Definition des relevanten Marktes

 

ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:

Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft

WAS IST DER ZWECK DIESER BEKANNTMACHUNG?

Sie soll Unternehmen und anderen interessierten Kreisen eine Orientierungshilfe für den Ansatz der Europäischen Kommission zur Marktdefinition geben – ein entscheidender erster Schritt bei der Bewertung der Kommission in vielen Kartell- und Fusionsfällen.

WICHTIGE ECKPUNKTE

Im Falle eines mutmaßlichen Verstoßes gegen die Wettbewerbsvorschriften der Europäischen Union (EU) ist in erster Linie der relevante Markt zu berücksichtigen. Denn die Definition des relevanten Marktes bedeutet die Abgrenzung des Rahmens, in dem die Wettbewerbsvorschriften in Bezug auf Kartelle und den Missbrauch einer beherrschenden Stellung (Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – siehe Zusammenfassung) als auch die Vorschriften über die Unternehmenszusammenschlüsse (Verordnung (EG) Nr. 139/2004 – siehe Zusammenfassung) gelten.

Im Sinne der Transparenz erläutert die Bekanntmachung die von der Kommission angewandten Methoden, um von Fall zu Fall einen relevanten Markt zu definieren. Anhand dieser Analyse, die sowohl die sachliche als auch die räumliche Dimension des betroffenen Marktes berücksichtigt, kann bestimmt werden, welche konkurrierenden Unternehmen tatsächlich in der Lage sind, dem Verhalten des beteiligten Unternehmens Schranken zu setzen. Gleichzeitig gibt sie Aufschluss darüber, inwieweit auf dem Markt ein wirksamer Wettbewerb besteht.

Definition des relevanten Marktes

Der relevante Markt kombiniert den sachlich und den räumlich relevanten Markt, die wie folgt definiert werden.

Analyse zur Definition des relevanten Marktes

Die Kommission hat bestimmte Kriterien festgelegt, die zur Analyse der Verhaltensweisen von Unternehmen auf dem Markt sowie der besonderen Gegebenheiten des relevanten Marktes dienen können. Diese Methodologie kann jedoch je nach Art des betreffenden Wettbewerbs zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Daher ist eine strukturierte Analyse erforderlich, die auch flexibel genug ist, um individuelle Gegebenheiten zu berücksichtigen.

Die Kommission verschafft sich zunächst einen ersten Eindruck und bemüht sich um eine Abgrenzung des Produktmarktes, wobei sie prüft, ob zwei Produkte demselben Produktmarkt angehören. Außerdem versucht sie, den räumlichen Markt abzugrenzen, indem sie allgemeine Angaben zur Verteilung der Marktanteile der beteiligten Parteien und ihrer Wettbewerber, zu den geltenden Preisen und Preisunterschieden zusammenstellt.

Nach Abgrenzung des Produktmarktes und des räumlichen Marktes führt die Kommission eine eingehendere Analyse durch, die auf dem Konzept der Substituierbarkeit gründet. Einem Wettbewerbssystem unterliegenden Unternehmen müssen zwei großen Wettbewerbskräften Rechnung tragen: der Nachfrage- und der Angebotssubstituierbarkeit. Ein Markt gilt dann als Wettbewerbsmarkt, wenn der Kunde die Möglichkeit hat, aus einer mehr oder weniger großen Palette von Produkten mit gleichen Merkmalen auszuwählen, und der Anbieter seine Produkte oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt ungehindert anbieten kann.

Mit hilfe des Kriteriums der Substituierbarkeit kann die Untersuchung auf die möglichen Substitute eingegrenzt werden, um anschließend den Produktmarkt sowie den räumlich relevanten Markt mit größerer Sicherheit bestimmen zu können. Erst in einem letzten Schritt wird der relevante Markt einer Analyse unterzogen, um zu prüfen, inwieweit er in die Märkte der EU integriert ist.

Auf diese Weise untersucht die Kommission die Substituierbarkeit auf der Nachfrageseite (d. h. aufseiten der Kunden) und auf der Angebotsseite (d. h. aufseiten der Anbieter). Im ersten Fall stellt sich die Frage, ob die Kunden des betreffenden Produkts bei einer kleinen, aber dauerhaften Preiserhöhung (zwischen 5 und 10 %) ohne weiteres auf ein ähnliches Produkt umsteigen können. Im zweiten Fall stellt sich die Frage, ob andere Anbieter ohne Weiteres auf die entsprechenden Produkte umstellen und diese auf dem relevanten Markt verkaufen können.

Dennoch berücksichtigt dieses Kriterium der Substituierbarkeit nicht die Bedingungen, unter denen die beteiligten Unternehmen auf dem Markt operieren. Es ist daher beispielsweise erforderlich, zu prüfen, welche Bedingungen für den Zugang zu dem definierten Markt gelten. Zu diesem Zweck beurteilt die Kommission den relevanten Markt in sachlicher und räumlicher Hinsicht, und zwar unter Berücksichtigung folgender Aspekte:

Als letzten Schritt berücksichtigt die Kommission den Prozess der Marktintegration und wie sich Maßnahmen zur Beseitigung von Handelshemmnissen und zur Schaffung eines integrierten europäischen Marktes auf den Wettbewerb in einem bestimmten räumlich relevanten Markt auswirken können.

Vor einer Entscheidung kann die Kommission an die wichtigsten Unternehmen des betreffenden Wirtschaftszweiges herantreten, um deren Auffassung über die Eingrenzung sachlich und räumlich relevanter Märkte zu erfahren. Falls erforderlich, kann die Kommission auch Ortsbesichtigungen durchführen.

Berechnung von Marktanteilen

Durch die Abgrenzung des relevanten Marktes in sachlicher und räumlicher Hinsicht kann festgestellt werden, welche Anbieter und welche Kunden/Verbraucher auf diesem Markt aktiv sind. Auf dieser Grundlage lassen sich die Marktgröße insgesamt und, unter Zugrundelegung der Verkaufszahlen an relevanten Produkten in dem relevanten Gebiet, die Marktanteile der einzelnen Anbieter berechnen.

Die Schätzungen der Unternehmen und die von Wirtschaftsberatern und Wirtschaftsverbänden erstellten Studien sowie die Verkaufszahlen der betroffenen Unternehmen dienen der Berechnung der Marktgröße und der Marktanteile der einzelnen Marktteilnehmer. Trotz der Tatsache, dass der Umsatz in der Regel die Grundlage für die Berechnung von Marktanteilen ist, gibt es andere Anhaltspunkte, die je nach Produkt oder Branche nützliche Informationen liefern können, wie Kapazität und Anzahl der Akteure auf Bietermärkten usw.

HINTERGRUND

Gemäß den Grundsätzen für eine bessere Rechtsetzung hat die Kommission die Funktionsweise ihrer Bekanntmachung über die Marktdefinition von 1997 evaluiert und im Juli 2021 einen Bericht über ihre Ergebnisse veröffentlicht.

Weiterführende Informationen:

SCHLÜSSELBEGRIFFE

Elastizität der Nachfrage. Das Ausmaß, in dem die Nachfrage auf eine Änderung von Faktoren wie Preis, Einkommensniveau oder Verfügbarkeit von Substituten reagiert.

HAUPTDOKUMENT

Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. C 372 vom 9.12.1997, S. 5-13).

VERBUNDENE DOKUMENTE

Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen: Evaluierung der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft vom 9. Dezember 1997 (SWD(2021) 199 final vom 12.7.2021).

Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen: Evaluierung (Zusammenfassung) der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft vom 9. Dezember 1997 (SWD(2021) 200 final vom 12.7.2021).

Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“) (ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1-22).

Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1-25).

Nachfolgende Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.

Letzte Aktualisierung: 26.10.2021