ISSN 1725-2407

doi:10.3000/17252407.C_2011.166.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 166

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

54. Jahrgang
7. Juni 2011


Informationsnummer

Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

ENTSCHLIESSUNGEN

 

Ausschuss der Regionen

 

89. Plenartagung am 31. März/1. April 2011

2011/C 166/01

Entschließung des Ausschusses der Regionen Die Folgen der Naturkatastrophen in Japan und die Auswirkungen der Atomkatastrophe: Lehren für die Europäische Union

1

 

STELLUNGNAHMEN

 

Ausschuss der Regionen

 

89. Plenartagung am 31. März/1. April 2011

2011/C 166/02

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010

3

2011/C 166/03

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen Überprüfung des EU-Haushalts

9

2011/C 166/04

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung

18

2011/C 166/05

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen Donauraumstrategie

23

2011/C 166/06

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen Strategische Leitlinien für die Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit 2011-2020

30

2011/C 166/07

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen Fünfter Kohäsionsbericht

35

2011/C 166/08

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen Die Zukunft des europäischen Sozialfonds nach 2013

45

2011/C 166/09

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen Binnenmarktakte

52

 

III   Vorbereitende Rechtsakte

 

Ausschuss der Regionen

 

89. Plenartagung am 31. März/1. April 2011

2011/C 166/10

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen Saisonale Beschäftigung und konzerninterne Entsendung

59

DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

ENTSCHLIESSUNGEN

Ausschuss der Regionen

89. Plenartagung am 31. März/1. April 2011

7.6.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 166/1


Entschließung des Ausschusses der Regionen „Die Folgen der Naturkatastrophen in Japan und die Auswirkungen der Atomkatastrophe: Lehren für die Europäische Union“

2011/C 166/01

Der Ausschuss der Regionen und die in ihm vertretenen regionalen und lokalen Gebietskörperschaften

1.

möchten der japanischen Bevölkerung und allen Opfern der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe, der Reaktorunfälle und ihrer Folgen ihr Beileid und ihr tiefes Mitgefühl aussprechen und sie ihrer Solidarität versichern;

2.

bringen ihre Bereitschaft zum Ausdruck, der Bevölkerung und den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in den betroffenen Gebieten Japans Hilfe zukommen zu lassen, und rufen die Europäische Kommission auf, unter Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der japanischen Bevölkerung und die Landeskultur entsprechende Hilfsmaßnahmen anzubieten und gegebenenfalls zu koordinieren;

3.

fordern die japanischen Behörden auf, größtmögliche Transparenz zu gewährleisten und aktuelle Informationen über die Auswirkungen der Reaktorkatastrophe zu veröffentlichen, die auch in anderen Erdteilen ernsthafte Konsequenzen haben kann, und bekräftigen ihre Bereitschaft, Unterstützung zu leisten und ihren technischen Sachverstand zur Verfügung zu stellen;

4.

rufen ihre Mitglieder auf, im Rahmen bestehender Partnerschaften und Kooperationen mit japanischen regionalen und lokalen Gebietskörperschaften solidarisch zu handeln und mit Hilfe bestehender Kontakte effektive Hilfsprojekte vor Ort zu realisieren, wo immer dies möglich ist;

5.

unterstreichen, dass die Ereignisse in Japan die unmittelbare Betroffenheit und die wichtige Rolle vor Augen führen, die den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei natürlichen oder menschgemachten Katastrophen zukommt, und dass auch in der Europäischen Union auf allen Regierungsebenen eine neue Debatte über zentrale Fragen der Sicherheit geführt werden muss;

6.

bekräftigen in diesem Zusammenhang die Grundsätze der Solidarität, Zusammenarbeit, Abstimmung und Unterstützung im Bereich Katastrophenschutz und -prävention; unterstützen den Vorschlag für ein Gesamtkonzept der EU im Bereich des Zivilschutzes (1) und insbesondere die geplante Stärkung des Beobachtungs- und Informationszentrums (MIC); weisen auf die von der Europäischen Kommission eingegangene Verpflichtung hin, die Reaktionsfähigkeit der Union im Katastrophenfall unter Nutzung der von den EU-Mitgliedstaaten bereitgestellten Einheiten und Kräfte zu stärken, und fordern die Europäische Kommission auf, im Rahmen ihrer unterstützenden Kompetenzen geeignete Maßnahmen zur Verbesserung des Austausches unentbehrlicher operativer Informationen nicht nur auf nationaler, sondern auch auf regionaler und lokaler Ebene vorzuschlagen;

7.

unterstützen die Initiative der Europäischen Kommission, unverzüglich eine strenge Überprüfung aller Kernkraftwerke in der EU durch unabhängige Experten nach gemeinsamen, strengen Sicherheitsstandards durchzuführen und die Entwicklung gemeinsamer Standards nicht nur für die nukleare Sicherheit, sondern auch für das Notfallmanagement und den Katastrophenschutz voranzutreiben; sind überzeugt, dass diese Überprüfungen verpflichtend sein sollten, und bedauern daher, dass der Europäische Rat auf seiner Tagung im März dieser Empfehlung nicht nachgekommen ist;

8.

fordern die Mitgliedstaaten daher nachdrücklich auf, sich auf gemeinsame Kriterien für umfassende Risiko- und Sicherheitsbewertungen („Stresstests“) zu einigen und diese sofort auf existierende wie künftige Atomkraftwerke anzuwenden, wobei auch die Folgen für angrenzende Mitgliedstaaten und Regionen zu berücksichtigen sind; heben hervor, dass auch Länder außerhalb der Europäischen Union, in denen kerntechnische Anlagen bestehen oder geplant sind, in diesen Prozess eingebunden und die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden müssen, bestehende grenzüberschreitende Informationsmechanismen über sicherheitsrelevante Fragen betreffend Nuklearanlagen und die besondere grenzübergreifende Dimension des Notfallmanagements und der Katastrophenhilfe zu verbessern; betonen schließlich, dass derartige Belastungstests in künftigen Beitrittsverhandlungen berücksichtigt und die Beteiligung von Nachbarstaaten und -regionen an Genehmigungsverfahren für Nuklearanlagen verbessert werden sollten, und fordern schließlich die Stilllegung kerntechnischer Anlagen, die diese Belastungstests nicht bestehen;

9.

fordern eine unverzügliche Überprüfung des Umsetzungsstandes der Richtlinie 2009/71/Euratom des Rates vom 25. Juni 2009 über einen Gemeinschaftsrahmen für die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen und ggf. deren Überarbeitung;

9a.

rufen die Europäische Kommission auf, Vorschläge zu adäquaten Anforderungen an die Versicherung von Nuklearanlagen zu unterbreiten, sodass diese ausreichend gegen die finanziellen Risiken eines Reaktorunfalls, der zur Freisetzung von Radioaktivität in die Umwelt führen kann, versichert sind;

10.

befürworten die hohen Sicherheitsanforderungen, die in dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle 2010/0306 (NLE) festgelegt sind, um die sichere Entsorgung hochradioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente zu gewährleisten, und fordern, auch die betroffenen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einzubinden;

11.

erklären sich bereit, in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen nationalen und europäischen Stellen die in ihrer Verantwortung liegenden Bereiche (z. B. im Zusammenhang mit Genehmigungsverfahren, Katastrophenschutzplänen usw.) zu überprüfen und ggf. den aus der japanischen Katastrophe zu ziehenden Lehren und den neuesten Forschungsergebnissen anzupassen;

12.

fordern die Europäische Kommission auf, mehr Finanzmittel für die Zusammenarbeit mit Drittstaaten bei der Verhütung und der Vorbereitung auf natürliche und menschgemachte Katastrophen bereitzustellen;

13.

rufen dazu auf, die notwendigen Maßnahmen zur Energieeinsparung, zur deutlichen Erhöhung der Energieeffizienz und zur Umstellung der Energieversorgung in der Europäischen Union auf sichere, nachhaltige und bezahlbare erneuerbare Energiequellen mit noch größerer Entschiedenheit voranzutreiben, und befürworten insbesondere die so genannte „dritte industrielle Revolution“ bzw. die Demokratisierung der Energieproduktion, die auf eine Dezentralisierung der Energieproduktion, -speicherung und -verteilung abstellt, wodurch die Energieversorgungssicherheit sichergestellt und eine erneuerbare Energiewirtschaft geschaffen werden können und den Bürgerinnen und Bürgern sowie den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Möglichkeit unmittelbarer Einflussnahme gegeben wird; sind bereit, den zur Schaffung offener und intelligenter Stromnetze notwendigen Infrastrukturwandel zu unterstützen, und fordern die Europäische Kommission dazu auf, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und die relevanten Interessenträger so rasch wie möglich zusammenzubringen, um den Umbau der europäischen Energieproduktion in Angriff zu nehmen;

14.

fordern alle Atomkraftwerkbetreiber dazu auf, in ihrer Kommunikationspolitik offen und fair vorzugehen und mit den EU-Mitgliedstaaten und den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften wirksame Partnerschaften einzugehen;

14a.

befürwortet vor allem in der erneuerbaren Energiewirtschaft eine verstärkte Dezentralisierung der Energieproduktion und -verteilung, wodurch die Produktion auf regionaler und lokaler Ebene verstärkt, die Wege zwischen Produzenten und Konsumenten verkürzt, die Abhängigkeit von großen globalen Energieversorgern verringert, die dezentrale Wertschöpfung erhöht und vor allem die Sicherheit der Energieversorgung bei Katastrophen vergrößert werden; fordert die Europäische Kommission auf, nicht zuletzt mit Blick auf die Strategie Europa 2020 die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in ihren bereits erheblichen Bemühungen im Bereich der erneuerbaren Energie und zur Erreichung weitgehender eigenständiger Energieversorgung verstärkt zu unterstützen;

15.

vertreten angesichts der Klimaschutzziele und der Tatsache, dass derzeit 30 % des in der EU produzierten Stroms aus der Kernkraft stammen, die Auffassung, dass realistisch zu überlegen ist, welchen Energiemix die EU künftig braucht; fordert daher die Europäische Kommission auf, erneuerbare und effizientere Energieformen mit dem Ziel zu fördern, die Unabhängigkeit Europas in der Energieversorgung zu stärken und die Abhängigkeit von der Kernkraft schrittweise zu verringern;

16.

beauftragen die Präsidentin des Ausschusses der Regionen, diese Entschließung dem Präsidenten des Europäischen Rates, dem ungarischen EU-Ratsvorsitz, der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie den zuständigen japanischen Behörden vorzulegen.

Brüssel, den 1. April 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „Auf dem Weg zu einer verstärkten Katastrophenabwehr: die Rolle von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe“, KOM(2010) 600 endg.


STELLUNGNAHMEN

Ausschuss der Regionen

89. Plenartagung am 31. März/1. April 2011

7.6.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 166/3


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010“

2011/C 166/02

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

ist sich bewusst, dass die Unionsbürgerschaft es den verschiedenen nationalen Identitäten ermöglicht, unabhängig von den Verfahren für die Zuerkennung der nationalen Staatsbürgerschaft in der Europäischen Union zusammenzuleben; durch die Einbindung der Bürger in den Integrationsprozess der Gemeinschaft fördert sie darüber hinaus den Aufbau der europäischen Demokratie;

unterstützt jede Initiative, die geeignet ist, die Bürgerbeteiligung am demokratischen Prozess der Union auch durch Maßnahmen zur Förderung der direkten und partizipativen Demokratie zu verstärken und das Demokratiedefizit in der EU zu überwinden;

betont die Notwendigkeit, die Bürger für ihren Unionsbürgerstatus, ihre Rechte und Pflichten und deren Bedeutung in ihrem Alltag zu sensibilisieren;

ist der Ansicht, dass die allgemeinen Bestimmungen über die Unionsbürgerschaft im Zusammenhang mit dem Grundsatz gesehen werden müssen, dass die Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah zu treffen sind; weiß,

dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften am besten geeignet sind, ein besseres Verständnis der Unionsbürgerschaft und ihrer konkreten Vorteile für jeden Einzelnen zu fördern;

betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften seit Langem erfolgreiche Maßnahmen erproben und sich als Förderer und Unterstützer der Bürgerrechte bewährt haben;

betont die Notwendigkeit von Maßnahmen, mit denen die Bildung und Erziehung zur Unionsbürgerschaft, die Überwindung der verschiedenen Hindernisse und der Informationsungleichgewichte und –lücken sowie das Vertrautmachen mit einer bewussten und freien Ausübung der Rechte und Pflichten gewährleistet werden können;

bekräftigt die Verantwortung aller Regierungsebenen, einen Beitrag zur Herausbildung einer „Kultur der Grundrechte“ zu leisten.

Berichterstatter

Roberto PELLA (IT/EVP), Mitglied des Gemeinderates von Valdengo

Referenzdokument

Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010: Weniger Hindernisse für die Ausübung von Unionsbürgerrechten

KOM(2010) 603 endg.

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Der Hintergrund: die Unionsbürgerschaft nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon

1.

würdigt den Bericht über die Fortschritte auf dem Weg zu einer effektiven Unionsbürgerschaft 2007-2010 (1), in dem die wichtigsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Unionsbürgerrechte in diesem Zeitraum beschrieben werden und der den „Bericht über die Unionsbürgerschaft: Weniger Hindernisse für die Ausübung von Unionsbürgerrechten“ begleitet;

2.

befürwortet die in dem Bericht vorgelegte Übersicht über die größten Hindernisse, denen die Bürger immer noch tagtäglich bei der Wahrnehmung ihrer Unionsbürgerrechte in den verschiedenen Lebensbereichen begegnen, ebenso wie das erklärte Ziel, die Hindernisse aufzudecken und sie danach auszuräumen, damit die Unionsbürger ihre Rechte in vollem Umfang wahrnehmen können, und den Willen der Kommission, die Unionsbürgerschaft konkret und wirksam zu stärken;

3.

würdigt die dem Bericht über die Unionsbürgerschaft beigefügte Mitteilung „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte - Für eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ (2), in der es um die Beseitigung der Hindernisse geht, denen sich EU-Bürger gegenübersehen, wenn sie als Wirtschaftsteilnehmer im Binnenmarkt (z.B. als Unternehmer, Verbraucher oder Arbeitnehmer) die Rechte wahrnehmen wollen, die ihnen aufgrund der Binnenmarktvorschriften zustehen;

4.

erinnert daran, dass ein wichtiger und höchst symbolträchtiger Schritt auf dem Weg zur Gestaltung einer europäischen Identität und einer europäischen Demokratie die mit dem Vertrag von Maastricht erfolgte Einführung der „Unionsbürgerschaft“ war, die allen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zuerkannt wurde und seit der Annahme des Vertrags von Amsterdam die nationale Staatsbürgerschaft ergänzt;

5.

betont, dass die durch den Vertrag von Lissabon eingeführten neuen Vorschriften die Unionsbürgerschaft gestärkt haben, denn sie tritt nun zur nationalen Staatsangehörigkeit hinzu (anstatt sie lediglich zu ergänzen), ohne diese zu ersetzen;

6.

ist sich bewusst, dass die Unionsbürgerschaft es den verschiedenen nationalen Identitäten ermöglicht, unabhängig von den Verfahren für die Zuerkennung der nationalen Staatsbürgerschaft in der Europäischen Union zusammenzuleben; durch die Einbindung der Bürger in den Integrationsprozess der Gemeinschaft fördert sie darüber hinaus den Aufbau der europäischen Demokratie. Mit dem Vertrag über die Europäische Union wurde die Unionsbürgerschaft zusammen mit dem Grundsatz der Gleichheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger in die demokratischen Grundsätze aufgenommen;

7.

betont, dass gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger die in den Verträgen vorgesehenen Rechte und Pflichten haben; zu diesen hinzuzufügen sind die Rechte der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der beizutreten die Union mit der Annahme des Lissabon-Vertrags die Absicht erklärt hat, sowie die Rechte und Freiheiten, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 7. Dezember 2000 in der am 12. Dezember 2007 in Straßburg angepassten Fassung niedergelegt sind; diese Grundrechtecharta hat seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon denselben rechtlich Wert wie die Verträge;

8.

betont, dass die im Bericht über die Unionsbürgerschaft genannten Rechte einerseits ausschließlich für Unionsbürger geltende Rechte und andererseits Grundrechte sind, die auch für Drittstaatsangehörige gelten;

9.

ist sich bewusst, dass die Unionsbürgerschaft heute den grundlegenden Status des Einzelnen – des politischen Akteurs der europäischen Integration – darstellt, der es allen erlaubt, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit die gleiche rechtliche Behandlung zu genießen;

10.

ist sich bewusst, dass die Information über die Unionsbürgerschaft und ihre Förderung vor allem in den Ländern strategisch wichtige Bedeutung hat, die in den letzten Jahren der EU beigetreten sind oder ihr gerne beitreten möchten;

11.

erinnert daran, dass der Unionsvertrag von den beitrittswilligen Ländern und den Mitgliedstaaten fordert, die Werte zu achten und zur Geltung zu bringen, auf die sich die Union gründet, nämlich: die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte, einschließlich der Minderheitenrechte; diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und Nichtdiskriminierung auszeichnet;

12.

betont, dass es bereits in der Empfehlung des Ministerkomitees des Europarats an die Mitgliedstaaten vom 16. Oktober 2002 heißt: „die Demokratieerziehung sollte jegliche formale, nicht formale bzw. informelle Bildung und Erziehung, einschließlich jener in der Familie, umfassen, die einen Menschen sein Leben lang dazu befähigen, die Rolle eines aktiven und verantwortungsbewussten Bürgers, der die Rechte anderer achtet, in einer demokratischen Gesellschaft wahrzunehmen“;

13.

verweist darauf, dass die Kommission in der Mitteilung vom September 2005 zum Thema „Eine gemeinsame Integrationsagenda“ einen Rahmen für die Integration von Drittstaatsangehörigen in die Europäische Union entworfen und die Mitgliedstaaten darin zur „Betonung der staatsbürgerlichen Dimension in Einführungsprogrammen und sonstigen Aktivitäten für neu ankommende Drittstaatsangehörige“ aufgefordert hat, „um sicherzustellen, dass Einwanderer die gemeinsamen europäischen und nationalen Werte verstehen, respektieren und Nutzen aus ihnen ziehen“;

14.

weist darauf hin, dass der AdR seit Beginn der Debatte über die Zukunft der Union jede Initiative unterstützt, die geeignet ist, die Bürgerbeteiligung am demokratischen Prozess der Union zu verstärken, an Maßnahmen zur Förderung der direkten und partizipativen Demokratie mitzuwirken und wesentlich zur Überwindung des Demokratiedefizits in der EU beizutragen und begrüßt vor allem die Fortschritte, die in dieser Hinsicht mit dem Vertrag von Lissabon erreicht worden sind;

15.

erinnert daran, dass der Ausschuss der Regionen in der Stellungnahme zu den „Neuen europäischen Entscheidungsstrukturen: Europa - ein Rahmen für das Engagement der Bürger“ die EU aufgefordert hatte, Demokratie und Transparenz ihrer Politik und ihrer Entscheidungsstrukturen zu vertiefen, um somit ideale Rahmenbedingungen für Bürgerbeteiligung und Bürgerinitiativen auf europäischer Ebene zu schaffen. Darüber hinaus hatte er gefordert, Instrumente zur Förderung eines interaktiven politischen Dialogs und zur Verwirklichung des Grundsatzes der direkten Demokratie zu entwickeln;

16.

betont, dass im Rahmen der politischen Prioritäten des AdR für den Zeitraum 2010-2012 bekräftigt wurde, dass zur Stärkung der institutionellen Rolle des AdR die für die Regionen relevanten oder zumindest eine gebietsbezogene Komponente umfassenden Bestimmungen des Vertrags von Lissabon, wie die geplante Bürgerinitiative, vorrangig umgesetzt werden müssen; begrüßt die Verabschiedung der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative, in der zahlreiche vom Ausschuss der Regionen genannte Erfordernisse (CdR 167/2010) berücksichtigt wurden;

17.

weist auf das Bedürfnis der Unionsbürger hin, dass die Hindernisse für die Freizügigkeit beseitigt werden und dass sie die ihnen im Rahmen der Verträge gewährten Rechte unabhängig von ihrem gewählten Wohnsitz oder dem Ort des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen in vollem Umfang wahrnehmen können;

18.

verdeutlicht, dass in den Mitgliedstaaten noch immer eine Lücke zwischen den rechtlich geltenden Regeln und der Wirklichkeit, wie Bürger sie in ihrem Alltag erleben, insbesondere in Situationen mit grenzüberschreitendem Bezug bleibt;

19.

zeigt auf, dass die größten Hindernisse in dem Moment auftreten, wenn die EU-Rechtsvorschriften durch die einzelnen Mitgliedstaaten umgesetzt und die einzelstaatlichen Rechtsordnungen an die gesetzlichen Neuerungen angepasst werden;

20.

betont die Notwendigkeit, die Bürger für ihren Unionsbürgerstatus, ihre Rechte und deren Bedeutung in ihrem Alltag zu sensibilisieren;

21.

ist der Ansicht, dass besonderes Augenmerk den Migranten gelten sollte, die mit dem Erhalt der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats auch „Unionsbürger“ werden;

Die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften

22.

ist der Ansicht, dass die allgemeinen Bestimmungen über die Unionsbürgerschaft, die in den Titel „Bestimmungen über die demokratischen Grundsätze“ des Vertrags über die Europäische Union aufgenommen wurden, im Zusammenhang mit dem Grundsatz gesehen werden müssen, dass die Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah zu treffen sind – nach dem Modell der bürgernahen Demokratie, das insbesondere durch die vollständige und effektive Einbeziehung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften als die „den Bürgern und Bürgerinnen am nächsten stehende Regierungsebene“ mit Leben erfüllt wird;

23.

bemerkt, dass in dem Bericht der Kommission der Beitrag, den die Regionen und Gemeinden zu einer effektiven Unionsbürgerschaft von hoher Qualität zu leisten vermögen, keine angemessene Erwähnung findet;

24.

weiß, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufgrund ihrer Bürgernähe am besten geeignet sind, ein besseres Verständnis der Unionsbürgerschaft und ihrer konkreten Vorteile für jeden Einzelnen zu fördern, indem sie z.B. die greifbaren Auswirkungen der EU-Politiken auf den Alltag der Bürger veranschaulichen;

25.

ist sich bewusst, dass den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den einzuleitenden Mitwirkungsprozessen eine Schlüsselrolle zukommen wird, damit im Interesse eines echten basisorientierten Prozesses die Bürger wirklich einen inhaltlichen Beitrag zur politischen Entscheidungsfindung leisten und dadurch ihre Rechte konkret wahrnehmen können;

26.

ist der Ansicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften es den EU-Institutionen ermöglichen können, insbesondere jene Gruppen zu erreichen, die sonst oft einen geringen Grad der Teilhabe aufweisen, wie etwa Jugendliche und Migranten;

27.

betont, dass die lokalen und regionalen Behörden Verantwortung für die Bewältigung der Freizügigkeits- und Aufenthaltsprobleme der Unionsbürger und im Bereich der Aufnahme tragen;

28.

stellt fest, dass in dem Bericht zwar die der Ausübung von Unionsbürgerrechten entgegenstehenden Hindernisse aufgedeckt, die notwendigen Voraussetzungen für eine mögliche effektive Gestaltung jeder Form von Bürgerschaft und für die Überwindung geografischer, kultureller, sprachlicher und informationstechnischer Hindernisse, die einer bewussten und freien Ausübung der eigenen Rechte und Pflichten im Wege stehen, jedoch außer Acht gelassen werden;

29.

stellt fest, dass in dem Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010 den Instrumenten des Bürgerengagements, die neue Kanäle zur Vermittlung von Demokratie und Bürgerschaft darstellen, nicht genügend Beachtung gewidmet wird;

30.

betont, dass in dem Bericht ferner die Notwendigkeit nicht gebührend berücksichtigt wird, auf lokaler und regionaler Ebene zur effizienten Umsetzung der Rechte der Unionsbürgerschaft Maßnahmen zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren zu ergreifen;

31.

verdeutlicht, dass in dem neuen multikulturellen Gefüge die Bürgerschaft nicht mehr nur als bloße Verteidigung der Identität und der Zugehörigkeit zu definieren ist, sondern als Faktor der Integration und sozialen Inklusion;

32.

betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften seit Langem erfolgreiche Maßnahmen erproben und sich, auch mittels Verfahren der partizipativen und deliberativen Demokratie, als Förderer und Unterstützer der Bürgerrechte bewährt haben;

33.

stellt fest, dass die meisten EU-Bürger laut Statistik weder wissen, was die durch die Unionsbürgerschaft begründeten Rechte, insbesondere das Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht, bedeuten, noch sich dieser Rechte bewusst sind, weshalb die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufgrund ihrer Nähe zu den Bürgern natürliche Kanäle oder Instrumente darstellen, die die Verbreitung der an die Bürger gerichteten Informationen unterstützen können;

34.

stellt fest, dass die politischen Institutionen vor Ort, die schlechthin Ausdruck einer „europäischen“ Wählerschaft und somit die ersten echten europäischen Verwaltungsorgane sind, die idealen Kanäle zur Information der EU-Bürger über ihre Wählerrechte darstellen;

35.

weist auf den Beitrag hin, den Städtenetze und kommunale Partnerschaften bei der Förderung von Unionsbürgerschaftsthemen und der Sensibilisierung für diese als Instrumente zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements und der Integration, insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten, leisten können;

36.

befürwortet die Absicht der Kommission, das Recht der Unionsbürger auf Beistand in Drittstaaten durch diplomatische und konsularische Stellen aller Mitgliedstaaten zu stärken, indem im Jahr 2011 Legislativmaßnahmen vorgeschlagen und die Bürger besser informiert werden sollen; unterstreicht die Rolle, die die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei der flächendeckenden Verbreitung von Informationen über diese Rechte spielen können, und fordert die Kommission auf, den AdR bei der Erarbeitung diesbezüglicher Vorschläge zu konsultieren;

Vorrangige Ziele der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

Die Bedingungen für eine effektive Bürgerschaft

37.

betont die Notwendigkeit von Maßnahmen, mit denen die Bildung und Erziehung zur Unionsbürgerschaft, die Überwindung der kulturellen, sprachlichen und technischen Hindernisse, das Vertrautmachen mit einer bewussten und freien Ausübung der Rechte und Pflichten und die Überwindung von Informationsungleichgewichten und -lücken gewährleistet werden können;

Die aktive Bürgerschaft

38.

ist der Auffassung, dass die Stärkung der Unionsbürgerschaft über den Ausbau der aktiven Bürgerbeteiligung am Leben der Gemeinschaft vor Ort erfolgen kann, und insbesondere der Beteiligung junger Menschen, die im europäischen Raum mobiler sind;

39.

empfiehlt der Europäischen Kommission, den Schwerpunkt auch auf unionsbürgerschaftliche Aspekte im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe (IPA) zu legen, damit die künftigen Unionsbürger entsprechend aufgeklärt sind und über ihre Rechte und Pflichten Bescheid wissen;

40.

betont, wie wichtig die Freiwilligentätigkeit und ihre Unterstützung für die Förderung der Mitwirkung und aktiven Bürgerschaft ist;

Die soziale Bürgerschaft

41.

erachtet es für notwendig, die Initiativen zur Förderung der sozialen Bürgerschaft unionsweit auszubauen, da der Zugang zu den sozialen Rechten an Kriterien und Anforderungen geknüpft wird, die diskriminierende Züge aufweisen; diese verstoßen gegen das im Gemeinschaftsrecht verankerte Prinzip der Gleichstellung und Gleichbehandlung von Bürgern anderer EU-Mitgliedstaaten, welche die Freizügigkeit ausüben, sowie von Drittstaatsangehörigen, die ebenfalls vom EU-Recht geschützt werden;

42.

fordert die Kommission auf, in den von ihr zur Vereinfachung des Zugangs zu grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung und zur Einleitung von Pilotprojekten für einen sicheren Online-Zugang zu bestimmten Gesundheitsdaten der Unionsbürger geplanten Maßnahmen vorzusehen, dass die lokalen und regionalen Behörden als den Bürgern am nächsten stehende Regierungsebene einbezogen werden;

43.

hält es für erstrebenswert, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die von der Kommission geplanten Maßnahmen zur Verbesserung des Aufklärungsdienstes für die Bürger eingebunden werden, indem ein neues System für den elektronischen Datenaustausch entwickelt wird, um Verzögerungen und Schwierigkeiten beim Austausch von Sozialversicherungsinformationen entgegenzuwirken;

Die Zivilbürgerschaft

44.

plädiert dafür, dass die Gemeinden und Regionen in die vorgesehenen neuen Maßnahmen zur Erleichterung der Freizügigkeit von EU-Bürgern und ihren Familienangehörigen aus Drittstaaten eingebunden werden, in deren Rahmen das Diskriminierungsverbot durchgesetzt, bewährte Verfahren gefördert und die Unionsbürger besser über die EU-Regelungen aufgeklärt werden sollen, indem ihnen Informationen über ihre Freizügigkeitsrechte an die Hand gegeben werden;

45.

anerkennt, dass die unterschiedliche Umsetzung der Richtlinie 2004/38/EG Schwierigkeiten bei der effektiven Ausübung der Grundrechte der EU-Bürger verursachen könnte;

Die politische Bürgerschaft

46.

erachtet das Recht auf uneingeschränkte Freizügigkeit und die aktive politische Teilhabe der Bürger als Wesensaspekte der Unionsbürgerschaft;

47.

unterstützt sämtliche Bemühungen darum, Drittstaatsangehörigen mit rechtmäßigem Wohnsitz auf dem Unionsgebiet je nach Dauer ihres Aufenthalts die Teilhabe am Leben ihrer Gemeinde zu ermöglichen. Das Recht von Drittstaatsangehörigen auf politische Teilhabe ist auch im Übereinkommen über die Beteiligung von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben festgelegt;

48.

ruft die Kommission auf, spezifische Maßnahmen zur Förderung der effektiven Ausübung des dem Unionsbürger gewährten Rechts auf Teilnahme an den Kommunal- und Europawahlen in dem Staat, in dem er wohnhaft ist, zu ergreifen;

49.

betont die Notwendigkeit, den Unionsbürgern in den Mitgliedstaaten den uneingeschränkten Informationszugang als Voraussetzung für ihre aktive politische Teilhabe zu gewährleisten;

Die administrative Bürgerschaft

50.

betont die Notwendigkeit, auf lokaler und regionaler Ebene Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung zu ergreifen, mit denen die Rechte der Unionsbürgerschaft, insbesondere die Freizügigkeit, zu effektiven Rechten werden, sowie alle abschreckenden Praktiken und andere bestehende Formen der Diskriminierung zu beseitigen, durch die Unterschiede bei der Behandlung europäischer Bürgerinnen und Bürger - insbesondere bei der Gewährung des Aufenthaltsrechts - entstehen; ausgehend von der Ermittlung der Probleme, denen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gegenüberstehen, sollten von diesen zudem angemessene Lösungen erarbeitet werden können;

51.

hebt hervor, dass der Austausch von elektronischen Daten zwischen öffentlichen Verwaltungsbehörden in den Mitgliedstaaten ebenso wie die Kommunikation zwischen diesen und den Bürgern verbessert werden muss, wenn die Ausübung der Freizügigkeit der Unionsbürger erleichtert werden soll;

52.

weist auf die Notwendigkeit hin, mit Instrumenten zur Verwaltungsvereinfachung insbesondere im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit dort einzugreifen, wo Bürger bei der Wahrnehmung ihrer Rechte auf die größten Schwierigkeiten stoßen;

53.

hält es für zweckmäßig, die unterschiedlichen Formen territorialer Zusammenarbeit zu unterstützen, um Projekte und Maßnahmen zur Förderung einer effektiven Unionsbürgerschaft umzusetzen, die zudem zum Abbau der Hindernisse und bürokratischen Verwaltungsauflagen beitragen können; dies kann z.B. durch Verbreitung der zahlreichen bewährten Verfahren erfolgen, die es für die grenzüberschreitenden Dienste z.B. in den Bereichen Gesundheit und Mehrsprachigkeit gibt;

54.

erachtet es für unverzichtbar, die Verwaltungszusammenarbeit und den Austausch von Informationen über gute Praktiken zwischen den zuständigen Behörden so bald wie möglich zu intensivieren und zu verbessern, um die uneingeschränkte Wahrnehmung der im Rahmen der Unionsbürgerschaft bestehenden Rechte und Pflichten zu gewährleisten;

Die Bürgerschaftskultur

55.

bekräftigt die Verantwortung aller Regierungsebenen, einen Beitrag zur Herausbildung einer „Kultur der Grundrechte“ zu leisten, indem sie die Bürgerinnen und Bürger für ihre Rechte und Pflichten sensibilisieren;

56.

betont, wie wichtig es ist, sich gemeinsam für die Förderung der Bürgerrechte und Bürgerpflichten einzusetzen und diese Förderung zu einem festen Bestandteil der Informations- und Kommunikationspolitik der Europäischen Kommission zu machen;

57.

verpflichtet sich, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften 2011, im „Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit“, dabei zu unterstützen, einen bedeutenden und wertvollen Beitrag zu leisten, indem sie Maßnahmen, die auf dem Konzept der aktiven Bürgerschaft beruhen, breiten Raum widmen;

58.

unterstützt die Europäische Kommission in ihrem Vorhaben, 2013 zum Europäischen Jahr der Bürger zu erklären; um zum Erfolg dieser Initiative beizutragen, könnte der Ausschuss z.B. diese Thema in die Veranstaltung der Open Days aufnehmen;

59.

stellt fest, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Regierungsebenen sind, auf denen Maßnahmen zur „Erziehung zur Unionsbürgerschaft“ eingeleitet werden können, die sich an die Bürger sowohl im Schul- als auch im Erwachsenenalter sowie insbesondere an diejenigen richten, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats erwerben möchten;

60.

erachtet es für notwendig, Sensibilisierungs- und Bildungsmaßnahmen für Migranten zu fördern, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats erwerben möchten und somit auch „Unionsbürger“ werden;

61.

hält es für notwendig, für das Personal der öffentlichen Verwaltungen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene Maßnahmen zur „Erziehung zur Unionsbürgerschaft“ einzuleiten;

62.

ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, die Aufnahme der Unionsbürgerschaft in die Schul- und Bildungsprogramme zu unterstützen und Maßnahmen zur Erziehung zu einer aktiven Bürgerschaft für Erwachsene auch mit Hilfe der Medien und IKT zu fördern;

63.

betont, wie wichtig die „Kulturhauptstädte“ zur Förderung der europäischen Identität und Unionsbürgerschaft sind;

64.

ruft die Kommission auf, Maßnahmen und Projekte zur Aufklärung über und Förderung der Unionsbürgerschaft gegenüber den Bürgern der Länder flächendeckend umzusetzen, die in den letzten Jahren der Union beigetreten sind bzw. ihr beitreten möchten, und zwar insbesondere im Zuge der Zusammenarbeit mit den dort tätigen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften;

65.

ruft die Kommission auf, die noch bestehenden Hindernisse, die der Mobilität zu Lernzwecken in den Bereichen Verwaltung, Gesetzgebung, Information, Motivation und Sprache im Wege stehen, zu beseitigen und entsprechende Lösungsstrategien zur Förderung der transnationalen Mobilität junger Menschen unter Einbeziehung der öffentlichen Stellen und der Zivilgesellschaft, der Unternehmen und sonstiger betroffener Akteure zu ermitteln;

66.

wird in Folge des von der Europäischen Kommission formulierten Interesses die Einrichtung einer flexiblen und informellen Plattform zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission, dem Ausschuss der Regionen und den nationalen Verbänden der lokalen und regionalen Selbstverwaltung mit dem Ziel prüfen, die Diskussion über die Unionsbürgerschaft zu erleichtern und zu unterstützen, die Gremien und Schwierigkeiten zu ermitteln, welche die lokalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der Unionsbürgerschaftsrechte haben, zum Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren einzuladen und auf diese Weise zur aktiven Ausübung der Unionsbürgerschaft beizutragen; ruft die Europäische Kommission auf, die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, die Koordinierungsstelle für die Unionsbürgerschaft angemessen zu unterstützen.

Brüssel, den 31. März 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  KOM(2010) 602 endg.

(2)  KOM(2010) 608 endg.


7.6.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 166/9


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Überprüfung des EU-Haushalts“

2011/C 166/03

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

weist darauf hin, dass die EU über einen glaubwürdigen EU-Haushalt - mehr als 1 % des BNE der EU - verfügen muss, der es ermöglicht, die großen europäischen Ziele an den konkreten Bedürfnissen der jeweiligen territorialen Gegebenheiten auszurichten und den mit dem Lissabon-Vertrag eingeführten neuen Kompetenzen gerecht zu werden;

stimmt der Bedeutung der Europa-2020-Strategie vollinhaltlich zu; unterstreicht jedoch, dass der Stellenwert, der ihr eingeräumt wird, keine Abstriche bei den anderen im Vertrag festgelegten Zielen - vor allem nicht dem sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt - bewirken darf;

begrüßt, dass die Kommission seinen Vorschlag für eine Verlängerung des mehrjährigen Finanzrahmens auf zehn Jahre mit einer umfassenden Halbzeitüberprüfung („5 + 5“) aufgegriffen hat. Im Rahmen der Halbzeitüberprüfung muss die Höhe der Fördermittel, die für verschiedene Prioritäten vorgesehen werden können, begrenzt werden, um zu gewährleisten, dass es bei einem wirklichen Zehnjahresprogramm bleibt - und nicht bei zwei Fünfjahresprogrammen;

ist der Ansicht, dass die Haushaltsflexibilität gewährleistet werden sollte, um zum einen mittels einer „Überprüfungsreserve“ nach der halben Laufzeit eine strategische Neuausrichtung vornehmen zu können und zum anderen mittels der „Flexibilitätsreserve im europäischen Interesse“ auf unvorhergesehene und außerordentliche Ereignisse reagieren zu können und dabei nach bestmöglicher Effizienz der europäischen Ausgaben zu streben;

missbilligt entschieden den Vorschlag, dass ein Verstoß gegen die Vorschriften durch einen Mitgliedstaat zu einer Aussetzung der im Rahmen der Kohäsionspolitik, der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Fischereipolitik gewährten Finanzhilfen führen soll, denn regionale Gebietskörperschaften können nicht dafür verantwortlich gemacht und bestraft werden, dass nationale Institutionen nicht in der Lage sind, makroökonomische Kriterien einzuhalten oder EU-Vorschriften korrekt umzusetzen;

begrüßt, dass die Kommission auch zukünftig eine Kohäsionspolitik in der gesamten Union für erforderlich hält, billigt den Vorschlag eines gemeinsamen Strategierahmens, der die Strukturfonds und anderen Fonds für die territoriale Entwicklung abdeckt, und ist daher der Ansicht, dass mit einer möglichen Gliederung der Haushaltslinien insbesondere alle einschlägigen Fonds, für die es einen gemeinsamen Strategierahmen gibt, unter einem Titel erfasst werden sollten;

ist der Ansicht, dass die derzeitige Gliederung des Haushalts aufgegeben werden sollte, schlägt vor, eine neue Gliederung zu wählen, die die Arbeitsteilung im Rahmen eines Multi-Level-Governance-Ansatzes verdeutlicht, und sieht keine Veranlassung, die Zahl der Rubriken auf drei große zu reduzieren;

misst der Möglichkeit größte Bedeutung bei, Anleihen für EU-Projekte (projektbezogene Euro-Anleihen) zu begeben, und ist der Überzeugung, dass die nationalen Beiträge zum EU-Haushalt langfristig durch eine Erhöhung der bestehenden Eigenmittel und/oder die Einführung neuer Eigenmittel ersetzt werden sollten.

Berichterstatter

:

Mercedes BRESSO (IT/SPE), Mitglied des Regionalrats der Region Piemont

Ramón Luis VALCÁRCEL SISO (ES/EVP), Präsident der Autonomen Gemeinschaft Murcia

Referenzdokument

:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen und die nationalen Parlamente: Überprüfung des EU-Haushalts

KOM(2010) 700 endg.

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Einleitung

1.

begrüßt die Mitteilung der Kommission zur Überprüfung des EU-Haushalts, da in ihr eine ganzheitliche Perspektive der Reform aufgezeigt wird, sowohl zur Ausgaben- als auch zur Einnahmenseite, mit der eine tatsächliche Änderung erreicht werden soll;

2.

will seine Standpunkte und Vorschläge bekräftigen und weiterentwickeln, die er in seiner Stellungnahme (1) vom April 2008 unterbreitet hat, und weist deshalb auf folgende Punkte hin:

Die EU muss über einen glaubwürdigen EU-Haushalt - mehr als 1 % des BNE der EU - verfügen, der es ermöglicht, die großen europäischen Ziele an den konkreten Bedürfnissen der jeweiligen territorialen Gegebenheiten auszurichten und den mit dem Lissabon-Vertrag eingeführten neuen Kompetenzen gerecht zu werden.

Die EU muss über einen Haushalt verfügen, mit dem sie auf neue Herausforderungen reagieren, ihr Integrations- und Kohäsionsziel weiterverfolgen und bei ihren Maßnahmen echte Solidarität an den Tag legen kann.

Aufgrund der begrenzten öffentlichen Finanzmittel in den Mitgliedstaaten ist es erforderlich, das System der EU-Haushaltsmittel zu reformieren und gleichzeitig Prioritäten zu setzen und sich auf diejenigen Bereiche zu konzentrieren, in denen das Handeln der Gemeinschaft, allein oder mit anderen Regierungs- und Verwaltungsebenen, den größten zusätzlichen Nutzen bringt.

Im Mittelpunkt der Strategie zur Reform des EU-Haushalts muss das Ziel stehen, das gesamte Potenzial einer Multi-Level-Governance voll auszuschöpfen. Konzeption, Planung, Mitfinanzierung und Umsetzung der europäischen Politiken können durch den Beitrag der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften deutlich gewinnen;

Grundsätze für den EU-Haushalt

3.

ist der Auffassung, dass die jahrelange Erfahrung bei der Ausführung des EU-Haushalts, insbesondere auf dem Gebiet der Kohäsionspolitik, zeigt, dass es die Regionen und Kommunen sind, die aufgrund ihrer Orts- und Bürgernähe den regionalen und lokalen Bedarf in der EU identifizieren und in diesem Bereich unmittelbar handeln. Deshalb hebt die Europäische Union stets hervor, wie wichtig diese Multi-Level-Governance ist, um eine bessere Verwendung der EU-Haushaltsmittel zu gewährleisten, denn sie ist der Auffassung, dass damit ein wirksames Instrument zur Durchführung aller Unionspolitiken unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips gegeben ist;

4.

bedauert, dass für die Endbegünstigten diese Multi-Level-Governance bei allen Ausgaben der öffentlichen Hand in der EU nicht transparent genug ist, obwohl die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften ihren finanziellen Beitrag leisten und sich zunehmend aktiv beteiligen; fordert die Kommission auf, unverzüglich alle Beteiligten über den derzeitigen Stand der öffentlichen Finanzen in der Europäischen Union aufzuklären sowie den Haushalt so zu gliedern, dass er stärker im Einklang mit der Multi-Level-Governance steht;

5.

teilt die Auffassung der Kommission, laut der „die Gewichtung der Ausgaben die wichtigsten politischen Prioritäten der EU widerspiegeln“ sollte; er leitet daraus ab, dass den Begriffen „wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt“, aber auch z.B. der Vereinbarkeit des Haushalts mit der horizontalen Sozialklausel eine sehr hohe Priorität eingeräumt werden muss;

6.

schlägt vor, den zügigen Start der nächsten Programme dadurch zu erleichtern, dass die Kontinuität der materiell-rechtlichen Vorschriften für ihre Funktionsweise bis zu einem gewissen Grad gewährleistet wird und alle Legislativmaßnahmen und Regelungen zum Zwecke der Vereinfachung möglichst lange im Voraus getroffen werden;

a)   Mehrwert

7.

ist der Auffassung, dass sein Beitrag zur Debatte über die interinstitutionellen jährlichen Haushaltsverfahren und die Ausführung des Haushaltsplans der EU erforderlich und nützlich ist, um dem auf Beratungen auf verschiedenen Ebenen beruhenden Grundsatz der verantwortungsvollen Regierungsführung zu entsprechen; dieser Beitrag könnte darin bestehen, die Meinungen der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zu denjenigen EU-Haushaltslinien darzulegen, deren Mittel hauptsächlich ihnen zugute kommen;

8.

ist der Ansicht, dass sich der Begriff des Mehrwerts auf die Hebelwirkung bzw. den Multiplikatoreffekt der Ausführung des EU-Haushalts in der gesamten Europäischen Union bezieht und dieser Nutzen daher nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Rechnungsführung zu verstehen ist, bei dem nur die öffentlichen Finanzen berücksichtigt werden. Auch dem Mehrwert des Unionshaushalts für die privaten Wirtschaftsakteure und die Verbraucher sowie dem Mehrwert der Ausgaben der Union für die Regierungsführung sollte Rechnung getragen werden; der AdR ist darüber hinaus der Ansicht, dass die Bewertung des Mehrwerts des EU-Haushalts auf der Grundlage eines neuen Wachstumsmodells erfolgen muss, bei dem das Wachstum mit das BIP ergänzenden Indikatoren gemessen wird, die den Entwicklungsstand jeder Region besser widerspiegeln;

9.

nimmt die Verpflichtung der Kommission zur Kenntnis, eine aktualisierte Analyse der Kosten eines Verzichts auf Europa vorzulegen, dringt jedoch darauf, dies rechtzeitig zu tun, damit sich diese Analyse auf die Verhandlungen über den neuen Finanzrahmen auswirken kann;

10.

erinnert daran, dass mit der Hebelwirkung des EU-Haushalts bei der Mobilisierung von Ressourcen für die im Vertrag vorgesehenen strategischen Ziele der EU wie die Kohäsionspolitik sowie EU-Strategien wie z.B. die Europa-2020-Strategie eine Struktur vorgegeben wird, dass diese Hebelwirkung für den Aufbau institutioneller Kapazitäten entscheidend ist und sich im Rahmen des Binnenmarkts positiv auf alle privaten und öffentlichen Akteure auswirkt, von denen, die am weitesten fortgeschritten sind, bis hin zu jenen, die den größten Rückstand haben;

11.

vertritt die Ansicht, dass die Sichtbarkeit der EU-Maßnahmen in der Öffentlichkeit, insbesondere wenn es um Investitionen in Großprojekte oder immaterielle Investitionen geht (Forschung, soziale Integration, Bildung usw.), auf allen Ebenen angestrebt werden muss, von den politischen Entscheidungsträgern über die Programmmanager bis zu den Bürgerinnen und Bürgern und den Endbegünstigten. Diese Sichtbarkeit kann durch verschiedene flexible Methoden erreicht werden, die zur Vermeidung übermäßigen Verwaltungsaufwands an die jeweiligen Rahmenbedingungen anzupassen sind, und sie sollte sich auf die zahlreich vorhandenen guten Praktiken und die Möglichkeiten einer jeden Region stützen;

12.

stimmt mit der Kommission darin überein, dass „der EU-Haushalt Größenvorteile [ermöglicht]“ und „die Lücken, die die Politikgestaltung auf nationaler Ebene zwangsläufig hinterlässt, schließen [kann], indem er grenzüberschreitende Herausforderungen auf Gebieten wie Infrastruktur, Mobilität, territorialer Zusammenhalt oder Forschungszusammenarbeit in Angriff nimmt“;

13.

betont die Notwendigkeit, eine dynamische und permanente Kommunikationsstrategie zu entwickeln, die in den Gebietskörperschaften weitergegeben wird und den Zweck und die Errungenschaften des EU-Haushalts zum Gegenstand hat; ist bereit, dazu einen dezentralisierten Aktionsplan aufzustellen;

b)   Solidarität

14.

bekräftigt, dass die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sowie den Bürgern der EU nicht nur ein mit den europäischen Werten einhergehendes politisches Ziel, sondern auch ein Element wirtschaftlicher Effizienz für die EU insgesamt ist. Daher muss die Ausübung der Solidarität weniger als eine Ausgabe denn als eine Investition betrachtet werden, die es der EU erlaubt, sich den heutigen und künftigen Herausforderungen zu stellen;

Ein Haushalt für die Zukunft: Ausgaben

15.

stimmt der Bedeutung der Europa-2020-Strategie für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum vollinhaltlich zu und pflichtet der Kommission bei, dass ihr Erfolg nach einem „partnerschaftlichen Vorgehen von EU, Mitgliedstaaten und Regionen“ sowie mit den lokalen Gebietskörperschaften verlangt; unterstreicht, dass der Stellenwert, der der Europa-2020-Strategie eingeräumt wird, keine Abstriche bei den anderen im Vertrag festgelegten Zielen - vor allem nicht dem sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt - bewirken darf;

16.

erwartet den Vorschlag des mehrjährigen Finanzrahmens, um sich im Einzelnen zu den Ausgaben äußern zu können, macht jedoch schon jetzt die folgenden grundsätzlichen Bemerkungen:

Forschung, Innovation, Bildung

17.

betont, dass die derzeitigen EU-Haushaltsmittel für Forschung, die sich auf nur 4 % der Mittel für die öffentliche Forschung in Europa belaufen, zu gering sind; hält es deshalb für unabdingbar, dafür zu sorgen, dass sich die nationalen und regionalen Programme und das europäische Forschungsrahmenprogramm besser ergänzen, um Skalenerträge und einen Masseneffekt zu erzielen;

18.

widerspricht der Aussage der Europäischen Kommission, dass sich „Europa […] ungeahnten gesellschaftlichen Herausforderungen gegenüber [sieht], die nur mittels großer wissenschaftlicher und technologischer Errungenschaften bewältigt werden können“, da bei dieser Argumentation die Fähigkeit der politischen Organisationen, der Institutionen und der Bürger unterschätzt wird, unsere Gesellschaften zu reformieren, ohne zwangsläufig auf wissenschaftliche und technologische Lösungen zurückzugreifen; vertritt jedoch die Auffassung, dass Innovation zur Bewältigung der schwierigsten gesellschaftlichen Herausforderungen beiträgt, und stimmt daher den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 4. Februar 2011 vollkommen zu, dass das Fachwissen und die Ressourcen in Europa auf kohärente Weise mobilisiert werden müssen und Synergieeffekte zwischen der EU und den Mitgliedstaaten zu fördern sind, damit gewährleistet wird, dass Innovationen mit gesellschaftlichem Nutzen schneller auf den Markt gelangen; er unterstreicht in diesem Zusammenhang die Chancen, die eine Überarbeitung der Richtlinien für das öffentliche Auftragswesen im Sinne von mehr sozialer und ökologischer Innovation bieten würde;

19.

vertritt die Ansicht, dass die Innovationsförderung entscheidend für die Umgestaltung der europäischen Wirtschaft ist, und dass die Mitgliedstaaten durch die Leitinitiative „Innovationsunion“ insbesondere dazu angeregt werden müssen, die Modernisierung der Bildungs- und Ausbildungssysteme auf allen Ebenen, einschließlich am Arbeitsplatz, zu fördern, da der Fortschritt eines Gebiets vor allem von der Entwicklung seines Humankapitals abhängt; begrüßt deshalb, dass in der Leitinitiative ein grundsätzlich tragfähiger Politikansatz formuliert, die Definition des Begriffs Innovation zu Recht weit gefasst, die großen Herausforderungen unserer Gesellschaft in den Fokus genommen und die neuen Technologien berücksichtigt werden. Darüber hinaus befürwortet der Ausschuss den Vorschlag der Kommission, die Forschungs- und Innovationskapazitäten in der EU auszubauen und u.a. mit Hilfe der aus dem EFRE finanzierten Programme zur technischen Unterstützung Strategien für eine intelligente regionale Spezialisierung zu entwerfen. Zudem weist er darauf hin, dass diese Strategien in Zusammenarbeit mit allen Betroffenen und insbesondere mit den lokalen und regionalen Unternehmern zu erarbeiten sind, um zu vermeiden, dass Regelungen vorgegeben werden, die an der Realität vorbeigehen, dem Potenzial der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nicht angemessen sind oder eine zusätzliche administrative bzw. finanzielle Belastung mit sich bringen könnten;

20.

begrüßt, dass die Kommission in ihrer Mitteilung die Beiträge der Gebietskörperschaften und der Zivilgesellschaft im Bereich Innovation berücksichtigt und diese damit als bedeutende Akteure anerkennt. Dies sollte im EU-Haushalt durch ein finanziell ausreichend ausgestattetes Forschungsrahmenprogramm widergespiegelt werden. Der EU-Haushalt sollte dafür genutzt werden, stärkere Synergieeffekte und Komplementarität zwischen der europäischen Unterstützung für Forschung und Innovation zu ermöglichen und Ausgabeneffizienz einschließlich der Priorisierung des Aufbaus von Forschungskapazitäten in ärmeren Teilen Europas sicherzustellen. Dringend müssen auch die Genauigkeit und Verfügbarkeit der Angaben zur regionalen Teilnahme am RP und anderen EU-Finanzierungsprogrammen im Bereich Forschung und Innovation untersucht werden, um lokale und regionale Gebietskörperschaften in die Lage zu versetzen, ihre Leistung auf EU-Ebene zu messen und strukturelle Leistungsschwächen eindeutig auszumachen;

21.

vertritt die Auffassung, dass vorhandene neue Technologien, die mit Forschungs- und Entwicklungsmitteln gefördert wurden und einsatzbereit sind, optimal genutzt werden sollten;

Infrastrukturen der Zukunft

22.

sieht in der Beseitigung grenzübergreifender Engpässe strategischer transnationaler Achsen der Verkehrs-, Kommunikations- und Energienetze einen Mehrwert von hohem gesellschaftlichem Nutzen, der dem neuen Wachstumsansatz der EU entspricht. Der Ausbau bedarfsgerechter, qualitativ hochwertiger Infrastruktur und die Beseitigung kritischer Engpässe sollten grundsätzlich vor dem Hintergrund der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit der EU wie auch der ausgeglichenen und nachhaltigen Entwicklung erfolgen;

23.

unterstreicht, dass die Finanzierung der Infrastruktur der Zukunft aus zwei gleich wichtigen Gründen notwendig ist: Europa muss, wie die Kommission zu Recht anführt, die Mobilität und den internen Zusammenhalt innerhalb der EU stärken und seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Drittländern verbessern; spricht sich dafür aus, logisch vorzugehen, indem zunächst politische Entscheidungen über die Infrastrukturprojekte gefasst und dann die entsprechenden Instrumente und Finanzierungslösungen vereinbart werden;

24.

spricht sich erneut gegen die Einrichtung eines einzigen Fonds für das Verkehrswesen aus, in dem ausgehend von den insbesondere im Rahmen der Kohäsionspolitik bereitgestellten Mitteln alle Finanzinstrumente der EU für die Verkehrsinfrastruktur zusammengefasst würden, da diese Mittelübertragung zu einem Nettoverlust an Mitteln für die Verkehrspolitik führen könnte. Darüber hinaus könnte die Einbindung von Verkehrsvorhaben in die dezentralisierten Entwicklungsstrategien in Frage gestellt werden;

Energie und Klima

25.

unterstützt die Option, große zweckgebundene Fonds zur Tätigung von Investitionen im Energie- und Klimabereich zu schaffen, nicht; bevorzugt hingegen die Festlegung von Prioritäten und einer stärkeren Berücksichtigung dieser politischen Prioritäten in allen betroffenen Politikbereichen, in denen ein Management unter Beteiligung aller Ebenen die Wirksamkeit und Sichtbarkeit des EU-Handelns gewährleisten würde. Denkbar wären auch von der EIB ausgegebene projektbezogene Anleihen, die für transnationale oder grenzübergreifende Projekte für die Erzeugung sauberer Energie und Energieeffizienz verwendet werden könnten, die den Energiesicherheits- und Klimaschutzzielen zuzuordnen sind;

Gemeinsame Agrarpolitik

26.

erkennt den Mehrwert eines der wenigen voll vergemeinschafteten Politikbereiche der EU an und begrüßt die Aussicht darauf, die gemeinschaftlichen Agrarausgaben dadurch kontrollieren zu können, dass sie stärker auf das Ziel des sozialen und territorialen Zusammenhalts (auch hinsichtlich der Produktion), auf ein grünes Wachstum und auf eine bessere Synergie mit den anderen EU-Politikbereichen ausgerichtet werden;

27.

unterstreicht nochmals die Bedeutung der GAP für die Erhaltung des Gefüges der ländlichen Gemeinwesen in ganz Europa und somit ihren Beitrag zu dem weiter gefassten Ziel des sozialen und territorialen Zusammenhalts; hält außerdem fest, dass sie für die Gesellschaft insgesamt wichtig ist in Bezug auf die Bereitstellung hochwertiger Nahrungsmittel, die Landschaftspflege und die Unterstützung von Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und seiner Folgen und weist darauf hin, dass die GAP einen wertvollen Beitrag zu den Zielen der Strategie „Europa 2020“ leisten kann;

28.

ist der Ansicht, dass die GAP eine wirkungsstarke erste und zweite Säule benötigt, um die künftigen Herausforderungen im Spannungsfeld zwischen der wettbewerbsfähigen europäischen Erzeugung qualitativ hochwertiger Nahrungsmittel und den gesellschaftlichen Anforderungen an Umwelt, Klima, Wassermanagement und Biodiversität sowie die Erhaltung vitaler ländlicher Räume zu bewältigen; erkennt an, dass weitere Reformen der GAP notwendig sind, u.a. eine ausreichende Mittelausstattung, um anderen Prioritäten der EU Rechnung zu tragen; bekräftigt, dass derartige Reformen jedoch schrittweise erfolgen und auf ein gerechteres System von Direktzahlungen überall in der EU und Zuweisungen im Rahmen der zweiten Säule (ländliche Entwicklung) für die einzelnen Mitgliedstaaten abzielen sollten; beim nächsten Reformschritt sollten vor allem Vereinfachung und Wirksamkeit höchste Priorität haben;

Kohäsionspolitik

29.

beglückwünscht die Kommission zu ihrer Analyse der Auswirkungen der Kohäsionspolitik auf die europäische Wirtschaft und zu ihrem Nachweis der erheblichen kumulativen Auswirkungen auf die nationalen BIP; ist der Auffassung, dass die Kohäsionspolitik eines der erfolgreichsten Instrumente zur solidarischen Unterstützung schwächerer Regionen ist und insbesondere dank der Handelsbeziehungen und des Exports auch zur Schaffung von Wachstum und Wohlstand in ganz Europa beiträgt;

30.

begrüßt, dass die Kommission auch zukünftig eine Kohäsionspolitik in der gesamten Union und damit in allen Regionen für erforderlich hält, um den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und die harmonische Entwicklung der Union als Ganzes durch intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu fördern; betont jedoch, dass bei der Konzipierung der künftigen Kohäsionspolitik umfangreiche Infrastrukturinvestitionen in den am wenigsten entwickelten Regionen vorgesehen werden müssen. Auch künftig sollte daher ein erheblicher Teil der EU-Haushaltsmittel für die Beschleunigung der Entwicklung in den am wenigsten entwickelten Regionen und die Beseitigung von Entwicklungshemmnissen aufgewendet werden;

31.

billigt den Vorschlag eines gemeinsamen Strategierahmens, der die Strukturfonds und anderen Fonds für die territoriale Entwicklung wie ELER und EFF abdeckt, und ist der Auffassung, dass eine derartige Vereinfachung künftig auch auf andere Fonds ausgeweitet werden könnte; spricht sich für das Konzept der Partnerschaftsverträge für Entwicklung und Investition als genaues Abbild der Territorialpakte auf Haushaltsebene aus, denn er empfiehlt dieses Konzept für die nationalen Reformprogramme; derartige Verträge müssen gemäß den Grundsätzen der Multi-Level-Governance in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ausgearbeitet werden, statt nur zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission abgestimmt zu werden, wie dies im Fünften Kohäsionsbericht vorgeschlagen wird; unterstützt den Vorschlag, die kohäsionspolitischen Entscheidungsstrukturen auf andere Politikfelder auszuweiten, da es sich dabei seiner Auffassung nach um die erfahrungsgemäß wirksamste und effizienteste Methode handelt;

32.

hofft, dass der territorialen und insbesondere der ländlichen, maritimen und randlagespezifischen Dimension im Rahmen der künftigen Kohäsionspolitik der ihr gebührende Raum gegeben und für eine stärkere Verbindung und mehr Synergie zwischen den aus dem EFRE, dem ESF und dem ELER geförderten regionalen Entwicklungsprogrammen gesorgt wird;

33.

ist der Ansicht, dass die institutionellen und finanziellen Kapazitäten des öffentlichen Sektors auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene wesentlich sind, um die Ziele der Europa-2020-Strategie zu erreichen, und dass die Kohäsionspolitik weiterhin eine zentrale Rolle bei ihrer Stärkung spielen muss; fordert zudem Erläuterungen hinsichtlich der Finanzierung der im Rahmen der sieben Leitinitiativen der einzelnen EU-Finanzierungsprogramme vorgeschlagenen Maßnahmen;

34.

begrüßt die Absicht, die Öffentlichkeitswirksamkeit zu verbessern und den Geltungsbereich des ESF mit einer stärkeren Ausrichtung auf die soziale Inklusion auszuweiten; spricht sich nochmals dafür aus, den ESF als Teil der Kohäsionspolitik weiterzuführen; hebt hervor, dass die öffentliche Wahrnehmung des ESF und die Wirksamkeit der mit ESF-Mittel finanzierten Maßnahmen nur durch einen integrierten Ansatz bei den Investitionen in Humanressourcen, Infrastruktur, Forschung, Entwicklung und Innovation gesichert werden können;

35.

begrüßt nachdrücklich, dass die Kommission den Schwerpunkt auf die Unterstützung von neuen Unternehmen legt, insbesondere von KMU, die bei der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der EU eine entscheidende Rolle spielen werden; fordert daher eine deutlichere durchgängige Berücksichtigung KMU-freundlicher politischer Maßnahmen im gesamten EU-Haushalt, insbesondere zugunsten von Unternehmerinnen;

36.

vertritt die Auffassung, dass mehr Effizienz bei den Ausgaben gewährleistet sein muss, lehnt jedoch die Idee einer Leistungsreserve auf der Grundlage der Ziele der Europa-2020-Strategie ab;

37.

schlägt darüber hinaus vor, für die Strukturfonds ein besonderes Frühwarnsystem in allen Regionen einzurichten, um auf den bestehenden Beziehungen aufzubauen, bei denen die Kommission die Verwaltungsbehörden hinsichtlich der Ausgabenrate und der Möglichkeiten zur Aufhebung von Mittelbindungen berät, wenn die Ausgabenrate und die Ergebnisse nicht den vereinbarten Zielen entsprechen;

38.

ist schließlich der Ansicht, dass die jedes Jahr durch den Frühwarnmechanismus ermittelten Gelder, die aufgrund von Schwierigkeiten, auf die die Regionen und Verwaltungsbehörden stoßen, womöglich nicht ausgegeben werden, in den Jahreshaushalt rücküberwiesen und in die „Flexibilitätsreserve im europäischen Interesse“ eingestellt werden müssen. Dadurch sollen die Mitgliedstaaten insbesondere von der derzeitigen Praktik abgehalten werden, die Anteile für die Kofinanzierung von Projekten zurückzuhalten, um anschließend die nicht gebundenen Beträge wiederzuerlangen;

39.

fordert die Einbeziehung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung in den EU-Haushalt, insbesondere um eine raschere Bereitstellung der Mittel zu gewährleisten, aber auch, um einen wirkungsvolleren Beitrag zur Verwirklichung der Ziele der Europa-2020-Strategie zu leisten, für mehr Beschäftigungswachstum und weniger Arbeitslosigkeit zu sorgen, der Ausgrenzung aus dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken, die Qualität, Produktivität und Attraktivität der Arbeitsplätze zu verbessern sowie den sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt zu vergrößern;

Eine ergebnisorientierte Ausgabenpolitik

Neue Finanzierungsmöglichkeiten

40.

befürwortet eine Prüfung anderer europäischer Fördermöglichkeiten als Subventionen, wobei diese Möglichkeiten dem Subsidiaritätsprinzip gänzlich entsprechen und von Fall zu Fall je nach Art der Ausgaben und der wirtschaftlichen Situation der Begünstigten genutzt werden sollten. Finanzierungsinstrumente sollten als wertvolle Ergänzung zu Subventionen und nicht als deren Ersatz betrachtet werden;

41.

betont jedoch, dass beim Einsatz und bei der Verbreitung neuer Finanzierungsinstrumente Vorsicht angebracht ist; vertritt die Ansicht, dass die Krise gezeigt hat, dass es einer Regulierung auf EU-Ebene bedarf, deren Fehlen das finanzielle Gleichgewicht der öffentlichen Haushalte auf lokaler und regionaler Ebene bisweilen in Gefahr gebracht hat; unterstreicht nachdrücklich die Notwendigkeit, den Bürgern Rechenschaft ablegen zu können und sich nicht zu weit von der Realwirtschaft zu entfernen;

42.

unterstützt ferner die Forderung, eine Verbindung zwischen dem Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) und dem EU-Haushalt zu schaffen, um sicherzustellen, dass der EFSM nach 2013 nicht mehr rein zwischenstaatlich über nicht gebundene Mittel finanziert wird, sondern entsprechend den Prinzipien der europäischen Solidarität die im Vertrag von Lissabon vorgesehenen Haushaltsmechanismen der Union enthält;

43.

weist darauf hin, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften mit besseren Instrumenten ausgestattet werden müssen, um Ergebnisse erzielen zu können, insbesondere wenn neue Finanzierungsmechanismen eingeführt werden (EIB, ÖPP, projektbezogene EU-Anleihen/Anleihen für EU-Projekte), für die ein hohes Niveau an Sachkenntnis erforderlich ist;

44.

hält die Europäische Kommission dazu an, die Machbarkeit von „Bürgeranleihen“ zu prüfen (von den Bürgerinnen und Bürgern gezeichnete lokale Anleihen für die lokale Entwicklung), über die Bürger in die Entwicklung ihrer eigenen Gemeinde oder Region investieren und damit über mehre Jahre hinweg Infrastruktur- und Energievorhaben unterstützen können;

45.

fordert die Kommission jedoch auf, Ehrgeiz zu beweisen, um die Hebelwirkung wirksam zu mobilisieren, die sich aus dem Engagement der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für die politischen Prioritäten ergeben kann; unterstreicht den Multiplikatoreffekt der lokalen und regionalen öffentlichen Finanzen, unter anderem auch auf die privaten Partner, sowie die verbindende Rolle, die die EU spielen kann;

46.

misst der Möglichkeit größte Bedeutung bei, Anleihen für EU-Projekte (projektbezogene Euro-Anleihen) zu begeben, um so Großprojekte zu finanzieren, die sich wirtschaftlich erst mittel- oder langfristig auszahlen. Durch diesen Mechanismus kann die Sichtbarkeit, vor allem aber die Wirksamkeit der EU-Maßnahmen gesteigert werden. Er kann eine beträchtliche positive Hebelwirkung zugunsten der Dynamik des Binnenmarktes entfalten und zur Stärkung des territorialen Zusammenhalts beitragen. Dieses Instrument reiht sich damit klar in die Bemühungen ein, einen rationelleren Einsatz der EU-Mittel zu erreichen und den europäischen Mehrwert in den Mittelpunkt zu stellen;

47.

begrüßt die öffentliche Anhörung der Kommission zum Thema „private Obligationsanleihen zur Finanzierung europäischer Infrastrukturprojekte“ im Rahmen der Europa-2020-Strategie und schätzt ein, dass in diesem Zusammenhang die Stärkung des territorialen Zusammenhalts als Priorität anzusehen ist. Er hegt jedoch Zweifel, ob der Einsatz projektbezogener EU-Anleihen auf transeuropäische Projekte nur für die technische Infrastruktur beschränkt werden sollte, während andere Infrastrukturvorhaben mit regionaler Dimension ebenfalls einen europäischen Mehrwert haben können. Er ist zudem der Ansicht, dass die Art der Verknüpfung zwischen den projektbezogenen EU-Anleihen und den Subventionen der EU geklärt werden sollte, und dass Maßnahmen zu treffen sind, damit die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Zugang zu den neuen Finanzinstrumenten erhalten;

48.

ersucht um eine detailliertere Prüfung des Vorschlags der Einführung von Euro-Anleihen (Eurobonds), die es durch eine teilweise Vergemeinschaftung der öffentlichen Schulden allen Mitgliedstaaten der Eurozone ermöglichen würden, von Zinsen zu profitieren, die den niedrigsten marktüblichen Zinssätzen nahekommen, die die Spekulation im Zusammenhang mit Staatsanleihen verringern und zu einem qualitativen Sprung bei der Koordinierung der Haushaltspolitiken führen würden;

49.

ist der Auffassung, dass ein glaubwürdiger EU-Haushalt eine der Antworten auf die derzeitige Wirtschaftskrise ist, d.h. ein Hebel für die wirtschaftliche, soziale und territoriale Entwicklung;

Gliederung der Ausgaben

50.

ist der Ansicht, dass die derzeitige Gliederung des Haushalts aufgegeben werden sollte, und schlägt vor, eine praxisorientierte, realistische, transparente und leicht verständliche neue Gliederung der Ausgaben zu wählen, die die Arbeitsteilung im Rahmen eines Multi-Level-Governance-Ansatzes verdeutlicht und die Ausgabenposten dabei nach der konkreten Art und Weise unterscheidet, wie die Zahlungen erfolgen und die Politiken verfolgt werden; sieht keine Veranlassung, die Zahl der Rubriken auf drei große (interne, externe Ausgaben und Verwaltungsausgaben) zu reduzieren. Wenige große Rubriken weisen einen hohen Aggregationsgrad und damit einen entsprechenden Informationsverlust auf. Die großen Rubriken müssten durch aussagekräftige Unterkategorien untersetzt werden. Gewinne an Transparenz würden sich dadurch nicht ergeben;

51.

vertritt jedenfalls die Meinung, dass die Europa-2020-Strategie zwar eine wichtige Triebkraft für die Initiierung von Maßnahmen ist, sich jedoch keine ihrer drei Dimensionen (intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum) und auch keine ihrer sieben Leitinitiativen zur Definition der Haushaltsstruktur heranziehen lassen. Da bestimmte Politikbereiche wie die Kohäsionspolitik oder auch die Gemeinsame Agrarpolitik in keinem dieser drei Teile allein gefasst werden könnten, käme es mit der vorgeschlagenen Gliederung zu einem nicht enden wollenden Feilschen zum Zeitpunkt der Zuweisung der Mittel und bei der Umsetzung;

52.

ist insbesondere der Auffassung, dass die ausdrückliche Nennung der Kohäsionspolitik in der künftigen Haushaltsgliederung beibehalten werden sollte, zumal die Rechtsgrundlage für die Politik des (wirtschaftlichen, sozialen und territorialen) Zusammenhalts im Vertrag von Lissabon gestärkt wird;

53.

ist daher der Ansicht, dass mit einer möglichen Gliederung der Haushaltslinien insbesondere alle einschlägigen Fonds, für die es einen gemeinsamen Strategierahmen gibt (d.h. EFRE, ESF, Kohäsionsfonds, ELER und EFF), unter einem Titel erfasst werden sollten; hält somit folgende Gliederung für eine Möglichkeit:

1)

Politiken für die Gebietskörperschaften (Kohäsionspolitik, GAP - 2. Säule, Gemeinsame Fischereipolitik, territoriale Auswirkungen des Klimawandels und Großinvestitionen in die Infrastruktur, Forschung und Innovation für das Gleichgewicht zwischen den Gebietskörperschaften)

2)

Politiken für eine nachhaltige Zukunft (GAP - 1. Säule, Klimawandel, Energie, Forschung)

3)

Unionsbürgerschaft (darunter Kultur, Jugend, Kommunikation, Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts)

4)

Auswärtiges Handeln (darunter Außen-, Nachbarschafts- und Entwicklungspolitik)

5)

Flexibilitätsreserve im europäischen Interesse und Überprüfungsreserve

6)

Verwaltungsausgaben;

Geltungsdauer des Finanzrahmens

54.

begrüßt, dass die Kommission seinen Vorschlag für eine Verlängerung des mehrjährigen Finanzrahmens auf zehn Jahre mit einer umfassenden Halbzeitüberprüfung („5 + 5“) aufgegriffen hat, ist dieser Vorschlag doch ein gangbarer Kompromiss zwischen Stabilität, Flexibilität und demokratischer parlamentarischer Überwachung der europäischen öffentlichen Ausgaben; im Rahmen der Halbzeitüberprüfung muss die Höhe der Fördermittel, die für verschiedene Prioritäten vorgesehen werden können, begrenzt werden, um zu gewährleisten, dass es bei einem wirklichen Zehnjahresprogramm bleibt - und nicht bei zwei Fünfjahresprogrammen, die weniger wünschenswert wären als die derzeitigen Siebenjahresprogramme;

55.

betont, dass investitionsintensive und entwicklungsspezifische Politikbereiche wie die Kohäsionspolitik für Zeiträume unter sieben Jahren nicht planbar sind. Der jetzt auf zehn Jahre verlängerte Zeitraum bietet somit einen ausreichenden Zeithorizont und die erforderliche Stabilität und ermöglicht zudem durch die Halbzeitüberprüfung die Flexibilität, an der es derzeit im EU-Haushalt mangelt;

56.

vertritt angesichts der mit dem Lissabon-Vertrag eingeführten neuen Verfahren und neuen Finanzierungsinstrumente die Ansicht, dass das Hauptelement bei der Überprüfung des EU-Haushalts in einem Mechanismus bestehen könnte, in dem zwei Wirkungsebenen zusammenspielen:

Auf der ersten, allgemeineren Ebene könnte eine „Überprüfungsreserve“ in Höhe von 5 % des gesamten EU-Haushalts für die fünf letzten Jahre des Programmplanungszeitraums gebildet werden. Über die genaue Verwendung dieses Betrags wäre dann bei der Halbzeitüberprüfung zu verhandeln: Er könnte entweder weiter nach dem gleichen Schlüssel auf die einzelnen Rubriken, Kapitel, Mitgliedstaaten usw. aufgeteilt werden, wenn die zu Beginn des Programmplanungszeitraums getroffenen Entscheidungen bekräftigt werden, oder nach einem neuen Schlüssel verteilt werden, um den Haushalt an die geänderten Prioritäten und politischen, sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der EU anzupassen. In jedem Fall würde diese „Überprüfungsreserve“ neben der „Flexibilitätsreserve im europäischen Interesse“ gebildet werden, die die Europäische Kommission im Rahmen der neuen Flexibilitätsmechanismen anstrebt;

auf der zweiten Ebene, in der Rubrik für die Kohäsionspolitik und die anderen Politikbereiche der territorialen Entwicklung, die in den Gemeinsamen Strategierahmen fallen, könnten die Mitgliedstaaten ermächtigt werden, im Einvernehmen mit den Regionen bis zu 25 % der für Partnerschaftsverträge für Investition und Fortschritt vorgesehenen Mittel neu auszurichten. Diese Umschichtung könnte zwischen den verschiedenen betroffenen Fonds - Kohäsionsfonds, EFRE, ESF, EAGFL und EFF - erfolgen;

Auf die Entwicklung der Situation reagieren - Flexibilität und Mittelübertragungen

57.

ist der Ansicht, dass die Haushaltsflexibilität gewährleistet werden sollte, um zum einen mittels einer „Überprüfungsreserve“ nach der halben Laufzeit eine strategische Neuausrichtung vornehmen zu können und zum anderen mittels der „Flexibilitätsreserve im europäischen Interesse“ auf unvorhergesehene und außerordentliche Ereignisse reagieren zu können und dabei nach bestmöglicher Effizienz der europäischen Ausgaben zu streben;

58.

begrüßt die Vorschläge der Kommission, unterstreicht jedoch, dass die Flexibilität nicht als Vorwand herhalten darf, um den Mittelbedarf der EU-Politikbereiche zu niedrig anzusetzen, und dass der von der Kommission vorgeschlagene feste Prozentsatz von 5 % ein Richtwert bleiben sollte, da der Spielraum naturgemäß von Indikatoren abhängt, die je nach politischen und wirtschaftlichen Umständen variabel sind;

59.

unterstreicht, dass die „Flexibilitätsreserve im europäischen Interesse“ auf keinen Fall dazu dienen darf, die beste Mittelausschöpfung zu prämieren, sondern vielmehr dazu, die Fähigkeit der EU zu verstärken, zügiger auf neue Herausforderungen oder unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren, neue Prioritäten zu unterstützen und die Zusammenarbeit und neue Erfahrungen auf europäischer Ebene zu fördern. Diese Reserve sollte nicht vorab zugewiesen werden, sondern Gegenstand einer gesonderten Entscheidung der Haushaltsbehörde sein. Die Haushaltsbehörde könnte damit die hervorragende Wirksamkeit und Spitzenergebnisse in bestimmten Haushaltslinien prämieren;

60.

ist zudem der Ansicht, dass Flexibilität bei nicht ausgeschöpften Haushaltsmitteln bedeutet, dass diese nach einem objektiven Kriterium ausgezeichneter Haushaltsführung verteilt werden sollten und auf keinen Fall für andere Zwecke eingesetzt werden dürfen;

61.

vertritt die Ansicht, dass die von der Kommission vorgesehene Möglichkeit der Mittelumschichtungen zwischen Rubriken innerhalb des jeweiligen Haushaltsjahres notwendig ist, da sich das gegenwärtige System als zu rigide erwiesen hat. Möglichkeiten einer Vereinfachung solcher Übertragungen innerhalb des mehrjährigen Finanzrahmens müssen sondiert werden, wobei die volle Einhaltung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Haushaltsführung und der Haushaltsdisziplin zu gewährleisten ist;

62.

befürwortet die Möglichkeiten, die nicht genutzten Spielräume des Vorjahres zu übertragen, damit diese Mittel nicht automatisch an die Mitgliedstaaten zurückfließen, und Mittel innerhalb der mehrjährigen Mittelausstattung einer Rubrik auf frühere oder spätere Jahre frei zu verschieben;

63.

erinnert daran, dass Flexibilität auf sämtlichen Ebenen erforderlich ist, damit die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften über den entsprechenden Spielraum verfügen, um Mittel umzuschichten und gegebenenfalls Prioritäten und Ausgaben zu überprüfen;

Effizienz

64.

begrüßt die Forderung der Kommission nach mehr Effizienz bei der Verwaltung des EU-Haushalts, da ein wirksameres Management der Ausgaben zu besseren Ergebnissen führt, und ersucht die Kommission, diese unverzüglich umzusetzen;

65.

empfiehlt den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften nachdrücklich, ihre fachlichen und personellen Kompetenzen auszubauen, und ist der Ansicht, dass die Komplexität EU-finanzierter Projekte verringert werden sollte, insbesondere die administrativen Zwänge und der hohe Verwaltungsaufwand; im Kontext der Wirtschaftskrise, die erhebliche Einschnitte in den öffentlichen Haushalten zur Folge hatte, und im Sinne einer weiteren effizienten Nutzung des EU-Haushalts unterstreicht er, dass ein angemessenes Finanzierungsniveau sichergestellt sein muss, damit die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften richtig in der Lage sind, sich an großen, durch die Strukturfonds finanzierten Projekten zu beteiligen;

66.

befürwortet auch den Vorschlag, die Ausgaben schwerpunktmäßig auf konkrete Prioritäten auszurichten, wobei weniger entwickelten Regionen die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, eine größere Zahl von Prioritäten festzulegen; schlägt daher vor, das Spektrum der Ziele nicht zu stark zu erweitern, wobei es auch zu berücksichtigen gilt, dass die verschiedenen Erweiterungen der EU eine Union mit größeren internen Unterschieden hervorgebracht haben;

67.

betont, dass die Effizienz bei der Durchführung des EU-Haushalts und damit der Ausgaben unbedingt die Koordinierung, Kohärenz und Zusammenarbeit sowohl zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen als auch zwischen den unterschiedlichen Fonds voraussetzt; hält aus diesem Grund die Rückkehr zum Monofondsprinzip, die es in der Zwischenzeit gegeben hat, für widersprüchlich, da hierfür wiederum neue Mechanismen für die Koordinierung zwischen den einzelnen Fonds gefunden werden müssten, um Überschneidungen und Doppelungen zu vermeiden. Es sind nämlich die Empfänger von Fördermitteln, die sich den Schwierigkeiten stellen müssen, die aus dem Fehlen der für die Verbesserung der Verwaltungseffizienz so wichtigen Koordinierung entstehen können;

EU-Haushalt und wirtschaftspolitische Steuerung der Union

68.

warnt erneut davor, die Zuweisung von Strukturfondsmitteln an die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts durch die Mitgliedstaaten zu koppeln, und äußert große Bedenken hinsichtlich der Vorschläge, die Mittelvergabe an Bedingungen zu knüpfen, die auf lokaler und regionaler Ebene gelten sollen, was ein Verstoß gegen die Grundsätze des guten Regierens und der Verantwortlichkeit aller Ebenen wäre;

69.

missbilligt entschieden den Vorschlag, dass ein Verstoß gegen die Vorschriften durch einen Mitgliedstaat zu einer Aussetzung der im Rahmen der Kohäsionspolitik, der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Fischereipolitik gewährten Finanzhilfen führen soll, denn regionale Gebietskörperschaften können nicht dafür verantwortlich gemacht und bestraft werden, dass nationale Institutionen nicht in der Lage sind, makroökonomische Kriterien einzuhalten oder EU-Vorschriften korrekt umzusetzen, und betont, dass davon am härtesten Regionen mit Entwicklungsrückstand betroffen wären, die auf kofinanzierte Programme angewiesen sind, um ihren strukturellen Nachteilen zu begegnen;

70.

fordert die frühzeitige Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Analyse der Lage und die Suche nach Lösungen;

71.

erklärt sich bereit, mit den anderen Institutionen zusammenzuarbeiten, um ein echtes System der Auflagenbindung bei der Zahlung der Fonds einzuführen und dabei die Vereinfachung der rein formalen Kontrollverfahren anzustreben;

72.

dringt auf eine umfassende Überprüfung der Haushaltsordnung der EU, sodass die Finanzregeln einfacher um- und durchzusetzen sind, um mehr potenziell Begünstigte zur Teilnahme an Ausschreibungen der EU anzuregen;

Reform der Finanzierung

73.

wiederholt, dass das neue System zur Finanzierung des EU-Haushalts auf Transparenz und neuen Eigenmitteln beruhen muss, wobei Finanzkorrekturen und Ausnahmen jeglicher Art ausgeschlossen sind;

74.

vertritt die Ansicht, dass eine Verhandlung über den EU-Haushalt auf der Grundlage des Nettobeitrags der einzelnen Mitgliedstaaten dem Gründungsgedanken der Europäischen Union und den Zielen der Europa-2020-Strategie zuwiderläuft. Ein solcher Ansatz droht den Forderungen nach einer Renationalisierung der Politikbereiche, gegen die sich AdR entschieden ausspricht, Auftrieb zu geben;

75.

begrüßt die von der Kommission vorgezeichneten Ideen für die Festlegung eines Finanzierungsmechanismus auf der Grundlage von Eigenmitteln. Er stellt fest, dass die territorialen Auswirkungen jede dieser Optionen nicht identisch sind und dass einige der ins Auge gefassten Möglichkeiten bereits von den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften einiger Mitgliedstaaten genutzt werden;

76.

wird die Auswirkungen auf die Gebietskörperschaften jeder dieser Optionen sorgfältig bewerten und sich dabei insbesondere mit den Auswirkungen im Zusammenhang mit dem nachhaltigen Wachstum beschäftigen, soweit die bereitgestellten Mittel dann unmittelbar in Projekte fließen, mit denen vor Ort die Energieeffizienz gefördert, die Umwelt geschützt, Risikoprävention betrieben oder Katastrophenhilfe geleistet wird;

77.

ist der Überzeugung, dass die nationalen Beiträge zum EU-Haushalt langfristig durch eine Erhöhung der bestehenden Eigenmittel und/oder die Einführung neuer Eigenmittel ersetzt werden sollten, und betont, dass

eine gründliche Folgenabschätzung und Durchführbarkeitsstudie zu erstellen ist, bevor neue Eigenmittel vereinbart werden können;

jede neue Einnahmequelle stetig sprudeln muss und nicht unvorhersehbaren Schwankungen unterliegen darf;

78.

betont, dass die Verwendung dieser Finanzmittel durch zügige Verwaltungsverfahren unterstützt werden muss.

Brüssel, den 31. März 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  CdR 16/2008 fin.


7.6.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 166/18


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung“

2011/C 166/04

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

erkennt an, dass die Zuständigkeit für die Umsetzung von Maßnahmen in diesem Bereich nach wie vor in erster Linie bei den Mitgliedstaaten und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften liegt; nichtsdestotrotz kann die Kommission hier durch Bereitstellung von EU-Finanzmitteln und die Förderung des Austauschs von bewährten Vorgehensweisen und Fachwissen sowie durch eine entsprechende Bewertung der sozialen Folgen von EU-Maßnahmen unterstützend wirken;

begrüßt zwar, dass die Bekämpfung der Kinderarmut eine der Prioritäten der Leitinitiative ist, bedauert aber das Fehlen konkreter Ziele zur Umsetzung dieses Vorhabens und die eingeschränkte Betrachtungsweise des Problems und kann keine Gründe für eine Verzögerung der Verabschiedung der Empfehlung zur Kinderarmut über 2011 hinaus erkennen;

ruft die Kommission dazu auf, weiter mit der offenen Koordinierungsmethode im Sozialbereich zu arbeiten und deren Einsatz zu intensivieren sowie zu prüfen, wie die Vertreter regionaler und lokaler Interessen wirksamer in diesen Prozess einbezogen werden können;

schlägt der Kommission vor, den Mitgliedstaaten auf EU-Ebene Leitlinien zur Sicherstellung einer angemessenen Einbindung lokaler und regionaler Gebietskörperschaften und relevanter Stakeholder in die Erarbeitung der NRP vorzugeben; weist darauf hin, dass der im Fünften Kohäsionsbericht vorgesehene Abschluss von „Territorialpakten“ sicherlich die umfassendste und kohärenteste Vorgehensweise für die Einbindung der Gebietskörperschaften in diesen Prozess darstellt;

befürwortet in gewissem Umfang eine Ausweitung der Förderschwerpunkte des Europäischen Sozialfonds von Beschäftigungsfähigkeit und Schaffung neuer Arbeitsplätze hin zu Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung unter der Maßgabe, dass der Vorrang einer integrierten Beschäftigungspolitik als Kernelement einer erfolgreichen Armutsbekämpfung im Rahmen des ESF unbedingt erhalten bleibt;

weist zudem darauf hin, dass sich die überwältigende Mehrheit der Befragten in einer Umfrage des AdR für eine obligatorische Priorität zur Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Armut in den künftigen Regionalprogrammen im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik ausgesprochen hat.

Berichterstatterin

Christine CHAPMAN (UK/SPE), Mitglied der walisischen Nationalversammlung

Referenzdokument

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung: Ein europäischer Rahmen für den sozialen und territorialen Zusammenhalt“

KOM(2010) 758 endg.

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Öffentliche Wahrnehmung und Absichtserklärungen – Taten zählen mehr als Worte

1.

begrüßt die Absicht der EU, bis 2020 mindestens 20 Mio. Europäerinnen und Europäern einen Weg aus der Armut und der sozialen Ausgrenzung zu eröffnen, sowie die Mitteilung der Kommission „Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung: Ein europäischer Rahmen für den sozialen und territorialen Zusammenhalt“ (KOM(2010) 758 endg.) als dynamischen Aktionsrahmen zur Erreichung dieses Ziels;

2.

begrüßt zudem den breiteren Raum, der Armut und sozialer Ausgrenzung in der Europa-2020-Strategie eingeräumt wurde, und schließt sich dem Standpunkt an, dass die soziale Dimension im Mittelpunkt dieser Strategie stehen sollte; weist außerdem darauf hin, dass mindestens ein Sechstel der Europäerinnen und Europäer von Armut bedroht ist;

3.

weist darauf hin, dass der Erfolg dieser Leitinitiative daran zu messen sein wird, inwieweit sie Maßnahmen politisch, technisch und finanziell anstößt, fördert und unterstützt, die zu greifbaren und nachhaltigen Veränderungen der individuellen Lebenssituation führen;

4.

anerkennt in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Teilnahme von Menschen, die selbst in Armut leben, sowie von Nichtregierungsorganisationen, die sich um sie kümmern;

5.

ruft die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich klar zur Umsetzung der auf EU-Ebene festgelegten Ziele zur Armutsbekämpfung im Rahmen konkreter und in enger Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften durchgeführter Maßnahmen zu bekennen und dabei einen Ansatz zugrunde zu legen, der sowohl die Rechte aus der Charta der Grundrechte umsetzt als auch die horizontale Sozialklausel einführt, und diese Gelegenheit zur Schaffung einer faireren, gerechteren und von mehr Gleichheit gekennzeichneten Gesellschaft zu nutzen;

6.

weist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass es nicht möglich sein wird, Armut und soziale Ausgrenzung nachhaltig zu verringern und integratives Wachstum zu schaffen, ohne auch das Problem der Ungleichheit und Diskriminierung anzugehen. Die in den Jahren 2000-2008 verzeichneten hohen Zuwachsraten bei Wirtschaftswachstum und Beschäftigung haben die Armutssituation nämlich nicht relevant gebessert; vielmehr haben die sozialen Unterschiede haben in vielen Ländern noch zugenommen, und durch die Auswirkungen der derzeitigen Sozial- und Wirtschaftskrise hat sich die Situation weiter verschlechtert;

7.

hält es in diesem Zusammenhang für wichtig, vorrangig einen Rahmen und einen Fahrplan für die Umsetzung der Empfehlung zur aktiven Eingliederung und einer Richtlinie zu schaffen, die ein hinreichendes Mindesteinkommen garantiert, zumindest über der Armutsgrenze;

8.

äußert seine tiefe Besorgnis über die Diskrepanz zwischen der bisherigen Absicht der Europäischen Kommission, für „intelligentes, nachhaltiges und integratives Wirtschaftswachstum“ zu sorgen, und der jüngsten Mitteilung über den Jahreswachstumsbericht, in dem der Schwerpunkt auf stärkere Haushaltskonsolidierung gelegt wird;

9.

betont die Bedeutung von Arbeit, stellt jedoch auch fest, dass Beschäftigung alleine noch keinen Ausweg aus der Armut garantiert und es weiterer Bemühungen zur Bekämpfung von Erwerbsarmut sowie zur Sicherstellung guter und dauerhafter Arbeitsplätze bedarf, und bedauert daher, dass das zentrale Ziel der Gewährleistung eines angemessenen Einkommens, das auch der Rat in seiner Empfehlung 92/441/EWG und die Kommission in ihrer Empfehlung zur aktiven Eingliederung aus dem Jahr 2008 festgeschrieben haben, nicht stärker hervorgehoben wird;

10.

betont, dass das Ziel eines hohen Lebensstandards und Wohlstands für alle Bürgerinnen und Bürger der EU angestrebt werden muss, um so Armut und soziale Ausgrenzung zu verringern, von denen zu viele Bürgerinnen und Bürger in der EU betroffen sind. Maßnahmen zur Verringerung der Schwelleneffekte müssen ergriffen werden, und denjenigen, die in Ausgrenzung leben, müssen mehr und breitere Wege für einen (Wieder-) Einstieg in den Arbeitsmarkt eröffnet werden;

11.

erkennt an, dass die Zuständigkeit für die Umsetzung von Maßnahmen in diesem Bereich nach wie vor in erster Linie bei den Mitgliedstaaten und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften liegt; nichtsdestotrotz kann die Kommission hier durch Bereitstellung von EU-Finanzmitteln und die Förderung des Austauschs von bewährten Vorgehensweisen und Fachwissen sowie durch eine entsprechende Bewertung der sozialen Folgen von EU-Maßnahmen unterstützend wirken; begrüßt in diesem Zusammenhang das Vorhaben der Kommission, Abschätzungen der sozialen Folgen vorzunehmen, fordert jedoch, dass dabei auch der territorialen Dimension Rechnung getragen wird;

12.

bekräftigt die Notwendigkeit der Einführung einer horizontalen Sozialklausel im Zusammenhang mit Artikel 9 AEUV, um sicherzustellen, dass binnenmarktrelevante Gesetzgebungsakte auch den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Gewährleistung des sozialen Zusammenhalts, insbesondere eines hohen Beschäftigungsstands, eines angemessenen Sozialschutzes, der Bekämpfung sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung, eines hohen Bildungsniveaus, eines guten Gesundheitsschutzes und einer zweckmäßigen Wohnraumpolitik Rechnung tragen und in keiner Weise der Ausübung der von den Mitgliedstaaten anerkannten und in den EU-Verträgen festgeschriebenen Grundrechte entgegenstehen;

13.

erkennt die im Zuge des Europäischen Jahrs zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung (2010) geleistete Arbeit zur Gewährleistung einer stärkeren öffentlichen Wahrnehmung dieser Fragen an, wobei die Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung nach Auffassung des AdR dazu genutzt werden sollte, um die im Europäischen Jahr formulierten Ziele in den politischen Prioritäten der EU für das kommende Jahrzehnt zu verankern;

Vielschichtigkeit von Armut und besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen

14.

begrüßt, dass die Kommission in ihrer Mitteilung die Vielschichtigkeit von Armut und sozialer Ausgrenzung anerkennt sowie insbesondere, dass sie explizit auf die Armut von Kindern, jungen und älteren Menschen, Erwerbstätigen (einschließlich Alleinerziehern und –verdienern), Frauen, Behinderten, Migranten, Angehörigen ethnischer Minderheiten und der Volksgruppe der Roma hinweist;

15.

begrüßt zudem die Anerkennung der komplexen Ursachen von Armut, die etwa im Zugang zu Beschäftigung, in niedrigen Einkommen und Überschuldung, im Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, in der Bildung, der körperlichen und psychischen Gesundheit, der Wohnsituation, in Diskriminierung sowie im Problem der Vererbung von Armut und in ihrer territorialen Dimension liegen;

16.

begrüßt darüber hinaus, dass die Kommission die Bedeutung der Bekämpfung von Obdachlosigkeit betont, und weist in diesem Zusammenhang auf seine jüngst verabschiedete Stellungnahme zu diesem Thema hin (1);

17.

verweist außerdem auf seine Stellungnahme zu dem Grünbuch zu den Pensions- und Rentensystemen (2) und begrüßt die Absicht der Kommission, 2011 ein Weißbuch zur Sicherung nachhaltiger und angemessener Pensionen und Renten vorzulegen;

18.

ruft die Kommission erneut dazu auf, auf EU-Ebene ehrgeizige Ziele für den sozialen Wohnbau festzulegen, diesem Bereich unter den in der nächsten Strukturfonds-Generation geplanten Maßnahmen zur sozialen Eingliederung eine größere Bedeutung zuzuweisen und zu bestätigen, dass die Gemeinwohlverpflichtungen im Bereich des sozialen Wohnbaus auf der Ebene der Mitgliedstaaten zu definieren sind;

19.

teilt die Auffassung, dass es zur Verringerung und Verhinderung von Armut einer ganzheitlichen und integrierten Herangehensweise bedarf, die den Bedürfnissen der einzelnen Gruppen und insbesondere den derzeit bestehenden Problemen Rechnung trägt;

20.

weist an dieser Stelle nochmals auf die wichtige Rolle hin, die Praktiker und Nichtregierungsorganisationen, die sich um in Armut lebende Menschen kümmern, hierbei spielen können, und hält es gleichzeitig für angebracht, alle anderen relevanten Akteure, wie die Sozialpartner, öffentliche und private Dienstleistungserbringer, Organisationen der Zivilgesellschaft, regionale und lokale Gebietskörperschaften und Verwaltungen u.a. gleichfalls in die ganzheitliche und integrierte Herangehensweise einzubeziehen;

21.

hebt die negativen Folgen von Armut und sozialer Ausgrenzung hervor, u.a. die Auswirkungen auf die körperliche und psychische Gesundheit und die Solidarität innerhalb der Gesellschaft in Form von Vertrauensverlust, Frustration, Rückzug und Gewalt sowie die Möglichkeit sozialer Unruhen;

22.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten zur Anerkennung der Tatsache auf, dass Armut eine gemeinsame Aufgabe ist, die eine Herausforderung für die Gesellschaft als Ganzes darstellt und somit nicht als Stigma oder als Scheitern armer bzw. sozial ausgegrenzter Menschen betrachtet werden darf;

23.

begrüßt die Absicht, auf der Frühjahrstagung des Europäischen Rates 2011 eine Strategie zur sozialen Eingliederung der Roma anzunehmen;

Kinderarmut

24.

weist insbesondere auf die Dringlichkeit der Bekämpfung der Kinderarmut hin - eines Schandflecks für Europa, und schließt sich der Auffassung an, dass dieser Aufgabe eine entscheidende Rolle bei der Vermeidung der Vererbung von Armut von einer Generation auf die nächste zukommt, wobei es eines ganzheitlichen Präventionsansatzes bedarf, bei dem Kinderrechte oberste Priorität haben müssen;

25.

zeigt sich enttäuscht darüber, dass sich die EU-Spitze im Rahmen der Europa-2020-Strategie nicht auf ein konkretes Ziel bzw. konkrete Vorhaben zur Bekämpfung der Kinderarmut einigen konnte;

26.

begrüßt zwar, dass die Bekämpfung der Kinderarmut eine der Prioritäten der Leitinitiative ist, bedauert aber das Fehlen konkreter Ziele zur Umsetzung dieses Vorhabens und die eingeschränkte Betrachtungsweise des Problems und kann keine Gründe für eine Verzögerung der Verabschiedung der Empfehlung zur Kinderarmut über 2011 hinaus erkennen;

27.

fordert einen umfassenderen Ansatz zur Bewältigung des Problems der Kinderarmut und weist darauf hin, dass die EU bereits signifikante Ergebnisse bei der Festlegung „gemeinsamer Grundsätze“ erzielt hat, wurden diese doch bereits in einer auf der Konferenz zur Kinderarmut im September 2010 vom EU-Dreiervorsitz (Belgien, Ungarn und Polen) unterzeichneten Erklärung sowie in den Schlussfolgerungen des Rates Beschäftigung vom 6. Dezember 2010 festgeschrieben, in denen dieser dazu aufruft, der Bekämpfung der Kinderarmut Priorität einzuräumen;

28.

weist zudem auf die Maßnahmen zur umfassenderen Bekämpfung der Kinderarmut hin, die auf regionaler Ebene ergriffen wurden, und unterstützt nachdrücklich den Austausch bewährter Vorgehensweisen, um in dieser Hinsicht die besten Ergebnisse zu zeitigen;

29.

fordert, bei den Abschätzungen der sozialen Folgen auch speziell darauf zu achten, wie sich Maßnahmen auf die bereits prekäre Situation von Kindern auswirken können, die in einer Familie mit einem Armutsrisiko leben;

Sozial-, Finanz- und Wirtschaftskrise

30.

begrüßt die Verweise auf die Wirtschafts- und Finanzkrise, zeigt sich jedoch enttäuscht darüber, dass die Kommission in ihrer Mitteilung diesbezüglich nicht weitergeht; fordert eine stärkere Anerkennung der erheblichen sozialen Folgekosten, die bereits aufgelaufen sind, und ruft die Kommission dazu auf, die bereits spürbaren und in den nächsten Jahren zu erwartenden Auswirkungen der Sparmaßnahmen der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten auf Armut und soziale Ausgrenzung eingehend zu prüfen und dabei auch die Folgen für die Versorgung mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse auf der lokalen und regionalen Ebene zu berücksichtigen;

31.

fordert dazu auf, die durchgeführten Reformen zu bewerten, insbesondere den Umfang, die Kosten und die Wirkung gesellschaftlicher Innovationen, sowie neue Lösungen, die sich als wirkungsvoll erwiesen haben, europaweit zu entwickeln und anzuwenden;

32.

warnt davor, dass eine ganze Generation junger Menschen zu Opfern der Krise werden könnte. Dies zeichnet sich im Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit auf ca. 21 % im Jahr 2010 ab, wobei diese ein äußert schwieriges Dauerproblem ist und schon in den Jahren 2000-2008 zwischen 14,5 und 18 % schwankte; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass diese Zahlen nicht für die EU insgesamt gelten und erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten, innerhalb der Mitgliedstaaten sowie zwischen einzelnen Gruppen bestehen;

33.

macht auf die Schwierigkeiten in Armut lebender Menschen beim Zugang zu regulären Bank- und Finanzdienstleistungen und auf die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Bereitstellung von Finanzinformationen sowie Unterstützung und Beratung aufmerksam;

34.

fordert unverzügliches Handeln zur Bewältigung der negativen Folgen individueller Überschuldung und begrüßt in diesem Zusammenhang die Absicht der Kommission, das europäische Progress-Mikrofinanzierungsinstrument weiter zu unterstützen, mahnt jedoch zum sorgfältigen Umgang mit Anreizen für neue Formen kommerzieller Mikrofinanzierung, die dem Profitstreben der Geldverleiher und nicht dem Streben nach einer finanziell nachhaltigen und sozial verträglichen Wirtschaft dienen;

Governance und Partnerschaft

35.

begrüßt die Absicht, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften über den Ausschuss der Regionen einzubinden, um den Fokus auf die territoriale Dimension von Armut zu erhöhen und Synergien bei der Vergabe von EU-Mitteln zu stärken; ist der Auffassung, dass auch im Abschnitt 3.5 zur Intensivierung der strategischen Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften hätte verwiesen werden sollen, sind diese doch in zahlreichen Mitgliedstaaten unmittelbar für die Sozialpolitik zuständig;

36.

ruft die Kommission dazu auf, weiter mit der offenen Koordinierungsmethode im Sozialbereich zu arbeiten und deren Einsatz zu intensivieren sowie zu prüfen, wie die Vertreter regionaler und lokaler Interessen wirksamer in diesen Prozess einbezogen werden können; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Bewusstsein für Fragen wie jene der aktiven Eingliederung und der Kinderarmut dank dieser Arbeitsmethode gestärkt werden konnte;

37.

ersucht um Klärung des Status der Nationalen Aktionspläne für soziale Eingliederung und deren mögliche Integration in die im Rahmen der Europa-2020-Strategie festgelegten Nationalen Reformprogramme (NRP); sollte die Kommission eine solche Integration beabsichtigen, müsste sie zusichern, dass dieser Ansatz nicht zu einer Verengung des Fokus auf „makroökonomische“ Ziele führt und sie eine Wiedereinführung der Nationalen Aktionspläne für soziale Eingliederung erwägt, wenn sich der Querschnittsansatz als ineffizient erweist;

38.

schlägt der Kommission vor, den Mitgliedstaaten auf EU-Ebene Leitlinien zur Sicherstellung einer angemessenen Einbindung lokaler und regionaler Gebietskörperschaften und relevanter Stakeholder in die Erarbeitung der NRP vorzugeben; weist darauf hin, dass der im Fünften Kohäsionsbericht vorgesehene Abschluss von „Territorialpakten“ sicherlich die umfassendste und kohärenteste Vorgehensweise für die Einbindung der Gebietskörperschaften in diesen Prozess darstellt;

39.

zeigt sich besorgt über die Verschiebung der Mitteilung zur aktiven Eingliederung auf 2012 und fordert die Kommission auf, diese Mitteilung bereits im Jahr 2011 vorzulegen und darin die Umsetzung der Maßnahmen zur aktiven Eingliederung zu bewerten;

40.

begrüßt die Bezugnahme auf die Einbeziehung armer Menschen als Schlüsselziel integrationspolitischer Maßnahmen; würde sich jedoch wünschen, dass die Kommission in der Leitinitiative deutlicher darlegt, wie sie dieses Ziel - auch im Hinblick auf die in der vorliegenden Mitteilung genannten Hauptzielgruppen - zu erreichen gedenkt. So wäre etwa zu klären, ob dies im Rahmen des hochrangigen Lenkungsausschusses geschehen soll, der zur Förderung innovativer Maßnahmen im Sozialbereich eingesetzt werden soll;

Territorialer Zusammenhalt und künftige Finanzierung aus EU-Mitteln

41.

begrüßt den Verweis auf den territorialen Zusammenhalt im Titel der Kommissionsmitteilung und betont, dass die vorgeschlagene Plattform und die EU-Strukturfonds nicht nur Instrumente für die Umsetzung der Europa-2020-Strategie sind, sondern eine weit umfassendere Rolle für die Verwirklichung des im EU-Vertrag festgeschriebenen Ziels des sozialen und des territorialen Zusammenhalts spielen;

42.

schließt sich der Auffassung an, dass geprüft werden sollte, wie die Mittel aus den Strukturfonds besser und effektiver zur Erreichung der Ziele der Europa-2020-Strategie eingesetzt werden könnten, und befürwortet in gewissem Umfang eine Ausweitung der Förderschwerpunkte des Europäischen Sozialfonds von Beschäftigungsfähigkeit und Schaffung neuer Arbeitsplätze hin zu Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung unter der Maßgabe, dass der Vorrang einer integrierten Beschäftigungspolitik als Kernelement einer erfolgreichen Armutsbekämpfung im Rahmen des ESF unbedingt erhalten bleibt. Insbesondere sollten gesellschaftliche Innovationen verbreitet werden, damit für die Probleme und Herausforderungen neue Lösungen entwickelt werden und Lösungen, die sich bereits bewährt haben, gesammelt und als Benchmark für Länder, Regionen und lokale Gebietskörperschaften genutzt werden; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Erreichung eines Ziels „75% Beschäftigung“ alleine genommen nicht ausreicht, um Armut und soziale Ausgrenzung zu verringern, so dass der Bewältigung des Problems von Erwerbsarmut, der Schaffung besserer und dauerhafter Arbeitsplätze in ganz Europa einschließlich Maßnahmen zur Gewährleistung eines angemessenen Einkommens sowie Sozialleistungen stärkeres Augenmerk gewidmet werden sollte;

43.

weist nachdrücklich darauf hin, dass sich die Sparmaßnahmen, die die meisten Mitgliedstaaten ergriffen haben, unmittelbar auf bereits von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffene Menschen auswirken; weist zudem darauf hin, dass sich die überwältigende Mehrheit der Befragten in einer Umfrage des AdR für eine obligatorische Priorität zur Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Armut in den künftigen Regionalprogrammen im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik ausgesprochen hat; ruft die Kommission daher auf, diese Forderung in ihren Vorschlägen für Rechtsakte im Jahr 2011 aufzugreifen, wobei er betont, dass die Flexibilität auf der lokalen und regionalen Ebene gewahrt werden muss, um die jeweils besten Vorgehensweisen zur Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Armut vor Ort festlegen zu können;

44.

unterstützt die Bemühungen im Hinblick auf eine stärkere Abstimmung bzw. die Erzielung stärkerer Synergien zwischen den einzelnen EU-Strukturfonds, um die vielschichtigen Aspekte von Armut und sozialer Ausgrenzung einschließlich der territorialen Dimension von Armut mit gebündelten Kräften anzugehen;

45.

erklärt sich bereit, die Kommission bei der Überwachung der Umsetzung der Europa-2020-Strategie durch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften durch seine Monitoring-Plattform für die Europa-2020-Strategie zu unterstützen;

Sozialwirtschaft, soziale Innovation und soziale Erprobung

46.

begrüßt den Beitrag, den die Sozialwirtschaft, die Freiwilligentätigkeit und die soziale Verantwortung der Unternehmen im Hinblick auf eine Verbesserung der derzeitigen Versorgung mit Dienstleistungen von allgemeinem Interesse erbringen können;

47.

anerkennt den Mehrwert einer aktiven Mitwirkung aller relevanten Akteure, einschließlich derer, die mit Armut und sozialer Ausgrenzung konfrontiert sind, der Nichtregierungsorganisationen, die sich um in Armut lebende Menschen kümmern, der Sozialpartner, der Dienstleistungserbringer und natürlich der lokalen, regionalen, nationalen und EU-Behörden;

48.

befürwortet die vom Europäischen Zentrum für Freiwillige (European Centre for Volunteers, CEV) aus Anlass des Europäischen Jahrs der Freiwilligentätigkeit 2011 verabschiedeten Leitlinien, in denen insbesondere hervorgehoben wird, dass die Freiwilligentätigkeit als unbezahlte und aus freien Stücken ausgeführte Arbeit keinesfalls an die Stelle bezahlter Arbeit treten und nicht als billige Alternative genutzt werden darf, um bezahlte Arbeitskräfte zu ersetzen oder die Kosten im öffentlichen Dienst zu senken;

49.

begrüßt Initiativen, die Unternehmen dazu ermuntern sollen, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen und bei der Vergabe öffentlicher Aufträge soziale Aspekte stärker zu berücksichtigen;

50.

anerkennt in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, Arbeitsplätze in der Sozialwirtschaft und in beschützenden Werkstätten zu unterstützen, da sie ein Weg sind, bessere Arbeitsbedingungen und eine nachhaltigere Beschäftigung zu gewährleisten;

51.

betont, wie wichtig Maßnahmen zur Vereinfachung des Zugangs nichtstaatlicher Organisationen und kleiner Partnerschaften zu EU-Mitteln sowie kleiner Organisationen zu Globalzuschüssen ist;

52.

schließt sich der Auffassung an, dass evidenzbasierte soziale Innovation von entscheidender Bedeutung für die Erarbeitung neuer Lösungen bzw. für die Bewältigung neuer Herausforderungen sein kann, betont jedoch, dass bei einem solchen Ansatz bereits bewährte Vorgehensweisen aus ganz Europa berücksichtigt werden sollten und der Austausch dieser Vorgehensweisen sowie das gegenseitige Lernen und Bewerten durch nichtstaatliche und zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützt und gefördert werden sollte, wobei der Schwerpunkt auf kleine, bürgernahe Projekte vor Ort zu legen ist. Diese sollten mit viel Feingefühl umgesetzt werden, um jedes Risiko einer Stigmatisierung armer Menschen auszuschließen, weswegen der AdR auch zu großer Vorsicht bei der Verwendung des Begriffs „soziale Erprobung“ mahnt.

Brüssel, den 31. März 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  CdR 18/2010, verabschiedet im Oktober 2010.

(2)  ECOS-V-008, CdR 319/2010 fin, verabschiedet am 28. Januar 2011.


7.6.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 166/23


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Donauraumstrategie“

2011/C 166/05

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

begrüßt ausdrücklich die Strategie der Europäischen Union für den Donauraum (KOM(2010) 715 endg.) (Donauraumstrategie), in die mehrere Empfehlungen des AdR eingeflossen sind, die er in seiner Stellungnahme vom 7. Oktober 2009 formuliert hat. In der Tat entfaltet die Strategie für die regionale und lokale Zusammenarbeit innerhalb des Donauraumes grundsätzliche Bedeutung;

weist nachdrücklich darauf hin, dass die konsequente und stetige Einbeziehung aller interessierten Kreise innerhalb des Donauraums auch für die Zukunft von grundlegender Bedeutung für die Umsetzung und das Gelingen der Ziele der Strategie ist;

begrüßt den Einsatz von nationalen bzw. regionalen Koordinatoren, deren Aufgabe nur grob in der Mitteilung skizziert ist. Die Entwicklung der Makroregionen steht am Anfang, deshalb regt der Ausschuss an, sowohl die Koordinatoren innerhalb der Strategie regelmäßig zum Erfahrungsaustausch zusammenbringen als auch einen Erfahrungsaustausch zwischen der Ostsee- und der Donauraumstrategie zu ermöglichen;

fordert die Europäische Kommission auf, darauf hinzuwirken, dass die Projektauswahlverfahren mit Blick auf die makroregionalen Strategien adäquate Voraussetzungen dafür bieten, dass vorhandene Finanzierungssysteme und Fördermittel tatsächlich für die Strategien eingesetzt werden können;

regt an zu prüfen, ob aufgrund der besonderen geografischen, historischen und kulturellen Bedeutung des Donauraums der Kooperationsraum Südosteuropa innerhalb des ETZ-Programms („Europäische territoriale Zusammenarbeit“), Ausrichtung B aufgrund der neuen Makroregion entsprechend angepasst werden kann. Damit würde die europäische Kohäsionspolitik der neuen Makroregion Donauraum Rechnung tragen und Kooperationen in einem einheitlichen Kooperationsraum ermöglichen.

Hauptberichterstatter

Wolfgang REINHART (DE/EVP), Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Baden-Württemberg

Referenzdokument

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Strategie der Europäischen Union für den Donauraum

KOM(2010) 715 endg.

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

begrüßt ausdrücklich die Strategie der Europäischen Union für den Donauraum (KOM (2010) 715 endg.) (Donauraumstrategie), in die mehrere Empfehlungen des AdR eingeflossen sind, die er in seiner Stellungnahme vom 7. Oktober 2009 formuliert hat. In der Tat entfaltet die Strategie für die regionale und lokale Zusammenarbeit innerhalb des Donauraumes grundsätzliche Bedeutung, die auch vom Europäischen Parlament in seiner Entschließung vom 17. Februar 2011 anerkannt wurde;

2.

stellt fest, dass Makroregionen auch das Ziel verfolgen, in funktionalen Räumen die Effizienz der Kooperationsinstrumente der grenzübergreifenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen zu steigern und, in Einklang mit dem Multi-Level-Governance-Prinzip, die Zusammenarbeit auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene weiter zu verbessern, um damit auch politische Zielsetzungen der EU effizienter umzusetzen. Die Chance der Strategie für den Donauraum liegt unter anderem in grenzübergreifenden, transnationalen und interregionalen Lösungen und stellt ein sinnvolles Instrument für die europäische Integrationspolitik dar;

3.

ist der Auffassung, dass die territoriale Dimension der Strategie zur Umsetzung des Ziels des territorialen Zusammenhalts beitragen wird, der mit dem Vertrag von Lissabon als eines der Ziele der EU festgelegt wurde; ruft die Europäische Kommission folglich dazu auf, in einem Grünbuch eingehendere Überlegungen zur Rolle und zu den Auswirkungen der Makroregionen auf die Regionalpolitik der EU nach 2013 anzustellen; erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass er die Kommission dazu bereits in seiner Entschließung zum Legislativ- und Arbeitsprogramm 2010 der Europäischen Kommission aufgerufen hatte;

4.

erinnert an den Standpunkt der Europäischen Kommission, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt für die Entwicklung makroregionaler Strategien „drei Nein“ gelten: keine neuen Regeln, keine neuen Institutionen, keine zusätzlichen Mittel; bekräftigt, dass gleichzeitig jedoch auch „drei Ja“ gelten sollten: gemeinsam vereinbarte Anwendung und Kontrolle bestehender Regeln in der Makroregion; Aufbau einer Plattform/eines Netzwerkes/territorialer Cluster von regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und Mitgliedstaaten unter Einbeziehung der Interessenträger, in Verantwortung der Organe der Union; abgestimmte Nutzung bestehender finanzieller Ressourcen der Union zur Entwicklung und Umsetzung makroregionaler Strategien;

5.

betont, dass die europäische Donauraumstrategie mit der Entwicklung der Euroregionen, die sich auf die Zusammenarbeit zwischen Grenzregionen konzentrieren, sowie mit der Entwicklung europäischer Strukturen bei grenzübergreifenden, transnationalen und interregionalen Vorhaben in der Rechtsform des Europäischen Verbundes für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) in vollem Einklang steht;

6.

weist darauf hin, dass die Mitteilung der Europäischen Kommission betont, dass der internationalste Fluss der Welt weitgehend zur Europäischen Union gehört und dass es „neue Möglichkeiten gibt, die Herausforderungen der Region in Angriff zu nehmen und ihr Potenzial zu nutzen“. Die Donauraumstrategie ist die zweite makroregionale Strategie ihrer Art, die in einem Zeitabstand von nur anderthalb Jahren von der Europäischen Kommission erstellt wurde. Dieser Umstand deutet darauf hin, dass ein gesteigerter Bedarf an effizienterer Zusammenarbeit innerhalb der EU besteht. Die Strategie für die neue Makroregion Donauraum ist ein Beispiel dafür;

7.

unterstreicht, dass mit Blick auf die besondere Bedeutung der europäischen territorialen Zusammenarbeit, die eine der drei Säulen der europäischen Kohäsionspolitik bilden, Makroregionen einen konstruktiven Rahmen dafür bieten, vernetzt zu denken, fokussiert zu handeln und damit die bestehenden Koordinierungs- und Finanzierungsstrukturen innerhalb der EU effizienter im Sinne der Europa-2020-Ziele zu nutzen;

8.

stellt fest, dass das breit angelegte Konsultationsverfahren eine fundamentale Voraussetzung für die Akzeptanz der Donauraumstrategie darstellt und das gewachsene Bedürfnis aller nationalen, regionalen und lokalen Akteure widerspiegelt, die sich mit der Makroregion als funktional einheitlichem, natürlichem, kulturellem, sozialem und wirtschaftlichem Raum identifizieren;

9.

weist nachdrücklich darauf hin, dass die konsequente und stetige Einbeziehung aller interessierten Kreise, sachverständigen Institutionen, überregionalen, regionalen und lokalen Netzwerke, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften des Donauraums, der für Regionalentwicklung zuständigen Einrichtungen, der Zivilgesellschaft, der Nichtregierungsorganisationen sowie aller Mitglied- und Nichtmitgliedstaaten innerhalb des Donauraums auch für die Zukunft von grundlegender Bedeutung für die Umsetzung und das Gelingen der Ziele der Strategie ist;

10.

unterstreicht die besondere Bedeutung und Verantwortung des Donauraums, der aus EU-Mitgliedstaaten, EU-Beitrittskandidaten, potenziellen Beitrittskandidaten und Staaten, die in die Europäische Nachbarschaftspolitik eingebunden sind, besteht. Die Makroregion deckt insgesamt 14 Staaten ab: die Mitgliedstaaten Deutschland (dort die Länder Baden-Württemberg und Bayern), Österreich, die Slowakische Republik, die Tschechische Republik, Slowenien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien sowie die Nichtmitgliedstaaten Kroatien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, die Ukraine und die Republik Moldau. Sie bietet die große Chance, den Weg für wirtschaftliches Wachstum, Wohlstand und Sicherheit zu ebnen. Die Strategie kann dazu beitragen, dass der Donauraum, wie die Europäische Kommission feststellt, „eine der attraktivsten Regionen Europas“ wird. Der Donauraum ist Heimat für rund 115 Mio. Menschen und deckt ein Fünftel der Fläche der EU ab;

11.

betont, dass aufgrund der Initiative der beteiligten Staaten, Länder und Regionen das Bedürfnis nach einer einheitlichen Strategie formuliert wurde und die gemeinsame Erkenntnis gewachsen ist, die vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen nur gemeinsam bewältigen zu können. Der Ausschuss der Regionen weist darauf hin, dass aufgrund des hohen Identifikationsgrads mit dem Donauraum die Strategie ein äußerst effektives Instrument zur dauerhaften Friedenssicherung darstellt und dies Stabilität und Sicherheit nicht nur für die beteiligten Regionen sondern für die gesamte EU bedeutet;

12.

stellt fest, dass die Donauraumstrategie die weitere Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, die Dezentralisierung sowie die Stärkung der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung im Donauraum unterstützt, insbesondere derjenigen Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der EU sind. Der Donauraum stellt seit dem Fall des Eisernen Vorhangs auch ein Bindeglied zwischen Ost und West dar. Er trägt dazu bei, die europäischen Innen- und Außengrenzen zu überwinden und sich in seiner natürlichen, kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Vielfalt und Dynamik weiterzuentwickeln;

13.

misst der Kooperation auf allen beteiligten Ebenen – nationaler, regionaler wie lokaler Natur – eine herausragende Funktion bei, um die Grundsätze der Subsidiarität, der Bürgernähe und der Partnerschaft zu gewährleisten, und weist auf den Mehrwert hin, den die regionale und lokale Zusammenarbeit im Donauraum auch für die weitere Heranführung der Beitrittsländer und potenziellen Beitrittsländer an die EU bringt;

Die EU-Strategie und ihre Inhalte

Herausforderungen und Aufgaben der Makroregion Donauraum

14.

begrüßt die Feststellung der Europäischen Kommission, dass die Donau „das Tor der EU zu ihren Nachbarn […] – dem Schwarzmeerraum, dem Südkaukasus und Zentralasien“ sein kann. Makroregionale Strategien stehen beispielhaft für die nachbarschaftliche Zusammenarbeit innerhalb der EU sowie der EU mit Drittstaaten. Makroregionale Strategien zeigen auch, wie integrierte, multisektorale Ansätze mit einer Multi-Level-Governance kombiniert und praktisch umgesetzt werden können;

15.

stimmt der Feststellung der Europäischen Kommission zu, dass Verbesserungen bei der sozioökonomischen Entwicklung, der Wettbewerbsfähigkeit, dem Umweltmanagement und dem ressourceneffizienten Wachstum möglich sind sowie Mobilität und Sicherheitsmaßnahmen weiter ausgebaut werden können;

16.

stellt fest, dass die Systematik der Donauraumstrategie auf den im Rahmen der Ostseestrategie gesammelten Erfahrungen beruht. Zur konkreten Umsetzung der Strategie wurde ein Aktionsplan unter Mitwirkung aller nationalen, regionalen und lokalen Akteure und interessierten Kreise erstellt, der sich in vier Schwerpunktbereiche mit elf Prioritätsbereichen untergliedert. Der Aktionsplan enthält 124 Projektbeispiele;

17.

begrüßt vor allen Dingen die Tatsache, dass im Rahmen der Donauraumstrategie konkrete Zielbeispiele definiert werden, die messbar sind und den Bürgerinnen und Bürgern sichtbare Ergebnisse liefern sollen;

18.

ist der Auffassung, dass die makroregionalen Strategien nicht alle politischen Bereiche umfassen sollen, sondern in erster Linie auf die gemeinsamen Herausforderungen in einer Makroregion ausgerichtet werden müssen, die im Rahmen eines partnerschaftlichen Ansatzes gemeinsam ermittelt wurden; begrüßt folglich die Fokussierung der Zusammenarbeit auf vier Säulen: die Anbindung des Donauraums (Mobilität, nachhaltige Energien, Förderung von Tourismus und Kultur), der Umweltschutz (Qualität der Gewässer, Management von Umweltrisiken, Erhaltung biologischer Vielfalt), der Aufbau von Wohlstand im Donauraum (Entwicklung der Wissensgesellschaft durch Forschung, Bildung und Informationstechnologien, Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen einschließlich Clusterbildung, Investitionen in Qualifikation) sowie die Stärkung des Donauraums (Verbesserung der institutionellen Kapazitäten, Zusammenarbeit und Förderung der Sicherheit, Bekämpfung der schweren und organisierten Kriminalität);

19.

weist darauf hin, dass zur Erreichung der Ziele die Einbeziehung der nationalen, regionalen und lokalen Ebene entscheidend ist. Wo noch nötig sollen lokale und regionale Akteure durch geeignete Maßnahmen besser in die Lage versetzt werden, entsprechende Umsetzungsstrukturen zur Zielerreichung aufzubauen. Die Prozesse des Capacity-Building und der Good Governance sind zentrale Elemente für die Umsetzung der Strategie im Donauraum. Dabei kann der Rat der Donaustädte und -regionen (RDSR) in der Entwicklung gemeinsamer Projekte ein aktiver Partner sein;

20.

hält den Aktionsplan grundsätzlich für ein wichtiges Referenzdokument und begrüßt die Feststellung der Europäischen Kommission, dass er einen Orientierungsrahmen bildet, der sich am Entwicklungsstand der Projekte orientiert und der dynamisch weiterentwickelt werden kann;

21.

stellt fest, dass die intensivere Vernetzung bestehender Netzwerke, Initiativen und Organisationen wie der Internationalen Kommission zum Schutz der Donau (IKSD), der Donaukommission, des Regionalen Kooperationsrates, des Donau-Kooperationsprozesses, des RDSR, der ARGE Donauländer und der Donau-Tourismuskommission einen erheblichen Mehrwert bringen kann;

Einbeziehung der jungen Generation

22.

macht nachdrücklich darauf aufmerksam, dass die aktive Einbeziehung der jüngeren Generation einen der Eckpfeiler darstellt, um dauerhaften Frieden und Stabilität in Europa zu sichern;

23.

stellt fest, dass der Aktionsplan Raum lässt für Projekte mit und für Jugendliche. Jedoch sollte nach Ansicht des Ausschusses der Regionen der Rolle und Bedeutung der jüngeren Generation größeres Gewicht verliehen werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, jungen Europäern in einem kontinuierlichen Prozess des Austauschs und der gemeinsamen Kommunikation gemeinschaftliche Werte zu vermitteln und junge Menschen für demokratische Verfahren sowie für Verständnis, Toleranz und Respekt hinsichtlich von Minderheiten sowie der kulturellen und ethnischen Vielfalt der Regionen Europas zu sensibilisieren. Der materiell nicht aufzuwiegende Wert von Schüleraustauschen und Jugendbegegnungen, Workshops, Netzwerken und Kooperationsmöglichkeiten für Jugendliche sollte nicht unterschätzt werden;

24.

regt an, bei der Fortentwicklung des Aktionsplans diesen Aspekt auch im Rahmen bestehender Mobilitätsprogramme stärker zu berücksichtigen. Das in Novi Sad gebildete Netzwerk „Young Citizen Danube Network“ (YCDN) ist beispielhaft dafür, wie unter der jungen Generation eine Donauidentität und damit auch eine europäische Identität gebildet werden kann. Zu denken wäre beispielsweise auch an den Aufbau eines „Donau-Jugendwerks“, das die Begegnung, den Austausch, die Bildung und Zusammenarbeit junger Menschen nachhaltig organisiert;

Verkehr

25.

sieht die Wichtigkeit der Umsetzung der Ziele im Verkehrsbereich, insbesondere der Binnenschifffahrt sowie der Straßen-, Schienen- und Luftverkehrsinfrastruktur, und stimmt der Einschätzung der Europäischen Kommission zu, dass die Verwirklichung der TEN-V-Projekte und Güterverkehrskorridore gemäß der Verordnung (EU) Nr. 913/2010 vorangetrieben werden muss; die Fortschrittlichkeit der Donauraumstrategie aufgrund der Bedeutung der Verknüpfung dieser Korridore miteinander und mit dem regionalen Umfeld, sowie auch verschiedener Verkehrsträger ist besonders hervorzuheben;

26.

stellt fest, dass das Potenzial der Donau besser genutzt werden muss. Herausgehobene Ziele innerhalb der ersten Säule der Strategie zur Anbindung der Donauregion durch Verbesserung der Mobilität sind: den Güterverkehr auf der Donau zu erhöhen, Nord-Süd-Verbindungen zu schaffen, effiziente Terminals in den Donauhäfen einzurichten und unter eine moderne, multimodale und interoperable Nutzung zu stellen. Er stimmt zugleich mit der Kommission dahingehend überein, dass im Hinblick auf eine Ausgewogenheit zwischen Ausbau und ökologischer Nachhaltigkeit ein integrierter Ansatz angewandt werden muss;

27.

verweist auf die Belgrader Konvention, die die Navigation auf der Donau regelt;

Umwelt

28.

bekräftigt die herausragende Bedeutung des Umweltschutzes, insbesondere der Sicherstellung der Wasserqualität entsprechend der Wasserrahmenrichtlinie der EU. Der Ausschuss der Regionen stimmt der Einschätzung zu, dass eine „nachhaltige Wasserbewirtschaftung erforderlich ist […]“. Der Flussgebietsbewirtschaftungsplan für die Donau bildet dazu eine wichtige Referenz. Es sollten vorrangig Maßnahmen zur Erhaltung des natürlichen Wasserrückhaltevermögens des Donaubeckens und zur Verhinderung des wiederholten Auftretens von Überschwemmungen getroffen werden. In der Erwägung, dass das Donaugebiet, in dem sich mehrere Vogelschutzgebiete und FFH-Gebiete im Sinne des Natura-2000-Netzes befinden, und das Donaudelta, das seit 1991 zum UNESCO-Welterbe gehört, ein einzigartiges und empfindliches Ökosystem darstellen, in dem seltene Arten beheimatet sind, die aufgrund von Verschmutzung bedroht sind, muss der Verlust von biologischer Vielfalt und Ökosystemen eingedämmt werden, die Artenvielfalt erhalten bleiben und dafür Sorge getragen werden, dass die EU-Mittel in Vorhaben fließen, die im Einklang mit den Umweltvorschriften der Europäischen Union stehen. Diese Bestrebung muss sich auch in den Zielen und konkreten Unterstützungsprogrammen der GAP (Gemeinsame Agrarpolitik) sowie in den nationalen Instrumenten zur Unterstützung der Landwirtschaft widerspiegeln;

29.

unterstreicht, dass die Sicherstellung einer guten Wasserqualität entsprechend der Wasserrahmenrichtlinie, die Verringerung des Nährstoffniveaus in der Donau, die Vervollständigung und Annahme des Managementplans für das Donaudelta bis 2013, die Umsetzung von Hochwasserrisikoplänen für die gesamte Donau, die Erstellung effektiver Managementpläne für alle Natura-2000-Gebiete, die Sicherung lebensfähiger Populationen des Donaustörs und anderer Fischarten sowie die Reduzierung von Bodenerosionen ein zentrales Anliegen darstellen. Bei diesen Aufgaben kommt sowohl der IKSD als auch vorhandenen Instrumenten der Kommission wie dem Global Monitoring for Environment and Security (Globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung – GMES) sowie den Instrumenten der GAP eine wichtige Rolle zu. Es gilt in diesem Bereich vorhandene Strukturen, vorhandenes Wissen und bestehende Instrumente im Sinne der Strategie effizienter zu gestalten, insbesondere im Bereich der Abwehr von Risiken wie Hochwassergefahren und Umweltkatastrophen;

30.

betont die Notwendigkeit einer stärkeren regionalen Zusammenarbeit, um die Gefahren und möglichen Auswirkungen von Naturkatastrophen (insbesondere Überschwemmungen, Dürre, Waldbrände, Stürme, Erosion, Eis und Wasserknappheit) sowie Industrieunfällen durch besseres Katastrophenmanagement, einschließlich Prävention, Katastrophenvorsorge und -abwehr zu mindern;

31.

stellt fest, dass Verkehr und Umweltschutz im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung des Donauraums die Anwendung der Grundprinzipien des Dokuments „Gemeinsame Erklärung zu den Leitsätzen über den Ausbau der Binnenschifffahrt und Umweltschutz im Donaueinzugsgebiet“ der IKSD und der International Sava River Basin Commission (ISRBC) beachten sollten;

32.

betont, dass die Förderung eines nachhaltigen Fremdenverkehrs in der Region wichtig ist, und macht auf das Potenzial der Radwege auf nahezu der gesamten Strecke entlang des Flusses aufmerksam;

Energie

33.

stellt fest, dass Investitionen in Energieinfrastruktur, die Förderung von nachhaltiger Energie und die bessere Koordination der Energiepolitik zu Recht eine Priorität in der Donauraumstrategie darstellen. Die Modernisierung von Energienetzen und die Umsetzung des europäischen Energieprogramms sowie die Stärkung des TEN-E-Netzes können wesentliche Verbesserungen für die Region bringen. Wichtig ist auch das Erreichen der nationalen Klima- und Energieziele bis 2020;

Wirtschaft

34.

unterstreicht die große Bedeutung des Aufbaus von Wohlstand im Donauraum, der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Clusterbildung, der Steigerung der Wirtschaftskraft, der Belebung und Verbesserung des Beschäftigungsmarktes sowie der Verbesserung von Chancen für benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Der Ausschuss der Regionen weist auch auf die Funktion von Metropolregionen als Zentren der Produktivität, Innovation und des Austausches hin;

35.

verweist auf die Aussage der Europäischen Kommission, dass „ein Drittel der armutsgefährdeten Bevölkerung der EU, davon viele Angehörige von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, [im Donaugebiet] lebt […]. Roma-Gemeinschaften, von denen 80 % in der Region leben, leiden besonders unter sozialer und wirtschaftlicher Ausgrenzung, räumlicher Segregation und Lebensbedingungen unterhalb üblicher Standards. Versuche, diesen Lebensbedingungen zu entkommen, wirken sich auf die gesamte EU aus, aber die Ursachen müssen zuallererst in der Region in Angriff genommen werden“; ist der Auffassung, dass vor dem Hintergrund dieser Feststellung die Leitinitiative „Plattform zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung“ in erster Linie auf Ebene der Gebietskörperschaften umgesetzt werden sollte;

36.

macht darauf aufmerksam, dass den Regionen, Städten und Kommunen eine wichtige Rolle bei der Kontaktaufnahme und der Begleitung von Projekten auf Ebene der kleinen und mittleren Unternehmen zukommt. Der Ausschuss der Regionen weist auch darauf hin, dass nach den Erfahrungen mit der Ostseestrategie der private Sektor stärker einbezogen werden sollte;

37.

betont, dass die Steigerung von Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit mit der gleichzeitigen Verbesserung und dem nachhaltigen Schutz der natürlichen Ressourcen verbunden werden sollte;

38.

unterstreicht die Wichtigkeit, unternehmerfreundliche Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige Marktwirtschaft zu schaffen und dadurch die Entwicklungschancen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Donauraum zu optimieren;

39.

stellt fest, dass KMU, nicht zuletzt aufgrund der begrenzten Größe nationaler Märkte, einen Schlüsselfaktor für eine prosperierende Donauregion darstellen. Landwirtschaft, Handwerk, Industrie und Dienstleistungssektor sollten dabei gleichermaßen berücksichtigt werden. Eine bedarfsgerechte berufliche Bildung wie beispielsweise die Qualifizierung zum Facharbeiter sowie Wissenschaft und Forschung sind wichtige Elemente für die innovative Wettbewerbsfähigkeit der Donauregion. Ein ausgebautes Technologietransfersystem soll eine zügige Umsetzung von Forschungsergebnissen in die betriebliche Praxis befördern;

40.

unterstreicht in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Ausbaus der gleichwertigen Versorgung mit digitalen Infrastrukturen und deren Anwendungsförderung im gesamten Donauraum, um den teilweise großen technischen Abstand zwischen den Staaten in der Versorgung und Anwendung entscheidend zu verringern;

Bildung und Forschung

41.

stellt fest, dass die Verbesserung von Bildungs- und Qualifizierungschancen in der Region die Attraktivität als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort erheblich steigern. Zur Qualifizierung junger Menschen können beispielsweise Maßnahmen und Angebote im Bereich der dualen Ausbildung beitragen;

42.

betont, dass insbesondere die zielgerichtete Unterstützung und Förderung von Forschungsinfrastrukturen und multilateralen Vernetzungen der Hochschulen des Donauraums gefördert werden sollten. Dabei kommt den Netzwerk-Institutionen wie der Andrássy-Universität Budapest und der Europäischen Donau-Akademie eine besondere Bedeutung zu, da sie ihre Forschungstätigkeit und Studieninhalte auf den Donauraum ausrichten;

Kultur und Zivilgesellschaft

43.

betont, dass die einzigartige natürliche, kulturelle und ethnische Vielfalt innerhalb der Donauregion im Rahmen der Projekte im Kulturbereich gepflegt und durch nachhaltige Tourismuskonzepte zugänglich und erfahrbar gemacht werden soll;

44.

unterstreicht die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, deren Zusammenschlüsse und Verbände sowie der Zivilgesellschaft bei der Förderung des interkulturellen Dialogs. Regionen, Städte und Kommunen sind besonders geeignet, ihre Erfahrungen mit einer heterogenen Bevölkerungszusammensetzung effektiv in einen interkulturellen und interreligiösen Dialog einzubinden;

45.

verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Bedeutung der Zivilgesellschaft sowie der Städte- und anderen Kommunalpartnerschaften. Sie alle tragen nicht nur zum interkulturellen Dialog und zum Abbau von Vorurteilen bei, sondern können auch den Rahmen für wirtschaftliche und soziale Zusammenarbeit bilden, eine nachhaltige Entwicklung fördern und damit die Umsetzung der Ziele der Europa-2020-Strategie positiv begleiten. Auch die Zusammenarbeit zwischen Kulturschaffenden und -Institutionen in den Städten und Regionen des Donauraums kann dazu beitragen, ein Netzwerk mit hohem Kreativ-Potenzial auszubauen;

46.

macht darauf aufmerksam, dass der Aufbau und die Pflege sozialer Netzwerke und Strukturen ausgebaut, bürgerschaftliches Engagement gefördert sowie lebenslanges und generationenübergreifendes Lernen gestärkt werden soll;

Good Governance und Sicherheit

47.

betont die hohe Priorität der Ziele des Handlungsfelds „Stärkung des Donauraums“, insbesondere durch die Verfestigung rechtstaatlicher Verhältnisse als Voraussetzung für die Verbesserung der Strukturen und Kapazitäten für die Entscheidungsprozesse des privaten und öffentlichen Sektors sowie die Bekämpfung von Menschenhandel, Warenschmuggel, Korruption, organisierter und schwerer Kriminalität sowie von grenzüberschreitenden Schwarzmärkten;

48.

stellt fest, dass der Erfahrungsaustausch über gute Verwaltungspraxis in der Zusammenarbeit zwischen der nationalen, regionalen, städtischen und lokalen Ebene sowie in den verschiedensten Bereichen der öffentlichen Dienstleistung einer wichtiger Baustein für den Aufbau einer Good Governance darstellt, auch über nationale und über Verwaltungsgrenzen hinweg;

Die EU-Strategie und ihre Umsetzung

Koordinierung

49.

begrüßt, dass die Europäische Kommission die politische Koordinierung mit den Mitgliedstaaten fortführt. In Anlehnung an die Ostseestrategie, jedoch unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Donauregion, soll auch bei der Donauraumstrategie eine hochrangige Gruppe aus Vertretern aller Mitgliedstaaten die Arbeit der Europäischen Kommission unterstützen, wobei Vertreter der Nichtmitgliedstaaten zu den Sitzungen eingeladen werden sollen. In welchen zeitlichen Abständen die politische Ausrichtung evaluiert und der Aktionsplan aktualisiert werden soll, ist der Mitteilung nicht zu entnehmen. Diese Aspekte sollten konkretisiert werden;

50.

begrüßt den Einsatz von nationalen bzw. regionalen Koordinatoren, deren Aufgabe nur grob in der Mitteilung skizziert ist. Die Entwicklung der Makroregionen steht am Anfang, deshalb regt der Ausschuss der Regionen an, sowohl die Koordinatoren innerhalb der Strategie regelmäßig zum Erfahrungsaustausch zusammenbringen als auch einen Erfahrungsaustausch zwischen der Ostsee- und der Donauraumstrategie zu ermöglichen. Der Ausschuss der Regionen regt an, aufgrund der aus der Ostseestrategie gewonnenen Erfahrungen die Gewährung von technischer Hilfe für Koordinierungsaufgaben zu prüfen;

51.

stellt in diesem Zusammenhang auch fest, dass regelmäßig stattfindende Foren für alle nationalen, regionalen und lokalen Akteure sowie interessierten Kreise und der Zivilgesellschaft ein angemessenes Instrument sind, um Projekte auf den Prüfstand zu stellen, politische Ausrichtungen kritisch zu überdenken und die Akzeptanz der Strategie bei den Bürgerinnen und Bürgern zu steigern;

52.

regt an, die Ergebnisse aus den Studien zum Donauraum des Europäischen Raumbeobachtungsnetzwerkes ESPON (European Spatial Planning Observation Network) bei der Koordinierung der Ziele zu berücksichtigen;

Berichterstattung

53.

sieht es für wichtig an, die Fortschritte der Umsetzung des Aktionsplans zu überprüfen. Die Jahresberichte aus den bestehenden Programmen und die strategische Berichterstattung auf Ebene der Mitgliedstaaten stellen eine Basis hierfür dar, die durch die Koordinatoren aufbereitet werden sollten. Die Berichtspflicht für die EU-Programme sollte sich in der laufenden Förderperiode an vorhandenen Daten ausrichten;

Durchführung

54.

stellt fest, dass nationale, regionale und lokale Akteure zum Gelingen der Projekte beitragen. Mit der fehlenden Unterstützung für die Einrichtung von Strukturen sind jedoch Herausforderungen im Hinblick auf die administrative Umsetzung der Strategie verbunden. Die Mitteilung fordert das Einreichen von konkreten Projekten, die „detailliert sind und für die ein Projektleiter, ein Zeitplan und Finanzmittel erforderlich sind“. Der Ausschuss der Regionen regt an, nach einem Jahr eine Evaluation der Implementierungsstrategie zu ermöglichen, um Prozesse und Entscheidungswege zu optimieren;

Finanzierung und Fördermittel

55.

stellt fest, dass die Mitteilung nur allgemeine Aussagen zur Finanzierung der Donauraumstrategie trifft, und nimmt die Haltung der Europäischen Kommission zur Kenntnis, den betreffenden Makroregionen bezüglich des Haushalts oder der Rechtsvorschriften keine vorzugsweise Behandlung zukommen zu lassen. Die Strategie soll in der laufenden Förderperiode durch Mobilisierung bzw. Anpassung vorhandener Finanzmittel und im Einklang mit der Gesamtkonzeption umgesetzt werden;

56.

fordert die Europäische Kommission auf, darauf hinzuwirken, dass die Projektauswahlverfahren mit Blick auf die makroregionalen Strategien adäquate Voraussetzungen dafür bieten, dass vorhandene Finanzierungssysteme und Fördermittel tatsächlich für die Strategien eingesetzt werden können;

57.

fordert die Europäische Kommission auf, darauf hinzuwirken, dass Förderprogramme wie im Bereich Jugendarbeit und IKT-Versorgung auch auf die makroregionalen Strategien angewandt werden können;

58.

regt an zu prüfen, inwieweit gezielte Fortbildungsmaßnahmen für Antragsteller auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene insbesondere ab 2014 angeboten werden können, um die Kompetenz zum Mittelabruf zu stärken und dazu beizutragen, dass bestehende Fördermittel und -instrumente tatsächlich intensiver genutzt werden;

59.

stellt fest, dass das Erreichen der Ziele auch davon abhängt, dass die Mitgliedstaaten sowie die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften des Donauraums und die für Regionalentwicklung zuständigen Einrichtungen die von der Europäischen Kommission geförderten Umweltprogramme wie beispielsweise LIFE+ (Wiederherstellung von Flüssen und Auensystemen) und das Intelligente Energie-Europa-Programm (IEE) nutzen;

60.

misst der Förderung grenzüberschreitender und transnationaler Projekte auch von Nichtregierungsorganisationen, wirtschaftlichen und sozialen Akteuren sowie regionalen und lokalen Gebietskörperschaften eine wichtige Rolle bei. Die Strukturfonds und einschlägigen Programme der Kohäsionspolitik stellen wichtige Instrumente dar, die sinnvoll und effektiv zur Verwirklichung von Projekten genutzt werden sollen;

61.

regt an zu prüfen, ob aufgrund der besonderen geografischen, historischen und kulturellen Bedeutung des Donauraums der Kooperationsraum Südosteuropa innerhalb des ETZ-Programms („Europäische territoriale Zusammenarbeit“), Ausrichtung B aufgrund der neuen Makroregion entsprechend angepasst werden kann. Damit würde die europäische Kohäsionspolitik der neuen Makroregion Donauraum Rechnung tragen und Kooperationen in einem einheitlichen Kooperationsraum ermöglichen. Dies begünstigt, dass

a.

insbesondere in den strategischen Politikfeldern der Infrastruktur, Wasserwege, Energie, Innovation, des Umwelt- und Hochwasserschutzes und der nachhaltigen Wirtschaft das Potenzial der Region effektiver genutzt werden kann,

b.

das gemeinsame wirtschaftliche und wissenschaftliche Potenzial zielgerichtet, nachhaltig und effizient ausgeschöpft werden kann,

c.

der Transfer von Innovationen zwischen den Donauregionen gewährleistet wird,

d.

die Synergien sowohl im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen der nationalen, regionalen und lokalen Ebene als auch sektorübergreifend zwischen den Politikfeldern gesteigert und die Funktions- und Leistungsfähigkeit dieses Raumes und damit auch der EU erhöht werden kann,

e.

der Donauraum in seiner gesamten natürlichen, kulturellen und historischen Dimension als einheitlicher Raum innerhalb Europas verstanden werden kann;

62.

stellt in diesem Zusammenhang fest, dass ein Kooperationsraum der dynamischen Entwicklung des Donauraums zugute käme. Das Heranführungsinstrument („Instrument for Pre-Accession“ - IPA) und das Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument („European Neighbourhood and Partnership Instrument“ - ENPI) sind flexible Maßnahmen, um EU-Beitrittskandidaten, potenzielle Beitrittskandidaten sowie Drittstaaten in den Kooperationsraum zu integrieren.

Brüssel, den 31. März 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


7.6.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 166/30


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Strategische Leitlinien für die Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit 2011-2020“

2011/C 166/06

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

begrüßt die neuen Leitlinien für die Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit der Europäischen Kommission und unterstützt die sieben Zielvorgaben sowie die zu ihrer Verwirklichung vorgeschlagenen Maßnahmen; ersucht die Kommission um nähere Angaben dazu, welcher individuelle Beitrag von den sieben einzelnen Zielvorgaben zur ambitionierten gesamten Halbierung der Zahl der Verkehrstoten bis 2020 erwartet wird;

unterstützt die Idee der Vereinheitlichung der verschiedenen Definitionen schwerer Verletzungen, damit so die Wirksamkeit der Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit besser überwacht und bewertet werden kann; vertritt die Auffassung, dass auf der Grundlage einer gemeinsamen Definition schwerer und leichterer Verletzungen eine gemeinsame Zielvorgabe für die Verringerung der Zahl schwerer Verletzungen aufgestellt werden sollte;

ruft alle Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie über ein Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrsinfrastruktur vollständig umzusetzen, und schließt sich der Auffassung der Kommission an, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit die in dieser Richtlinie aufgestellten Grundsätze auf alle über EU-Mittel finanzierte Straßenverkehrsinfrastrukturen angewandt werden - unter der Bedingung, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stets berücksichtigt wird, so dass kleinere Vorhaben nicht mit unnötiger Bürokratie oder übermäßigen technischen Anforderungen belastet werden;

rät der Kommission, im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs Initiativen zu entwickeln, die zu einer Harmonisierung im Bereich der Verkehrsregeln, Verkehrszeichen, Markierungen zwischen den Mitgliedstaaten führen; schlägt vor, dass die Kommission über ein Grünbuch die öffentliche Debatte über den Entwurf dieser Stellungnahme einleiten könnte.

Berichterstatter

Johan SAUWENS (BE/EVP), Bürgermeister von Bilzen

Referenzdokument

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - „Ein europäischer Raum der Straßenverkehrssicherheit: Leitlinien für die Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit 2011-2020“

KOM(2010) 389 endg.

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

Einleitung

1.

Die Europäische Kommission wird der Sicherheit im Straßenverkehr im nächsten Weißbuch zur Verkehrspolitik 2010-2020 besondere Aufmerksamkeit widmen. Mit den europäischen Leitlinien für die Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit bis 2020 sollen ein allgemeiner Regelungsrahmen und ambitionierte Ziele vorgegeben werden, nach denen sich die nationalen und lokalen Strategien richten sollten.

2.

Zur Vorbereitung dieser Stellungnahme wurde eine Konsultation der Partner des Subsidiaritätskontrollnetzes durchgeführt. Die Konsultation lief vom 25. Oktober bis 10. Dezember 2010.

Das vorgeschlagene Aktionsprogramm und einige einleitende Bemerkungen

—   Die Straßenverkehrssicherheit und lokale/regionale Gebietskörperschaften

3.

Die Sicherheit im Straßenverkehr ist ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen. Auf den Straßen der Europäischen Union kommen jedes Jahr mehr als 30 000 Menschen ums Leben, ca. 1,5 Mio. Menschen erleiden Verletzungen. Neben dem hierdurch verursachten großen Leid für die Betroffenen entstehen der Gesellschaft Kosten in Höhe von ca. 130 Mrd. EUR.

4.

Die meisten Verkehrsunfälle ereignen sich auf innerstädtischen Straßen und Landstraßen, nur ca. 5 % der Unfälle passieren auf Autobahnen. In den meisten Mitgliedstaaten sind regionale und lokale Gebietskörperschaften für die Verwaltung eines großen Teils des Straßennetzes zuständig. Lokale und regionale Gebietskörperschaften sind in vielen Fällen auch zuständig für die Durchsetzung der Straßenverkehrsordnung durch die lokalen oder regionalen Polizeidienststellen. Außerdem fallen in vielen Fällen die Organisation des öffentlichen Nahverkehrs, die Verkehrsführung, Präventionskampagnen und Erste Hilfe bei Unfällen in den Zuständigkeitsbereich lokaler und regionaler Gebietskörperschaften.

5.

Lokale und regionale Gebietskörperschaften müssen folglich logischerweise in Initiativen, die auf nationaler und europäischer Ebene festgelegt werden, eingebunden werden und einen Beitrag hierzu leisten; ferner liegt auf der Hand, dass sie - sofern sie dies als wünschenswert ansehen - eine eigene Straßenverkehrssicherheitsstrategie aufstellen sollten, die auf die Lösung lokaler Probleme ausgerichtet und an die lokalen Gegebenheiten angepasst ist.

6.

Die Kommission würdigt die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei der Gestaltung und Durchführung der Maßnahmen für die Straßenverkehrssicherheit und stellt fest, dass die beschriebenen Maßnahmen gemäß dem Subsidiaritätsprinzip auf der jeweils zweckmäßigsten Ebene und mit den jeweils geeignetesten Mitteln durchgeführt werden sollen. Die Notwendigkeit eines integrierten Konzepts wird in der Mitteilung der Kommission zu Recht hervorgehoben: „Die Politik für Sicherheit im Straßenverkehr ist eng mit der Politik u.a. in den Bereichen Energie, Umwelt, Beschäftigung, Bildung, Jugend, öffentliche Gesundheit, Forschung, Innovation und Technologie, Justiz, Versicherungswesen, Handel und Außenbeziehungen verbunden“.

—   Ziel der Europäischen Kommission

7.

Den Angaben der Europäischen Kommission zufolge betrug im Jahr 2001 die Gesamtzahl der Unfalltoten im Straßenverkehr in der Europäischen Union 54 302. Zielvorgabe des dritten Aktionsprogramms für Straßenverkehrssicherheit war eine Halbierung der Zahl der Unfalltoten bis 2010 auf höchstens 27 000. 2009 starben 34 500 Menschen auf den Straßen in der Europäischen Union, was einen Rückgang um 36 % bedeutet. Die Kommission geht davon aus, dass für 2010 letztlich eine Verringerung um 41 % im Vergleich zu 2001 erreicht werden kann. Zwar ist die Zielvorgabe so nicht vollständig erreicht worden, doch ist das Ergebnis als ermutigend zu bezeichnen.

8.

Für den Zeitraum 2010-2020 peilt die Kommission erneut eine Halbierung der Gesamtzahl der Unfalltoten im Straßenverkehr in der Europäischen Union an. Angesichts des verzeichneten Rückgangs im vergangenen Jahrzehnt und des Bestrebens, die Straßenverkehrssicherheit in der Europäischen Union weiter zu verbessern, ist diese Zielvorgabe gerechtfertigt, aber auch ehrgeizig zu nennen.

—   Strategische Ziele

9.

Die Kommission stellt sieben strategische Ziele auf:

a)

Verkehrserziehung und Fahrausbildung/Fahrtraining der Straßenverkehrsteilnehmer verbessern

b)

Straßenverkehrsvorschriften verstärkt durchsetzen

c)

Sicherere Straßenverkehrsinfrastruktur

d)

Sicherere Fahrzeuge

e)

Nutzung moderner Technologie für mehr Sicherheit im Straßenverkehr fördern

f)

Notfalldienste und Dienste für die Betreuung von Verletzten verbessern

g)

Schwächere Straßenverkehrsteilnehmer schützen.

10.

Vom Ansatz her kann diesen Zielen zugestimmt werden. Die vorgeschlagenen Leitlinien geben in ihrer hier vorliegenden Form keinen Anlass zu Zweifeln an der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips bzw. des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Die Ziele der vorgeschlagenen Maßnahmen können nämlich von den Mitgliedstaaten allein nicht erreicht werden. Aufgrund ihres Umfangs können sie besser auf EU-Ebene verwirklicht werden, da spezifische europäische Rechtsvorschriften, grenzüberschreitende Maßnahmen und Zusammenarbeit auf EU-Ebene für eine kohärente und effiziente Politik auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene sorgen können. Daneben weisen die vorgeschlagenen Maßnahmen einen deutlichen Mehrwert im Vergleich zu Maßnahmen auf, die ausschließlich auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene durchgeführt würden. Schließlich ist die vorgeschlagene Form der Maßnahmen die einfachste Art, die angestrebten Ziele zu erreichen, und lässt einen möglichst großen Spielraum für die nationale Beschlussfassung.

11.

Da die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Gestaltung und Durchführung der Maßnahmen für die Straßenverkehrssicherheit eine wichtige Rolle spielen, wäre es allerdings wünschenswert, dass die Kommission beziffert, von welchem individuellen Beitrag sie bei jeder einzelnen der sieben Zielvorgaben zu der angestrebten Gesamtverringerung um 50 % ausgeht. Auf diese Weise könnte etwas deutlicher gemacht werden, welche Anstrengungen von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gegebenenfalls erwartet werden.

—   Umsetzung der europäischen Leitlinien für die Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit 2011-2020

12.

Die Kommission stellt im Rahmen der Umsetzung ihrer Leitlinien zwei Grundsätze auf:

Verbesserung des Einsatzes aller Beteiligten durch eine stärkere Regelung

(Weiter-)Entwicklung gemeinsamer Instrumente für die fortlaufende Beobachtung und Bewertung der Effizienz der Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit.

13.

Der AdR nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission eine Verbesserung der fortlaufenden Beobachtung durch Datenerhebung und -analyse anstrebt. Dieser Ansatz ist zu befürworten. In diesem Zusammenhang ist allerdings anzumerken, dass die derzeitige Datenerhebung (CARE-Datenbank) ausschließlich mit mitgliedstaatsbezogenen aggregierten Daten arbeitet. Es gibt keinerlei Aufschlüsselung nach Regionen, obwohl die entsprechenden Informationen in den Mitgliedstaaten im Prinzip relativ leicht zugänglich sind. Für die europäischen Regionen wäre es besonders interessant, die eigenen Ergebnisse mit denen benachbarter bzw. vergleichbarer Regionen im Ausland vergleichen zu können, so wie dies den Mitgliedstaaten untereinander bereits möglich ist. Die Aufnahme und Bereitstellung entsprechender Informationen in der CARE-Datenbank würde daher einen bedeutenden Mehrwert darstellen und regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zudem als Anreiz dienen.

—   Harmonisierung von Verkehrsregeln, Verkehrszeichen, Markierungen und Leitlinien für die Infrastrukturgestaltung

14.

Der AdR stellt fest, dass die in den einzelnen Mitgliedstaaten gehandhabten Normen für Verkehrsregeln, Verkehrszeichen, Markierungen und Leitlinien für die Infrastrukturgestaltung stark voneinander abweichen. Gleichzeitig nimmt der grenzüberschreitende Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten jährlich immer noch weiter zu, sowohl beim Güterverkehr als auch beim privaten und beruflichen motorisierten Individualverkehr. Nach Auffassung des AdR käme es sowohl der Straßenverkehrssicherheit als auch dem freien Verkehr innerhalb der EU zugute, wenn die Straßen in den einzelnen Mitgliedstaaten möglichst nach denselben Grundsätzen und Regeln angelegt und ausgestattet würden, so dass das Straßenbild für jeden Verkehrsteilnehmer auch beim Grenzübertritt in einen anderen Mitgliedstaaten eindeutig und erkennbar ist. Als Leitlinie sollten hier vorhandene bewährte Verfahren genommen werden, und es muss Spielraum für die Abstimmung auf und Anpassung an lokale Gegebenheiten gelassen werden.

Empfehlungen

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

15.

betont die Bedeutung, die dem Thema Straßenverkehrssicherheit beizumessen ist, und unterstützt die Grundsätze, die die Kommission der Aufstellung der strategischen Leitlinien für den Zeitraum 2011-2020 zugrundelegt:

Höhere Standards für die Straßenverkehrssicherheit in ganz Europa anstreben;

Förderung eines integrierten Konzepts für Sicherheit im Straßenverkehr;

geteilte Verantwortung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit;

16.

begrüßt die positiven Ergebnisse des dritten europäischen Aktionsprogramms für Straßenverkehrssicherheit, die sich bei der Ex-post-Bewertung ergeben haben, weist jedoch darauf hin, dass auf den Straßen der Europäischen Union jedes Jahr immer noch 30 000 Menschen ums Leben kommen, was in dieser Größenordnung nicht hinnehmbar ist;

17.

stellt fest, dass die Kommission für den Zeitraum 2011-2020 eine Halbierung der Zahl der Verkehrstoten voraussetzt; hält eine solche Zielsetzung für gerechtfertigt, aber auch für ambitioniert, da im Zeitraum 2001-2009 in den Mitgliedstaaten durchschnittlich eine Verringerung um 36 % erreicht wurde;

18.

begrüßt die neuen Leitlinien für die Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit der Europäischen Kommission und unterstützt die sieben Zielvorgaben sowie die zu ihrer Verwirklichung vorgeschlagenen Maßnahmen;

19.

ersucht die Kommission um nähere Angaben dazu, welcher individuelle Beitrag von den sieben einzelnen Zielvorgaben zur ambitionierten gesamten Halbierung der Zahl der Verkehrstoten bis 2020 erwartet wird;

20.

unterstützt die Idee der Vereinheitlichung der verschiedenen Definitionen schwerer Verletzungen, damit so die Wirksamkeit der Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit besser überwacht und bewertet werden kann;

21.

vertritt die Auffassung, dass auf der Grundlage einer gemeinsamen Definition schwerer und leichterer Verletzungen anschließend analog zur Zielvorgabe für die Verringerung der Zahl der Verkehrstoten eine gemeinsame Zielvorgabe für die Verringerung der Zahl schwerer Verletzungen aufgestellt werden sollte;

22.

unterstreicht die Bedeutung einer Einigung über die Richtlinie zur Erleichterung der grenzübergreifenden Durchsetzung von Verkehrssicherheitsvorschriften. Verkehrsbußgelder und sonstige Sanktionen bei Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung, die nicht grenzübergreifend eingetrieben bzw. durchgesetzt werden können, verlieren an Überzeugungskraft, was auch eine diskriminierende Behandlung nach sich zieht, da es in diesem Fall von der Staatsangehörigkeit des Verkehrssünders abhängt, ob ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung geahndet wird oder nicht;

23.

ruft ferner alle Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie über ein Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrsinfrastruktur vollständig umzusetzen, und schließt sich der Auffassung der Kommission an, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit die in dieser Richtlinie aufgestellten Grundsätze auf alle über EU-Mittel finanzierte Straßenverkehrsinfrastrukturen angewandt werden - unter der Bedingung, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stets berücksichtigt wird, so dass kleinere Vorhaben nicht mit unnötiger Bürokratie oder übermäßigen technischen Anforderungen belastet werden;

24.

vertritt generell und im Sinne des Subsidiaritätsprinzips und der Multi-Level-Governance die Ansicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einerseits in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich ihre eigene Politik für Straßenverkehrssicherheit aufstellen und sich andererseits an den Mechanismen beteiligen sollten, die auf europäischer oder nationaler Ebene für die Durchführung von Initiativen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit aufgestellt wurden;

25.

ist der Ansicht, dass die Zielvorgaben, die in den politischen Leitlinien für den Zeitraum 2011-2020 festgelegt wurden, auf der Ebene der EU, der Mitgliedstaaten sowie auch auf regionaler und lokaler Ebene in alle verkehrsbezogenen Strategiepläne und einschlägigen Verkehrsprojekte aufgenommen werden müssen;

26.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich um eine bessere Erhebung und Auswertung von Unfalldaten zu bemühen. Verbesserungen bei der politischen Gestaltung und bei der Fortschrittsbewertung hängen nicht zuletzt auf lokaler und regionaler Ebene von einem besseren Verständnis von Verkehrsunfällen ab. Die Vorgehensweise der Mitgliedstaaten bei der Datenerhebung und Berichterstattung sollte weiter harmonisiert werden, wie im EU-Forschungsprojekt SafetyNet empfohlen wurde;

27.

empfiehlt der Kommission und den Mitgliedstaaten, die vorhandenen Systeme für die Registrierung von Unfällen durch Polizeibehörden durch Informationen über die Schwere der Verletzungen von Unfallopfern zu ergänzen, die über die Rettungsdienste und Krankenhäuser zur Verfügung stehen;

28.

fordert die Kommission auf, u.a. über die CARE-Datenbank mehr Daten auf regionaler und lokaler Ebene bereitzustellen, damit sich lokale und regionale Gebietskörperschaften mit ähnlichen Gebietskörperschaften im Ausland vergleichen können;

29.

da in vielen Ländern Verkehrsunfälle die häufigste Ursache für arbeitsbezogene Unfälle sind, schlägt er vor, dass die Kommission in ihrem Aktionsprogramm Arbeitgeber des öffentlichen und des privaten Sektors zu einer Politik aufruft, die eine sichere Mobilität als Bestandteil einer umfassenden Sicherheitskultur fördert. Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit im Straßenverkehr sollten in vorhandenen oder neuen Betriebsverkehrsplänen öffentlicher und privater Arbeitgeber auch stärker berücksichtigt werden;

30.

unterstreicht die Bedeutung der Aufnahme der Verkehrserziehung in die Lehrpläne der Schulen während der gesamten Schulpflichtzeit der Schülerinnen und Schüler in allen Mitgliedstaaten;

31.

empfiehlt der Kommission, in den Forschungsrahmenprogrammen auch weiterhin der europaweiten wissenschaftlichen Erforschung der Straßenverkehrssicherheit Aufmerksamkeit zu widmen, insbesondere in Bezug auf folgende Themen:

Potenzielle Vorteile der Internalisierung externer Kosten für die Straßenverkehrssicherheit

Überwachung der Auswirkungen von Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Infrastruktur, Fahrzeugtechnik und Durchsetzung

Ausmaß der Nichtregistrierung von Verkehrsunfällen und Strategien für eine bessere Registrierung

Erforschung erklärender Faktoren für Entstehen und Erklärung der Schwere von Verletzungen bei bestimmten Unfällen;

32.

rät der Kommission, im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs Initiativen zu entwickeln, die zu einer Harmonisierung im Bereich der Verkehrsregeln, Verkehrszeichen, Markierungen zwischen den Mitgliedstaaten führen; schlägt vor, dass die Kommission über ein Grünbuch die öffentliche Debatte über den Entwurf dieser Stellungnahme einleiten könnte;

33.

empfiehlt der Kommission, über die bestehenden und künftigen Forschungsprogramme Initiativen zu ergreifen, um Empfehlungen und Kodizes für bewährte Verfahren für den Bau und die Einrichtung einer in sich sicheren Straßenverkehrsinfrastruktur zu entwickeln, die zu besseren und besser aufeinander abgestimmten Verfahren für die Gestaltung der Straßenverkehrsinfrastruktur in den einzelnen Mitgliedstaaten führen können. Diese Empfehlungen könnten z.B. auf die Anlage von Kreisverkehren, Ein- und Ausfallstraßen, Landstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften, Radwege und Fußgängerüberwege abzielen;

34.

empfiehlt der Kommission, über ein geeignetes internes Gremium die Durchführung des Aktionsprogramms für Straßenverkehrssicherheit zu überwachen. Zu diesem Zweck könnte es hilfreich sein, eine Agentur für Straßenverkehrssicherheit zu errichten oder bestehende Einrichtungen, wie etwa die Europäische Beobachtungsstelle für die Straßenverkehrssicherheit, zu stärken;

Verpflichtung

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

35.

verweist auf die von der Kommission aufgestellte Europäische Charta für Straßenverkehrssicherheit (www.erscharter.eu) und ruft die europäischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Unterzeichnung dieser Charta auf individueller Basis sowie zum Eingehen konkreter Verpflichtungen zur Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich auf.

Brüssel, den 31. März 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


7.6.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 166/35


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Fünfter Kohäsionsbericht“

2011/C 166/07

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

begrüßt, dass die zukünftige Kohäsionspolitik sich auf alle europäischen Regionen unabhängig von deren Entwicklungsstand erstrecken kann, und unterstützt die Schaffung einer neuen Zwischenkategorie von Regionen auf der Grundlage der Gleichbehandlung der Regionen;

möchte bei der Durchführung und Bewertung der Kohäsionspolitik neben dem BIP auch weitere Indikatoren berücksichtigt wissen, um den Entwicklungsstand jeder Region besser dargestellt zu sehen;

spricht sich erneut dafür aus, dass der ESF im Rahmen der Kohäsionspolitik weiterhin in die Strukturfonds integriert bleibt, und ist der Auffassung, dass er gebietsbezogen verwendet werden muss;

wünscht eine nachdrücklichere Verfolgung des Ziels der territorialen Zusammenarbeit, insbesondere in finanzieller Hinsicht, und dringt darauf, dass die Fördermittel für die verschiedenen Programme statt auf nationaler Ebene in Zukunft auf Gemeinschaftsebene aufgeteilt werden;

unterstützt den allgemeinen Grundsatz der Verknüpfung der Kohäsionspolitik und der Ziele der Europa-2020-Strategie, hebt aber hervor, dass sie nicht ausschließlich den Zielen dieser Strategie untergeordnet werden darf, da ihre eigenen Ziele im Vertrag verankert sind;

wünscht die Einbindung des Ziels des territorialen Zusammenhalts durch die Festlegung eines territorialen Schwerpunktes innerhalb des „Katalogs“ der EU zusätzlich zu den Themen im Zusammenhang mit der Europa-2020-Strategie;

unterstützt die Ausarbeitung eines „gemeinsamen strategischen Rahmens“ und schlägt die Einbeziehung der Gebietskörperschaften in allen Mitgliedstaaten in die „Entwicklungs- und Investitionspartnerschaften“ gemäß den Grundsätzen der Multi-Level-Governance vor;

spricht sich gegen die Bestimmungen der sogenannten externen bzw. makroökonomischen Konditionalität sowie gegen den Vorschlag aus, eine leistungsgebundene Reserve zu schaffen; akzeptiert die Notwendigkeit der Schaffung neuer Formen ergebnisgebundener finanzieller Konditionalitäten, sofern die ausgewählten Kriterien allgemein, fair und angemessen sind und auf dem Gleichbehandlungsgrundsatz basieren.

Berichterstatter

:

Michel DELEBARRE (FR/SPE), Bürgermeister von Dünkirchen

Referenzdokument

:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – „Schlussfolgerungen aus dem fünften Bericht über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt: Die Zukunft der Kohäsionspolitik“

KOM(2010) 642 endg.

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

begrüßt die Veröffentlichung des fünften Berichts über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt als eine gute Grundlage für die Diskussion über die Ausrichtung der Kohäsionspolitik nach 2013;

2.

würdigt die umfassende Analyse, die die Europäische Kommission in diesem ersten Kohäsionsbericht seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon vorgenommen hat, insbesondere in Bezug auf die Anerkennung des territorialen Zusammenhalts als eines der zentralen Ziele der Union. Bedauert gleichwohl, dass sich dieser Bericht im Wesentlichen auf Statistiken aus der Zeit vor der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialkrise stützt, die die Europäische Union seit 2008 erlebt; fordert daher, als Grundlage für den kommenden Programmplanungszeitraum statistische Daten aus der Zeit nach der Krise heranzuziehen, und appelliert an den Rat und die Mitgliedstaaten, im politischen und administrativen Bereich alles in ihren Kräften Stehende zu unternehmen, um dieses Ziel zu erreichen. Das macht es umso notwendiger, andere komplementäre Indikatoren neueren Datums zu verwenden, um sich ein Bild vom tatsächlichen Entwicklungsstand der Regionen zu machen, denn das BIP-Wachstum allein spiegelt die eigentliche Wirkung der Krise nicht wider. Der Ausschuss der Regionen hat sich zu dieser Frage bereits in seiner Stellungnahme „Die Messung des Fortschritts über das BIP hinaus“ geäußert. Darin werden zwei allumfassende Indikatoren vorgeschlagen, die kurzfristig verfügbar sein werden, nämlich der umfassende Umweltindex und die regional harmonisierte Sozialumfrage;

3.

begrüßt die Fortschritte der Kohäsionspolitik, die es ermöglicht haben, Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen, das Humankapital zu verbessern, kritische Infrastrukturen für die Gebiete aufzubauen und den Umweltschutz zu verstärken. Er betont, dass die Kohäsionspolitik anerkanntermaßen auch eine Hebelwirkung auf Wettbewerbsfähigkeit und Innovation ausübt, vor allem durch ihre Fähigkeit, das Potenzial der Privatwirtschaft zu mobilisieren;

4.

stellt fest, dass durch die Kohäsionspolitik zwar Fortschritte bei der Verringerung von Unterschieden erzielt wurden, es jedoch immer noch erhebliche Unterschiede zwischen den europäischen Regionen und innerhalb der Regionen gibt, insbesondere in Bezug auf Infrastrukturentwicklung, Einkommen sowie Qualität und Zugänglichkeit öffentlicher Dienstleistungen. Diese Unterschiede werden vor allem durch die differenzierten Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise und der immer dringlicheren Herausforderungen wie Globalisierung, Arbeitslosigkeit (namentlich Jugendarbeitslosigkeit), Bevölkerungsalterung, Klimawandel und Energieabhängigkeit noch verschärft;

5.

dringt daher darauf, die Kohäsionspolitik mit den für ihre Ziele angemessenen Mitteln auszustatten, nämlich Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten, der regionalen und der lokalen Ebene zu stärken, um wieder ein wirkliches wirtschaftliches, soziales und territoriales Gleichgewicht zwischen den europäischen Regionen herstellen zu können;

6.

sieht den europäischen Mehrwert der Kohäsionspolitik vor allem in:

einem solidarischen Ansatz, der in der Förderung einer ausgewogenen Entwicklung in der gesamten EU zum Ausdruck kommt;

einem strategischen Ansatz mithilfe der Feststellung zentraler Ziele, die den Bedürfnissen der Gebiete und der örtlichen Bevölkerung angepasst sind;

einem integrierten Ansatz auf der Grundlage von Synergien zwischen den sektorbezogenen Maßnahmen in einem bestimmten Gebiet;

einem bereichsübergreifenden Ansatz verschiedener Politiken, deren Wirkung sich territorial entfaltet;

einem territorialen Ansatz mithilfe einer Gebietsdiagnose, in der die Stärken und Schwächen jeder Region dargestellt sind;

einem mehrjährigen Ansatz durch die Festlegung kurz-, mittel- und langfristiger Ziele;

einem partnerschaftlichen Ansatz, durch den die gemeinschaftliche, die nationale, die regionale und die lokale Ebene sowie die wirtschaftlichen und sozialen Akteure des Gebiets bei der Erarbeitung und Umsetzung der operationellen Programme zusammengeführt werden;

7.

betont, dass die Kohäsionspolitik dank dieses einheitlichen Ansatzes mehr als jede andere Politik der Europäischen Union geeignet ist, die europäische Integration für die Gebiete und die Bürger sichtbar zu machen, indem sie angemessen und koordiniert auf ihre Bedürfnisse reagiert;

Auf dem Weg zu einer neuen Architektur der Kohäsionspolitik

Eine Kohäsionspolitik für alle Regionen entsprechend ihrem Entwicklungsstand

8.

begrüßt die Bestätigung im fünften Kohäsionsbericht, dass die zukünftige Kohäsionspolitik sich auf alle europäischen Regionen unabhängig von deren Entwicklungsstand erstrecken kann; unterstreicht hierzu die Notwendigkeit, die Strukturfonds vorrangig auf die weniger entwickelten europäischen Regionen zu konzentrieren und zugleich den anderen Regionen die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen und sie dadurch zu einer Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung, sozialen Integration und nachhaltigen Entwicklung anzuregen, um eine harmonische Entwicklung der Union als Ganzes zu fördern;

9.

hält es für erwägenswert, eine neue Zwischenkategorie von Regionen zu schaffen, die zwischen 75% und 90% des Unions-BIP liegen. Dieses System zielt darauf ab, den bei 75% des Unions-BIP zu verzeichnenden Schwelleneffekt (gegenwärtige Grenze der Förderfähigkeit zwischen den Zielen Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit) zu begrenzen und eine Gleichbehandlung dieser Regionen zu gewährleisten. Es gilt, sowohl die Schwierigkeiten der Regionen zu berücksichtigen, die ab 2013 erstmals aus dem Konvergenzziel herausfallen, als auch den Problemen derjenigen Regionen Rechnung zu tragen, die zwar im derzeitigen Programmplanungszeitraum für das Ziel „Wettbewerbsfähigkeit“ in Frage kommen, jedoch weiterhin mit strukturbedingten wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten im Kontext der Durchführung der Ziele der Europa-2020-Strategie sowie mit internen regionalen Ungleichheiten zu kämpfen haben. Die Schaffung dieser Kategorie darf nicht zu Lasten der Regionen gehen, die derzeit im Rahmen des Ziels „Konvergenz“ oder „Wettbewerbfähigkeit“ oder des Phasing-In- und Phasing-Out-Systems gefördert werden;

10.

wiederholt seine Forderung, mit Blick auf die Durchführung und Bewertung der Programme neben dem BIP auch weitere Indikatoren zu berücksichtigen, um den Entwicklungsstand jeder Region und die dort auftretenden spezifischen Probleme des sozialen und territorialen Zusammenhalts (infraregionale Disparitäten, Einkommensabweichungen, Arbeitslosenquote, Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, Zugang zu und Interoperabilität zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln, Umweltqualität, soziales Wohl, Bildungsstand usw.) besser dargestellt zu sehen. Diese neuen, zusätzlichen Indikatoren neben dem BIP sollten bei der Halbzeitbewertung des Programms (nach fünf Jahren) berücksichtigt werden. Fordert die Europäische Kommission deshalb auf, ein Verzeichnis von auf infraregionaler Ebene anwendbaren Indikatoren für territoriale, soziale und umweltbezogene Entwicklung zu erstellen und diesem die Arbeiten von EUROSTAT, ESPON (1) und OECD zugrunde zu legen;

Die Verstärkung eines integrierten Ansatzes

11.

befürwortet den integrierten Ansatz der Kohäsionspolitik zur Stärkung der Komplementarität der einzelnen Fonds (Kohäsionsfonds, EFRE, ESF, ELER, EFF) und zur Erleichterung ihrer Durchführung in einem integrierten Ansatz. Der Ausschuss empfiehlt, den Förderbereich jedes einzelnen Fonds genau festzulegen und klarzustellen, in welcher Beziehung Leistungen aus anderen EU-Instrumenten, beispielsweise in den Bereichen Verkehr oder Umwelt, zu den genannten Fonds sowohl unter strategischen Gesichtspunkten als auch in operationeller Hinsicht stehen. Darüber hinaus sind klare Leitlinien auf europäischer Ebene festzulegen und Koordinationsstrukturen auf nationaler und nachgeordneter Ebene aufzubauen;

12.

wünscht Erläuterungen zu den Durchführungsmodalitäten des Europäischen Sozialfonds, vertritt die Meinung, dass der ESF im Rahmen der Kohäsionspolitik wie bisher in die Strukturfonds integriert bleiben sollte, und hält eine engere Zusammenarbeit zwischen EFRE und ESF für wünschenswert. Der Ausschuss ruft deshalb dazu auf, auf Querfinanzierung zurückzugreifen und aus verschiedenen Fonds (EFRE und ESF) finanzierte operationelle Programme aufzulegen;

13.

ist der Auffassung, dass der ESF, wenn er zu den Zielen der Europa-2020-Strategie beitragen soll, gebietsbezogen verwendet und entsprechend dem auf Gebietsebene (2) festgestellten Bedarf umfassend in den Rahmen der Kohäsionspolitik eingebettet werden muss; begrüßt, dass in den Schlussfolgerungen des belgischen Ratsvorsitzes nach der informellen Tagung (3) der für Kohäsionspolitik zuständigen Minister gefordert wird, „die regionale Dimension des ESF und damit seine Wahrnehmbarkeit zu verstärken“ - und somit auch seine Einbeziehung in regionale sozioökonomische Strategien;

14.

spricht sich dafür aus, die Wahrnehmbarkeit der aus dem ESF finanzierten Projekte durch eine stärker gebietsorientierte Durchführung zu verbessern und die Projekte auf sehr konkrete praktische lokale Erfordernisse zu stützen, um so die Wahrnehmbarkeit der Projekte besser zu gewährleisten, und die bisherige Arbeit im Bereich der Kommunikation und Sensibilisierung zu ergänzen, die im Rahmen der technischen Unterstützung auf gemeinschaftlicher, nationaler und regionaler Ebene finanziert wird;

15.

vertritt die Auffassung, dass der Aufteilung EFRE/ESF ein auf nationaler Ebene festgelegter Prozentsatz zugrunde gelegt werden muss , damit die ESF-Fördermittel in einem Umfang gesichert werden können, der den Aufgaben des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in den jeweiligen Mitgliedstaaten und Regionen angemessen ist. Der Ausschuss schlägt vor, dass die Mitgliedstaaten die Strukturfonds (EFRE und ESF) auf nationaler Ebene im Zusammenwirken mit den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften aufteilen;

16.

ist der Auffassung, dass die Flexibilität zwischen EFRE und ESF, insbesondere im Rahmen der lokalen Entwicklungskonzepte und der integrierten Pläne zur Stadt- und Gemeindeentwicklung (4), zukünftig vor allem über den neuen gemeinsamen strategischen Rahmen gefördert und vereinfacht werden muss. Fordert darüber hinaus die Europäische Kommission auf, in den künftigen Legislativvorschlägen ein analoges System auch für den EFRE und den ELER vorzusehen, um auf der Ebene der ländlichen Gebiete einen stärker integrierten Ansatz zu garantieren;

Eine verstärkte territoriale Zusammenarbeit

17.

unterstützt die Bezugnahme auf die territoriale Zusammenarbeit, deren gegenwärtige Dreierstruktur beibehalten werden sollte, bedauert jedoch, dass diese nicht weiter detailliert wurde; wünscht daher die Verstärkung dieses Ziels durch:

eine Erhöhung der dafür vorgesehenen Fördermittel;

spezifische Regeln, die über eine Erhöhung der technischen Unterstützung auf lokaler Ebene, eine Vereinfachung der Prüf- und Abschlussvorschriften, eine anwendbare und angepasste Pauschalierung der indirekten Kosten, die Festlegung der Regeln für die Zuschussfähigkeit aus Gemeinschaftsmitteln usw. besser an die Programme der territorialen Zusammenarbeit angepasst sind;

Vorschläge, die auf die bessere Steuerung dieser Programme ausgerichtet sind;

18.

dringt darauf, dass die Fördermittel für die Programme der territorialen Zusammenarbeit statt auf nationaler Ebene in Zukunft auf Gemeinschaftsebene aufgeteilt werden. Die Empfänger von Leistungen aus diesen Programmen müssten deutlicher Rechenschaft über die Resultate und den Mehrwert ablegen, den territoriale Kooperationsprojekte in den Regionen durch die Weitergabe von bewährten Verfahrensweisen und Fachwissen erbringen. Der Ausschuss befürwortet einen strategischen und integrierten Ansatz auf der Ebene der Kooperationsräume und unter Ausschluss aller nationalen Erwägungen in Bezug auf einen finanziellen Rückfluss;

19.

ersucht die Kommission, in den künftigen Rechtsvorschlägen zu ermöglichen, dass im Rahmen der Programme für die territoriale Zusammenarbeit Maßnahmen aus dem ESF finanziert werden können, die in seinen Tätigkeitsbereich fallen;

20.

ruft zu einer echten Komplementarität zwischen den drei Zielen der Kohäsionspolitik auf. Das Handeln der EU auf grenzübergreifender, transnationaler und interregionaler Ebene muss das Handeln auf der Ebene der Regionalprogramme ergänzen, die im Rahmen der Ziele „Konvergenz“ und „regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ durchgeführt werden. Ferner kann die Festlegung von Schwerpunkten oder Maßnahmen gefördert werden, die in den Regionalprogrammen speziell auf die territoriale Zusammenarbeit ausgerichtet sind, um besonders die Finanzierung von Strukturprojekten im grenzübergreifenden oder transnationalen Bereich zu gestatten. Gleichzeitig ist eine bessere Koordinierung zwischen den drei Bereichen des Ziels „territoriale Zusammenarbeit“ erforderlich;

21.

unterstreicht die Notwendigkeit eines besseren Ineinandergreifens der Programme der territorialen Zusammenarbeit mit territorialen Strategien, die auf der Grundlage des gemeinsamen Willens der Akteure des Gebiets ausgearbeitet wurden (5); ist daher der Auffassung, dass die transnationalen Programme unterstützend für die makroregionalen Strategien sowie die im Entstehen begriffenen integrierten Meeresstrategien wirken können. Überdies können auch die grenzübergreifenden Programme die derzeitigen Strategien für die Euroregionen und Eurometropolen stärken. Der Ausschuss fordert darüber hinaus eine erhebliche Ausweitung der Entfernungsgrenze von 150 km, die für die Einordnung der Inseln als Grenzregionen gilt;

22.

ruft die Europäische Kommission dazu auf, neue territoriale Partnerschaften durch eine Vereinfachung und Verbesserung der Durchführung von Programmen für interregionale Zusammenarbeit zu erleichtern. Durch eine verbesserte interregionale Zusammenarbeit wird nicht nur ein koordiniertes Vorgehen bei gemeinsamen Problemen sichergestellt, sondern auch gezeigt, dass innovative Lösungen nicht von vorhandenen Gebietsgrenzen beschränkt werden;

23.

bekräftigt, dass der Europäische Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ)  (6) nach wie vor ein wertvolles Instrument ist, um die Kooperationen, namentlich im Rahmen der grenzübergreifenden Zusammenarbeit, zu erleichtern; ist der Auffassung, dass die EVTZ-Verordnung vereinfacht und in der kommenden Programmplanung den während der laufenden Periode gewonnenen Erfahrungen angepasst werden sollte. Diese Vereinfachungen könnten vor allem die auf das Personal und die Besteuerung des EVTZ anzuwendenden Rechtsvorschriften und eine Verkürzung der Dauer der gegenwärtigen Verfahren zum Inhalt haben; befürwortet ferner eine systematischere Gewährung von Globalzuschüssen für den EVTZ, um diesen direkt zur Verwaltungsbehörde der Strukturfonds zu machen;

24.

fordert die Europäische Kommission auf, die derzeitige Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Union zu verbessern. Insbesondere ist es notwendig, die Verfahren zu vereinfachen und für mehr Synergien zwischen den Maßnahmen des EFRE und denen des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (ENPI) und des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) zu sorgen;

25.

betont die große Bedeutung der territorialen Zusammenarbeit für die Regionen in äußerster Randlage, die aufgrund ihrer geografischen Lage an den entlegensten Außengrenzen der EU auf diese Kooperation angewiesen sind; fordert, den Aktionsplan für das größere nachbarschaftliche Umfeld (Grand Voisinage) im Hinblick auf eine bessere regionale Integration dieser Gebiete in ihrem jeweiligen geografischen Umfeld umzusetzen;

Den regionalen Besonderheiten angepasste strategische Prioritäten

Für mehr Flexibilität im Zusammenwirken mit Europa 2020

26.

unterstreicht, dass die Kohäsionspolitik zusammen mit den anderen von der Europäischen Union finanzierten Maßnahmen eine entscheidende Rolle spielen kann und muss, um einerseits ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum entsprechend der Europa-2020-Strategie zu ermöglichen und andererseits eine harmonische Entwicklung der Union zu unterstützen, indem, wie in Artikel 174 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgesehen, die Unterschiede zwischen den europäischen Regionen verringert werden und das allen Regionen innewohnende Potenzial gesteigert wird;

27.

unterstützt den allgemeinen Grundsatz der Verknüpfung der Kohäsionspolitik und der Ziele der Europa-2020-Strategie und ihrer Leitinitiativen im Interesse eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums; ist jedoch der Auffassung, dass im Zeitraum 2007-2013 bereits intensive Anstrengungen auf diesem Gebiet unternommen wurden, die bewertet werden sollten, bevor eine größere Konzentration der Mittel geplant wird;

28.

hebt unter diesem Gesichtspunkt hervor, dass die Kohäsionspolitik nicht ausschließlich der Europa-2020-Strategie und den nationalen Reformprogrammen untergeordnet werden darf, da ihre eigenen Ziele, d.h. die Verringerung der wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Unterschiede zwischen den Regionen der Europäischen Union, im Vertrag verankert sind. Die Kohäsionspolitik muss daher auf der Situation der einzelnen Regionen, ihren Bedürfnissen und ihrem Entwicklungspotenzial aufbauen;

29.

unterstützt den allgemeinen Grundsatz eines gemeinschaftlichen „Katalogs“ großer Schwerpunktthemen, die an die Stelle der derzeitigen Orientierung der Strukturfonds auf restriktiv definierte Ausgabenkategorien treten sollten; hält es gleichwohl nicht für angebracht, die Anzahl dieser auf Ebene der neuen nationalen Entwicklungs- und Investitionspartnerschaften und operationellen Programme auszuwählenden Prioritäten zu sehr zu beschränken, damit die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Übertragung der Ziele der Europa-2020-Strategie auf die territoriale Ebene ausreichend Handlungsspielraum behalten;

30.

ist der Auffassung, dass es nicht Sache der Europäischen Kommission ist, bestimmte Prioritäten vorzugeben, die auf regionaler Ebene in einer die Stärken und Schwächen des Gebiets darstellenden Gebietsdiagnose festgelegt werden müssen; hält es auch nicht für angebracht, die Strukturfonds sämtlich nur auf die Schwerpunkte zu konzentrieren, die die Regionen dann aus dem gemeinschaftlichen Katalog auszuwählen hätten. Diese Festlegung widerspräche dem Prinzip des integrierten Ansatzes, demzufolge eine Entwicklungsstrategie auf einer Investition in verschiedene Sektoren beruht;

31.

fordert die Europäische Kommission daher auf, die Liste der Prioritäten, die in die zukünftigen kohäsionspolitischen Maßnahmen aufgenommen werden sollen, nicht zu eng zu fassen, um sowohl der territorialen, wirtschaftlichen und sozialen Verschiedenartigkeit jeder Region Rechnung zu tragen als auch hinsichtlich des sozialen und territorialen Zusammenhalts über die Ziele der Europa-2020-Strategie hinausgehen zu können;

Für eine echte Ausrichtung auf das Ziel des territorialen Zusammenhalts

32.

befürwortet den Grundsatz einer größeren Flexibilität in der Organisierung der operationellen Programme, um je nach Besonderheit des betreffenden Gebiets oder der funktionalen Räume wie Flussbecken, Bergregionen, Inselgruppen usw. auf den unterschiedlichen territorialen Ebenen (infraregional, regional, multiregional und makroregional) eingreifen zu können. Solche Eingriffe bedürfen jedoch des gemeinsamen Willens der territorialen Akteure, vor allem der Gebietskörperschaften, an einem Projekt mit wirklich territorialer Reichweite zusammenzuarbeiten, ohne dass die Bedeutung der regionalen Ebene dabei in Frage gestellt wird;

33.

wünscht die Einbindung des Ziels des territorialen Zusammenhalts in die neue Struktur der Kohäsionspolitik durch die Festlegung eines territorialen Schwerpunktes innerhalb des „Katalogs“ der EU zusätzlich zu den Themen im Zusammenhang mit der Europa-2020-Strategie, sodass über den territorialen Zusammenhalt eine ausgewogene Raumplanung erreicht werden kann, die der Verflechtung der Regionen und der Gesamtkohärenz der Maßnahmen förderlich ist. Der Ausschuss unterstützt im Übrigen den Vorschlag der Europäischen Kommission, den Regionen mit territorialen Besonderheiten  (7) Rechnung zu tragen;

34.

betont, dass die Regionen in äußerster Randlage weiterhin besondere Aufmerksamkeit erhalten sollten, die ihnen gemäß ihrem besonderen Status nach Artikel 349 des Vertrags von Lissabon zuerkannt wurde; erinnert an die Notwendigkeit, für diese Regionen bestimmte finanzielle Festlegungen zu treffen, um eine Reihe von Nachteilen wie Abgeschiedenheit, Insellage, geringe Ausdehnung, schwieriges Oberflächenrelief und Klima sowie wirtschaftliche Abhängigkeit von wenigen Produkten auszugleichen. Ein solcher Ausgleich erscheint unabdingbar, um für die Regionen in äußerster Randlage den Zugang zum Binnenmarkt zu den gleichen Bedingungen zu sichern, wie er für die anderen europäischen Regionen gilt;

35.

billigt die bessere Berücksichtigung der städtischen Dimension innerhalb der Kohäsionspolitik, indem die Städte und Ballungszentren stärker in alle Gestaltungsphasen der Kohäsionspolitik, von den nationalen Reformprogrammen über Entwicklungs- und Investitionspartnerschaften bis hin zu den operationellen Programmen einbezogen werden; wünscht daher, dass die städtische Dimension in den operationellen Programmen eine angemessene Berücksichtigung findet, und erneuert seinen Wunsch nach vorrangiger Anwendung eines Ansatzes der integrierten Stadtentwicklung; erinnert daran, dass die städtischen Räume sehr oft große wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede aufweisen, auf die die entsprechenden Antworten gegeben werden müssen. Der Ansatz der integrierten Stadtentwicklung kann sich auch auf die im Rahmen der Charta von Leipzig durchgeführten Arbeiten stützen, deren Ziel die Erprobung des neuen gemeinsamen Referenzrahmens der nachhaltigen europäischen Stadt ist. Die Städte müssen als Wachstums- und Entwicklungspole für ihre gesamte Region angesehen werden;

36.

unterstützt den Vorschlag der Europäischen Kommission, den lokalen oder regionalen Mandatsträgern im Rahmen der operationellen Programme eine größere Rolle bei der Ausarbeitung und Umsetzung der Stadtentwicklungsstrategien zu übertragen. Eine solche Eigenverantwortlichkeit und Rechenschaftspflicht der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften muss mit der systematischeren Zuweisung von Globalzuschüssen für die betroffenen Städte, Ballungsräume und Regionen einhergehen. Der Ausschuss der Regionen spricht sich dafür aus, die städtische Dimension im Rahmen der europäischen Kohäsionspolitik beizubehalten. Städte können wichtige Wachstums- und Innovationsmotoren sein. Darüber hinaus kann die Intensivierung von Stadt-Land-Beziehungen den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt der EU in besonderer Weise fördern und zugleich zur Umsetzung der Europa-2020-Strategie beitragen. Zur Erfüllung dieser Funktion sind auch zukünftig Maßnahmen zur sozialen und wirtschaftlichen Stabilisierung und zur nachhaltigen Entwicklung von Städten und städtischen Problembezirken erforderlich. Diese Maßnahmen sollten im Rahmen der regionalen operationellen Programme geplant und umgesetzt werden;

37.

bedauert die fehlende Bezugnahme auf die ländliche Dimension, da die ländlichen Räume und stadtnahen Gebiete mehr als 80% des Gebiets der Europäischen Union einnehmen; fordert die Europäische Kommission auf, der Verbindung zwischen verschiedenen Arten von Kommunen - städtischen Gebieten (Groß- und Kleinstädte) und ländlichen Räumen -, die eine wesentliche Komponente einer integrierten Politik der Regionalentwicklung darstellt, besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Spricht sich im Übrigen dafür aus, der ländlichen Dimension im Rahmen der künftigen Kohäsionspolitik den ihr gebührenden Raum zu geben und sowohl über den Gemeinsamen Strategierahmen als auch in den operationellen Programmen für eine bessere Abstimmung zwischen Maßnahmen des EFRE, des ESF und des ELER und deren größere Synergie zu sorgen; schlägt außerdem vor, das aktuelle Programm URBACT zu einem Programm mit der Bezeichnung RURBACT (8) weiterzuentwickeln, das den Austausch bewährter Verfahren, die Gründung von Netzen mit Ausrichtung auf Probleme des städtischen und ländlichen Raums und die entsprechende Verknüpfung zwischen diesen beiden Dimensionen anregen soll;

38.

regt daher an, in den operationellen Programmen einen territorialen Schwerpunkt festzulegen, um Projekte finanzieren zu können, die als infraregionale territoriale Maßnahmen umgesetzt werden. Der neue Ansatz einer lokalen Entwicklung muss für alle betroffenen Gebiete, unabhängig davon, ob es sich um städtische, halbstädtische oder ländliche Gebiete handelt, der umfassende strategische Rahmen für die infraregionale Entwicklung werden und in die regionalen Programme aufgenommen werden;

39.

bedauert, dass der fünfte Kohäsionsbericht nur ungenügend auf die tendenzielle Verschlechterung bestimmter infraregionaler Unterschiede hinweist. Diese Unterschiede äußern sich in Erscheinungen wie der räumlichen Segregation, die zu einer gewissen Ghettobildung führt, und dem anhaltenden Niedergang einiger abgeschiedener Gebiete. Die eindeutige Belegung mit entsprechenden statistischen Daten und Maßnahmen zur Verringerung dieser infraregionalen Unterschiede könnten dazu beitragen, dem Ziel des territorialen Zusammenhalts auf lokaler Ebene besser Rechnung zu tragen, sofern die Verwaltung auf regionaler Ebene erfolgt;

40.

unterstützt die Notwendigkeit, mehr Aufmerksamkeit auf die Initiativen der lokalen Entwicklung zu lenken, die über eine systematischere Kofinanzierung aus Gemeinschaftsmitteln gefördert werden müssen. Gegebenenfalls sollte ein Teil eines operationellen Programms für Initiativen der lokalen Entwicklung (z.B. Partnerschaften) eingesetzt werden. Das können Ausschreibungen für regionale oder multiregionale Projekte (9) mit dem Ziel sein, einen Kreis öffentlicher Akteure (Mandatsträger lokaler Gebietskörperschaften oder Vertreter öffentlicher Einrichtungen usw.) und privater Akteure (Unternehmen, Wirtschaftskammern, sozialwirtschaftliche Unternehmen, Berufsgenossenschaften, Vereinigungen usw.) zu ermuntern, eine lokale Entwicklungsstrategie auszuarbeiten und umzusetzen, die auf einem integrierten Ansatz (10) beruht; weist darauf hin, dass Initiativen zur lokalen Entwicklung erheblich zur institutionellen Entwicklung der lokalen Gebietskörperschaften beitragen können, wenn sie finanziell gefördert werden, z.B. durch Programme zur technischen Unterstützung;

41.

ist der Auffassung, dass das Ziel des territorialen Zusammenhalts auf alle Politikbereiche der EU anzuwenden ist und sich auf eine Abstimmung zwischen den sektorspezifischen Politiken und der Kohäsionspolitik sowie darauf stützen muss, dass die territorialen Auswirkungen aller Maßnahmen der EU bereits bei ihrer Ausarbeitung stärker berücksichtigt werden; bedauert in diesem Zusammenhang, dass die Europäische Kommission seiner Forderung nach einem Weißbuch zum territorialen Zusammenhalt (11) noch immer nicht nachgekommen ist;

42.

bedauert, dass im fünften Kohäsionsbericht nicht auf die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse Bezug genommen wird, obgleich die untrennbare Verbindung zwischen ihren Aufgaben und dem territorialen Zusammenhalt in Artikel 14 AEUV sowie im Protokoll 26 im Anhang zum Vertrag von Lissabon ausdrücklich anerkannt wird; wiederholt daher seine Forderung, die territorialen Auswirkungen der Maßnahmen der EU auf die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse einer Ex-ante- und Ex-Post-Bewertung zu unterziehen;

Umsetzung der Kohäsionspolitik

Strategischer Ansatz

43.

unterstützt die Ausarbeitung eines gemeinsamen strategischen Rahmens, der den Kohäsionsfonds, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes und den Europäischen Fischereifonds umfasst; spricht sich gleichwohl dafür aus, dass dieser strategische Rahmen vom Rat und dem Europäischen Parlament in Partnerschaft mit dem Ausschuss der Regionen gemeinsam definiert wird. Mit diesem gemeinsamen strategischen Rahmen sollten die Einsatzgebiete und damit die jeweiligen Rollen der verschiedenen Gemeinschaftsfonds in den Regionen der Europäischen Union sowie ihre Verflechtungen sowohl untereinander als auch mit anderen EU-Fonds mit eindeutiger territorialer Dimension und einer engen Beziehung zu den Strukturfonds, wie etwa den transeuropäischen Netzen oder den eventuellen künftigen Fonds für Umwelt und Klima, genauer abgesteckt werden;

44.

ist der Auffassung, dass die jetzigen makroregionalen Strategien als „strategische Rahmenpläne auf makroregionaler Ebene“ fungieren können. Die im Rahmen der operationellen Programme aufgestellten regionalen Strategien (ausgehend von den drei Zielen der Kohäsionspolitik) können sich an die prioritären Schwerpunkte dieser makroregionalen Strategien anlehnen;

45.

verlangt von der Europäischen Kommission Erläuterungen zum Inhalt und den jeweiligen Modalitäten der „Entwicklungs- und Investitionspartnerschaften“, die zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten verhandelt werden sollen; betont die Notwendigkeit, die Grundsätze der Partnerschaft und der Multi-Level-Governance umzusetzen, und befürwortet deshalb , dass die Gebietskörperschaften an der Ausarbeitung, den Verhandlungen und der Durchführung dieser Verträge beteiligt werden müssen, da sie von den operationellen Programmen, die diese Verträge vorsehen, direkt betroffen sind. Die Gebietskörperschaften müssen in die auf nationaler Ebene getroffenen Entscheidungen über die Festlegung der thematischen Prioritäten und die finanziellen Verpflichtungen aus den operationellen Programmen, an denen sie teilnehmen, eingebunden werden;

46.

schlägt vor, dass in den „Entwicklungs- und Investitionspartnerschaften“ sowie den „Territorialpakten für die Umsetzung der Europa-2020-Strategie“ für jeden Mitgliedstaat ein Multi-Level-Governance-System eingeführt wird, das die verschiedenen territorialen Ebenen (europäisch, national, regional und lokal) im Rahmen einer verstärkten Partnerschaft mit den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zusammenführt; fordert, dass auch die Gebietskörperschaften (als an der Kofinanzierung Beteiligte und/oder Mitverwalter der öffentlichen Dienstleistungen) diese Territorialpakte (12) unterzeichnen und voll an ihrer Ausarbeitung, Verhandlung, Umsetzung und Überwachung beteiligt werden. Diese Territorialpakte - ebenso wie der gemeinsame strategische Rahmen - müssen den Kohäsionsfonds, den EFRE, den ESF, den ELER und den EFF umfassen, die Kohärenz mit den nationalen Reformprogrammen gewährleisten und deren Umsetzung auf Gebietsebene fördern;

47.

begrüßt für den jetzigen Zeitraum die Schaffung operationeller Programme als Hauptinstrument zur Verwirklichung der Kohäsionspolitik, erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die Europäische Kommission auf die volle Einbeziehung der Gebietskörperschaften in die Ausarbeitung und Verhandlung wie auch die Umsetzung dieser Programmen achten muss;

48.

unterstützt die Erstellung jährlicher Durchführungsberichte, die, wie dies bereits der Fall ist, eine Rechenschaftslegung über den gesamten Programmplanungszeitraum hinweg ermöglichen; sieht andererseits keinen Nutzen darin, ein neues Bewertungserfordernis im Lauf der Programmdurchführung einzuführen, sobald ein bestimmter Teil der Mittel in der Europäischen Kommission bestätigt worden ist;

49.

unterstützt den Vorschlag der Europäischen Kommission, regelmäßig politische Debatten in den zuständigen Gremien der Organe der EU zu veranstalten; steht der Europäischen Kommission zur Verfügung, wenn anlässlich der Plenartagungen oder zu den Sitzungen der Fachkommission COTER Aussprachen mit seinen Mitgliedern zu organisieren sind;

50.

erachtet es wie die Europäische Kommission für vorrangig, dass sich die für Kohäsionspolitik zuständigen Minister in einer formellen Ratsformation  (13) regelmäßig zu einem Austausch über den Planungsfortgang und zur Bewertung der Fortschritte hinsichtlich der verfolgten Ziele treffen;

Partnerschaften und Governance

51.

ist der Auffassung, dass die Europa-2020-Strategie nur Erfolg haben kann, wenn die verschiedenen Akteure auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene durch ein System der Multi-Level-Governance zusammengeführt werden; bekräftigt in dieser Hinsicht die Notwendigkeit der Schaffung von Territorialpakten, mit denen die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften direkter einbezogen werden können;

52.

erinnert an die Bedeutung strengerer, genauerer Kriterien, die die Anwendung des Prinzips der Partnerschaft mit den Gebietskörperschaften bei der Ausarbeitung, Verhandlung und Umsetzung der strategischen Ziele der Union und der einzelnen Mitgliedstaaten und der operationellen Programme erlauben; begrüßt, dass die Einbeziehung der Gebietskörperschaften wie auch der wirtschaftlichen und sozialen Akteure der Gebiete in die von der Europäischen Kommission vorgenommenen Bewertungen als entscheidender Faktor für den Erfolg der Kohäsionspolitik benannt wird;

Leistungsfähigkeit, Konditionalität, Anreize und Sanktionen

53.

bestärkt die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, für optimale Leistungsfähigkeit ihrer administrativen und institutionellen Kapazitäten zu sorgen und angemessene finanzielle und personelle Ressourcen zu entwickeln, um mit der Komplexität der mit EU-Mitteln geförderten Projekte und vor allem dem damit einhergehenden administrativen und bürokratischen Aufwand zurechtzukommen; betont die Notwendigkeit eines angemessenen Finanzierungsumfangs, um die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auch wirklich in die Lage zu versetzen, an großen, durch die Strukturfonds finanzierten Projekten mitzuwirken;

54.

spricht sich strikt gegen die Bestimmungen der sogenannten externen bzw. makroökonomischen Konditionalität aus, denen zufolge Regionen und Städten die verfügbaren Strukturfondsmittel vorenthalten werden, wenn ihren nationalen Regierungen Fehler oder Unterlassungen angelastet werden oder diese den Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht einhalten. Die Anwendung der an den Stabilitäts- und Wachstumspakt geknüpften Sanktionen oder Anreize, mit denen die Einhaltung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen gewährleistet werden soll, ginge im Wesentlichen zu Lasten der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, die jedoch nicht dafür verantwortlich sind, dass die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen nicht nachkommen (14);

55.

befürwortet die Einführung einer „internen“ Konditionalität zur Verbesserung der Wirkungsfähigkeit der Kohäsionspolitik. Diese Art Konditionalität sollte an die thematischen Prioritäten der Kohäsionspolitik gebunden sein und nicht in den Zusammenhang übergeordneter struktureller Reformen, die die Kohäsionspolitik nur mittelbar betreffen, gestellt werden. Sie sollte auf diejenigen strukturellen und institutionellen Bedingungen abheben, die notwendig sind, um eine optimale Nutzung der Kohäsionsmittel zu gewährleisten. Sie sollte einfach, durchsetzbar und verhältnismäßig sein und im Vorfeld überprüft werden;

56.

unterstützt die Beibehaltung einer europäischen Kofinanzierung, die die Eigenverantwortung und Rechenschaftspflicht der Akteure vor Ort garantiert. Wie bislang sind die Sätze für die gemeinschaftliche Kofinanzierung abhängig vom Entwicklungsstand jeder Region je Ziel zu staffeln; ist aber gegen jegliche Absenkung der Kofinanzierungssätze, die im Falle von Haushaltsbeschränkungen im Ergebnis der interinstitutionellen Vereinbarung über die nächste Finanzielle Vorausschau nicht als Anpassungsvariable dienen dürfen; hat im Übrigen Zweifel an der Differenzierung der Kofinanzierungssätze, wie sie die Europäische Kommission in Abhängigkeit vom gemeinschaftlichen Mehrwert, von den Aktionsarten und den Begünstigten vorgeschlagen hat. Eine Differenzierung birgt die Gefahr komplizierter Abläufe, die zu Unregelmäßigkeiten führen können, und erschwert den Behörden die Verwaltungsaufgabe; erinnert schließlich daran, dass die Kofinanzierungssätze je Schwerpunkt für jedes operationelle Programm festgelegt werden müssen, um den jeweiligen vorrangigen Zielen zu entsprechen;

57.

ist gegen den Vorschlag, eine auf den Zielen der Europa-2020-Strategie beruhende leistungsgebundene Reserve zu schaffen, für die es schwierig sein dürfte, objektive Zuteilungskriterien festzulegen. Eine solche leistungsgebundene Reserve würde möglicherweise den leistungsfähigsten Regionen nützen, jedoch die Anstrengungen von Regionen, die über keine günstigen territorialen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen verfügen, und die Art bestimmter Lösungen, insbesondere komplexer integrierter Lösungen, die eine lange Vorbereitung erfordern, unberücksichtigt lassen. Eine leistungsgebundene Reserve könnte außerdem einige Mitgliedstaaten dazu verleiten, zu wenig ehrgeizige Ziele festzulegen; ist außerdem der Auffassung, dass eine leistungsgebundene Reserve, ganz gleich ob sie auf gemeinschaftlicher oder nationaler Ebene geschaffen würde, keine Gewähr für eine bessere Effizienz der Investition bietet; könnte jedoch die Schaffung einer (nicht auf einem Leistungskriterium beruhenden) Flexibilitätsreserve unterstützen, die auf der im Lauf eines Programmplanungszeitraums automatisch aufgehobenen Mittelbindung beruht und

entweder der Finanzierung experimenteller Initiativen im Bereich des intelligenten, nachhaltigen oder integrativen Wachstums

oder dem Einsatz der Strukturfonds in wirtschaftlichen, sozialen oder ökologischen Krisensituationen, und zwar in Verbindung mit dem Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung und dem Solidaritätsfonds der Europäischen Union dient;

58.

akzeptiert die Notwendigkeit der Schaffung neuer Formen von ergebnisgebundenen (sog. internen) finanziellen Konditionalitäten, hält es jedoch gleichzeitig für die Gewährleistung einer kohärenten Umsetzung des Systems der strukturellen Konditionalitäten für unabdingbar, allgemeine, faire, angemessene und auf dem Gleichbehandlungsgrundsatz basierende Kriterien festzulegen, anhand derer sich eindeutig feststellen lässt, ob eine Bedingung erfüllt ist oder nicht. Die quantifizierten Ziele müssen der strategischen Steuerung der Programmplanung dienen, ohne unverhältnismäßige Mehrkosten zu verursachen. Sie werden mittels einer begrenzten Zahl von Durchführungs- und Ergebnisindikatoren definiert und ermöglichen es, den Fortschritt gegenüber der Ausgangssituation sowie die Realisierung der Ziele bei der Umsetzung der prioritären Schwerpunkte zu messen. Sie dürfen daher nicht zu Sanktionen führen, wenn die erwarteten Ergebnisse nicht voll erreicht wurden. Ganz im Sinne dessen, was die für Kohäsionspolitik zuständigen Minister auf ihrer Tagung am 22./23. November 2010 in Lüttich bekräftigt haben, gelten derzeit wichtige Konditionalitäten, deren Effizienz bereits unter Beweis gestellt wurde. Dies sind insbesondere die Vorschrift der automatischen Aufhebung von Mittelbindungen, die Rechnungsabschlussregeln, die Bestätigung der Kontroll- und Prüfsysteme, die Prinzipien der Zusätzlichkeit und Kofinanzierung usw. Diese internen Konditionalitäten sollten daher beibehalten und verbessert werden;

59.

erinnert daran, dass der Ausschuss der Regionen aufgrund der Gegenleistungen, die die Gebietskörperschaften im Sinne des Kofinanzierungsprinzips erbringen, durchaus legitimiert ist, sich an dem von der Europäischen Kommission gewünschten konstruktiven Dialog zu beteiligen, um die verschiedenen Modalitäten der Konditionalität, die im Fünften Kohäsionsbericht vorgesehen sind, an der Seite der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments im Rahmen einer „Task Force“ zur Konditionalität herauszuarbeiten;

Evaluierung und erwartete Ergebnisse

60.

unterstützt den Vorschlag der Europäischen Kommission, sich mehr an den Ergebnissen zu orientieren, und dazu klare und messbare Ziele und Ergebnisindikatoren heranzuziehen, die entsprechend den spezifischen Zielen jeder Region definiert werden; warnt die Kommission jedoch davor, den Erfolg allein anhand der Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele der Europa-2020-Strategie zu bewerten; erinnert unter diesem Gesichtspunkt daran, dass der Programmplanungszeitraum 2007-2013 mit der Festlegung einer Ex-ante-, einer In-itinere- und einer Ex-post-Bewertung bereits einen diesbezüglichen Fortschritt darstellt, der zunächst ausgewertet werden sollte, bevor dieser Weg weiter verfolgt wird;

61.

unterstützt die Heranziehung einer begrenzten Zahl gemeinsamer, mit den Zielen des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts und der Europa-2020-Strategie verknüpfter Indikatoren, um der Europäischen Kommission über den gesamten Programmplanungszeitraum hinweg die Möglichkeit zu einer umfassenden und dauerhaften Bewertung zu geben. Allerdings muss der größte Teil der Indikatoren auf regionaler Ebene entsprechend den territorialen Besonderheiten jeder Region und den jeweiligen prioritären Schwerpunkten festgelegt werden und die Notwendigkeit einer vorgeschlagenen Lösung für die regionale Entwicklung widerspiegeln;

Finanzierungsinstrumente

62.

unterstützt die Verwendung von Finanzierungsinstrumenten, um die Hebelwirkung der Gemeinschaftsmittel zu erhöhen; bedauert es allerdings, dass die Kommission bei der Festlegung des Rechtsanspruchs auf Beihilfen thematische Einschränkungen vornimmt, und hält es für wünschenswert, die Mitgliedstaaten entscheiden zu lassen, auf welcher Ebene (national oder regional) die Finanzinstrumente am effizientesten eingesetzt werden können. Gleichwohl muss der Einsatz dieser Instrumente vereinfacht und verdeutlicht werden, um

die Beteiligung der EIB und anderer Finanzinstitute der nationalen, regionalen oder lokalen Ebene zu erleichtern;

die Gebietskörperschaften zu ermuntern, diese Instrumente in größerem Maße einzusetzen und ihr reibungsloses Funktionieren zu gewährleisten und

den Bedürfnissen aller Regionen zu entsprechen, und zwar unabhängig von ihrer Größe, da die derzeitigen Instrumente ausschließlich für die Anwendung im größeren Maßstab ausgelegt sind;

63.

hat Vorbehalte gegenüber dem Vorschlag der Europäischen Kommission, die Finanzhilfe für Unternehmen hauptsächlich über die Finanzierungsinstrumente zu lenken, gleichzeitig aber die auf Innovation, Umweltschutz usw. ausgerichteten Zuschüsse zur Kofinanzierung von Beihilfeprogrammen beizubehalten. Die Unterstützung von Unternehmen im Rahmen der Kohäsionspolitik kann nicht ausschließlich über Finanzierungsinstrumente erfolgen, und Zuschüsse bleiben dabei weiterhin notwendig, da nicht alle Maßnahmen über Darlehen finanzierbar sind. Ebenso wenig sind alle Gebietskörperschaften in der Lage, darlehensfinanzierte Projekte durchzuführen. Die Krise hat gezeigt, dass die marktwirtschaftlichen Instrumente während eines konjunkturellen Abschwungs nicht greifen. Es ist Sache der Gebietskörperschaften, ausgehend vom wirtschaftlichen und unternehmerischen Gefüge der jeweiligen Region und unter Berücksichtigung der Wettbewerbspolitik und vor allem der Beihilfen mit regionaler Zielsetzung den geeignetsten Beihilfetyp auszuwählen;

Vereinfachung

64.

ist gegen jede substanzielle Veränderung des jetzigen Systems der Verwaltung der Strukturfonds, wie sie die Europäische Kommission im Rahmen der Neufassung der Haushaltsverordnung vorschlägt; fordert die Europäische Kommission daher auf, das jetzige System, das im Hinblick auf die Verringerung der Zahl der Fehler und Unregelmäßigkeiten erste Früchte trägt, beizubehalten und die erforderlichen Verbesserungen und Vereinfachungen daran vorzunehmen;

65.

weist darauf hin, dass die Wirksamkeit und ein größerer Erfolg der Kohäsionspolitik ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Einfachheit und Effizienz der Verfahren und der finanziellen Verwaltung erfordern, um die Kohäsionspolitik praktikabler und transparenter zu machen; die Anerkennung der uneingeschränkten Zuständigkeiten der Regionen für die Verwaltung und Kontrolle der regionalen operationellen Programme wären ein Teil eines derartigen ausgewogenen Verhältnisses; außerdem sollte der Ausschuss der Regionen Lösungen vorschlagen können, um für die Verwaltungsbehörden die Regeln zur Durchführung der Fonds und für die Begünstigten von Finanzmitteln deren Erhalt weiter zu vereinfachen; fordert auch die Europäische Kommission auf, weitere Überlegungen in Richtung Vereinfachung anzustellen, um insbesondere die Auszahlungsfristen für die Empfänger verkürzen zu können;

66.

fordert die Europäische Kommission auf, hinsichtlich der Zahlung an die Begünstigten sowohl für den EFRE als auch den ESF vereinfachte Methoden in Form der Kostenpauschalierung anzuwenden; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Gebietskörperschaften bei der schnellen Umsetzung dieser Festlegungen, die auch zu einer stärkeren Ausrichtung der Programmplanung an den erwarteten Ergebnissen beitragen, zu unterstützen;

67.

würde im Hinblick auf die Schaffung gemeinsamer Regeln für alle Programme eine Überprüfung der Verfahrensweise bei Programmen zur territorialen Zusammenarbeit begrüßen, sodass auf nationaler Ebene anerkannte Prüfungsverfahren auch für die Partner gelten könnten und die Hauptpartner in anderen Mitgliedstaaten durchgeführte Prüfungen nicht noch einmal überprüfen müssten;

68.

hat Bedenken gegenüber der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Abgabe von Zuverlässigkeitserklärungen, die zwischen den zuständigen Behörden und dem Rechnungshof vereinbart werden sollen. Ein solcher Vorschlag darf nicht dazu führen, die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften durch die Kontroll- und Prüfvorschriften zusätzlich zu belasten und die Europäische Kommission ihrer auswertenden und unterstützenden Aufgabe in diesem Bereich der Verantwortung zu entheben;

69.

betont, dass die Finanzkontrolle und die Prüfungspraxis eindeutig auf der Einhaltung der Rechtsvorschriften basieren müssen und in einem angemessenen Verhältnis stehen sollten; lehnt das Verfahren der „Verordnungen durch die Hintertür“ ab, bei dem die Verwaltungsbehörden dazu „angeregt“ werden, gewisse Bewertungen durchzuführen, für die kein Erfordernis besteht und bei denen die Prüfer standardisierte Prüflisten des Koordinierungsausschusses für die Fonds verwenden, auf denen Punkte stehen, die weder in den Rechtsbestimmungen der EU zu finden sind noch in den nationalen Vorschriften verlangt werden;

70.

begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission, das erste Jahr der Programmplanung von der Vorschrift der automatischen Aufhebung von Mittelbindungen auszunehmen, und spricht sich dafür aus, die Entlastung für dieses erste Jahr erst beim Abschluss des operationellen Programms vorzunehmen. Mit einer solchen Festlegung ließen sich die Verzögerungen ausgleichen, die zu Beginn des Programmplanungszeitraums entstehen. Trotzdem müssen die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten darauf achten, dass die operationellen Programme mit möglichst großem Vorlauf angenommen werden, um die Gefahren einer Anlaufverzögerung am Beginn des Zeitraums zu verringern;

71.

bedauert, dass die Europäische Kommission keine Vereinfachung der Projekte vorschlägt, mit denen Einnahmen erwirtschaftet werden können, da deren komplizierter Berechnungsmodus kontraproduktiv und für potenzielle Projektträger abschreckend erscheint; fordert die Europäische Kommission im Übrigen auf, das System der Bestätigung von Großprojekten zu vereinfachen und zu beschleunigen;

72.

unterstützt die Angleichung der Regeln für die Zuschussfähigkeit der Ausgaben zwischen den Aktionsbereichen, Instrumenten und Mitteln über ausführliche, im Gemeinsamen Strategierahmen enthaltene Bestimmungen und die Umsetzung unmittelbar daraus abgeleiteter Vorschriften, um die Umsetzungsverfahren zu vereinfachen und die Gefahr des Auftretens von Unregelmäßigkeiten auf ein Minimum zu beschränken. Indes ist darauf zu achten, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften an der Aufstellung dieser mit den Mitgliedstaaten verhandelten Zuschussfähigkeitsregeln umfassend beteiligt werden, damit die richtige gemeinsame Auslegung und Anwendung der EU-Verordnungen auf nationaler und regionaler Ebene gewährleistet wird.

Brüssel, den 1. April 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  Beobachtungsnetz für die europäische Raumordnung (ESPON).

(2)  Siehe Stellungnahme zur Zukunft des Europäischen Sozialfonds nach 2013 – CdR 370/2010 (Berichterstatterin: Catiuscia MARINI, IT/SPE).

(3)  Informelle Ministertagung am 22. und 23. November 2010 in Lüttich.

(4)  Siehe Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 über die nachhaltige Stadtentwicklung.

(5)  Siehe Initiativstellungnahme des AdR „Eine Strategie für den geografischen Raum Nordsee/Ärmelkanal“ – CdR 99/2010 fin (Berichterstatter: Hermann KUHN, DE/SPE).

(6)  Siehe Initiativstellungnahme zu den neuen Perspektiven für die Überprüfung der EVTZ-Verordnung - CdR 100/2010 rev. 3 (Berichterstatter: Alberto NÚÑEZ FEIJÓO, ES/EVP).

(7)  Nach Artikel 174 AEUV den „ländlichen Gebieten, den vom industriellen Wandel betroffenen Gebieten und den Gebieten mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen, wie den nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte sowie den Insel-, Grenz- und Bergregionen“.

(8)  Das Programm RURBACT soll auf der Weiterentwicklung und Verstärkung des Programms URBACT aufbauen und die Erfahrungen des Netzes RURACT nutzen, um eine bessere Verknüpfung zwischen der städtischen und der ländlichen Dimension zu herstellen.

(9)  Siehe z.B. die Berücksichtigung des territorialen Zusammenhalts im integrierten Ansatz der Strukturfondsprogrammierung in Italien für den Zeitraum 2000-2006. Diese integrierten Gebietsprogramme erstrecken sich auf sieben NUTS-II-Regionen und die Umsetzung auf infraregionaler Ebene.

(10)  Siehe z.B. die Lokale Aktionsgruppe im Rahmen des Programms LEADER+.

(11)  Siehe die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem „Grünbuch zum territorialen Zusammenhalt“ (Berichterstatter: Jean-Yves LE DRIAN, FR/SPE), CdR 274/2008 fin.

(12)  Die Festlegung der unterzeichnenden Gebietskörperschaften muss jeder Mitgliedstaat in Abhängigkeit von den innerstaatlichen Zuständigkeiten vornehmen.

(13)  Beispielsweise eine besondere, der Kohäsionspolitik vorbehaltene Formation oder auch Sitzungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten, die der Kohäsionspolitik gewidmet sind und an denen die für Kohäsionspolitik zuständigen Minister teilnehmen.

(14)  Stellungnahme des AdR vom 1. Dezember 2010: „Verstärkung der wirtschaftspolitischen Koordinierung“, Berichterstatter: Konstantinos TATSIS (EL/EVP), CdR 224/2010, sowie Entschließung des AdR über die Prioritäten für 2011 vom 2. Dezember 2010, CdR 361/2010 fin (besonders Ziffer 10).


7.6.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 166/45


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Die Zukunft des europäischen Sozialfonds nach 2013“

2011/C 166/08

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

empfiehlt nachdrücklich, dass der ESF seine Eigenschaft als Strukturfonds beibehält, und spricht sich dafür aus, bei der Ausarbeitung und Umsetzung der sektorübergreifenden operationellen Programme, auch solcher im Zusammenhang mit Kooperationsprogrammen, die territoriale Dimension zu stärken;

stellt mit Interesse fest, dass im fünften Kohäsionsbericht auf das Innovationspotenzial lokaler Initiativen verwiesen wird, und würde es sehr begrüßen, wenn der ESF ein fester Bestandteil des im fünften Kohäsionsbericht vorgeschlagenen lokalen Entwicklungsmodells wäre;

ist der Auffassung, dass die Hauptziele des ESF weiterhin darin bestehen müssen, die Eingliederung in den Arbeitsmarkt durch Beschäftigungsmöglichkeiten und ein effizientes Funktionieren der Arbeitsmärkte zu stärken, den Bestand an Arbeitskräften auszubauen und deren Qualifikationen zu verbessern, die Arbeitnehmer dabei zu unterstützen, ihren Arbeitsplatz zu erhalten, sowie Innovationen, Unternehmergeist und Reformen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung zu fördern;

betont nachdrücklich, dass im Rahmen des ESF den übergreifenden Prioritäten (z.B. soziale Inklusion benachteiligter Personen und Bevölkerungsgruppen und Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder des Alters) weiterhin besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Insbesondere muss dabei das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern, d.h. die Chancengleichheit und die Gleichbehandlung am Arbeitsplatz sowie die Bekämpfung der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern, im Vordergrund stehen;

ist der Auffassung, dass Instrumente zum Schutz und zur Sicherung des Einkommens einen Interventionsschwerpunkt des ESF darstellen können, wenn sie an aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen gekoppelt werden. Vertritt die Ansicht, dass die Bereitstellung von Mechanismen zur sozialen Abfederung weiterhin Sache der Mitgliedstaaten bleiben sollte, da die Förderung solcher Maßnahmen dazu führen könnte, dass die Ziele des ESF verfehlt und dessen Wirksamkeit beeinträchtigt würden, weil der Schwerpunkt dann auf Notfallmaßnahmen anstatt auf langfristige Aktionen gelegt würde;

verweist auf die Notlage der Roma-Gemeinschaften, die nicht nur unter sozialer und wirtschaftlicher Ausgrenzung, sondern auch unter räumlicher Segregation und Lebensbedingungen unterhalb üblicher Standards leiden. Diese Notlage muss mit europäischen Instrumenten, die auf lokaler und regionaler Ebene umzusetzen sind, angegangen werden.

Berichterstatterin

Catiuscia MARINI (IT/SPE), Präsidentin der Region Umbrien

I.   ALLGEMEINE BEMERKUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Merkmale, Ziele und Legitimation der Kohäsionspolitik nach 2013

1.

teilt die von der Europäischen Kommission im fünften Kohäsionsbericht (1) zum Ausdruck gebrachte Auffassung, dass sich die Kohäsionspolitik auf alle europäischen Regionen erstrecken und zum einen darauf abzielen muss, die harmonische Entwicklung der Union sowie den Aufholprozess der rückständigen Regionen zu fördern und den Großteil der Mittel für diese Regionen bereitzustellen, zum anderen aber auch darauf, die Wettbewerbsfähigkeit der fortgeschrittenen Regionen zu unterstützen und Partikularismus einzudämmen, der den Interessen der eigenen Region bzw. des eigenen Landes förderlich ist, anderen aber Schaden zufügen kann (beggar your neighbour);

2.

hält folglich eine territorial festgelegte Strategie, die sowohl auf wirtschaftliche Entwicklung als auch soziale Inklusion ausgerichtet ist, als eine wichtige Ergänzung des Binnenmarkts für unentbehrlich, auch um zu verhindern, dass der Binnenmarkt zur Verschärfung territorialer Ungleichgewichte beiträgt. Hält es darüber hinaus für wichtig, in Bezug auf die unterschiedlichen kohäsionspolitischen Ziele Kohärenz und einen integrierten Ansatz sicherzustellen, anstatt diese Ziele einzeln zu verfolgen, wobei jedoch eine klare und ausdrückliche Trennung zwischen den diesbezüglichen Maßnahmen vorzunehmen ist;

3.

spricht sich für eine Kohäsionspolitik aus, die ihre Legitimation und Resonanz bei den europäischen Bürgerinnen und Bürgern zunehmend daraus schöpft, dass sie auf messbare Ergebnisse ausgerichtet ist, wobei das Konzept der Rechenschaftspflicht umfassend umgesetzt wird. Statt bürokratisch vorgefertigter Einheitslösungen sollten Prozesse des Lernens auf lokaler Ebene und eine auf die territorialen Besonderheiten abgestimmte Umsetzung im Vordergrund stehen – gemeinsam mit dem neuen im Vertrag von Lissabon verankerten politischen Ziel der Umsetzung des territorialen Zusammenhalts (2);

4.

hält es in Bezug auf die Gewährleistung der Signifikanz der Maßnahmen für überaus wichtig, ausreichend Finanzmittel bereitzustellen, so dass auch jenen Regionen ein Mindestbetrag zur Verfügung gestellt wird, die statistisch gesehen nicht unbedingt als rückständig einzustufen sind, die jedoch aufgrund von Armutszonen bzw. unterentwickelten Gebieten mit Problemen des inneren Zusammenhalts zu kämpfen haben;

5.

fordert die Einbeziehung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung in den EU-Haushalt, insbesondere um eine raschere Bereitstellung der Mittel zu gewährleisten;

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

Kohäsionspolitik und Ziele der Europa-2020-Strategie

6.

ist der Auffassung, dass die Kohäsionspolitik und die Europa-2020-Strategie aufeinander abgestimmt und kohärent sein müssen. Bereiche, die direkt unterstützt werden, müssen ermittelt werden. Ferner gilt es zu beleuchten, in welchem Verhältnis diese zueinander stehen und inwiefern sie sich ergänzen. Dabei ist im Einklang mit dem Vertrag (3) die Autonomie der Kohäsionspolitik zu wahren, wobei jene Aspekte aufzuwerten sind, die zum Erfolg der Europa-2020-Strategie beitragen können;

7.

unterstreicht nachdrücklich, dass bei der Erreichung dieser Ziele die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften eine ausschlaggebende Rolle spielen, da sie am besten in der Lage sind, die gemeinschaftlichen Politiken festzulegen und umzusetzen, und zwar im Einklang mit einer langfristigen Strategie, die darauf ausgerichtet ist, der Nichtausschöpfung der verfügbaren Mittel und der sozialen Ausgrenzung an spezifischen Orten mithilfe entsprechender Zusatzmaßnahmen und der Multi-Level-Governance entgegenzuwirken;

8.

lehnt jedwede Renationalisierung sowie die Konzentration der Kohäsionspolitik auf bestimmte Sektoren ab. Ein solches Vorgehen erscheint als kohärente und wirksame Unterstützung für die Europa-2020-Strategie ungeeignet und steht zur territorialen Dimension und der Multi-Level-Governance im Widerspruch, die die positiven Werte der besseren Politikgestaltung verkörpert. Diese sind bislang durch die Kohäsion gefördert worden und haben ihre Grundlage im Vertrag. Eine bessere wirtschaftliche Governance und ein stärkerer europäischer Zusammenhalt würden entscheidend zur Bewältigung der Wirtschaftskrise beitragen (4);

Die Rolle des europäischen Sozialfonds im Rahmen der Kohäsionspolitik

9.

hält es für unerlässlich, dass die vorgenannten Ziele des ESF im Rahmen einer europäischen Kohäsionspolitik und im Einklang mit möglichst kohärenten und integrierten Leitlinien verfolgt werden, wobei der territorialen Dimension der gebührende Stellenwert eingeräumt werden muss. Insbesondere müssen Maßnahmen zur Qualifizierung der Arbeitskräfte zwecks Maximierung der Ergebnisse in eine weiter gefasste Entwicklungspolitik eingebettet und mit ihr verzahnt werden;

10.

verweist darauf, dass der ESF angesichts der Wirtschaftskrise noch stärker an Bedeutung gewonnen hat als unersetzbares Instrument, um die Anpassung der Arbeitnehmer und Unternehmen an die veränderte Lage der Konjunktur und der Märkte zu fördern und das Einkommen der von der Krise betroffenen Arbeitnehmer zu sichern; bekräftigt in diesem Zusammenhang, dass es wichtig ist, diese Ziele weiter zu verfolgen. Begrüßt und verweist darüber hinaus erneut auf das vom Europäischen Parlament (5) proklamierte und vom AdR in seiner Stellungnahme zur „Zukunft der Kohäsionspolitik“ (6) bekräftigte Konzept einer europäischen Kohäsionsstrategie, die auf Beschäftigung und soziale Inklusion ausgerichtet ist, sowie die entscheidende Rolle des ESF bei der Förderung der Beschäftigungsfähigkeit und der Armutsbekämpfung, die angesichts der derzeitigen Wirtschaftskrise noch wichtiger und notwendiger ist. Der Mehrjahrescharakter des ESF hat sich für die Gewährleistung der dringend notwendigen Stabilität für die lokale Bevölkerung und die Projektträger gleichermaßen bewährt, insbesondere in Zeiten angespannter Haushaltslage der lokalen Gebietskörperschaften;

Der Mehrwert des ESF gegenüber den anderen nationalen Finanzinstrumenten

11.

empfiehlt nachdrücklich, dass der ESF seine Eigenschaft als Strukturfonds beibehält, und betont, dass er auf europäischer Ebene nunmehr insofern eine Konstante der EU-Maßnahmen ist, als die verschiedenen Mitgliedstaaten trotz unterschiedlicher Rechts- und Finanzrahmen dank des ESF zusätzliche Maßnahmen ergreifen können, die im Rahmen der nationalen Regelungen für gewöhnlich nicht oder nicht in ausreichendem Maße vorgesehen sind. Spricht sich dafür aus, bei der Ausarbeitung und Umsetzung der sektorübergreifenden operationellen Programme, auch solcher im Zusammenhang mit Kooperationsprogrammen, die territoriale Dimension zu stärken;

12.

stellt als wichtigen und spezifischen zusätzlichen Nutzen folgende Punkte heraus:

die größere Flexibilität bei der Verwendung der ESF-Mittel im Vergleich zu nationalen Finanzierungen, die in der Regel zweckgebunden sind. Diese Eigenschaft ist eine der Stärken des ESF und sollte auch im neuen Programmplanungszeitraum beibehalten werden;

die Möglichkeit, Systeme zu reformieren, die die allgemeine und berufliche Bildung und das Arbeitsleben miteinander verknüpfen;

die Möglichkeit, bei allen Arbeitnehmerkategorien, einschließlich Menschen mit Behinderungen, eine kontinuierliche Anpassung der Kompetenzen (insbesondere auf hohem Niveau) zu fördern, da diese die Wahrnehmung einer aktiven Rolle im Wirtschaftssystem erleichtern, wodurch ein wesentlicher Beitrag zur sozialen Inklusion sowie zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Regionen geleistet wird;

die Unterstützung, die aus dem ESF in den Bildungs- und den Forschungssektor fließt und angesichts der heutigen Einschränkungen und Reduzierungen der öffentlichen Ausgaben noch mehr an Bedeutung gewinnt. Diese Unterstützung ist wichtig, um eine umfangreiche Innovationstätigkeit zu gewährleisten, die die Fähigkeiten und den Initiativgeist der Arbeitskräfte fördert;

der zusätzliche qualitativ wichtige Nutzen, der sich aus dem kontinuierlichen Vergleich der unterschiedlichen Erfahrungen ergibt, die auf nationaler Ebene bei der Verwendung des europäischen Sozialfonds im Rahmen der Europa-2020-Strategie gemacht werden, und der die Durchführung vergleichender Bewertungen der nationalen und/oder regionalen Systeme sowie der unterschiedlichen Ansätze ermöglicht;

13.

unterstreicht darüber hinaus, dass es wichtig ist, eine mehrjährige Programmplanung zu gewährleisten, die mit der entsprechenden Sicherheit in Bezug auf die Finanzmittel und die Programmvorgaben einhergeht;

Prioritäre Ziele des ESF im Zusammenhang mit der Europa-2020-Strategie

14.

betont, dass der ESF zu allen drei prioritären Bereichen der Europa-2020-Strategie (7) einen Beitrag leistet, insbesondere zu intelligentem Wachstum und integrativem Wachstum. In Bezug auf die fünf quantitativen Ziele wird im Rahmen des Fonds direkt die Anhebung der Beschäftigungsquote auf 75 % angestrebt sowie – wenn auch weniger direkt – die Reduzierung der Schulabbrecherquote und die allgemeine Armutsbekämpfung durch die Stärkung der politischen Maßnahmen zur Förderung der sozialen Inklusion  (8). Der ESF kann insbesondere zur Umsetzung der folgenden vom Europäischen Rat festgelegten „integrierten Leitlinien zu Europa 2020“ beitragen (9):

 

Leitlinie 7: Erhöhung der Beschäftigungsquote und Abbau der strukturellen Arbeitslosigkeit;

 

Leitlinie 8: Heranbildung von Arbeitskräften, deren Qualifikationen den Anforderungen des Arbeitsmarkts entsprechen, Förderung der Arbeitsplatzqualität und des lebenslangen Lernens;

 

Leitlinie 9: Steigerung der Leistungsfähigkeit der allgemeinen und beruflichen Bildungssysteme auf allen Ebenen und Verbesserung des Zugangs zur Hochschulbildung;

 

Leitlinie 10: Bekämpfung von gesellschaftlicher Ausgrenzung und Armut;

15.

ist insbesondere besorgt über die zunehmende soziale Ausgrenzung, insbesondere von Zuwanderern, die Reduzierung des wirtschaftlichen Werts der Arbeit und der daraus resultierenden Zunahme der in Armut lebenden Erwerbstätigen; betont das größere Arbeitslosigkeits- und damit auch Armutsrisiko der Arbeitnehmer über 50, die abnehmenden Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen, die ungleiche Einkommensverteilung und die damit einhergehende Zunahme der relativen und der absoluten Armutsgebiete; ist sich dessen bewusst, dass die materielle Entbehrung den Zugang nicht nur zu materiellen, sondern auch zu kulturellen und gesellschaftlichen Möglichkeiten einschränkt, die wesentliche Voraussetzungen für die Entwicklung und Entfaltung des vollen persönlichen Potenzials sind. Drängt in diesem Zusammenhang auf ein entschlossene Nutzung des ESF, auch im Einklang mit den Leitinitiativen der Europa-2020-Strategie „Agenda für neue Kompetenzen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten“ und „Europäische Plattform zur Bekämpfung der Armut“;

16.

verweist auf die Notlage der Roma-Gemeinschaften, die nicht nur unter sozialer und wirtschaftlicher Ausgrenzung, sondern auch unter räumlicher Segregation und Lebensbedingungen unterhalb üblicher Standards leiden. Diese Notlage muss mit europäischen Instrumenten, die auf lokaler und regionaler Ebene umzusetzen sind, angegangen werden;

17.

betont – auf der Grundlage der im derzeitigen Programmplanungszeitraum 2007-2013 gewonnenen Erfahrungen mit besonderem Verweis auf die Maßnahmen im Rahmen des Schwerpunkts „soziale Inklusion“ der operationellen Regionalprogramme und der bewährten Verfahren bei der Umsetzung gemeinschaftlicher Initiativen –, dass der ESF darüber hinaus einen wesentlichen Beitrag im Rahmen der Priorität des „integrativen Wachstums“ der Europa-2020-Strategie leisten kann (10); stellt fest, dass im fünften Kohäsionsbericht auf das Innovationspotenzial lokaler Initiativen verwiesen wird, und würde es sehr begrüßen, wenn der ESF ein fester Bestandteil des im fünften Kohäsionsbericht vorgeschlagenen lokalen Entwicklungsmodells wäre. Es ist zweckmäßig, das Potenzial einer Ausweitung der reinen „Bottom-up-Ansätze“ zu beleuchten (z.B. in Anlehnung an LEADER für Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums), wobei der ESF eine Schlüsselrolle spielen könnte;

18.

ist der Auffassung, dass die Hauptziele des ESF weiterhin darin bestehen müssen, die Eingliederung in den Arbeitsmarkt durch Beschäftigungsmöglichkeiten und ein effizientes Funktionieren der Arbeitsmärkte zu stärken, den Bestand an Arbeitskräften auszubauen und deren Qualifikationen zu verbessern, die Arbeitnehmer dabei zu unterstützen, ihren Arbeitsplatz zu erhalten, sowie Innovationen, Unternehmergeist und Reformen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung zu fördern;

19.

sieht die Notwendigkeit eines koordinierten Systems von Dienstleistungen in den Bereichen Arbeit, Bildung, Einkommensstützung und Schlichtung, das im Einklang mit den europäischen Grundsätzen der Flexicurity sowohl den marktbedingten Flexibilitätsanforderungen als auch der Sicherheit und Beschäftigungsfähigkeit Rechnung trägt, die für die Arbeitnehmer unerlässlich sind;

20.

betont nachdrücklich, dass im Rahmen des ESF den übergreifenden Prioritäten (z.B. soziale Inklusion benachteiligter Personen und Bevölkerungsgruppen und Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder des Alters) weiterhin besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Insbesondere muss dabei das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern, d.h. die Chancengleichheit und die Gleichbehandlung am Arbeitsplatz sowie die Bekämpfung der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern, im Vordergrund stehen. Begrüßt und unterstützt in diesem Zusammenhang den Standpunkt des Europäischen Parlaments, wonach im Rahmen des Programms des ESF „grünen“ Arbeitsplätzen für Frauen eine größere Bedeutung beigemessen werden muss. Begrüßt ferner den Vorschlag zur Einführung von auf der Berücksichtigung geschlechterspezifischer Anliegen beruhender Haushaltsansätze im ESF sowie in den Konjunktur- und Strukturanpassungsprogrammen, um sicherzustellen, dass diese Programme Frauen in gleichem Maße ansprechen und einbeziehen (11);

21.

nimmt darüber hinaus zur Kenntnis, dass die Gesellschaft Frauen nach der Geburt eines Kindes keine ausreichenden Möglichkeiten zur beruflichen Wiedereingliederung bietet; ist aus diesem Grund der Auffassung, dass dem ESF eine wesentliche Rolle zukommt, wenn es darum geht, entsprechende Möglichkeiten für den beruflichen Wiedereinstieg von Personen zu schaffen, die aus Gründen der Kindererziehung bzw. der Pflege von Familienangehörigen den Arbeitsmarkt verlassen haben;

22.

ist der Auffassung, dass im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip die zwischen den Mitgliedstaaten, deren Regionen und der Kommission auszuhandelnden Territorialpakte über die in den nationalen Reformprogrammen festgeschriebene Entwicklungsstrategie – ein Instrument zur Förderung des Beitrags der Kohäsionspolitik zur Umsetzung der Ziele der Europa-2020-Strategie darstellen würden. Im Rahmen dieser Pakte, die auf dem gemeinsamen strategischen Rahmen sowie auf vertraglichen Vereinbarungen beruhen, könnten Investitionsprioritäten, die Aufteilung der Finanzmittel der EU und der verschiedenen betroffenen Regierungsebenen (national, regional und lokal) auf die prioritären Sektoren und Programme sowie die entsprechenden Bedingungen und die zu erreichenden Ziele festgelegt werden. Sie sollten sich auf das Konditionalitätsprinzip stützen, das ein Kriterium für die Ex-ante- und die Ex-post-Bewertung der Förderfähigkeit der verschiedenen Maßnahmen ist;

23.

ist der Auffassung, dass es im Hinblick auf eine kohärente, einheitliche und integrative Förderung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts zweckmäßig wäre, den Anwendungsbereich der Pakte auf weitere Politikbereiche und weitere EU-Finanzierungsinstrumente auszuweiten, was eine Stärkung der Programmplanungskapazitäten und der Kenntnis der eigenen Prioritäten der einzelnen Gebietskörperschaften ermöglichen würde;

24.

verweist auf die Europäische Beschäftigungsstrategie und betont die ausschlaggebende Rolle des ESF als Instrument zur Schaffung der für die Umsetzung dieser Strategie erforderlichen Voraussetzungen;

Geografische und thematische Schwerpunkte des Sozialfonds

25.

betont, dass der ESF der einzige Strukturfonds ist, der direkt auf die Bürger ausgerichtet ist: Jugendliche, Arbeitslose, Arbeitnehmer und ältere sowie von sozialer Ausgrenzung bedrohte Menschen. Deshalb müssen die durch den Fonds unterstützten Maßnahmen in allen Regionen der EU umgesetzt werden können, weil dann die einzelnen Bürgerinnen und Bürger davon profitieren, unabhängig davon, in welcher Region sie leben. Der Umfang der Unterstützung wird von folgenden Faktoren abhängen:

Ausmaß der Rückständigkeit der betreffenden Region;

Schwierigkeiten der Arbeitsmärkte mit schwindender Wettbewerbsfähigkeit;

Notwendigkeit, die Innovation in den Regionen anzukurbeln;

Notwendigkeit, Maßnahmen zur Förderung des Humankapitals in den von der Wirtschaftskrise am stärksten betroffenen Gebiete zu unterstützen;

26.

lehnt eine Verteilung der Finanzmittel nach dem Gießkannenprinzip ab und spricht sich dafür aus, zum einen die entwicklungsrelevanten Prioritätsbereiche und zum anderen Maßnahmen zur Unterstützung der am meisten benachteiligten Personen zu fördern, und besonderen Schwerpunkt auf die Anpassungs- und die Beschäftigungsfähigkeit zu legen – im Einklang mit den Zielen der EU im Bereich der nachhaltigen Entwicklung. Dabei sollten ausgehend einer ausführlichen, zielgerichteten und strukturierten Analyse der Bedürfnisse sowie auf der Grundlage der neuen Antizipationsfähigkeit der Behörden und Verwaltungen die Innovationsbereiche, das Umschulungspotenzial sowie die Interventionsschwerpunkte, einschließlich „grüner“ Arbeitsplätze, ermittelt werden;

27.

ist der Auffassung, dass Instrumente zum Schutz und zur Sicherung des Einkommens einen Interventionsschwerpunkt des ESF darstellen können, wenn sie an aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen gekoppelt werden. Vertritt die Ansicht, dass die Bereitstellung von Mechanismen zur sozialen Abfederung weiterhin Sache der Mitgliedstaaten bleiben sollte, da die Förderung solcher Maßnahmen dazu führen könnte, dass die Ziele des ESF verfehlt und dessen Wirksamkeit beeinträchtigt würden, weil der Schwerpunkt dann auf Notfallmaßnahmen anstatt auf langfristige Aktionen gelegt würde; verweist darüber hinaus auf das Erfordernis, dass aus ESF-Mitteln Projekte von Mitgliedstaaten kofinanziert werden, mit denen dringende Beschäftigungsprobleme angegangen werden, z.B. Projekte, die einen nachhaltigen Beitrag zur praktischen Umsetzung der integrierten Leitlinien 7, 8 und 10 zur Europa-2020-Strategie leisten;

28.

verweist darauf, dass das Subsidiaritätsprinzip bei der Festlegung der thematischen und geografischen Schwerpunkte des ESF umfassend berücksichtigt werden muss, bedauert jedoch, dass der ESF in einigen Mitgliedstaaten ausschließlich im Rahmen von nationalen Programmen ohne bzw. mit nur einer geringfügigen regionalen Differenzierung von Maßnahmen durchgeführt wird. Dieses Prinzip ermöglicht die Berücksichtigung der tatsächlichen Bedürfnisse der jeweiligen Akteure und Regionen, die für eine effiziente Planung der Maßnahmen unerlässlich sind. Empfiehlt daher vor dem Hintergrund der gewonnenen Erfahrungen und im Hinblick auf die bestmögliche Nutzung des nicht ausgeschöpften Entwicklungspotenzials auf territorialer Ebene, dass bei der Festlegung des Anwendungsbereichs des künftigen ESF mehr Spielraum für Flexibilität gewährleistet wird, als dies bislang der Fall war, damit die Ziele des ESF auch im Einklang mit der Europa-2020-Strategie besser verfolgt werden können;

29.

betont insbesondere, dass der im Rahmen der Europa-2020-Strategie angestrebte Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft sich nur dann verwirklichen lässt, wenn systematische Maßnahmen zur Verbreitung der Innovation in der Wirtschaft und zur Förderung der Bekanntmachung der Forschungs- und Innovationsergebnisse in den Unternehmen und Regionen (wodurch weitere Kanäle des Technologietransfers von den Universitäten und Forschungszentren zu den Unternehmen erschlossen werden) sowie Maßnahmen zur Förderung der postgradualen Weiterbildung von Forschern ergriffen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Produktionssysteme vor Ort zu stärken;

Komplementarität und Synergien mit den anderen Fonds, insbesondere dem EFRE

30.

bekräftigt die bereits in der Stellungnahme Beitrag der Kohäsionspolitik zur Europa-2020-Strategie zum Ausdruck gebrachte Auffassung, dass ein stärkeres Zusammenwirken der Fonds mit rein territorialem Bezug (ESF und EFRE) erforderlich ist, um neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen bzw. durch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen die Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen. Hält den im fünften Kohäsionsbericht vorgesehenen gemeinsamen strategischen Rahmen für ein ideales Instrument, um die Einheitlichkeit der Ziele und die Integration der Maßnahmen der verschiedenen gemeinschaftlichen Fonds zu gewährleisten und gleichzeitig den Zielen der Europa-2020-Strategie zu entsprechen;

31.

ist darüber hinaus der Ansicht, dass der Territorialpakt als Ausdruck des Partnerschaftsprinzips ein nützliches Instrument zur Stärkung dieser Einheitlichkeit auf der Ebene der Mitgliedstaaten sowie auf der lokalen und regionalen Ebene ist;

32.

betont, dass das auf die Humanressourcen ausgerichtete Ziel des ESF mit den Zielen sowohl des EFRE als auch des ELER und des EFF im Einklang steht und diese ergänzt. Ist der Auffassung, dass sich durch eine einheitliche Planung und eine eng koordinierte Verwaltung optimale Synergien erreichen ließen, wobei die Autonomie der jeweiligen Fonds beibehalten, die Besonderheiten ermittelt und Mindestschwellen für die Zuteilung der Finanzmittel für jeden Fonds festgelegt werden müssen, um ein annehmbares und vernünftiges Gleichgewicht der den einzelnen Fonds zugewiesenen Mittel zu gewährleisten. Die Kommission sollte die Mitgliedstaaten dazu ermutigen, aus den bewährten Verfahrensweisen bei der Integration von EFRE- und ESF-Leistungen auf lokaler Ebene zu lernen. Ein Beispiel ist der gemeinsame Verwaltungsausschuss für den EFRE und den ESF, der Fortschritte darin gebracht hat, die Wirkung der beiden Fonds vor Ort und ihre gegenseitige Komplementarität zu verbessern;

33.

empfiehlt in Bezug auf die Änderungen der förderungswürdigen (und nicht förderungswürdigen) Ausgaben der einzelnen Fonds die Vorschriften für eine Querfinanzierung zu überprüfen, um eine weitere Vereinfachung für die Begünstigten und die Durchführungsorgane zu erreichen;

34.

ist ferner der Auffassung, dass die Öffentlichkeitswirksamkeit des ESF und seine positiven Auswirkungen auf die verschiedenen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systeme maßgeblich gesteigert werden können, wenn ein größerer Schwerpunkt auf die Ergebnisse, die Stärkung der territorialen Dimension, wirksamere Kommunikationsmaßnahmen und stärkere Koppelung an die integrierte regionale Planung gelegt wird. Nach Ansicht des Ausschusses kann die Komplementarität zwischen dem ESF und dem EFRE durch intelligente Kommunikationsmethoden auf der lokalen Ebene gefördert werden, so z.B. indem ein einziges Gremium mit der Kommunikationsstrategie für den EFRE und den ESF betraut wird. Auf diese Weise konnte bereits in einigen Regionen den Partnern verdeutlicht werden, welche Vorteile sich aus Programmstrategien ergeben, die gemeinsame Zielsetzungen haben – ungeachtet der durchaus unterschiedlichen Maßnahmenschwerpunkte;

Vereinfachung und Ergebnisorientierung der Verfahren (delivery system)

35.

ist der Auffassung, dass weniger die Notwendigkeit der Einhaltung formeller Verfahren und die Ziele der Mittelausschöpfung im Vordergrund des Verwaltungs- und Kontrollsystems stehen sollten; vielmehr sollte es zunehmend auf Schlüsselbereiche wie die Prüfung der tatsächlich erzielten Ergebnisse und die Einhaltung der vorgegebenen Fristen für die Umsetzung ausgerichtet werden. In diesem Zusammenhang sollten kontrafaktische Folgenabschätzungen der finanzierten Maßnahmen gefördert werden, um prüfen zu können, was tatsächlich funktioniert und was nicht;

36.

ist der Ansicht, dass in Bezug auf den ESF nach 2013 die Durchführung von Maßnahmen, die im Rahmen der operationellen Programme kofinanziert werden, weiter vereinfacht werden muss. Damit begonnen wurde im Rahmen der derzeitigen Programmplanung mit der Einführung der Förderfähigkeit der Kosten gemäß Art. 11, Abs. 3, Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 (pauschal angegebene indirekte Kosten, Kosten auf der Grundlage von Pauschalsätzen, die anhand von Standardeinheitskosten errechnet wurden, Pauschalbeträge) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 396/2009 geänderten Fassung. Ziel ist es, die Vereinfachung der Verwaltungs- und Kontrollverfahren zu stärken und zu konsolidieren, um die bürokratischen und administrativen Auflagen zu straffen und abzubauen, die die Begünstigten des ESF sowie dessen Verwalter erfüllen müssen. Insbesondere die Einführung von Kontrollverfahren zur Bewertung der quantitativen und qualitativen Ergebnisse der kofinanzierten Maßnahmen als direkte Folge der Einführung der vorgenannten förderfähigen Kosten (Kosten auf der Grundlage von Pauschalsätzen, die anhand von Standardeinheitskosten errechnet wurden, Pauschalbeträge) könnte zu einer wirksameren Nutzung des ESF beitragen;

37.

verweist darauf, dass sich die Auswirkungen der im Rahmen des ESF finanzierten Maßnahmen schwerer messen lassen als andere Maßnahmenkategorien und hält es in diesem Zusammenhang für zweckmäßig, Ergebnisindikatoren aufzustellen und zu nutzen, die eine bessere Beobachtung der Auswirkungen von ESF-finanzierten Maßnahmen ermöglichen würden, und zwar nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bürger, die die unmittelbaren Begünstigten der Maßnahmen sind. Die verwendeten Indikatoren müssen eindeutig definiert werden, einfach zu messen und zu quantifizieren sein und einheitlich angewendet werden;

38.

verweist in diesem Zusammenhang auf die AdR-Stellungnahme Die Messung des Fortschritts über das BIP hinaus  (12), in der die dringende Notwendigkeit betont wurde, das BIP durch Statistiken zur Berücksichtigung wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Aspekte zu ergänzen, einen umfassenden Umweltindex zu erarbeiten und eine harmonisierte Sozialumfrage auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene durchzuführen (13). Bekräftigt, dass die Auswahl und die inhaltliche Gestaltung der Indikatoren in einem Bottom-up-Ansatz unter umfassender Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, der Mitgliedstaaten und der EU im Zuge einer Debatte erfolgen müssen, die es letztlich ermöglichen wird, die Ziele zu erreichen und die Legitimität des politischen Handelns der EU sicherzustellen, weil die Bürger sich stärker mit den Anstrengungen zur Überwindung der Krise, für die Erhaltung der Umwelt und für die Wahrung der Lebensqualität identifizieren können;

39.

ist ferner der Auffassung, dass die quantitative und qualitative Bewertung von Praktikumsmaßnahmen, die im Rahmen von direkten Umfragen durchgeführt und nicht auf der Grundlage von administrativen Informationen extrapoliert werden sollten, ein nachahmenswertes Verfahren ist, das gestärkt werden sollte;

40.

betont, dass im Rahmen der Bewertung der Praktikumsmaßnahmen im Allgemeinen geprüft werden konnte, inwiefern sich die bildungspolitischen Maßnahmen in einem Zeitraum von sechs Monaten bzw. einem Jahr auf die Beschäftigung ausgewirkt haben. In einigen Einzelfällen konnte auch verdeutlicht werden, wie wichtig Bildungs- und/oder Forschungsmaßnahmen sind, die an direkte praktische Erfahrungen in Unternehmen oder Forschungszentren gekoppelt werden;

41.

nimmt die zunehmende Transparenz bei der Umsetzung der gemeinschaftlichen Programme zur Kenntnis, verweist jedoch auch auf den beträchtlichen und oftmals unnötigen Aufwand, der mit hohen Verwaltungskosten und Verspätungen bei der Programmumsetzung einhergeht;

42.

empfiehlt daher, die Kontrollverfahren derart zu gestalten, dass sie die Effizienz der Programme nicht beeinträchtigen und dass der Verwaltungsaufwand der Notwendigkeit einer straffen und wirksamen Durchführung der Programme gerecht wird. Gleichzeitig ist eine ordnungsgemäße und effiziente Verwaltung gemäß klaren und einfachen Regeln zu gewährleisten, die nur einheitlich und nicht widersprüchlich ausgelegt werden können, im Einklang mit den Kriterien der Verhältnismäßigkeit und Kostenwirksamkeit in Bezug auf die festgelegten Ziele;

43.

ist der Auffassung, dass die zuständigen Behörden im Einklang mit den jeweiligen nationalen und regionalen Bestimmungen bei der Festlegung der geeigneten Verfahren mehr Verantwortung erhalten sollten. Dadurch würde die Anzahl der Kontrollebenen reduziert, die objektiv gesehen die technischen und administrativen Verfahren tendenziell beträchtlich verlängern und den Begünstigten mehr Verwaltungsaufwand verursachen.

Brüssel, den 1. April 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  Siehe Stellungnahme des AdR „Fünfter Kohäsionsbericht“, Berichterstatter: Michel Delebarre, CdR 369/2010.

(2)  Siehe Stellungnahme des AdR „Grünbuch zum territorialen Zusammenhalt“, Berichterstatter: Jean-Yves Le Drian, CdR 274/2008 fin.

(3)  Artikel 174 bis 178 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

(4)  Siehe „Weißbuch des Ausschusses der Regionen zur Multi-Level-Governance“, Juni 2009, CONST-IV-020.

(5)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2010 zur Zukunft des Europäischen Sozialfonds.

(6)  Siehe Stellungnahme des AdR „Zukunft der Kohäsionspolitik“, Berichterstatter: Michael Schneider, CdR 210/2009.

(7)  Mitteilung der Kommission EUROPA 2020 - Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum, KOM(2010) 2020 endg.

(8)  Damit könnte auch der Anteil der 30- bis 34-Jährigen mit Hochschulabschluss erhöht werden (indem die Qualität des lebenslangen Lernens auf allen Ebenen verbessert und der Hochschulbesuch gefördert wird).

(9)  Empfehlung für eine Empfehlung des Rates über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union – Teil I der integrierten Leitlinien zu Europa 2020, SEK(2010) 488 endg.

(10)  Ein Beispiel für die praktische Anwendung der Europa-2020-Strategie auf lokaler Ebene ist das Grünbuch „Latium 2020“, das sich auf die gemeinschaftlichen und nationalen Politiken stützt und die Europa-2020-Strategie mithilfe einer Strategie zur Stärkung des Arbeitsmarkts, der den regionalen Besonderheiten, den Kompetenzzentren und den vor Ort vorherrschenden Berufssparten Rechnung trägt, auf der lokalen Ebene umsetzt.

(11)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. September 2010 zu der Weiterentwicklung des Beschäftigungspotenzials einer neuen, nachhaltigen Wirtschaft (2010/2010(INI)).

(12)  Stellungnahme des AdR „Die Messung des Fortschritts über das BIP hinaus“ Berichterstatter: Vicente Álvarez Areces, CdR 163/2010.

(13)  Die Region Umbrien erarbeitete einen multidimensionalen Indikator für Innovation, Entwicklung und sozialen Zusammenhalt, ein Instrument zur Überwachung des Gesetzgebungsverfahrens, und verfügt nunmehr über Instrumente zur Messung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritts der Region (und geht somit über das BIP hinaus). Darüber hinaus entwickelte sie in Anlehnung an den von der Europäischen Kommission erarbeiteten Europäischen Innovationsanzeiger den RUICS (Regione Umbria Innovation & Competitiveness Scoreboard – Innovations- und Wettbewerbsfähigkeitsanzeiger der Region Umbrien), mit dessen Hilfe sie auf der Grundlage von Indikatoren, die ausgehend von früheren Datenbestände bis hin zu den neuesten verfügbaren Daten aktualisiert werden, jedes Jahr die Stellung Umbriens in den Bereichen Innovation und Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu allen anderen italienischen Regionen analysiert.


7.6.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 166/52


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Binnenmarktakte“

2011/C 166/09

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

bedauert zutiefst, dass die drei Säulen hinsichtlich der Zahl und der Art der vorgeschlagenen Maßnahmen, der Präzision ihres Inhalts sowie des Standes ihrer Umsetzung nach wie vor insgesamt unausgewogen sind; fordert die Kommission auf, ihre Vorschläge in Bezug auf die zweite und dritte Säule genauer zu formulieren, indem sie insbesondere Wege für Legislativvorschläge aufzeigt, um den Präzisionsgrad der Vorschläge für die erste Säule zu erreichen;

empfiehlt der Kommission, im Rahmen der Binnenmarktakte alle Neuerungen des Vertrags von Lissabon umzusetzen, die dazu beitragen können, das Vertrauen der Unionsbürger in den Binnenmarkt wiederherzustellen, insbesondere Artikel 3 EUV, der neue soziale Ziele der Union bezüglich der Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Diskriminierungen, der Förderung der Gerechtigkeit und des sozialen Schutzes, der Gleichstellung von Männern und Frauen, der Solidarität zwischen Generationen und des Schutzes der Rechte des Kindes, der Charta der Grundrechte, der Anwendung der „bereichsübergreifenden Sozialklausel“ sowie des allgemeinen Zugangs zu den wesentlichen Diensten für die Unionsbürger in ihrem Lebensumfeld (Artikel 14 AEUV und Protokoll 26) festlegt;

empfiehlt der Europäischen Kommission, auf der Grundlage der Neuerungen des Vertrags von Lissabon für mehr Verständlichkeit zu sorgen, um vor allem „das Vertrauen der Unionsbürger wiederherzustellen“, indem sie in einem ersten Maßnahmenpaket alle Vorschläge zusammenfasst, die den Zugang zu den wesentlichen Dienstleistungen als eine der Alltagssorgen der Unionsbürger betreffen; empfiehlt daher, die Vorschläge zur Umsetzung der Charta der Grundrechte (Nr. 29), zur Reform der Systeme der Anerkennung von Berufsqualifikationen und zur Einführung eines „Europäischen Qualifikationspasses“ (Nr. 33 und 35), zur besseren Umsetzung der Entsenderichtlinie (Nr. 30), zur Vereinfachung der Rechtsvorschriften für das öffentliche Vergabewesen sowie für die Dienste von allgemeinem Interesse (Nr. 17 und 25), zum sozialen Unternehmertum (Nr. 36), zur Beseitigung der steuerlichen Hindernisse für die Bürger (Nr. 42) und zum Zugang zu grundlegenden Bankdienstleistungen (Nr. 40) in dieses erste Maßnahmenpaket aufzunehmen;

schlägt vor, Territorialpakte einzusetzen, bei denen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mit einer flexiblen territorialen Methode ihre Tätigkeit und Finanzmittel auf die Umsetzung der EU-2020-Strategie und ihre Leitinitiativen konzentrieren können. Besondere Beachtung sollte dabei Projekten gelten, mit denen im betreffenden Gebiet gesellschaftliche Innovationen gefördert werden und bei denen die gesellschaftlichen Auswirkungen möglichst groß sind. Die Anwendung solcher Territorialpakte und ihr Inhalt gehören zu den Kriterien, nach denen EU-Mittel auf Projekte verteilt werden sollten.

Berichterstatter

Jean-Louis DESTANS (FR/SPE), Präsident des Generalrats des Departements Eure

Referenzdokument

Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte

KOM(2010) 608 endg.

I.   ALLGEMEINE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt die Initiative der Kommission, eine breite öffentliche Debatte zu einem Vorschlag für eine „Binnenmarktakte“ auf der Grundlage einer in hohem Maße wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft und des Erfordernisses der Zustimmung der Unionsbürger zu diesem Projekt anzuregen; ist der Auffassung, dass diese Mitteilung bis 2014 als Richtschnur der Europäischen Kommission für einen zentralen Bereich der internen Politik der EU dienen muss und dass der in diesem Bereich erreichte Stand die Grundlage für die Bewertung der Bilanz der Kommission bilden wird;

2.

teilt die auf der Grundlage des Berichts von Mario MONTI getroffene Feststellung der Kommission, dass es eine wachsende und besorgniserregende „Entzweiung“ zwischen den Unionsbürgern und dem Binnenmarkt gibt; bekräftigt die absolute Notwendigkeit, dem entgegenzuwirken, indem der Binnenmarkt wirksam umgesetzt wird, und zwar nicht als Selbstzweck, sondern als Instrument der Umsetzung der im Vertrag von Lissabon genannten Ziele;

3.

bestätigt die Auffassung der Kommission, dass der Binnenmarkt es der EU ermöglichen muss, die Globalisierung zu nutzen, neue Perspektiven für Wissen und Innovation auf der Grundlage der digitalen Wirtschaft zu erschließen, ein nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen, um Arbeitsplätze für alle zu schaffen und den sozialen Wohlstand voranzubringen;

4.

billigt demzufolge das Vorgehen der Kommission, das auf einem umfassenden Ansatz gegenüber dem Binnenmarkt basiert und nicht lediglich dem einfachen Ziel dient, fehlende Kettenglieder zu ersetzen;

5.

dringt auf die Beseitigung der Hindernisse für den digitalen Binnenmarkt. Es muss dringend dafür gesorgt werden, dass ein wachsender, aktiver und dynamischer europaweiter Markt für die Schaffung und Verbreitung legaler digitaler Inhalte und Online-Dienste entstehen kann. Das würde die Gründung neuer globalisierter Unternehmen, die Konsolidierung bereits bestehender und in der Folge eine rasche Zunahme von Arbeitsplätzen, die auf der Kultur und dem Wissen in Europa aufbauen und einen größeren Marktanteil der europäischen Unternehmen auf dem Weltmarkt für digitale Inhalte und Dienste ermöglichen;

6.

unterstützt den Ansatz der Kommission, das Gleichgewicht des Binnenmarktes wiederherzustellen, indem er auf drei Säulen gestellt wird: den Bereich Wirtschaft, um das Wachstum der Unternehmen zu fördern; den Bereich Soziales, um das Vertrauen der Unionsbürger wiederherzustellen, und eine verbesserte Governance;

7.

bedauert jedoch zutiefst, dass die drei Säulen hinsichtlich der Zahl und der Art der vorgeschlagenen Maßnahmen, der Präzision ihres Inhalts sowie des Standes ihrer Umsetzung nach wie vor insgesamt unausgewogen sind; fordert die Kommission auf, ihre Vorschläge in Bezug auf die zweite und dritte Säule genauer zu formulieren, indem sie insbesondere Wege für Legislativvorschläge aufzeigt, um den Präzisionsgrad der Vorschläge für die erste Säule zu erreichen;

8.

bekräftigt die Notwendigkeit einer strukturellen Ausgewogenheit zwischen der Binnenmarktakte und der EU-2020-Strategie. So besitzt die Binnenmarktakte nicht den Status einer Plattform wie die EU-2020-Strategie und ist aus der Sicht der Kommission lediglich ein einfacher „Hebel“ der EU-2020-Strategie ebenso wie die Handelspolitik oder die allgemeine finanzielle Unterstützung der Union; im Übrigen ist bedauerlicherweise festzustellen, dass die Wachstumsprioritäten der Unternehmen (ein „starkes, nachhaltiges und faires“ Wachstum) nicht den Wachstumsprioritäten der EU-2020-Strategie entsprechen;

9.

empfiehlt der Kommission, im Rahmen der Binnenmarktakte alle Neuerungen des Vertrags von Lissabon umzusetzen, die dazu beitragen können, das Vertrauen der Unionsbürger in den Binnenmarkt wiederherzustellen, insbesondere Artikel 3 EUV, der neue soziale Ziele der Union bezüglich der Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Diskriminierungen, der Förderung der Gerechtigkeit und des sozialen Schutzes, der Gleichstellung von Männern und Frauen, der Solidarität zwischen Generationen und des Schutzes der Rechte des Kindes, der Charta der Grundrechte, der Anwendung der „bereichsübergreifenden Sozialklausel“ sowie des allgemeinen Zugangs zu den wesentlichen Diensten für die Unionsbürger in ihrem Lebensumfeld (Artikel 14 AEUV und Protokoll 26) festlegt;

Ein starkes, nachhaltiges und faires Wachstum in Partnerschaft mit den Unternehmen

10.

ist der Überzeugung, dass die Voraussetzung für das gute Funktionieren des Binnenmarktes notwendigerweise in der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und der Schaffung sozialer Vorteile für die Unionsbürger besteht;

11.

bedauert, dass der dem Wachstum der Unternehmen gewidmete Teil der Mitteilung anscheinend nur die Privatunternehmen berücksichtigt, während der Aufschwung des Binnenmarktes auch für die Sozialwirtschaft von größter Bedeutung ist. Sowohl die Voraussetzungen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als auch die Voraussetzungen für die Entwicklungsbedingungen der lokalen Kommunalunternehmen sind in den geplanten Maßnahmen zu berücksichtigen;

12.

sieht für den wirtschaftlichen Aufschwung der EU in den Dienstleistungen einen entscheidenden Sektor, auf den mehr als 70 % der Beschäftigung und der gesamten Nettoschöpfung von Arbeitsplätzen im Binnenmarkt entfallen;

13.

unterstreicht, dass die Dienstleistungsrichtlinie einen Beitrag zur Vollendung des Binnenmarktes leistet, dass sich ihre Umsetzung jedoch in mehreren Mitgliedstaaten als schwierig erweist, und ersucht die Kommission, den Prozess der gegenseitigen Evaluierung fortzusetzen und dabei die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als Organisatoren und Erbringer wichtiger Dienstleistungen vor der Erarbeitung jeder neuen gesetzgeberischen Maßnahme in diesem Bereich einzubeziehen;

14.

erinnert an die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und der Kammern bei der Schaffung „einheitlicher Ansprechpartner“ als eines wesentlichen Elements der Dienstleistungsrichtlinie, um den Leistungserbringern den Zugang zu allen sachdienlichen Informationen und die Erledigung sämtlicher Verfahren von einer einzigen Anlaufstelle aus zu ermöglichen;

15.

ersucht die Kommission, vorrangig eine umfangreiche Prüfung der Konsequenzen der Liberalisierung von Dienstleistungen hinsichtlich der Qualität der Dienstleistungen und der Arbeitsplätze, der Sicherheit am Arbeitsplatz, des Qualifikationsniveaus der Arbeitnehmer, des Preises, des territorialen Zusammenhalts und der Zugänglichkeit durchzuführen und auf der Grundlage der Schlussfolgerungen dieser Prüfung im Hinblick auf die Ziele der EU-2020-Strategie einen Aktionsplan vorzuschlagen;

16.

unterstützt den Vorschlag der Kommission, angesichts der besonderen Rolle, die Stiftungen bei der wirksamen Umsetzung einer in hohem Maße wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft spielen, ein Statut der Europäischen Stiftung zu erarbeiten;

17.

begrüßt es, dass die Kommission sich verpflichtet, insbesondere den Bedürfnissen der KMU Rechnung zu tragen, die der Motor für Wachstum und Schaffung von Beschäftigung sowie die Diversifizierung der Arbeitsplätze sind; ersucht allerdings die Kommission, die Anreizinstrumente zur Gründung neuer Unternehmen, insbesondere in den Bereichen Innovation und Technologie, und die Finanzierungsinstrumente für die KMU zu stärken und sich davon zu überzeugen, dass die KMU-Bürgschaftsfazilität gemäß dem Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation auch über den gegenwärtigen Finanzierungszeitraum hinaus beibehalten wird;

18.

verweist mit Nachdruck darauf, dass das Ziel der Verringerung des Verwaltungsaufwands nicht nur den Unternehmen zugutekommt, sondern auch den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften; ersucht die Europäische Kommission, diesem Ziel bei der Erarbeitung ihrer Legislativvorschläge umfassend Rechnung zu tragen, insbesondere hinsichtlich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, der Ausschreibungsverfahren und der Konzessionen gemäß den Grundsätzen der freien Verwaltung der Gebietskörperschaften, der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität; verweist in Bezug auf Vorschläge zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren für das öffentliche Auftragswesen auf die AdR-Stellungnahme zu dem Grünbuch der Kommission „Modernisierung der europäischen Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens“;

19.

begrüßt die Initiativen der Kommission zur besseren Rechtsetzung und Verringerung des Verwaltungsaufwands für Unternehmen insbesondere dank der Arbeit der hochrangigen Arbeitsgruppe unter Leitung von Edmund Stoiber, in die der AdR einbezogen wurde; dabei ist festzuhalten, dass eine bessere Rechtsetzung nicht notwendigerweise den Verzicht auf Rechtsvorschriften bedeutet und dass diese Tätigkeit nicht an die Stelle des demokratischen Prozesses treten darf;

20.

fordert, dass die Bewertung des „Small Business Act“ unter enger Einbindung der Wirtschaftsteilnehmer, der Sozialpartner und der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erfolgt, um vorbildliche Verfahrensweisen auf lokaler und regionaler Ebene herauszuarbeiten; empfiehlt, mit ihrer Unterstützung einen allgemeinen Leitfaden zu erarbeiten, begleitet von einem präzisen Zeitplan und den bereitzustellenden Mitteln, um eine wirksame Umsetzung des SBA trotz seines nicht rechtsverbindlichen Charakters in Übereinstimmung mit den Zielen der EU-2020-Strategie zu ermöglichen; unterstreicht die Bedeutung der Einführung eines Statuts der Europäischen Privatgesellschaft für die konkrete Integration der KMU in den Binnenmarkt;

21.

fordert die Kommission auf, auf dem Gebiet der EU-Steuerpolitik als einem grundlegenden Element eines umfassenden Ansatzes gegenüber dem Binnenmarkt und der Fortsetzung des Aufbauwerks der EU entschlossen voranzuschreiten, insbesondere durch die Klarstellung des geltenden Rahmens im Bereich der Mehrwertsteuer und durch die Vorlage eines Vorschlags für die Umsetzung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), um den Unternehmen das Leben zu erleichtern; begrüßt in diesem Zusammenhang die Absicht der Kommission, im zweiten Halbjahr 2011 einen diesbezüglichen Vorschlag vorzulegen;

22.

pflichtet dem Vorschlag der Kommission bei, wonach der Schutz des geistigen Eigentums ein wesentliches Element für das einwandfreie Funktionieren des Binnenmarktes darstellt; ein wirksamer Schutz des geistigen Eigentums fördert Innovation und Kreativität, Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen; fordert die Kommission auf, eine globale Strategie zum geistigen Eigentum vorzulegen, die eine Voraussetzung für die größtmögliche Verbreitung der Werke und des Wissens unter Achtung der legitimen Urheberrechte ist. In diesem Zusammenhang ist es interessant, z.B. das in der digitalen und kreativen Welt gedeihende Creative Commons-System und sein Lizenzsystem zu untersuchen;

23.

unterstützt die Europäische Kommission, die im Dezember 2010 einen Vorschlag für eine „verstärkte Zusammenarbeit“ zwischen möglichst vielen Mitgliedstaaten zur Einführung eines einheitlichen Patents in der EU vorgelegt hat; dieses einheitliche Patentschutzsystem würde es den Mitgliedstaaten, die dies wünschen, ermöglichen, im Wege eines einzigen, in allen Teilnahmestaaten gültigen Antrags ein Patent zu erwerben; begrüßt den Beschluss des Rates vom 10. März 2011, mit dem die Einleitung einer verstärkten Zusammenarbeit in diesem Bereich genehmigt wird;

24.

unterstreicht, dass es darauf ankommt, schrittweise einen grünen Binnenmarkt für Technologien, Dienstleistungen und Umwelterzeugnisse mit geringem CO2-Ausstoß einzuführen, indem auf EU-Ebene Normen für die CO2-Emissionen entwickelt werden; unterstreicht, dass klare Standards und Kennzeichnungen für Erzeugnisse mit guter Energieeffizienz schrittweise für die gesamte Union verbindlich eingeführt werden müssen. Bei der Aufstellung EU-weiter Normen sind die höheren Kosten zu berücksichtigen, die dies für kleine und mittelständische Unternehmen mit sich bringen kann;

25.

macht deutlich, dass die Vorschläge der Kommission im Verkehrsbereich, insbesondere das geplante Weißbuch zur Verkehrspolitik, sich nicht darauf beschränken dürfen, die festgestellten Resthindernisse zwischen den nationalen Verkehrsträgern und -systemen auszuräumen; es kommt darauf an, auch ein Umweltziel, die Frage der Zugänglichkeit und der Vernetzung des gesamten Territoriums einzubeziehen. Besonderes Augenmerk sollte in diesem Zusammenhang den Regionen in äußerster Randlage gelten, deren Anbindung an die europäischen Hauptachsen und deren Interoperabilität mit und Einbindung in das europäische Netz für die Schaffung eines echten und effektiven Binnenmarktes unverzichtbar ist. Insbesondere sollte der Einsatz der Digitaltechnik in Innovationen für intelligente Verkehrslösungen sowie deren Erprobung und breite Anwendung auf der Grundlage der Testergebnisse gefördert werden;

26.

unterstreicht, dass die transeuropäischen Infrastrukturen nach wie vor zumeist das Ergebnis von Politiken und Ausbauplänen sind, die im nationalen Rahmen der Mitgliedstaaten erstellt werden, und dass sie aus diesem Grunde zu stark den Zwängen des nationalen geografischen Rahmens unterliegen;

27.

erachtet es als äußerst wichtig, projektbezogene EU-Anleihen (Projektbonds) zu emittieren, um große Bauvorhaben mit mittel- oder langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen zu finanzieren; dieser Mechanismus könnte die Transparenz der EU-Interventionen, vor allem aber ihre Effizienz erhöhen; er könnte auch eine bedeutende positive Hebelwirkung auf die Dynamik des Binnenmarktes ausüben und zur Stärkung des territorialen Zusammenhalts beitragen;

28.

unterstreicht jedoch, dass die obligatorischen europäischen projektbezogenen Anleihen (project bonds) die Strukturfonds nicht ersetzen, sondern ergänzen sollten;

29.

fordert die Kommission auf, rasch einen Vorschlag dafür vorzulegen, wie zusammengeschaltete, EU-weite Energieverteilungsnetze realisiert werden können, um auf diese Weise eine zuverlässige Energieversorgung für alle EU-Bürger sicherzustellen. Dabei sollte auch die versorgungsmäßige Abdeckung von Regionen mit geographischen Nachteilen, wie z.B. Insel- und Berggebieten, bedacht werden;

30.

ersucht um eine detailliertere Prüfung des Vorschlags der Einführung von Euro-Anleihen (Eurobonds), die es durch eine teilweise Vergemeinschaftung der öffentlichen Schulden allen Mitgliedstaaten der Eurozone ermöglichen würden, von Zinsen zu profitieren, die den besten derzeitigen Zinssätzen nahekommen, die die Spekulation im Zusammenhang mit Staatsanleihen verringern und zu einem qualitativen Sprung bei der Koordinierung der Haushaltspolitiken führen würden;

31.

ist der Auffassung, dass die Vorschläge im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs und der Online-Ausschreibungen die Frage des Breitbandzugangs und der hochleistungsfähigen Netze sowie die Frage der Finanzierung der Infrastruktureinrichtungen auf dem gesamten Gebiet der Union einbeziehen müssen. Besonderes Augenmerk ist dabei der versorgungsmäßigen Abdeckung der Regionen mit geographischen Nachteilen zu widmen, deren wirtschaftlicher Entwicklung der Ausbau dieser Netze besonders zugute käme;

32.

erinnert daran, dass die Zusammenarbeit zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ein großes Effizienzpotenzial zugunsten der Bürger aufweist; ersucht die Europäische Kommission, die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften unter Wahrung der Grundsätze des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union als eine innerstaatliche Organisationsentscheidung zu betrachten, die nicht den für Ausschreibungen geltenden Vorschriften unterliegt;

33.

unterstreicht, dass für die regionalen und insbesondere die lokalen Gebietskörperschaften das gemeinschaftliche Vergaberecht von großer Bedeutung ist; bedauert, dass die Auslegungsmitteilung über die Vergabe unterhalb der Schwellenwerte leider eine mangelnde Sensibilität der Kommission für die Belange der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erkennen lässt; unterstreicht, dass in künftigen Diskussionen zu diesem Thema Lösungen gefunden werden müssen, um die Rechtssicherheit im Sinne der Gebietskörperschaften zu gewährleisten und die Auswahl- und Ausschreibungsverfahren so transparent und einfach wie möglich zu gestalten, insbesondere dann, wenn die ausschreibende Behörde die Zahl der Bewerber beschränken möchte;

34.

ist der Auffassung, dass die externe Dimension des Binnenmarktes auf der Grundlage des Prinzips der Gegenseitigkeit gestärkt werden muss, um ihn zu einer Art „Basislager“ gegenüber der Globalisierung zu machen und die Unternehmen für den internationalen Wettbewerb zu rüsten; unterstützt deshalb jede Initiative der Kommission in Richtung auf eine Angleichung internationaler Standards an die EU-Standards, vor allem im Sozial- und Umweltbereich, da diese andernfalls als ein Verlust an Wettbewerbsfähigkeit für die Wirtschaft der EU empfunden werden könnten;

35.

fordert, dass die vergaberechtlichen Verpflichtungen, die die EU im Rahmen des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen/WTO eingegangen ist, Eingang in das Gemeinschaftsrecht finden; diese Umsetzung würde zu der Klarheit und Rechtssicherheit beitragen, die für die Vergabestellen unabdingbar sind;

36.

erinnert daran, dass der Binnenmarkt Potenziale für Beschäftigung, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit – gerade in Bezug auf den Handel mit Dienstleistungen – bietet und es, um diese voll zu nutzen, starker unterstützender Strukturpolitiken bedarf; fordert nachdrücklich, diese Dimension zügig in die Akte für die Wiederbelebung des Binnenmarktes zu integrieren und sich dabei auf eine intensivierte Kohäsionspolitik zu stützen, die zugleich eine Politik der Unterstützung der EU-Wettbewerbsfähigkeit ist; sie ist ein unerlässliches Kettenglied des Binnenmarktes, das Instrument zur Angleichung des Lebensstandards nach oben und ein wesentliches Instrument zur Einordnung der Raumentwicklungsstrategien in die in der EU-2020-Strategie definierten politischen Prioritäten der EU;

37.

unterstreicht die Bedeutung der Industrie für die Wirtschaft der EU, die allein 85% der Forschungs- und Entwicklungsausgaben der Unternehmen aufbringt und den wichtigsten Motor für die Nachfrage nach Dienstleistungen darstellt; ersucht die Kommission, dies in ihrem endgültigen Vorschlag für die Binnenmarktakte stärker herauszuarbeiten und die entsprechende Verbindung zu der Leitinitiative zur Industriepolitik im Zeitalter der Globalisierung herzustellen;

38.

ist weiterhin der Auffassung, dass die Wettbewerbspolitik eine entscheidende Rolle für die Fähigkeit der Unternehmen in der EU spielt, sich den Herausforderungen der Globalisierung zu stellen, beispielsweise in Sachen Unternehmensfusionen und -aufkäufe, Unternehmenskooperation, Transfer von Know-how und Technologie, Exportbeihilfen und Innovation sowie hinsichtlich des bürokratischen und administrativen Aufwands für KMU; bedauert, dass in der Mitteilung keinerlei Bezug auf die Wettbewerbspolitik genommen und keine Verbindung zwischen den Zielen der Wettbewerbspolitik und der Binnenmarktakte hergestellt wird; verweist nachdrücklich auf die Notwendigkeit, die Wettbewerbspolitik in den Dienst einer in hohem Maße wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft zu stellen;

39.

ist der Auffassung, dass der Binnenmarkt den unterschiedlichen Regionen Europas nicht in gleichem Maße zugute kommt; davon zeugen die Regionen in äußerster Randlage, die aufgrund der erheblichen Zwänge, mit denen sie konfrontiert sind, größere Schwierigkeiten beim Zugang zu den Vorteilen des Binnenmarkts haben; befürwortet deshalb eine differenzierte Ausgestaltung der europäischen Binnenmarktpolitik gemäß Artikel 349 AEUV, insbesondere hinsichtlich der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und der Klärung des MwSt-Rahmens;

Die Unionsbürger in den Mittelpunkt des Binnenmarktes stellen

40.

bedauert, dass dieser Abschnitt der Mitteilung nicht hinreichend auf die Belange der Unionsbürger in den verschiedenen Bereichen ihres täglichen Lebens (Beschäftigung, Wohnraum, Bildung, Gesundheit, Verkehr...) ausgerichtet ist und dass die Europäische Kommission nicht alle mit den Neuerungen des Vertrags von Lissabon geschaffenen Möglichkeiten ausschöpft;

41.

ist der Auffassung, dass das europäische Modell, vor allem in seiner sozialen Dimension, die Quelle einer langfristigen Wettbewerbsfähigkeit ist: Die Mobilität qualifizierter, motivierter und gesunder Arbeitnehmer, Unternehmer, Arbeitgeber und Forscher wird zunehmend zum Schlüssel für eine langfristige Wettbewerbsfähigkeit auf der Grundlage von Innovation und Qualität;

42.

anerkennt die zentrale Bedeutung von Bildung und Qualifikationen für die Gründung von Unternehmen, die für Wachstum, Arbeitsplätze und soziale Integration - allesamt Voraussetzungen für den Erfolg des Binnenmarktes - sorgen;

43.

unterstützt den Vorschlag, einen Qualitätsrahmen für Praktika zu erarbeiten, die ein entscheidender Faktor für die berufliche Eingliederung junger Menschen und die Mobilität der jungen Unionsbürger sein können. Dieser mit der Unterstützung der Sozialpartner erarbeitete Rahmen sollte ein Mindestkatalog an Rechten und Pflichten in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und den sozialen Schutz sein und Bestimmungen über die Vergütung der Praktikanten oder andere Formen von Ausgleichsleistungen umfassen, die je nach dem im jeweiligen Mitgliedstaat üblichen Einkommensniveau angepasst werden können;

44.

erachtet es als unerlässlich, die Übertragbarkeit und die Anerkennung von Befähigungsnachweisen zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern, ohne jedoch ein einheitliches europäisches Bildungsmodell anzustreben; ist jedoch der Ansicht, dass das Ziel der Europäischen Kommission, eine Modernisierung der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (Richtlinie 2005/36/EG) vorzunehmen, erst nach einer fundierten Evaluierung des bisherigen Systems umgesetzt werden sollte. Ziel muss die Vereinfachung der bestehenden Regeln und die stärkere Integration der Berufe innerhalb des Binnenmarktes sein;

45.

erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass der internationale Wettbewerb und die Orientierung in Richtung einer Wissens- und Dienstleistungswirtschaft neue Herausforderungen hinsichtlich der Kompetenzentwicklung und Bildung mit sich bringen; es gilt zu verhindern, dass durch Arbeitsplätze mit geringem Qualifikations- und Vergütungsniveau letztlich eine neue Kategorie von „armen Arbeitnehmern“ geschaffen wird; deshalb ist es erforderlich, vor allem die sozialen Dienstleistungen auf die Unterstützung der betroffenen Personen zu konzentrieren, indem die allgemeine und berufliche Bildung, eine angemessene Entlohnung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen für alle gewährleistet sowie Maßnahmen zur Erhöhung der sozialen Mobilität ergriffen werden;

46.

unterstreicht, dass es absolut notwendig ist, der Spezifik der Aufgaben der öffentlichen Dienstleistungen Rechnung zu tragen. Der Vorrang, der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, einschließlich der sozialen Dienste als öffentlichen Gütern, gegeben wird, ist das Unterpfand für den Erfolg einer in hohem Maße wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft. Der Ausschuss betont, dass die lokale und regionale Ebene eine strategische Rolle bei der Förderung des Wachstums in Europa spielt - insbesondere aufgrund der Rolle des öffentlichen Sektors auf dieser Ebene, der für 17,2% des EU-BIP und für Investitionen in Höhe von 221 Mrd. EUR steht -, weshalb ihre Entwicklung durch die Europäische Union gefördert werden muss;

47.

erinnert daran, dass das „Protokoll über Dienste von allgemeinem Interesse“ und Artikel 14 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gleichzeitig die Spezifik wie auch die Vielfalt der Dienste von allgemeinem Interesse, einschließlich der sozialen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (SDAI), und die vorrangige Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Erbringung, Durchführung und Organisation dieser Dienste anerkennen, unterstreicht jedoch, dass der breite Handlungsspielraum, über den die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Sinne des Vertrags von Lissabon verfügen müssen, für seine Umsetzung eine sekundärrechtliche Grundlage erfordert, in der das Zusammenspiel mit anderen Gemeinschaftspolitiken festgelegt wird; bedauert diesbezüglich, dass die Kommission noch nicht im Sinne von Artikel 14 AEUV tätig geworden ist und es dem Gerichtshof der Europäischen Union überlässt, sich zu Fragen zu äußern, die es wert wären, dass der Gesetzgeber eine Klärung nach dem Prinzip der demokratischen Kontrolle vornimmt;

48.

erinnert daran, dass das EU-Recht sich in vielfältiger Weise auf die nationalen Sozialleistungssysteme auswirkt; in der Vergangenheit war insbesondere zu beobachten, dass die EU über rechtliche Bestimmungen zur Auftragsvergabe, zum Wettbewerb und zu staatlichen Beihilfen beträchtlichen Einfluss auf die Organisation der kommunalen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ausübte, ohne dass für die Erbringer und die Begünstigten dieser Dienstleistungen echte Rechtssicherheit bestanden hätte;

49.

erinnert daran, dass auf dem vom belgischen EU-Ratsvorsitz veranstalteten Dritten Forum über die sozialen Dienste von allgemeinem Interesse 25 konkrete Vorschläge für die Anpassung des Gemeinschaftsrechts an die Spezifik der Organisation und der Finanzierung dieser Dienste vor allem hinsichtlich der Kontrolle der staatlichen Beihilfen und der Modalitäten des Vertragsabschlusses unterbreitet hat; empfiehlt der Kommission, sich diese Vorschläge zu eigen zu machen, insbesondere im Rahmen der Überarbeitung des Monti-Kroes-Pakets und mit Blick auf eine Vereinfachung des geltenden Gemeinschaftsrechts unter Berücksichtigung des im Wesentlichen lokalen Charakters dieser Dienstleistungen und der hohen Dichte des Netzes der Akteure, die mit der Erbringung vor Ort für die örtliche Bevölkerung befasst sind;

50.

bedauert, dass die Binnenmarktakte keinen Verweis auf das europäische Vereinsstatut enthält, obwohl Vereine insbesondere auf dem Gebiet der sozialen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse wirtschaftliche und soziale Schlüsselakteure sind;

51.

unterstreicht, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU die Konzessionen für die Erbringung von Dienstleistungen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinien über die öffentliche Auftragsvergabe fallen, sondern den allgemeinen Grundsätzen des Vertrags über die Arbeitsweise der EU unterliegen (Verbot der Diskriminierung, Gleichbehandlungsgebot und Transparenz), und dass es öffentlichen Auftraggebern freistehen muss, Dienstleistungen mittels einer Konzession erbringen zu lassen, wenn sie der Auffassung sind, dass die Erbringung der betreffenden gemeinwirtschaftlichen Leistung so am besten sicherzustellen ist, und das Betriebsrisiko - auch wenn es eingeschränkt ist - doch in vollem Umfang übertragen wird (1); ist daher der Ansicht, dass diese Rechtsprechung die Grundlage bietet, die für eine Konsolidierung der Rechtsetzung benötigt wird, um diesen Status quo beizubehalten. Der AdR spricht sich gegen ein einheitliches Verfahren für die Vergabe dieser Konzessionen aus, das die Freiheit der Organisation und Verwaltung der lokalen Gebietskörperschaften insbesondere durch die Umsetzung der gemeinschaftlichen Forderung nach einer entsprechenden vorherigen Bekanntmachung behindern würde;

52.

ist der Auffassung, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der Dienstleistungen nicht zu Sozialdumping führen darf; die vier Freiheiten des Binnenmarktes müssen mit der durch den Vertrag von Lissabon eingeführten Sozialklausel (Artikel 9 AEUV) in Übereinstimmung gebracht werden;

53.

ersucht die Kommission, unverzüglich in Anwendung von Artikel 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und im Sinne von Vorschlag Nr. 29 der Binnenmarktakte vorab eine eingehende Folgenabschätzung hinsichtlich der sozialen Auswirkungen aller Rechtsetzungsvorschläge zum Thema Binnenmarkt vorzunehmen; erklärt sich bereit, die Kommission zu unterstützen, um diese Folgenabschätzungen mit mehr territorialem Fachwissen durchführen zu können, insbesondere durch den Einsatz seiner Europa-2020-Monitoringplattform und seines Netzes für Subsidiaritätskontrolle;

54.

stellt fest, dass die Auslegung und die derzeitige Durchführung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern hinsichtlich der Achtung der Menschenrechte und des Grundsatzes der Freizügigkeit der Arbeitnehmer Probleme aufwerfen; begrüßt, dass sich die Dienststellen der Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern als Beobachtern an einer hochrangigen Expertengruppe beteiligen, in der die aktuellen Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Richtlinie untersucht werden; ist der Auffassung, dass bei der Überarbeitung der Richtlinie die Schlussfolgerungen der hochrangigen Expertengruppe berücksichtigt werden müssen und in Bezug auf die Fälle der zeitweiligen Mobilität der Arbeitnehmer geklärt werden sollte, welches Schutzniveau als angemessen gilt und welcher Handlungsspielraum den Sozialpartnern und den Mitgliedstaaten gelassen werden muss;

Die Instrumente einer guten Binnenmarktgovernance

55.

bedauert die bestehende tiefe Kluft zwischen dem erklärten Ziel der guten Governance und den vorgeschlagenen Maßnahmen. Eine koordinierte Arbeit mit dem Zweck, den Binnenmarkt zu stärken, muss natürlich dem Verhältnis zu der lokalen und regionalen Ebene Rechnung tragen und darf sich nicht hauptsächlich auf die Beziehungen zwischen den nationalen Verwaltungen und der EU-Verwaltung konzentrieren;

56.

unterstreicht, dass den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen des Binnenmarktes eine zweifache Rolle zukommt: dank ihrer Vollmachten, ihrer Kompetenzen und ihrer Politik spielen sie zunächst eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung des Binnenmarktes; weiterhin stehen sie über die verschiedenen Dienstleistungen, die sie für die Bevölkerung erbringen, den Unionsbürgern am nächsten und können somit feststellen, wo der Binnenmarkt auf Unverständnis stößt, und den Erwartungen der Bürger entgegenkommen; die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dürfen also nicht lediglich als absteigender Transmissionsriemen des Binnenmarktes (für die Umsetzung des Binnenmarktes) angesehen werden, sondern ihnen kommt auch die Rolle des aufsteigenden Transmissionsriemens (für die Weitergabe der Erwartungen der Bürger) zu, um zum Gleichgewicht im Binnenmarkt beizutragen und die Zustimmung der Bürger zu gewährleisten; das gilt bei der Festlegung der allgemeinen Strategie für die Wiederbelebung des Binnenmarktes ebenso wie für die spätere Prüfung jedes der 50 Vorschläge, deren Vorlage die Kommission zugesagt hat;

57.

ist der Auffassung, dass die Umsetzung der Binnenmarktakte aufgrund der Vielfalt der Akteure auf den verschiedenen beteiligten Regierungsebenen und der Vielfalt der Regulierungsinstrumente einen geeigneten politischen Raum für die effiziente Anwendung der Grundsätze der Multi-Level-Governance darstellt;

58.

unterstützt die Europäische Kommission in ihrer Absicht, den für die Dienstleistungsrichtlinie geltenden Prozess der gegenseitigen Evaluierung auf andere wesentliche Binnenmarktvorschriften auszuweiten, und erklärt, dass dieser Prozess systematisch auf die beteiligten Partner, auch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für die sie betreffenden Bereiche, ausgedehnt werden muss, um ihn zu einem multilateralen Prozess zu machen; empfiehlt, diesen Prozess vorrangig auf alle Initiativen der Kommission auszuweiten, die die Auftragsvergabe, die Konzessionen für Dienstleistungen, die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die effiziente Umsetzung der Grundrechtecharta und die Mobilität der Arbeitnehmer betreffen;

59.

schlägt die Organisation regionaler Binnenmarktforen vor, die auf die wesentlichen Bedürfnisse der Unionsbürger und die Bedingungen für deren Befriedigung in ihrem jeweiligen Lebensumfeld ausgerichtet sind: Beschäftigung, allgemeine und berufliche Bildung, Wohnraum, Verkehr, Gesundheit u.a.;

60.

ist der Auffassung, dass die Europäischen Verbünde für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) besonders für grenzübergreifende Projekte zur Erprobung innovativer Verfahrensweisen im Bereich Binnenmarkt und Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse der Unionsbürger geeignet sind;

61.

erinnert daran, dass die informellen Instrumente zur Konfliktlösung, insbesondere das SOLVIT-Netz, bei Unternehmen und Bürgern noch zu wenig bekannt sind; es sollte daher eine strukturierte Kommunikationskampagne eingeleitet werden, um KMU und Bürger mit diesen Mechanismen und den von ihnen angebotenen außergerichtlichen Lösungen vertraut zu machen, was auch eine bessere Mittel- und Personalausstattung erfordert;

62.

fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, dem Binnenmarkt-Informationssystem beizutreten, das zum guten Funktionieren des Binnenmarktes beiträgt, indem es Raum für Zusammenarbeit und Austausch zwischen den Behörden der verschiedenen Mitgliedstaaten bietet, und legt der Kommission nahe, die Anwendungen dieses Systems über die Dienstleistungsrichtlinie und die Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen hinaus auszuweiten;

II.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

Für einen Pakt zur Bewältigung der anstehenden großen strategischen Herausforderungen

63.

ist der Auffassung, dass der strategische Charakter der anstehenden Herausforderungen es erforderlich macht, noch über die Vorschläge der Kommission hinauszugehen und, wie Mario Monti in seinem Bericht an Kommissionspräsident Barroso angeregt hat, einen echten Pakt zwischen sämtlichen Institutionen der EU, den Mitgliedstaaten, ihren Gebietskörperschaften, den Unionsbürgern und ihren Unternehmen zu schmieden, um gemeinsam eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft aufzubauen, die allein in der Lage ist, nachhaltige Antworten zu geben;

64.

regt an, diesen Pakt auf der Grundlage der in den Verträgen verankerten Grundsätze des Gleichgewichts zwischen der wirksamen Ausübung der Grundfreiheiten des Binnenmarktes, der Garantie der Grundrechte der Unionsbürger, der Achtung der Grundsätze des Zusammenhalts und der Solidarität zwischen den europäischen Völkern und der ordnungsgemäßen Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse nach den Vorgaben der öffentlichen Verwaltungen, einschließlich der Gebietskörperschaften, die den Zugang aller zu wesentlichen Dienstleistungen gewährleisten, zu errichten;

65.

ist der Auffassung, dass die Verständlichkeit dieses Paktes für die Unionsbürger und ihre KMU notwendig ist und dass die Kommission deshalb in ihrem Paket der 50 Vorschläge Leitinitiativen definieren sollte, um ihre Wahrnehmung durch die Unionsbürger und die KMU, insbesondere hinsichtlich der realen Auswirkungen auf ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen im Alltag, in ihrem Lebens- und Tätigkeitsbereich, zu erhöhen;

66.

schlägt vor, die Leitinitiativen einer speziellen Bewertung hinsichtlich der Umsetzung und der realen Folgen für das Leben der Unionsbürger und der KMU zu unterziehen und eine öffentlichkeitswirksame Kommunikationsaktion für diesen Pakt und die wichtigsten Bereiche seiner Umsetzung durchzuführen;

67.

empfiehlt der Europäischen Kommission, auf der Grundlage der Neuerungen des Vertrags von Lissabon für mehr Verständlichkeit zu sorgen, um vor allem „das Vertrauen der Unionsbürger wiederherzustellen“, indem sie in einem ersten Maßnahmenpaket alle Vorschläge zusammenfasst, die den Zugang zu den wesentlichen Dienstleistungen als eine der Alltagssorgen der Unionsbürger betreffen; empfiehlt daher, die Vorschläge zur Umsetzung der Charta der Grundrechte (Nr. 29), zur Reform der Systeme der Anerkennung von Berufsqualifikationen und zur Einführung eines „Europäischen Qualifikationspasses“ (Nr. 33 und 35), zur besseren Umsetzung der Entsenderichtlinie (Nr. 30), zur Vereinfachung der Rechtsvorschriften für das öffentliche Vergabewesen sowie für die Dienste von allgemeinem Interesse (Nr. 17 und 25), zum sozialen Unternehmertum (Nr. 36), zur Beseitigung der steuerlichen Hindernisse für die Bürger (Nr. 42) und zum Zugang zu grundlegenden Bankdienstleistungen (Nr. 40) in dieses erste Maßnahmenpaket aufzunehmen;

68.

schlägt vor, neben dem oben genannten für alle Akteure anzuwendenden Pakt Territorialpakte einzusetzen, bei denen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mit einer flexiblen territorialen Methode ihre Tätigkeit und Finanzmittel auf die Umsetzung der EU-2020-Strategie und ihre Leitinitiativen konzentrieren können. Besondere Beachtung sollte dabei Projekten gelten, mit denen im betreffenden Gebiet gesellschaftliche Innovationen gefördert werden und bei denen die gesellschaftlichen Auswirkungen möglichst groß sind. Die Anwendung solcher Territorialpakte und ihr Inhalt gehören zu den Kriterien, nach denen EU-Mittel auf Projekte verteilt werden sollten;

69.

ist der Ansicht, dass die Kommission auf der Grundlage von Artikel 349 AEUV zusätzliche und realistische Überlegungen anstellen sollte, die den Nachteilen und Schwierigkeiten Rechnung tragen, denen die Regionen in äußerster Randlage ausgesetzt sind, wenn sie am europäischen Binnenmarkt teilhaben, seine Vorteile nutzen und die Ziele der Europa-2020-Strategie erreichen möchten.

Brüssel, den 1. April 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  Urteil in der Rechtssache C-206/08 vom 10. September 2009, Randnummern 72-75.


III Vorbereitende Rechtsakte

Ausschuss der Regionen

89. Plenartagung am 31. März/1. April 2011

7.6.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 166/59


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Saisonale Beschäftigung und konzerninterne Entsendung“

2011/C 166/10

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

betont, dass für Arbeitnehmer aus Drittländern auf dem EU-Gebiet Rechtssicherheit und Legalität und eine gerechte und gleiche Behandlung sicherzustellen sind;

betont, dass Migration eng mit Entwicklung verknüpft ist, und hält fest, dass die Abwanderung qualifizierter Arbeitnehmer sich nicht negativ auf die Wirtschaft von Entwicklungsländern auswirken sollte („Brain Drain“). Daher begrüßt er es, dass mit den Richtlinien die zirkuläre Migration gefördert wird, die sich sowohl auf die Arbeitsmärkte der Mitgliedstaaten als auch auf die Entwicklung in den Herkunftsländern positiv auswirken könnte;

nimmt mit Interesse die Prüfungsverfahren einzelstaatlicher Parlamente für die beiden Vorschläge sowie die darin geäußerten Ansichten und Argumente zur Kenntnis; erachtet nach eigener Analyse beide Vorschläge als mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar; unterstreicht, dass der Mehrwert der Gesetzgebung auf europäischer Ebene insbesondere darin bestehen muss, einen Wettlauf zwischen den unterschiedlichen nationalen Systemen um das niedrigste Schutzniveau für Saisonarbeitnehmer und konzernintern entsandte Arbeitnehmer zu verhindern;

bekräftigt die Bedeutung des vertraglich verankerten Rechts der Mitgliedstaaten, die Zahl der zugelassenen Drittstaatsangehörigen festzulegen, und betont gleichzeitig, dass die Mitgliedstaaten in Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip und dem Prinzip der Multi-Level-Governance die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Entscheidung darüber einbeziehen müssen, wie viele Migranten in ihrem Hoheitsgebiet aufgenommen werden und über welche beruflichen Qualifikationen diese verfügen sollten;

mahnt an, bei beiden Richtlinien darauf zu achten, dass der Grundsatz der Gemeinschaftspräferenz gewahrt bleibt;

ist überzeugt, dass Saisonarbeit und konzerninterne Entsendungen einen wichtigen Beitrag zur Erholung einiger Wirtschafts- und Produktionssektoren in Europa leisten können.

Berichterstatter

Graziano Ernesto MILIA (IT/SPE), Präsident der Provinz Cagliari

Referenzdokumente

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen einer konzerninternen Entsendung

KOM(2010) 378 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zwecks Ausübung einer saisonalen Beschäftigung

KOM(2010) 379 endg.

I.   ALLGEMEINE BEMERKUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt die beiden Richtlinienvorschläge der Europäischen Kommission in Bezug auf die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Saisonarbeitnehmern aus Drittstaaten und für konzerninterne Entsendungen von Drittstaatsangehörigen; unterstreicht jedoch, dass beide Vorschläge im Lichte der derzeitigen Debatte über die legale Migration innerhalb der EU zu betrachten sind und dass ein diesbezüglich kohärenter Politikansatz, bei dem auch die sozialen Aspekte des Phänomens Berücksichtigung finden, wesentlich ist, um Rechtssicherheit zu schaffen sowie Gleichbehandlung und die Achtung der Grundrechte zu gewährleisten;

2.

macht die Kommission auf die Notwendigkeit aufmerksam, Phänomenen der illegalen Einwanderung und jeglicher Art illegaler Beschäftigung und Ausbeutung von Drittstaatsanghörigen auf EU-Gebiet entgegenzuwirken. Der Ausschuss der Regionen erachtet es für unverzichtbar, Drittstaatsangehörigen, die legal in der EU beschäftigt sind, Arbeits- und Aufenthaltsbedingungen zu gewähren, die im Einklang mit den Grundrechten stehen und den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, ihre Gleichbehandlung gegenüber Unionsbürgern sicherzustellen und ihre umfassende und volle gesellschaftliche Integration zu fördern. In diesem Zusammenhang fordert der Ausschuss der Regionen die absolute und bedingungslose Achtung der Grundrechte nach Maßgabe der Europäischen Grundrechtecharta und erinnert daran, dass diese seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon dieselbe volle Rechtsgültigkeit besitzt wie die Verträge;

3.

betont, dass für Arbeitnehmer aus Drittländern auf dem EU-Gebiet Rechtssicherheit (im Sinne eines festgelegten Regelwerks) und Legalität (im Sinne von Achtung des Gesetzes) und eine gerechte und gleiche Behandlung sicherzustellen sind. Die Regionen, subregionalen Ebenen (z.B. Provinzen) und die Gemeinden (einschließlich der ländlichen Gebiete) sind die ersten Gebietskörperschaften, auf die sich sowohl die regulären als auch die irregulären Migrationsströme in jene Gebiete wirtschaftlich und gesellschaftlich auswirken. Die regionalen, subregionalen und lokalen Behörden (LRG) sind für die Bereitstellung eines breiten Angebots an Diensten für die Menschen (Aufnahme, Gesundheit, allgemeine und berufliche Bildung, Unterkunft etc.) verantwortlich. Daher sollte die Europäische Kommission auf ihre besondere Rolle vor Ort und bei der Steuerung dieser Ströme hinweisen;

4.

hebt hervor, dass die lokalen, regionalen und subregionalen Gebietskörperschaften zentrale Akteure der unlängst angenommenen „EU-2020-Strategie“ für die Bewältigung der Herausforderungen der Wirtschafts- und Finanzkrise, des Klimawandels und der Energieressourcen und folglich auch der EU-Beschäftigungspolitik sind. Wie die zu prüfenden Legislativvorschläge zeigen, stehen diese Themen in engem Zusammenhang mit der Zuwanderungspolitik;

5.

weist darauf hin, dass die legale Zuwanderung zwar in den gemeinsamen Zuständigkeitsbereich von EU und Mitgliedstaaten fällt, die Umsetzung der diesbezüglichen Politik jedoch eng mit anderen Politiken verbunden ist, die auch in den Vorschlägen genannt werden. Das gilt für die Arbeits-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik ebenso wie für die Politik der sozialen Sicherheit, der lokalen öffentlichen Dienste und der Dienste von allgemeinem Interesse, die Wohnungspolitik und andere politische Maßnahmen, die in vielen EU-Staaten auf dezentraler Ebene von den LRG verfolgt werden. Daher spielen die LRG eine wichtige Rolle für das Erfassen von Informationen und statistischer Daten, die im Rahmen der Bewertung bestehender Gesetze oder der Ausarbeitung neuer Maßnahmen in der Zuwanderungspolitik benötigt werden. Eine enge Partnerschaft mit den LRG ist somit dringend geboten;

6.

betont, dass Migration eng mit Entwicklung verknüpft ist, und hält fest, dass die Abwanderung qualifizierter Arbeitnehmer sich nicht negativ auf die Wirtschaft von Entwicklungsländern auswirken sollte („Brain Drain“). Daher begrüßt er es, dass mit den Richtlinien die zirkuläre Migration gefördert wird, die sich sowohl auf die Arbeitsmärkte der Mitgliedstaaten als auch auf die Entwicklung in den Herkunftsländern positiv auswirken könnte (1);

7.

stimmt zu, dass die zirkuläre Migration eine wertvolle Verbindung zwischen den Herkunftsländern und den Gastländern herstellen und dazu dienen kann, den Dialog, die Zusammenarbeit und das gegenseitige Verständnis zu fördern, und schlägt vor, die vorhandenen Instrumente und institutionellen Strukturen, wie z.B. die Versammlung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Europa-Mittelmeer (ARLEM), eine Initiative des Ausschusses der Regionen, zu nutzen, um Verbindungen dieser Art zu unterstützen;

8.

erinnert jedoch daran, dass zirkuläre Migration nicht als Ersatz für dauerhafte Migration betrachtet werden sollte und dass wirksame Kanäle geschaffen werden müssen, um sowohl die Zirkulation und die Rückkehr von Migranten zu erleichtern als auch jegliche irreguläre Einwanderung zu verhindern;

9.

nimmt mit Interesse die Prüfungsverfahren einzelstaatlicher Parlamente für die beiden Vorschläge sowie die darin geäußerten Ansichten und Argumente zur Kenntnis; erachtet nach eigener Analyse beide Vorschläge als mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar; unterstreicht, dass der Mehrwert der Gesetzgebung auf europäischer Ebene insbesondere darin bestehen muss, einen Wettlauf zwischen den unterschiedlichen nationalen Systemen um das niedrigste Schutzniveau für Saisonarbeitnehmer und konzernintern entsandte Arbeitnehmer zu verhindern;

10.

hält Rechtsvorschriften zur konzerninternen Entsendung von Personal in Schlüsselpositionen auf EU-Ebene für notwendig, weil Diskrepanzen zwischen den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften für die Zulassung und die Rechte von Drittstaatsangehörigen als konzernintern entsandte Arbeitnehmer bestehen, weil Situationen mit grenzüberschreitender Dimension angegangen werden müssen und weil zu gewährleisten ist, dass die internationalen Verpflichtungen, die die EU im Rahmen der WTO eingegangen ist, besser erfüllt werden; ist darüber hinaus der Ansicht, dass solche EU-Rechtsvorschriften die Attraktivität des EU-Arbeitsmarktes für hochqualifizierte Migranten erhöhen und somit die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft insgesamt verbessern würden;

11.

ist der Ansicht, dass unionsweit geltende Rechtsvorschriften für Saisonarbeitnehmer notwendig sind, weil Diskrepanzen zwischen den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften für die Zulassung und die Rechte von Drittstaatsangehörigen als Saisonarbeitnehmer bestehen, einheitliche rechtliche Mindeststandards sicherzustellen sind und die Bekämpfung von Missbrauch und illegaler Einwanderung zu gewährleisten ist;

12.

bekräftigt die Bedeutung des vertraglich verankerten Rechts der Mitgliedstaaten, die Zahl der zugelassenen Drittstaatsangehörigen festzulegen, und betont gleichzeitig, dass die Mitgliedstaaten in Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip und dem Prinzip der Multi-Level-Governance die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Entscheidung darüber einbeziehen müssen, wie viele Migranten in ihrem Hoheitsgebiet aufgenommen werden und über welche beruflichen Qualifikationen diese verfügen sollten (2);

13.

unterstützt nach Prüfung beider Vorschläge im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit das gewählte Rechtsinstrument, nämlich in beiden Fällen die Richtlinie, das insofern eine gute Wahl ist, als es den Mitgliedstaaten den erforderlichen Handlungsspielraum in Bezug auf die Modalitäten für die Umsetzung der Richtlinie auf nationaler Ebene lässt und es ferner ermöglicht, auf Besonderheiten und Bedürfnisse eines jeden Mitgliedstaates und der jeweiligen Behörden, die für die ordnungsgemäße Umsetzung auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zuständig sind, gebührend einzugehen;

14.

ist nichtsdestotrotz der Ansicht, dass einzelne Elemente der Vorschläge eine genauere Prüfung im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordern könnten: Durch die Richtlinien sollten Personen, die als Saisonarbeitnehmer oder konzernintern entsandte Arbeitnehmer in die EU einreisen wollen, bzw. deren Arbeitgebern keine unverhältnismäßigen Verpflichtungen auferlegt werden, und sie sollten auch keine unnötigen Kosten oder Belastungen für die nationalen, regionalen und lokalen Behörden verursachen, die mit ihrer Umsetzung betraut sind; was den letztgenannten Aspekt betrifft, so ist die Frist von 30 Tagen, innerhalb derer die Behörden Anträge bearbeiten und über die Zulassung entscheiden müssen, möglicherweise zu kurz und kann die Behörden in zahlreichen Mitgliedstaaten unter erheblichen Verwaltungs- und Finanzdruck setzen;

15.

mahnt an, bei beiden Richtlinien darauf zu achten, dass der Grundsatz der Gemeinschaftsspräferenz gewahrt bleibt, insbesondere im Hinblick auf die Bürger der neuen Mitgliedstaaten, für die noch Übergangsbestimmungen gelten; zur Erreichung dieses Zieles könnte es sinnvoll sein, Mitgliedstaaten und ihren Behörden die Durchführung sogenannter Arbeitsmarktprüfungen zu gestatten, bei denen untersucht wird, ob offene Stellen nicht mit Arbeitssuchenden auf dem EU-Arbeitsmarkt besetzt werden können; ist in diesem Punkt nicht überzeugt von der Argumentation der Kommission, dass eine Arbeitsmarktprüfung bei konzerninternen Entsendungen nicht notwendig sei;

16.

bedauert die beträchtliche Verspätung, mit der die Kommission beide Vorschläge, die bereits in dem Paket „Legale Zuwanderung“ vom Dezember 2005 enthalten waren, vorgelegt hat, nämlich fast 5 Jahre nachdem sie die politische Verpflichtung zu diesen Themen eingegangen ist, sowie die Tatsache, dass die beiden Prozesse, die parallel hätten verlaufen sollen, aufgrund der Schwierigkeiten bei der Diskussion über die „kombinierte Erlaubnis“ jetzt voneinander getrennt sind; bedauert, dass die Vorschläge zu einer Zeit vorgelegt werden, in der einige Sektoren wie Landwirtschaft, Viehzucht und Weidewirtschaft (3), Tourismus und Bauwesen, welche die Kernbereiche für Saisonarbeit darstellen, den statistischen Daten der EU zufolge besonders hart von der Wirtschafts- und Finanzkrise getroffen wurden und sich nur ganz allmählich erholen. Mit anderen Worten, die wirtschaftliche Lage hat sich seit 2005, als die diesbezüglichen politischen Verpflichtungen eingegangen wurden, verändert, und die wirtschaftlichen, statistischen und beschäftigungsspezifischen Daten zu den Auswirkungen der Saisonarbeit auf die EU-Wirtschaft müssten aktualisiert werden;

17.

ist trotz der zeitlichen Verspätung der Vorschläge und der zusätzlichen Zeit, die für das Legislativverfahren der EU und die anschließende Umsetzung auf nationaler Ebene erforderlich sein wird, überzeugt, dass Saisonarbeit und konzerninterne Entsendungen einen wichtigen Beitrag zur Erholung einiger Wirtschafts- und Produktionssektoren in Europa leisten können;

BESONDERE EMPFEHLUNGEN ZU DEN VORSCHLÄGEN

18.

begrüßt die Einführung des einheitlichen Antragsverfahrens für saisonale Beschäftigung und konzerninterne Entsendungen als ein sinnvolles Instrument zur Vereinfachung, das Transparenz und Sicherheit bei der Zulassung gewährleistet; stimmt gleichwohl der Ansicht einiger Mitglieder des Europäischen Parlaments zu, wonach es effizienter und unkomplizierter gewesen wäre, saisonale Beschäftigung und konzerninterne Entsendungen in den Geltungsbereich der sogenannten Richtlinie für die „kombinierte Erlaubnis“ (4) aufzunehmen; fordert daher die Mitgesetzgeber der EU auf, die Verhandlungen zu diesem Thema fortzusetzen;

19.

stimmt mit den Vorschlägen darin überein, dass Mitgliedstaaten Anträge ablehnen sollen, wenn gegen zukünftige Arbeitgeber nach einzelstaatlichem Recht Sanktionen wegen nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit und/oder illegaler Beschäftigung verhängt wurden; besteht jedoch darauf, dass diese Maßnahme abschreckend und verhältnismäßig sein und nicht automatisch ergriffen werden sollte; ein automatischer Ausschluss zukünftiger Arbeitgeber ungeachtet des Schweregrades oder der Art des Verstoßes würde sich nachteilig auf die Arbeitsuchenden aus Drittländern auswirken;

EMPFEHLUNGEN ZUM VORSCHLAG ZUR SAISONALEN BESCHÄFTIGUNG

20.

betont, dass Saisonarbeiter aus Drittstaaten derzeit leider in einigen EU-Mitgliedstaaten ausgebeutet werden und unter Bedingungen arbeiten und wohnen, die unter den gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststandards liegen. Das liegt daran, dass die nationalen Rechtsvorschriften in den Bereichen Arbeitsrecht und soziale Sicherheit in der Praxis nicht zur Anwendung oder Einhaltung gebracht werden. Deshalb sollte mit dem Vorschlag ein klar definierter Rechtsrahmen eingeführt werden, der hilfreich ist, um allen Formen illegaler saisonaler Beschäftigung entgegenzuwirken und Arbeitnehmern aus Drittstaaten menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Dieser neue Rechtsrahmen muss daher mit Kontrollmechanismen ausgestattet werden, um Missbrauch und Umgehung der Vorschriften, wie etwa den oben genannten Arbeits- und Wohnbedingungen, vorzubeugen, und es muss eine Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Behörden auf den verschiedenen Ebenen (europäisch, national, regional und lokal) in Form einer integrierten Multi-Level-Governance vorgesehen werden. Diesbezüglich empfiehlt der Ausschuss der Regionen, die Tätigkeit der Arbeitsvermittlungsagenturen ebenfalls so zu regeln, dass diese nicht als Deckmantel für Ausbeutung oder Missbrauch missbraucht werden kann;

21.

erinnert an die wichtige Rolle und die Zuständigkeiten der LRG und des AdR bei Vorbeugung und Kampf gegen Diskriminierung und menschenunwürdige Behandlung von Saisonwanderarbeitnehmern, insbesondere in Anbetracht des hohen Maßes an Beschäftigungsunsicherheit und Vulnerabilität, die der Saisonarbeit eigen ist;

22.

begrüßt es, dass die Idee von Langzeit-Mehrfachvisa zur Begünstigung der zirkulären Migration, die er in seiner vorherigen Stellungnahme befürwortet hatte, aufgegriffen wurde (5);

23.

hält es für sinnvoll, den Anwendungsbereich des Vorschlags und somit die Sektoren besser zu definieren, die in diesen Geltungsbereich fallen, um zu verhindern, dass es zu einem Missbrauch von saisonalen Genehmigungen in Bereichen kommt, die nach den Kriterien der Saisonarbeit in Europa und vor dem Hintergrund des Geistes und der Ziele dieses Vorschlags nicht als saisonal betrachtet werden können. In den meisten OECD-Ländern sind Zuwanderer in zeitlich begrenzten Beschäftigungsverhältnissen überrepräsentiert. Der Anteil der Zuwanderer in Zeitarbeit kann leicht um 50 % über dem Anteil der EU-Bürger liegen, weshalb es dringend geboten ist, zu verhindern, dass gegen die Regeln verstoßen und die Saisonarbeit zur Legalisierung bestimmter prekärer Arbeitsformen missbraucht wird;

24.

begrüßt es, dass Arbeitgeber aufgrund der Richtlinie gezwungen wären nachzuweisen, dass Saisonarbeitnehmern aus Drittstaaten eine angemessene Unterkunft zu vertretbaren Kosten zur Verfügung steht. Dies trägt der besonders schwachen Position von Saisonarbeitnehmern aus Drittstaaten unmittelbar Rechnung. Der Ausschuss hält fest, dass dieses Recht erheblich über die Rechte hinausgehen würde, die Saisonarbeitnehmer mit EU-Staatsangehörigkeit genießen, und appelliert daher dringend an die Mitgliedstaaten, eine ähnliche Behandlung für EU-Staatsangehörige in Betracht zu ziehen;

25.

weist in diesem Zusammenhang auf der Grundlage von Studien und Konsultationen des Berichterstatters darauf hin, dass einige Arten von Saisonarbeiten, wie etwa jene in der Landwirtschaft (insbesondere Vieh- und Blumenzucht) und im Bauwesen (Projekte und Baustellen für große Infrastrukturen), Arbeitszeiträume von mehr als 6 Monaten erfordern können, weshalb die maximale Aufenthaltsdauer auf 9 Monate erweitert werden sollte;

EMPFEHLUNGEN ZUM VORSCHLAG ZUR KONZERNINTERNEN ENTSENDUNG

26.

begrüßt die Bemühungen der Kommission, einen Gesamtrahmen für die Zuwanderungspolitik zu entwickeln und mit diesem Vorschlag die EU-Wirtschaft für hochqualifizierte Arbeitnehmer aus multinationalen Konzernen in Drittstaaten attraktiver zu machen, damit diese von ihrem Arbeitgeber in eine Niederlassung ihres Unternehmens in Europa entsendet werden und dort legal arbeiten können; unterstreicht in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, einerseits jede Form der Diskriminierung zu verhindern und andererseits den Grundsatz der Gemeinschaftspräferenz nicht außer Kraft zu setzen und sicherzustellen, dass die konzernintern entsandten Arbeitnehmer dieselben Arbeitsbedingungen wie die EU-Arbeitnehmer in vergleichbaren Situationen im Aufenthaltsland haben; empfiehlt deshalb, den Hinweis auf die Richtlinie über entsandte Arbeitnehmer bei der Festlegung der Rechte und Bedingungen der konzernintern entsandten Arbeitnehmer zu streichen;

27.

bittet um Erläuterung, warum die Arbeitsmarktprüfung aus dem Vorschlag zur konzerninternen Entsendung herausgenommen wurde. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass in der EU-Richtlinie 2009/50/EG („Blue Card-Richtlinie“) für hochqualifizierte Arbeitnehmer aus Drittstaaten eine solche Arbeitsmarktprüfung vorgesehen ist;

28.

betont ferner, dass Unternehmen und Konzerne aus Drittstaaten, die eingetragene Niederlassungen in einem EU-Mitgliedstaat haben, dazu ermutigt werden sollten, auch einheimische hochqualifizierte Fachkräfte einzustellen, um die berufliche Entwicklung hochqualifizierter Arbeitskräfte auf lokaler Ebene sicherzustellen. Es besteht nämlich die Gefahr, dass große Konzerne aus Drittstaaten in ihren europäischen Niederlassungen nur gering qualifizierte einheimische Kräfte und hochqualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten einstellen. Auf der Grundlage des aktuellen Vorschlags scheint es keine Gewährleistung dafür zu geben, dass Positionen als Führungskraft, Fachkraft oder Trainee vorzugsweise EU-Bürgern angeboten werden;

29.

weist darauf hin, dass der Richtlinienentwurf nach derzeitigem Stand nicht vorsieht, dass Mitgliedstaaten einen Antrag aus Gründen der öffentlichen Gesundheit, Ordnung oder Sicherheit ablehnen können, und regt daher an, einen solchen Ablehnungsgrund in die Richtlinie aufzunehmen;

30.

begrüßt es, dass zugelassene konzernintern entsandte Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, zwischen verschiedenen Niederlassungen desselben Unternehmens oder derselben Unternehmensgruppe in unterschiedlichen Mitgliedstaaten zu wechseln; gibt jedoch zu bedenken, dass der Vorschlag – gemäß Artikel 16 in seiner derzeitigen Fassung den Mitgliedstaaten, die auf das Land der ersten Zulassung folgen, nicht eigens gestattet, einen Antrag abzulehnen, und weist darauf hin, dass dadurch im Grunde deren Recht unterlaufen wird, die Zahl der in ihrem Hoheitsgebiet zugelassenen Drittstaatsangehörigen selbst festzulegen. Daher wird eine entsprechende Änderung des Vorschlags empfohlen;

31.

unterstreicht, dass der von einem Arbeitnehmer aus einem Drittstaat geforderte Nachweis der Berufsqualifikationen, d.h. der Nachweis, dass er die nach einzelstaatlichem Recht für Unionsbürger geltenden Voraussetzungen für die Ausübung des reglementierten Berufs (Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben d) und e)) erfüllt, nicht verhältnismäßig ist. Das wäre eine zu große Auflage, zumal in der EU das System der Anerkennung von Berufsqualifikationen von EU-Arbeitnehmern auch heute noch eine offene Frage ist, wie in der jüngsten „Binnenmarktakte“ betont wird. Deshalb wird die Europäische Kommission aufgefordert, diese Auflage dahingehend zu überarbeiten, dass sie weniger restriktiv ist;

32.

begrüßt, dass der Vorschlag zur konzerninternen Entsendung die Familienzusammenführung unterstützt, und bekräftigt, dass die Sonderregelung für Familienangehörige von konzernintern entsandten Arbeitnehmern dazu beitragen könnte, die Attraktivität des EU-Arbeitsmarktes für diese Arbeitnehmer zu erhöhen;

33.

empfiehlt den Mitgesetzgebern, die folgenden Änderungsvorschläge zu den Richtlinienentwürfen in Betracht zu ziehen:

II.   ÄNDERUNGSVORSCHLÄGE

Saisonale Beschäftigung – Änderungsvorschlag 1

Artikel 6 Absatz 3

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

Artikel 6

Ablehnungsgründe

1.   Die Mitgliedstaaten lehnen einen Antrag auf Zulassung in einen Mitgliedstaat zum Zwecke dieser Richtlinie ab, wenn der Antragsteller die in Artikel 5 genannten Bedingungen nicht erfüllt oder wenn die vorgelegten Dokumente in betrügerischer Weise erworben, gefälscht oder manipuliert wurden.

2.   Die Mitgliedstaaten können überprüfen, ob die betreffende Stelle nicht mit einer einheimischen Kraft, einem Unionsbürger oder einem Drittstaatsangehörigen besetzt werden kann, der sich rechtmäßig in dem Mitgliedstaat aufhält und aufgrund von EU- oder einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bereits dessen Arbeitsmarkt angehört, und den Antrag ablehnen.

3.   Die Mitgliedstaaten können einen Antrag ablehnen, wenn gegen den Arbeitgeber aufgrund nationaler Rechtsvorschriften wegen Schwarzarbeit und/oder illegaler Beschäftigung Sanktionen verhängt wurden.

4.   Die Mitgliedstaaten können einen Antrag unter Berufung auf Zulassungsquoten für Drittstaatsangehörige ablehnen.

Artikel 6

Ablehnungsgründe

1.   Die Mitgliedstaaten lehnen einen Antrag auf Zulassung in einen Mitgliedstaat zum Zwecke dieser Richtlinie ab, wenn der Antragsteller die in Artikel 5 genannten Bedingungen nicht erfüllt oder wenn die vorgelegten Dokumente in betrügerischer Weise erworben, gefälscht oder manipuliert wurden.

2.   Die Mitgliedstaaten können überprüfen, ob die betreffende Stelle nicht mit einer einheimischen Kraft, einem Unionsbürger oder einem Drittstaatsangehörigen besetzt werden kann, der sich rechtmäßig in dem Mitgliedstaat aufhält und aufgrund von EU- oder einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bereits dessen Arbeitsmarkt angehört, und den Antrag ablehnen.

3.   Die Mitgliedstaaten können einen Antrag ablehnen, wenn gegen den Arbeitgeber aufgrund nationaler Rechtsvorschriften wegen Schwarzarbeit und/oder illegaler Beschäftigung Sanktionen verhängt wurden.

4.   Die Mitgliedstaaten können einen Antrag unter Berufung auf Zulassungsquoten für Drittstaatsangehörige ablehnen.

Begründung

Sanktionen gegen Arbeitgeber, die gegen die Rechtsvorschriften verstoßen, sollten angemessen und abschreckend sein. Sie sollten jedoch nicht automatisch verhängt werden. Automatische Sanktionen treffen die zukünftigen Arbeitnehmer aus Drittstaaten härter als die Arbeitgeber.

Saisonale Beschäftigung – Änderungsvorschlag 2

Artikel 11

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

Artikel 11

Aufenthaltsdauer

1.   Saisonarbeitnehmern wird der Aufenthalt für höchstens sechs Monate pro Kalenderjahr erlaubt; anschließend kehren sie in ein Drittland zurück.

2.   Saisonarbeitnehmern, die die Kriterien nach Artikel 5 erfüllen, wird erlaubt, innerhalb des in Absatz 1 genannten Zeitraums ihren Vertrag zu verlängern oder bei einem anderen Arbeitgeber eine Beschäftigung als Saisonarbeitskraft aufzunehmen.

Artikel 11

Aufenthaltsdauer

1.   Saisonarbeitnehmern wird der Aufenthalt für höchstens Monate pro Kalenderjahr erlaubt; anschließend kehren sie in ein Drittland zurück.

2.   Saisonarbeitnehmern, die die Kriterien nach Artikel 5 erfüllen, wird erlaubt, innerhalb des in Absatz 1 genannten Zeitraums ihren Vertrag zu verlängern oder bei einem anderen Arbeitgeber eine Beschäftigung als Saisonarbeitskraft aufzunehmen.

Begründung

Im Hauptteil der Stellungnahme wurde erläutert, dass Saisonarbeitnehmer in einigen Mitgliedstaaten und in bestimmten Sektoren Beschäftigungen ausüben, die die Dauer von sechs Monaten überschreiten. Aus diesem Grund wird für eine Verlängerung der zeitlichen Befristung plädiert.

Konzerninterne Entsendung – Änderungsvorschlag 1

Artikel 5

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

Artikel 5

Zulassungskriterien

1.   Unbeschadet Artikel 10 muss ein Drittstaatsangehöriger, der die Zulassung auf der Grundlage dieser Richtlinie beantragt, folgende Bedingungen erfüllen:

(a)

Er muss nachweisen, dass die aufnehmende Niederlassung und das Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat zum gleichen Unternehmen oder zur gleichen Unternehmensgruppe gehören.

(b)

Sofern die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats dies vorschreiben, muss er nachweisen, dass er vor dem Zeitpunkt der konzerninternen Entsendung mindestens 12 Monate in der gleichen Unternehmensgruppe beschäftigt war und dass er nach Beendigung seines Entsendungsverhältnisses in eine Niederlassung zurückkehren kann, die der gleichen Unternehmensgruppe angehört und sich in einem Drittstaat befindet.

(c)

Er muss ein Beschäftigungsangebot des Arbeitgebers vorlegen, das Angaben zu folgenden Aspekten enthält:

(i)

Dauer der Entsendung und Standort der aufnehmenden Niederlassung(en) in dem betreffenden Mitgliedstaat;

(ii)

Position als Führungskraft, Fachkraft oder Trainee in der aufnehmenden Niederlassung(en) in dem betreffenden Mitgliedstaat;

(iii)

Höhe des Gehalts während der Entsendung;

(d)

Er muss nachweisen, dass er als Führungs- oder Fachkraft über die berufliche Qualifikation und als Trainee über einen höheren Bildungsabschluss verfügt, die beziehungsweise der in dem Mitgliedstaat, in den er zugelassen wird, erforderlich ist.

(e)

Er muss nachweisen, dass er die nach einzelstaatlichem Recht für Unionsbürger geltenden Voraussetzungen für die Ausübung des reglementierten Berufs, in dem er als konzernintern entsandter Arbeitnehmer tätig sein wird, erfüllt.

(f)

Er muss ein nach einzelstaatlichem Recht gültiges Reisedokument und gegebenenfalls einen Visumantrag oder ein Visum vorlegen.

(g)

Unbeschadet bilateraler Vereinbarungen muss er nachweisen, dass er für die Zeiten, in denen er keinen Versicherungsschutz und keinen Anspruch auf die mit einem Arbeitsvertrag einhergehenden Leistungen hat, für sich und seine Familienangehörigen eine Krankenversicherung beantragt hat, wenn dies nach nationalem Recht vorgesehen ist, oder abgeschlossen hat. Der Versicherungsschutz muss sich auf alle Risiken erstrecken, die normalerweise für Staatsangehörige des betreffenden Mitgliedstaats abgedeckt sind.

(h)

Er darf nicht als eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit betrachtet werden.

2.   Die Mitgliedstaaten verlangen, dass alle Bedingungen, die gesetzlich in Rechts- und Verwaltungsvorschriften und/oder in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen für die entsprechenden Beschäftigungsbranchen festgelegt sind, hinsichtlich des während der Entsendung gewährten Gehalts erfüllt sein müssen.

Fehlt ein System der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen, steht es den Mitgliedstaaten frei, Tarifverträge zugrunde zu legen, die allgemeinverbindlich für alle vergleichbaren Unternehmen im geografischen Gebiet und im betreffenden Beruf oder Gewerbe sind bzw. die auf einzelstaatlicher Ebene zwischen den führenden Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften geschlossen wurden und im gesamten nationalen Hoheitsgebiet gelten.

3.   Zusätzlich zu den Nachweisen gemäß den Absätzen 1 und 2 müssen Drittstaatsangehörige, die eine Zulassung als Trainee beantragen, einen Traineevertrag vorlegen, der eine Beschreibung des Traineeprogramms sowie Angaben zur Dauer des Programms und zu den Bedingungen, unter denen der Antragsteller im Rahmen des Programms ausgebildet wird, enthält.

4.   Erfolgt die Entsendung in aufnehmende Niederlassungen, die in mehreren Mitgliedstaaten ansässig sind, muss jeder Drittstaatsangehörige, der zu den Bedingungen dieser Richtlinie eine Zulassung beantragt, nachweisen, dass er die geforderten Unterlagen gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b vorgelegt hat.

5.   Jede Änderung, die Auswirkungen auf die in diesem Artikel festgelegten Zulassungsbedingungen hat, ist den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats mitzuteilen.

Artikel 5

Zulassungskriterien

1.   Unbeschadet Artikel 10 muss ein Drittstaatsangehöriger, der die Zulassung auf der Grundlage dieser Richtlinie beantragt, folgende Bedingungen erfüllen:

(a)

Er muss nachweisen, dass die aufnehmende Niederlassung und das Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat zum gleichen Unternehmen oder zur gleichen Unternehmensgruppe gehören.

(b)

Sofern die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats dies vorschreiben, muss er nachweisen, dass er vor dem Zeitpunkt der konzerninternen Entsendung mindestens 12 Monate in der gleichen Unternehmensgruppe beschäftigt war und dass er nach Beendigung seines Entsendungsverhältnisses in eine Niederlassung zurückkehren kann, die der gleichen Unternehmensgruppe angehört und sich in einem Drittstaat befindet.

(c)

Er muss ein Beschäftigungsangebot des Arbeitgebers vorlegen, das Angaben zu folgenden Aspekten enthält:

(i)

Dauer der Entsendung und Standort der aufnehmenden Niederlassung(en) in dem betreffenden Mitgliedstaat;

(ii)

Position als Führungskraft, Fachkraft oder Trainee in der aufnehmenden Niederlassung(en) in dem betreffenden Mitgliedstaat;

(iii)

Höhe des Gehalts während der Entsendung;

(d)

Er muss nachweisen, dass er als Führungs- oder Fachkraft über die berufliche Qualifikation und als Trainee über einen höheren Bildungsabschluss verfügt, die beziehungsweise der in dem Mitgliedstaat, in den er zugelassen wird, erforderlich ist.

(e)

Er muss nachweisen, dass er die nach einzelstaatlichem Recht für Unionsbürger geltenden Voraussetzungen für die Ausübung des reglementierten Berufs, in dem er als konzernintern entsandter Arbeitnehmer tätig sein wird, erfüllt.

(f)

Er muss ein nach einzelstaatlichem Recht gültiges Reisedokument und gegebenenfalls einen Visumantrag oder ein Visum vorlegen.

(g)

Unbeschadet bilateraler Vereinbarungen muss er nachweisen, dass er für die Zeiten, in denen er keinen Versicherungsschutz und keinen Anspruch auf die mit einem Arbeitsvertrag einhergehenden Leistungen hat, für sich und seine Familienangehörigen eine Krankenversicherung beantragt hat, wenn dies nach nationalem Recht vorgesehen ist, oder abgeschlossen hat. Der Versicherungsschutz muss sich auf alle Risiken erstrecken, die normalerweise für Staatsangehörige des betreffenden Mitgliedstaats abgedeckt sind.

2.   Die Mitgliedstaaten verlangen, dass alle Bedingungen, die gesetzlich in Rechts- und Verwaltungsvorschriften und/oder in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen für die entsprechenden Beschäftigungsbranchen festgelegt sind, hinsichtlich des während der Entsendung gewährten Gehalts erfüllt sein müssen.

Fehlt ein System der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen, steht es den Mitgliedstaaten frei, Tarifverträge zugrunde zu legen, die allgemeinverbindlich für alle vergleichbaren Unternehmen im geografischen Gebiet und im betreffenden Beruf oder Gewerbe sind bzw. die auf einzelstaatlicher Ebene zwischen den führenden Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften geschlossen wurden und im gesamten nationalen Hoheitsgebiet gelten.

3.   Zusätzlich zu den Nachweisen gemäß den Absätzen 1 und 2 müssen Drittstaatsangehörige, die eine Zulassung als Trainee beantragen, einen Traineevertrag vorlegen, der eine Beschreibung des Traineeprogramms sowie Angaben zur Dauer des Programms und zu den Bedingungen, unter denen der Antragsteller im Rahmen des Programms ausgebildet wird, enthält.

4.   Erfolgt die Entsendung in aufnehmende Niederlassungen, die in mehreren Mitgliedstaaten ansässig sind, muss jeder Drittstaatsangehörige, der zu den Bedingungen dieser Richtlinie eine Zulassung beantragt, nachweisen, dass er die geforderten Unterlagen gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b vorgelegt hat.

5.   Jede Änderung, die Auswirkungen auf die in diesem Artikel festgelegten Zulassungsbedingungen hat, ist den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats mitzuteilen.

   

Begründung

Der Richtlinienentwurf sieht nach derzeitigem Stand nicht vor, dass Mitgliedstaaten einen Antrag aus Gründen der öffentlichen Gesundheit, Ordnung oder Sicherheit ablehnen können. Der Ausschuss empfiehlt daher, einen solchen Ablehnungsgrund in die Richtlinie aufzunehmen.

Konzerninterne Entsendung – Änderungsvorschlag 2

Artikel 6

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

Artikel 6

Ablehnungsgründe

1.   Die Mitgliedstaaten lehnen einen Antrag ab, wenn der Antragsteller die in Artikel 5 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt oder wenn die vorgelegten Dokumente in betrügerischer Weise erworben, gefälscht oder manipuliert wurden.

2.   Die Mitgliedstaaten lehnen einen Antrag ab, wenn gegen den Arbeitgeber oder die aufnehmende Niederlassung nach einzelstaatlichem Recht Sanktionen wegen nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit oder illegaler Beschäftigung verhängt wurden.

3.   Die Mitgliedstaaten können einen Antrag unter Berufung auf Zulassungsquoten für Drittstaatsangehörige ablehnen.

4.   Erfolgt die Entsendung in aufnehmende Niederlassungen, die in mehreren Mitgliedstaaten ansässig sind, beschränkt der Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wird, den geografischen Anwendungsbereich und die Geltungsdauer der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis auf die Mitgliedstaaten, in denen die Bedingungen nach Artikel 5 erfüllt sind.

Artikel 6

Ablehnungsgründe

1.   Die Mitgliedstaaten lehnen einen Antrag ab, wenn der Antragsteller die in Artikel 5 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt oder wenn die vorgelegten Dokumente in betrügerischer Weise erworben, gefälscht oder manipuliert wurden.

2.   Die Mitgliedstaaten lehnen einen Antrag ab, wenn gegen den Arbeitgeber oder die aufnehmende Niederlassung nach einzelstaatlichem Recht Sanktionen wegen nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit und/oder illegaler Beschäftigung verhängt wurden.

3.   Die Mitgliedstaaten können einen Antrag unter Berufung auf Zulassungsquoten für Drittstaatsangehörige ablehnen.

4.   Erfolgt die Entsendung in aufnehmende Niederlassungen, die in mehreren Mitgliedstaaten ansässig sind, beschränkt der Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wird, den geografischen Anwendungsbereich und die Geltungsdauer der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis auf die Mitgliedstaaten, in denen die Bedingungen nach Artikel 5 erfüllt sind.

Begründung

Der AdR stimmt der Ansicht zu, dass Arbeitgebern, die gegen geltendes Recht verstoßen, Sanktionen auferlegt werden sollten. Diese sollten angemessen und abschreckend sein, jedoch nicht automatisch verhängt werden. Automatische Sanktionen treffen die zukünftigen Arbeitnehmer aus Drittstaaten härter als die Arbeitgeber.

Konzerninterne Entsendung – Änderungsvorschlag 3

Artikel 14 Absatz 1

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

Artikel 14

Rechte

Ungeachtet der für das Beschäftigungsverhältnis geltenden Rechtsvorschriften haben konzernintern entsandte Arbeitnehmer folgende Rechte:

(1)

Es gelten die für entsandte Arbeitnehmer in vergleichbaren Situationen geltenden Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, die in dem Mitgliedstaat, in den die konzernintern entsandten Arbeitnehmer zugelassen wurden, gesetzlich durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften und/oder allgemeinverbindliche Tarifverträge garantiert sind.

Fehlt ein System der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen, steht es den Mitgliedstaaten frei, Tarifverträge zugrunde zu legen, die allgemeinverbindlich für alle vergleichbaren Unternehmen im geografischen Gebiet und im betreffenden Beruf oder Gewerbe sind bzw. die auf einzelstaatlicher Ebene zwischen den führenden Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften geschlossen wurden und im gesamten Hoheitsgebiet gelten.

(2)

Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des aufnehmenden Mitgliedstaats in Bezug auf folgende Aspekte:

a)

Vereinigungsfreiheit sowie Mitgliedschaft und Betätigung in einer Gewerkschaft, einem Arbeitgeberverband oder einer sonstigen Organisation, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, sowie Inanspruchnahme der von solchen Organisationen angebotenen Leistungen, unbeschadet der nationalen Bestimmungen über die öffentliche Sicherheit und Ordnung;

b)

Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstiger berufsqualifizierender Befähigungsnachweise gemäß den einschlägigen einzelstaatlichen Verfahren;

c)

Unbeschadet bestehender bilateraler Vereinbarungen gelten die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu Zweigen der sozialen Sicherheit nach der Definition in Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 883/04. Im Falle der Mobilität zwischen den Mitgliedstaaten und unbeschadet bestehender bilateraler Vereinbarungen findet die Verordnung (EG) Nr. 859/2003 des Rates entsprechend Anwendung;

d)

Unbeschadet der Verordnung (EG) Nr. 859/2003 und bestehender bilateraler Vereinbarungen besteht Anspruch auf Zahlung der zum Zeitpunkt des Umzugs in einen Drittstaat erworbenen Rentenansprüche;

e)

Zugang zu Waren und Dienstleistungen sowie zur Lieferung von Waren und Erbringung von Dienstleistungen für die Öffentlichkeit, ausgenommen zu Sozialwohnungen und zu Beratungsleistungen der Arbeitsvermittlungsstellen

Das Recht auf Gleichbehandlung gemäß Nummer 2 berührt nicht das Recht des Mitgliedstaats, die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis gemäß Artikel 7 zu entziehen oder nicht zu verlängern.

Artikel 14

Rechte

Ungeachtet der für das Beschäftigungsverhältnis geltenden Rechtsvorschriften haben konzernintern entsandte Arbeitnehmer folgende Rechte:

(1)

(2)

Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des aufnehmenden Mitgliedstaats in Bezug auf folgende Aspekte:

a)

Vereinigungsfreiheit sowie Mitgliedschaft und Betätigung in einer Gewerkschaft, einem Arbeitgeberverband oder einer sonstigen Organisation, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, sowie Inanspruchnahme der von solchen Organisationen angebotenen Leistungen, unbeschadet der nationalen Bestimmungen über die öffentliche Sicherheit und Ordnung;

b)

Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstiger berufsqualifizierender Befähigungsnachweise gemäß den einschlägigen einzelstaatlichen Verfahren;

c)

Unbeschadet bestehender bilateraler Vereinbarungen gelten die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu Zweigen der sozialen Sicherheit nach der Definition in Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 883/04. Im Falle der Mobilität zwischen den Mitgliedstaaten und unbeschadet bestehender bilateraler Vereinbarungen findet die Verordnung (EG) Nr. 859/2003 des Rates entsprechend Anwendung;

d)

Unbeschadet der Verordnung (EG) Nr. 859/2003 und bestehender bilateraler Vereinbarungen besteht Anspruch auf Zahlung der zum Zeitpunkt des Umzugs in einen Drittstaat erworbenen Rentenansprüche;

e)

Zugang zu Waren und Dienstleistungen sowie zur Lieferung von Waren und Erbringung von Dienstleistungen für die Öffentlichkeit, ausgenommen zu Sozialwohnungen und zu Beratungsleistungen der Arbeitsvermittlungsstellen

Das Recht auf Gleichbehandlung gemäß Nummer 2 berührt nicht das Recht des Mitgliedstaats, die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis gemäß Artikel 7 zu entziehen oder nicht zu verlängern.

Begründung

Der AdR hält es für notwendig, die Gleichbehandlung mit konzernintern entsandten EU-Arbeitnehmern sicherzustellen. Dieser Änderungsvorschlag zielt in dieselbe Richtung. Darüber hinaus gewährleisten die Richtlinien über die Blue Card (6) und die langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (7) eine Gleichbehandlung mit hochqualifizierten Arbeitnehmern.

Konzerninterne Entsendung – Änderungsvorschlag 4

Artikel 16

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

Artikel 16

Mobilität zwischen den Mitgliedstaaten

1.   Drittstaatsangehörige, die in einem ersten Mitgliedstaat eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für konzernintern entsandte Arbeitnehmer, die die Zulassungskriterien gemäß Artikel 5 erfüllen, erhalten haben und die eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für konzernintern entsandte Arbeitnehmer für einen anderen Mitgliedstaat beantragen, dürfen in jeder Niederlassung, die in dem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und zur gleichen Unternehmensgruppe gehört, sowie an Standorten von Kunden der aufnehmenden Niederlassung, sofern die Bedingungen nach Artikel 13 Absatz 6 erfüllt sind, auf der Grundlage der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis des ersten Mitgliedstaats und des zusätzlichen Dokuments nach Artikel 11 Absatz 4 arbeiten, sofern

(a)

die Dauer des Transfers in den anderen Mitgliedstaat oder die anderen Mitgliedstaaten nicht 12 Monate überschreitet;

(b)

der Antragsteller der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaats vor seinem Transfer in diesen Mitgliedstaat die Unterlagen nach Artikel 5 Absätze 1, 2 und 3 bezüglich des Transfers in diesen Mitgliedstaat vorgelegt hat und nachweisen kann, dass er sie auch dem ersten Mitgliedstaat übermittelt hat.

2.   Überschreitet der Transfer in den anderen Mitgliedstaat die Dauer von 12 Monaten, kann der andere Mitgliedstaat verlangen, dass der Antragsteller erneut einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis im Rahmen einer konzerninternen Entsendung in diesen Mitgliedstaat stellt.

Ist in den einschlägigen Rechtsvorschriften vorgesehen, dass zur Ausübung der Mobilität ein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis erforderlich ist, werden das Visum oder die Aufenthaltserlaubnis innerhalb einer angemessenen Frist erteilt, die den konzernintern entsandten Arbeitnehmer nicht an der Erfüllung seines Entsendungsvertrags hindert und den zuständigen Behörden ausreichend Zeit für die Bearbeitung der Anträge lässt.

Die Mitgliedstaaten verlangen von den konzernintern entsandten Arbeitnehmern nicht, dass sie ihr Hoheitsgebiet verlassen, um Anträge auf Erteilung eines Visums oder einer Aufenthaltserlaubnis einzureichen.

3.   Die Höchstdauer der Entsendung in die Europäische Union beträgt drei Jahre für Führungs- und Fachkräfte und ein Jahr für Trainees.

Artikel 16

Mobilität zwischen den Mitgliedstaaten

1.   Drittstaatsangehörige, die in einem ersten Mitgliedstaat eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für konzernintern entsandte Arbeitnehmer, die die Zulassungskriterien gemäß Artikel 5 erfüllen, erhalten haben und die eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für konzernintern entsandte Arbeitnehmer für einen anderen Mitgliedstaat beantragen, dürfen in jeder Niederlassung, die in dem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und zur gleichen Unternehmensgruppe gehört, sowie an Standorten von Kunden der aufnehmenden Niederlassung, sofern die Bedingungen nach Artikel 13 Absatz 6 erfüllt sind, auf der Grundlage der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis des ersten Mitgliedstaats und des zusätzlichen Dokuments nach Artikel 11 Absatz 4 arbeiten, sofern

(a)

die Dauer des Transfers in den anderen Mitgliedstaat oder die anderen Mitgliedstaaten nicht 12 Monate überschreitet;

(b)

der Antragsteller der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaats vor seinem Transfer in diesen Mitgliedstaat die Unterlagen nach Artikel 5 Absätze 1, 2 und 3 bezüglich des Transfers in diesen Mitgliedstaat vorgelegt hat und nachweisen kann, dass er sie auch dem ersten Mitgliedstaat übermittelt hat.

   

   Überschreitet der Transfer in den anderen Mitgliedstaat die Dauer von 12 Monaten, kann der andere Mitgliedstaat verlangen, dass der Antragsteller erneut einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis im Rahmen einer konzerninternen Entsendung in diesen Mitgliedstaat stellt.

Ist in den einschlägigen Rechtsvorschriften vorgesehen, dass zur Ausübung der Mobilität ein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis erforderlich ist, werden das Visum oder die Aufenthaltserlaubnis innerhalb einer angemessenen Frist erteilt, die den konzernintern entsandten Arbeitnehmer nicht an der Erfüllung seines Entsendungsvertrags hindert und den zuständigen Behörden ausreichend Zeit für die Bearbeitung der Anträge lässt.

Die Mitgliedstaaten verlangen von den konzernintern entsandten Arbeitnehmern nicht, dass sie ihr Hoheitsgebiet verlassen, um Anträge auf Erteilung eines Visums oder einer Aufenthaltserlaubnis einzureichen.

   Die Höchstdauer der Entsendung in die Europäische Union beträgt drei Jahre für Führungs- und Fachkräfte und ein Jahr für Trainees.

Begründung

Der AdR ist der Ansicht, dass der Vorschlag - gemäß Artikel 16 in seiner derzeitigen Fassung - den Mitgliedstaaten, die auf das Land der ersten Zulassung folgen, nicht eigens gestattet, einen Antrag abzulehnen, und weist darauf hin, dass dadurch im Grunde deren Recht unterlaufen wird, die Zahl der in ihr Hoheitsgebiet zugelassenen Drittstaatsangehörigen selbst festzulegen. Daher empfiehlt er eine entsprechende Änderung des Vorschlags.

Brüssel, den 31. März 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  Siehe Stellungnahmen CdR 296/2007 und CdR 210/2008.

(2)  Siehe Stellungnahmen CdR 296/2007 und CdR 201/2009.

(3)  Die Weide- und Milchwirtschaftsbranche leidet in vielen EU-Staaten unter starken Preisschwankungen und erfordert dringend Mechanismen zur Marktkontrolle, Preisstabilisierung und Stärkung der Vertragsmacht der Viehzüchter und Hirten, die das schwächste Glied der Kette sind.

(4)  KOM(2007) 638 endg.: „Vorschlag für eine Richtlinie über ein einheitliches Antragsverfahren für eine kombinierte Erlaubnis für Drittstaatsangehörige zum Aufenthalt- und zur Arbeit im Gebiet eines Mitgliedstaates und über ein gemeinsames Bündel von Rechten für Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten.“

(5)  Siehe Stellungnahme CdR 296/2007.

(6)  Siehe Artikel 14 Absatz 1 (a) der Richtlinie 2009/50/EG über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung, ABl. L 155 vom 18.6.2009, S. 17.

(7)  Siehe Artikel 11 Absatz 1 (a) der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, ABl. L 16 vom 23.1.2004, S. 44.