ISSN 1725-2407

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 51

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

50. Jahrgang
6. März 2007


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III   Vorbereitende Rechtsakte

 

Ausschuss der Regionen

 

66. Plenartagung am 11./12. Oktober 2006

2007/C 051/01

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung

1

2007/C 051/02

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit

7

2007/C 051/03

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Erweiterungspaket 2005 2005/ELAR/001 und zur Mitteilung der Kommission: Der westliche Balkan auf dem Weg in die EU: Konsolidierung der Stabilität und Steigerung des Wohlstands

16

2007/C 051/04

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem Grünbuch: Eine europäische Strategie für nachhaltige, wettbewerbsfähige und sichere Energie und der Mitteilung der Kommission — Aktionsplan für Biomasse sowie der Mitteilung der Kommission — Eine EU-Strategie für Biokraftstoffe

23

2007/C 051/05

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zu öffentlich-privaten Partnerschaften und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen und Konzessionen

27

2007/C 051/06

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom zum Thema Die Einführung von Europäischen Territorialpakten: Vorschlag zur Überprüfung der dreiseitigen Verträge und Vereinbarungen

31

2007/C 051/07

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Situation von unbegleiteten Minderjährigen im Migrationsprozess — Rolle und Empfehlungen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

35

DE

 


III Vorbereitende Rechtsakte

Ausschuss der Regionen

66. Plenartagung am 11./12. Oktober 2006

6.3.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 51/1


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der „Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung“

(2007/C 51/01)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die „Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung“ [KOM(2006) 91 endg. — 2006/0033 COD)];

aufgrund des Beschlusses des Rates vom 27. März 2006, den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 22. Februar 2006, die Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf seine Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission „Umstrukturierung und Beschäftigung — Umstrukturierungen antizipieren und begleiten und die Beschäftigung fördern: die Rolle der Europäischen Union“ [KOM(2005) 120 endg. (CdR 148/2005 fin)];

gestützt auf seine Entschließung zu den Prioritäten des Ausschusses der Regionen für 2006 (CdR 275/2005 fin);

gestützt auf den am 3. Juli 2006 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 137/2006 rev. 1), Berichterstatterin: Frau OLDFATHER, Mitglied des schottischen Parlaments (UK/SPE);

verabschiedete auf seiner 66. Plenartagung am 11./12. Oktober 2006 (Sitzung vom 11. Oktober) folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen:

Der Ausschuss der Regionen

1.1

ist der Auffassung, dass der grundlegende soziale Charakter der Wirtschaft Europas, der durch einen ausreichenden Sozialschutz in den Bereichen Arbeitslosigkeit, Renten und sonstige Sozialleistungen sowie durch ein bestimmtes Maß an Arbeitsplatzsicherheit bestimmt wird, erhalten bleiben sollte, dass jedoch Anpassungen an die neueren Umstände auf der zuständigen europäischen, nationalen oder regionalen Ebene im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip erforderlich sind, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu gewährleisten und sie in die Lage zu versetzen, die künftigen demographischen Probleme zu bewältigen und sich den Herausforderungen der Globalisierung zu stellen;

1.2

begrüßt den Vorschlag, einen Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) einzurichten, mit dem die Gemeinschaft ihre Solidarität gegenüber Arbeitnehmern bekundet, die von Entlassungen aufgrund von Veränderungen in den internationalen Handelsströmen betroffen sind; ist der Ansicht, dass die Unterstützung von Umschulungs- bzw. Weiterbildungsmaßnahmen einzelner Arbeitnehmer im Hinblick auf eine künftige Beschäftigung keine „Subventionierung von Arbeitsplätzen“ darstellt, sondern vielmehr die Last der Arbeitslosigkeit für Einzelpersonen und den Staat verringert, zur besseren Nutzung einer wichtigen wirtschaftlichen Ressource beiträgt, das Bewusstsein für die Globalisierung sowie deren Akzeptanz stärkt und die Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt erhöht; räumt ein, dass zahlreiche Umstrukturierungen in der EU entweder auf technologische Veränderungen oder den sich wandelnden Verbrauchergeschmack zurückzuführen sind und somit in keiner Verbindung zum Welthandel stehen; daher würde in diesem Zusammenhang kein Anspruch auf Fördermittel aus dem EGF bestehen. So wird der Anwendungsbereich des EGF in dem Kommissionsvorschlag auf Fälle begrenzt, in denen eine Verbindung zwischen dem Arbeitsplatzverlust und strukturellen Veränderungen im Welthandelsgefüge nachgewiesen werden kann; nach Ansicht des AdR sollten die bestehenden Instrumente im Zusammenhang mit dem Strukturfondsmitteleinsatz besonders dazu genutzt werden, um Arbeitsplatzverluste infolge von EU-internen Betriebsverlagerungen wettzumachen; ist der Auffassung, dass der Grundsatz der Ko-/ Ergänzungsfinanzierung auch auf den EGF angewandt werden sollte, um ein echtes nationales, regionales oder lokales Engagement bei der Umsetzung zu gewährleisten;

1.3

ist der Auffassung, dass weitsichtiges Denken, eine gute Planung und angemessene Investitionskonzepte, einschließlich der Investition in Humanressourcen, auf lange Sicht die geeigneten Strategien zur Bewältigung der globalisierungsbedingten Herausforderungen sind, wohingegen das Ziel und der Finanzrahmen des EGF (im Sinne der im Dezember 2005 unter britischem Vorsitz erzielten Einigung des Europäischen Rates) nur darauf gerichtet sind, die negativen Folgen struktureller Veränderungen in den internationalen Handelsströmen durch Ex-post-Maßnahmen zu bekämpfen;

1.4

betont die insgesamt positiven Auswirkungen der Globalisierung auf Wachstum und Beschäftigung in der Gemeinschaft und unterstreicht daher, dass ein Fonds zur Abfederung der negativen Folgen der Globalisierung mit angemessenen Mitteln ausgestattet werden sollte. Daher schlägt der Ausschuss der Regionen vor, den jährlichen Höchstbetrag für die Ausgaben auf 1 Milliarde EUR festzulegen, sofern dies mit den Festlegungen der Finanziellen Vorausschau für die Jahre 2007-2013 vereinbar ist;

1.5

hebt hervor, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Bewältigung der Folgen von Entlassungen größeren Ausmaßes eine aktive Rolle spielen, und ist daher der Auffassung, dass sie bei der Beantragung von Fondsmitteln einbezogen werden sollten; räumt jedoch ein, dass die erforderliche Zustimmung des jeweiligen Mitgliedstaats zu dem Antrag als stillschweigende Anerkennung des Ernstes der Lage gewertet werden wird und den Mitgliedstaat dazu verpflichtet, sich der Situation anzunehmen. Der EGF darf nicht die Verantwortung der Mitgliedstaaten untergraben, ihren eigenen Modus zur Bewältigung wirtschaftlicher Umstrukturierungen zu finden;

1.6

nimmt zur Kenntnis, dass eine Überschneidung mit den Strukturfonds weder beabsichtigt noch möglich oder wünschenswert ist (angesichts der arbeitsintensiven und zeitaufwendigen Programmplanung und Verwaltungs- bzw. Prüfverfahren) und dass die Mitgliedstaaten in ihren Anträgen sowohl nachweisen müssen, dass keine Überschneidungen vorliegen, als auch dass eine Komplementarität zwischen den verschiedenen Finanzinstrumenten gegeben ist; erkennt an, dass der EGF nicht auf die allgemeine Entwicklung einer Region ausgerichtet ist, sondern vielmehr bei möglichen Massenentlassungen in einem einzelnen Unternehmen zum Tragen kommt; hierbei wird davon ausgegangen, dass sich solche Vorfälle aufgrund ihrer mittelbaren Folgen für die Zulieferer in größerem Maße auf das Wohlstandsniveau einer Region auswirken können, was insgesamt einen großen Einfluss auf die regionale Entwicklung haben kann;

1.7

ist sich bewusst, dass die Zuweisung der EGF-Mittel nicht wie bei den Strukturfonds nach dem Muster einer „gerechten Verteilung“ auf der Grundlage des relativen Entwicklungsstands erfolgen wird, sondern dass sich die gewährten Mittel auf Fälle tatsächlicher Entlassungen konzentrieren werden;

1.8

räumt ein, dass der eigentliche Nutznießer zwar der einzelne Arbeitnehmer ist, die Durchführung von Maßnahmen im Rahmen des EGF (z.B. die Einrichtung von Beratungsdiensten) jedoch nicht über den einzelnen Arbeitnehmer abgewickelt wird, sondern über die lokalen, regionalen oder nationalen Behörden bzw. Unternehmen;

1.9

erinnert an die Aussage der Kommission, der zufolge der EGF ein Instrument sein muss, mit dem auf schnelle und unbürokratische Weise eingegriffen werden kann; bedauert daher, dass die vorgeschlagenen Beschlussfassungsverfahren, nach denen die EGF-Maßnahmen einzeln genehmigt und der EU-Haushaltsbehörde (Rat und Parlament) „partienweise“ vorgelegt werden müssen, der eigentlich gebotenen schnellen Reaktion entgegenstehen, die auch aus moralischer Sicht erforderlich ist.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Empfehlung 1

Erwägungsgrund 5

Von der Kommission vorgeschlagener Text

Änderungsvorschlag des AdR

(5)

Eine im Rahmen dieser Verordnung finanzierte Maßnahme sollte keine finanzielle Unterstützung von anderen gemeinschaftlichen Finanzinstrumenten erhalten.

(5)

Eine im Rahmen dieser Verordnung finanzierte Maßnahme sollte kann keine ergänzende finanzielle Unterstützung von anderen gemeinschaftlichen Finanzinstrumenten erhalten.

Begründung

Spezifische nationale Instrumente, die von der Europäischen Union über die Strukturfonds kofinanziert werden, ermöglichen den Mitgliedstaaten ein Tätigwerden im Falle von Massenentlassungen. Diese Instrumente sehen jedoch nicht unbedingt kurz- und mittelfristige Maßnahmen vor. Daher sollten die über den EGF finanzierten Maßnahmen die Unterstützungsleistungen aus anderen Finanzinstrumenten der Gemeinschaft kurzfristig ergänzen können.

Darüber hinaus scheint der Erwägungsgrund 5 des Kommissionsvorschlags in Widerspruch zu Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe d) zu stehen, in dem es in Bezug auf die Anträge auf einen Finanzbeitrag aus dem EGF heißt: „In den Anträgen sind Angaben zu folgenden Punkten zu machen: (...) (d) spezifische zu finanzierende Maßnahmen und Aufschlüsselung ihrer geschätzten Kosten, einschließlich ihrer Komplementarität mit von den Strukturfonds finanzierten Maßnahmen.

Empfehlung 2

Erwägungsgrund 6

Von der Kommission vorgeschlagener Text

Änderungsvorschlag des AdR

(6)

Gemeinschaftshilfe sollte nur auf Antrag des betroffenen Mitgliedstaats gewährt werden. Die Kommission sollte die Gleichbehandlung der von den Mitgliedstaaten vorgelegten Anträge gewährleisten.

(6)

Gemeinschaftshilfe sollte nur auf Antrag des betroffenen Mitgliedstaats gewährt werden, der im Einklang mit seiner innerstaatlichen Verfassungsordnung und in Abstimmung mit den betroffenen lokalen und/oder regionalen Gebietskörperschaften tätig wird. Die Kommission sollte die Gleichbehandlung der von den Mitgliedstaaten vorgelegten Anträge gewährleisten, wobei die geografische Verteilung der Fondsmittel jedoch keine Rolle spielt.

Begründung

Mit diesem Änderungsantrag wird hervorgehoben, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ebenso wie die Mitgliedstaaten eine aktive Rolle bei der Abfederung der negativen Folgen der Globalisierung spielen. Da die Auswirkungen auf die Regionen in der Verordnung als Kriterium für den Einsatz des EGF angeführt werden, sollten die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip bei der Beantragung von EGF-Mitteln einbezogen werden.

Wie in den Kriterien für die Zuschussfähigkeit festgelegt, sollte sich die Gewährung der Hilfe am Bedarf orientieren. Die Kommission sollte jeglichem Druck seitens der Mitgliedstaaten, die einen „gerechten Anteil“ fordern, standhalten.

Empfehlung 3

Artikel 2

Interventionskriterien

Von der Kommission vorgeschlagener Text

Änderungsvorschlag des AdR

Ein Finanzbeitrag des EGF wird in den Fällen bereitgestellt, in denen weit gehende strukturelle Veränderungen im Welthandelsgefüge zu einer schwerwiegenden Störung des Wirtschaftsgeschehens führen, insbesondere zu einem massiven Anstieg der Importe in die EU oder einem allmählichen Rückgang des Marktanteils der EU in einem bestimmten Sektor oder einer Standortverlagerung in Drittländer, die folgende Konsequenzen hat:

(a)

mindestens 1.000 Entlassungen in einem Unternehmen, darunter auch arbeitslos gewordene Beschäftigte bei Zulieferern oder nachgeschalteten Herstellern, in einer Region, in der die Arbeitslosigkeit gemessen auf NUTS-III-Niveau über dem Durchschnittswert in der EU oder dem betreffenden Mitgliedstaat liegt,

oder

(b)

mindestens 1.000 Entlassungen innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten in einem oder mehreren Unternehmen in einem Sektor, gemessen auf NACE-2-Niveau, was mindestens 1% der auf NUTS-II-Niveau gemessenen regionalen Beschäftigung entspricht.

Ein Finanzbeitrag des EGF wird in den Fällen bereitgestellt, in denen weit gehende strukturelle Veränderungen im Welthandelsgefüge zu einer schwerwiegenden Störung des Wirtschaftsgeschehens führen, insbesondere zu einem massiven Anstieg der Importe in die EU oder einem allmählichen Rückgang des Marktanteils der EU in einem bestimmten Sektor oder einer Standortverlagerung in Drittländer, die folgende Konsequenzen hat:

(a)

mindestens 1.000 500 Entlassungen in einem Unternehmen, darunter auch arbeitslos gewordene Beschäftigte bei Zulieferern oder nachgeschalteten Herstellern, in einer Region, in der die Arbeitslosigkeit gemessen auf NUTS-III-Niveau über dem Durchschnittswert in der EU oder dem betreffenden Mitgliedstaat liegt,

oder

(b)

mindestens 1.000 500 Entlassungen innerhalb eines Zeitraums von sechs zwölf Monaten in einem oder mehreren Unternehmen in einem Sektor, einer Branche, definiert gemessen auf der Ebene NACE-2-Niveau, die was mindestens 1% der auf NUTS-II-Niveau gemessenen regionalen Beschäftigung entspricht Arbeitsplätze stellt * oder deren Arbeitsplätze in der Region, gemessen auf NUTS-II-Niveau, im selben Zeitraum um mindestens 10% geschrumpft sind.

(c)

Wenn die unter (a) und (b) genannten quantitativen Kriterien nicht erfüllt sind, kann die Kommission ausnahmsweise und in hinreichend begründeten Fällen erwägen, den Antrag eines Mitgliedstaats auf Förderung durch den EGF zuzulassen.

Begründung

Die Parameter sollten angepasst werden, damit der Fonds flexibler eingesetzt werden kann. Ferner sollte die Verordnung eine Schutzklausel in Form eines politischen Kriteriums zur Beurteilung der Förderfähigkeit der Antragsteller umfassen.

Empfehlung 4

Artikel 5 Absatz 1

Anträge

Von der Kommission vorgeschlagener Text

Änderungsvorschlag des AdR

1.   Der Mitgliedstaat reicht ... einen Antrag auf einen Finanzbeitrag aus dem EGF bei der Kommission ein.

1.   Der Mitgliedstaat reicht ... und in Absprache mit den betroffenen lokalen und/oder regionalen Gebietskörperschaften sowie mit den Sozialpartnern einen Antrag auf einen Finanzbeitrag aus dem EGF bei der Kommission ein.

Begründung

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und ihre Bevölkerung werden von den Folgen von Betriebsverlagerungen und -schließungen betroffen sein und sollten in die Konzipierung von Strategien zur Bewältigung einer solchen Lage eingebunden werden. Daher sollten sie bei dem Verfahren zur Mittelbeantragung einbezogen werden — nicht zuletzt, um eine Komplementarität zwischen den Maßnahmen auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene zu gewährleisten.

Empfehlung 5

Artikel 5 Absatz 6

Anträge

Von der Kommission vorgeschlagener Text

Änderungsvorschlag des AdR

5.   Die Kommission gewährleistet die Gleichbehandlung der von den Mitgliedstaaten eingereichten Anträge.

5.   Die Kommission gewährleistet die Gleichbehandlung der von den Mitgliedstaaten eingereichten Anträge, wobei die geografische Verteilung der Fondsmittel keine Rolle spielt.

Begründung

Wie in den Kriterien für die Zuschussfähigkeit festgelegt, sollte sich die Gewährung der Hilfe am Bedarf orientieren. Die Kommission sollte jeglichem Druck seitens der Mitgliedstaaten, die einen „gerechten Anteil“ fordern, standhalten.

Empfehlung 6

Artikel 6

Komplementarität, Überwachung der Einhaltung und Koordinierung

Von der Kommission vorgeschlagener Text

Änderungsvorschlag des AdR

5.   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die spezifischen Maßnahmen, für die ein Finanzbeitrag aus dem EGF bereitgestellt wird, nicht auch eine Unterstützung von anderen gemeinschaftlichen Finanzinstrumenten erhalten.

5.   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die spezifischen Maßnahmen, für die ein Finanzbeitrag aus dem EGF bereitgestellt wird, nicht auch eine Unterstützung von anderen gemeinschaftlichen Finanzinstrumenten erhalten können.

Begründung

Auf die mögliche „Komplementarität“ der gemeinschaftlichen Finanzinstrumente, die im Fall von Massenentlassungen genutzt werden können (Strukturfonds und EGF), wird in Artikel 15 Absatz 1 der Kommissionsvorlage ausdrücklich verwiesen.

Empfehlung 7

Artikel 12

Haushaltsverfahren

Von der Kommission vorgeschlagener Text

Änderungsvorschlag des AdR

1.   Kommt die Kommission zu dem Schluss, dass aus dem EGF ein Finanzbeitrag bereitgestellt werden sollte, unterbreitet sie der Haushaltsbehörde einen Vorschlag, der zur Bewilligung von Mitteln in Höhe des gemäß Artikel 10 festgesetzten Betrags erforderlich ist.

2.   Die Kommission legt die Vorschläge der Haushaltsbehörde partienweise vor.

3.   Sobald die Haushaltsbehörde die Mittel zur Verfügung gestellt hat, fasst die Kommission einen Beschluss über einen Finanzbeitrag.

1.   Kommt die Kommission zu dem Schluss, dass aus dem EGF ein Finanzbeitrag bereitgestellt werden sollte, unterbreitet sie der Haushaltsbehörde einen Vorschlag, der zur Bewilligung von bewilligt sie Mitteln in Höhe des gemäß Artikel 10 festgesetzten Betrags erforderlich ist.

2.   Die Kommission legt setzt die Haushaltsbehörde die Vorschläge der Haushaltsbehörde partienweise vor in Kenntnis.

3.   Sobald die Haushaltsbehörde die Mittel zur Verfügung gestellt hat, fasst die Die Kommission fasst einen Beschluss über einen den Finanzbeitrag.

Begründung

Die Vorgabe, in Bezug auf jeden Antrag sowohl eine Genehmigung des Parlaments als auch des Rates einzuholen, wird zu Verzögerungen in einem Verfahren führen, mit dem sofortige und kurzfristige Unterstützung bereitgestellt werden soll; die beabsichtigte Zurückhaltung und Sammlung der Anträge, bis eine bündelweise Vorlage möglich ist, wird noch größere Verzögerungen zur Folge haben. Die Kommission hätte im Wege der Befugnisübertragung dafür sorgen sollen, dass sie selbst Entscheidungen treffen kann und die Haushaltsbehörde lediglich über die Mittelverteilung in Kenntnis setzen muss.

Empfehlung 8

Artikel 16 Absatz 2

Jahresbericht

Von der Kommission vorgeschlagener Text

Änderungsvorschlag des AdR

2.   Der Bericht wird den Sozialpartnern zur Information übermittelt.

2.   Der Bericht wird den Sozialpartnern, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen zur Information übermittelt.

Begründung

Die Leistungsfähigkeit des Fonds ist für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von unmittelbarer Bedeutung; folglich ist sie für den AdR von Interesse. In diesem Bereich sollte eine umfassende Abstimmung sowie Transparenz gegenüber den europäischen Institutionen und den Sozialpartnern gewährleistet bleiben, die am Erfolg des Projekts beteiligt sind.

Empfehlung 9

Artikel 17 Absatz 2

Evaluierung

Von der Kommission vorgeschlagener Text

Änderungsvorschlag des AdR

2.   Die Ergebnisse der Evaluierung werden der Haushaltsbehörde und den Sozialpartnern zur Information übermittelt.

2.   Die Ergebnisse der Evaluierung werden der Haushaltsbehörde dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, dem Ausschuss der Regionen und den Sozialpartnern zur Information übermittelt.

Begründung

Die Leistungsfähigkeit des Fonds ist für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von unmittelbarer Bedeutung; folglich ist sie für den AdR von Interesse. In diesem Bereich sollte eine umfassende Abstimmung sowie Transparenz gegenüber den europäischen Institutionen und den Sozialpartnern gewährleistet bleiben, die am Erfolg des Projekts beteiligt sind.

Empfehlung 10

Mittelausstattung

Der Höchstbetrag für die Ausgaben des Fonds beläuft sich auf bis zu 500 Mio. 1 Milliarde EUR zu jeweiligen Preisen, sofern dies mit den Festlegungen der Finanziellen Vorausschau für die Jahre 2007-2013 vereinbar ist.

Begründung

Angesichts der geschätzten Anzahl von Arbeitnehmern, die jährlich von Betriebsverlagerungen aufgrund von Veränderungen in den internationalen Handelsströmen betroffen sein werden, dürfte die vorgesehene Mittelausstattung nicht ausreichend sein; eine Verdopplung des Höchstbetrags für die Ausgaben erscheint gerechtfertigt und bleibt problemlos im Rahmen der üblichen zu erwartenden Unterschreitungen von Haushaltsobergrenzen im Gemeinschaftshaushalt.

Brüssel, den 11. Oktober 2006

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Michel DELEBARRE


6.3.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 51/7


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“

(2007/C 51/02)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf den „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit“ (KOM(2005) 646 endg. — 2005/0260 (COD));

aufgrund des Ratsbeschlusses vom 7. Februar 2006, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 des EG-Vertrags mit der Erarbeitung einer Stellungnahme zu diesem Thema zu befassen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 16. Februar 2006, die Fachkommission für Kultur, Bildung und Forschung mit der Erarbeitung einer Stellungnahme zu diesem Thema zu beauftragen;

gestützt auf die Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit, geändert durch die Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997;

gestützt auf seine Stellungnahme zur „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Zukunft der europäischen Regulierungspolitik im audiovisuellen Bereich“ (1) (CdR 67/2004 fin) (2);

gestützt auf seine Stellungnahme zum „Vierten Bericht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie 89/552/EWG Fernsehen ohne Grenzen“ (3) (CdR 90/2003 fin) (4);

gestützt auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zu „Fernsehen ohne Grenzen“ (2003/2033(INI));

gestützt auf den fünften Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Anwendung der Richtlinie 89/552/EWG „Fernsehen ohne Grenzen“ (KOM(2006) 49 endg.);

gestützt auf die siebente Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Anwendung von Artikel 4 und 5 der Richtlinie 89/552/EWG „Fernsehen ohne Grenzen“ — in der Fassung der Richtlinie 97/36/EG — im Zeitraum 2003-2004 (KOM(2006) 459 endg.);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Überprüfung der Interoperabilität digitaler interaktiver Fernsehdienste gemäß der Mitteilung der Kommission KOM(2004) 541 vom 30. Juli 2004 (KOM(2006) 37 endg.);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Elektronischen Kommunikation in Europa — Regulierung und Märkte 2005 (11. Bericht) (KOM(2006) 68 endg.);

gestützt auf den von der Fachkommission für Kultur, Bildung und Forschung am 20. Juni 2006 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 106/2006 rev. 2) (Berichterstatter: Herr LAMBERTZ, Ministerpräsident der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens (BE/SPE));

in Erwägung folgender Gründe:

1)

Seit dem Erlass der Fernsehrichtlinie im Jahr 1989 und ihrer Änderung im Jahr 1997 schreitet die technologische Entwicklung weiter voran. Insbesondere die Digitalisierung und die Konvergenz der Medien machen es notwendig, den geltenden Rechtsrahmen anzupassen. In Zukunft wird es möglich sein, digitalisierte Kommunikationsinhalte auf verschiedenen Übertragungswegen zu verbreiten und somit die Empfänger auf beliebigen Endgeräten mit einem umfassenden Informations- und Unterhaltungsangebot zu versorgen.

2)

Dieser Entwicklung muss das Recht schon deshalb Rechnung tragen, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen klassischen Fernsehdiensten und sonstigen Mediendiensten zu vermeiden. Der Ausschuss der Regionen und das Europäische Parlament haben wiederholt die Anpassung der derzeitigen Fernsehrichtlinie an die strukturellen Veränderungen und die technologischen Entwicklungen unterstützt und die Einführung von Grundvorschriften für alle Mediendienste verlangt.

3)

Wegen der zentralen Bedeutung, die audiovisuelle Medien für den Erhalt der kulturellen Vielfalt und für die Entwicklung einer pluralistischen Gesellschaft in Europa haben, muss der europarechtliche Rahmen so angepasst werden, dass deren positive Weiterentwicklung ermöglicht und gefördert wird. Medien sind insgesamt für die Wahrung der regionalen und lokalen Kulturvielfalt und Identität von besonderer Bedeutung. Zudem trägt das Vorhandensein regionaler und lokaler Medien zur Verbreitung der entsprechenden Inhalte und häufig auch der Minderheitensprachen bei.

4)

Die unterschiedlichen elektronischen Angebote, mit denen Nutzer heute auf vielfältige Weise und dauernd konfrontiert sind, haben zu einer veränderten Wahrnehmung kommerzieller Kommunikation geführt. Daher ist es angebracht, quantitative Werbebegrenzungen in der Änderung der Richtlinie insoweit anzupassen, als dies sachgerecht und zeitgemäß ist. Jedoch müssen bestimmte qualitative Beschränkungen sicherstellen, dass die für die demokratische Willensbildung auf nationaler und regionaler Ebene unabdingbare redaktionelle und programmliche Unabhängigkeit der audiovisuellen Mediendienste gewahrt bleibt. Dabei ist auch den Interessen des Jugend- und Verbraucherschutzes ausreichend Rechnung zu tragen.

verabschiedete auf seiner 66. Plenartagung am 11./12. Oktober 2006 (Sitzung vom 11. Oktober) folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

in Bezug auf den Anwendungsbereich der Richtlinie

1.1

begrüßt die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinie. Im Hinblick auf die zunehmende Konvergenz ist es angezeigt, alle Mediendienste bestimmten Mindeststandards im Bereich des Jugendschutzes, des Schutzes der Menschenwürde, bei der Förderung europäischer und unabhängiger Werke und dem Recht auf Kurzberichterstattung von Ereignissen öffentlicher Bedeutung zu unterwerfen;

1.2

vertritt jedoch die Auffassung, dass der Vorschlag der Kommission in dieser Hinsicht zu kurz greift und hält es für notwendig wegen der technischen Konvergenz, die zunehmend auch eine inhaltliche Konvergenz zur Folge hat, die Fernsehrichtlinie noch stärker zu einer plattformunabhängigen Richtlinie fortzuentwickeln, die alle elektronisch verbreiteten Inhalte, die sich bewegter Bilder bedienen, erfasst;

1.3

spricht sich dafür aus, dass Mediendienste, die neben Ton oder Text auch bewegte Bilder verwenden, den Mindeststandards im Bereich des Jugendschutzes und der Menschenwürde unterliegen und nicht nur lediglich den eher rein wirtschaftsrechtlichen Regelungen wie etwa der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr;

in Bezug auf abgestufte Regelungen

1.4

hält die von der Kommission getroffene abgestufte Regelung zwischen linearen und nichtlinearen audiovisuellen Mediendiensten im Hinblick auf die unterschiedlichen Auswahl- und Steuerungsmöglichkeiten der Nutzer für sachgerecht und befürwortet, dass alle audiovisuellen Mediendienste bestimmten Grundstandards unterworfen werden;

in Bezug auf das Sendestaatsprinzip

1.5

begrüßt, dass die Kommission an dem Sendestaatsprinzip festhält; fordert jedoch effektivere Handlungsmöglichkeiten für den Empfangsmitgliedstaat in dem Falle, in dem ein Mediendiensteanbieter seine Tätigkeit ausschließlich oder überwiegend auf das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates außerhalb des Sendemitgliedstaates ausrichtet;

in Bezug auf Selbstkontrollmechanismen

1.6

begrüßt, dass sich die Kommission zur Einführung von Selbstkontrollmechanismen bekennt und die Mitgliedstaaten auffordert, entsprechende Regelungen zu fördern;

1.7

befürwortet jedoch, schon aus kompetenziellen Gründen bei dieser Regelung zu bleiben. Von inhaltlichen Vorgaben für die Selbstkontrollmechanismen in den Mitgliedstaaten und Regionen ist im Hinblick auf die kulturelle Vielfalt und die Subsidiarität abzusehen;

in Bezug auf das Recht der Kurzberichterstattung

1.8

unterstützt, dass zur Gewährleistung eines grenzüberschreitenden Informationsflusses und eines ungehinderten Zuganges zu Informationen künftig ein Recht der Kurzberichterstattung vorgesehen wird. Dies trägt zur Meinungsvielfalt und auch zur grenzüberschreitenden Information von bedeutenden Ereignissen aus anderen Regionen entscheidend bei. Zudem wird damit eine weitere Angleichung der fernsehbezogenen Regelungsbereiche an das entsprechende Übereinkommen des Europarates vorgenommen;

1.9

spricht sich erneut dafür aus, dass das Recht auf Kurzberichterstattung insbesondere auch für in den Minderheitensprachen sendende Veranstalter gewährleistet werden muss;

in Bezug auf die Förderung europäischer und unabhängiger Produktionen

1.10

begrüßt ausdrücklich die Aufrechterhaltung des Quoten-Systems zur Unterstützung europäischer Produktionen, da diese wesentlich zum Erhalt und zur Entwicklung regionaler Identitäten beitragen; fordert jedoch eine strengere und einheitlichere Anwendung dieses Systems;

1.11

hält es für notwendig, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen des praktisch Durchführbaren und mit angemessenen Mitteln dafür zu sorgen haben, dass auch die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Anbieter nichtlinearer Mediendienste die Produktion und den Zugang zu europäischen und unabhängigen Werken fördern;

in Bezug auf Werbebestimmungen

1.12

vertritt die Auffassung, dass die Lockerungen bei den durch den Richtlinienentwurf erstmals zugelassenen Produktplatzierungen zu weit gehen und erkennbar erhebliche Gefahren für die redaktionelle Unabhängigkeit mit sich bringen, auch wenn dies Artikel 3h Absatz 1 Buchstabe a) des Vorschlags ausschließen will;

1.13

ist der Ansicht, dass die Regelungen des Artikels 11 zum Abstand zwischen Werbeunterbrechungen und des Artikels 18 zur Beschränkung der stündlichen Werbezeit nicht mehr sachgerecht sind und regt deshalb an, die quantitativen Werbebestimmungen für Anbieter linearer Dienste stärker zu liberalisieren;

1.14

sieht bei einer Streichung der Bestimmungen im Interesse des Jugend- und Verbraucherschutzes aber die Notwendigkeit, das Verbot einzuführen, Kinderprogramme und Nachrichtensendungen durch Werbung zu unterbrechen;

1.15

empfiehlt, die Regelung, wonach einzeln gesendete Spots die Ausnahme bilden müssen, dahingehend zu ändern, dass davon aus sachlichen Gründen abgewichen werden darf;

in Bezug auf die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden

1.16

unterstützt die vorgesehene Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden, vertritt indes die Auffassung, dass es grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten und gegebenenfalls der Regionen mit Gesetzgebungshoheit bleiben soll, wie sie ihre Medienaufsicht ausgestalten, insbesondere wenn sie über einen binnenplural organisierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk verfügen.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Empfehlung 1

Ziffer 2, Neufassung des Artikels 1, Buchstabe a)

Von der Kommission vorgeschlagener Wortlaut

Änderungsantrag des AdR

2.

Artikel 1 erhält folgende Fassung:

„Artikel 1

Für die Zwecke dieser Richtlinie bedeutet:

a)

'audiovisueller Mediendienst': eine Dienstleistung im Sinne von Artikel 49 und 50 EG-Vertrag, deren Hauptzweck in dem Angebot bewegter Bilder mit oder ohne Ton zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne von Artikel 2 Buchstabe a) der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlamentes und der Rates besteht.“

2.

Artikel 1 erhält folgende Fassung:

„Artikel 1

Für die Zwecke dieser Richtlinie bedeutet:

a)

'audiovisueller Mediendienst': eine Dienstleistung im Sinne von Artikel 49 und 50 EG-Vertrag, deren Hauptz Zweck auch in dem Angebot bewegter Bilder mit oder ohne Ton zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne von Artikel 2 Buchstabe a) der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlamentes und der Rates besteht, einschließlich begleitender Teletexte. Nicht erfasst sind Gewinnspiele mit einem einen Geldwert darstellenden Einsatz bei Glücksspielen, einschließlich Lotterien und Wetten.“

Begründung

Gerade wegen der technischen Konvergenz, die zunehmend auch eine inhaltliche Konvergenz zur Folge hat, ist es nicht zielführend, lediglich solche Mediendienste zu erfassen, deren Hauptzweck in dem Verbreiten bewegter Bilder mit oder ohne Ton liegt. Vielmehr ist es auch im Hinblick auf einen unverzerrten Wettbewerb sachgerecht, alle Mediendienste, die sich auch bewegter Bilder bedienen, den Mindeststandards des Artikels 3 Buchstaben d)-h) zu unterwerfen. Dafür spricht zunächst, dass die Grenze zwischen Mediendiensten, bei denen das Angebot bewegter Bilder mit oder ohne Ton den Hauptzweck darstellt, und Mediendiensten, die sich als Nebenzweck auch bewegter Bilder mit oder ohne Ton bedienen (etwa die elektronische Presse oder der über Internet verbreitete Hörfunk), immer fließender wird. Auch ist nicht zu rechtfertigen, warum Mediendienste, die neben bewegten Bildern gleichgewichtig oder hauptsächlich auf Ton oder Text setzen, den Mindeststandards im Bereich des Jugendschutzes und der Menschenwürde nicht unterliegen und lediglich den eher rein wirtschaftsrechtlichen Regelungen wie etwa der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr unterfallen sollen.

Die Richtlinie sollte sich auch auf audiovisuelle Mediendienste begleitende Teletexte erstrecken. Teletexte werden bereits von der geltenden Richtlinie erfasst. Deshalb sollten begleitende Teletexte explizit in Artikel 1 lit. a erwähnt werden.

Aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Verhinderung von Straftaten und des Schutzes der Verbraucher ist der Glücksspielbereich keine normale wirtschaftliche Betätigung. In Übereinstimmung mit den Regelungen der eCommerce-Richtlinie ist es deshalb notwendig, auch in der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste deutlich zu machen, dass deren Regelungen zur Erleichterung grenzüberschreitender Aktivitäten sich nicht auf Glücksspiele jeder Art beziehen. In der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste werden Glücksspiele zwar nicht ausdrücklich erwähnt, jedoch ist durch die vorgesehene Ausweitung des Anwendungsbereichs auf nicht lineare audiovisuelle Mediendienste nicht auszuschließen, dass Glücksspieldienstleistungen von der Richtlinie erfasst werden. Daher sollte in Artikel 1 lit. a eine Ergänzung aufgenommen werden, die den Wortlaut der in Artikel 1 Absatz 5 der eCommerce-Richtlinie geregelten Ausnahme vom Anwendungsbereich übernimmt.

Empfehlung 2

Ziffer 2, Neufassung des Artikels 1, Buchstabe c)

Von der Kommission vorgeschlagener Wortlaut

Änderungsantrag des AdR

Artikel 1 Buchstabe c)

„c)

'Fernsehsendung': ein linearer audiovisueller Mediendienst, bei dem ein Mediendiensteanbieter den Zeitpunkt, zu dem ein bestimmtes Programm übertragen wird, und den Programmplan festlegt.“

Artikel 1 Buchstabe c)

c)

'Fernsehsendung': ein linearer audiovisueller Mediendienst, bei dem ein Mediendiensteanbieter den Zeitpunkt, zu dem ein bestimmtes Programm übertragen wird, und den Programmplan festlegt. 'linearer Dienst' (i.e. Fernsehsendung): ein audiovisueller Mediendienst, der in der unverschlüsselten oder verschlüsselten Sendung von Fernsehprogrammen für eine unbestimmte Zahl möglicher Fernsehzuschauer, an die dieselben Bilder ungeachtet der Technik der Bildübertragung gleichzeitig übertragen oder übermittelt werden, besteht.“

Begründung

Eine präzisere Definition des Begriffs „linearer Dienst“ wird durch den Rückgriff auf die Ausführungen des EuGH zum Begriff „Fernsehsendung“ in seinem Mediakabel-Urteil ermöglicht. Zur besseren Abgrenzung der Begriffe „linearer“ und „nicht linearer Dienst“ sollten darüber hinaus die von der Europäischen Kommission in der Begründung zum Richtlinienentwurf selbst genannten Beispiele (vgl. Ziffer 5 der Kurzbegründung in Dokument KOM(2005) 646) und die in ihrem Non-paper von Februar 2006 genannten Abgrenzungsbeispiele in den Erwägungsgründen als Regelbeispiele aufgeführt werden.

Empfehlung 3

Ziffer 2, Neufassung des Artikels 1, Buchstabe h)

Von der Kommission vorgeschlagener Wortlaut

Änderungsantrag des AdR

Artikel 1 Buchstabe h)

„h)

'Schleichwerbung': die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, des Namens, der Marke oder der Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Programmen, wenn sie vom Fernsehveranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich ihres eigentlichen Zwecks irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt.“

Artikel 1 Buchstabe h)

„h)

'Schleichwerbung': die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, des Namens, der Marke oder der Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Programmen, wenn sie vom Fernsehveranstalter Anbieter eines audiovisuellen Mediendienstes Fernsehveranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich ihres eigentlichen Zwecks irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt oder wenn eine Ware, eine Dienstleistung, ein Name, eine Marke oder eine Tätigkeit unzulässig hervorgehoben wird. Eine Hervorhebung ist unzulässig, wenn sie nicht durch redaktionelle Erfordernisse des Programms, insbesondere zur Darstellung der Lebenswirklichkeit, gerechtfertigt ist.“

Begründung

Nach der Erweiterung des Anwendungsbereichs sollte sich das Verbot der Schleichwerbung dementsprechend auf alle Anbieter audiovisueller Mediendienste und nicht nur auf Fernsehveranstalter/lineare Dienste erstrecken. Dazu ist in Artikel 1 lit. h) das Wort „Fernsehveranstalter“ durch „Anbieter eines audiovisuellen Mediendienstes“ zu ersetzen.

Die Definition der verbotenen Schleichwerbung in Artikel 1 lit. h unter Rückgriff auf Ziffer 33 der interpretierenden Mitteilung der Europäischen Kommission zur Fernsehwerbung ist zu präzisieren (Merkmal der unzulässigen Hervorhebung). Danach werden durch eine Erweiterung von Artikel 3h Absatz 1 die engen Voraussetzungen, unter denen das Zurverfügungstellen von Produkten für audiovisuelle Produktionen zulässig ist, genau beschrieben.

Empfehlung 4

Ziffer 4, Einfügung eines neuen Buchstabens c)

Von der Kommission vorgeschlagener Wortlaut

Änderungsantrag des AdR

 

c)

Der folgende Absatz 4 wird in Artikel 2 a eingefügt:

„Bei nicht-linearen Diensten können die Mitgliedstaaten Maßnahmen nach Artikel 3 Absätze 3 bis 5 und Artikel 12 Absatz 3 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (eCommerce-Richtlinie) ergreifen.“

Begründung

Der Ausschuss der Regionen bekennt sich zu dem Herkunftslandprinzip als Grundprinzip der Richtlinie. Allerdings sollte für die Mitgliedstaaten weiterhin die Möglichkeit bestehen, z.B. rechtsextreme Inhalte zu unterbinden. Zwar könnte der Mitgliedstaat gegen entsprechende Inhalte in linearen Diensten auf der Basis des Artikels 2 a Absatz 2 lit. a vorgehen, doch bei nicht linearen Diensten entstünde eine Regelungslücke, da die bisherigen Eingriffsmöglichkeiten auf der Basis der eCommerce-Richtlinie durch die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste verdrängt würden. Deshalb ist den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einzuräumen, bei nicht linearen Diensten wie bisher auf der Basis der eCommerce-Richtlinie Sperrverfügungen zu erlassen. Hierzu sollte ein ausdrücklicher Verweis in einem neuen Artikel 2 a Absatz 4 vorsehen, dass die Mitgliedstaaten bei nicht linearen Diensten Maßnahmen nach Artikel 3 Absätze 3 bis 5 und Artikel 12 Absatz 3 der eCommerce-Richtlinie ergreifen können.

Empfehlung 5

Ziffer 5, Umformulierung von Artikel 3 Absatz 3

Von der Kommission vorgeschlagener Wortlaut

Änderungsantrag des AdR

Artikel 3 Absatz 3

Die Mitgliedstaaten fördern Regelungen zur Ko-Regulierung in den von dieser Richtlinie koordinierten Bereichen. Solche Regelungen müssen derart gestaltet sein, dass sie von den hauptsächlichen Beteiligten allgemein anerkannt werden und dass eine wirksame Durchsetzung gewährleistet ist.

Artikel 3 Absatz 3

Zur Umsetzung und zum Vollzug der Bestimmungen dieser Richtlinie fördern d Die Mitgliedstaaten fördern Regelungen zur Systeme der Selbst- und Ko-Regulierung in den von dieser Richtlinie koordinierten Bereichen. Solche Regelungen Diese müssen derart gestaltet sein, dass sie in dem jeweiligen Mitgliedstaat von den hauptsächlichen Beteiligten allgemein anerkannt werden und dass eine wirksame Durchsetzung gewährleistet ist.

Begründung

Eine Umsetzung der Richtlinie mittels Selbstregulierungs- und Selbstkontrollsystemen sollte weiterhin möglich bleiben. Daher ist im verfügenden Teil der Richtlinie, hilfsweise auch in den Erwägungsgründen, klarzustellen, dass auch Selbstregulierung erfasst wird, soweit sie mit staatlicher Letztverantwortung und einer entsprechenden staatlichen Eingriffsmöglichkeit gekoppelt ist. Im Übrigen sollte klargestellt werden, dass sich die Wendung „allgemein anerkannt“ auf die allgemeine Anerkennung im jeweiligen Mitgliedstaat und nicht auf die gesamte Gemeinschaft bezieht.

Empfehlung 6

Ziffer 6, Einfügung in Artikel 3b

Von der Kommission vorgeschlagener Wortlaut

Änderungsantrag des AdR

„Artikel 3b

1.   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Zugang zu Ereignissen, die von großem öffentlichen Interesse sind und die von einem ihrer Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstalter übertragen werden, zum Zwecke der Kurzberichterstattung Fernsehveranstaltern, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, nicht verwehrt wird.

2.   Die Fernsehveranstalter oder Vermittler können diese Kurznachrichtenausschnitte frei aus dem Sendesignal des übertragenden Fernsehveranstalters auswählen, müssen dabei aber mindestens ihre Quelle angeben.“

„Artikel 3b

1.   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Zugang zu Ereignissen, die von großem öffentlichen Interesse sind und die von einem ihrer Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstalter übertragen werden, zum Zwecke der Kurzberichterstattung Fernsehveranstaltern, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind oder deren Programm in einer Minderheitensprache ausgestrahlt wird, nicht verwehrt wird.

2.   Die Fernsehveranstalter oder Vermittler können diese Kurznachrichtenausschnitte entweder frei aus dem Sendesignal des übertragenden Fernsehveranstalters auswählen, müssen dabei aber mindestens ihre Quelle angeben oder nach dem Recht des Mitgliedstaates zum Zwecke der Übertragung selbst Zugang zu dem Ereignis erhalten.“

Begründung

Für die regionale und kulturelle Vielfalt ist es von entscheidender Bedeutung, dass auch inländische Fernsehveranstalter, die sich einer Minderheitensprache bedienen, Zugang zu Ereignissen von großem öffentlichen Interesse erhalten. Sie sind insoweit in einer vergleichbaren Lage wie Fernsehveranstalter, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind.

Unter dem Aspekt der Meinungsvielfalt erscheint die Ausgestaltung ausschließlich als Zugriffsrecht auf das vorhandene Sendesignal als unzureichend. Vielmehr sollte es die Richtlinie der Entscheidung des Mitgliedstaates überlassen, ob er das Kurzberichterstattungsrecht durch physisches Zugangsrecht oder durch Zugriff auf das Signal gewährt. Artikel 3 b Absatz 2 ist deshalb um ein physisches Zugangsrecht nach dem Recht des jeweiligen Mitgliedstaates zu ergänzen.

Zur Förderung der Meinungsvielfalt erscheint ein Kurzberichterstattungsrecht auch für Vermittler als verzichtbar. Der Begriff ist daher aus Artikel 3 b Absatz 2 zu streichen. (5)

Empfehlung 7

Ziffer 6, Änderung in Artikel 3 e

Von der Kommission vorgeschlagener Wortlaut

Änderungsantrag des AdR

Artikel 3 e

Die Mitgliedstaaten sorgen mit angemessenen Mitteln dafür, dass die audiovisuellen Mediendienste und die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation, die unter ihrer Rechtshoheit verbreitet werden, nicht zu Hass aufgrund von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Religion oder Glauben, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung aufstacheln.

Artikel 3 e

Die Mitgliedstaaten sorgen mit angemessenen Mitteln dafür, dass die audiovisuellen Mediendienste und die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation, die unter ihrer Rechtshoheit verbreitet werden, nicht zu Hass aus Gründen des aufgrund von Geschlechts, der Rasse, oder der ethnischer n Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung Glauben, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellern Ausrichtung aufstacheln oder in sonstiger Weise die Menschenwürde verletzen.

Begründung

Im Interesse eines einheitlichen Schutzstandards wird eine Harmonisierung mit den primärrechtlichen Vorgaben von Artikel 13 EGV angestrebt. Darüber hinaus bleibt in jedem Fall das alles überragende Schutzgut der Menschenwürde, wie es auch in Artikel 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Eingang gefunden hat, aufzunehmen.

Empfehlung 8

Ziffer 6, Änderung in Artikel 3h

Von der Kommission vorgeschlagener Wortlaut

Änderungsantrag des AdR

„Artikel 3h

1.   Audiovisuelle Mediendienste, die gesponsert sind oder Produktplatzierungen enthalten, müssen folgenden Anforderungen genügen:

(...)

c)

Die Zuschauer müssen eindeutig auf das Bestehen einer Sponsoring-Vereinbarung und/oder auf die Produktplatzierung hingewiesen werden. Gesponserte Programme müssen, beispielsweise durch den Namen, das Firmenemblem oder ein anderes Symbol des Sponsors, eine Bezugnahme auf seine Produkte oder Dienste oder ein entsprechendes unterscheidungskräftiges Zeichen in angemessener Weise zum Beginn, während und/oder zum Ende der Programme eindeutig gekennzeichnet sein. Programme mit Produktplatzierungen müssen zu Programmbeginn hinreichend gekennzeichnet sein, um eine Irreführung des Zuschauers zu verhindern.

(...)

4.   Nachrichtensendungen und Sendungen zum aktuellen Zeitgeschehen dürfen weder gesponsert werden noch Produktplatzierung enthalten. Audiovisuelle Mediendienste für Kinder und Dokumentarfilme dürfen keine Produktplatzierung enthalten.“

„Artikel 3h

1.   Audiovisuelle Mediendienste, die gesponsert sind oder Produktplatzierungen enthalten, müssen folgenden Anforderungen genügen:

(...)

c)

Die Zuschauer müssen eindeutig auf das Bestehen einer Sponsoring-Vereinbarung und/oder auf die Produktplatzierung hingewiesen werden. Gesponserte Programme müssen, beispielsweise durch den Namen, das Firmenemblem oder ein anderes Symbol des Sponsors, eine Bezugnahme auf seine Produkte oder Dienste oder ein entsprechendes unterscheidungskräftiges Zeichen in angemessener Weise zum Beginn, während und/oder zum Ende der Programme eindeutig gekennzeichnet sein. Programme mit Produktplatzierungen müssen zu Programmbeginn, hinreichend während sowie zum Ende der Programme eindeutig gekennzeichnet sein, um eine Irreführung des Zuschauers zu verhindern.

(...)

4.   Nachrichtensendungen und Sendungen zum aktuellen Zeitgeschehen dürfen weder nicht gesponsert werden noch Produktplatzierung enthalten. Audiovisuelle Mediendienste für Kinder und Dokumentarfilme dürfen keine Produktplatzierung enthalten. Produktplatzierungen dürfen nur in Kino- und Fernsehfilmen, sowie in Unterhaltungsserien, die nicht für Kinder bestimmt sind , erfolgen.“

Begründung

Der Richtlinienentwurf ermöglicht im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage erstmals die Einbeziehung von Produktplatzierungen in audiovisuellen kommerziellen Kommunikationsformen. Diese Lockerung des ursprünglich strikten Trennungsgebots zwischen Werbung und Programm geht zu weit. Den damit verbundenen Gefahren für die Programmautonomie und die redaktionelle Unabhängigkeit wird nicht hinreichend Rechnung getragen. Zwar schließt der Vorschlag der Richtlinie für bestimmte Sendungen Produktplatzierungen aus. Dies gilt aber nur für Nachrichtensendungen, Sendungen zum aktuellen Zeitgeschehen, Kinder- und Dokumentarfilme. Damit sind etwa in Sendungen, die sich mit Verbraucherschutz beschäftigen oder über Reisen oder Produkte informieren, Produktplatzierungen erlaubt. Die daraus entstehenden Gefahren können auch nicht durch die Vorschrift des Artikel 3h Absatz 1 Buchstabe a) des Vorschlags ausgeschlossen werden. Die bisherige Praxis hat belegt, dass diejenigen, die Produkte in einer Sendung platzieren, auch Einfluss auf die Gestaltung dieser Sendung nehmen. Auf der anderen Seite ist nicht von der Hand zu weisen, dass die klassische Werbung an ihre Grenzen stößt und Produktplatzierungen in bestimmten Formaten, etwa Spielfilmen, schon seit geraumer Zeit in großem Umfang vorhanden sind. Daher wird eine eingeschränkte Form der Produktplatzierung in Kino- und Fernsehfilmen befürwortet. Diese sind bereits jetzt, wenn sie zum Beispiel in den USA produziert worden sind, regelmäßig mit Produktplatzierungen versehen.

Im Gegenzug zu einer partiellen Öffnung hin zu Produktplatzierungen sollten die im Kommissionsvorschlag in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c) enthaltenen Bestimmungen zur Kennzeichnung von Sendungen, in denen mit solchen Platzierungen gearbeitet wird, dahingehend verschärft werden, dass durch einen kontinuierlichen Hinweis auch Zuschauer, die nur einen Teil einer solchen Sendung sehen über die Werbepraktiken aufgeklärt werden. Unter diesen Umständen ist es dann auch möglich, Produktplatzierungen auch für die Kategorie Unterhaltungsserie zuzulassen, sofern sich diese nicht an Kinder richten.

Empfehlung 9

Ziffer 10, Neufassung des Artikels 11

Von der Kommission vorgeschlagener Wortlaut

Änderungsantrag des AdR

10.

Artikel 11 erhält folgende Fassung:

„Artikel 11

2.   Die Übertragung von Fernsehfilmen (mit Ausnahme von Serien, Reihen, leichten Unterhaltungssendungen und Dokumentarfilmen), Kinospielfilmen, Kinderprogrammen und Nachrichtensendungen darf für jeden Zeitraum von 35 Minuten einmal für Werbung und/oder Teleshopping unterbrochen werden.

Religiöse Programme dürfen nicht durch Werbung oder Teleshopping unterbrochen werden.“

10.

Artikel 11 erhält folgende Fassung:

„Artikel 11

2.   Die Übertragung von Fernsehfilmen (mit Ausnahme von Serien, Reihen, leichten Unterhaltungssendungen und Dokumentarfilmen), und Kinospielfilmen, Kinderprogrammen und Nachrichtensendungen darf für jeden Zeitraum von 3530 Minuten einmal für Werbung und/oder Teleshopping unterbrochen werden.

Religiöse Programme und Kinderprogramme sowie Nachrichtensendungen dürfen nicht durch Werbung oder Teleshopping unterbrochen werden.“

Begründung

Mit der vorgeschlagenen Lockerung der Beschränkung erhalten die Mediendienstanbieter größere Flexibilität bei der Gestaltung ihrer Programme. Jedoch ist es erforderlich, ergänzend zum Kommissionsvorschlag Werbeunterbrechungen auch bei Kinderprogrammen und Nachrichtensendungen zu untersagen. Im Hinblick auf Kindersendungen ist dies wegen des Jugendschutzes geboten, da Kinder noch nicht in der Lage sind, Werbung von Programm ausreichend zu unterscheiden und Werbebotschaften richtig einzuschätzen. Für Nachrichtensendungen ist dies im Hinblick auf deren besondere Funktion für die unabhängige Meinungsbildung ebenfalls geboten.

Empfehlung 10

Ziffer 20, Änderung des Artikels 23b

Von der Kommission vorgeschlagener Wortlaut

Änderungsantrag des AdR

20.

Folgender Artikel 23b wird eingefügt:

„Artikel 23b

1.   Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden und sorgen dafür, dass diese ihre Befugnisse unparteiisch und transparent ausüben.

2.   Die nationalen Regulierungsbehörden übermitteln sich gegenseitig und der Kommission alle Informationen, die für die Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie notwendig sind.“

20.

Folgender Artikel 23b wird eingefügt:

„Artikel 23b

1.   Unbeschadet ihrer Regelungen zu öffentlich-rechtlichen Mediendiensteanbietern Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Mitgliedstaaten die Unabhängigkeit der nationalen und ggf. regionalen Regulierungsbehörden und sorgen dafür, dass diese ihre Befugnisse unparteiisch und transparent ausüben.

2.   Die nationalen Regulierungsbehörden übermitteln sich gegenseitig und der Kommission alle Informationen, die für die Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie notwendig sind.“

Begründung

Zwar ist die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden von grundlegender Bedeutung und zu begrüßen. Es muss aber Sache der Mitgliedstaaten und gegebenenfalls der Regionen mit Gesetzgebungshoheit bleiben, wie sie ihre Medienaufsicht ausgestalten. Außerdem darf Artikel 23 b die Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht beeinträchtigen und eine externe Kontrolle sämtlicher Rundfunkveranstalter zwingend vorgeben. Dies gilt insbesondere für verschiedene Mitgliedstaaten und Regionen, die aufgrund Ihrer Verfassung den öffentlich-rechtlichen Rundfunk binnenplural organisieren, also intern kontrollieren und lediglich einer begrenzten staatlichen Rechtsaufsicht unterwerfen.

Es ist zu gewährleisten, dass auch etwaige regionale Regulierungsbehörden unparteiisch und transparent sind, die in Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen im Kommunikationsbereich bestehen oder bestehen könnten, aber auch in Bundesstaaten oder autonomen Gemeinschaften. Hierdurch werden nicht die Befugnisse der nationalen Behörden verändert, sondern gemäß dem im Vertrag von Maastricht verankerten Subsidiaritätsprinzip soll lediglich gewährleistet werden, dass auch die regionalen Regulierungsbehörden unparteiisch und transparent sind.

Brüssel, den 11. Oktober 2006

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Michel DELEBARRE


(1)  KOM(2003) 784 endg.

(2)  ABl. C 318 vom 22.12.2004, S.30.

(3)  KOM(2002) 778 endg.

(4)  ABl. C 256 vom 24.10.2003, S.85.

(5)  Anm.d.Übers.: Absatz fehlt im Englischen


6.3.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 51/16


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Erweiterungspaket 2005 2005/ELAR/001 und zur Mitteilung der Kommission: „Der westliche Balkan auf dem Weg in die EU: Konsolidierung der Stabilität und Steigerung des Wohlstands“

(2007/C 51/03)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Der westliche Balkan auf dem Weg in die EU: Konsolidierung der Stabilität und der Steigerung des Wohlstands“ (KOM(2006) 27 endg.);

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 27. Januar 2006, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 des EG-Vertrags zu konsultieren;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 28. Februar 2006, die Fachkommission für Außenbeziehungen und Zusammenarbeit mit der Ausarbeitung einer Stellungnahme zur Strategie der Europäischen Kommission im Hinblick auf die im Rahmen des Erweiterungsprozesses erzielten Fortschritte zu beauftragen;

gestützt auf das Erweiterungspaket 2005 (2005/ELAR/001);

aufgrund seiner Stellungnahme zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Grundsätze, Prioritäten und Bedingungen der Europäischen Partnerschaft mit Kroatien“ um sich auf die Staaten zu konzentrieren, die am Stabilisierungs- und Assoziationsprozess (SAP) teilnehmen: Albanien, Bosnien und Herzegowina, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien sowie Serbien und Montenegro einschließlich des Kosovo — mit Ausnahme Kroatiens (CdR 499/2004 fin);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der EU im Demokratisierungsprozess im westlichen Balkanraum“ (CdR 101/2003 fin) (1);

gestützt auf seine Stellungnahme zur Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: „Zivilgesellschaftlicher Dialog zwischen der EU und den Kandidatenländern“ (CdR 50/2006 rev. 1);

gestützt auf die „Gemeinsame Presseerklärung EU/Westbalkan“ der Außenminister der EU-Mitgliedstaaten, der Beitrittsländer, der Beitrittskandidaten und der potenziellen Beitrittskandidaten des westlichen Balkans in Salzburg vom 11. März 2006, in der die europäische Perspektive der westlichen Balkanstaaten bekräftigt und im Einklang mit den Ergebnissen des EU-Gipfels in Thessaloniki 2003 eine EU-Mitgliedschaft als letztliches Ziel bestätigt wurde;

gestützt auf den am 10. Juni 1999 von der Europäischen Kommission und 40 Partnerländern und -organisationen gegründeten „Stabilitätspakt für Südost-Europa“ als Einrichtung zur Konfliktverhinderung und zum Wiederaufbau der Balkan-Region;

in Kenntnis der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. März 2006 (2) zum Strategiepapier der Kommission zur Erweiterung;

unter Hinweis auf die Schlusserklärung der Konferenz „Die Rolle der Regionen und lokalen Behörden der EU im Prozess der demokratischen Konsolidierung in den westlichen Balkanstaaten“, Pristina, 22. Juni 2005 (CdR 145/2005);

gestützt auf die Schlussfolgerungen der Konferenz der Fachkommission CONST zum Thema „Der Beitrag der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zum Schutz von Minderheiten und zu den Maßnahmen gegen Diskriminierung“ vom 17. März 2006 in Wien (Österreich);

unter Hinweis auf die Europäische Charta für Kleinunternehmen und den Bericht über die Umsetzung der europäischen Charta für Klein- und Mittelbetriebe in Moldawien und den westlichen Balkannstaaten (SEK(2006) 283);

gestützt auf seinen am 22. Juni 2006 von der Fachkommission für Außenbeziehungen und Zusammenarbeit angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 115/2006 rev. 1), Berichterstatter: Herr Schausberger, (AT/EVP));

in Erwägung des nachstehenden Grundes:

Da sich der AdR in einer seiner Stellungnahmen ausschließlich mit Kroatien beschäftigt, liegt der Schwerpunkt dieser Stellungnahme auf den restlichen Ländern des westlichen Balkan: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, die Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien sowie Serbien einschließlich des Kosovo;

verabschiedete auf seiner 66. Plenartagung am 11. und 12. Oktober 2006 (Sitzung vom 11. Oktober) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Der Standpunkt des Ausschusses der Regionen

1.1   Allgemeine Bemerkungen

Der Ausschuss der Regionen

1.1.1

erachtet die weitere Entwicklung in den westlichen Balkanstaaten als gemeinsames europäisches Friedensprojekt, das ganz der Gründungsidee der Gemeinschaften entspricht und unterstreicht, dass die westlichen Balkanstaaten in Eigenverantwortung und mit Unterstützung der Europäischen Union als integraler Teil der europäischen Familie auf Dauer eine Zone des Friedens, der Freiheit, der Sicherheit und des Wohlstands werden soll;

1.1.2

erachtet die Aufarbeitung der Vergangenheit als Voraussetzung für eine Aussöhnung zwischen den Staaten, Völkern und ethnischen Gruppen der westlichen Balkanstaaten; betont in diesem Zusammenhang die Verpflichtung zur uneingeschränkten Zusammenarbeit der betroffenen Staaten mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY);

1.1.3

bekräftigt, dass die Mitgliedschaft in der Europäischen Union nicht nur Binnenmarkt oder Personenfreizügigkeit umfasst, sondern gleichermaßen die von den Völkern und Staaten der Europäischen Union geteilten Werte von Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören;

1.1.4

begrüßt die Fortschritte in den politischen und wirtschaftlichen Reformen, die sich aus der in Thessaloniki 2003 eröffneten und am 11. März 2006 in Salzburg erneut bestätigten europäischen Perspektive der westlichen Balkanstaaten ergeben und bekennt sich zur großen Verantwortung der Staatengemeinschaft und Europas gegenüber diesen Staaten;

1.1.5

begrüßt, dass die Angelegenheiten der westlichen Balkanstaaten sowohl in allen Fachministerräten als auch im Rat allgemeine Angelegenheiten behandelt werden und dass die Ergebnisse im Juni 2006 zusammengeführt werden;

1.1.6

begrüßt die Aufnahme von Verhandlungen über Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) mit Bosnien und Herzegowina;

1.1.7

gibt seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Verhandlungen über Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) mit Serbien umgehend fortgesetzt werden, sobald dafür seitens der serbischen Verhandlungspartner die Voraussetzung wieder geschaffen ist;

1.1.8

begrüßt die Eröffnung der Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Montenegro am 26. September 2006;

1.1.9

verweist darauf, dass die westlichen Balkanstaaten sehr unterschiedliche politische und administrative Strukturen und Traditionen — zum Teil auch auf regionaler und lokaler Ebene — sowie starke Entwicklungsunterschiede aufweisen, auf die im Transformations-, Stabilisierungs- und Demokratisierungsprozess ausreichend Rücksicht genommen werden muss;

1.1.10

anerkennt das Arbeitsprogramm Kroatiens als Vorsitzland im Südosteuropäischen Kooperationsprozess (SEECP) für den Zeitraum Mai 2006 bis Mai 2007, dessen Erfolg letztlich von der konstruktiven Zusammenarbeit der südosteuropäischen Staaten abhängt und einen wichtigen Schritt bei der Verwirklichung der europäischen Perspektive für diesen Raum darstellt;

1.2   Grundsätzliche Perspektiven der Erweiterung

1.2.1

unterstreicht die bestehende europäische Perspektive für die westlichen Balkanstaaten mit dem letztlichen Ziel einer EU-Mitgliedschaft, daher bezieht sich die aktuelle Debatte über die grundsätzlichen Perspektiven der Erweiterung nicht auf die westlichen Balkanstaaten. Das Tempo der Erweiterung muss der Aufnahmefähigkeit der Union Rechnung tragen;

1.2.2

erkennt die Bedeutung, den Reichtum und den Wert, den der Westbalkan und die einzelnen Westbalkanländer und -völker zur EU insgesamt beisteuern werden;

1.2.3

bekräftigt seine Auffassung, dass die Debatte über die grundsätzlichen Ziele sowie die Grenzen der Europäischen Union inklusive der möglichen Formen der Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten (z.B. Nachbarschaftspolitik bzw. privilegierte Partnerschaften) geführt werden muss. Dies beinhaltet, dass jenen Staaten, denen derzeit keine Beitrittsperspektive geboten wird, Vorschläge für eine klar umrissene europäische wirtschaftliche, politische und strategische Beziehung als eine Strategie der Ermutigung unterbreitet werden, die eine schrittweise Eingliederung in das politische und wirtschaftliche Gefüge Europas beinhalten;

1.2.4

unterstützt den Wunsch des Europäischen Parlaments an die Kommission, bis 31. Dezember 2006 einen Bericht zum Konzept der Aufnahmekapazitäten einschließlich des Charakters und der geografischen Grenzen der Europäischen Union vorzulegen und erklärt seine Bereitschaft, seinen Beitrag zu dem vom Europäischen Parlament beabsichtigten Initiativbericht über dieses Thema zu leisten;

1.2.5

unterstreicht, wie wichtig die Akzeptanz der Bevölkerungen für den Erweiterungsprozess ist — sowohl im Beitrittsstaat als auch in der jetzigen EU, betont jedoch, dass sie nicht zu einem zusätzlichen Beitrittskriterium gemacht werden sollte.

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1   Stabile lokale und regionale Demokratie; pluralistische Gesellschaft

2.1.1

betont, dass ein Schlüssel für dauerhafte Stabilität die Schaffung demokratisch legitimierter und mit den notwendigen Finanzmitteln ausgestatteter politischer Institutionen und leistungsfähiger Verwaltungen auf lokaler und regionaler Ebene ist; diese gewährleisten die Anwendung der Grundsätze von Subsidiarität, Bürgernähe und Partnerschaft sowie der Menschenrechte und der Grundfreiheiten im Leben der Bürgerinnen und Bürger;

2.1.2

unterstreicht, dass Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen zur Vorbereitung auf eine künftige EU-Mitgliedschaft nur mit starker Beteiligung von regionalen und lokalen Gebietskörperschaften nachhaltig erfolgreich sein können;

2.1.3

empfiehlt jenen westlichen Balkanstaaten, die Europäische Rahmenkonvention über grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die Europäische Charta für Regional- oder Minderheitensprachen und die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung zu unterzeichnen bzw. zu ratifizieren (3) und deren entsprechende Anwendung sicherzustellen; Letzteres gilt auch für die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten;

2.1.4

ersucht nachdrücklich die westlichen Balkanstaaten, den auf der regionalen Ministerkonferenz über demokratisches Regieren auf lokaler und regionaler Ebene (Zagreb 24./25. Oktober 2004) eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen und die Folgekonferenz vorzubereiten, die am 8./9. November 2006 in Skopje („in der ehemaligen jugoslawische Republik Mazedonien“) unter der Schirmherrschaft des Stabilitätspaktes für Südosteuropa und des Europarates stattfinden soll;

2.1.5

fordert die westlichen Balkanstaaten auf, im Sinne des Subsidiaritätsprinzips ihre subnationalen Verwaltungsebenen zu stärken, dafür den notwendigen Rechtsrahmen zu schaffen und den Regionen und Kommunen die erforderlichen Mittel zur Wahrnehmung ihrer (erweiterten) Kompetenzen zur Verfügung zu stellen;

2.1.6

ruft die Regierungen und die Verbände der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in den westlichen Balkanstaaten zur Zusammenarbeit auf und die für die Regionen und Gebietskörperschaften im Interesse einer optimalen Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen „Capacity Building“-Initiativen und entsprechenden Programme zu entwickeln; würdigt die Initiative des Europarates, ein Fachzentrum für die Reform der Kommunalverwaltung einzurichten und ersucht die Kommission zu prüfen, ob im Interesse einer effektiven Umsetzung seiner Hilfsprogramme Partnerschaften mit diesem Zentrum gegründet werden können;

2.1.7

regt an, die Beteiligung aller Volks- und Bevölkerungsgruppen, besonders auch der Minderheiten (non majority population groups), am öffentlichen Leben, in allen politischen Gremien und administrativen Strukturen sowie öffentlichen Unternehmen zu ermöglichen und zu fördern sowie den Dialog und die Kooperation zwischen den Gemeinschaften, besonders in Gebieten mit gemischter Bevölkerung, zu stärken und dazu mittelfristige Strategiepläne auszuarbeiten und umzusetzen;

2.1.8

empfiehlt, die Erfahrungen von Regionen in den Mitgliedstaaten mit ihren Politiken zur Achtung der Menschenrechte und zum Schutz der Minderheitenrechte zu nutzen; langfristig tragfähig sind nur kleinräumig wirksame und von der Bevölkerung akzeptierte und getragene Rechtsgrundlagen und Politiken;

2.1.9

sieht im EU-Beitrittsprozess einen großen Ansporn zur Akzeptanz des Zusammen- bzw. Nebeneinanderlebens der unterschiedlichen Volksgruppen; weist darauf hin, dass die Lösung von Volksgruppenfragen wegen der komplexen rechtlichen Lage sowie der unterschiedlichen Siedlungsstruktur eine gesonderte Behandlung in jedem Fall erfordert;

2.1.10

hält es für eine nachhaltige Nutzung der von der Europäischen Union eingesetzten Mittel für unerlässlich, die Regionen, lokalen Gebietskörperschaften und ihre Dachverbände in den westlichen Balkanstaaten in die Konzeption und Umsetzung aller Gemeinschaftsprogramme einzubeziehen und ihnen, entsprechend ihrer Verwaltungskapazitäten, (Mit-)Verantwortung zu übertragen; verweist auf die von der Union bereitgestellten Mittel zur Unterstützung der politischen und wirtschaftlichen Reformen in Höhe von rund 5,4 Mrd. EUR in den Jahren 2000 bis 2006; unterstreicht die Bedeutung der Fortführung der finanziellen Unterstützung zur Konsolidierung und Fortsetzung von Partnerschaften bei Maßnahmen zur Kapazitätsbildung in erster Linie durch das Instrument für die Vorbeitrittshilfe und erwartet in der kommenden Finanzperiode 2007-2013 wiederum eine entsprechende Dotierung für die westlichen Balkanstaaten;

2.1.11

spricht sich für eine Förderung des Dialogs der Vertreter der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Region mit dem AdR aus; bekräftigt seine Bereitschaft, etwa in Gemischten Beratenden Ausschüssen für die Staaten mit einer Beitrittsperspektive, konkrete Beiträge zum Aufbau von Institutionen und zur Stärkung der Verwaltungskapazitäten für die nationalen Verbände der Regionen und lokalen Gebietskörperschaften zu leisten; ist der Auffassung dass dem Wunsch der Regionen und lokalen Gebietskörperschaften der westlichen Balkanstaaten nach Informationen über Verwaltungspraxis, Politikberatung und technische Hilfe aus den Mitgliedstaaten entsprochen werden soll;

2.1.12

regt die Einbeziehung des AdR, von Regionen aus den Mitgliedstaaten sowie von Bildungseinrichtungen (4) und europäischen Regionalorganisationen, wie etwa der Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen, mit entsprechenden Erfahrungen beim Aufbau der regionalen Hochschule für Verwaltungsreform an (KOM(2006) 27, Seite 13); empfiehlt die Aufnahme unter anderem von „Dezentralisierung und Regionalisierung“, „Aufbau und Management von regionalen und lokalen Verwaltungen“, „Grenzüberschreitende und interregionale Zusammenarbeit“ sowie „Diversity-management“ als Ausbildungsinhalte;

2.1.13

begrüßt die Ergebnisse des Regionalen Tisches des Stabilitätspaktes am 30. Mai 2006 in Belgrad, bei dem die Teilnehmer vereinbart haben, „ownership“ eines neuen, von der Region selbst getragenen Rahmens der Zusammenarbeit zu übernehmen; erklärt seine Bereitschaft, an dem ab 2008 in Nachfolge des Stabilitätspaktes errichteten regionalen Kooperationsrat (RCC) teilzunehmen und die Erfahrungen der regionalen und lokalen Ebene einzubringen;

2.2   Grenzüberschreitende und interregionale Zusammenarbeit

2.2.1

erachtet die politische, kulturelle, soziale und wirtschaftliche grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Regionen und Kommunen der westlichen Balkanstaaten nicht nur als Beitrag zur Stimulierung der lokalen und landesweiten Wirtschaft, sondern auch als konkreten Weg, um das gegenseitige Verstehen, Verständnis und Vertrauen in der Region zu fördern und zur Vermeidung von ethnischen Konflikten beizutragen;

2.2.2

ruft die Verwaltungen der Regionen und lokalen Gebietskörperschaften innerhalb der Europäischen Union auf, verstärkt im Rahmen von Twinning-Projekten (5), Austauschprogrammen und Seminaren den regionalen und lokalen Politikern und Verwaltungen aus den westlichen Balkanstaaten konkrete Erfahrungen zu vermitteln; dabei sind auch die Erfahrungen der 2004 der EU beigetretenen Regionen und lokalen Gebietskörperschaften besonders aufschlussreich; fordert die Kommission auf, die bestehenden Twinning-Projekte der Europäischen Union über die nationalen Kontaktstellen verstärkt den Regionen und lokalen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten bekannt zu machen;

2.2.3

regt an, in Treffen zwischen Vertretern europäischer regionaler und kommunaler Verbände, lokalen und regionalen Mandatsträgern, Verwaltungsexperten und Wissenschaftlern aus der EU und den westlichen Balkanstaaten die Ergebnisse eines Erfahrungsaustausches für das konkrete capacity-building zu nutzen und verweist auf das vom Europarat (6) im September 2005 aufgelegte Handbuch für die lokale Demokratie (Toolkit of Local Government Capacity-Building Programmes) sowie auf das „Praktische Handbuch der grenzübergreifenden Zusammenarbeit“, das von der Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen (AGEG) erarbeitet und von der Europäischen Kommission in neun Sprachen veröffentlicht wurde;

2.2.4

fordert das Amt für den Informationsaustausch über technische Hilfe (TAIEX), das im Jahr 2004 in der Region seine Aktivitäten aufnahm, auf, seine Angebote nicht nur auf zentralstaatliche Verwaltungen und Unternehmensverbände zu beschränken, sondern verstärkt auf die Regionen, lokalen Gebietskörperschaften und ihre Dachverbände auszudehnen;

2.2.5

unterstreicht die Verantwortung der Regionen und lokalen Gebietskörperschaften der westlichen Balkanstaaten bei der Rückkehr von Vertriebenen und ihrer Unterbringung, Bildung, Beschäftigung und Integration; hält es in diesem Zusammenhang für erforderlich, die interregionale Zusammenarbeit zu verstärken und auf Erfahrungen anderer Staaten, Regionen und lokaler Gebietskörperschaften zurückzugreifen;

2.2.6

hält die bevorstehende Neuregelung des kleinen Grenzverkehrs an den Landaußengrenzen der Mitgliedstaaten für Erfolg versprechend (KOM(2005) 56 vom 23. Februar 2005) und empfiehlt entsprechende Regelungen zwischen den Balkanstaaten (7) unter Einbeziehung des Europarates (8);

2.2.7

schlägt der Kommission vor, zur Förderung von Regionen-, Gemeinde- und Städtepartnerschaften die Erfahrungen der AdR-Mitglieder sowie der nationalen und europäischen Verbände der Regionen und lokalen Gebietskörperschaften zu nutzen;

2.2.8

sieht in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ein modernes Instrument des Minderheitenschutzes und verweist auf Artikel 17 der Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten;

2.3   Wirtschaft und Beschäftigung

2.3.1

hält es für richtig, dass die Europäischen Institutionen bei der Durchführung von Wirtschaftsreformen besonderes Augenmerk auf die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung und auf Förderung des sozialen Dialogs legen, weil gleichzeitig mit politischen Reformen wirtschafts- und sozialpolitische Fragen zu lösen sind (schwache Volkswirtschaften; hohe Arbeitslosigkeit; unzureichender sozialer Zusammenhalt);

2.3.2

hält es in diesem Zusammenhang für unerlässlich, innerhalb der westlichen Balkanstaaten unter Beteiligung der Regionen und lokalen Gebietskörperschaften regionale Wirtschafts- und Beschäftigungskonzepte zu entwickeln und umzusetzen, welche die nachhaltige Wirtschaftsbelebung mit der Schaffung von Arbeit vor Ort sowie eine grenzüberschreitende Verflechtung zum Ziel haben;

2.3.3

empfiehlt — entsprechend den Zuständigkeiten der regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften und auf der Grundlage bereits in dem jeweiligen Gebiet realisierter positiver Initiativen — die Weiterentwicklung oder — soweit noch nicht vorhanden — die Errichtung von Beratungszentren zur Vermittlung von Grundwissen über Unternehmen und Unternehmertum und zur Förderung des Unternehmergeists besonders bei der Jugend (SEK(2006) 283), um tragfähige klein- und mittelbetriebliche Strukturen auszubauen, die einen wichtigen Beitrag für die Beschäftigung leisten;

2.3.4

regt an, die lokalen und regionalen Behörden bei der Verbesserung der elektronischen Kommunikation und dem elektronischen Zugang zu wirtschaftsrelevanten Informationen zu unterstützen (Beratung, Antragstellung, Rechts- und Steuerinformationen), um damit einen Beitrag zum Aufbau einer lokalen und regionalen Wirtschaftsstruktur zu leisten;

2.3.5

schlägt vor, die Informations- und Unternehmensförderungssysteme auf lokaler und regionaler Ebene weiter zu entwickeln; regt an, durch die Schaffung regionaler Plattformen für Forschung & Entwicklung, sowie Bildung & Ausbildung, dem Problem „brain-drain“ eine Zukunftsperspektive entgegen zu setzen;

2.4   Bildung und Kultur

2.4.1

spricht sich dafür aus, auf den Erfahrungen des Programms „TEMPUS“ aufzubauen, das in den Jahren 2001-2005 ein Budget für Maßnahmen im westlichen Balkan in Höhe von 83 Mio. EUR vorsah und jährlich bis zu 250 Studenten und mehr als 1.000 Lehrkräften die Möglichkeit bot, in anderen Staaten zu studieren bzw. an Fortbildungen teilzunehmen sowie die Teilnahmemöglichkeit im Rahmen des Programms „JUGEND“ auch im ländlichen Raum weiter zu stärken;

2.4.2

empfiehlt, dass die Kommission in Erasmus Mundus ein spezielles „Fenster“ einrichtet, das den Studenten der Region im Rahmen der europäischen Masterstudiengänge die Teilnahme an Postgraduiertenkursen, insbesondere an Kursen mit internationalen Klassen und Praktikumsphasen, ermöglicht, denn nach Ansicht des Ausschusses fördert dieser Ansatz das gegenseitige kulturelle Verständnis und die Entwicklung wirtschaftlicher Beziehungen;

2.4.3

hält es für wichtig, dass ein Lernprozess in beide Richtungen einsetzt. Nicht nur sollten die Bürger der westlichen Balkanstaaten die Möglichkeiten nutzen können, in EU-Ländern zu studieren, sondern es sollten auch EU-Bürger ermutigt werden, in den westlichen Balkanstaaten zu studieren;

2.4.4

hält es für erforderlich, die angekündigten Erleichterungen für Studierende und Lehrende für Aufenthalte in den Mitgliedstaaten umzusetzen, um der jungen Generation eine europäische Perspektive zu ermöglichen; verweist auf die geplanten Visa-Erleichterungen vor allem für Studenten;

2.4.5

fordert die Kommission auf, bei der Restaurierung und Wiederherstellung von Baudenkmälern und Stätten des kulturellen Erbes die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in Konzeption, Planung und Umsetzung einzubeziehen;

2.4.6

zeigt das Potenzial für Kulturtourismus in dieser Region als Instrument der Wirtschaftsentwicklung auf und unterstützt daher die laufenden Bemühungen, das bauliche und kulturelle Erbe auch im ländlichen Raum zu bewahren;

2.4.7

betont die wichtige Rolle der Kooperation im Bereich Kunst und Kultur für die langfristige Stabilisierung und die Heranführung der westlichen Balkanstaaten an die Kunst- und Kultur-Kooperationsprojekte der Europäischen Union;

2.4.8

möchte einen Anstoß geben, über die Schaffung eines E-Balkan-Portals als zusätzliche Dialog-Kooperationsplattform vor allem für die Jugend im Westbalkan nachzudenken. Solch ein Portal könnte neben Bildung und Ausbildung auch den direkten sozialen und kulturellen Austausch fördern;

2.5   Verschiedene Politikbereiche

2.5.1

erinnert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an ihre Verantwortung bei der Vergabe bei Bewilligungen bei touristischen Schlüsselzonen auch im Hinblick auf eine nachhaltige künftige Entwicklung eines naturnahen Qualitätstourismus;

2.5.2

fordert die Kommission auf, bei der Anwendung des Instruments für die Heranführungshilfe (IPA), das die bestehenden Vorbeitritts- und die CARDS-Verordnungen (9) ersetzt, die Evaluierung des CARDS-Programms zu berücksichtigen, worin explizit eine stärkere Dezentralisierung der Planung und des Managements dieses Programms gefordert wird. Die regionale Dimension von CARDS ist relativ schwach, lässt strategische Führung vermissen und wird von den lokalen Partnern als unzugänglich bezeichnet. Diese Kritik ist bei der Weiterentwicklung für die westlichen Balkanstaaten zu berücksichtigen;

2.5.3

fordert die Länder des westlichen Balkans auf, die Lissabon-Ziele im Lichte der Aktualisierungen des Europäischen Rates vom 23./24. März 2006 in ihren Reformen zu berücksichtigen und die regionale und kommunale Ebene in die Konzeption und Umsetzung einzubeziehen und regt die Ausarbeitung von umfassenden Strategieplänen für die Regionalentwicklung an;

2.5.4

schlägt vor, die innerstaatlich zuständigen Behörden (häufig Regionen und lokale Gebietskörperschaften) für Umweltfragen in die wichtigsten Aktivitäten der europäischen Umweltagentur einzubeziehen, die im Rahmen der Programme „PHARE“ und „CARDS 2005“ ab 2006 über ausgewählte Gemeinschaftseinrichtungen die Arbeitsprogramme dieser Länder unterstützen wird;

2.6   Information und Kommunikation

2.6.1

verweist auf die Notwendigkeit, die Aufnahmefähigkeit der EU während des gesamten Verhandlungsverlaufs zu berücksichtigen und unterstreicht, dass es sich dabei nicht um ein neues Aufnahmekriterium handelt und Fortschritte nach transparenten Kriterien und nicht nach politischen Einschätzungen zu beurteilen und verlangt, mit den Erwartungshaltungen der Bevölkerungen in den EU-Mitgliedstaaten und in den europäischen Partnerländern ehrlich umzugehen;

2.6.2

fordert die Mitgliedstaaten und die europäischen Institutionen auf, die Bürgerinnen und Bürger durch intensivere Kommunikation des Erweiterungsprozesses als bei Rumänien und Bulgarien (Überlagerung durch Verfassungsdiskussion im Konvent) über die Verhandlungen zu informieren und die Regionen und lokalen Gebietskörperschaften (über den AdR) an der Konzeption und Umsetzung von Informationskonzepten und -maßnahmen zu beteiligen, da diese über die größte Bürgernähe und Kontakte zu den lokalen und regionalen Medien verfügen;

2.6.3

verweist auf die Notwendigkeit, dass Gemeinschaftsinstitutionen und die westlichen Balkanstaaten verstärkt die Bürgerinnen und Bürger über Ziele, Inhalte und Anforderungen für beide Seiten im Rahmen des Integrationsprozesses informieren müssen, um zu verhindern, dass der Integrationsprozess als etwas von „außen“ oder „von oben“ Auferlegtes wahrgenommen wird und verweist neuerlich auf die wichtige Rolle der Regionen und kommunalen Gebietskörperschaften bei allen Kommunikationsmaßnahmen;

2.6.4

spricht sich für die Ausdehnung des zivilgesellschaftlichen Dialogs auf die westlichen Balkanstaaten aus, der auch über freie, unabhängige und professionelle Medien geführt werden muss; schlägt vor, die westlichen Balkanstaaten so rasch wie möglich am gemeinschaftlichen Aktionsprogramm zur Förderung der im Bereich der aktiven Unionsbürgerschaft tätigen Organisationen (Bürgerbeteiligung) teilnehmen zu lassen;

2.7   Albanien

2.7.1

unterstützt den Vorschlag der Kommission, den albanischen Aktionsplan für die Verhütung und Bekämpfung von Korruption nicht nur auf die nationale Verwaltung zu beschränken, sondern auch auf die regionale und lokale Ebene auszudehnen (KOM(2005) 1421, Seite 18);

2.7.2

schlägt vor, die interregionale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit vor allem mit Nachbarregionen in EU-Staaten zu verstärken;

2.7.3

unterstützt die Forderungen des Europäischen Parlaments nach Verstärkung der Korruptionsbekämpfung, garantierter Medienfreiheit und einem Wahlrecht, das europäischen Standards entspricht;

2.8   Bosnien und Herzegowina

2.8.1

nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, dass Bosnien und Herzegowina über eine mit besonderen Verantwortlichkeiten ausgestattete regionale Ebene verfügt, die in der Lösung der ethnischen Probleme eine wichtige Rolle spielt; verweist darauf, dass in dem sehr stark regionalisierten Staat angesichts der fehlenden politischen Tradition bzw. Kultur der Dezentralisierung auch die finanzielle Leistbarkeit und die Effizienz der Strukturen verbessert werden muss;

2.8.2

hält eine Verfassungsreform mit dem Ziel einer Verbesserung der staatlichen Institutionen für erforderlich und erwartet, dass die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Durchführung der im Oktober 2006 geplanten Wahlen geschaffen werden;

2.8.3

verweist auf die Erfahrungen und Kenntnisse von regionalen Mandatsträgern aus föderalen Staaten (z.B. Belgien) hinsichtlich der Verbesserung der Rechtsgrundlagen und Abläufe zwischen dem Gesamtstaat und den verschiedenen Gliederungen (Entitäten und Kantone) und ist überzeugt, dass innovative Lösungen notwendig sind;

2.8.4

begrüßt die Erweiterung der regelmäßigen wirtschaftspolitischen Dialoge auf Bosnien und Herzegowina;

2.8.5

fordert die Unterstützung der Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen in den Städten und Gemeinden; siehe Rückübernahme-Abkommen vom 31. Jänner 2005 zwischen Kroatien, Bosnien und Herzegowina sowie Serbien und Montenegro;

2.9   Serbien

2.9.1

bedauert, dass die Gelegenheit nicht genutzt wurde, im Zuge der Verabschiedung einer neuen serbischen Verfassung den Prozess der Dezentralisierung zu verstärken und ist der Meinung, dass eine weitere Stärkung der Autonomie auch den Zusammenhalt des Gesamtstaates stärken würde;

2.9.2

unterstreicht die Bedeutung des multi-ethnischen Charakters der Autonomen Provinz Vojvodina und begrüßt den in ihr gelebten Geist des gegenseitigen Vertrauens und der Toleranz sowie den Weg der Einbindung der verschiedenen nationalen Gruppen in die politischen Entscheidungen;

2.9.3

begrüßt die zahlreichen Aktivitäten der Autonomen Provinz Vojvodina zur grenzüberschreitenden regionalen und interregionalen Zusammenarbeit im Sinne des europäischen Integrationsprozesses und tritt daher dafür ein, dass die regionalen und lokalen Autoritäten stärker in weitere SAA-Verhandlungen eingebunden werden;

2.9.4

empfiehlt dringend, durch eine Gemeindereform die lokalen politischen Institutionen und Verwaltungen zu stärken und sie mit den notwendigen Mitteln auszustatten, weil dies und die Stärkung der regionalen Ebene den Grundsätzen von Subsidiarität, Bürgernähe und Partnerschaft entspricht und den Gesamtstaat entlastet;

2.9.5

erwartet, dass Serbien so bald wie möglich die Europäische Rahmenkonvention über grenzüberschreitende Zusammenarbeit unterzeichnet und die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung ratifiziert;

2.9.6

ermutigt die Behörden von Serbien, durch die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag die Voraussetzung zur Weiterführung der SAA-Verhandlungen zu schaffen;

2.10   Kosovo

2.10.1

sieht eine Lösung der Frage des Status des Kosovo mit einer europäischen Perspektive und eine dauerhafte Lösung für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger unterschiedlicher Nationalitäten als Voraussetzung für eine tragfähige Aussöhnung; erwartet eine Lösung der unter der Ägide der Vereinten Nationen in Wien stattfindenden Direktgespräche (10) bis Ende des Jahres 2006;

2.10.2

erwartet die Gewährleistung der wirksamen Umsetzung von Verfassungsbestimmungen auf lokaler Ebene über ein effizientes Modell der Dezentralisierung, das die Rechte der Minderheiten und der Bevölkerungsgruppen nachhaltig sichert sowie die Verbesserung der äußerst mangelhaften Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit und die bessere politische Repräsentation von Minderheiten und einen besseren Minderheitenschutz (Minderheitensprachen);

2.10.3

drängt auf eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Kosovo-Serben und Kosovo-Albanern, die Einbeziehung aller Gruppen in das demokratische und administrative Leben und die Gewährleistung des Schutzes von Minderheiten;

2.10.4

hält es für unerlässlich, die Verwaltungskapazitäten auf Gemeindeebene vor allem hinsichtlich der Konzeption von Strategien für die Wirtschaftsentwicklung und zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens und der Finanzkriminalität (KOM(2005) 561, Seite 33) zu stärken;

2.10.5

sieht die Verbesserung des öffentlichen Dienstleistungsangebots für alle Gemeinden als besonders wichtig an, um die Entstehung bzw. Festigung von „Parallel-Strukturen“ zu verhindern;

2.11   Montenegro

2.11.1

erwartet, dass die Ergebnisse des Referendums vom 21. Mai 2006 von allen Seiten anerkannt und umgesetzt werden; fordert alle beteiligten Seiten auf, einen konstruktiven Dialog über das Zusammenleben zu führen;

2.11.2

begrüßt, dass das Referendum über die Unabhängigkeit Montenegros am 21. Mai 2006 nach internationalen und europäischen Standards demokratisch, transparent und korrekt durchgeführt wurde, wie dies auch von den erstmals als Beobachter des Referendums teilnehmenden Vertretern des Ausschusses der Regionen uneingeschränkt bestätigt wurde;

2.11.3

begrüßt, dass die Bevölkerung von Montenegro durch die außergewöhnlich große Wahlbeteiligung von 86,5 % ihre demokratische Verantwortung und Reife unter Beweis gestellt hat, womit das Ergebnis eine hohe Legitimation aufweist;

2.11.4

sieht im Ergebnis von 55,5 % Zustimmung für die Unabhängigkeit den Auftrag an Befürworter und Gegner der Unabhängigkeit zur engen Kooperation in der Umsetzung der Unabhängigkeit, sowohl untereinander als auch zwischen Montenegro und Serbien;

2.11.5

empfiehlt allen Beteiligten, im Unabhängigkeitsprozess Alleingänge zu unterlassen und alle notwendigen Schritte in gemeinsamer Abstimmung zu setzen;

2.11.6

erwartet, dass der neue Staat Montenegro so rasch wie möglich die Europäische Rahmenkonvention über grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die Europäische Charta für Regional- oder Minderheitensprachen, die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung und die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten unterzeichnet und ratifiziert;

2.11.7

empfiehlt den Behörden Montenegros, unverzüglich mit Serbien Modelle einer grenzüberschreitenden regionalen Zusammenarbeit an der gemeinsamen Grenze (Sandschak) auszuarbeiten, und dies auch mit den anderen angrenzenden Staaten Bosnien und Herzegowina, Albanien sowie mit der autonomen Region Kosovo anzustreben;

2.11.8

fordert die Institutionen der EU auf, den neuen Staat auf seinem Weg der friedlichen staatlichen Trennung in die Unabhängigkeit zu unterstützen;

2.12   Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien

2.12.1

begrüßt die Zuerkennung des Kandidatenstatus an die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien als Anerkennung der Fortschritte bei der Umsetzung des Abkommens von Ohrid; drängt jedoch auf eine vollständige Implementierung des Ohrid-Rahmenabkommens mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft als Grundlage für eine Verbesserung der Stabilität;

2.12.2

erwartet nach den Gewaltakten im Umfeld der jüngsten Parlamentswahlen von allen politischen Kräften die Schaffung der Voraussetzungen für eine künftige gewaltfreie Durchführung demokratischer Wahlen nach europäischem Standard;

2.12.3

spricht sich dafür aus, die lokale Selbstverwaltung und ihre finanzielle Ausstattung weiter zu stärken, da diese zur Stärkung des Vertrauens zwischen den ethnischen Gruppen beigetragen hat;

2.12.4

erachtet die Stärkung der lokalen Verwaltungskapazitäten als dringend nötig, da diese Voraussetzung für die Dezentralisierung der Steuererhebung und Abgabenermächtigung (Finanzressourcen für Kommunen) sind; teilt Bedenken der Kommission, dass die den Kommunen zugestandenen Finanzierungsquellen nicht ausreichen, um künftige Programme und Projekte im Rahmen der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds kozufinanzieren bzw. ihre Zuständigkeiten im Umweltschutz wahrzunehmen (SEK(2005) 1425, Seite 140) und regt an, den Umweltschutz als Querschnittsmaterie auch in andere von Kommunen vollzogene Politikbereiche wie etwa Raumplanung stärker einfließen zu lassen;

2.12.5

unterstützt den Vorschlag der Kommission, das Schlichtungsverfahren zwischen Kommunen und Zentralstaat klarer zu gestalten (SEK(2005) 1425, Seite 21) und erachtet eine regelmäßige und strukturierte Zusammenarbeit zwischen nationalen und lokalen Ebenen als unerlässlich (SEK(2005) 1425, Seite 120);

2.12.6

hält es für nötig, eine funktionierende Finanzkontrolle mit internen Revisionen als Voraussetzung für ordnungsgemäße Verwaltung zu schaffen, Kapazitäten aufzubauen, um den Missbrauch öffentlicher Gelder zu verhindern sowie konsequent Maßnahmen zur Eindämmung der Korruption auf lokaler Ebene zu setzen;

2.12.7

regt an, Maßnahmen zur Stärkung des ländlichen Raums sowie der Wirtschaft und der Landwirtschaft zu setzen (z.B. Gründung von Bankfilialen im ländlichen Raum; Verpachtung und Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen im Staatsbesitz an Landwirte), um die vorhandenen Potenziale zur Selbstversorgung auszuschöpfen.

2.12.8

hofft auf eine baldige, endgültige, alle Seiten zufrieden stellende Lösung der Namensfrage, die unter der Obhut der UNO verhandelt wird.

Brüssel, den 11. Oktober 2006

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Michel DELEBARRE


(1)  ABl. C 73 vom 23.3.2004, S. 1.

(2)  Bericht Brok, A6-0025/2006.

(3)  Eine Übersicht über den Stand der Ratifizierungen findet sich auf der Webseite des Vertragsbüros des Europarates:

http://conventions.coe.int.

(4)  Siehe z.B. die Ausbildungslehrgänge am Kompetenzzentrum Süd-Ost-Europa an der Universität Graz (Master in South East European Law and European Integration), Universitäten Trento, Regensburg, Budapest und Laibach (Joint European Master in Comparative Local Development), Europäische Akademie Bozen, Universität Graz und EIPA (Master in European Integration nd Regionalism) sowie Post-Graduierten-Studium „European Integration“ für die Universitäten Belgrad, Nis und Novi Sad mit Beteiligung der Universitäten Como, Frankfurt/Oder, Gorizia, Maribor, Salzburg (Tempus CD_JEP-190104-2004).

(5)  Gemeint sind Abordnungen von Experten aus nationalen, regionalen und kommunalen Verwaltungen, die ihre Erfahrungen an konkreten Arbeitsplätzen in Verwaltungen der Westbalkanstaaten weitergeben. Dies hat sich während der Beitrittsvorbereitungen vor 2004 sehr bewährt.

(6)  Directorate of Co-operation for Local and Regional Democracy.

(7)  Eine wertvolle Diskussionsgrundlage sind die „Empfehlungen für grenzübergreifende Sicherheit und Zusammenarbeit an den zukünftigen Außengrenzen der EU unter Berücksichtigung des Schengen-Vertrages“ der Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen.

(8)  Die politische Erklärung von Chisinau des Ministerkommitees des Europarates vom 6. November 2003 fordert den Abschluss „regionaler Abkommen“ auf mehreren Gebieten. Die Verhandlungen sind weit gediehen und stimmen mit den EU-Vorgaben überein.

(9)  CARDS — Gemeinschaftshilfe für Wiederaufbau, Entwicklung und Stabilisierung.

(10)  Grundlage sind „Guiding Principles“ der Kontaktgruppe mit USA, Vereinigtem Königreich, Deutschland, Frankreich, Italien und Russischer Föderation.


6.3.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 51/23


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem „Grünbuch: Eine europäische Strategie für nachhaltige, wettbewerbsfähige und sichere Energie“ und der „Mitteilung der Kommission — Aktionsplan für Biomasse“ sowie der „Mitteilung der Kommission — Eine EU-Strategie für Biokraftstoffe“

(2007/C 51/04)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf das Grünbuch „Eine europäische Strategie für nachhaltige, wettbewerbsfähige und sichere Energie“ (KOM(2006) 105 endg.) und die Mitteilung der Kommission „Aktionsplan für Biomasse“ (KOM(2005) 628 endg.) sowie die Mitteilung der Kommission „Eine EU-Strategie für Biokraftstoffe“ (KOM(2006) 34 endg.);

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 2.12.2005, den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 265 Absatz 1 des EG-Vertrags um Stellungnahme zum Grünbuch „Eine europäische Strategie für nachhaltige, wettbewerbsfähige und sichere Energie“ zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Vorstandes vom 16. Februar 2006, die Fachkommission für nachhaltige Entwicklung mit der Erarbeitung dieser Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf seine Stellungnahme vom 16. Februar 2006 zu dem „Grünbuch über Energieeffizienz oder Weniger ist mehr“ (KOM(2005) 265 endg.) — CdR 216/2005 fin;

gestützt auf seine Stellungnahme vom 15. November 2001 zu dem Grünbuch der Kommission „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit“ (KOM(2000) 769 endg.) — CdR 38/2001 fin (1);

gestützt auf seine Stellungnahme vom 17. Juni 2004 zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Endenergieeffizienz und zu Energiedienstleistungen“ (KOM(2003) 739 endg. — 2003/0300 (COD)) — CdR 92/2004 fin (2);

gestützt auf seinen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 150/2006), der am 27. Juni 2006 von der Fachkommission für nachhaltige Entwicklung angenommen wurde (Berichterstatterin: Frau Emilia Müller, Staatsministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten in der Bayerischen Staatskanzlei (DE/EVP));

verabschiedete auf seiner 66. Plenartagung am 11./12. Oktober 2006 (Sitzung vom 11. Oktober) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

Zum Energie-Grünbuch

1.1

begrüßt die Vorlage des Grünbuchs, das eine zutreffende Bestandsaufnahme der aktuellen Situation im Energiebereich liefert sowie Wege aufzeigt hin zu einer Strategie für nachhaltige, wettbewerbsfähige und sichere Energie für Europa;

1.2

stellt fest, dass Europa im Energiebereich zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen hat, wie z.B. hohe und stark schwankende Energiepreise, eine weltweit zunehmende Energienachfrage, Sicherheitsrisiken für die Erzeuger- und Transitländer sowie für die Transportrouten, die zunehmende Abhängigkeit von Importen und die bislang noch begrenzte Diversifizierung der Energie- und der Bezugsquellen, zunehmende Umweltbelastungen, das Erfordernis einer stärkeren Integration und der Vernetzung nationaler Energiemärkte sowie einen hohen Investitionsbedarf in die Energieinfrastruktur;

1.3

begrüßt, dass das Grünbuch angesichts dieser Herausforderungen eine intensive energiepolitische Diskussion in Europa anstößt und unterstreicht die Bedeutung einer langfristig angelegten EU-Energiestrategie;

1.4

betont, dass es zur Umsetzung des „Zieldreiecks“ Versorgungssicherheit — Wettbewerbsfähigkeit — Umweltverträglichkeit unumgänglich ist, alle mit der Energiepolitik verbundenen Politikbereiche, also vor allem die Verkehrs-, Umwelt-, Regional-, Forschungs- und Entwicklungspolitik sowie die Außenpolitik zu berücksichtigen;

1.5

begrüßt den Ansatz für eine gemeinsame europäische Energiepolitik, in dessen Rahmen eine Partnerschaft zwischen europäischen, nationalen und subnationalen Regierungsebenen aufgebaut wird, wobei auch die Besonderheiten der einzelnen Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Subsidiaritätsgrundsatz entsprechend berücksichtigt werden. Europa kann nur über eine koordinierte Vorgehensweise das Problem der Energieversorgungssicherheit und der Energieversorgungsbedingungen nachhaltig lösen;

1.6

weist darauf hin, dass eine stabile und preiswerte Energieversorgung für die nachhaltige Entwicklung auch der Regionen und Kommunen von großer Bedeutung ist;

1.7

hebt die Rolle regionaler und lokaler Gebietskörperschaften als Produzenten von Energie (z.B. durch die Beteiligung an Energieunternehmen) hervor, die auf faire Wettbewerbsbedingungen angewiesen sind;

1.8

begrüßt die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 23./24. März, wonach zur „Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften und der Bezahlbarkeit der Energieversorgung“ der Aufbau der regionalen Energiezusammenarbeit in der EU und die Erleichterung der Integration der regionalen Märkte in den EU-Binnenmarkt gefördert werden soll;

1.9

unterstreicht die Notwendigkeit der Diversifizierung externer und interner Energiequellen, um die Abhängigkeit der EU von Energieimporten sowie von den Lieferungen einzelner Anbieter zu verringern und damit eine nachhaltige Energiezufuhr zu sichern;

1.10

hebt hervor, dass die Entscheidung für einen bestimmten Energieträgermix in Anwendung des Subsidiaritätsgrundsatzes weiterhin den Mitgliedstaaten überlassen bleiben muss;

1.11

spricht sich für eine Erhöhung des Anteils von Energien mit geringem oder ohne Treibhausgasausstoß am Energiemix in den Mitgliedstaaten zur Bekämpfung des Klimawandels aus;

1.12

vermisst bei der Diversifizierung des Energieträgermixes die Einbeziehung der effektiven und effizienten und häufig von regionalen und kommunalen Energieerzeugern und -versorgern benutzten Wasserkraft und Wärmeenergie;

1.13

beklagt die mangelnde Umsetzung der Richtlinien zur Liberalisierung des Gas- und Elektrizitätsbinnenmarktes in einer Vielzahl von Mitgliedstaaten;

1.14

hält es für notwendig, dass weiteren Rechtssetzungsmaßnahmen eine vollständige Umsetzung des Zweiten Binnenmarktpakets und eine Evaluierung der damit verbundenen Auswirkungen vorausgehen;

1.15

unterstreicht die Notwendigkeit der Schaffung eines einheitlichen europäischen Energienetzes und hält daher die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Regulierungsbehörden für dringend notwendig;

1.16

lehnt die Einrichtung neuer Verwaltungsstrukturen wie z.B. die eines europäischen „Energieregulierers“ab, da die nationalen Regulierungsbehörden in der Lage sind, die von der Kommission vorgeschlagenen und vom Europäischen Rat bestätigten Ziele zu erreichen;

1.17

sieht zur Zeit keinen Bedarf für einen neuen Legislativvorschlag für Erdgasvorräte, da zunächst die im Mai 2006 in Kraft getretene Richtlinie zur Gasversorgungssicherheit umgesetzt werden muss;

1.18

begrüßt die Vorlage eines strategischen Plans, der die Entwicklung neuer Energietechnologien auf europäischer Ebene stärkt, deren schnelle Markteinführung unterstützt und eine Koordinierung der gemeinschaftlichen und nationalen Forschungs- und Innovationsprogramme ermöglicht;

1.19

sieht die Erhöhung der Energieeffizienz als wichtiges Ziel, insbesondere zur Verhinderung einer weiter zunehmenden Importabhängigkeit;

1.20

weist darauf hin, dass es bereits heute viele in Kraft gesetzte bzw. in Ausarbeitung befindliche Energieeffizienzmaßnahmen der EU gibt, die erst beginnen, Wirkung zu entfalten bzw. erst umgesetzt werden müssen. Hier sind beispielhaft die Gebäuderichtlinie, die Kraft-Wärme-Kopplung-Richtlinie oder die Endenergieeffizienzrichtlinie zu nennen;

1.21

begrüßt die Absicht der Kommission, ab 2007 jährlich eine Überprüfung der EU-Strategie vorzunehmen, in der die mittel- und langfristigen Ziele und die für deren Verwirklichung erforderlichen Maßnahmen behandelt werden;

Zum Aktionsplan für Biomasse

1.22

begrüßt die Vorlage des Aktionsplans für Biomasse, dessen Umsetzung einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der drei im Energiegrünbuch beschriebenen Ziele leisten kann;

1.23

begrüßt die Absicht der Kommission, den Beitrag der Biomasse unter den erneuerbaren Energien stärker als bisher auszubauen und hält das von der Kommission skizzierte Gesamtpaket an Maßnahmen für eine geeignete Grundlage für den Ausbau der energetischen Biomassenutzung;

1.24

begrüßt, dass die Kommission die Bedeutung der Regionen für die Förderung der Biokraftstoffe und anderer Formen von Bioenergie im Rahmen der Kohäsionspolitik und der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raumes hervorhebt;

1.25

weist darauf hin, dass die Nutzung der Biomasse maßgeblich dazu beitragen kann, das Ziel eines Anteils von 12 % erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch in der EU bis 2010 zu erreichen und unterstreicht daher die Bedeutung der Biomasse als eine wichtige Alternative zu fossilen Energieträgern;

1.26

hebt hervor, dass der Aktionsplan erstmals aufzeigt, wie sich die im Weißbuch der EU von 1997 angestrebte Verdreifachung des Primärenergieverbrauchs von Biomasse in der EU auf rund 150 Mio. Tonnen Rohöläquivalent (RÖE) auf die Bereiche Wärme, Strom und Kraftstoffe aufteilen soll (Wärme: 75 Mio. t RÖE, Strom: 55 Mio. t RÖE, Kraftstoffe: 19 Mio. t RÖE);

1.27

hebt hervor, dass das im Aktionsplan dargestellte Szenario eine Steigerung des Anteils der Biomasse am Primärenergieverbrauch der Europäischen Union von heute rund 4 % auf 8 % im Jahr 2010 bedeuten würde, und weist darauf hin, dass zur Erreichung dieses Ziels unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips von der jeweils zuständigen Ebene insbesondere auch Maßnahmen zur Sicherstellung der Biomasseversorgung gesetzt werden müssen, zum Beispiel verpflichtende Reservehaltungen, eine Verbesserung der Lieferkette usw.;

1.28

begrüßt die Entscheidung des Raters vom 14. Februar 2006, die Bereitstellung von Fernwärmeleistungen in das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen aufzunehmen, auf die die Mitgliedstaaten einen verringerten Mehrwertsteuersatz anwenden können, und hält es für wichtig, dass sie diesen verringerten Satz tatsächlich anwenden;

1.29

erinnert daran, dass viele lokale und regionale Gebietskörperschaften schon konkrete Projekte zur Strom- und Wärmeerzeugung aus Biomasse erfolgreich umsetzen und umgesetzt haben und somit eine Vorreiterrolle auf diesem Gebiet einnehmen und hält die Förderung dieser Projekte für wichtig;

1.30

unterstreicht die Bedeutung der Energiequelle Biomasse für den ländlichen Raum: Deren Nutzung kann neue Einkommensquellen insbesondere für die Landwirtschaft („der Landwirt als Energiewirt“) und die Forstwirtschaft erschließen sowie zur Schaffung neuer Arbeitsplätze beitragen;

Zur Strategie für Biokraftstoffe

1.31

begrüßt die Mitteilung der Kommission über eine EU-Strategie für Biokraftstoffe, die im Verkehrsbereich zumindest teilweise an die Stelle fossiler Kraftstoffe treten und in die Kraftstoffversorgungssysteme einbezogen werden können;

1.32

unterstreicht die Tatsache, dass in lokalen und regionalen Gebietskörperschaften öffentliche Fahrzeugflotten bereits mit Biokraftstoffen betrieben werden;

1.33

betont, die Bedeutung einer nachhaltigen Erzeugung von Biokraftstoffen, um jedweden Verlust an Biodiversität zu vermeiden. So sollten großflächige Monokulturen (konzentrierter Anbau einer einzigen Pflanze auf weitläufigen Anbauflächen) von Energiepflanzen keinesfalls das örtliche Ökosystem übermäßig beeinträchtigen;

1.34

fordert, die Europäische Kommission auf, die Forschungsanstrengungen auf dem Gebiet der Biokraftstoffe sowohl in Bezug auf die Rohstoffe (zur Erhöhung der Erträge und Verbesserung der Energieeigenschaften der angebauten Pflanzen bzw. zur Nutzung der Pyrolyse-Öle als Rohstoffe der Mineralölindustrie) als auch die Verfahren (Umwandlung von Biomasse in Energie mittels Vergasung, Pyrolyse usw.) zu intensivieren;

2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

Zum Energie-Grünbuch

2.1

fordert zur Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs die umgehende vollständige Umsetzung der Richtlinien zur Liberalisierung des Gas- und Elektrizitätsbinnenmarktes in allen Mitgliedstaaten;

2.2

spricht sich für die Durchführung von Kosten-Nutzen-Analysen für neue Legislativvorschläge durch die Kommission aus;

2.3

fordert, dass im Zuge der Überprüfung des EU-Emissionshandelsystems das System gemäß dem Grünbuch ausgeweitet und verbessert und somit ein stabiles Klima geschaffen wird, in dem die Industrie die nötigen langfristigen Investitionsentscheidungen treffen kann, und dass gravierende Belastungen für die Wirtschaft — insbesondere wegen der Auswirkungen auf die Strompreise und der Wettbewerbsverzerrungen in Folge der unzureichenden Abstimmung der nationalen Allokationspläne zwischen den Mitgliedstaaten — beseitigt werden;

2.4

stellt fest, dass sich die Koordinierung auf EU-Ebene bei der Gasversorgungskrise im Januar 2006 bewährt hat und fordert, auch in Zukunft unter Beachtung der primären Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten für ihre Versorgungssicherheit sicherzustellen, dass auf den Grundsätzen der Solidarität und Subsidiarität basierende effiziente Koordinationsmechanismen für den Fall einer Versorgungskrise vorhanden sind;

2.5

fordert, in Forschung und Entwicklung einen Schwerpunkt im Bereich nachhaltige Energien und Energieeffizienz zu setzen und dafür einen angemessenen Anteil aus gemeinschaftlichen Fördermitteln zur Verfügung zu stellen;

2.6

schlägt vor, dass die EU in allen relevanten Politikbereichen im Rahmen ihrer Kompetenzen Anreize zum Einsatz nachhaltiger Energieträger geben sollte;

2.7

begrüßt die Absicht der Kommission, zur Weiterentwicklung von Energieeffizienzmaßnahmen beizutragen, und spricht sich für die baldige Vorlage eines weit reichenden Aktionsplans zur Energieeffizienz aus;

2.8

fordert bei der Erstellung dieses Aktionsplans die Einbeziehung marktgestützter und kosteneffizienter Instrumente, wie z.B. Information, Beratung, Förderung, freiwillige Vereinbarungen u.ä., sowie die Berücksichtigung der Grenzen der Belastbarkeit von öffentlichen Haushalten, Unternehmen und Verbrauchern;

2.9

lehnt die Festlegung absoluter Ziele zur Effizienzsteigerung ab. Mitgliedstaaten, die bereits Einsparungen durchgeführt haben oder besonders effiziente Technologien einsetzen, haben weniger Potenzial zur weiteren Effizienzsteigerung und würden bei der Umsetzung absoluter Zielvorgaben Wettbewerbsnachteile erleiden;

2.10

befürwortet den Vorschlag eines internationalen Energieeffizienz-Abkommens und den Anstoß eines Dialogs der EU mit stark energieverbrauchenden Ländern sowie mit Schwellenländern über Energieeffizienz und -einsparung;

2.11

unterstützt die Entwicklung eines gemeinsamen Konzepts einer Außen- und Sicherheitspolitik zur Versorgungssicherheit und Diversifizierung der Bezugsquellen sowie den Ausbau von Energiepartnerschaften und die Intensivierung des Dialogs mit wichtigen Erzeuger-, Transit- oder Verbraucherländern; hier erscheint auch die Einbeziehung der Nicht-EU-Nachbarländer sinnvoll;

Zum Aktionsplan für Biomasse

2.12

fordert die Kommission auf, der Bedeutung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung und Weiterentwicklung des Aktionsplans Rechnung zu tragen, auf die lokale und regionale Dimension explizit einzugehen und auf diese Weise auch zu einer umfassenden Stärkung des ländlichen Raums beizutragen;

2.13

unterstützt die Auffassung der Kommission im Zusammenhang mit der Biomasseversorgung, wonach die Entscheidung über den Anbau von Energiepflanzen „am besten auf lokaler oder regionaler Ebene getroffen“ werden soll;

2.14

hält es für notwendig, zur Steigerung der Versorgungssicherheit, zur Ressourcenschonung, zur Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie zur Stärkung des ländlichen Raums und der regenerativen Energiewirtschaft neben der Förderung von Energieeinsparungen und der Steigerung der Energieeffizienz auch die Nutzung von erneuerbaren Energien weiter auszubauen und in diesem Zusammenhang den nachhaltigen Ausbau der energetischen wie auch der stofflichen Nutzung von Biomasse weiter voranzutreiben;

Zur Strategie für Biokraftstoffe

2.15

hält den Abbau der im Zusammenhang mit Biokraftstoffen bestehenden technischen Hemmnisse sowie die Änderung der Norm EN 14214 für unerlässlich, um die Nutzung einer größeren Bandbreite von Pflanzenölen für Biodiesel zu erleichtern, soweit dies ohne wesentliche Beeinträchtigung der Kraftstoffgüte möglich ist, und unterstützt daher die Absicht der Kommission, zunächst den Ursachen für diese Hemmnisse nachzugehen, festzustellen, welche Spezifikationen der Norm geändert werden müssen, und gleichzeitig sicherzustellen, dass es zu keiner Diskriminierung von Biokraftstoffen aus diesem Grunde kommt;

2.16

fordert die Kommission auf, auch bei der Weiterentwicklung der Strategie für Biokraftstoffe die lokale und regionale Dimension angemessen zu berücksichtigen;

2.17

begrüßt die Absicht der EU-Kommission, den Anteil der Biokraftstoffe am Kraftstoffverbrauch zu erhöhen und hierzu auch eine Prüfung von Aktionen zur Förderung der Biokraftstoffe vorzusehen.

Brüssel, den 11. Oktober 2006

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Michel DELEBARRE


(1)  ABl. C 107 vom 3.5.2002, S. 13.

(2)  ABl. C 318 vom 22.12.2004, S. 19.


6.3.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 51/27


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zu öffentlich-privaten Partnerschaften und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen und Konzessionen“

(2007/C 51/05)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zu öffentlich-privaten Partnerschaften und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen und Konzessionen“ (KOM(2005) 569 endg.);

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 15. November 2005, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme dazu zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 22. Februar 2006, die Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der Erarbeitung dieser Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen (KOM(2004) 327 endg., CdR 239/2004 fin);

gestützt auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen (KOM(2004) 327 endg., CESE 1440/2004 fin);

gestützt auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Rolle der EIB bei öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) und deren Auswirkung auf die Wachstumsproblematik (CESE 255/2005);

gestützt auf den am 3. Juli 2006 von der Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 41/2006 rev. 2) (Berichterstatterin: Frau Bożena Ronowicz, Oberbürgermeisterin von Zielona Góra (PL/EA-UEN));

in Erwägung folgender Gründe:

1)

Die Globalisierung der Wirtschaft und der damit verbundene höhere Wettbewerbsdruck für private und öffentliche Unternehmen, deren verbesserte Wettbewerbsfähigkeit ein Ziel der Lissabon-Strategie ist, erfordert eine enge Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit der Privatwirtschaft in Form öffentlich-privater Partnerschaften. Von einer solchen Zusammenarbeit würden alle Beteiligten profitieren, insbesondere aber die Bürgerinnen und Bürger, für die die Dienstleistungen erbracht werden.

2)

Mit Hilfe öffentlich-privater Partnerschaften, die auf einer Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen und privatwirtschaftlichen Partnern beruhen, können die Beteiligten, also nationale bzw. kommunale Einrichtungen einerseits sowie private Unternehmen andererseits, zu beiderseitigem Nutzen und unter Ausschöpfung ihres jeweiligen Potenzials gemeinsame Vorhaben umsetzen, mit denen nicht nur kommerzielle, sondern auch gesellschaftlich relevante Ziele verfolgt werden, insbesondere die Verbesserung des Dienstleistungsangebots.

3)

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sollten sich stärker im Bereich öffentlich-privater Partnerschaften engagieren, da deren Einsatz für Partnerschaftsprojekte, die auf den sich aus dem EG-Vertrag ergebenden Grundsätzen beruhen, vor allem den Bürgerinnen und Bürgern zugute kommt, für die diese Dienstleistungen bestimmt sind.

verabschiedete auf seiner 66. Plenartagung am 11./12. Oktober 2006 (Sitzung vom 12. Oktober) folgende Stellungnahme:

1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

1.1

vertritt die Auffassung, dass in Ermangelung einer präzisen Definition des Begriffs „öffentlich-private Partnerschaft“ (ÖPP) und im Hinblick darauf, dass adäquate gesetzliche Bestimmungen und insbesondere in den neuen EU-Mitgliedstaaten auch einschlägige Erfahrungen auf diesem Gebiet fehlen, eine Auslegungsmitteilung für sämtliche vertragliche Formen von ÖPP geschaffen werden muss;

1.2

ist der Meinung, dass auf der Ebene der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften — auf jener Ebene also, die den Bürgerinnen und Bürgern, für die die öffentlichen Dienstleistungen bestimmt sind, am nächsten ist — über die Finanzierung dieser Dienstleistungen, die konkrete Form der öffentlich-privaten Partnerschaft bzw. darüber, ob diese Dienstleistungen von den Gebietskörperschaften selbst erbracht werden sollen, entschieden werden sollte;

1.3

ist der Ansicht, dass die Entscheidung für eine öffentlich-private Partnerschaft bei der Durchführung eines genau definierten Projekts vor allem im Hinblick auf eine Verbesserung des Dienstleistungsangebots für die Bürger getroffen werden muss, und dass ÖPP nicht in jedem Fall die optimale Lösung darstellen;

1.4

ist der Auffassung, dass es Ziel einer öffentlich-privaten Partnerschaft ist, das Risiko auf jenen Partner zu verlagern, der damit am besten umgehen kann, wobei im Falle von Problemen bei der Umsetzung des Projekts eine entsprechende Sicherung vorzusehen ist;

1.5

ist der Meinung, dass in einer öffentlich-privaten Partnerschaft die öffentliche Hand vom Grundsatz her die Verantwortung für die Bereitstellung der entsprechenden Infrastruktur und die Erbringung der jeweiligen Dienstleistung trägt und bei der Umsetzung des jeweiligen Projekts aktiv mit der Privatwirtschaft zusammenarbeitet, die privaten Unternehmen hingegen die erforderlichen finanziellen Mittel einbringen, den Technologietransfer gewährleisten, die zur Erreichung der Ziele der öffentlichen Stellen notwendigen Aufgaben wahrnehmen und auch den Betrieb des jeweiligen Objekts nach dessen Fertigstellung bzw. Modernisierung gegen ein entsprechendes Entgelt für die erbrachte öffentliche Dienstleistung übernehmen. Ziel einer öffentlich-privaten Partnerschaft ist es daher, die Beziehungen zwischen den einzelnen Partnern derart zu gestalten, dass das Risiko für einen bestimmten Teil des Vorhabens jeweils von dem Partner getragen wird, der am besten imstande ist, dieses Risiko zu kontrollieren;

1.6

ist der Ansicht, dass öffentlich-private Partnerschaften eine geeignete Lösung für die Bereitstellung von Infrastruktur oder die Erbringung von Dienstleistungen für die Allgemeinheit sein können. Es sollte jedoch nur nach einer eingehenden Analyse des konkreten Ziels, das mit der Errichtung von Infrastruktur oder der Erbringung einer bestimmten Dienstleistung verfolgt wird, entschieden werden, ob die lokalen bzw. regionalen Gebietskörperschaften diese Aufgaben selbst wahrnehmen, in Übereinstimmung mit den einzelstaatlichen Bestimmungen für das öffentliche Beschaffungswesen damit Dritte beauftragen, zu diesem Zweck Konzessionen vergeben oder diese Aufgaben im Rahmen einer institutionalisierten öffentlich-privaten Partnerschaft angehen;

1.7

ist der Meinung, dass öffentlich-private Partnerschaften nicht nur unter rechtlichen, ökonomischen sowie technischen, sondern auch unter politischen Gesichtspunkten zu bewerten sind, insbesondere da die Entscheidungen über die Durchführung gemeinsamer Projekte von Staat und Privatwirtschaft in demokratischen Meinungsbildungsverfahren getroffen werden und außerdem der Kontrolle durch Aufsichtsorgane unterliegen, was einen Informationsanspruch der Öffentlichkeit begründet und den Bürgerinnen und Bürgern, die diese Dienstleistungen in Anspruch nehmen bzw. nehmen können, somit deren Beurteilung ermöglicht;

1.8

vertritt die Auffassung, dass die Durchführung eines Projekts im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (gesetzt den Fall, eine solche wird als optimale Lösung für die Errichtung von Infrastruktur und die Erbringung einer Dienstleistung für die Allgemeinheit angesehen) den öffentlichen Stellen in einigen Fällen folgende Vorteile bringen kann:

Einsatz privaten Kapitals zur Finanzierung dem Gemeinwohl dienender Vorhaben, wodurch Haushaltsmittel eingespart und die Investitionsausgaben gesenkt werden können;

Verlagerung des Investitionsrisikos auf den privatwirtschaftlichen Partner in dem Maße, in dem dieser besser damit zurecht kommt als der öffentliche Partner;

Beschleunigung des geplanten Investitionsvorhabens und der damit verbundenen Dienstleistungserbringung für die Allgemeinheit dank der größeren Flexibilität und Handlungsgeschwindigkeit des privatwirtschaftlichen Sektors;

Diversifizierung der Finanzierungsquellen staatlicher Einrichtungen auf lokaler Ebene;

Garantie einer anforderungsgerechten Durchführung des Investitionsvorhabens, da das neu geplante und errichtete bzw. modernisierte Objekt von einem privaten Unternehmen genutzt und instand gehalten wird und es im Interesse dieses Unternehmens liegt, das Vorhaben unter der Aufsicht des öffentlichen Partners frist- und anforderungsgerecht fertig zu stellen;

Gewährleistung eines hochwertigen öffentlichen Dienstleistungsangebots auf lange Sicht auf der Grundlage langjähriger Verträge;

1.9

hebt hervor, dass öffentlich-private Partnerschaften wechselseitiges Vertrauen und Transparenz in den Beziehungen zwischen den beiden Partnern erfordern und nur dann zu einer freien, ungehinderten und auf den vertraglich verankerten Grundsätzen der EU — etwa dem Grundsatz der Gleichbehandlung, der gegenseitigen Anerkennung und der Verhältnismäßigkeit — beruhenden Entwicklung führen können, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

stabile Verwaltungsstrukturen auf kommunaler und regionaler Ebene;

Vertrauen seitens der Finanzmärkte und der jeweiligen Partner;

gesunde Finanzen sowohl auf Seiten des öffentlichen als auch des privatwirtschaftlichen Partners;

klare und konkrete vertragliche Vereinbarungen, die einen Überarbeitungsmechanismus und Regelungen im Falle höherer Gewalt vorsehen;

solide Finanzkalkulation für das jeweilige Projekt;

Gewährleistung des Rechtsschutzes für beide Partner.

1.10

betont, dass sowohl vertragliche Formen von ÖPP als auch institutionalisierte ÖPP den Bürgerinnen und Bürgern vorrangig qualitativ hochwertige, sichere und dauerhafte Einrichtungen bzw. Dienstleistungen garantieren müssen. Das bedeutet, dass die öffentlichen Stellen die Dienstleistungserbringung über die wirtschaftlichen Interessen der Betreiber stellen und sich gewisse Befugnisse bewahren müssen, wie die Vorgabe von Qualitäts- und Sicherheitsstandards und die einseitige Modifizierung dieser Standards im öffentlichen Interesse während der gesamten Dauer der Zusammenarbeit, die Rückübernahme des Werks oder der Dienstleistung und nach Beendigung der Zusammenarbeit die Übernahme derjenigen Güter vom Betreiber, die die öffentliche Stelle für die Fortführung der Nutzung beziehungsweise Dienstleistung als erforderlich erachtet;

1.11

ist der Ansicht, dass auch wenn die von der Kommission konsultierten Akteure mehrheitlich die Gemeinschaftsinitiative zur Klärung und Harmonisierung der Vorschriften über die weitere Vergabe von Leistungen im Rahmen öffentlicher-privater Partnerschaften nicht unterstützt haben, die Gemeinschaftsorgane nicht vergessen sollten, dass die Bürger, die diese Leistungen nutzen, im Mittelpunkt der Zusammenarbeit stehen und dass der Erfolg einer ÖPP-Maßnahme darunter leiden kann, wenn der Betreiber nicht ordnungsgemäß mit den Unterauftragnehmern bzw. Zulieferern zusammenarbeitet, die die Leistung gänzlich oder teilweise erbringen. Zudem haben die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ein Interesse daran, die kleinen und mittleren Unternehmen zu fördern, die zumeist die Rolle der Unterauftragnehmer bzw. Zulieferer übernehmen. Daher muss für den Vertragsnehmer bzw. Konzessionär die Verpflichtung gelten, dass er seinen wirtschaftlichen Verpflichtungen mit den Unterauftragnehmern und Zulieferern unter denselben wirtschaftlichen Bedingungen nachkommt, die für die Erfüllung der wirtschaftlichen Verpflichtungen zwischen der Vergabestelle und dem Auftragnehmer bzw. Konzessionär gelten.

2.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

spricht sich, sollte die Kommission an dem Gedanken festhalten, einen Legislativvorschlag zu Dienstleistungskonzessionen vorzulegen, dafür aus, den speziellen Fall von Dienstleistungskonzessionen bzw. von Konzessionen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zu berücksichtigen. Der etwaige Kommissionsvorschlag sollte flexible, transparente und nicht diskriminierende Verfahren zur Auswahl des Dienstleistungsunternehmens sicherstellen, verbunden mit einer flexiblen Reihe horizontaler Kriterien für die endgültige Zuschlagserteilung;

2.2

vertritt die Meinung, dass die Debatte über öffentlich-private Partnerschaften auf Ebene der Europäischen Kommission fortgesetzt werden sollte, da die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen/Regionen und der Privatwirtschaft in der EU immer mehr an Bedeutung gewonnen hat;

2.3

dringt darauf, dass der Begriff „öffentlich-private Partnerschaft“ präzise definiert, die genaue Bedeutung von Termini wie „vertragliche ÖPP“ bzw. „institutionalisierte ÖPP“ geklärt und eine eventuelle Unterscheidung zwischen ÖPP auf europäischer Ebene und solchen auf nationaler und subnationaler Ebene vorgenommen wird;

2.4

ist der Auffassung, dass im Sinne des vorhergehenden Abschnitts die Begriffe „öffentliche Dienstleistung“ und „Dienstleistung von allgemeinem Interesse“ vermieden werden sollten, da sie in verschiedenen Rechtsakten unterschiedlich definiert sind. Zur Definition der institutionalisierten ÖPP, die für das Gemeinschaftsrecht von Interesse sind, könnte folgendes nützliches Konzept dienen: „Eine institutionalisierte ÖPP bezweckt die Nutzung eines Bauwerks oder die Erbringung von Dienstleistungen für die Bürger gegen Entgelt, das ganz oder teilweise durch die Nutzer entrichtet wird“;

2.5

regt an, auch die Frage zu erörtern, ob auf europäischer Ebene die notwendigen finanziellen Instrumente zur Besicherung europaweiter ÖPP (Rückversicherungen, staatliche Bürgschaften) zur Verfügung stehen;

2.6

erkennt die Bemühungen der Kommission an, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen auf EU-Ebene die Einhaltung der im EG-Vertrag festgeschriebenen grundlegenden Prinzipien, wie Transparenz, Gleichbehandlung, Verhältnismäßigkeit und gegenseitige Anerkennung, zu gewährleisten;

2.7

ist der Auffassung, dass der wettbewerbliche Dialog bei komplizierten öffentlichen Verträgen wirksam sein kann, bisher aber nur wenig Erfahrung in Bezug auf den Inhalt von wettbewerblichen Dialogen gesammelt worden ist;

2.8

empfiehlt den Mitgliedstaaten, auf transparenten und kohärenten Grundsätzen beruhende Verfahren für die Konzessionsvergabe zu entwickeln, wobei etwaige von der Europäischen Kommission vorgeschlagene gemeinsame Definitionen und Standards zu berücksichtigen sind;

2.9

ist der Auffassung, dass zur Sicherstellung einer größeren Rechtssicherheit für Initiativen im Bereich öffentlich-privater Partnerschaften Unternehmen unter Beteiligung des öffentlichen und des privatwirtschaftlichen Sektors zum Zwecke der Erbringung von Leistungen für die Allgemeinheit errichtet werden können;

2.10

weist darauf hin, dass ausschließlich jene Bieter (Auftragnehmer), die (1) der Kontrolle durch eine auftragvergebende öffentliche Stelle unterliegen wie deren eigene, nicht selbstständige Einheiten und die (2) gleichzeitig den überwiegenden Teil ihrer Tätigkeit für diese Stelle ausüben, von den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge ausgenommen werden sollten. Nach Auffassung des AdR ist ein „interner Betreiber“ ein Betreiber, über den die zuständige Behörde die Kontrolle ausübt, die der über ihre eigenen Dienststellen entspricht. Um festzustellen, ob eine solche Kontrolle gegeben ist, sind Faktoren heranzuziehen wie die Vertretung in Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsgremien, entsprechende Festlegungen der Satzung, Eigentumsrechte, tatsächlicher Einfluss auf und tatsächliche Kontrolle von strategischen Entscheidungen und einzelnen Managemententscheidungen. Die Eigenschaft eines internen Betreibers schließt jedwede Beteiligung eines Privatunternehmens mit mehr als 33 % am Kapital des Dienstleisters aus; der AdR hält insbesondere die Annahme für falsch, dass die Direktvergabe an gemischte öffentlich-private Gesellschaften, die im Wege eines öffentlichen Verfahrens gebildet wurden, diesen Gesellschaften in jedem Fall direkte oder indirekte Vorteile bringt, und lehnt daher die automatische Gleichsetzung von Direktvergabe mit einem im Widerspruch zu den Bestimmungen des EU-Vertrags stehenden Wettbewerbsvorteil ab, ebenso das Prinzip, dass jegliche weitere Beschränkung der Operabilität auf dem Markt mit dem oben beschriebenen Rahmen unvereinbar ist;

2.11

ist der Ansicht, dass mit einer Auslegungsmitteilung zum Thema Konzessionsvergabe und institutionalisierte ÖPP weitere Orientierungshilfen hinsichtlich der Einhaltung der im EG-Vertrag festgeschriebenen Grundsätze der Gleichbehandlung, der Transparenz, der Verhältnismäßigkeit und der gegenseitigen Anerkennung geboten werden könnten. Dies würde die Erfolgsaussichten von ÖPP-Projekten deutlich erhöhen, und die Durchführung mittels Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB) finanzierter Projekte würde auf eine solidere Grundlage als bislang gestellt;

2.12

betont, dass die demokratische Rechtsordnung in den einzelnen Mitgliedstaaten Garant für die gute Qualität der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ist, da sie den Bürgerinnen und Bürgern einen zentralen Platz einräumt, dessen Beachtung unter dem Schutz der Behörden steht, die die zu erbringenden Dienstleistungen planen bzw. deren Planung beeinflussen, überwachen und überprüfen;

2.13

ist der Auffassung, dass bei Gewährung einer Unterstützung durch die EU der Finanzierung von ÖPP-Vorhaben Priorität eingeräumt werden muss.

Brüssel, den 12. Oktober 2006

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Michel DELEBARRE


6.3.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 51/31


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom zum Thema „Die Einführung von Europäischen Territorialpakten: Vorschlag zur Überprüfung der dreiseitigen Verträge und Vereinbarungen“

(2007/C 51/06)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

aufgrund des Beschlusses des britischen Ratsvorsitzes vom 21./22. November 2005, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 25. April 2006, die Fachkommission für konstitutionelle Fragen, Regieren in Europa und für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf die Schlussfolgerungen des hochrangigen EU-Netzwerks„Europäisches Regieren“, das am 21./22. November 2005 in London zusammentrat;

gestützt auf die Schlussfolgerungen der Sitzung der Hochrangigen Gruppe zu den politischen und administrativen Entscheidungs- und Regelungsprozessen in der Europäischen Union am 2./3. Oktober 2006 in Turku;

gestützt auf den Beitrag der Europäischen Kommission, den diese in der Sitzung der Hochrangigen Gruppe zu den politischen und administrativen Entscheidungs- und Regelungsprozessen in der Europäischen Union in Turku vorgelegt hat;

gestützt auf das Weißbuch der Europäischen Kommission „Europäisches Regieren“ vom 25.7.2001, KOM(2001) 428 endg. (1);

gestützt auf die Mitteilung der Europäischen Kommission „Ein Rahmen für den Abschluss dreiseitiger Zielverträge durch die Gemeinschaft, die Mitgliedstaaten und deren regionalen und lokalen Gebietskörperschaften“ vom 11.12.2002, KOM(2002) 709 endg.;

gestützt auf die Mitteilung der Europäischen Kommission an den Europäischen Rat „Eine bürgernahe Agenda: Konkrete Ergebnisse für Europa“ vom 10.5.2006, KOM(2006) 211 endg.;

gestützt auf seine am 12. Oktober 2005 verabschiedete Stellungnahme (CdR 121/2005) zum Thema „Bessere Rechtsetzung 2004“ und „Bessere Rechtsetzung für Wachstum und Arbeitsplätze in der Europäischen Union“ (2);

gestützt auf den am 30. Juni 2006 von der Fachkommission für konstitutionelle Fragen, Regieren in Europa und für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts angenommenen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 135/2006 rev. 1) (Berichterstatter: Raymond Forni, Präsident des Regionalrats der Franche-Comté (FR/SPE));

in Erwägung nachstehender Gründe:

1)

Die dreiseitigen Verträge und Vereinbarungen stellen ein zweckmäßiges Instrument zur Förderung des Regierens auf mehreren Ebenen in Europa dar, durch das insbesondere die Gebietskörperschaften unter Berücksichtigung der institutionellen Struktur jedes Mitgliedstaates einbezogen werden.

2)

Dieses neue, fakultative Instrument des Regierens garantiert mehr Flexibilität, Effizienz und Demokratie innerhalb der Europäischen Union und trägt dazu bei, unter den Bürgern mehr Zustimmung für das europäische Projekt zu gewinnen.

3)

Die Neubelebung der dreiseitigen Verträge und Vereinbarungen stellt eine der politischen Prioritäten des Ausschusses für das Jahr 2006 dar; insbesondere ist es dem Ausschuss ein Anliegen, den Beitrag und das Potenzial dieses Instruments bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie zu vertiefen.

4)

Die Verbreitung der dreiseitigen Verträge und Vereinbarungen als eines der Instrumente der Planung des Durchführungsprogramms ermöglicht eine kohärentere und homogenere Gestaltung der politischen Planung — von der europäischen bis zur lokalen Ebene — sowie eine vielfältigere Gestaltung der Instrumente des Dialogs mit sämtlichen Einrichtungen, für welche die Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts auf regionaler Ebene von Belang ist.

5)

Die Pilotphase der dreiseitigen Verträge und Vereinbarungen zeitigte unterschiedliche Ergebnisse, und dieses Instrument, seine Modalitäten und Ziele sowie seine Reichweite sollten neu definiert werden.

6)

In der Sitzung vom 2./3. Oktober 2006 der Hochrangigen Gruppe zu den politischen und administrativen Entscheidungs- und Regelungsprozessen in der Europäischen Union, die in ihren Schlussfolgerungen festgehalten hat, dass einerseits einer Beibehaltung des Instruments nichts entgegensteht, andererseits eine gewisse Zahl von Mitgliedstaaten Interesse an einer freiwilligen Teilnahme an einer neuen Pilotphase bekundet hat, leistete der Ausschuss der Regionen im Interesse der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einen konkreten Beitrag zur Optimierung des Potenzials dieses Instruments.

verabschiedete auf seiner 66. Plenartagung am 11./12. Oktober 2006 (Sitzung vom 12. Oktober) folgende Stellungnahme:

STANDPUNKTE UND EMPFEHLUNGEN DES AUSSCHUSSES DER REGIONEN

1.   Förderung und Valorisierung des Partnerschaftsprinzips innerhalb der Europäischen Union

Der Ausschuss der Regionen

1.1

vertritt die Auffassung, dass angesichts der wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und demokratischen Herausforderungen, denen sich Europa gegenübersieht, die Maßnahmen der Europäischen Union, der Mitgliedstaaten sowie der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften durch eine echte Partnerschaft verstärkt und somit effizienter gemacht werden müssen;

1.2

betont, dass die Verankerung des Grundsatzes der interinstitutionellen Partnerschaft gemäß dem Subsidiaritäts- und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip der wesentliche Eckpfeiler für den Bau eines Europa darstellt, das von allen europäischen Bürgern als „gemeinsames Haus“ empfunden wird;

1.3

ist der Ansicht, dass durch die konkrete Umsetzung des Partnerschaftsprinzips die Mängel des gegenwärtigen Systems überwunden werden könnten und ein echter Mehrwert bezüglich der Verwirklichung klar definierter gemeinsamer Ziele bewirkt werden könnte, entsprechend dem Geist des von der Europäischen Kommission in ihrer Mitteilung vom 10. Mai 2006 vorgeschlagenen „Projekts für die Bürger“, ohne die Verteilung der institutionellen Zuständigkeiten der verschiedenen beteiligten Partner anzutasten;

1.4

stellt zudem fest, dass die gegenwärtig in den Mitgliedstaaten im Rahmen der Phase des Nachdenkens eingeleitete Diskussion mit der breiten Öffentlichkeit zeigt, dass durch konkrete und wahrnehmbare Aktionen eine Annäherung an die europäischen Bürger möglich ist und dass die unmittelbare Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in das europäische Einigungswerk hierfür unverzichtbar ist.

2.   Bewertung der Pilotphase der dreiseitigen Verträge und Vereinbarungen durch den Ausschuss der Regionen

Der Ausschuss der Regionen

2.1

unterstützte von Anfang an das Konzept der dreiseitigen Verträge und Vereinbarungen als partnerschaftliche Methode, um die Rechtsetzung und Programme, die sich stark auf regionaler oder lokaler Ebene auswirken, flexibler und wirksamer durchführen zu können;

2.2

stellt fest, dass die Ergebnisse der Pilotphase der dreiseitigen Verträge und Vereinbarungen nicht seinen Erwartungen entsprechen, ist jedoch der Auffassung, dass, ohne die Zweckmäßigkeit dieses Instruments in Frage zu stellen, vielmehr jede geeignetere Initiative umgesetzt werden muss, damit es stärker genutzt und verbreitet wird;

2.3

nimmt insbesondere zur Kenntnis, dass bislang nur ein einziger dreiseitiger Vertrag mit der Region Lombardei unterzeichnet worden ist und bedauert, dass sich die Europäische Kommission nicht stark genug für die Unterzeichnung der drei anderen Pilotprojekte für Vereinbarungen (Birmingham, Lille und Pescara) einsetzt, deren innovativer Inhalt einen echten Mehrwert hätte bringen können; verweist in diesem Zusammenhang auf neue Initiativen seitens der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften (z.B. der Autonomen Gemeinschaft Asturien und der Autonomen Provinz Trient) und unterstreicht die Arbeit einiger europäischer und nationaler Verbände, um dieses Instrument zu unterstützen und zu fördern;

2.4

erinnert daran, dass die Einführung des Konzepts der dreiseitigen Verträge und Vereinbarungen bei den territorialen Gebietskörperschaften, die für die Umsetzung und Durchführung eines Großteils der Rechtsvorschriften und Maßnahmen der Europäischen Union zuständig sind, insofern auf großes Interesse gestoßen ist, als dieses Konzept die Effizienz dieser Vorschriften und Maßnahmen verbessern würde; darüber hinaus sind diese Verträge und Vereinbarungen ein Mittel zur Unterstützung der Gemeinschaftsinstitutionen, nationalen Regierungen und lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Festlegung der Ziele sowie der integrierten Ermittlung und Durchführung der in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Maßnahmen und Tätigkeiten, wodurch die Rolle der einzelnen institutionellen Akteure aufgewertet würde;

2.5

teilt daher nicht die Einschätzung der Europäischen Kommission, dass keine einzige lokale oder regionale Gebietskörperschaft bzw. nationale Behörde besonderes Interesse an diesem Vorschlag bekundet habe;

2.6

weist auf die Schwachstellen dieser Pilotphase hin, die nicht genügend breit angelegt war, und ist nach Kenntnisnahme der von der Europäischen Kommission durchgeführten Bewertung der Auffassung, dass eine Überprüfung dieses Instrumentes noch dringlicher ist, wobei folgende Punkte besonders beachtet werden müssten:

Im Zusammenhang mit „Plan D“ sowie auch darüber hinaus Einführung von mehr Transparenz und Kommunikation über dieses neue Instrument und insbesondere von Informationskampagnen im Hinblick auf die möglichen Nutznießer, also die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, sowie auch im Hinblick auf eine bessere Informierung der Mitgliedstaaten;

Einsetzung einer echten Führung auf allen Ebenen;

Organisation einer guten Koordinierung der Finanzquellen;

Erneute Interessensbekundung der Europäischen Kommission, der Initiatorin dieses neuen Konzeptes, an einem flexiblen und praktischen Instrument, das nur geringe öffentliche Mittel beansprucht;

Einführung einer angemessenen Koordinierung innerhalb der Europäischen Kommission;

Herbeiführung einer guten „vertikalen“ Koordinierung zwischen den verschiedenen Regierungsebenen, insbesondere zwischen der nationalen und der regionalen/lokalen Ebene unter Anwendung der „regulierenden“ Komponente des Subsidiaritätsprinzips;

Organisation der Partner unter Leitung eines anerkannten Verantwortlichen unter Berücksichtigung der jeweiligen Kompetenzen und Zuständigkeiten;

Darstellung des Mehrwerts des Instruments für die Europäische Kommission, die Mitgliedstaaten sowie die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften.

2.7

erinnert daran, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom Dezember 2003 dieses Instrument begrüßt und ausdrücklich gefordert hat, dass der Pilotversuch eine ausreichende Anzahl und ein genügend breites Spektrum von Fällen zu umfassen hat und dass außerdem die für eine angemessene Öffentlichkeitsarbeit erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen sind;

2.8

lenkt die Aufmerksamkeit auf die Antworten zu dem Fragebogen, den die finnische Ratspräsidentschaft an die Mitgliedstaaten gesandt hat und aus denen hervorgeht, dass eine Mehrheit der Mitgliedstaaten drei- oder vielseitige Verträge befürwortet, die die Mitgliedstaaten, die Gebietskörperschaften und die Europäische Kommission mit dem Ziel einbeziehen, bei der Umsetzung der europäischen Politik den Grundsatz der Partnerschaft zu fördern;

2.9

erwägt, mit einem Beitrag auf die allgemeinen Bedingungen einzugehen, die von der Europäischen Kommission für einen Erfolg des Instruments genannt werden, und schlägt vor, mehrere Wege einzuschlagen; er ist im Übrigen bereit, als treibende Kraft zu wirken, damit der erforderliche politische Elan zur Nutzung dieses Instruments auch wirklich genutzt wird; unterstreicht allerdings, dass ohne die Unterstützung und das Engagement der Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission keine Initiative Erfolg haben kann;

3.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen im Hinblick auf die Einführung von „Europäischen Territorialpakten“

Der Ausschuss der Regionen

3.1

spricht sich dafür aus, die dreiseitigen Verträge und Vereinbarungen zu überprüfen und als „Europäische Territorialpakte“ neu zu definieren, um sie an die Bedürfnisse und Interessen der verschiedenen Regierungsebenen, die als Vertragsparteien in Frage kommen, anzupassen;

3.2

sieht folgende Ziele der „Europäischen Territorialpakte“als erstrebenswert an:

die Koordinierung und Abstimmung der Planungs-, Projektierungs-, Beschlussfassungs-, Umsetzungs- und Verwaltungsprozesse im Zusammenhang mit den in den großen europäischen Politikbereichen verfolgten Zielen und Vorhaben auf den verschiedenen institutionellen Ebenen;

die flexible, effiziente und freiwillige Umsetzung der großen Ziele und politischen Prioritäten der Europäischen Union durch zielorientierte Partnerschaften, anhand derer insbesondere die Umsetzung der Ziele der Kohäsionspolitik, die Umsetzung der Lissabon-Strategie auf lokaler Ebene, die gezielten Kommunikationsmaßnahmen. die Umsetzung der großen europäischen Politikbereiche wie Verkehr, Energie etc. auf lokaler Ebene sowie die Umsetzung integrierter politischer Strategien erleichtert wird, wie dies bei der Meeres- und Küstenpolitik der Fall ist;

die effiziente Verwaltung der dreiseitigen Verträge und Vereinbarungen, wie sie ursprünglich von der Kommission im Hinblick auf die Schaffung von einfachen Lösungen vor Ort ohne Rückgriff auf schwerfällige und kostspielige „rechtliche und verwaltungsmäßige“ Mechanismen sowie im Hinblick auf die Entwicklung von partnerschaftlichen Projekten unter der Zuständigkeit von Regionen und lokalen Gebietskörperschaften und der technischen sowie finanziellen Unterstützung durch die einzelstaatliche und europäische Ebene vorgeschlagen wurden. Dies könnte sich insbesondere als nützlich erweisen in den Regionen mit starker naturgegebener und/oder wirtschaftlicher und sozialer Benachteiligung bzw. in bevölkerungsarmen Regionen, wie etwa Regionen in äußerster Randlage, für die die europäische Rechtsetzung und die europäischen Politikbereiche zuweilen schwer umsetzbar oder anwendbar sein können;

3.3

unterstreicht, dass diese Instrumente für sich genommen sowohl für die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften als auch für die Europäische Union einen sehr großen Mehrwert darstellen würden, da sie eine bessere Anpassung der Unionsmaßnahmen an die lokalen und regionalen Gegebenheiten ermöglichen und leichter den konkreten Sorgen der Bürger gerecht würden;

3.4

erklärt sich bereit, mit der Europäischen Kommission, dem Ratsvorsitz der EU und den anderen betroffenen Institutionen, insbesondere mit der Hochrangigen Gruppe zu den politischen und administrativen Entscheidungs- und Regelungsprozessen zusammenzuarbeiten, um den konkreten Mehrwert solcher Verträge und Vereinbarungen zu ermitteln und zu bewerten und zu diesem Zweck geeignete Kriterien und Indikatoren festzulegen;

3.5

ist der Auffassung, dass die Freiwilligkeit des Einsatzes solcher Europäischen Territorialpakte und ihre Aushandlung auf der Basis eines gemeinsamen Willens seitens der verschiedenen Partner der Stärkung eines ständigen und regelmäßigen Dialogs zwischen den drei Regierungsebenen — einschließlich der Fälle, in denen mehr als ein Mitgliedstaat betroffen ist — von der Ausarbeitung bis zur Umsetzung der Pakte zuträglich wäre. Dieses Instrument muss auf jeden Fall unter Achtung und in Einklang mit den geltenden Regelungen auf regionaler, einzelstaatlicher und Gemeinschaftsebene konzipiert werden, und zwar sowohl in Bezug auf die jeweils geltende Zuständigkeitsverteilung in den Mitgliedstaaten als auch auf die Einhaltung der geltenden sektorspezifischen Vorschriften bzw. die Normen für die Verwaltung und Kontrolle der Finanzmittel;

3.6

ist der Meinung, dass es ohne einen finanziellen Beitrag von jeder der Vertragsparteien zur Verwirklichung der gemeinsam festgelegten Ziele keine echte Partnerschaft geben kann; schlägt vor, die Überlegungen zur Frage der Finanzierung der Europäischen Territorialpakte an potenziellen Synergien zwischen einerseits — für die europäische Ebene — den bestehenden Haushaltslinien zu den betreffenden Bereichen und den Strukturfonds und andererseits — für die lokale, regionale und nationale Ebene — den zur Verfügung stehenden Haushaltslinien festzumachen, und zwar, ohne ein ergänzendes Finanzinstrument für die gemeinschaftliche Regionalpolitik zu schaffen oder zu diesem Zweck weitere Finanzmittel anzufordern;

3.7

ist der Auffassung, dass das gemeinsame Ziel darin bestehen sollte, die Wirkung der Maßnahmen dadurch zu optimieren, dass deren gemeinschaftlicher Mehrwert konkret vor Ort aufgezeigt wird; dieser Mehrwert zeigt sich dann, wenn für die Rechtsgrundlagen, Entwicklung oder Durchführung bestimmter Maßnahmen die Zuständigkeiten verschiedener öffentlicher Verwaltungen (auf europäischer, einzelstaatlicher, regionaler oder lokaler Ebene) zum Tragen kommen; fordert die Europäische Kommission zudem auf, zu dessen Bestimmung exakte Indikatoren aufzustellen;

3.8

fordert die Europäische Kommission auf, die Nutzung der Europäischen Territorialpakte über den Bereich Umwelt hinaus auch auf andere Bereiche und europäische Politiken auszudehnen und insbesondere ihre Nutzung bei der Lissabon-Strategie, der Kohäsionspolitik, den großen europäischen Infrastrukturen und der Meerespolitik zu fördern;

3.9

hält es für angebracht, die Verständigung zwischen der Europäischen Kommission, dem Rat der Europäischen Union, dem Europäischen Parlament und dem Ausschuss der Regionen im Hinblick auf die Definition und Umsetzung der Europäischen Territorialpakte zu intensivieren; hält darüber hinaus zu diesem Zweck die Unterstützung durch die betreffenden nationalen Regierungen für unentbehrlich;

3.10

fordert die Europäische Kommission erneut dazu auf, bei der Verwaltung dieses neuen Instruments die fachübergreifende Koordinierung durch ihr Generalsekretariat zu verstärken;

3.11

schlägt vor, zwischen den verschiedenen Regierungsbehörden, die an einem Territorialpakt beteiligt sind, Mechanismen zur regelmäßigen Konzertierung einzuführen; diese Mechanismen müssen flexibel sein und sollten nur begrenzt Humanressourcen beanspruchen. Die Territorialpakte sollten so ausgelegt sein, dass die Kommission in der Lage ist, sie — nach den Grundsätzen der Objektivität, Öffentlichkeit und Transparenz — mit all jenen Mitgliedstaaten und regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zu schließen, die die einschlägigen Bedingungen und Kriterien erfüllen. Die Regionen verpflichten sich, bei der Aufstellung dieser Kriterien mit der Kommission und den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten;

3.12

sieht es nämlich als grundlegend an, die Interaktion und den Informationsaustausch zwischen den regionalen und lokalen Behörden, die an einem Territorialpakt beteiligt sind, zu verbessern und schlägt vor, eine jährliche Überprüfung im Wege von jährlichen Sitzungen zwischen den beteiligten Regierungsbehörden oder öffentlichen Anhörungen ins Auge zu fassen;

3.13

fordert die Europäische Kommission schließlich dazu auf, eine echte Informationskampagne zu starten sowie Sensibilisierungsmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Territorialpakte einzuleiten, die sich an alle potenziell beteiligten Akteure richten und durch die die Ziele und die politische Bedeutung dieses Instruments verdeutlicht werden sollen;

3.14

hält es für notwendig, dass den lokalen Sozialpartnern — den Akteuren der Raumentwicklung — bei der Konzeption der Europäischen Territorialpakte eine formale Bedeutung zuerkannt wird;

3.15

hält es aufgrund der Bedeutung, welche der Bürgerbeteiligung bei der Festlegung der Ziele der Europäischen Territorialpakte zukommen muss, für angebracht, dass die europäischen Institutionen diese Beteiligung durch entsprechende Maßnahmen fördern und Vorschläge für Instrumente der Bürgerbeteiligung vorlegen;

3.16

beauftragt seinen Präsidenten, die vorliegende Stellungnahme dem Rat, der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament sowie den Regierungen der Mitgliedstaaten und der Hochrangigen Gruppe zu den politischen und administrativen Entscheidungs- und Regelungsprozessen in der Europäischen Union zu übermitteln.

Brüssel, den 12. Oktober 2006

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Michel DELEBARRE


(1)  ABl. C 287 vom 12.10.2001, S. 1-29.

(2)  ABl. C 81 vom 4.4.2006, S. 6-10.


6.3.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 51/35


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Situation von unbegleiteten Minderjährigen im Migrationsprozess — Rolle und Empfehlungen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften“

(2007/C 51/07)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 25. April 2006, die Fachkommission für konstitutionelle Fragen, Regieren in Europa und für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts gemäß Artikel 265 Absatz 5 des EG-Vertrags mit der Ausarbeitung einer Stellungnahme zu diesem Thema zu beauftragen;

gestützt auf seine Stellungnahme zu dem Grünbuch „Gleichstellung sowie Bekämpfung von Diskriminierungen in einer erweiterten Europäischen Union“ — KOM(2004) 379 endg. (CdR 241/2004 fin);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Studie über die Zusammenhänge zwischen legaler und illegaler Migration“ — KOM(2004) 412 endg. (CdR 337/2004 fin);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Mitteilung der Kommission — Sozialpolitische Agenda“ — KOM(2005) 33 endg. (CdR 80/2005 fin);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Aufstellung eines Rahmenprogramms für Solidarität und die Steuerung der Migrationsströme für den Zeitraum 2007-2013“ — KOM(2005) 123 endg. (CdR 144/2005 fin);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Eine gemeinsame Integrationsagenda — Ein Rahmen für die Integration von Drittstaatsangehörigen in die Europäische Union“ — KOM(2005) 389 endg. — und der Mitteilung „Migration und Entwicklung: Konkrete Leitlinien“ — KOM(2005) 390 endg. — sowie zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger — KOM(2005) 391 endg. (CdR 51/2006 fin);

gestützt auf die Mitteilung der Kommission: Anzeiger der Fortschritte bei der Schaffung eines „Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ in der Europäischen Union — Halbjährliche Aktualisierung — KOM(2002) 738 endg.;

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zur kontrollierten Einreise von Personen, die internationalen Schutz benötigen, in die EU und zur Stärkung der Schutzkapazität von Herkunftsregionen: „Verbesserung des Zugangs zu dauerhaften Lösungen“ — KOM(2004) 410 endg.;

gestützt auf die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes;

gestützt auf die Richtlinie 2004/81/EG des Rates vom 29. April 2004 über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer des Menschenhandels sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen Behörden kooperieren;

gestützt auf den „Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Außengrenzenfonds für den Zeitraum 2007-2013 innerhalb des generellen Programms 'Solidarität und Steuerung der Migrationsströme'“- KOM(2005) 123 endg. — 2005/0047 (COD);

gestützt auf den „Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Integration von Drittstaatsangehörigen für den Zeitraum 2007-2013 innerhalb des generellen Programms 'Solidarität und Steuerung der Migrationsströme'“ — KOM(2005) 123 endg. — 2005/0048 (COD);

gestützt auf den „Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Rückkehrfonds für den Zeitraum 2008-2013 innerhalb des generellen Programms 'Solidarität und Steuerung der Migrationsströme'“- KOM(2005) 123 endg. — 2005/0049 (COD);

gestützt auf den am 30. Juni 2006 von der Fachkommission für konstitutionelle Fragen, Regieren in Europa und für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts angenommenen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 136/2006) (Berichterstatter: Paolo Fontanelli, Bürgermeister von Pisa (IT/SPE));

in Erwägung nachstehender Gründe:

1)

Unbegleitete minderjährige Ausländer sind gemäß der Entschließung des Europarates vom 26. Juni 1997„Staatsangehörige dritter Länder, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Begleitung eines für sie nach dem Gesetz oder dem Gewohnheitsrecht verantwortlichen Erwachsenen in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates einreisen, solange sie sich nicht tatsächlich in der Obhut einer solchen Person befinden“.

2)

Der Schutz Minderjähriger, unbegleiteter minderjähriger Ausländer und jugendlicher Asylbewerber als besonders gefährdete und von sozialer Ausgrenzung bedrohte Gruppe muss für die Europäische Union, die Partnerländer, die lokalen Gebietskörperschaften und die Regionen ein vorrangiges Ziel sein.

3)

Die Steuerung der Migration besonders gefährdeter Personengruppen, wie zum Beispiel der Opfer von Menschenhandel, der Asylbewerber und der unbegleiteten minderjährigen Migranten, ist aufgrund des objektiven Umstands ihrer unerlaubten Einreise in das Gebiet der Partnerländer Teil der allgemeinen Maßnahmen zur Bewältigung der irregulären Einwanderung im weitesten Sinne.

4)

Diese besonderen Migrationsströme fallen in eine rechtliche Grauzone zwischen unerlaubter Einreise und anschließendem legalen Aufenthalt aufgrund des im Völkerrecht und in den einzelstaatlichen Rechtsordnungen garantierten Schutzes.

5)

Zum heutigen Zeitpunkt gibt es auf EU-Ebene kaum entsprechende Daten, da die nationalen Behörden unbegleitete minderjährige Ausländer verschiedenen Gruppen zuordnen; in einigen Ländern werden sie statistisch den Asylbewerbern zugerechnet, in anderen den Wirtschaftsmigranten oder auch den sich selbst überlassenen Minderjährigen.

6)

Das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) schätzt die Gesamtzahl der Flüchtlinge weltweit auf 25 Millionen, davon 50 % Kinder. Nach jüngsten Schätzungen sind zwei bis drei Prozent davon unbegleitete minderjährige Drittstaatsangehörige.

7)

UNICEF geht von jährlich ungefähr 1,2 Millionen minderjährigen Opfern des Menschenhandels im In- und Ausland aus (UNICEF-Bericht „Stop the Traffic“, Juli 2003). Nach Schätzungen des auf der Grundlage der Arbeiten der „International Save the Children Alliance“ und des UNHCR erstellten „Separated Children in Europe Programme“ gibt es in Europa derzeit mindestens 100 000 unbegleitete Minderjährige. In Italien hat die nationale Behörde für den Schutz minderjähriger Ausländer (Comitato Minori Stranieri) alljährlich Daten über den Aufenthalt von ungefähr 8 000 unbegleiteten minderjährigen Ausländern erfasst — in den letzten Jahren mit steigender Tendenz. In Spanien gehen die Behörden von jährlich 3 000 bis 4 000 erfassten unbegleiteten minderjährigen Ausländern aus, während in Frankreich, den Niederlanden und Belgien 5 000 bis 6 000 Minderjährige verbürgt sind. Die Zahl unbegleiteter minderjähriger Ausländer ist mit Sicherheit viel höher, wenn man den Umstand ihrer illegalen Einreise und die Schwierigkeit bedenkt, nach einer irregulären Einreise auch nur ihre Anwesenheit im Hoheitsgebiet schätzungsweise zu erfassen.

8)

Die unbegleiteten minderjährigen Ausländer kommen vor allem aus den Ländern des Maghreb und hier insbesondere aus Marokko, aus den afrikanischen Ländern südlich der Sahara (Senegal, Mali, Guinea, Kamerun usw.),aus asiatischen Ländern — vor allem aus Afghanistan — und aus osteuropäischen Staaten — vor allem aus Rumänien, Moldawien, Albanien und den ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken.

9)

Die schwierige Aufgabe der Betreuung fällt oft vollständig auf die Kommunen und Regionen zurück; diese können das Problem nur notdürftig anpacken, weil es keinen politischen Bezugsrahmen gibt, sie keine effektive Handhabe für eine Lösung des Problems an der Wurzel und keine rechtliche Befugnis zur Ergreifung von Maßnahmen zur Zusammenführung oder begleiteten Rückführung haben und weil es keine Maßnahmenplanung gibt, was auf Kosten der Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der Maßnahmen geht; zugleich werden erhebliche Mittel dafür aufgewendet;

verabschiedete auf seiner 66. Plenartagung am 11./12. Oktober 2006 (Sitzung vom 12. Oktober) folgende Stellungnahme:

1.   STANDPUNKTE DES AUSSCHUSSES DER REGIONEN

Der Ausschuss der Regionen

1.1

erachtet es als wesentlich, dass die Migrationsströme in der EU unter Beachtung und Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und der Rechte des Einzelnen, insbesondere der Risikogruppen, auf abgestimmte und wirksame Weise verwaltet und gesteuert werden, nicht nur um damit Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und andere Ursachen der Unsicherheit zu bekämpfen, sondern auch weil es sich dabei um eine notwendige Voraussetzung für das Erreichen der Wachstumsziele der Lissabon-Strategie und die Vollendung des Binnenmarktes handelt;

1.2

stellt fest, dass im Hinblick auf kohärente und geplante Maßnahmen für unbegleitete minderjährige Ausländer die wichtigsten Ziele vor allem darin bestehen,

1)

verlässliche Untersuchungsergebnisse über diese Entwicklung zu erhalten und daher die statistischen Daten der einzelnen Partnerländer auf EU-Ebene objektiv zu vergleichen;

2)

ein vorrangiges Programm für Maßnahmen in den Herkunftsländern dieser Minderjährigen zu entwickeln;

1.3

hat in diesem Zusammenhang die Erarbeitung einer Initiativstellungnahme zur Situation von unbegleiteten minderjährigen Ausländern im Migrationsprozess beschlossen, um deutlich zu machen, welche Beachtung diese Gruppe aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit der Minderjährigen bei der Steuerung der Migrationsströme verdient; diese Schutzbedürftigkeit wird zum Missbrauch des Jugendschutzsystems durch Handlungen ausgenutzt, die der Ausbeutung von Kindern und der Kinderarbeit Vorschub leisten;

1.4

weist darauf hin, dass aufgrund der besonderen Merkmale dieses Problems und angesichts der Dringlichkeit und Bedeutung einer gemeinsamen Behandlung dieses Themas durch die Partnerländer die aktive und kontinuierliche Einbeziehung der für die Betreuung der Minderjährigen zuständigen lokalen Gebietskörperschaften und Regionen ein entscheidender Faktor für eine objektive Untersuchung dieser Entwicklung ist;

1.5

ist überzeugt, dass im Konzept für die Steuerung der Migrationsströme ein qualitativer Sprung in Bezug auf die irreguläre Einwanderung nötig ist, wobei einerseits die Bedeutung der Grenzkontrollmaßnahmen und ganz allgemein der Koordinierungsbemühungen zwischen den Innenministerien der einzelnen Mitgliedstaaten anerkannt werden muss, andererseits aber ebenso schwerpunktmäßig die zivilgesellschaftliche und soziale Kontrolle der Gebiete, ohne die sämtliche Eindämmungs- und Integrationsmaßnahmen wirkungslos bleiben müssen und die EU das Problem nicht, wie von der Kommission schon mehrfach gefordert, vollständig in den Griff bekommen kann. Erforderlich ist die Entwicklung von Maßnahmen zur Verhinderung der Ausreise von Minderjährigen aus dem Herkunftsland und zur Förderung der begleiteten Rückführung. Gleichzeitig soll in diesen Ländern ein Jugendschutzsystem aufgebaut werden, das die Durchführung von Maßnahmen zum Schutz der Minderjährigen im eigenen Land fördert;

1.6

stellt fest, dass die Kommission der Situation der unbegleiteten minderjährigen Ausländer zu wenig Beachtung schenkt, und hofft, dass dieses Problem mit der von der Kommission (in KOM(2006) 367 endg.) vorgeschlagenen „Kinderrechtsstrategie“ wirksam angegangen wird;

1.7

weist darauf hin, dass das Migrationsphänomen mittel- und langfristig nur im Zuge einer Kooperationspolitik für eine nachhaltige Entwicklung in den Herkunftsländern der Einwanderer zu bewältigen ist, die ihren Bürgern und insbesondere den jungen Menschen entsprechende Chancen vor Ort bieten;

1.8

begrüßt den interessanten Ausgangspunkt der Mitteilung KOM(2005) 389 endg., bei dem die Herkunftsländer als an der Steuerung der Migration beteiligte Partner angesehen werden; in diesem Sinne ist der Impuls für die Assoziierungsabkommen wichtig, die mit diesen Ländern unterzeichnet werden sollen und in denen ein direkter Zusammenhang zwischen der Migration und der notwendigen Entwicklung dieser Länder hergestellt werden muss;

1.9

stellt fest, dass auf den Schultern vieler lokaler und regionaler Behörden die Aufgabe der Aufnahme und Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Ausländer und zudem die Zuständigkeit für ihre Unterbringung, die Sozialhilfe, Gesundheitsleistungen und Ausbildung lastet; sie müssen erforderlichenfalls ihre Integration in den Arbeitsmarkt fördern, eine umfassende Verwaltungs- und Dokumentationstätigkeit leisten und haben die sich daraus ergebende finanzielle Belastung zu tragen;

1.10

wünscht, dass bei der Verwaltung des Europäischen Integrationsfonds die besonderen Anforderungen der regionalen und lokalen Behörden berücksichtigt werden und ihre Mitwirkung bei der Aushandlung der nationalen Programme wie der entsprechenden operativen Maßnahmen unterstützt wird;

1.11

verweist auf die Ausmaße, die diese Migrationsströme angenommen haben, auf die Folgen für die Gebietskörperschaften, die auf spezifische Bedürfnisse zu reagieren und die Versorgung mit besonderen Leistungen zu gewährleisten haben, sowie auf die tendenzielle Zunahme dieser Entwicklung in den letzten Jahren; aus diesen Gründen scheint es ratsam, die lokalen Gebietskörperschaften und Regionen im Hinblick auf die hier geforderte wirksame Bewältigung des Problems in den Gebieten voll einzubeziehen, wobei eine aktivere Politik der nationalen Behörden zur Förderung der Zusammenarbeit mit und zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften (insbesondere im Hinblick auf die Risikogruppen) nötig ist;

1.12

betont, dass bei der Erarbeitung dieser Stellungnahme ungeachtet der wenigen zur Verfügung stehenden Daten die bemerkenswerte Arbeit deutlich geworden ist, welche die in den einzelnen Mitgliedstaaten zuständigen Behörden auf diesem Gebiet leisten, und anerkennt das hohe Maß an Kompetenz und Pflichtbewusstsein der zuständigen Beamten, aber auch den unverzichtbaren Beitrag und die Hilfe der nichtstaatlichen Organisationen und der auf dem Gebiet des Schutzes Minderjähriger tätigen Organisationen, die sich seit Jahren für die schwächsten Personengruppen — darunter jugendliche Asylbewerber, die Opfer des Menschenhandels geworden sind, — engagieren;

1.13

bedauert, dass es nicht in allen Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Schutzes minderjähriger unbegleiteter Ausländer einheitliche Verfahren und Strukturen gibt, und appelliert an die Mitgliedstaaten, bereits vorhandene europäische Regelungen möglichst einheitlich umzusetzen; bedauert zudem, dass die Maßnahmen oft aufgrund von Kompetenzkonflikten zwischen verschiedenen Verwaltungsebenen nicht koordiniert sind, was mit der großen Gefahr verbunden ist, dass es bei der Behandlung der Minderjährigen im Vergleich zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten, besonders aber innerhalb ein und desselben Mitgliedstaates, zu realen und nicht unerheblichen Diskriminierungen kommt;

1.14

weist schon jetzt darauf hin, dass das Problem unbegleiteter Minderjähriger vor allem die Regionen und Kommunen an den Grenzen zu den Herkunftsgebieten der Minderjährigen und die wirtschaftlich stärkeren Kommunen oder Regionen mit mehr Beschäftigungschancen betrifft, wobei die Gefahr besteht, dass die Schwierigkeiten in den dicht besiedelten Kommunen und Regionen übersehen werden, was sich unmittelbar auf die Möglichkeiten auswirkt, Minderjährige wirksam zu schützen; ebenso verfügen kleinere und mittlere lokale und regionale Gebietskörperschaften aufgrund ihrer Mittelknappheit nur über begrenzte Handlungsmöglichkeiten;

1.15

bringt nachdrücklich seine Enttäuschung über den von der Kommission eingeschlagenen Weg zum Ausdruck, in den jüngsten Legislativvorschlägen KOM(2005) 389 endg., KOM(2005) 390 endg. und KOM(2005) 391 endg. schwache Formulierungen zu verwenden; dort wird auch die Rückführung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern, die Opfer des Menschenhandels geworden sind, angesprochen, ohne dass ausdrücklich und verbindlich auf den entsprechenden Artikel der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sowie der UN-Konvention über die Rechte des Kindes von 1989 verwiesen wird;

1.16

hält es für unverzichtbar, regionale und kommunale Stellen mit besonders geschultem Personal einzurichten, um den besonderen Bedürfnissen von unbegleiteten minderjährigen Ausländern, Asylbewerbern und Opfern von Menschenhandel, die stark von Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, gerecht zu werden und entschieden gegen den Missbrauch und die Umgehung der Regelungen zum Schutz Minderjähriger vorzugehen, und schlägt daher Folgendes vor:

besondere Maßnahmen im Hinblick auf die Gesundheit der Betroffenen und die von ihnen erlittenen Traumen, auch durch Ethnopsychiatrie;

spezifische Maßnahmen für Minderjährige, die sich aufgrund einer Jugendstrafe im Freiheitsentzug befinden;

Unterstützung der Unterbringung Minderjähriger in Pflegefamilien, die möglichst den gleichen kulturellen Hintergrund haben;

eine engagiertere Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern und die Unterstützung einer dezentralen Kooperation zwischen Herkunftsgemeinde und Aufnahmegemeinde nach dem Vorbild beispielhafter Verfahrensweisen lokaler und regionaler Gebietskörperschaften;

Aktionen auf dem Gebiet der Bildung im Hinblick auf eine Eingliederung der unbegleiteten minderjährigen Drittstaatsangehörigen in das jeweilige Bildungssystem, wobei den Maßnahmen zum Erwerb der Landessprache des Ziellandes besonderes Augenmerk zu schenken ist;

Schutz für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in den EU-Staaten vor weiteren Kontakten mit den Schlepperorganisationen.

2.   EMPFEHLUNGEN DES AUSSCHUSSES DER REGIONEN

2.1   Das Problem unbegleiteter minderjähriger Ausländer stärker ins Bewusstsein rufen

Der Ausschuss der Regionen

2.1.1

hält die rechtlichen Regelungen über unbegleitete minderjährige Asylbewerber auf europäischer Ebene und in einigen Mitgliedstaaten für unzureichend und fordert daher Maßnahmen, um folgende Lücken zu schließen:

das Fehlen spezieller Asylantragsverfahren, die einen geeigneten Schutz bieten;

das Fehlen spezifischer Betreuungsstellen mit der erforderlichen Kompetenz sowie ausreichender und angemessener finanzieller und materieller Mittel;

das Fehlen spezifischer Verweise in den jüngsten Richtlinien zum Thema Asyl (Dubliner Übereinkommen II);

das Fehlen von Verfahren zur Einsetzung eines Vormundes mit guten Kenntnissen in Asylfragen, der bis zum Abschluss des Verfahrens zur Anerkennung des Flüchtlingsstatus oder eines anderen Status Hilfe und Unterstützung bietet;

das Fehlen von Maßnahmen, mit denen Diskriminierungen und der sozialen Ausgrenzung Minderjähriger vorgebeugt werden kann, insbesondere im Hinblick auf Minderjährige, die sich aufgrund von Jugendstrafen im Freiheitsentzug befinden;

2.1.2

fordert die dringende Aufnahme von Gesprächen mit dem Rat, der Kommission und dem Europäischen Parlament über ein Konzept für unbegleitete minderjährige Ausländer ausgehend von einer Mikroperspektive, welche die schwierige Situation auf lokaler Ebene und den konkreten Beitrag, den die lokalen Gebietskörperschaften und die Regionen leisten können, deutlich macht, und unterstreicht die Notwendigkeit von Schätzungen auf europäischer Ebene. Aus diesem Grund unterbreitet der Ausschuss auch Vorschläge für konkrete Maßnahmen zur besseren Bewältigung des Problems;

2.1.3

spricht sich dafür aus, dass auf europäischer Ebene eine Debatte über das äußerst ernste Problem der unbegleiteten minderjährigen Ausländer in Gang gesetzt wird, in der den Umständen und der Rolle der Herkunftsgemeinschaft und des Elternhauses besondere Bedeutung beigemessen wird;

2.1.4

hofft, dass alle neuen legislativen, politischen und programmplanerischen Maßnahmen im Zusammenhang mit unbegleiteten minderjährigen Ausländern, auch wenn sie im Rahmen der Steuerung der Migrationsströme stehen, stets auf den Prinzipien der UN-Konvention über die Rechte des Kindes von 1989 und insbesondere auf Art. 3 dieser Konvention, auf den im Vertrag über die Europäische Union verankerten Grundsätzen und auf der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie auf weiteren für unbegleitete Minderjährige wesentlichen völkerrechtlichen Instrumenten aufbauen und grundsätzlich immer auf das Wohl des Minderjährigen gerichtet werden, wobei alles daran gesetzt werden muss, eine familiäre und kulturelle Entwurzelung der Minderjährigen zu vermeiden und sie bestmöglich zu schützen, wenn sie ihre Heimat aufgrund ihrer Überzeugungen oder aus Glaubensgründen verlassen müssen.

2.2   Maßnahmen auf EU-Ebene zum Schutz unbegleiteter Minderjähriger sind dringend erforderlich

Der Ausschuss der Regionen

2.2.1

fordert, das Problembewusstsein für diese Entwicklung auf europäischer Ebene zu festigen, und stellt fest, dass in bestimmten Rechtsvorschriften jüngeren Datums in diesem Zusammenhang nicht mehr verbindlich auf den notwendigen Schutz der Rechte Minderjähriger verwiesen wird. Da es in einer Reihe von Mitgliedstaaten kein einheitliches Verfahren auf nationaler Ebene gibt, fällt die Steuerung und Bewältigung dieses Problems in den Gebieten und die damit verbundene finanzielle Belastung den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu;

2.2.2

vertritt die Auffassung, dass auf europäischer Ebene dringend ein schlüssiges gemeinsames Konzept für unbegleitete minderjährige Ausländer als Migrationsphänomen erarbeitet werden muss. Ein solches Konzept muss dem äußerst heiklen Problem der Minderjährigen und ihres Schutzes sowie der notwendigen Frage nach der Rolle der Herkunftsgemeinschaft und des Elternhauses Rechnung tragen und folglich der Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, denen die Aufgaben der Aufnahme und sozialen Fürsorge zufallen, besondere Aufmerksamkeit schenken;

2.2.3

fordert darüber hinaus, dass dem Vorgehen der Jugendgerichtsbarkeit im Zusammenhang mit unbegleiteten minderjährigen Ausländern aufgrund der Gefahr von Diskriminierungen und sozialer Ausgrenzung Beachtung geschenkt wird. Dabei ist die Möglichkeit der Rückführung dieser Minderjährigen zu ihren Angehörigen in Betracht zu ziehen.

2.3   Stärkung der Rolle der lokalen Gebietskörperschaften und der Regionen in einem an der Basis ansetzenden Prozess — Vorschläge für ein Konzept für unbegleitete minderjährige Ausländer, potenzielle Asylbewerber und Opfer von Menschenhandel

Der Ausschuss der Regionen

2.3.1

begrüßt, dass auf EU-Ebene zunehmend Maßnahmen zur Bewältigung von Migrationsproblemen ergriffen werden. Eine alleinige mitgliedstaatliche Zuständigkeit würde nicht dem komplexen Spannungsfeld gerecht, das zwischen den uneinheitlichen Maßnahmen zur Steuerung der Migrationsströme und der Verantwortung der lokalen Gebietskörperschaften und Regionen für die Aufnahme und soziale Eingliederung besonders gefährdeter Personengruppen wie der Opfer von Menschenhandel, der Asylbewerber und der unbegleiteten minderjährigen Ausländer, besteht;

2.3.2

fordert die volle Einbeziehung der lokalen Gebietskörperschaften und der Regionen im Hinblick auf die hier geforderte wirksame Verwaltung und Bewältigung des Problems in den einzelnen Gebieten (insbesondere im Hinblick auf die Risikogruppen). Zudem muss die Zusammenarbeit und gegenseitige Ergänzung aller beteiligten nichtstaatlichen Organisationen erreicht werden, sodass alle Aktionen mit den zuständigen Regierungsbehörden abgestimmt werden, es sei denn, dies beeinträchtigt das Wohl des Minderjährigen. Der Dialog und die Maßnahmen zur Koordinierung sollten frühzeitig eingeleitet und während des gesamten Prozesses beibehalten werden. Denn die Ausmaße, die diese Migrationsströme angenommen haben, ihre Auswirkungen auf die Gebietskörperschaften, die mit spezifischen Bedürfnissen konfrontiert werden und die Versorgung mit besonderen Leistungen zu gewährleisten haben, sowie die tendenzielle Zunahme dieser Entwicklung in den letzten Jahren lassen einen solchen Ansatz notwendig erscheinen. Der Ausschuss spricht sich davon ausgehend für die Erstellung einer vorausschauenden Studie aus;

2.3.3

erachtet es daher als notwendig:

a)

auf europäischer Ebene legislative Maßnahmen zu ergreifen, um den Status unbegleiteter minderjähriger Ausländer und minderjähriger Asylbewerber und Opfer von Menschenhandel sowie die wesentlichen Rechte Minderjähriger und ihr besonderes Schutzbedürfnis anzuerkennen; dazu gehören präzise Vorschriften über:

die Ausarbeitung besonderer Verfahren zur möglichst genauen Bestimmung des Alters sowie zur Ermittlung der Identität;

konkrete Maßnahmen gegen den Missbrauch und die Umgehung der Regelungen zum Schutz Minderjähriger;

genaue Kriterien für die Bestimmung des Vormunds;

vorzugsweise Unterbringung in einer Pflegefamilie;

die Anerkennung der Rechte bei Vollendung des 18. Lebensjahres im Zuge der sozialen Eingliederung und nach Anhörung der zuständigen Justizbehörde;

Nachforschungsverfahren zur Suche von Familienmitgliedern mit dem Ziel der Familienzusammenführung;

die Förderung von Maßnahmen, mit denen die Schutzmechanismen im Herkunftsland gestärkt werden;

die Einbeziehung der Herkunftsgemeinschaft und des Elternhauses;

Vorschriften über die Rückkehr, wonach ausschließlich das Wohl des Minderjährigen den Ausschlag gibt und stets eine Untersuchung der familiären Umstände vorangehen muss (unter Berücksichtigung der vom Herkunftsland unterzeichneten internationalen Abkommen über den Schutz von Minderjährigen);

die Festlegung von Verfahren und Voraussetzungen für die Notfallbetreuung;

das Einholen der Meinung des Minderjährigen zu allen ihn betreffenden Verfahren unter Gewährleistung der Beteiligung der Justizbehörden zur letztlichen Verteidigung seiner Interessen;

b)

ein Programm für dezentrale vernetzte Maßnahmen (EUROPÄISCHES NETZ FÜR DEN SCHUTZ MINDERJÄHRIGER) speziell für unbegleitete minderjährige Ausländer mit entsprechenden besonderen Betreuungsdiensten vorzusehen, die in das derzeitige Sozialarbeitsnetz integriert werden können; dazu gehören Maßnahmen der Aufnahme, Integration und Unterstützung der Herkunftsgemeinschaften und des Elternhauses, unter anderem auch die Unterstützung von Pilotprojekten lokaler Gebietskörperschaften durch dezentrale Kooperation nach dem Vorbild beispielhafter Initiativen, die von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in enger Zusammenarbeit mit den nichtstaatlichen Organisationen gefördert und durchgeführt werden, sowie die Aufstellung von Kriterien für die Verteilung unbegleiteter minderjähriger Ausländer auf das gesamte EU-Gebiet. Der Ausschuss der Regionen verpflichtet sich, zu diesem Zweck beispielhafte Praktiken verschiedener lokaler und regionaler Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten zu sammeln und damit eine Übersicht über die Erfahrungen auf dem Gebiet der Aufnahme, sozialen Integration und Familienzusammenführung zu erstellen. Zu diesem Zweck könnte ein Überwachungsausschuss eingesetzt werden, der vor Ort beobachtet, unter welchen Bedingungen diese Aktionen durchgeführt werden, und erforderlichenfalls konkrete Abhilfemaßnahmen vorschlagen kann;

c)

in denjenigen Fällen, in denen Minderjährige im Aufnahmeland verbleiben, die erforderlichen Maßnahmen für ihre angemessene Eingliederung in das Bildungssystem, für die Erlernung der Sprache des Gastlandes und für ihre Einbeziehung in dessen demokratische Wertordnung zu treffen;

d)

die Hauptherkunftsgebiete dieser Form der Migration zu ermitteln und bei der Durchführung von Initiativen der Zusammenarbeit und Nachbarschaftspolitik sowie von spezifischen Maßnahmen zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen unter Einbeziehung der Herkunftsgemeinschaft eine Konzentration auf diese Gebiete zu erreichen;

e)

in Zusammenarbeit mit den Innenministerien eine Aufenthaltserlaubnis aus Gründen des sozialen Schutzes zu gewähren, damit die Betroffenen aus dem Kreislauf der Ausbeutung ausbrechen und verbrecherische Organisationen wirksam bekämpft werden können;

f)

alle zwei Jahre eine europäische Konferenz zum Thema unbegleitete minderjährige Ausländer zu veranstalten, ähnliche Konferenzen in den Mitgliedstaaten durchzuführen und dafür zu sorgen, dass auf diesen Konferenzen auch nichtstaatliche Organisationen, Migrantenvereinigungen und andere auf dem Gebiet der Migration tätige Vereinigungen vertreten sind;

g)

die Finanzierung der für die Aufnahme und Eingliederung unbegleiteter minderjähriger Ausländer erforderlichen Mittel vollständig den nationalen und den EU-Behörden zu überlassen.

Brüssel, den 12. Oktober 2006

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Michel DELEBARRE