Klimaänderungen und Entwicklungszusammenarbeit

Diese Mitteilung soll den Entwicklungsländern helfen, ihren wirtschaftlichen Entwicklungsbedarf, und damit die Industrialisierung, mit dem Umweltschutz und der nachhaltigen Nutzung von Energie und natürlichen Ressourcen in Einklang zu bringen. Die Kommission schlägt vor, ihnen zu helfen, sich den Herausforderungen des Klimawandels zu stellen, insbesondere indem sie bei der Umsetzung des UN-Rahmenübereinkommens und des Kyoto-Protokolls unterstützt werden. Sie schlägt eine Strategie vor, die darauf basiert, diese Länder bei der Anpassung und Reduzierung sowie beim Aufbau ihrer Fähigkeit zu unterstützen, ihre Umweltpolitik, insbesondere in Bezug auf die Luftverschmutzung, zu ändern.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Klimaänderungen und Entwicklungszusammenarbeit [KOM(2003) 85 endg. - Amtsblatt C/2994/76].

ZUSAMMENFASSUNG

Klimaänderungen sind nicht allein ein Umweltproblem, sondern eindeutig auch ein Entwicklungsproblem, weil ihre nachteiligen Auswirkungen die ärmsten Länder treffen, die hauptsächlich von natürlichen Ressourcen und den damit zusammenhängenden Wirtschaftssektoren wie Land- und Forstwirtschaft und Fischerei abhängen. Doch auch Länder mit diversifizierteren Volkswirtschaften sind anfällig für die Folgen von Klimaänderungen. Es liegt daher im Interesse der Allgemeinheit, die nachhaltige Entwicklung der Treibhausgasemissionen, die hauptverantwortlich für den Klimawandel sind, auch in den Partnerländern zu fördern.

Diese Strategie gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil werden das Oberziel festgelegt und einige Leitsätze genannt; im Zweiten werden vier strategische Prioritäten festgelegt (größerer politischer Stellenwert des Klimaschutzes, Unterstützung bei der Anpassung, iii) Förderung der Reduzierung und iv) Aufbau von Kapazitäten) und im dritten Teil werden mögliche Strategien für die Partnerländer der Europäischen Union (EU) dargelegt. Anhang I enthält einen Aktionsplan, mit dem die Empfehlungen der Strategie in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden sollen (siehe verbundene Rechtsakte).

Hintergrund und Folgen des weltweiten Klimawandels

Wissenschaftlern zufolge werden weltweit die Oberflächentemperaturen in den kommenden 100 Jahren im Durchschnitt um 1,4 bis 5,8 Grad Celsius ansteigen. Dies wäre die höchste Erwärmung der letzten 10.000 Jahre, die verheerende Auswirkungen mit sich brächte wie den Anstieg der Meereshöhe, unregelmäßigere Niederschläge und eine Zunahme extremer Wetterereignisse wie Dürren und Stürme.

Auf internationaler Ebene hat die globale Klimaänderung ihren festen Platz auf der internationalen Agenda für nachhaltige Entwicklung. Das 1994 in Kraft getretene Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) und das Kyoto-Protokoll (KP), hatten diese Verbindung zwischen Umwelt und Entwicklung hergestellt. Im Jahr 2002 wurde auf der Konferenz von Monterrey die Notwendigkeit hervorgehoben, finanzielle Ressourcen zur Beseitigung der Armut zu beschaffen und sie effektiver zum Einsatz zu bringen, die sozialen Gegebenheiten zu verbessern, den Lebensstandard anzuheben und die Umwelt zu schützen. Schließlich wurden auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung, der Ende August 2002 in Johannesburg stattfand, fünf Schwerpunktbereiche im Zusammenhang mit dem Klimawandel festgelegt: Wasser, Energie, Gesundheit, Landwirtschaft und biologische Vielfalt.

Auch auf europäischer Ebene sind die Umweltbelange fester Bestandteil der Entwicklungsstrategie. So wurde 1998 auf den Gipfeltreffen in Cardiff und in Wien ein Prozess eingeleitet, um die konkrete Einbeziehung von Umweltfragen in alle Politikbereiche der Gemeinschaft zu erreichen. In dem vorliegenden Papier wird der Zusammenhang zwischen Armut und Klimaveränderungen offengelegt und eine integrierte Strategie für die Bewältigung des Klimawandels und die Armutsbekämpfung vorgeschlagen. Darüber hinaus ersucht die Kommission die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament, die Zivilgesellschaft und andere Interessengruppen, auf Grundlage der Ziele, der Strategie und des Aktionsplans, die im vorliegenden Papier vorgeschlagen werden, zur Formulierung und Umsetzung einer EU-Klimaänderungsstrategie und eines Aktionsplans zur Unterstützung der Partnerländer beizutragen.

Auswirkungen des Klimawandels in den Partnerländern

Die Fähigkeit zur Anpassung an den Klimawandel wird durch Faktoren wie wirtschaftliche Ressourcen oder andere Aktiva, Technologie und Information, Infrastruktur und stabile und wirksame Institutionen bestimmt. Viele Partnerländer jedoch sind mit diesen Attributen nur spärlich ausgestattet und mithin sehr anfällig für Klimaänderungen; der Ausbau der Anpassungsfähigkeit scheint daher geeignet, sowohl die Anfälligkeit für Klimaänderungen zu senken als auch eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.

Die katastrophalen Auswirkungen auf die Ökosysteme, die natürlichen Ressourcen und die damit zusammenhängenden Wirtschaftssektoren treffen die Armen am härtesten. Der klimatische Wandel wird zahlreiche komplexe Veränderungen mit sich bringen, so könnte eine Verschiebung der Temperaturzonen in vielen Regionen zum Aussterben bestimmter Arten führen, und in vielen Gebieten, in denen die Wärmeperioden trockener werden, drohen Bodendegradation, Dürre und Wüstenbildung.

Die Ernährungssicherheit wird bereits auf kurze Sicht durch die voraussichtliche Zunahme der wetterbedingten Extremereignisse beeinträchtigt werden, was langfristig, d.h. in der Zeit 2050-2080 in den Gebieten, in denen bereits Ernährungsunsicherheit besteht, durch den voraussichtlichen Klimawandel sogar verstärkt werden dürfte.

Die verheerenden Folgen der veränderten Temperaturen und Niederschläge könnten auch die Ausweitung von Krankheiten wie Sumpf- und Dengue-Fieber, Cholera und Durchfallerkrankungen führen. Häufigere schwere Stürme und der Anstieg des Meeresspiegels werden voraussichtlich niedrig gelegene Küstengegenden verwüsten, Menschenleben auslöschen, die Infrastruktur beschädigen und zu Bevölkerungsverschiebungen führen.

Um den Herausforderungen des Klimawandels begegnen zu können, müssen die Partnerländer sich den Klimaveränderungen anpassen, aber auch ihre Ursache, die Treibhausgasemissionen, reduzieren. Zu den Anpassungszielen gehören die Verbesserung der soliden Konzipierung von Infrastruktur und langfristigen Investitionen, die Verstärkung der Flexibilität anfälliger Systeme (z. B. Tätigkeits- oder Standortwechsel) und die Verbesserung der Vorbereitung und des Problembewusstseins der Gesellschaft.

Oberziel und strategische Schwerpunkte

Ziel dieser Strategie ist es, den Partnerländern der EU zu helfen, den Herausforderungen der Klimaänderung zu begegnen und sie insbesondere bei der Umsetzung des UNFCCC und des Kyoto-Protokolls zu unterstützen.

Bei der Umsetzung dieser Strategie lässt sich die Europäische Union von folgenden Prinzipien leiten: Beitrag zur Verwirklichung des übergreifenden Ziels der Armutsbekämpfung, das in der Entwicklungspolitik der EG formuliert ist; Beitrag zu den Millennium-Entwicklungszielen und den Ergebnissen des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung; Kohärenz der politischen Maßnahmen; Komplementarität zwischen der Gemeinschaft, den Mitgliedstaaten und anderen Gebern; Primat der Aneignung der Entwicklungsstrategien und -prozesse durch die Begünstigten und umfassende Beteiligung der Interessengruppen.

Gestützt auf die oben genannten Prinzipien schlägt die Kommission vor, den Schwerpunkt der Entwicklungszusammenarbeit der EU auf folgende vier strategische Prioritäten zu legen:

Viele Länder, die für Klimaänderungen besonders anfällig sind, stehen bereits wegen der derzeitigen Klimaschwankungen unter Druck. Der Anfälligkeit für das derzeit herrschende Klima zu begegnen, ist daher ein erster logischer Schritt hin zu Anpassung an die Klimaänderung. Die EU unterstützt die Maßnahmen zur Anpassung an die bereits bestehenden Klimaschwankungen beispielsweise durch eine machbare, kostenwirksame Anpassung in Form von sogenannten "No-Regrets"-Maßnahmen, die auch für nicht klimabezogene Probleme Lösungen bieten. Außerdem setzt sie sich für mehr Forschung und eine engere wissenschaftliche Zusammenarbeit ein, die den Entwicklungsländern zu einer nachhaltigen Entwicklung verhelfen. Klimaschutz ist eine der Prioritäten des 6. Forschungsrahmenprogramms (2002-2006).

Wenn sich alle Sektoren der Wirtschaft zur Durchführung von Reduzierungsmaßnahmen verpflichten, liegt in den Entwicklungsländern das größte Potenzial für die Drosselung von Emissionen durch Reduzierungsmaßnahmen in erster Linie in den Bereichen Energieversorgung, Energienutzung und Verkehr, wobei hier auch positive Nebeneffekte für eine nachhaltige Entwicklung anfallen. Die EU wird ihre Unterstützung für Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, bei denen der Schwerpunkt auf diesen drei Breichen liegt, intensivieren.

Zur Umsetzung des UNFCCC und des Kyoto-Protokolls müssen in den Partnerländern daher unbedingt die entsprechenden Kapazitäten aufgebaut werden. Insbesondere müssen die Möglichkeiten, die sich durch diese beiden Instrumente bieten, besser bekannt gemacht und das Bewusstsein für die Klimaproblematik geschärft werden.

Vorläufige Strategien für EU-Partnerländer

In Anhang II wurde ein erster Versuch der Benennung möglicher Antwortstrategien für die EU-Partnerländer unternommen. Diese vorläufigen Antwortstrategien dienen lediglich als Richtschnur und schließen daher mit Sicherheit nicht aus, dass ein Land zusätzliche Prioritäten setzen und dafür Entwicklungshilfe erhalten kann. Die Strategien sollten regelmäßig überprüft werden, insbesondere infolge der Ergebnisse der kommenden Verhandlungen über den zweiten Verpflichtungszeitraum.

Die Antwortstrategien der EU bieten mehrere Vorteile: Sie sind ein nützlicher Ausgangspunkt für Gespräche mit den Partnerländern über ihre besonderen Bedürfnisse im Umgang mit den Klimaänderungen und ermöglichen die Ermittlung möglicher Synergien bei laufenden Projekten in verwandten Sektoren wie Walderhaltung, nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen, Verkehr, Energie und ländliche Entwicklung.

VERBUNDENE RECHTSAKTE

Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen" vom 22. November 2004 über Klimaänderungen und Entwicklungszusammenarbeit. Aktionsplan 2004-2008 [nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

Auf dieser Tagung hat der Rat "Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen" den Aktionsplan, der auf den in der Mitteilung dargelegten strategischen Schwerpunkten basiert, angenommen. Eine Evaluierung des Aktionsplans und ein in zweijährigen Abständen vorzulegender Evaluierungsbericht sind ebenfalls vorgesehen. Im Anschluss an den ersten Zweijahresbericht, der Ende 2006 vorliegen dürfte, wird der Rat die Umsetzung des Aktionsplans im Jahr 2007 überprüfen und weitere Maßnahmen für die Zeit nach dem Jahr 2008, in dem nach den derzeitigen Plänen der Aktionsplan auslaufen soll, erwägen. Um den Dialog und die Zusammenarbeit mit den Partnerländern, innerhalb der Gemeinschaft und mit anderen Gebern im Bereich der Klimaänderungen zu verbessern, sollen die Strategie der EU für den Bereich Klimawandel und Entwicklungszusammenarbeit in die EU-Kooperationsabkommen einbezogen, die Sichtbarkeit der einschlägigen EU-Programme erhöht und der Dialog mit der Weltbank, der Europäischen Entwicklungsbank (EIB), anderen regionalen Finanzierungsinstituten verstärkt werden. Im Bereich der Anpassungsunterstützung brauchen die Entwicklungsländer Hilfe bei der Integration des Klimarisikomanagements in die Planungsprozesse. Unterstützung bedarf es vorrangig bei der Ausarbeitung einer in sich stimmigen und integrierten Entwicklungspolitik, dem Wissensmanagement für die nachhaltige Bewirtschaftung von natürlichen Ressourcen und der Forschung über Auswirkungen, Gefährdungen und Risikoabschätzungen. Außerdem muss den Entwicklungsländern geholfen werden, Entwicklungswege zu finden, bei denen wenig Treibhausgasemissionen verursacht werden, den Nutzen umweltverträglicher Technologien durch Forschung zu bewerten und den Informationsaustausch über diese Technologien zu vereinfachen. Schließlich zielt das strategische Ziel des Kapazitätenaufbaus darauf ab, die Öffentlichkeit in den Partnerländern zu sensibilisieren und die personellen und institutionellen Kapazitäten für die Umsetzung des UNFCCC und des Kyoto-Protokolls zu schaffen.

Letzte Änderung: 14.06.2006