag deckt sowohl den Rückstand aus der Zeit vor 2015 (24,7 Mrd. EUR) als auch die neuen Anträge (geschätzt auf 35 Mrd. EUR). Folglich würde sich der Ende 2015 zu erwartende Rückstand auf 20 Mrd. EUR belaufen, wovon wenigstens ungefähr die Hälfte oder ein Betrag von etwa 10 Mrd. EUR als anormaler Rückstand bestehen bliebe.

In Mrd. EUR

Rückstand Ende 2014 (berichtigt)

Vorausschätzungen der Mitgliedstaaten für Anträge des Jahres 2015, korrigiert um die Obergrenze von 95 %

Im Haushaltsplan 2015 bewilligte Mittel für Zahlungen

Für Ende 2015 prognostizierter Rückstand

24,7

~35

39,5

~20

4.5.   Für 2016 erwartete Auszahlungsanträge

Wie oben ausgeführt, wird sich der Rückstand Ende 2015 voraussichtlich auf ca. 20 Mrd. EUR belaufen, vorausgesetzt, die Vorausschätzungen der Mitgliedstaaten erweisen sich als korrekt. Darüber hinaus werden bis zum Abschluss der Programme noch weitere zahlbare Anträge in Höhe von bis zu 3,5 Mrd. EUR erwartet. Angesichts dieser relativ geringen Höhe von Auszahlungsanträgen und der Tatsache, dass es keinen Druck durch die N+2-Regel mehr geben wird, ist nicht davon auszugehen, dass ein großer Betrag zu spät beantragt werden wird, um noch im Jahr 2016 gezahlt werden zu können.

Die Kommission wird im Entwurf des Haushaltsplans 2016 eine Feinabstimmung ihrer Anträge unter Berücksichtigung des zum Ende des Jahres 2016 erwarteten „normalen“ Rückstands vornehmen. Dieser „normale“ Rückstand — der die sehr spät eingereichten Auszahlungsanträge und die fortbestehenden Unterbrechungen/Aussetzungen umfasst — dürfte jedoch im Vergleich zu den Vorjahren sehr niedrig ausfallen, da der Umfang der neuen Anträge, die 2016 eingehen werden, ebenfalls sehr niedrig sein wird und die Kommission davon ausgeht, dass die Mitgliedstaaten Mängel beheben und „saubere“ Anträge einreichen werden. Er könnte sich in einer Größenordnung von 2 Mrd. EUR bewegen. Für diesen „normalen“ Rückstand zum Jahresende 2016 wird daher im Haushaltsplan 2017 Vorsorge zu treffen sein. Der in den Haushaltsplan 2016 einzustellende Betrag würde sich damit auf rund 21,5 Mrd. EUR belaufen.

4.6.   Zusammenfassung der für die Berechnung der Auszahlungsanträge und der Rückstände herangezogenen Daten

In der nachstehenden Übersicht werden die Daten zur Finanzausstattung des Programms, zur voraussichtlichen Verwendung der im Haushaltsplan 2015 verfügbaren Mittel und zu den für 2016 maximal erwarteten Auszahlungsanträgen zusammengefasst.

Ausstehende Zwischenzahlungen 2015-2017 (Mrd. EUR)

Finanzausstattung des Programms

(1)

347,3

davon bis Ende 2014 geleistete Vorschuss- und Zwischenzahlungen

(2)

266,1

davon für den Abschluss vorbehaltener Betrag (5 %) und aufgehobene Mittelbindungen

(3)

18,2

Höchstbetrag fälliger Zwischenzahlungen (2015-2017)

(4)=(1)-(2)-(3)

~63,0

davon Rückstand zum Jahresende 2014 (offene Auszahlungsanträge)

(5)

24,7

davon Höchstbetrag fälliger Zwischenzahlungen im Zeitraum 2015-2017

(6)=(4)-(5)

38,3


Haushaltsjahr 2015, Mrd. EUR

Im Haushaltsplan 2015 verfügbare Mittel

(1)

39,5

davon Rückstand zum Jahresende 2014

(2)

24,7

davon Vorausschätzungen für 2015, korrigiert um die Obergrenze von 95 %

(3)

~35

Erwarteter Rückstand zum Jahresende 2015

(4)=(1)-(2)-(3)

~20


Haushaltsjahr 2016, Mrd. EUR

Erwarteter Rückstand zum Jahresende 2015

(1)

~20

Für 2016 vor Abschluss maximal noch zu erwartende Auszahlungsanträge

(2)

~3,5

Im Haushaltsplan 2016 für Auszahlungsanträge maximal vorzusehender Betrag

(3)=(1)+(2)

~23,5

4.7.   Zahlung bei Abschluss

Der Abschluss der Strukturfonds besitzt seine eigene Zahlungsdynamik. Jeder Mitgliedstaat reicht seine Abschlussdokumente für die einzelnen Programme bis spätestens 31. März 2017 ein. Die Kommission unterrichtet den Mitgliedstaat, sofern alle Informationen in dem ursprünglichen Abschlussdokument übermittelt wurden, binnen fünf Monaten nach Eingang der Abschlusserklärung über ihre Meinung zu deren Inhalt (22). Die Abschlusszahlungen erfolgen grundsätzlich erst nach 2016. Der für den Abschluss vorbehaltene Betrag (5 % der Gesamtzuweisung) beläuft sich auf insgesamt 17,3 Mrd. EUR, doch wird die Höhe der Zahlungen auch von der Qualität der Programmdurchführung während des Gesamtzeitraums abhängen. Etwaige im Zuge des Abschlusses im Bereich der Kohäsionspolitik vorgenommene Aufhebungen von Mittelbindungen können den Zahlungsbedarf verringern.

Als ungefährer Schätzwert mag dienen, dass der Prozentsatz der bei Abschluss aufgehobenen Mittelbindungen für den Zeitraum 2000-2006 beim Europäischen Sozialfonds (ESF) 2,6 % und beim Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) 0,9 % der Gesamtzuweisung betrug. Beim ESF gibt es jedoch noch einen RAL in Höhe von rund 0,5 Mrd. EUR im Zusammenhang mit problematischen Fällen, die Unregelmäßigkeiten aufwiesen, so dass sich der endgültige Prozentsatz der bei Abschluss aufgehobenen Mittelbindungen nach Schätzung der Kommission für diesen Fonds auf etwa 3 % belaufen wird. Die Kommission schließt nicht aus, dass die bei Abschluss aufgehobenen Mittelbindungen umfangreicher als in der Vergangenheit sein könnten, weshalb die vorgenannte Schätzung als vorsichtiger Anhaltswert dienen könnte.

Die Abschlussforderungen werden bei der Analyse des Abbaus des normalen Teils der Rückstände nicht berücksichtigt, da sie größtenteils in den Jahren 2017-2019 oder später beglichen werden und keinesfalls alle zu Zahlungen führen werden, da vor Leistung der Abschlusszahlung zunächst die zu Unrecht gezahlten Beträge in Abzug gebracht werden.

5.   ÜBRIGE RUBRIKEN: AUSBLICK AUF DIE PROGRAMME 2007-2013

5.1.   Übersicht

Im Anschluss an die detaillierte Analyse des speziellen Falls der Kohäsionspolitik (Teilrubrik 1b) in Abschnitt 4 beschäftigt sich dieser Abschnitt mit den übrigen Rubriken, deren Situation sich wie folgt zusammenfassen lässt:

Die Mittel für den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (Rubrik 2) sind nichtgetrennte Mittel, d. h., die veranschlagten Mittel sind sowohl Mittel für Zahlungen als auch Mittel für Verpflichtungen. Folglich gibt es keinen Rückstand zum Jahresende.

Die Verwaltung des Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, des Europäischen Fischereifonds (Rubrik 2) und der Fonds für die Bereiche Asyl, Migration, Grenzen und Sicherheit (Rubrik 3) erfolgt ähnlich wie bei der Kohäsionspolitik in geteilter Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten. Während es beim Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums bislang keinen Rückstand gibt, ist dies bei den anderen Fonds nicht der Fall.

Die meisten der übrigen Programme (Teilrubrik 1a und Rubrik 4) werden von der Kommission verwaltet. Wegen des Mangels an Mitteln für Zahlungen galten für viele dieser Programme die entschärfenden Maßnahmen, die die Kommission 2014 (und in einigen Fällen bereits 2013) eingeführt hat und die von einer Senkung der Vorschüsse (unter gebührender Berücksichtigung der Art und finanziellen Solidität der Durchführungspartner, Empfänger und Begünstigen) bis zur Verschiebung der Abschlusszahlungen oder Budgethilfezahlungen, zum Verzicht auf den Eingang neuer Verpflichtungen und zur Verschiebung von Auftragsvergaben reichten. Durch die meisten dieser entschärfenden Maßnahmen verschiebt sich jedoch nur der Zeitpunkt der Auszahlung, während die Verpflichtungen weiterhin erfüllt werden müssen.

Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die Entwicklung des Rückstands bei Teilrubrik 1a und Rubrik 4. Während es für den Rückstand bei Rubrik 4, der 2014 seinen höchsten Stand der letzten Jahre erreichte, eine deutliche steigende Tendenz gibt, ist die Entwicklung bei Teilrubrik 1a weniger eindeutig.

Rückstand zum Jahresende (in Mio. EUR)

 

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

Teilrubrik 1a

1 679

507

291

628

604

567

551

541

Rubrik 4

172

178

284

226

387

367

389

630

5.2.   Unter die geteilte Verwaltung fallende Programme der Rubriken 2 und 3

5.2.1.   Rubrik 2

Europäischer Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL)

Beim Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) gibt es keinen Rückstand, da dieser Fonds auf nichtgetrennten Mitteln basiert.

Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)

Bislang hat es beim Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums noch keinen Rückstand gegeben: Die Kommission war immer in der Lage, die Zahlungen für alle Auszahlungsanträge rechtzeitig zu leisten. Berücksichtigt man den Umfang des Programms für die Entwicklung des ländlichen Raums und die 95 %-Regel, die hier ebenfalls gilt, so beläuft sich der maximale Betrag an Zwischenzahlungen, die bis zum Abschluss noch anfallen könnten, für den Zeitraum 2007-2013 auf rund 8,7 Mrd. EUR. Die im Haushaltsplan 2015 für die Programme 2007-2013 bewilligten Haushaltsmittel betragen 5,9 Mrd. EUR. Der verbleibende Betrag von 2,8 Mrd. EUR ist 2016 nach Einreichung der im Januar 2016 fälligen letzten vierteljährlichen Erklärung durch die Mitgliedstaaten zu zahlen.

Der für den Abschluss vorbehaltene Betrag beläuft sich auf rund 4,8 Mrd. EUR. Der tatsächlich zu zahlende Betrag wird davon abhängen, wie hoch der Betrag der aufgehobenen Mittelbindungen ist. Legt man beispielsweise den Satz von 1,5 % zugrunde, der den beim Abschluss des vorausgegangenen Zeitraums 2000-2006 aufgehobenen Mittelbindungen entspricht, so würde sich der Betrag der Mittelbindungen, die aufgehoben werden, auf etwa 1,5 Mrd. EUR belaufen. Die Abschlusszahlungen werden voraussichtlich zwischen 2016 und 2019 erfolgen.

Europäischer Fischereifonds (EFF)

Der Verwaltungsmodus beim EFF ist ähnlich wie der bei der Kohäsionspolitik (Teilrubrik 1b). Da es beim EFF jedoch keine N+3-Regel gibt, kam es hier nicht zu den spezifischen Problemen des Übergangs von der N+3- auf die N+2-Regel zwischen der Mittelbindungstranche 2010 und der Mittelbindungstranche 2011. Außerdem gab es beim EFF auch keine „griechische Regel“, wenngleich sich der Start der Programme wegen der Verpflichtungen im Zusammenhang mit den Verwaltungs- und Kontrollsystemen ebenfalls leicht verzögerte. Dennoch war der Rückstand beim EFF in den letzten Jahren recht erheblich. Zu Beginn des Jahres 2014 war der Rückstand genauso hoch wie die bewilligten Mittel für Zahlungen für die Programme 2007-2013.

Was die zeitliche Verteilung der Auszahlungsanträge im Laufe des Jahres anbelangt, so gingen in den Jahren 2010-2014 zwei Drittel der jährlichen Auszahlungsanträge in den Monaten November und Dezember ein. Das nachstehende Diagramm gibt einen Überblick über den Rückstand bei den EEF-Programmen 2007-2013 von 2011 bis 2014 zusammen mit den ursprünglichen Mitteln für Zahlungen des darauffolgenden Jahres.

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Den Hauptgrund für die rückläufige Entwicklung des Rückstands zum Ende des Jahres 2014 bildeten die Umschichtung aller innerhalb des Haushaltskapitels verfügbaren Mittel für Zahlungen (einschließlich aller Mittel für Zahlungen für die geteilte Verwaltung des EMFF infolge des verspäteten Erlasses der neuen Rechtsgrundlage) und die Mittelaufstockungen im Zuge des Entwurfs des Berichtigungshaushaltsplans 3/2014 (erlassen als Berichtigungshaushaltsplan 2/2014) und der Mittelübertragung zum Jahresende.

Der im Haushaltspan 2015 veranschlagte höhere Betrag an Mitteln für Zahlungen sollte es ermöglichen, den Rückstand auf ein normales Ausmaß von etwa 0,1 Mrd. EUR zurückzuführen.

5.2.2.   Rubrik 3

Politik in den Bereichen Asyl, Migration, Grenzen und Sicherheit

Die gemeinsame Asyl- und Einwanderungspolitik im Zeitraum 2007-2013 wurde hauptsächlich mit Hilfe des Generellen Programms „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“ (SOLID) durchgeführt. Dieses Generalle Programm bestand aus vier Instrumenten: dem Außengrenzenfonds (EBF), dem Europäischen Rückkehrfonds (RF), dem Europäischen Flüchtlingsfonds (ERF) und dem Europäischen Fonds für die Integration von Drittstaatsangehörigen (EIF).

Das nachstehende Diagramm veranschaulicht den wachsenden Umfang der offenen Auszahlungsanträge zum Jahresende für die Programme im Bereich Asyl, Migration, Grenzen und Sicherheit.

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Obwohl im Zeitraum 2007-2014 Mittelbindungen im Umfang von 300 Mio. EUR aufgehoben wurden, erhöhte sich der RAL von 150 Mio. EUR zu Beginn des Jahres 2007 auf 2,6 Mrd. EUR im Jahr 2014. Für die Programme 2007-2013 müssen noch etwa 1,9 Mrd. EUR gezahlt werden. Die im Haushaltsplan 2015 für die Programme bewilligten Mittel für Zahlungen belaufen sich einschließlich der Mittel für die Erstzahlungen und jährlichen Vorschusszahlungen für die neuen Programme 2014-2020 auf etwas mehr als 600 Mio. EUR.

Unter Berücksichtigung des Betrags, der bei Abschluss gezahlt werden wird (geschätzt auf etwa 1 Mrd. EUR), und des Umstands, dass in den Jahren 2013 und 2014 aufgrund des Fehlens von Mitteln für Zahlungen keine zweiten Vorschusszahlungen geleistet werden konnten, wird der Bedarf an Mitteln für Zahlungen, die benötigt werden, um den Rückstand für die Programme 2007-2013 bis Ende 2016 auf ein normales Maß zu verringern, auf etwa 235 Mio. EUR geschätzt.

5.3.   Unter die direkte Verwaltung fallende Programme der Teilrubrik 1a und der Rubrik 4

5.3.1.   Teilrubrik 1a

Dieser Abschnitt gibt einen Überblick über die Zahlungssituation bei den Programmen der Teilrubrik 1a zum Jahresende 2014.

Offene Auszahlungsanträge zum Jahresende

Das nachstehende Diagramm veranschaulicht die Entwicklung der offenen Auszahlungsanträge zum Jahresende für die wichtigsten Programme der Teilrubrik 1a.

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Der hohe Umfang offener Auszahlungsanträge zum Ende des Jahres 2007 ist in erster Linie die Folge des Projektzyklus des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) und der besonders hohen Zahl noch abzuwickelnder Mittelbindungen zu diesem Zeitpunkt. Außerdem sahen die Forschungsverträge vor, dass die Zahlungen für die Kostenerstattungsanträge erst nach Vorlage der Prüfungsbescheinigungen geleistet werden können.

Die von der Kommission 2014 als Reaktion auf den Mangel an Mitteln für Zahlungen getroffenen entschärfenden Maßnahmen (siehe Abschnitt 2.2) verhinderten einen Anstieg der offenen Auszahlungsanträge zum Jahresende 2014. Die Maßnahmen umfassten die Verringerung des Umfangs der Vorschusszahlungen und die Verschiebung der Unterzeichnung neuer Verträge/Finanzhilfevereinbarungen, womit ein Teil der Zahlungen auf das darauffolgende Jahr verlagert wurde. Durch diese Maßnahmen wurde der Umfang der offenen Auszahlungsanträge zwar eingedämmt, doch hatte dies den Nebeneffekt, dass sich die Durchführung der Programme 2014-2020 verlangsamte. In einigen Fällen mussten drastischere Maßnahmen getroffen werden, um Zahlungen an besonders schutzbedürftige Empfänger Vorrang einzuräumen.

Entwicklung der noch abzuwickelnden Mittelbindungen (RAL)

Wie aus dem nachstehenden Diagramm ersichtlich, steht der weitgehend stabile Umfang der offenen Auszahlungsanträge zum Jahresende bei den Programmen der Teilrubrik 1a in scharfem Kontrast zu der deutlich steigenden Tendenz bei den noch abzuwickelnden Mittelbindungen (RAL):

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Der zunehmende RAL bei Teilrubrik 1a ist zu einem großen Teil die Folge der wachsenden Kluft zwischen Mitteln für Verpflichtungen und Mitteln für Zahlungen für den Bereich Forschung, das größte Ausgabenprogramm dieser Teilrubrik. Dies ist aus dem nachstehenden Diagramm ersichtlich, das die sukzessive Verringerung des Verhältnisses zwischen Mitteln für Zahlungen und Mitteln für Verpflichtungen veranschaulicht.

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Die nachstehende Beschreibung des Projektzyklus für die Forschungsprogramme zeigt beispielhaft, wie die Projekte der Teilrubrik 1a durchgeführt werden.

Projektzyklus im Bereich Forschung

Die Forschungsprogramme werden im Wege von Mehrjahresprogrammen durchgeführt, die Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen, öffentliche Aufträge, Studien, Expertengruppen, Teilnahme an internationalen Organisationen, Seminare und Workshops sowie Evaluierung und Monitoring umfassen. Rund 90 % der Forschungsprogramme stehen in Verbindung mit Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen, die übrigen 10 % mit anderen Tätigkeiten.

Das Jahresprogramm für das Jahr N wird von der Kommission in der Mitte des Jahres N-1 angenommen. Ab der zweiten Hälfte des Jahres N-1 werden die Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen veröffentlicht. In den meisten Fällen erfolgt die Einreichung der Vorschläge binnen drei Monaten nach Veröffentlichung der Aufforderungen. Nach Annahme des Jahresprogramms im Jahr N, spätestens aber vor Beginn der Vertragsverhandlungen werden globale Mittelbindungen vorgenommen (in der Regel bei Ablauf der Frist für die Einreichung der Vorschläge). Auf die Bewertung der Vorschläge (drei Monate) und die Auswahl (ein bis zwei Monate) folgen die Vertragsverhandlungen (ein bis sechs Monate) und die Unterzeichnung (bis zu einigen Monaten). Die Kommission/Exekutivagentur hat vom Ablauf der Frist für die Einreichung von Vorschlägen bis zum Zeitpunkt der Unterzeichnung acht Monate Zeit (die sogenannte Vorlaufzeit für die Gewährung von Finanzhilfen oder „time to grant“), davon fünf Monate, um die Bewerber über das Ergebnis der wissenschaftlichen Bewertung zu informieren, und drei Monate, um die Finanzhilfevereinbarung auszuarbeiten. Nach Vornahme der Einzelmittelbindung und der Unterzeichnung des Vertrags sollten innerhalb von 30 Tagen nach Unterzeichnung der Vereinbarung oder ab dem zehnten Tag vor Beginn der Maßnahme, je nachdem, welcher Zeitpunkt später liegt, die Vorschüsse gezahlt werden. Aufgrund der strukturellen Maßnahmen, die im Jahr 2014 von den für die Forschung zuständigen Generaldirektionen getroffen wurden, erfolgt die Vorschusszahlung für die Mittelbindung des Jahres N jetzt in vielen Fällen im Jahr N+1 und nicht im Jahr N. Die Zwischenzahlungen basieren auf Kostenaufstellungen und sind an periodische Berichte gekoppelt, die in der Regel alle 18 Monate vorzulegen sind. Die Abschlusszahlung von 10 % erfolgt nach Genehmigung des Abschlussberichts.

Für alle anderen im Arbeitsprogramm vorgesehenen Maßnahmen werden die vorläufigen Mittelbindungen im Jahr N vorgenommen und die Vorschusszahlungen im gleichen Jahr geleistet. Der Restbetrag wird im Jahr N+1 gezahlt.

Mangel an Mitteln für Zahlungen im Bereich Forschung: praktische Folgen

Als Reaktion auf den Mangel an Mitteln für Zahlungen im Bereich der Forschungsprogramme wurde 2014 ein Betrag von insgesamt 236,5 Mio. EUR von den die Jahre 2014-2020 betreffenden Haushaltslinien von „Horizont 2020“ auf die für den Abschluss derselben Programme für den Zeitraum 2007-2013 bestimmten Haushaltslinien übertragen, womit sich die Zahlung der Vorschüsse für die in den Jahren 2014 und 2015 im Rahmen von Horizont 2020 veröffentlichten Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen verzögerte. Dies war in den Vorjahren nicht der Fall und führt zu einer Verzögerung bei der Umsetzung neuer Programme.

Forschung braucht Zeit, und die Verweigerung der Unterschrift unter Verträge und die Versagung von Finanzmitteln sind mit dem Ziel einer Unterstützung des Wirtschaftswachstums durch verstärkte Anstrengungen in der Forschung nicht vereinbar. Es wird damit gerechnet, dass die Erhöhung der Mittel für Zahlungen für Horizont 2020 im Haushaltsplan 2015 dazu führen wird, dass der Rückstand bei diesem zentralen Programm zum Teil wieder aufgeholt werden kann.

Erasmus+

Erasmus+ liefert ein gutes Beispiel für ein Jahresprogramm, bei dem sich Mittelbindungen und Zahlungen nahezu entsprechen, da der Lebenszyklus der meisten Maßnahmen an den akademischen Kalender gekoppelt ist.

Wegen des Mangels an Mitteln für Zahlungen entsprach der Anstieg der Mittel für Zahlungen im Jahr 2014 jedoch nicht dem Anstieg der Mittel für Verpflichtungen, der sich im Zeitraum 2014-2015 fortsetzen wird. Diese Deckungslücke bei den Mitteln für Zahlungen im Jahr 2014 spiegelt auch das im folgenden Diagramm dargestellte Verhältnis zwischen Mitteln für Zahlungen und Mitteln für Verpflichtungen wider.

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Dies war auch der Grund, weshalb 2014 die Leistung eines Teils der zweiten Vorschusszahlungen an die nationalen Behörden, die die Mobilitätsmaßnahmen finanzieren sollen, nicht möglich war. Auch wenn sich die Situation geringfügig verbessern dürfte, wird es bei Erasmus+ voraussichtlich auch 2015 wieder ähnliche Engpässe geben.

Verkehr und Energie

Das nachstehende Diagramm veranschaulicht das zunehmende Auseinanderklaffen von Mitteln für Verpflichtungen und Mitteln für Zahlungen für die Politikbereiche Verkehr und Energie.

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Die im Haushaltsplan 2015 bewilligten Mittel für Zahlungen werden ausreichen, um die erste Vorschusszahlung für die Projekte 2014-2020 zu bestreiten und den RAL 2007-2013, der auf über 2 Mrd. EUR geschätzt wird, teilweise abzubauen.

Europäisches Konjunkturprogramm (EERP)

Verglichen mit den umfangreichen Mittelbindungen, die in den Jahren 2009 und 2010 vorgenommen wurden, lief die Ausführung der Mittel für Zahlungen bei diesem Programm nur schleppend an, da es sich bei den EERP-Projekten zumeist um groß angelegte Infrastrukturprojekte handelt.

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Insbesondere reichten 2014 die Mittel für Zahlungen — auch nach der späten Annahme des Berichtigungshaushaltsplans 3/2014, durch den zusätzliche Mittel für Zahlungen bereitgestellt wurden — nicht aus, um für alle während des Jahres eingegangenen Auszahlungsanträge entsprechende Zahlungen zu leisten. Zum Ende des Jahres 2014 belief sich der RAL noch immer auf 2 Mrd. EUR, die Hälfte des ursprünglich für das EERP gebundenen Betrags. Die im Haushaltsplan 2015 bewilligten Mittel für Zahlungen belaufen sich auf 407 Mio. EUR, was voraussichtlich ausreichen wird, um den geschätzten Bedarf des Jahres zu decken.

5.3.2.   Rubrik 4

Das nachstehende Diagramm gibt einen Überblick über den Umfang der noch abzuwickelnden Mittelbindungen (RAL) für die Programme der Rubrik 4 seit 2007.

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Rubrik 4 umfasst kurzfristige Krisenreaktionsinstrumente, längerfristige Instrumente mit einer mehrjährigen Programmplanung und Ad-hoc-Instrumente wie Makrofinanzhilfen in Form von Darlehen und nicht rückzahlbaren Zuschüssen. 73 % der Ausgaben im Rahmen dieser Rubrik entfallen auf die drei großen Instrumente mit mehrjähriger Programmplanung (das Instrument für Heranführungshilfe II (IPA II), das Europäische Nachbarschaftsinstrument (ENI) und das Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit (DCI). Die Unterstützung für Drittländer, die im Rahmen dieser Programme finanziert wird, hat in der Regel einen Lebenszyklus von etwa 6-8 Jahren. Die Krisenreaktionsinstrumente (Humanitäre Hilfe, Stabilitäts- und Friedensinstrument, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik) und die Makrofinanzhilfe hingegen haben viel kürzer Zahlungszyklen von 12-18 Monaten.

Seit 2013 besteht bei den meisten Instrumenten der Rubrik 4 ein gravierender Mangel an Mitteln für Zahlungen, von dem zunächst die humanitären und krisenbezogenen Instrumente mit einem durch eine rasche Auszahlung gekennzeichneten Umsetzungszyklus und erst danach Instrumente wie das Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit und das Europäische Nachbarschaftsinstrument, bei denen die Zahlungen zumeist mit bestehenden Verträgen und Verpflichtungen in Verbindung stehen, betroffen waren. Im Jahr 2014 verschärfte sich die Situation aufgrund des allgemeinen Rückgangs der verfügbaren Mittel für Zahlungen gegenüber 2013. Die Mittelaufstockung durch den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans 3/2014 (und andere Maßnahmen wie Mittelübertragungen) (23) kam für einige Programme sehr spät und reichte zur Finanzierung des bestehenden Rückstands nicht aus.

Die Maßnahmen, die getroffen wurden (siehe Abschnitt 2.2), konnten die Auswirkungen des Mangels an Mitteln für Zahlungen nur teilweise abmildern, indem sie den Zeitpunkt der Auszahlung hinauszögerten, während die in der Vergangenheit eingegangenen Verpflichtungen nach wie vor erfüllt werden müssen.

Offene Auszahlungsanträge zum Jahresende

Insgesamt nahmen die offenen Auszahlungsanträge bei Rubrik 4 zum Jahresende 2014 deutlich zu. Dies ist vor allem auf den drastischen Anstieg der Anträge und den Mangel entsprechender Mittel für Zahlungen wie im Fall des Europäischen Nachbarschaftsinstruments und des Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit zurückzuführen, wie aus dem nachstehenden Diagramm ersichtlich ist.

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Andererseits ermöglichte es die Erhöhung der Mittel für Zahlungen in den Haushaltsplänen 2013 und 2014, den Umfang der offenen Auszahlungsanträge bei der humanitären Hilfe abzubauen (24):

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Wie oben dargestellt, ist der RAL bei Rubrik 4, insbesondere den drei großen langfristigen Instrumenten, in den letzten fünf Jahren in Übereinstimmung mit der Höhe der Mittelbindungen für die Programme des vorausgegangenen MFR stetig gestiegen. Die Programme, für die beispielsweise im Jahr 2010 die ursprüngliche Mittelbindung erfolgte, wurden mit dem Drittland im Laufe des Jahres 2011 förmlich festgelegt, und die Verträge bis 2014 abgeschossen. Das bedeutet, dass viele dieser größeren Programme, für die die Mittelbindungen in einer Zeit stark steigender Mittelbindungen vorgenommen wurden, jetzt zur Zahlung anstehen. Mit den Mitteln für Zahlungen, die im Haushaltsplan 2015 bewilligt wurden, wird es voraussichtlich möglich sein, die Deckungslücke zu verringern, was zur Stabilisierung der Situation beitragen dürfte. Die Lage wird jedoch angespannt bleiben, und es ist davon auszugehen, dass sowohl die Deckungslücke als auch der RAL bei vielen Instrumenten, wie z. B. beim Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit, zunehmen wird.

6.   AUSBLICK AUF DIE PROGRAMME 2014-2020

Der Haushaltsplan 2016 wird genügend Mittel für Zahlungen vorsehen müssen, nicht nur um den anormalen Umfang offener Auszahlungsanträge, die aus Mittelbindungen im Zusammenhang mit den Programmen 2007-2013 herrühren, abzubauen, sondern auch für die Programme 2014-2020 in Teilrubrik 1a und Rubrik 4, deren Durchführung durch den Mangel an Mitteln für Zahlungen beeinträchtigt wurde. Der Haushaltsplan 2016 muss auch die notwendigen Mittel für Zahlungen für andere Fonds, z. B den Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (Rubrik 2) vorsehen, um die Entstehung eines neuen Rückstands, den es in der Vergangenheit noch nicht gab, zu vermeiden.

Die Kommission wird den Bedarf an Mitteln für Zahlungen für die Programme 2014-2020 im Entwurf des Haushaltsplans 2016 bewerten.

7.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

In den vergangenen Jahren, insbesondere im Jahr 2014, reichte das Niveau der Mittel für Zahlungen zur Deckung der eingehenden Auszahlungsanträge nicht aus. Dies wiederum führte zu einem wachsenden Rückstand offener Auszahlungsanträge zum Jahresende, insbesondere für die Programme 2007-2013. Die Kommission hat eine Reihe entschärfender Maßnahmen getroffen, um die negativen Auswirkungen der Engpässe bei den Mitteln für Zahlungen so gering wie möglich zu halten, indem sie die aus Mittelbindungen der Vergangenheit herrührenden Verpflichtungen so weit wie möglich erfüllte. Als Nebeneffekt wurde jedoch die Durchführung der Programme 2014-2020 beeinträchtigt.

Die im Haushaltsplan 2015 veranschlagten Mittel für Zahlungen werden voraussichtlich zu einer Verringerung des Rückstands offener Auszahlungsanträge für die Programme 2007-2013 führen. Die Kommission hat die Höhe der Mittel für Zahlungen ermittelt, die erforderlich ist, um den anormalen Umfang offener Auszahlungsanträge für die Programme 2007-2013 bis Ende 2016 abzubauen. In ihrem Entwurf des Haushaltsplans 2016 wird die Kommission die von ihr vorgeschlagenen Mittel für Zahlungen entsprechend bemessen.

Die Kommission ist der Ansicht, dass sich die drei Organe auf dieser Grundlage verpflichten können, einen Plan umzusetzen, der dazu dient, den Umfang unbezahlter Rechnungen im Zusammenhang mit der Durchführung der Programme 2007-2013 bis Ende 2016 auf einen tragbaren Wert zu senken.


(1)  Die englische Fassung ist die verbindliche Sprachfassung dieser Anlage.

(2)  Dies liegt an der sogenannten „N+2“- bzw. „N+3“-Regel, die besagt, dass die Zahlungen innerhalb von zwei (N+2) oder drei (N+3) Jahren nach Vornahme der entsprechenden Mittelbindung geleistet werden müssen. Ende 2013 fanden die beiden Vorschriften für die Aufhebung von Mittelbindungen gleichzeitig Anwendung.

(3)  Der Gesamtbetrag der im Wege von Berichtigungshaushaltplänen zusätzlich bewilligten Mittel für Zahlungen belief sich 2012 auf 6,7 Mrd. EUR, 2013 auf 11,6 Mrd. EUR und 2014 auf 3,5 Mrd. EUR.

(4)  Der zum Jahresende bestehende Rückstand offener Auszahlungsanträge für die Kohäsionsprogramme 2007-2013 erhöhte sich von 11 Mrd. EUR im Jahr 2011 auf 16 Mrd. EUR im Jahr 2012, 23,4 Mrd. EUR im Jahr 2013 und 24,7 Mrd. EUR im Jahr 2014.

(5)  Es sei darauf hingewiesen, dass für die unter geteilter Verwaltung stehenden Politikbereiche wie z. B. die Kohäsionspolitik (bei denen die Ausgaben der Mitgliedstaaten von der Kommission erstattet werden) keine Verzugszinsen zur Anwendung gelangen.

(6)  Die verbleibenden 5 % sind beim Abschluss des Programms zu zahlen, der 2017-2019 erfolgen wird, nachdem die Kommission festgestellt hat, dass das Programm erfolgreich durchgeführt wurde und keine Korrekturen vorgenommen werden müssen.

(7)  Die Vorschriften für die Kohäsionspolitik sehen eine Frist von 60 Tagen vor.

(8)  Die Begriffe „normaler“ und „anormaler“ Rückstand werden in den Abschnitten 3.4 und 4.3 definiert.

(9)  Der Berichtigungshaushaltsplan 2/2014 wurde ursprünglich als Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans 3/2014 vorgelegt.

(10)  Monatliche Berichte über Zwischenzahlungen und offene Forderungen, Haushaltsvorausschätzungswarnung („Budget Forecast Alert“) (zweimal jährlich).

(11)  DEC 54/2014.

(12)  Ungezahlte Beträge infolge der Senkung der Vorschusssätze auf einen Wert unterhalb des in den Rechtsvorschriften vorgesehenen/normalen Mindestsatzes sind in der vorliegenden Definition des Begriffs „offene Auszahlungsanträge“ nicht enthalten: Bei einer Reihe von Programmen wurde jedoch 2014 (in einigen Fällen bereits 2013) eine gewisse Senkung der Vorschusssätze vorgenommen, um die Zahlungen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

(13)  Art. 87 der Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen (EG) Nr. 1083/2006 schreibt vor, dass „die Anträge auf Zwischenzahlungen für jedes operationelle Programm der Kommission möglichst dreimal jährlich gebündelt vorgelegt werden“.

(14)  Identisch mit dem Diagramm in der Zusammenfassung.

(15)  Artikel 91 und 92 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 für den Programmplanungszeitraum 2007-2013.

(16)  Aufgrund der Liquiditätsengpässe in den ersten Monaten des Jahres (siehe Abschnitt 3.3) kann unter Umständen ein Teil des Rückstands nicht innerhalb der in den Rechtsvorschriften vorgesehenen Fristen zu Beginn des Jahres gezahlt werden.

(17)  Außer für Kroatien, Rumänien und die Slowakei.

(18)  Artikel 76 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 (ABl. L 210 vom 31.7.2006, S. 25).

(19)  Artikel 112 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinem Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(20)  Die von den Mitgliedstaaten im Januar 2015 übermittelten Vorausschätzungen umfassten nicht alle operationellen Programme. Für diese Fälle hat die Kommission die Vorausschätzungen zugrunde gelegt, die sie im September des vergangenen Jahres erhalten hat. Eine solche Extrapolation fehlender Vorausschätzungen der Mitgliedstaaten ist für 2016 nicht möglich, da sich die im September 2014 übermittelten Vorausschätzungen nur auf 2014 und 2015 (nicht hingegen auf 2016) erstreckten. Dies bedeutet, dass die Prognose für 2016 nur die operationellen Programme umfasst, für die die Mitgliedstaaten die Informationen übermittelt haben, und möglicherweise nach oben revidiert werden muss, sobald die fehlenden Informationen übermittelt wurden.

(21)  In Artikel 79 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates ist festgelegt, dass „der kumulierte Betrag der Vorschusszahlung und der Zwischenzahlungen … 95 % der siebenjährigen Fondsbeteiligung am operationellen Programm nicht übersteigen (darf); die verbleibenden 5 % werden erst bei Abschluss des operationellen Programms gezahlt“.

(22)  Artikel 89 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinem Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 (ABl. L 210 vom 31.7.2006, S. 25).

(23)  + Mio. 406 EUR (Nettoerhöhung der Mittel für Zahlungen) für die humanitäre Hilfe, + 30 Mio. EUR für das DCI und + 250 Mio. EUR für das ENI.

(24)  Die Auswirkungen der verringerten Vorschusszahlungen sind in dem Diagramm jedoch nicht erfasst.

ANHANG 1: VON DER KOMMISSION AM 15. DEZEMBER 2014 ÜBERMITTELTE INFORMATIONEN

Am 15. Dezember 2014 stellte die Kommission den für die kohäsionspolitischen Programme 2007-2013 erwarteten Rückstand zum Ende der Jahre 2014 und 2015 wie folgt dar:

 

2010

2011

2012

2013

2014  (*1)

2015  (*1)

Rückstand unbezahlter Rechnungen zum Jahresende (Mrd. EUR)

6,1

10,8

16,2

23,4

bis zu 25  (1)

19  (2)

Die Kommission analysierte auch den für die kohäsionspolitischen Programme 2007-2013 erwarteten Rückstand zum Jahresende 2014. Wie aus der nachstehenden Tabelle hervorgeht, lag der Gesamtwert der bis zum Jahresende 2014 tatsächlich eingegangen Auszahlungsanträge um etwa 1,5 Mrd. EUR unter den Vorausschätzungen der Mitgliedstaaten und um etwa 2,5 Mrd. EUR über dem von der Kommission prognostizierten oberen Bereich.

ERWARTETER RÜCKSTAND ZUM JAHRESENDE 2014

Mrd. EUR

(1)

Bis Ende 2013 eingegangene Auszahlungsanträge, für die bis Ende 2013 keine Zahlung erfolgte (Rückstand)

23,4

(2)

Bis Ende November 2014 eingegangene Auszahlungsanträge

31,4

(3) = (1) + (2)

Ende November für eine Zahlung im Jahr 2014 anstehende Auszahlungsanträge

54,8

(4)

Bewilligte Höhe der Mittel für Zahlungen (mit Berichtigungshaushaltsplan 3/2014)

49,4

(5) = (3) – (4)

Rückstand Ende November 2014, für eine Zahlung bis Ende 2014 anstehend

5,4


 

Vorausschätzung

Tatsächliche Realisierung

Vorausschätzungen der für Dezember 2014 zu erwartenden Auszahlungsanträge durch die Mitgliedstaaten

23

21,5

Vorausschätzungen der für Dezember 2014 zu erwartenden Auszahlungsanträge durch die Kommission

18 — 19

21,5

Vorausschätzung des Rückstands unbezahlter Rechnungen zum Ende des Jahres 2014: bis zu 25 Mrd. EUR.

Schließlich präsentierte die Kommission nach Ländern untergliedert die Vorausschätzungen der Mitgliedstaaten bezüglich der Auszahlungsanträge, die diese im Jahr 2014 für die Kohäsionspolitik einreichen würden (54,33 Mrd. EUR), die bis 31. Oktober 2014 übermittelten Auszahlungsanträge (31,36 Mrd. EUR) und folglich die Vorausschätzungen der für November und Dezember erwarteten Auszahlungsanträge (22,97 Mrd. EUR).

Die Kommission fügte Folgendes hinzu: Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Fehlerquoten, die in den „Bruttovorausschätzungen“ der Mitgliedstaaten in den vergangenen Jahren zu beobachten waren, und der Obergrenze von 95 %, die nach Artikel 79 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 für die vor Abschluss zu leistenden Zahlungen gilt, schätzt die Kommission die Anträge, die im Dezember eingehen werden, auf 18-19 Mrd. EUR. Dies entspricht der vorstehenden Tabelle.


(*1)  Prognosen der Kommission auf der Grundlage der berichtigten Vorausschätzungen der Mitgliedstaaten

(1)  Unter Berücksichtigung der zusätzlichen Mittel für Zahlungen im Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans 3/2014 in der abschließend genehmigten Form.

(2)  Unter Berücksichtigung der zusätzlichen Mittel für Zahlungen im Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans 3/2014 in der abschließend genehmigten Form und der im Haushaltsplan 2015 bewilligten Mittel für Zahlungen.

Anhang 2: Teilrubrik 1b: Jüngste Vorausschätzungen der Mitgliedstaaten

Dieser Anhang enthält die jüngsten Vorausschätzungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Einreichung von Auszahlungsanträgen für die kohäsionspolitischen Programme 2007-2013 in den Jahren 2015 und 2016, wobei zwischen Bruttovorausschätzungen (nach Mitgliedstaaten getrennt) und gedeckelten Vorausschätzungen unterschieden wird (siehe die Erklärung in Abschnitt 4.4).

Vorausschätzungen der Mitgliedstaaten (in Mrd. EUR)

Zeitraum 2007-2013

2015  (*1)

2016

Bruttovorausschätzungen

Bruttovorausschätzungen

AT

Österreich

0,09

0,00

BE

Belgien

0,24

0,06

BG

Bulgarien

1,35

0,00

CY

Zypern

0,06

0,00

CZ

Tschechische Republik

4,01

3,75

DE

Deutschland

2,43

0,95

DK

Dänemark

0,04

0,03

EE

Estland

0,09

0,00

ES

Spanien

4,65

1,74

FI

Finnland

0,21

0,02

FR

Frankreich

1,92

0,34

GR

Griechenland

0,75

0,00

HR

Kroatien

0,22

0,31

HU

Ungarn

3,86

1,24

IE

Irland

0,03

0,01

IT

Italien

5,07

1,44

LT

Litauen

0,09

0,00

LU

Luxemburg

0,01

0,00

LV

Lettland

0,54

0,09

MT

Malta

0,14

0,04

NL

Niederlande

0,21

0,10

PL

Polen

8,92

3,99

PT

Portugal

0,52

0,06

RO

Rumänien

6,64

2,81

SE

Schweden

0,11

0,00

SI

Slowenien

0,38

0,18

SK

Slowakei

2,68

0,64

UK

Vereinigtes Königreich

1,52

0,25

CB

Territoriale Zusammenarbeit

1,16

0,25

INSGESAMT

 

47,93

18,32

GEDECKELTE VORAUSSCHÄTZUNGEN INSGESAMT  (*3)

34,74

2,95  (*2)


(*1)  Bei der Berechnung der Vorausschätzungen für 2015 wurden für die operationellen Programme, für die die Mitgliedstaaten im Januar 2015 keine Vorausschätzungen übermittelt haben, die entsprechenden Vorausschätzungen vom September 2014 herangezogen.

(*2)  Der 2016 maximal zahlbare Betrag beläuft sich auf 3,5 Mrd. EUR, wovon zum jetzigen Zeitpunkt von den Mitgliedstaaten bereits 3 Mrd. EUR bestätigt sind.

(*3)  Deckelung ist die Anwendung der 95 %-Regel, wonach Zwischenzahlungen vor Abschluss nur so lange gezahlt werden können, wie die Summe der Zahlungen weniger als 95 % der Finanzausstattung der Programme beträgt.


Donnerstag, 9. Juli 2015

11.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 265/272


P8_TA(2015)0267

Zulässige Höchstwerte an Radioaktivität in Nahrungs- und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Nahrungs- und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls oder einer anderen radiologischen Notstandssituation (COM(2013)0943 — C7-0045/2014 — 2013/0451(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren — erste Lesung)

(2017/C 265/42)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an den Rat (COM(2013)0943),

gestützt auf Artikel 31 und 32 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, gemäß denen es vom Rat angehört wurde (C7-0045/2014),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Rechtsausschusses zu der vorgeschlagenen Rechtsgrundlage,

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 und Artikel 168 Absatz 4 Buchstabe b sowie Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 25. März 2014 (1),

gestützt auf die Artikel 59 und 39 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (A8-0176/2015),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, ihren Vorschlag gemäß Artikel 293 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu ändern;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. C 226 vom 16.7.2014, S. 68.


P8_TC1-COD(2013)0451

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 9. Juli 2015 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2015/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Nahrungs- und Futtermitteln im Falle Fall eines nuklearen Unfalls oder einer anderen Situation eines radiologischen Notstandssituation Notstands [Abänd. 1 Diese Abänderung betrifft den gesamten Text]

DA EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft über die Arbeitsweise der Europäischen Union , insbesondere auf die Artikel 31 und 32 168 Absatz 4 Buchstabe b und Artikel 114 , [Abänd. 2]

auf Vorschlag der Europäischen Kommission, der nach Stellungnahme der Gruppe der vom Ausschuss für Wissenschaft und Technik bestellten wissenschaftlichen Sachverständigen der Mitgliedstaaten ausgearbeitet worden ist  (1) ,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments  (3) gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren  (4) , [Abänd. 3]

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In der Richtlinie 96/29 2013/59 /Euratom des Rates (5) sind grundlegende Sicherheitsnormen für den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen die vor den Gefahren durch ionisierende Strahlungen einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung festgelegt. [Abänd. 4]

(1a)

Gemäß Artikel 168 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist bei der Festlegung und Durchführung der gesamten Unionspolitik und aller Unionsmaßnahmen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen. [Abänd. 5]

(2)

Nach dem Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl am 26. April 1986 haben sich beträchtliche Mengen radioaktiver Stoffe in der Atmosphäre verbreitet, was in mehreren europäischen Ländern zu einer gesundheitlich bedeutenden Kontamination von Nahrungs- und Futtermitteln geführt und lebensbedrohliche Krankheiten und Gesundheitszustände verursacht hat. Es. Auch heute gibt es noch ein hohes Maß an radioaktiver Kontamination. Da durch das freigesetzte radioaktive Material Luft, Wasser, Böden und Vegetation kontaminiert wurden, wurden Maßnahmen erlassen, mit denen sichergestellt werden sollte, dass damit bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse nur nach gemeinsamen Modalitäten in die Union eingeführt werden verbracht wurden , um die die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und gleichzeitig die Einheit des Marktes zu erhalten und Verkehrsverlagerungen Handelsverkehrsverlagerungen zu verhindern. [Abänd. 6]

(2a)

Die Mitgliedstaaten sind für die Kontrolle der Einhaltung der in dieser Verordnung festgelegten Höchstwerte zuständig, insbesondere durch die Überwachung der Vorschriften über die Unbedenklichkeit von Nahrungsmitteln und Futtermitteln. In Artikel 168 Absatz 4 Buchstabe b AEUV ist der Erlass gemeinsamer Maßnahmen im Bereich Veterinärwesen vorgesehen, die unmittelbar den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zum Ziel haben. Darüber hinaus ist in Artikel 114 AEUV ein angemessenes Maß an Harmonisierung vorgesehen, damit der Binnenmarkt reibungslos funktioniert. [Abänd. 7]

(2b)

Es ist erwiesen, dass eine höhere Strahlendosis schädliche und zerstörerische Auswirkungen auf die Zellen des Körpers hat und Krebs verursachen kann. [Abänd. 8]

(2c)

Es sollten niedrige Höchstwerte für die radioaktive Kontamination von Nahrungsmitteln festgelegt werden, um die höhere kumulative Dosis zu berücksichtigen, die auf während längerer Zeiträume verzehrte kontaminierte Lebensmittel zurückzuführen ist. [Abänd. 9]

(3)

In der Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 (6) des Rates in der durch die Verordnung (Euratom) des Rates Nr. 2218/89 (7) geänderten Fassung sind Höchstwerte an Radioaktivität in Nahrungs- und Futtermitteln festgelegt, die im Falle Fall eines nuklearen Unfalls oder einer anderen Situation eines radiologischen Notstandssituation Notstands anzuwenden sind, die zu einer bedeutenden radioaktiven Kontamination von Nahrungs- und Futtermitteln geführt hat oder wahrscheinlich führen wird. Diese Höchstwerte entsprechen international noch immer den neuesten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen , und sie sollten regelmäßig überprüft und unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse aktualisiert werden . Die zulässigen Höchstwerte in Anhang I bis III wurden geprüft und sind in der „Radiation Protection Publication 105“ (Veröffentlichung zum Strahlenschutz 105) der Internationalen Kommission beschrieben. Sie beruhen insbesondere auf einem Referenzwert von 1 mSv pro Jahr zusätzlich zu der aufgenommenen individuellen Dosis, wobei zudem angenommen wird, dass 10 % der jährlich verzehrten Nahrung kontaminiert ist . [Abänd. 10]

(4)

Nach dem Unfall im Kernkraftwerk Fukushima am 11. März 2011 wurde die Kommission darüber unterrichtet, dass die Radionuklidgehalte bestimmter Nahrungsmittelerzeugnisse mit Ursprung in Japan die in Japan für Nahrungsmittel geltenden Grenzwerte überschreiten. Eine solche Kontamination kann eine Gefahr für die Gesundheit von Menschen und Tieren in der Union darstellen, weshalb im Einklang mit der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit Maßnahmen erlassen wurden, die besondere Bedingungen für die Einfuhr von Nahrungs- und Futtermitteln mit dem Ursprungs- oder Herkunftsland Japan vorsehen. Es sollten auch Maßnahmen getroffen werden, um die Risiken des Verzehrs von Nahrungsmitteln zu überwachen und zu minimieren, die aus Ländern kommen, die von radioaktivem Niederschlag infolge eines nuklearen Unfalls in einem anderen Land betroffen sind. [Abänd. 11]

(5)

Es sollte ein System eingerichtet werden, das es der Europäischen Atomgemeinschaft ermöglicht, die zum mit dem die Union zur Wahrung eines hohen Niveaus beim Schutz der Gesundheit der der Bevölkerung erforderlichen Höchstwerte an Radioaktivität festzulegen festlegen kann , wenn ein nuklearer Unfall oder eine andere radiologische Notstandssituation Situation eines radiologischen Notstands zu einer bedeutenden radioaktiven Kontamination von Nahrungs- und Futtermitteln geführt hat oder voraussichtlich führen wird. [Abänd. 12]

(6)

Die Höchstwerte der Radioaktivität radioaktiver Kontamination sollten für Nahrungs- und Futtermittel gelten, die aus der Union stammen kommen oder aus Drittländern eingeführt werden, wobei Ort und Umstände des nuklearen Unfalls oder der Situation eines radiologischen Notstandssituation Notstands sowie die Wirkungen der natürlichen und kumulativen Strahlung entlang der Nahrungskette zu berücksichtigen sind. Diese Werte sollten regelmäßig überprüft werden. [Abänd. 13]

(7)

Die Kommission ist bei einem Nuklearunfall oder bei außerordentlich hohen Strahlungswerten gemäß der Entscheidung 87/600/Euratom des Rates (8) oder im Rahmen des IAEO-Übereinkommens vom 26. September 1986 über die schnelle Unterrichtung bei nuklearen Unfällen zu unterrichten.

(8)

Da sich die Ernährungsweise von Säuglingen in den ersten sechs Lebensmonaten stark unterscheiden kann und auch Unsicherheiten hinsichtlich des Stoffwechsels von Säuglingen in den zweiten sechs Lebensmonaten bestehen, ist es angezeigt, die für Säuglingsnahrung geltenden niedrigeren Höchstwerte während der gesamten ersten 12 Lebensmonate anzuwenden. Bei schwangeren und stillenden Frauen sollten niedrigere Höchstwerte für Nahrungsmittel gelten. [Abänd. 14]

(9)

Um eine Anpassung der Höchstwerte insbesondere an neue wissenschaftliche Erkenntnisse und den technischen Fortschritt auf internationaler Ebene zu vereinfachen, sollten die Verfahren sollte die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen neuen Vorschlag zur Festlegung Anpassung der Höchstwerte auch eine Konsultation der Sachverständigengruppe gemäß Artikel 31 Euratom-Vertrag umfassen vorlegen . [Abänd. 15]

(9a)

Um die Anpassung der Höchstwerte zu vereinfachen, sollten Verfahren eingeführt werden, bei denen regelmäßig Sachverständige angehört werden können. Die Kommission sollte auf der Grundlage wissenschaftlicher und berufsethischer Kriterien eine Sachverständigengruppe einrichten. Die Kommission sollte die Zusammensetzung der Gruppe bekanntgeben und die Interessenerklärungen ihrer Mitglieder veröffentlichen. Im Zusammenhang mit der Anpassung der Höchstwerte sollte die Kommission auch Sachverständige internationaler Gremien anhören, die im Bereich Strahlenschutz tätig sind. [Abänd. 16]

(9b)

Die Sachverständigengruppe sollte auch die kumulative Wirkung der radioaktiven Kontamination abschätzen. [Abänd. 17]

(9c)

Die Höchstwerte sollten veröffentlicht und regelmäßig überprüft werden, um in gebührender Weise die neuesten gegenwärtig auf internationaler Ebene verfügbaren wissenschaftlichen Fortschritte und Erkenntnisse zu berücksichtigen, der Bevölkerung das Gefühl der Sicherheit zu geben, für ein hohes Niveau an Schutz der Bevölkerung zu sorgen und eine Auseinanderentwicklung der Vorschriften auf internationaler Ebene zu verhindern. [Abänd. 18]

(10)

Um sicherzustellen, dass Damit Nahrungs- und Futtermittel, bei denen die die Höchstwerte überschreiten überschritten sind , in der EU Union nicht in Verkehr gebracht werden, sollte die Einhaltung dieser Höchstwerte angemessen von den Mitgliedstaaten und der Kommission gründlich überprüft werden . Bei Nichteinhaltung sollten Strafen verhängt werden, und die Öffentlichkeit sollte entsprechend unterrichtet werden . [Abänd. 19]

(10a)

Die Regeln für Kontrollen der Einhaltung der Maßnahmen zur Vermeidung oder Beseitigung des Kontaminationsrisikos für Mensch und Tier oder zu seiner Senkung auf ein annehmbares Maß sind in der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates  (9) festgelegt. [Abänd. 20]

(11)

Um einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung hinsichtlich der Verfahren zu gewährleisten, mit denen die vorab festgelegten Höchstwerte Gültigkeit erlangen, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) ausgeübt werden.

(12)

Für die Annahme von Rechtsakten, mit denen die vorbestimmten Höchstwerte der radioaktiven Kontamination von Nahrungs- und Futtermitteln Gültigkeit erlangen, sollte das Prüfverfahren angewandt werden. Es ist jedoch notwendig, bei einem nuklearen Unfall oder in einer anderen Situation eines radiologischen Notstands den jeweiligen besonderen Umständen und Bedingungen gebührend Rechnung zu tragen und daher ein Verfahren festzulegen, mit dem die vorbestimmten Höchstwerte rasch nach unten angepasst und erforderlichenfalls Höchstwerte für andere mit dem Unfall im Zusammenhang stehende Radionuklide (insbesondere Tritium) eingeführt werden können, damit für das höchstmögliche Niveau des Schutzes der Bevölkerung gesorgt werden kann. Die Maßnahmen und Höchstwerte sollten der Bevölkerung unverzüglich mitgeteilt werden. [Abänd. 21]

(12a)

Die Kommission sollte durch den Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel unterstützt werden, der durch die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates  (11) eingesetzt wurde. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass ihre Vertreter in diesem Ausschuss über ausreichende Kenntnisse im Strahlenschutz verfügen. [Abänd. 22]

(13)

Die Kommission sollte sofort geltende Durchführungsrechtsakte erlassen, wenn in angemessen begründeten Fällen im Zusammenhang mit bestimmten Situationen eines radiologischen Notstandssituationen Notstands , die zu einer bedeutenden radioaktiven Kontamination von Nahrungs- und Futtermitteln geführt haben oder wahrscheinlich führen werden, Gründe äußerster Dringlichkeit dies zwingend erforderlich machen. Die Maßnahmen und Höchstwerte sollten der Bevölkerung unverzüglich mitgeteilt werden. [Abänd. 23]

(13a)

Bei der Festlegung von Höchstwerten im Rahmen dieser Verordnung sollten die Anforderungen zum Schutz der kritischsten und am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen, insbesondere von Kindern und Personen, die in abgelegenen Gebieten leben oder Subsistenzlandwirtschaft betreiben, zugrunde gelegt werden. Die Höchstwerte sollten für die gesamte Bevölkerung gelten und auf den niedrigsten geltenden Werten beruhen. [Abänd. 24]

(13b)

Wenn Nahrungs- oder Futtermittel, die aus der Union kommen oder aus Drittländern eingeführt werden, ein erhebliches Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt darstellen, sollte die Kommission mittels Durchführungsrechtsakten zusätzliche Maßnahmen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erlassen, um für ein hohes Niveau beim Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier zu sorgen. Sofern dies möglich ist, werden die Höchstwerte und die zusätzlichen Notfallmaßnahmen in einem einzigen Durchführungsrechtsakt festgelegt. [Abänd. 25]

(13c)

Bei der Ausarbeitung oder Überarbeitung von Durchführungsrechtsakten sollte die Kommission hauptsächlich folgende Umstände berücksichtigen: Ort, Art und Ausmaß des nuklearen Unfalls oder der Situation eines radiologischen Notstands; Art und Ausmaß der Freisetzung radioaktiver Stoffe in der Luft, im Wasser und im Boden sowie in Nahrungs- und Futtermitteln innerhalb und außerhalb der Union; die Risiken einer tatsächlichen oder potenziellen radioaktiven Kontamination von Nahrungs- und Futtermitteln und die daraus resultierenden Strahlungsdosen; Art und Menge der kontaminierten Nahrungs- und Futtermittel, die auf den Unionsmarkt gelangen können, und Höchstwerte für kontaminierte Nahrungs- und Futtermittel in Drittstaaten. [Abänd. 26]

(13d)

Wenn bei einem nuklearen Unfall oder in einer Situation eines radiologischen Notstands die Höchstwerte zur Anwendung kommen müssen, sollte die Bevölkerung von der Kommission und den einzelnen Mitgliedstaaten über die geltenden Höchstwerte unterrichtet werden. Außerdem sollte die Bevölkerung über die Nahrungs- und Futtermittel informiert werden, in denen sich Radioaktivität anreichern kann. [Abänd. 27]

(13e)

Die Einhaltung der Höchstwerte sollte in geeigneter Weise kontrolliert werden, und es sollten Strafen für die vorsätzliche Ausfuhr, die vorsätzliche Einfuhr oder den vorsätzlichen Verkauf von Nahrungsmitteln vorgesehen werden, bei denen die Kontaminationshöchstwerte überschritten werden  — [Abänd. 28]

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Diese Verordnung enthält in Anhang I Höchstwerte für die radioaktive Kontamination von Nahrungsmitteln, in Anhang II Höchstwerte für die radioaktive Kontamination von Nahrungsmitteln von geringerer Bedeutung und in Anhang III Höchstwerte für die radioaktive Kontamination von Futtermitteln, die sich jeweils auf Nahrungs- bzw. Futtermittel beziehen, die nach einem nuklearen Unfall oder einer anderen Situation eines radiologischen Notstandssituation Notstands , die zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Nahrungs- und Futtermitteln geführt hat oder wahrscheinlich führen wird, in Verkehr gebracht werden dürfen; zudem sind in dieser Verordnung Vorschriften für die Verfahren festgelegt, mit denen diese Höchstwerte Gültigkeit erlangen. [Abänd. 54]

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.

„Nahrungsmittel“ bezeichnet alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden; hierzu zählen auch Getränke, Kaugummi sowie alle Stoffe wie z. B. Wasser, die dem Nahrungsmittel bei seiner Herstellung oder Ver- oder Bearbeitung absichtlich zugesetzt werden; als „Nahrungsmittel“ gelten nicht: gemäß der Definition von „Lebensmittel“ in Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002;

a)

Futtermittel;

b)

lebende Tiere, soweit sie nicht für das Inverkehrbringen zum menschlichen Verzehr vorbereitet worden sind,

c)

Pflanzen vor dem Ernten,

d)

Arzneimittel im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates  (12) ;

e)

kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates  (13) ;

f)

Tabak und Tabakerzeugnisse im Sinne der Richtlinie 2001/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates  (14) ;

g)

Betäubungsmittel und psychotrope Stoffe im Sinne des Einheitsübereinkommens der Vereinten Nationen von 1961 über Suchtstoffe und des Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1971 über psychotrope Stoffe;

h)

Rückstände und Kontaminanten. [Abänd. 29]

2.

„Nahrungsmittel von geringerer Bedeutung“ bezeichnet Nahrungsmittel von geringerer diätetischer Bedeutung, auf die nur ein geringfügiger Anteil des Nahrungsmittelverbrauchs der Bevölkerung entfällt; [Abänd. 55]

3.

„Futtermittel“ bezeichnet Stoffe oder Erzeugnisse einschließlich Zusatzstoffen in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand, die zur oralen Tierfütterung bestimmt sind. gemäß der Definition in Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002; [Abänd. 30]

4.

„Inverkehrbringen“ bezeichnet das Bereithalten von Nahrungsmitteln oder Futtermitteln für Zwecke des Verkaufs, einschließlich des Anbietens zum Verkauf und jeder anderen Form der entgeltlichen oder unentgeltlichen Weitergabe, sowie den Verkauf, den Vertrieb und andere Formen der Weitergabe an sich eine Tätigkeit gemäß der Definition in Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 . [Abänd. 31]

(4a)

„Nahrungsmittel- und Futtermittel-Kontaktmaterialien“ bezeichnet Verpackungen und andere Materialien, die dazu vorgesehen sind, mit Nahrungsmitteln in Kontakt zu geraten; [Abänd. 32]

(4b)

„Situation eines radiologischen Notstands“ bezeichnet ein außergewöhnliches Ereignis, das mit einer Strahlungsquelle einhergeht und sofortiges Handeln erfordert, um erhebliche Gefährdungen der Gesundheit oder Sicherheit zu verringern oder nachteilige Folgen für die Lebensqualität, Sachen oder die Umwelt abzuschwächen, oder das eine Gefahr darstellt, die zu solchen nachteiligen Folgen führen könnte; [Abänd. 33]

Artikel 2a

Die Vermengung von Nahrungsmitteln, bei denen nach Maßgabe der Vorschriften über Höchstwerte der radioaktiven Kontamination von Nahrungs- und Futtermitteln zu hohe Konzentrationen gegeben sind, mit nicht oder kaum kontaminierten Nahrungsmitteln zum Zweck der Herstellung von Erzeugnissen, bei denen die in dieser Verordnung festgelegten Vorschriften eingehalten werden, ist unzulässig. [Abänd. 34]

Artikel 3

1)   Erhält die Kommission — insbesondere gemäß dem Gemeinschaftssystem der Europäischen Atomgemeinschaft für den beschleunigten Informationsaustausch bei im Falle einer Situation eines radiologischen Notstandssituation Notstands oder gemäß dem IAEO-Übereinkommen vom 26. September 1986 über die schnelle Unterrichtung bei nuklearen Unfällen — eine offizielle Mitteilung über einen Unfall oder eine andere radiologische Notstandssituation, aus der sich ergibt, dass die Höchstwerte für Nahrungsmittel, Nahrungsmittel von geringerer Bedeutung oder Futtermittel wahrscheinlich erreicht werden oder erreicht sind Situation eines radiologischen Notstands , bei dem bzw. in der Nahrungs- und Futtermittel kontaminiert werden , so erlässt sie, wenn die Umstände es erfordern, eine Durchführungsverordnung, mit so rasch wie möglich einen Durchführungsrechtsakt , in der diese Höchstwerte Gültigkeit erlangen die zulässigen Strahlungshöchstwerte festgelegt werden, die nicht höher sein dürfen als die Werte in den Anhängen dieser Verordnung . Dieser Durchführungsrechtsakt wird nach dem in Artikel 5 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen. [Abänd. 35]

1a)     Die Höchstwerte werden veröffentlicht und regelmäßig überprüft, um in gebührender Weise die neuesten zum gegebenen Zeitpunkt auf internationaler Ebene verfügbaren wissenschaftlichen Fortschritte und Erkenntnisse zu berücksichtigen, der Bevölkerung das Gefühl der Sicherheit zu geben, für ein hohes Niveau an Schutz der Bevölkerung zu sorgen und Abweichungen von den internationalen Regelungen mit höherem Schutzniveau zu verhindern. [Abänd. 36]

2)   Die Kommission erlässt nach dem Verfahren des Artikels 5 Absatz 3 eine einen sofort geltende Durchführungsverordnung geltenden Durchführungsrechtsakt , wenn dies in angemessen begründeten Fällen äußerster Dringlichkeit im Zusammenhang mit den Umständen des nuklearen Unfalls oder der Situation eines radiologischen Notstandssituation Notstands zwingend erforderlich ist. [Abänd. 37]

3)   Bei der Erstellung des der in den Absätzen 1 und 2 genannten Entwurfs eines Durchführungsrechtsakts Durchführungsrechtsakte sowie bei seiner Erörterung mit dem in Artikel 5 genannten Ausschuss berücksichtigt die Kommission die gemäß den Artikeln 30 und 31 Euratom-Vertrag der Richtlinie 2013/59/Euratom festgelegten Grundnormen, einschließlich des Grundsatzes, dass jede Strahlenexposition so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar zu halten ist, wobei vorrangig der Aspekt des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung zu berücksichtigen ist und sowie wirtschaftliche und soziale Kriterien , insbesondere im Zusammenhang mit den am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen, zu berücksichtigen beachten sind. Bei der Ausarbeitung dieser Rechtsakte wird die Kommission von einem unabhängigen Ausschuss von Sachverständigen für die Gesundheit der Bevölkerung unterstützt (im Folgenden „Sachverständigenausschuss“), dessen Mitglieder auf der Grundlage ihrer Kenntnisse und ihrer Erfahrung im Strahlenschutz und in der Lebensmittelsicherheit ausgewählt wurden. Die Kommission gibt die Zusammensetzung des Sachverständigenausschusses bekannt und veröffentlicht die Interessenerklärungen seiner Mitglieder. [Abänd. 38]

3a)     Die Durchführungsrechtsakte gemäß den Absätzen 1 und 2 werden je nach Art und Ausmaß der Strahlung erlassen und so oft überarbeitet, wie es notwendig ist, um dem Verlauf der Kontamination Rechnung zu tragen. Die Kommission ist verpflichtet, die erste Überarbeitung spätestens binnen eines Monats nach einem nuklearen Unfall oder einer Situation eines radiologischen Notstands durchzuführen, um dabei, falls notwendig, die Strahlungshöchstwerte und die Liste der Radionuklide zu ändern. [Abänd. 39]

Artikel 4

1)   Sobald die Kommission eine Durchführungsverordnung einen Durchführungsrechtsakt erlässt, mit der die Höchstwerte Gültigkeit erlangen, dürfen Nahrungs- Nahrungsmittel und Futtermittel, die bei denen diese Höchstwerte überschreiten überschritten sind , nicht mehr in Verkehr gebracht werden. [Abänd. 40]

Die Kommission führt eine Regelung für die Haftung im Bereich der nuklearen Sicherheit ein, in der die Anliegen aller Mitgliedstaaten berücksichtigt werden, die von einem nuklearen Unfall betroffen sein könnten. Diese Regelung sieht eine angemessene Entschädigung im Fall von nuklearen Unfällen vor. [Abänd. 41]

Für die Anwendung der vorliegenden Verordnung gelten aus Drittländern eingeführte Nahrungs- Nahrungsmittel oder Futtermittel als auf den Markt gebracht, wenn sie im Zollgebiet der Union in einem anderen Zollverfahren als dem Versandverfahren abgefertigt werden. [Abänd. 42]

Die Mitgliedstaaten überwachen die Einhaltung der Höchstwerte der radioaktiven Kontamination in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet. Hierzu betreiben die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ein System amtlicher Kontrollen von Nahrungs- und Futtermitteln und führen andere den Umständen angemessene Maßnahmen durch, darunter auch die öffentliche Bekanntgabe von Informationen über die Sicherheit und Risiken von Nahrungs- und Futtermitteln. [Abänd. 43]

2)   Jeder Mitgliedstaat übermittelt der Kommission alle Informationen hinsichtlich der Anwendung dieser Verordnung und teilt ihr, insbesondere die Fälle mit, in denen die Höchstwerte nicht eingehalten worden sind.

a)

die regelmäßige Zeitplanung der Kontrollen der Höchstwerte in seinem Hoheitsgebiet;

b)

die Fälle, in denen die Höchstwerte nicht eingehalten worden sind;

c)

die Angabe der für die Kontrollen zuständigen nationalen Stellen.

Die Kommission übermittelt diese Informationen so rasch wie möglich den anderen Mitgliedstaaten.

Die Fälle, in denen die Höchstwerte nicht eingehalten wurden, werden über das in der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 genannte Schnellwarnsystem übermittelt.

Die Kommission verhängt Strafen gegen die Mitgliedstaaten, die im Fall des Verkaufs oder der Ausfuhr von Nahrungs- oder Futtermitteln, bei denen die Höchstwerte überschritten worden sind, ihrerseits keine Strafen verhängen. [Abänd. 44]

3)     Die Mitgliedstaaten informieren die Öffentlichkeit — hauptsächlich über einen Online-Dienst — über Höchstwerte, Notfallsituationen und Fälle der Nichteinhaltung der Höchstwerte. Die Öffentlichkeit wird außerdem über Nahrungsmittel informiert, in denen sich Radioaktivität anreichern kann, und insbesondere über die Art des Erzeugnisses, die Marke, die Herkunft und das Datum der Analyse. [Abänd. 45]

4)     Die in den Anhängen dieser Verordnung festgelegten Höchstwerte berücksichtigen den Zerfall radioaktiver Isotope entsprechend ihrer Halbwertszeit während der Lagerung haltbar gemachter Lebensmittel. Die Radioaktivität haltbar gemachter Lebensmittel ist je nach der Art ihrer Kontaminierung, etwa Kontaminierung mit Jodisotopen, ständig zu überwachen. [Abänd. 46]

5)     Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 31. März 2017 einen Bericht über die Zweckmäßigkeit eines Mechanismus für die Entschädigung von Landwirten vor, deren Nahrungsmittel so kontaminiert wurden, dass die Höchstwerte der radioaktiven Kontamination überschritten sind, weswegen diese Nahrungsmittel nicht in Verkehr gebracht werden dürfen. Ein solcher Mechanismus muss auf dem Verursacherprinzip beruhen. Dem Bericht wird, falls angezeigt, ein Legislativvorschlag über die Einrichtung eines solchen Mechanismus beigefügt. [Abänd. 47]

Artikel 4a

1)     Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 31. März 2017 einen Bericht über die Angemessenheit der in den Anhängen festgelegten Höchstwerte radioaktiver Kontamination vor.

2)     Anhand dieses Berichts muss überprüft werden können, ob durch die Höchstwerte radioaktiver Kontamination sichergestellt ist, dass der auf die Bevölkerung bezogene Grenzwert der effektiven Dosis von 1 mSv/a eingehalten wird und ob aufgrund dieser Höchstwerte bei den besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen die Dosis der Aufnahme stabiler Jodisotope in der Schilddrüse hinreichend unter dem von der WHO empfohlenen Referenzwert von 10 mGy liegt.

3)     In dem Bericht wird die Möglichkeit geprüft, die Einstufung der Radionuklide zu überarbeiten und Tritium und Kohlenstoff-14 in die Anhänge dieser Verordnung aufzunehmen. Im Rahmen der Prüfung dieser Höchstwerte wird in dem Bericht besonderes Augenmerk auf den Schutz der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen gerichtet, insbesondere auf den Schutz von Kindern, und es wird geprüft, ob es angemessen wäre, auf dieser Grundlage für alle Bevölkerungskategorien Höchstwerte festzulegen. [Abänd. 45]

Artikel 5

1)   Die Kommission wird von dem mit Artikel 58 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates  (15) eingesetzten durch den Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Tiergesundheit Futtermittel unterstützt , der durch Artikel 58 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 eingesetzt wurde . Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011. [Abänd. 49]

2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 in Verbindung mit deren Artikel 5.

Artikel 6

Um sicherzustellen Damit im Zusammenhang mit den Höchstwerten , dass die in den Anhängen I, II und III festgelegten Höchstwerte dieser Verordnung festgelegt werden, wichtigen neuen oder zusätzlich verfügbar werdenden Daten Rechnung tragen getragen wird , insbesondere aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, schlägt übermittelt die Kommission nach Konsultation der Sachverständigengruppe gemäß Artikel 31 Euratom-Vertrag  3 Absatz 3 dem Parlament und dem Rat einen Bericht, dem sie, falls erforderlich, einen Vorschlag für Anpassungen dieser Anhänge vor und, falls erforderlich, einen Vorschlag für eine Überarbeitung der Liste der Radionuklide beifügt . [Abänd. 50]

Artikel 6a

Im Fall eines nuklearen Unfalls oder einer anderen Situation eines radiologischen Notstands, der bzw. die die Kontamination von Nahrungs- und Futtermitteln verursacht, übermittelt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht mit Einzelheiten über die nach Maßgabe dieser Verordnung getroffenen Maßnahmen und die gemäß Artikel 4 Absatz 2 übermittelten Informationen. [Abänd. 51]

Artikel 7

Die Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 in der durch die Verordnung (Euratom) Nr. 2218/1989 geänderten Fassung, die Verordnung (Euratom) Nr. 944/89 der Kommission (16) und die Verordnung (Euratom) Nr. 770/90 der Kommission (17) werden aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobenen Verordnungen gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang V zu lesen.

Artikel 8

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu … am

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

Im Namen des Rates

Der Präsident


(1)  ABl. C […] vom […], S. […].

(2)  ABl. C […] vom […], S. […].

(3)  ABl. C […] vom […], S. […].

(4)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 und Standpunkt des Rates vom… .

(5)  Richtlinie 96/29 2013/59 /Euratom des Rates vom 13. Mai 1996 5. Dezember 2013 zur Festlegung der grundlegenden grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung und zur Aufhebung der Richtlinien 89/618/Euratom, 90/641/Euratom, 96/29/Euratom, 97/43/Euratom und der Bevölkerung gegen die Gefahren durch ionisierende Strahlungen 2003/122/Euratom (ABl. L 159 vom 29.6.1996 13 vom 17.1.2014, S. 1 ).

(6)  Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 des Rates vom 22. Dezember 1987 zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Nahrungsmitteln und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls oder einer anderen radiologischen Notstandssituation, (ABl. L 371 vom 30.12.1987, S. 11).

(7)  Verordnung (Euratom) Nr. 2218/89 des Rates vom 18. Juli 1989 zur Änderung der Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Nahrungsmitteln und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls oder einer anderen radiologischen Notstandssituation (ABl. L 211 vom 22.7.1989, S. 1).

(8)  Entscheidung 87/600/Euratom des Rates vom 14. Dezember 1987 über Gemeinschaftsvereinbarungen für den beschleunigten Informationsaustausch im Fall einer radiologischen Notstandssituation, (ABl. L 371 vom 30.12.1987, S. 76).

(9)   Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1).

(10)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(11)   Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1).

(12)  Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67.

(13)  Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel, ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59.

(14)  Richtlinie 2001/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen, ABl. L 194 vom 18.7.2001, S. 26.

(15)  Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1.

(16)  Verordnung (Euratom) Nr. 944/89 der Kommission vom 12. April 1989 zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Nahrungsmitteln von geringerer Bedeutung im Falle eines nuklearen Unfalls oder einer anderen radiologischen Notstandssituation (ABl. L 101 vom 13.4.1989, S. 17).

(17)  Verordnung (Euratom) Nr. 770/90 der Kommission vom 29. März 1990 zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Futtermitteln im Fall eines nuklearen Unfalls oder einer anderen radiologischen Notstandssituation (ABl. L 83 vom 30.3.1990, S. 78).

ANHANG I

Höchstwerte radioaktiver Kontamination von Nahrungsmitteln

Für Nahrungsmittel gelten folgende Höchstwerte:

 

Nahrungsmittel (Bq/kg)  (1)

Nahrungsmittel für Säuglinge (2)

Milcherzeugnisse (3)

Sonstige Nahrungsmittel (sofern nicht von geringerer Bedeutung) (4)

Flüssige Nahrungsmittel (5)

Strontiumisotope, insbesondere Sr-90

75

125

750

125

Jodisotope, insbesondere I-131

150

500

2 000

500

Alphateilchen emittierende Plutoniumisotope und Transplutoniumelemente, insbesondere Pu-239, Am-241

1

20

80

20

Alle übrigen Nuklide mit einer Halbwertzeit von mehr als 10 Tagen, insbesondere Cs-134, Cs-137 (6)

400

1 000

1 250

1 000


(1)  Der Wert für konzentrierte Erzeugnisse und Trockenerzeugnisse wird auf der Grundlage des für den unmittelbaren Verbrauch rekonstituierten Erzeugnisses berechnet. Die Mitgliedstaaten können Empfehlungen hinsichtlich der Verdünnungsbedingungen abgeben, um die Einhaltung der in dieser Verordnung festgelegten Höchstwerte zu gewährleisten.

(2)  Als Nahrungsmittel für Säuglinge gelten Nahrungsmittel für die Ernährung von Säuglingen während der ersten 12 Lebensmonate, die für sich genommen deren Nahrungsbedarf decken und in Packungen für den Einzelhandel dargeboten werden, die gemäß den Artikeln 11 und 12 der Richtlinie 2006/141/EG der Kommission eindeutig als „Säuglingsanfangsnahrung“, „Folgenahrung“, „Säuglingsmilchnahrung“ oder „Folgemilch“ gekennzeichnet und etikettiert sind.

(3)  Als Milcherzeugnisse gelten die Erzeugnisse folgender KN-Codes einschließlich späterer Anpassungen: 0401, 0402 (außer 0402 29 11).

(4)  Nahrungsmittel von geringerer Bedeutung und die für diese Nahrungsmittel jeweils geltenden Höchstwerte sind in Anhang II aufgeführt.

(5)  Flüssige Nahrungsmittel gemäß Code 2009 und Kapitel 22 der Kombinierten Nomenklatur. Die Werte werden unter Berücksichtigung des Verbrauchs von Leitungswasser berechnet; für die Trinkwasserversorgungssysteme sollten identische Werte gelten.

(6)  Diese Gruppe umfasst nicht Kohlenstoff-14, Tritium und Kalium-40.

ANHANG II

Höchstwerte radioaktiver Kontamination von Nahrungsmitteln von geringerer Bedeutung

1.   Nahrungsmittel von geringerer Bedeutung

KN-Code

Beschreibung

0703 20 00

Knoblauch (frisch oder gekühlt)

0709 59 50

Trüffeln (frisch oder gekühlt)

0709 99 40

Kapern (frisch oder gekühlt)

0711 90 70

Kapern (vorläufig haltbar gemacht, zum unmittelbaren Genuss nicht geeignet)

ex 0712 39 00

Trüffeln (getrocknet, auch in Stücke oder Scheiben geschnitten, als Pulver oder sonst zerkleinert, jedoch nicht weiter zubereitet)

0714

Wurzeln oder Knollen von Maniok, Maranta und Salep, Topinambur, Süßkartoffeln und ähnliche Wurzeln und Knollen mit hohem Gehalt an Stärke oder Inulin, frisch, gekühlt, gefroren oder getrocknet, auch in Stücken oder in Form von Pellets; Mark des Sagobaums

0814 00 00

Schalen von Zitrusfrüchten oder von Melonen (einschließlich Wassermelonen), frisch, gefroren, getrocknet oder zum vorläufigen Haltbarmachen in Salzlake oder in Wasser mit einem Zusatz von Schwefeldioxid oder anderen Stoffen eingelegt

0903 00 00

Mate

0904

Pfeffer der Gattung „Piper“; Früchte der Gattungen „Capsicum“ oder „Pimenta“, getrocknet oder gemahlen oder sonst zerkleinert

0905 00 00

Vanille

0906

Zimt und Zimtblüten

0907 00 00

Gewürznelken, Mutternelken und Nelkenstiele

0908

Muskatnüsse, Muskatblüte, Amomen und Kardamomen

0909

Anis-, Sternanis-, Fenchel-, Koriander-, Kreuzkümmel- und Kümmelfrüchte; Wacholderbeeren

0910

Ingwer, Safran, Kurkuma, Thymian, Lorbeerblätter, Curry und andere Gewürze

1106 20

Mehl, Grieß und Pulver von Sagomark und von Wurzeln oder Knollen des KN-Code 0714

1108 14 00

Stärke von Maniok

1210

Hopfen (Blütenzapfen), frisch oder getrocknet, auch gemahlen, sonst zerkleinert oder in Form von Pellets; Lupulin

1211

Pflanzen, Pflanzenteile, Samen und Früchte der hauptsächlich zur Herstellung von Riechmitteln oder zu Zwecken der Medizin, Insektenvertilgung, Schädlingsbekämpfung und dergleichen verwendeten Art, frisch oder getrocknet, auch geschnitten, gemahlen oder ähnlich fein zerkleinert

1301

Schellack; natürliche Gummen, Harze, Gummiharze und Oleoresine (z. B. Balsame)

1302

Pflanzensäfte und Pflanzenauszüge; Pektinstoffe, Pektinate und Pektate; Agar-Agar und andere Schleime und Verdickungsstoffe von Pflanzen, auch modifiziert

1504

Fette und Öle sowie deren Fraktionen, von Fischen oder Meeressäugetieren, auch raffiniert, jedoch nicht chemisch modifiziert

1604 31 00

1604 32 00

Kaviar

Kaviarersatz

1801 00 00

Kakaobohnen und Kakaobohnenbruch, roh oder geröstet

1802 00 00

Kakaoschalen, Kakaohäutchen und anderer Kakaoabfall

1803

Kakaomasse, auch entfettet

2003 90 10

Trüffeln (ohne Essig oder Essigsäure zubereitet oder haltbar gemacht)

2006 00

Gemüse, Früchte, Nüsse, Fruchtschalen und andere Pflanzenteile, mit Zucker haltbar gemacht (durchtränkt und abgetropft, glasiert oder kandiert)

2102

Hefen (lebend oder nicht lebend); andere Einzeller-Mikroorganismen, nicht lebend (ausgenommen Impfstoffe des KN-Code 3002); zubereitete Backtriebmittel in Pulverform:

2936

Natürliche, auch synthetisch hergestellte Provitamine und Vitamine (einschließlich natürlicher Konzentrate) und ihre hauptsächlich als Vitamine gebrauchten Derivate, auch untereinander gemischt, auch in Lösemitteln aller Art

3301

Ätherische Öle (auch terpenfrei gemacht), einschließlich „konkreter“ oder „absoluter“ Öle; Resinoide; extrahierte Oleoresine; Konzentrate ätherischer Öle in Fetten, nichtflüchtigen Ölen, Wachsen oder ähnlichen Stoffen, durch Enfleurage oder Mazeration gewonnen; terpenhaltige Nebenerzeugnisse aus ätherischen Ölen; destillierte aromatische Wässer und wässrige Lösungen ätherischer Öle

2.   Für die in Absatz 1 genannten Nahrungsmittel von geringerer Bedeutung gelten folgende Höchstwerte:

 

(Bq/kg)

Strontiumisotope, insbesondere Sr-90

7 500

Jodisotope, insbesondere I-131

20 000

Alphateilchen emittierende Plutoniumisotope und Transplutoniumelemente, insbesondere Pu-239, Am-241

800

Alle übrigen Nuklide mit einer Halbwertzeit von mehr als 10 Tagen, insbesondere Cs-134, Cs-137  (1)

12 500

[Abänd. 57]


(1)  Diese Gruppe umfasst nicht Kohlenstoff-14, Tritium und Kalium-40.

ANHANG III

HÖCHSTWERTE RADIOAKTIVER KONTAMINATION VON FUTTERMITTELN

Für Caesium-134 und Caesieum-137 geltende folgende Höchstwerte:

tierische Herkunft

Bq/kg (1), (2)

Schweine

1 250

Geflügel, Lamm, Kalb

2 500

Sonstige

5 000


(1)  Mit diesen Werten soll zur Einhaltung der zulässigen Höchstwerte für Nahrungsmittel beigetragen werden; sie allein gewährleisten jedoch nicht unter allen Umständen eine Einhaltung der Höchstwerte und schmälern auch nicht die Verpflichtung, die Radioaktivitätswerte in Erzeugnissen tierischen Ursprungs, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, zu kontrollieren.

(2)  Diese Werte gelten für zum unmittelbaren Verbrauch bestimmte Futtermittel.

ANHANG IV

Aufgehobene Verordnungen

Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 des Rates

(ABl. L 371 vom 30.12.1987, S. 11)

Verordnung (Euratom) Nr. 2218/89 des Rates

(ABl. L 211 vom 22.7.1989, S. 1)

Verordnung (Euratom) Nr. 944/89 der Kommission

(ABl. L 101 vom 13.4.1989, S. 17)

Verordnung (Euratom) Nr. 770/90 der Kommission

(ABl. L 83 vom 30.3.1990, S. 78)

ANHANG V

ENTSPRECHUNGSTABELLE

Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87

Verordnung (Euratom) Nr. 944/89

Verordnung (Euratom) Nr. 770/90

Diese Verordnung

Artikel 1 Absatz 1

 

 

Artikel 1

 

Artikel 1

 

Artikel 1

Artikel 1 Absatz 2

 

 

Artikel 2

Artikel 2 Absatz 1

 

 

Artikel 3 Absätze 1 und 2

Artikel 2 Absatz 2

 

 

Artikel 3 Absatz 1

 

 

Artikel 3 Absatz 2

 

 

Artikel 3 Absatz 3

Artikel 3 Absätze 3 und 4

 

 

Artikel 4

 

 

Artikel 5 Absatz 1

 

 

Artikel 6

Artikel 5 Absatz 2

 

 

Artikel 6 Absatz 1

 

 

Artikel 4 Absatz 1

Artikel 6 Absatz 2

 

 

Artikel 4 Absatz 2

 

Artikel 2

 

Anhang II Nummer 2

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Artikel 1

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Anhang III

Artikel 5

Artikel 7

 

 

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Artikel 7

Artikel 8

 

 

Artikel 8

Anhang

 

 

Anhang I

 

Anhang

 

Anhang II Nummer 1

 

 

Anhang

Anhang III

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Anhang IV

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Anhang V