Besteuerung von Dividenden natürlicher Personen

Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hat die Kommission zu der Schlussfolgerung veranlasst, dass die Mitgliedstaaten Dividenden aus dem Ausland nicht höher besteuern als inländische Dividenden, und dass Dividenden, die Nichtansässigen ausgezahlt werden, nicht höher als die den Ansässigen ausgezahlten Dividenden besteuert werden dürfen. So gibt sie den Mitglieds- und Beitrittsstaaten Leitlinien zur Anpassung ihrer Systeme zur Besteuerung von Dividenden an den EG-Vertrag vor.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss vom 19. Dezember 2003 mit dem Titel „Besteuerung von Dividenden natürlicher Personen im Binnenmarkt" [KOM (2003) 810 endg. - nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

ZUSAMMENFASSUNG

In der Mitteilung geht es um die Besteuerung von Dividendenerträgen, die Portfolioanleger erzielen. Diese Art von Zahlungen bereitet konkret die meisten Schwierigkeiten (die Besteuerung von an Körperschaften gezahlten Dividenden wird größtenteils durch die Mutter-Tochter-Richtlinie abgedeckt). Die Mitteilung enthält Orientierungshilfen zu den Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf die Dividendenbesteuerungssysteme der Mitgliedstaaten, damit diese die Vereinbarkeit ihrer Regelungen mit den Anforderungen des Binnenmarkts gewährleisten können. Außerdem werden die wirtschaftlichen Auswirkungen integrierter Steuersysteme untersucht.

Die Mitgliedstaaten besteuern die Dividendeneinkünfte natürlicher Personen nach unterschiedlichen Systemen. Bei inländischen Dividenden sorgen die meisten Mitgliedstaaten für eine Vermeidung oder Reduzierung der Doppelbesteuerung durch KSt und ESt, indem sie ein Anrechnungsverfahren oder ein Schedulensystem anwenden.

Sehen die Mitgliedstaaten bei der Anwendung ihrer Systeme eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von inländischen Dividenden, Dividenden aus dem Ausland und ins Ausland gezahlten Dividenden vor, so kann dies eine Beschränkung grenzübergreifender Investitionen darstellen, die zu einer Fragmentierung der Kapitalmärkte in der EU führen und gegen Artikel 56 EG-Vertrag verstoßen könnte.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich bei seiner ständigen Rechtsprechung zu dieser Frage auf die Bestimmungen zum freien Kapitalverkehr gestützt. In der als maßgeblich erörterten Rechtssache (C-35/98, Verkooijen, 6. Juni 2000, Slg. 2000 I-4071) hat der EuGH eine Maßnahme, die eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von Dividenden aus dem In- und Ausland vorsah, eindeutig als vertragswidrig beurteilt.

Nach Auffassung der Kommission führt die Analyse der ständigen Rechtsprechung zu grundlegenden Schlussfolgerungen für die Gestaltung der Dividendenbesteuerungssysteme: Die Mitgliedstaaten dürfen Dividenden aus dem Ausland und ins Ausland gezahlte Dividenden nicht höher besteuern als inländische Dividenden.

Wie die Kommission erläutert, ist es durchaus möglich, vertragskonforme Steuerentlastungen vorzusehen und die Besteuerung gleichzeitig relativ einfach zu halten. Verschiedene Mitgliedstaaten haben entsprechende Methoden eingeführt, andere sind zurzeit dabei. Diese Änderungen dürften dazu beitragen, die Kapitalallokation im Binnenmarkt zu optimieren, auch wenn ohne Steuerharmonisierung keine vollständige Steuerneutralität zu erreichen ist.

In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten einen koordinierten Ansatz verfolgen, um durch eine rasche Beseitigung der verbleibenden Steuerhemmnisse ein stabileres und investitionsfreundlicheres Umfeld zu schaffen und die Unsicherheit auszuräumen, die durch mögliche Rechtskollisionen und -streitigkeiten entsteht.

Die Kommission will diese Koordinierung sowohl im Interesse der einzelnen Anleger und Unternehmen als auch im allgemeinen Interesse einer maximalen Effizienz des Binnenmarkts mit entsprechenden positiven Auswirkungen auf die weltweite Wettbewerbsfähigkeit der Union fördern.

Sollte es trotz der klaren Logik eines solche Vorgehens nicht möglich sein, Lösungen zu finden, wird die Kommission in ihrer Eigenschaft als Hüterin der Verträge die nötigen Schritte unternehmen, um die Einhaltung des Vertrags sicherzustellen, und dazu gegebenenfalls auch auf der Grundlage von Artikel 226 EG-Vertrag den Europäischen Gerichtshof anrufen.

VERBUNDENE RECHTSAKTE

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss vom 23. Mai 2001 mit dem Titel „Steuerpolitik in der Europäischen Union - Prioritäten für die nächsten Jahre" [KOM (2001) 260 endg. - nicht im Amtsblatt veröffentlicht] In dieser Mitteilung hält die Kommission allgemeine Ziele der zukünftigen Steuerpolitik der Gemeinschaft sowie eine Reihe von Prioritäten im Bereich der direkten und indirekten Besteuerung fest. Um die allgemeinen Ziele zu erreichen, beabsichtigt die Kommission, Mittel anzuwenden, die besser geeignet sind als die Harmonisierung der Rechtsprechung. Sie verpflichtet sich beispielsweise, Empfehlungen zu formulieren, nach denen sich die Mitgliedstaaten bei der Anwendung des EG-Vertrags und der Auslegung der Rechtsprechung des EuGH richten sollen. Außerdem wird sie aktiver und gezielter Rechtsverfahren einleiten, wenn sie der Auffassung ist, dass steuerliche Maßnahmen der Mitgliedstaaten gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen.

Mitteilung der Kommission vom 11. Mai 1999 mit dem Titel „Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan" [KOM (1999) 232 endg. - nicht im Amtsblatt veröffentlicht] Der Aktionsplan für Finanzdienstleistungen enthält politische Ziele und Maßnahmen zur Verbesserung des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen. Insbesondere wird darin gefordert, die bestehenden Beschränkungen für Anlagen von Privatpersonen im Ausland abzuschaffen.

Letzte Änderung: 04.05.2007