Grünbuch über die soziale Verantwortung der Unternehmen

1) ZIEL

Das Grünbuch soll eine umfassende Debatte über folgende Fragen in Gang bringen: Wie könnte die Europäische Union die soziale Verantwortung der Unternehmen auf europäischer und auf internationaler Ebene fördern? Wie lässt sich insbesondere die bisher gesammelte Erfahrung optimal nutzen, die Entwicklung innovativer Verfahren fördern, die Transparenz steigern und die Bewertung und Validierung der verschiedenen Initiativen in Europa zuverlässiger gestalten?

2) RECHTSAKT

Grünbuch - Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen

[KOM(2001) 366 - nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

3) ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund

Die soziale Verantwortung der Unternehmen kann einen positiven Beitrag zur Erreichung des strategischen Ziels leisten, das auf der Tagung des Europäischen Rates in Lissabon festgelegt wurde, nämlich die EU „zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen". Das europäische Konzept der sozialen Verantwortung der Unternehmen fügt sich in den umfassenderen Kontext verschiedener vergleichbarer Initiativen anderer internationaler Organisationen ein. Anzuführen sind hier beispielsweise der Globale Pakt (Global Compact) der Vereinten Nationen (2000), die Trilaterale Erklärung zu multinationalen Unternehmen und zur Sozialpolitik der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) (1977 - 2000) und die Leitlinien für multinationale Unternehmen der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) (2000). Diese Initiativen sind zwar nicht rechtsverbindlich, doch hat sich die Europäische Kommission zur aktiven Förderung der OECD-Leitlinien verpflichtet. Die Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen der IAO (Vereinigungsfreiheit, Abschaffung der Zwangsarbeit, Nichtdiskriminierung und Ausmerzung der Kinderarbeit) sind zentrale Bestandteile der sozialen Verantwortung der Unternehmen.

Soziale Verantwortung der Unternehmen

Sozial verantwortlich handeln bedeutet nicht nur, die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten, sondern über die bloße Gesetzeskonformität hinaus „mehr" in Humankapital, in die Umwelt und in die Beziehungen zu anderen Stakeholdern zu investieren. Die Erfahrung mit Investitionen in umweltverträgliche Technologien und Unternehmenspraktiken legt nahe, dass es der Wettbewerbsfähigkeit und der Produktivität eines Unternehmens zuträglich sein kann, wenn man über die bloße Gesetzeskonformität hinausgeht.

Nichtsdestoweniger sollte die soziale Verantwortung von Unternehmen nicht als Ersatz für bestehende Rechtsvorschriften und Regelungen im Bereich soziale Rechte und Umweltstandards gesehen werden und auch nicht als Ersatz für die Entwicklung neuer einschlägiger Rechtsvorschriften. In Ländern, in denen entsprechende Bestimmungen nicht existieren, sollten die Bemühungen darauf abzielen, einen angemessenen Regulierungs- oder Gesetzesrahmen zu schaffen, um auf diese Weise den Weg für die Entwicklung sozial verantwortlicher Praktiken zu ebnen.

Das CSR-Konzept wird bisher zwar hauptsächlich von einer Reihe großer und multinationaler Unternehmen gefördert, doch ist es wichtig für alle Arten von Unternehmen in allen Wirtschaftssektoren, von den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bis zu den multinationalen Unternehmen. Allerdings handeln auch zahlreiche KMU bereits sozial verantwortlich, insbesondere durch ihr Engagement auf der Ebene lokaler Gemeinschaften. Arbeitergenossenschaften und Beteiligungsmodelle sowie andere Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, Vereine und Stiftungen integrieren strukturbedingt die Interessen anderer Stakeholder und übernehmen spontan soziale und bürgerschaftliche Verantwortung.

Soziale Verantwortung der Unternehmen: die interne und die externe Dimension

Unter wachsendem Druck von Nichtregierungsorganisationen (NRO), Verbrauchergruppen und neuerdings auch Investoren stellen immer mehr Unternehmen und Sektoren Verhaltenskodizes in Bezug auf Arbeitsbedingungen, Menschenrechte und Umweltaspekte auf, die sich insbesondere an Subunternehmen und Zulieferer richten. Erhebungen haben ergeben, dass die Verbraucher nicht nur gute und sichere Produkte wünschen, sondern auch die Gewissheit haben wollen, dass sie auf sozial verträgliche Weise produziert werden. Seit einigen Jahren betrachten Investoren das sozial verantwortliche Investieren in soziale und ökologische Belange als zuverlässigen Anhaltspunkt für die Qualität des internen und externen Managements. So eröffnet das sozial verantwortliche Handeln neue Möglichkeiten, soziale Errungenschaften mit der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in Einklang zu bringen.

Sozial verantwortungsvolles Handeln in den Unternehmen betrifft in erster Linie die Investitionen in Humankapital, den Arbeitsschutz und die Bewältigung des Wandels. Darüber hinaus besteht es darin, mit den in der Produktion verwendeten natürlichen Ressourcen umweltbewusst umzugehen. Unternehmen haben ferner außerhalb ihrer eigenen Struktur eine wichtige Funktion in lokalen Gemeinschaften: Sie bieten insbesondere Arbeitsplätze, zahlen Arbeitsentgelt, erbringen Leistungen und bescheren den Kommunen Steuereinnahmen. Andererseits sind die Unternehmen abhängig von der Stabilität und dem Wohlstand der Gesellschaft und der Gemeinschaften, in denen sie tätig sind. In diesem Sinne bezieht die soziale Verantwortung der Unternehmen eine Vielzahl weiterer Interessengruppen ein: Geschäftspartner und Zulieferer, Kunden und Behörden sowie lokale Gemeinschaften und den Umweltschutz vertretende NRO.

In einer von multinationalen Investitionen und globalen Versorgungsketten geprägten Wirtschaft kann die soziale Verantwortung der Unternehmen auch nicht an den Grenzen Europas Halt machen, zumal sich eine ihrer externen Dimensionen - insbesondere bei globaler Produktionstätigkeit - in der Achtung von Menschenrechten niederschlägt. Trotz internationaler Abkommen, wie zum Beispiel der Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und den OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen, sind die Menschenrechte weiterhin in politischer, rechtlicher und ethischer Hinsicht ein sehr komplexes Thema.

Unternehmensführung im Bewusstsein der sozialen Verantwortung

Wie die Unternehmen in Bezug auf ihre Verantwortlichkeiten und die Beziehungen zu den Interessengruppen im Einzelnen agieren, ist sektoral und kulturell unterschiedlich. Im Allgemeinen neigen die Unternehmen dazu, zunächst eine Erklärung ihrer Geschäftsprinzipien, einen Verhaltenskodex oder generell ein Credo auszuarbeiten, in dem sie die Unternehmensziele, die Grundwerte und die Verantwortung gegenüber den Interessengruppen darlegen. Diese Werte werden anschließend im gesamten Tätigkeitsbereich des Unternehmens in konkrete Maßnahmen umgesetzt, wobei der Aspekt der sozialen und ökologischen Verantwortung in die Unternehmensplanung und -etats eingebracht wird, um Sozial- und Umweltaudits auszuführen und entsprechende Fortbildungsprogramme auszuarbeiten.

Viele multinationale Unternehmen veröffentlichen mittlerweile CSR-Berichte. Während Umwelt- und Arbeitsschutzberichte heute an der Tagesordnung sind, gilt dies nicht für Berichte, die Fragen wie Menschenrechte und Kinderarbeit behandeln. Damit diese Berichte ihren Zweck erfüllen, muss man sich global einigen über die Art der offen zu legenden Informationen, das Berichtsformat und die Zuverlässigkeit der Bewertungs- und Auditverfahren.

Im Grünbuch werden die relevanten Akteure aufgefordert, unter Berücksichtigung der Interessen der Unternehmen und der Stakeholder Vorschläge zu unterbreiten, wie eine Partnerschaft zur Entwicklung neuer Rahmenbedingungen für die Förderung der sozialen Verantwortung der Unternehmen aufgebaut werden könnte. Diese Aufforderung richtet sich an die Behörden auf allen Ebenen, einschließlich der internationalen Organisationen, an die Unternehmen - von KMU bis zu multinationalen Unternehmen -, an die Sozialpartner, die NRO und andere Akteure, einschließlich interessierter Einzelpersonen. Die Unternehmen müssen mit den Behörden zusammenarbeiten, um innovative Wege zur Weiterentwicklung der sozialen Verantwortung der Unternehmen zu finden.

4) durchführungsmassnahmen

5) weitere arbeiten

Letzte Änderung: 05.07.2005