Staatliche Beihilfen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

1) ZIEL

Festlegung der Kriterien zur Anwendung der Wettbewerbsregeln im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

2) RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (Text von Bedeutung für den EWR) [Amtsblatt Nr. C 320 vom 15.11.2001].

3) ZUSAMMENFASSUNG

Kontext

Die Fernsehtätigkeit wurde von Anfang an vorwiegend von öffentlich-rechtlichen Anstalten mit Monopolstellung ausgeübt, was hauptsächlich auf die begrenzte Verfügbarkeit von Frequenzen und die hohen Einstiegshürden zurückzuführen war. In den 70er Jahren gaben jedoch die wirtschaftlichen und technologischen Entwicklungen den Mitgliedstaaten zunehmend die Möglichkeit, weitere Betreiberlizenzen zu vergeben. Wenngleich die Mitgliedstaaten den Markt für den Wettbewerb geöffnet haben, war ihnen gleichzeitig an der Erhaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gelegen, um eine flächendeckende Versorgung bestimmter Gebiete und die Befriedigung von Bedürfnissen zu gewährleisten, die von privaten Betreibern nicht unbedingt optimal hätten gestillt werden können.

Dieser zunehmende Wettbewerb bei gleichzeitiger Präsenz staatlich subventionierter Anstalten hat Anlass zu wachsenden Besorgnissen wegen möglicher Benachteiligung im Wettbewerb gegeben, mit denen sich private Betreiber an die Kommission gewandt haben. Die meisten Beschwerden beziehen sich auf angebliche Verletzungen von Artikel 87 des EG-Vertrags unter Hinweis auf staatliche Finanzierungsregelungen zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Die Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags betreffen staatliche Beihilfen; Gegenstand des Artikels 86 Absatz 2 ist die Anwendung der Vorschriften des Vertrags und insbesondere der Wettbewerbsregeln auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse. Mit dem Vertrag von Maastricht wurde bereits ein Artikel eingefügt, der die Rolle der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Kultur definiert (Artikel 151) und eine Klausel, wonach staatliche Beihilfen zur Kulturförderung unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig angesehen werden können (Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d).

Im abgeleiteten Recht findet die vorliegende Mitteilung ihren Niederschlag in der Richtlinie „ Fernsehen ohne Grenzen " mit dem Ziel der Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit und in der Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen.

Geltung des Artikels 87 Absatz 1 des EG-Vertrags

Die staatliche Finanzierung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten wird im Allgemeinen als staatliche Beihilfe betrachtet. Allerdings müssen die bestehenden staatlichen Beihilfen fallweise vor allem unter Berücksichtigung der spezifischen Besonderheiten der Finanzierung definiert werden. Die Finanzierungssysteme, die gegenwärtig in den meisten Mitgliedsländern bestehen, sind überholt. Folglich muss die Kommission zunächst prüfen, ob diese Systeme als „bestehende Beihilferegelungen" im Sinne des Artikels 88 Absatz 1 des EG-Vertrags angesehen werden können.

Beurteilung der Vereinbarkeit der staatlichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt gemäß Artikel 87 Absätze 2 und 3 des EG-Vertrags

Die Kommission muss die den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gewährten staatlichen Beihilfen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt prüfen. Gegebenenfalls können die in Artikel 87 Absätze 2 und 3 genannten Ausnahme- bzw. Freistellungsbestimmungen zur Anwendung gelangen. Gemäß Artikel 151 des EG-Vertrags trägt die Gemeinschaft bei ihrer Tätigkeit aufgrund anderer Bestimmungen dieses Vertrags den kulturellen Aspekten Rechnung, insbesondere zur Wahrung und Förderung der Vielfalt der Kulturen.

Beurteilung der Vereinbarkeit der staatlichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt gemäß Artikel 86 Absatz 2 des EG-Vertrags

In ihrer Mitteilung über die „ Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse " in Europa hat die Kommission die Bedeutung dieser Dienstleistungen für die Erreichung der grundlegenden Ziele der Europäischen Union voll anerkannt. Damit die in Artikel 86 Absatz 2 genannten Ausnahmebestimmungen zur Anwendung gelangen, muss der öffentlich-rechtliche Auftrag amtlich definiert werden. Diese Definition obliegt den Mitgliedstaaten, die deshalb dem gemeinschaftsrechtlichen Begriff der „Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse", wie in der Kommissionsmitteilung definiert, Rechnung tragen müssen. Was die Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags für Rundfunkanstalten anbelangt, beschränkt sich die Rolle der Kommission auf eine Überprüfung auf offensichtliche Fehler.

In Anbetracht des besonderen Charakters des Rundfunksektors ist eine „breit gefasste" Definition der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zulässig. Diese Definition kann so weit gehen, einen bestimmten Sender zu beauftragen, ein ausgewogenes und vielseitiges Programmspektrum anzubieten, das die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft deckt und den Pluralismus einschließlich kultureller und sprachlicher Vielfalt wahrt.

Es obliegt der Kommission, die Einhaltung der Bestimmungen des EG-Vertrags durch die Mitgliedstaaten zu überprüfen. Um in den Genuss der Ausnahmevorschrift nach Artikel 86 Absatz 2 des EG-Vertrags zu kommen, muss der öffentlich-rechtliche Auftrag einem oder mehreren Unternehmen auf dem Wege einer förmlichen Rechtshandlung übertragen werden.

Die Mitgliedstaaten sind frei in der Wahl der Mittel zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, aber die Kommission muss überprüfen, ob eine Abweichung von der normalen Anwendung der Wettbewerbsregeln bei der Ausführung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt nicht in einem unverhältnismäßig hohen Ausmaß beeinträchtigt. Es handelt sich um einen „Negativtest", mit dem überprüft wird, ob die getroffene Maßnahme nicht unverhältnismäßig ist. Außerdem dürfen Beihilfen nicht die Entwicklung des Handelsverkehrs in einem Maße beeinträchtigen, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft.

Die vorstehend erwähnte Beurteilung der Kommission setzt eine klare und genaue Definition des „öffentlich-rechtlichen Auftrags" und eine klare und angemessene Trennung zwischen gemeinwirtschaftlichen und anderen Aktivitäten voraus. Die getrennte Buchführung für diese beiden Bereiche wird normalerweise bereits auf nationaler Ebene gefordert, damit die Verwendung öffentlicher Mittel transparent und kontrollierbar ist. Die Verpflichtungen zu Transparenz in den finanziellen Beziehungen zwischen der öffentlichen Hand und den öffentlichen Unternehmen sowie innerhalb von Unternehmen, denen besondere oder ausschließliche Rechte gewährt wurden oder die mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, werden in der Richtlinie 80/723/EWG festgelegt.

Wenngleich die Finanzierung durch den Staat im Allgemeinen erforderlich ist, um der Rundfunkanstalt die Erfüllung ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags zu ermöglichen, dürfen die staatlichen Beihilfen nicht die Nettokosten überschreiten, die aus dem öffentlich-rechtlichen Auftrag erwachsen, bei Berücksichtigung der anderen direkten oder indirekten Einnahmen aus diesem Auftrag. Deshalb werden die Nettogewinne, die durch kommerzielle Aktivitäten aus dem öffentlich-rechtlichen Auftrag erzielt werden, zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Beihilfe herangezogen. Deshalb prüft die Kommission auch, ob gegebenenfalls eine Wettbewerbsverzerrung aufgrund der gewährten Beihilfen durch die Notwendigkeit gerechtfertigt ist, den öffentlich-rechtlichen Auftrag, wie er vom Mitgliedstaat definiert wurde, zu erfüllen und zu finanzieren. In ihrer Beurteilung berücksichtigt die Kommission ebenfalls die Tatsache, dass in dem Maße, wie eine staatliche Beihilfe zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags notwendig ist, das System als Ganzes auch den Vorteil haben könnte, dass auf einigen relevanten Märkten eine alternative Angebotsmöglichkeit erhalten wird.

4) durchführungsmassnahmen

5) weitere arbeiten

Letzte Änderung: 03.09.2003