Unternehmens- und Finanzdelikte

Die vorliegende Mitteilung soll einen umfassenden Ansatz dafür bieten, das Risiko von Unternehmens- und Finanzdelikten unter Einbeziehung der steuerlichen, justiziellen und polizeilichen Dimension zu verringern.

Vier Schutzwälle gegen Finanzdelikte werden aufgezeigt: unternehmensinterne Kontrollen, unabhängige Drittparteien, Aufsicht und Gesetzesvollzug.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 27. September 2004 über die Verhütung und Bekämpfung von Unternehmen und Finanzdelikten [KOM(2004) 611 endg. - nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

Diese Mitteilung stellt die Antwort der Kommission auf die Finanzskandale um Enron und Parmalat dar, die zu erheblichen Ungleichgewichten auf den Kapitalmärkten geführt haben. Die Kommission stellt fest, dass ein eigener Gemeinschaftsrahmen besteht, mit dem sich die meisten Finanzprobleme wirkungsvoll lösen lassen, d. h. der Aktionsplan für Finanzdienstleistungen FSAP und weitere schon vorhandene Aktionspläne [KOM(2003) 284], und legt mit dieser Mitteilung eine breit angelegte Strategie vor, die Finanzdienstleistungen, Inneres und Justiz sowie die Steuerpolitik umfasst.

In der Mitteilung werden vier „Schutzwälle" gegen Unternehmensdelikte aufgezeigt, die sich aus einer Reihe von Maßnahmen zusammensetzen, welche zunächst unternehmensinterne Kontrollen, sodann auch Abschlussprüfung und Aufsicht und schließlich die zum Gesetzesvollzug erforderlichen Maßnahmen betreffen.

Erster Schutzwall - unternehmensinterne Kontrolle und Corporate Governance

Leitungs- bzw. Verwaltungsorgane von Gesellschaften haben treuhänderische Verpflichtungen gegenüber den Gesellschaften selbst und den Aktionären. Damit tragen sie auch Verantwortung gegenüber anderen Beteiligten im weitesten Sinne.

Bis Ende 2004 wird die Kommission folgende Maßnahmen ergreifen:

Die Kommission wird Folgendes bewerten:

Zweiter Schutzwall - unabhängige Drittparteien

Der zweite Schutzwall besteht vor allem aus den Abschlussprüfern, doch auch Wirtschaftsprüfungsunternehmen, Kreditinstitute, Investitionsbanken und Anwälte sowie Kreditrating-Agenturen und Finanzanalysten spielen eine wichtige Rolle. In dieser Kontrollphase gilt es die Transparenz der Operationen zu gewährleisten und Interessenkonflikte zwischen den betroffenen Akteuren möglichst gering zu halten.

Dazu hat die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über die statuarische Prüfung von Jahresabschlüssen vorgelegt [KOM(2004) 177 endg.]. Vorgeschrieben wird darin die:

Was die Zusammenarbeit im Zollwesen betrifft, so hat die EU 2005 zwei wichtige Rechtsinstrumente angenommen:

Besonderes Augenwerk wird die Kommission auf Finanzanalysten sowie auf Kreditrating-Agenturen legen, was folgende Punkte betrifft:

Dritter Schutzwall - Aufsicht

Bei der Aufsicht und der öffentlichen Kontrolle spielen die Mitgliedstaaten eine wesentliche Rolle, indem sie für die Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften sorgen.

Im Oktober 2005 erzielten die Mitglieder des Rates der EU eine politische Einigung auf einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Prüfung von Abschlüssen (KOM(2004) 177 endg.), die ein ausreichend finanziertes, wirksames und unabhängiges System öffentlicher Aufsicht für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bietet.

Mehrere Behörden sind an der Überwachung der Institute beteiligt, die auf den Finanzmärkten tätig sind. Die Kommission hält eine vertiefte, sektorübergreifende Zusammenarbeit für vorrangig, und zwar:

Die Kommission strebt eine klare Arbeitsteilung zwischen der nationalen und der europäischen Aufsichtsebene an, in deren Rahmen bei grenzüberschreitenden Operationen die Gemeinschaftsebene bevorzugt wird. Mit einer engeren Zusammenarbeit zwischen diesen Behörden will die Kommission eine Erhöhung der Transparenz der Steuersysteme durch die Erleichterung des Zugangs zu Information und deren Austausch erreichen. Auch die Möglichkeit der Verwendung einer einheitlichen Identifikationsnummer für Gesellschaften für Zwecke der direkten Besteuerung soll geprüft werden.

Zur Verbesserung der administrativen Zusammenarbeit sollen laut Mitteilung folgende konkrete Maßnahmen angenommen werden:

Die Kommission und die Mitgliedstaaten sind dabei, konkrete Vorschläge im Bereich Betrug und Steuerhinterziehung auszuarbeiten, der komplexe, undurchsichtige Strukturen beinhaltet.

Außerhalb der Europäischen Union müssten in wesentlich größerem Umfang Transparenz und ein Informationsaustausch mit Drittländern und den von den Mitgliedstaaten abhängigen oder mit ihnen assoziierten Gebieten gefördert werden. Dazu müsste zunächst die Definition der Gemeinschaftspolitiken von kooperativen und nicht kooperativen Steueroasen konsequenter werden.

Laut Mitteilung sollen:

Vierter Schutzwall - Gesetzesvollzug

Dieser Schutzwall betrifft in erster Linie die Polizeikräfte und die Justiz, die für Ermittlungen und Strafverfolgung zuständig sind, welche sowohl präventive als auch strafende Wirkung haben können.

Die Kommission hat sich bemüht, die Mitgliedstaaten zur Bekämpfung der Finanzkriminalität mit wirkungsvolleren Rechtsinstrumenten zu versehen. Es handelt sich dabei um:

Auf Gemeinschaftsebene hat die Kommission mehrerlei Verbesserungen festgestellt:

Die Kommission strebt die Einrichtung spezialisierter nationaler Stellen an, die auf europäischer Ebene mit dem Ziel koordiniert werden könnten, den Wirkungsgrad der Ermittlung, Einfrierung, Einziehung oder Beschlagnahme von Geldwäscheerträgen zu erhöhen.

Hintergrund

Die Mitteilung steht in allgemeinem Zusammenhang mit dem vom Aktionsplan für Finanzdienstleistungen FSAP vorgegebenen Rahmen und dem Aktionsplan „Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union" [KOM(2003) 284], die die gemeinschaftspolitischen Grundlagen enthalten. Im Dokument wird hervorgehoben, dass diese Aktionspläne nicht geändert, sondern vielmehr sorgfältig umgesetzt werden sollten, wobei die Durchführung der Rechtsvorschriften effizient zu begleiten ist.

Letzte Änderung: 01.02.2006