Staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten

Die neuen Leitlinien beinhalten genauere Regelungen der Kommission im Hinblick auf die Gewährung staatlicher Finanzbeihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten. Darüber hinaus hat die Kommission kürzlich eine Mitteilung über die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen zur Stützung von Finanzinstituten im Kontext der derzeitigen globalen Finanzkrise angenommen.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission – Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten [Amtsblatt C 244 vom 1.10.2004].

ZUSAMMENFASSUNG

Die Leitlinien legen das Vorgehen der Kommission bei staatlichen Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten * fest. Aufgrund des allgemeinen Grundsatzes des Verbots staatlicher Beihilfen (Artikel 87 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) dürfen Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten nicht zur Regel werden. Das Ausscheiden leistungsschwacher Unternehmen ist ein normaler Vorgang am Markt. Zwar können staatliche Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen die Weiterführung von Unternehmen in Schwierigkeiten ermöglichen, doch geht dies normalerweise zu Lasten der Wettbewerber.

Finanzielle Beteiligung des begünstigten Unternehmens an den Kosten seiner Umstrukturierung

Die Leitlinien beruhen auf dem Grundsatz, dass bei einer Umstrukturierung das begünstigte Unternehmen einen beträchtlichen Teil der Umstrukturierungskosten selbst tragen muss.

Je nach Größe des begünstigten Unternehmens werden Mindestsätze für seine Beteiligung an den Gesamtkosten der Umstrukturierung festgelegt: mindestens 50 % bei großen Unternehmen, 40 % bei mittleren Unternehmen und 25 % bei kleinen Unternehmen. Die Leitlinien betreffen somit insbesondere die großen Unternehmen, die im gesamten Gebiet der Europäischen Union tätig sind. Diese Unternehmen halten in der Regel beträchtliche Marktanteile, und die ihnen gewährten staatlichen Beihilfen haben größere Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel.

Der Beitrag des begünstigten Unternehmens ermöglicht zum einen, das Vertrauen der Märkte (Gesellschafter, Gläubiger) in die Wiederherstellung der Rentabilität des Unternehmens innerhalb einer angemessenen Frist zu untermauern. Zum anderen wird auf diese Weise sichergestellt, dass sich die Umstrukturierungsbeihilfe auf das zur Wiederherstellung der Rentabilität erforderliche Minimum beschränkt und Wettbewerbsverzerrungen in Grenzen gehalten werden.

Ein substantieller Beitrag des Beihilfeempfängers zur Umstrukturierung wurde bereits in den Leitlinien von 1999 gefordert. In den Leitlinien von 2004 wird noch stärker der Grundsatz hervorgehoben, dass diese Eigenleistung reell sein muss und kein Beihilfeelement enthalten darf.

Grundsatz der einmaligen Beihilfe

Nach den Leitlinien kann ein Unternehmen, das eine Beihilfe erhalten hat, in den darauf folgenden zehn Jahren keine weitere Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe erhalten. Durch den Grundsatz der einmaligen Beihilfe soll verhindert werden, dass Unternehmen mittels wiederholter Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe künstlich am Leben erhalten werden. Eine wichtige Ausnahme von dieser Regel ist vorgesehen, wenn eine Umstrukturierungshilfe an eine Rettungsbeihilfe als Teil eines einzigen Umstrukturierungsvorgangs anschließt.

Bestimmung der Begriffe „Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen“

In den Leitlinien wird der Begriff der Rettungsbeihilfe dahingehend erweitert, dass das begünstigte Unternehmen Sofortmaßnahmen auch struktureller Art ergreifen kann. Unternehmen, die sich in Schwierigkeiten befinden, sind unter Umständen bereits in der Rettungsphase gezwungen, rasch strukturelle Maßnahmen zu ergreifen, um eine Verschlechterung ihrer Finanzlage zu verhindern oder zumindest zu begrenzen.

Nach dem Grundsatz der Leitlinien von 1999 dürfte in der Rettungsphase keine durch staatliche Beihilfen finanzierte Umstrukturierung vorgenommen werden. Zwar lösen Rettungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen unterschiedliche Mechanismen aus, doch sind sie häufig zwei Phasen ein und desselben Vorgangs. Die strenge Trennung von Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen ist somit nicht unproblematisch.

Die Rettungsbeihilfe ist ihrem Wesen nach eine vorübergehende, reversible Unterstützungsmaßnahme. Sie soll dem Unternehmen die nötige Zeit verschaffen, um die Umstände, die zu den Schwierigkeiten führten, eingehend zu prüfen und einen angemessenen Plan für ihre Überwindung auszuarbeiten. Die Umstrukturierung eines Unternehmens in Schwierigkeiten stützt sich auf einen konkreten Plan zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens. Sobald ein Umstrukturierungs- oder Liquidationsplan, für den eine Beihilfe beantragt wurde, erstellt ist und durchgeführt wird, gilt die weitere Beihilfe als Umstrukturierungsbeihilfe.

ALLGEMEINE VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE GENEHMIGUNG VON BEIHILFEN

Für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen gelten gemeinsame Regeln:

Rettungsbeihilfen können nur genehmigt werden, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:

Umstrukturierungsbeihilfen implizieren besondere Risiken im Hinblick auf Wettbewerbsverzerrungen. Sie sollen grundsätzlich nur genehmigt werden, wenn etwaige Wettbewerbsverzerrungen durch die mit der Weiterführung des Unternehmens verbundenen Vorteile aufgewogen werden. Eine Umstrukturierungsbeihilfe wird nur genehmigt, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

Für die Genehmigung von Umstrukturierungsbeihilfen für kleine Unternehmen gelten weniger strenge Maßstäbe. Diese Beihilfen beeinträchtigen den Wettbewerb weniger als Beihilfen für mittlere und große Unternehmen.

ANWENDUNGSBEREICH

Die Leitlinien stützen sich auf Artikel 87 Absätze 2 und 3 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, wonach Beihilfen, die unter Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fallen, als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar betrachtet werden können.

Sie gelten für in Schwierigkeiten befindliche Unternehmen aller Wirtschaftszweige, unter bestimmten Bedingungen auch den Agrar-, Fischerei- und Aquakultursektor. Ausgenommen sind allerdings der Steinkohlenbergbau und die Stahlindustrie.

ZEITPLAN

Die Europäische Kommission wendet die neuen Leitlinien seit 10. Oktober 2004 an. Sie gelten nur für nach diesem Zeitpunkt angemeldete Beihilfen und sind nicht rückwirkend.

Schlüsselwörter des Rechtsakts

VERBUNDENE RECHTSAKTE

Mitteilung der Kommission— Vorübergehender Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise [Amtsblatt C16/3 vom 22.1.2009]. Diese Mitteilung soll ein System staatlicher Beihilfen einrichten, um auf das Marktversagen zu reagieren, das durch die seit Oktober 2008 herrschende Wirtschafts- und Finanzkrise verursacht wurde. Mit den vorübergehenden zusätzlichen Maßnahmen werden zwei wesentliche Ziele verfolgt:

So können die Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen bis Ende 2010 u. a. folgende Arten von Beihilfen gewähren:

Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen zur Stützung von Finanzinstituten im Kontext der derzeitigen globalen Finanzkrise [Amtsblatt C 270/02 vom 25.10.2008]. Diese Mitteilung erläutert die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen auf Notmaßnahmen, um die durch die Finanzkrise von Oktober 2008 verursachten Schwächen zu beheben.

Die Interventionen der öffentlichen Hand müssen auf einzelstaatlicher Ebene, jedoch in einem koordinierten Rahmen und gemäß einer Reihe gemeinsamer EU-Grundsätze, beschlossen werden.

Zwei Arten von Finanzinstituten, die Beihilfen erhalten, werden danach unterschieden, ob nach Erhalt einer staatlichen Beihilfe eine Umstrukturierung erforderlich ist oder nicht:

Die Mitteilung gilt für zwei Hauptarten von Maßnahmen, die in Bezug auf Finanzinstitute ergriffen werden:

Außerdem können die Mitgliedstaaten, diese Beihilfen und Umstrukturierungen durch die Bereitstellung öffentlicher Mittel, insbesondere der Zentralbank, ergänzen.

Letzte Änderung: 19.06.2009