European flag

Amtsblatt
der Europäischen Union

DE

Serie L


2023/2582

16.11.2023

BESCHLUSS (EU) 2023/2582 DES RATES

vom 8. November 2023

über den im Namen der Europäischen Union auf der 5. Tagung des OTIF-Ad-hoc-Ausschusses für Rechtsfragen und internationale Zusammenarbeit zu vertretenden Standpunkt

(Text von Bedeutung für den EWR)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 91 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Union ist dem Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 in der Fassung des Änderungsprotokolls von Vilnius vom 3. Juni 1999 (im Folgenden „Übereinkommen“) gemäß dem Beschluss 2013/103/EU des Rates (1) und der Vereinbarung zwischen der Europäischen Union und der Zwischenstaatlichen Organisation für den Internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) über den Beitritt der Europäischen Union zum Übereinkommen über den Internationalen Eisenbahnverkehr (2) (im Folgenden „Vereinbarung über den Beitritt zum Übereinkommen“) beigetreten.

(2)

Gemäß Artikel 2 seiner Geschäftsordnung umfasst das Mandat des OTIF-Ad-hoc-Ausschusses für Rechtsfragen und internationale Zusammenarbeit (im Folgenden „Ausschuss“): die Vorbereitung von Änderung- oder Ergänzungsentwürfen zum Übereinkommen; die Beratung in Rechtsfragen, entweder auf eigene Initiative oder auf Ersuchen der in Artikel 13 §§ 1 und 2 des Übereinkommens genannten Organe oder auf Ersuchen der von ihnen eingerichteten Organe; die Förderung und Erleichterung der Anwendung und Umsetzung des Übereinkommens; die Überwachung und Bewertung von Rechtsinstrumenten und die Beschlussfassung über die Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen und Verbänden, einschließlich der Einrichtung und Auflösung beratender Kontaktgruppen mit anderen internationalen Organisationen und Verbänden, sowie der Überwachung der Tätigkeiten dieser Kontaktgruppen.

(3)

Die Union beteiligt sich gemäß dem Übereinkommen, der Geschäftsordnung des Ausschusses und der Vereinbarung über den Beitritt zum Übereinkommen an dem Ausschuss.

(4)

Der Ausschuss wird auf seiner 5. Tagung vom 7. bis 9. November 2023 voraussichtlich über Folgendes entscheiden: eine rechtlich beratende Stellungnahme zur Anwendung des Anhangs E auf Serviceeinrichtungen des Übereinkommens; mögliche Optionen zur Änderung des Anhangs B des Übereinkommens, um die Einführung des elektronischen Frachtbriefs zu erleichtern; bestimmte Aspekte der Ausarbeitung einer Langfriststrategie für die OTIF; mögliche Optionen zur Änderung des Übereinkommens in Bezug auf die Suspendierung und Beendigung des Übereinkommens oder der Mitgliedschaft in der OTIF eines bestimmten OTIF-Mitglieds; die Vorbereitung einer Empfehlung über die Verwendung elektronischer Signaturen in der offiziellen Kommunikation zwischen der OTIF und ihren Mitgliedern; die Entwicklung einer Urheberrechtspolitik und Vorbereitung von Leitlinien zum Schutz des Namens, der Abkürzung und des Logos der OTIF; und die Präzisierung des Begriffs „Sachverständiger“ für die Zwecke der Einbindung von Interessengruppen in die Arbeit von OTIF.

(5)

Es wird erwartet, dass der Ausschuss über eine rechtlich beratende Stellungnahme zur Anwendbarkeit der Serviceeinrichtungen der Einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die Nutzung der Infrastruktur im internationalen Eisenbahnverkehr (CUI) gemäß Anhang E des Übereinkommens entscheidet. Es ist notwendig, in Bezug auf die Serviceeinrichtungen für eine harmonisierte und ergänzende Auslegung dieser Vorschriften einerseits und der in den OTIF-Mitgliedern geltenden Rechtsvorschriften andererseits zu sorgen, insbesondere, was die Union betrifft, der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (3).

(6)

Die geltenden Bestimmungen der Anlage B des Übereinkommens erlauben die Verwendung des elektronischen Frachtbriefs auf der Grundlage des Grundsatzes der funktionalen Gleichwertigkeit mit der Papierversion. Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung des Verkehrs ist es erforderlich, die Angemessenheit des OTIF-Rechtsrahmens zu überprüfen und mögliche Optionen zur Änderung des Übereinkommens in Betracht zu ziehen, um die Einführung des elektronischen Frachtbriefs zu erleichtern, wobei die von der Union mit der Verordnung (EU) 2020/1056 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) erlassenen Vorschriften zu berücksichtigen sind.

(7)

Was die strategische Entwicklung der OTIF betrifft, ist es wichtig sicherzustellen, dass dem Generalsekretär der OTIF weitere Beratung und Orientierung für die Ausarbeitung einer Langfriststrategie für die OTIF bereitgestellt werden, die der Generalversammlung der OTIF auf ihrer nächsten ordentlichen Tagung zur Prüfung und Annahme vorgelegt werden sollen.

(8)

Angesichts der jüngsten geopolitischen Spannungen in der paneuropäischen Region wird erwartet, dass der Ausschuss die Beratungen über die Suspendierung und Beendigung des Übereinkommens oder der Mitgliedschaft in der OTIF in Bezug auf ein bestimmtes OTIF-Mitglied wiederaufnimmt. Es muss sichergestellt werden, dass die Vorschriften des Übereinkommens über seine Suspendierung oder Beendigung oder über die Suspendierung oder Beendigung der Mitgliedschaft in der OTIF, einschließlich der Einschränkung bestimmter Rechte, ordnungsgemäß überprüft werden, und es muss entschieden werden, ob das Übereinkommen dahin gehend geändert werden sollte, die Integrität der OTIF und des Netzes ihrer-Mitglieder besser zu schützen sowie die Verwirklichung des Ziels der OTIF, den internationalen Eisenbahnverkehr in jeder Hinsicht zu fördern, zu verbessern und zu erleichtern, besser zu unterstützen.

(9)

Die Entwicklung der elektronischen Kommunikation erfordert bestimmte administrative Aktualisierungen und Modernisierungen, um die sichere und zuverlässige Verwendung elektronischer Signaturen in der offiziellen Kommunikation zwischen der OTIF und ihren Mitgliedern zu gewährleisten. Es ist wichtig, die Vorbereitung einer diesbezüglichen Empfehlung zu unterstützen, die den unterschiedlichen Erfahrungsgraden der OTIF-Mitglieder Rechnung trägt und im Einklang mit Unionsvorschriften, insbesondere der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (5), steht.

(10)

In Bezug auf den rechtlichen Schutz des Namens, der Abkürzung, des Logos und des geistigen Eigentums der OTIF kann der Ausschuss beschließen, für die OTIF eine Politik für die Verwaltung des geistigen Eigentums an Dokumenten zu entwickeln. Diese Politik sollte so gestaltet sein, dass die Weiterverwendung von Informationen und Dokumenten, die Eigentum der OTIF sind, im Einklang mit den Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2019/1024 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) und des Beschlusses 2011/833/EU der Kommission (7) erleichtert wird.

(11)

Der Ausschuss kann beschließen, den Begriff „Sachverständiger“ im Zusammenhang mit der Empfehlung zur Einbindung von Interessengruppen in die Arbeit der OTIF, die vom Ausschuss am 5. April 2022 angenommen wurde, zu präzisieren. Angesichts der Bedeutung einer angemessenen Einbindung von Interessengruppen in die Tätigkeiten des Ausschusses ist es notwendig, für eine einheitliche Auslegung jenes Begriffs zu sorgen.

(12)

Es ist zweckmäßig, den auf der 5. Tagung des Ausschusses im Namen der Union zu vertretenden Standpunkt festzulegen, da die Union Mitglied der OTIF ist und die Beschlüsse des Ausschusses zur Annahme völkerrechtlich verbindlicher Akte führen können, die geeignet sind, den Inhalt von Unionsrecht, insbesondere die Richtlinie 2012/34/EU, die Verordnung (EU) Nr. 910/2014 und die Verordnung (EU) 2020/1056, maßgeblich zu beeinflussen.

(13)

Die vorgeschlagenen Beschlüsse, die auf der 5. Tagung des Ausschusses gefasst werden sollen, stehen im Einklang mit dem Recht und den strategischen Zielen der Union und sollten daher unterstützt werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Der Standpunkt, der im Namen der Union auf der 5. Tagung des Ad-hoc-Ausschusses für Rechtsfragen und internationale Zusammenarbeit der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr zu vertreten ist, ist im Anhang festgelegt.

Geringfügige Änderungen des in Absatz 1 genannten Standpunkts können ohne weiteren Beschluss des Rates von den Vertretern der Union vereinbart werden.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 8. November 2023.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. NAVARRO RÍOS


(1)  Beschluss 2013/103/EU des Rates vom 16. Juni 2011 über die Unterzeichnung und den Abschluss der Vereinbarung zwischen der Europäischen Union und der Zwischenstaatlichen Organisation für den Internationalen Eisenbahnverkehr über den Beitritt der Europäischen Union zum Übereinkommen über den Internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 in der Fassung des Änderungsprotokolls von Vilnius vom 3. Juni 1999 (ABl. L 51 vom 23.2.2013, S. 1).

(2)   ABl. L 51 vom 23.2.2013, S. 8.

(3)  Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 32).

(4)  Verordnung (EU) 2020/1056 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2020 über elektronische Frachtbeförderungsinformationen (ABl. L 249 vom 31.7.2020, S. 33).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73).

(6)  Richtlinie (EU) 2019/1024 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (ABl. L 172 vom 26.6.2019, S. 56).

(7)  Beschluss 2011/833/EU der Kommission vom 12. Dezember 2011 über die Weiterverwendung von Kommissionsdokumenten (ABl. L 330 vom 14.12.2011, S. 39).


ANHANG

1.   Einleitung

Die 5. Tagung des Ad-hoc-Ausschusses für Rechtsfragen und internationale Zusammenarbeit der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) findet am 8. und 9. November 2023 statt. Die Sitzungsunterlagen sind auf der Website der OTIF unter folgendem Link abrufbar: http://extranet.otif.org/jur/?page_id=6227.

2.   Zuständigkeit der EU

Die EU ist Vertragspartei des Übereinkommens.

In Bezug auf die Tagesordnungspunkte 3, 4, 6, 7, 8, 9 und 10 dieser Tagung, die als in die Zuständigkeit sowohl der Union als auch der Mitgliedstaaten fallend angesehen werden, sollte Nummer 3.3 der „Internen Regelungen“ (Anhang III des Beschlusses 2013/103/EU des Rates) befolgt werden. Zu den Punkten 6 (Langzeitstrategie) und 7 (Suspendierung und Beendigung des COTIF und/oder der Mitgliedschaft) werden die Kommission und der Vorsitz das Wort ergreifen, und die Kommission wird abstimmen. Zu den anderen Punkten werden der Vorsitz und die Kommission das Wort ergreifen, und die Mitgliedstaaten werden abstimmen. Die Mitgliedstaaten können eingreifen, um den gemeinsamen Standpunkt zu unterstützen und/oder zu ergänzen.

3.   Bemerkungen zu den Tagesordnungspunkten (TOP)

TOP 3 – Anwendung der ER CUI auf Serviceeinrichtungen

Dokument(e):

LAW-23108-JUR 5/3; LAW-23109-JUR 5/3; LAW-23085-JUR 5

 

 

Ausübung der Stimmrechte:

Mitgliedstaaten

Standpunkt:

Unterstützung der Annahme der rechtlich beratenden Stellungnahme zur Auslegung der ER CUI in der Fassung des Dokuments LAW-23109-JUR 5/3.

Darauf hinweisen, dass nur Unionsgerichte das Unionsrecht verbindlich auslegen können.

TOP 4 – Digitalisierung des internationalen Verkehrs, insbesondere der Beförderungspapiere im Güterverkehr

Dokument(e):

LAW-23102-JUR 5/4; LAW-23024-JUR 4/9; LAW-22084-JUR 3/9-Corr.1; LAW-22031-JUR 2/11

 

 

Ausübung der Stimmrechte:

Mitgliedstaaten

Standpunkt:

Das vom Sekretariat erstellte Konzeptpapier (LAW-23024-JUR 4/9) zur Kenntnis nehmen; die Auffassung vertreten, dass eine Änderung der CIM zwar nicht dringend erforderlich ist, jedoch weiter geprüft werden sollte, ob gewisse Bestimmungen präzisiert werden sollten (vgl. Absätze 123-125 des Konzeptpapiers); das Sekretariat ersuchen, für die 6. Tagung ein analytisches Non-Paper mit möglichen Änderungen der ER CIM zur Erleichterung der Einführung des elektronischen CIM-Frachtbriefs vorzubereiten.

TOP 6 – Entwicklung einer Langfriststrategie für die OTIF

Dokument(e):

LAW-23115-JUR 5/6; LAW-23116-JUR 5/6

 

 

Ausübung der Stimmrechte:

Union

Standpunkt:

Die Vorlage einer überarbeiteten konsolidierten Fassung des Entwurfs des einzigen Strategiedokuments durch den Generalsekretär begrüßen; grundsätzliche Unterstützung des derzeitigen Entwurfs der Struktur und des Inhalts der Langfriststrategie vorbehaltlich folgender Anmerkungen: In Bezug auf das strategische Ziel Nr. 1 wäre es sinnvoll, konkrete allgemeine Vorschläge zu formulieren, z. B. die Organisation regionaler Workshops zur Förderung der Anwendung und Übernahme aller COTIF-Anhänge durch die OTIF-Mitglieder. In Bezug auf das strategische Ziel Nr. 4 wäre es sinnvoll, konkrete allgemeine Vorschläge zur Stärkung der führenden Rolle der OTIF im internationalen Eisenbahnverkehr zu formulieren. In Bezug auf das strategische Ziel Nr. 5 sollte das Narrativ auf die Zusammenarbeit mit der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA) verweisen und einen Absatz über das Protokoll von Luxemburg (zum Übereinkommen von Kapstadt) sowie die Rolle der OTIF bei der Unterstützung seiner Umsetzung enthalten.

TOP 7 – Suspendierung und Beendigung des COTIF und/oder der Mitgliedschaft in der OTIF eines bestimmten Mitgliedstaats

Dokument(e):

LAW-23103-JUR 5/7; LAW-23086-JUR 5; LAW-22082-JUR 3/5

 

 

Ausübung der Stimmrechte:

Union

Standpunkt:

In Bezug auf den Vorschlag für einen Beschluss zu diesem Tagesordnungspunkt erinnert die Europäische Union daran, dass das Ziel der OTIF rein technischer Art und auf den internationalen Eisenbahnverkehr beschränkt ist, sowie dass das COTIF keine allgemeinen oder universellen Ziele enthält. Die Europäische Union hält es für vorteilhaft, den technischen Charakter der OTIF zu wahren. Sie ist jedoch nach wie vor offen für eine nähere Erörterung der Möglichkeit, die Bedingungen, unter denen Sanktionen verhängt werden können, auszuweiten.

In diesem Zusammenhang schlägt die Europäische Union vor, das OTIF-Sekretariat damit zu betrauen, eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe von OTIF-Mitgliedern einzusetzen, die mögliche Änderungen des Übereinkommens – einschließlich der Relevanz und der Auswirkungen solcher Änderungen – in einem Entwurf darlegt, der auf der 6. Tagung des Ad-hoc-Ausschusses erörtert werden soll.

Als Beitrag zur Arbeit einer solchen Arbeitsgruppe möchte die Europäische Union die nachstehenden Elemente und Leitprinzipien vorschlagen.

Sollten Sanktionen für Verstöße gegen OTIF-Vorschriften grundsätzlich nur verhängt werden, wenn das COTIF dies ausdrücklich vorsieht?

Aus dem vom OTIF-Sekretariat vorbereiteten Konzeptpapier geht hervor, dass Beschlüsse über Sanktionen gegen ein Mitglied einer internationalen Organisation im Allgemeinen den in dem betreffenden Übereinkommen oder Abkommen ausdrücklich vorgesehenen förmlichen Verfahren unterliegen. Dies war im Europarat im Jahr 2022 der Fall, wo die Entscheidungen über die Suspendierung und den Ausschluss eines Mitglieds aus der Organisation auf dem Verstoß gegen im Rahmen des Europarats eingegangene Verpflichtungen beruhten. Daher ist die Europäische Union der Ansicht, dass Sanktionen für Verstöße gegen OTIF-Vorschriften nur verhängt werden sollten, wenn sie ausdrücklich vom COTIF vorgesehen sind und auf klar definierten Regeln und Verfahren für die Bewertung potenzieller Verstöße und der relevanten Umstände sowie für die Festlegung der anwendbaren Sanktion beruhen.

Sollten im COTIF Sanktionen für einen Verstoß gegen das Völkerrecht im Allgemeinen festgelegt werden, auch wenn seine eigenen Vorschriften nicht verletzt werden? Wenn ja, welche potenziellen Verstöße sollten aufgenommen werden?

Das Ziel der OTIF ist rein technischer Art und auf den internationalen Eisenbahnverkehr beschränkt: Das COTIF enthält keine allgemeinen oder universellen Ziele wie die Wahrung des Weltfriedens oder die Förderung der Rechtsstaatlichkeit. Grundsätzlich könnte erwogen werden, im COTIF Bestimmungen festzulegen, die die Einhaltung von Regeln oder Grundsätzen vorschreiben, die in anderen internationalen Instrumenten (z. B. der Charta der Vereinten Nationen oder internationalen Menschenrechtsübereinkommen) oder im Völkergewohnheitsrecht enthalten sind, und im COTIF auch Sanktionen für Verstöße gegen diese Regeln oder Grundsätze vorzusehen. Solche Klauseln finden sich jedoch in der Regel nicht in Verträgen zur Gründung technischer Organisationen wie der OTIF. Dies würde sich auf den technischen Charakter der Organisation auswirken.

Sollten im COTIF Sanktionen für andere Verstöße als die Nichtzahlung von Beiträgen festgelegt werden? Wenn ja, welche potenziellen Verstöße sollten aufgenommen werden?

Artikel 1 § 1 des COTIF sieht vor, dass die Vertragsparteien die Organisation „OTIF“ bilden. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die OTIF-Mitglieder gemeinsam die – sich aus ihrer Mitgliedschaft in der OTIF und ihren Verpflichtungen im Rahmen des COTIF ergebende – Verantwortung dafür tragen, das Ziel der OTIF zu erreichen (Artikel 2 § 1 des COTIF), das darin besteht, „den internationalen Eisenbahnverkehr in jeder Hinsicht zu fördern, zu verbessern und zu erleichtern“. Aus diesem Grund könnte in Betracht gezogen werden, das COTIF dahin gehend zu ändern, Sanktionen für andere Verstöße gegen COTIF-Bestimmungen als die Nichtzahlung finanzieller Beiträge zum Haushalt festzulegen, wie etwa: 1) Verstöße gegen OTIF-Vorschriften, die zu einer potenziellen oder tatsächlichen Störung des vom COTIF geregelten internationalen Eisenbahnverkehrs führen, und/oder 2) Verstöße gegen OTIF-Vorschriften, die das Ziel der OTIF, den internationalen Eisenbahnverkehr zu fördern, zu erleichtern und zu verbessern, ernsthaft behindern.

Um dies weiter auszuführen, wäre es notwendig, a) solche OTIF-Vorschriften zu ermitteln, die für die Verwirklichung der Ziele der Organisation von besonderer Bedeutung sind; b) solche OTIF-Vorschriften zu ermitteln, bei denen davon auszugehen ist, dass Verstöße von OTIF-Mitgliedern das ordnungsgemäße Funktionieren des internationalen Eisenbahnverkehrs beeinträchtigen; c) solche OTIF-Vorschriften zu ermitteln, bei denen davon auszugehen ist, dass Verstöße von OTIF-Mitgliedern (sei es gegen spezifische Vorschriften oder gegen Kombinationen davon) die Integrität oder die Arbeitsweise der OTIF beeinträchtigen; d) eine Methode festzulegen, um festzustellen, ob ein Verstoß gegen OTIF-Vorschriften das Ziel der OTIF, den internationalen Eisenbahnverkehr zu fördern, zu erleichtern und zu verbessern, ernsthaft behindern könnte.

Im Falle eines Verstoßes gegen OTIF-Bestimmungen mit Ausnahme der Nichtzahlung von Beiträgen könnten folgende Arten von Sanktionen in Betracht gezogen werden: Aussetzung des Stimmrechts; Aussetzung der Mitgliedschaft; Beendigung der Mitgliedschaft (Ausschluss), gegebenenfalls anzuwenden, wenn nach der Aussetzung keine geeigneten Korrekturmaßnahmen ergriffen werden.

Darüber hinaus sollten mehrere horizontale Grundsätze angewandt werden: Die festgelegten Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Es sollten verschiedene Arten von Sanktionen in Betracht gezogen und kalibriert werden, um unterschiedlichen Schweregraden von Verstößen und möglichen erschwerenden Faktoren Rechnung zu tragen, die ebenfalls angewandt werden könnten, wenn nach der Sanktion keine angemessenen Korrekturmaßnahmen ergriffen werden. Verfahrensaspekte wie der Anspruch auf rechtliches Gehör und auf Einlegung eines Rechtsbehelfs sowie die Auferlegung von Abhilfemaßnahmen, die Wiederherstellung von Rechten und die Wiederaufnahme des ausgeschlossenen OTIF-Mitglieds sollten berücksichtigt werden.

Das Vereinigte Königreich (LAW-23086-JUR 5, Nummer 5.2) schlägt eine konkrete Vorgehensweise vor, bei der Umstände berücksichtigt werden, die sich auf die Leistungsfähigkeit der OTIF auswirken würden und die mit unterschiedlichen Verhaltensweisen verbunden sind, wie etwa eine Kriegshandlung eines OTIF-Mitglieds, die die Fähigkeit eines anderen OTIF-Mitglieds, seinen Verpflichtungen im Rahmen des COTIF nachzukommen, unangemessen untergräbt, oder wenn ein OTIF-Mitglied die Eisenbahninfrastruktur eines anderen Mitglieds angreift, wodurch die Fähigkeit dieses Mitglieds, seinen Verpflichtungen aus dem COTIF nachzukommen, unangemessen untergraben wird.

Die EU ist weiterhin offen für die Möglichkeit, die Einführung von Sanktionen für andere Verstöße als die Nichtzahlung von Beiträgen an die OTIF zu erörtern. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sollten sich die Arbeiten jedoch auf Vorschläge konzentrieren, die dem technischen Charakter der OTIF gebührend Rechnung tragen. Die Europäische Union würdigt die vom Vereinigten Königreich dargelegten Ansichten und schlägt vor, die mögliche Aufnahme von Bestimmungen in das COTIF in Erwägung zu ziehen, mit denen die Mitglieder verpflichtet werden, die physische und funktionale Integrität der Eisenbahninfrastruktur anderer Mitglieder zu achten. Diese könnte beispielsweise in Artikel 5 des COTIF (Besondere Verpflichtungen der Mitgliedstaaten) aufgenommen werden. Der Verstoß gegen diese neue Bestimmung könnte sanktioniert werden.

Welches OTIF-Organ sollte dafür zuständig sein, zu entscheiden, ob gegen die einschlägigen Vorschriften verstoßen wurde?

Die Generalversammlung ist das oberste Entscheidungsorgan der OTIF und sollte formell dafür zuständig sein, zu entscheiden, ob gegen einschlägige OTIF-Vorschriften verstoßen wurde. Ausgehend vom institutionellen Aufbau der OTIF wäre es Aufgabe des Generalsekretärs, jeden mutmaßlichen Verstoß gegen OTIF-Vorschriften zu untersuchen. Dies kann Konsultationen anderer OTIF-Organe umfassen und externes Fachwissen erfordern, damit gegebenenfalls die erforderlichen Vorschläge für Beschlüsse vorbereitet und der Generalversammlung zur Prüfung vorgelegt werden können.

Welches OTIF-Organ sollte über die Verhängung von Sanktionen, die Wiederherstellung von Rechten und die Wiederaufnahme ausgeschlossener Mitgliedstaaten entscheiden, und mit welcher Mehrheit?

Als oberstes Entscheidungsorgan sollte die Generalversammlung formell dafür zuständig sein, über die Anwendung von Sanktionen, die Wiederherstellung von Rechten und die Wiederaufnahme ausgeschlossener Mitgliedstaaten zu entscheiden. Angesichts der Bedeutung und der Auswirkung der Verhängung von Sanktionen wäre in diesem Fall die in Artikel 14 § 6 des COTIF genannte qualifizierte Zweidrittelmehrheit der bei der Abstimmung vertretenen Mitgliedstaaten wahrscheinlich angemessen.

Sollten Umstände, die die Rechtswidrigkeit einer Handlung ausschließen, ausdrücklich in das COTIF aufgenommen werden?

Die Europäische Union ist der Ansicht, dass eine nicht erschöpfende Beschreibung der Umstände, die die Rechtswidrigkeit einer Handlung ausschließen, in der Tat ausdrücklich in das COTIF aufgenommen werden sollte. Beispielsweise könnte eine Klausel über höhere Gewalt im COTIF klare Umstände festlegen, die sich der Kontrolle eines OTIF-Mitglieds entziehen, im Einklang mit dem allgemeinen Rahmen der Verantwortlichkeit von Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen wie in den Absätzen 24 bis 35 des Konzeptpapiers des OTIF-Sekretariats ausgeführt.

Sollte im Falle eines Ausschlusses die Wiederaufnahme ausgeschlossener Mitglieder nach demselben Verfahren erfolgen wie für die Aufnahme neuer Mitglieder oder sollte das Verfahren ein anderes sein? Sollten besondere Bedingungen festgelegt werden?

Unter der Annahme, dass Sanktionen tatsächlich eingeführt werden, sollte die Wiederaufnahme ausgeschlossener Mitglieder grundsätzlich nur unter bestimmten Bedingungen und in jedem Fall nur dann in Betracht gezogen und akzeptiert werden, wenn der Verstoß gegen OTIF-Vorschriften, der zu der Sanktion geführt hat, wirksam behoben ist. Die Bedingungen für die Aufhebung von Sanktionen und die Wiederherstellung von Mitgliedschaftsrechten müssten klar festgelegt und formuliert werden.

TOP 8 – Verwendung elektronischer Signaturen in der offiziellen Kommunikation zwischen der OTIF und ihren Mitgliedern

Dokument(e):

LAW-23104-JUR-5/8; LAW-23019-JUR 4/4

 

 

Ausübung der Stimmrechte:

Mitgliedstaaten

Standpunkt:

Die vom Sekretariat vorgelegten Informationen (Konzeptpapier) zur Kenntnis zu nehmen und daran erinnern, dass die Angelegenheit für die EU unter die Verordnung (EU) Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt fällt; Unterstützung der Vorbereitung, vorzugsweise durch das OTIF-Sekretariat, eines Entwurfs einer Empfehlung über die Verwendung elektronischer Signaturen in der offiziellen Kommunikation zwischen der OTIF und ihren Mitgliedern, zur Prüfung und möglichen Annahme auf der nächsten Tagung des Ad-hoc-Ausschusses. Was die allgemeinen Grundsätze anbelangt, so sollte der unterschiedliche Erfahrungsgrad der OTIF-Mitglieder mit elektronischen Signaturen berücksichtigt werden, weshalb es angemessen erscheint, dass die Empfehlung in einer ersten Phase nur „einfache“ Kommunikation abdeckt.

TOP 9 – Rechtlicher Schutz des Namens, der Abkürzung, des Logos und der Texte der OTIF

Dokument(e):

LAW-23119-JUR 5/9; LAW-23120-JUR 5/9

 

 

Ausübung der Stimmrechte:

Mitgliedstaaten

Standpunkt:

Unterstützung der Entwicklung einer Urheberrechtspolitik und Beauftragung des Sekretariats mit der Vorbereitung einer solchen Politik, gegebenenfalls einschließlich Lizenzvergabe im Rahmen von Lizenzierungsmodellen für den offenen Zugang und unter Berücksichtigung der Eigentumsrechte, insbesondere der Rechte Dritter an den verschiedenen Arten von Dokumenten, die von der OTIF veröffentlicht werden; die Auffassung zum Ausdruck bringen, dass die Generalversammlung das Logo und die Leitlinien für die Verwendung des Namens, des Logos, der Flagge und der Abkürzung der Organisation billigen sollte; Zustimmung zur Beauftragung des OTIF-Sekretariats mit der Vorbereitung eines Entwurfs von Leitlinien für die Verwendung des Namens, der Abkürzung und des Logos der OTIF, der auf der nächsten Tagung des Ausschusses erörtert werden soll, und mit der Übermittlung des Namens, der Abkürzung, des Emblems oder Wappens der OTIF an die WIPO (Weltorganisation für geistiges Eigentum) gemäß Artikel 6ter der Pariser Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums.

TOP 10 – Einbindung von registrierten Interessengruppen in den Ad-hoc-Ausschuss für Rechtsfragen und internationale Zusammenarbeit

Dokument(e):

LAW-23105-JUR 5/10

 

 

Ausübung der Stimmrechte:

Mitgliedstaaten

Standpunkt:

Unterstützung des Vorschlags des OTIF-Sekretariats, zu präzisieren, dass für die Zwecke der Einbindung von Interessengruppen in die Tätigkeiten des Ausschusses der Begriff „Sachverständiger“ Sachverständige in ihrer Eigenschaft als unabhängige Experten und Sachverständige als Vertreter juristischer Personen, die im internationalen Eisenbahnsektor tätig sind, wie etwa Beförderer und Infrastrukturbetreiber, bezeichnet; die Entscheidung des Büros des Ausschusses zur Kenntnis nehmen, wonach Anträge von Sachverständigen, Wissenschaftlern und Forschern, eine Präsentation auf einer Tagung des Ad-hoc-Ausschusses halten zu dürfen, im Sinne eines effizienten Tagungsablaufs vor der betreffenden Tagung vom Büro genehmigt werden müssen.


ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2023/2582/oj

ISSN 1977-0642 (electronic edition)