Grundzüge der Wirtschaftspolitik (2000)

1) ZIEL

Steigerung des wirtschaftlichen Wachstumspotenzials und Förderung der Beschäftigung und des sozialen Zusammenhalts durch Strukturreformen und den Übergang zu einer wissensbasierten Wirtschaft in operationeller Umsetzung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Lissabon.

2) RECHTSAKT

Empfehlung des Rates vom 19. Juni 2000 betreffend die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft [Amtsblatt L 210 vom 21.8.2000].

3) ZUSAMMENFASSUNG

Die Grundzüge der Wirtschaftspolitik verleihen den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Lissabon, in denen die Chancen der Globalisierung und einer neuen, wissensbasierten Wirtschaft hervorgehoben werden, operationellen Inhalt.

WICHTIGSTE PRIORITÄTEN UND WIRTSCHAFTSPOLITISCHE ERFORDERNISSE

Wachstumsaussichten. In den 90er-Jahren hat die Europäische Union (EU) ihre wirtschaftliche Integration verstärkt und einen soliden Rahmen für die Wirtschaftspolitik geschaffen. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen hat sich jedoch noch nicht in deutlicheren wirtschaftlichen Erfolgen niedergeschlagen, was von den damals herrschenden makroökonomischen Ungleichgewichten und den strukturellen Verkrustungen zeugt, die in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor bestehen. Seit die letzten wirtschaftspolitischen Grundzüge 1999 beschlossen wurden, hat sich in den EU-Ländern jedoch auf Grund des günstigen Umfelds und der vernünftigen makroökonomischen Politik ein zunehmend tragfähiger Wirtschaftsaufschwung auf breiter Basis vollzogen. Dies könnte in den kommenden Jahren zu einer inflationsbereinigten jährlichen Wachstumsrate von rund 3 % für die EU insgesamt führen.

Zentrale Herausforderungen. Alle Mitgliedstaaten müssen die zentralen Herausforderungen meistern, vor denen sie gemeinsam stehen. Allem voran ist die Rückkehr zu Vollbeschäftigung ein vordringliches Anliegen: Die Arbeitslosigkeit ist zwar zurückgegangen, aber nach wie vor zu hoch. Hinzu kommen niedrige Erwerbstätigen- und Erwerbsbeteiligungsquoten. Gemäß den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Lissabon sollte die Erwerbstätigenquote bis 2010 auf 70 % erhöht werden.

Zweitens sollten Innovationen und Wissen zum Wachstumsmotor in Europa werden. Dies erfordert eine größere Anpassungsfähigkeit der Wirtschaftsstrukturen und eine Verstärkung der Investitionen in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), Forschung und Entwicklung (FuE) sowie Humankapital.

Drittens stellt die Bevölkerungsalterung eine zentrale Herausforderung für die europäischen Volkswirtschaften dar, mit schwer wiegenden Auswirkungen auf die Ersparnisse, die Investitionen und die öffentlichen Finanzen. Zur Bewältigung dieser demografischen Herausforderung wurden die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen und Reformen der Renten- und Gesundheitsfürsorgesysteme gefordert.

Weitere Prioritäten der Mitgliedstaaten sind die Verbesserung des sozialen Zusammenhalts und insbesondere die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung. Mit der Schaffung besserer Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung kann die Wirtschaftspolitik am wirksamsten zur sozialen Eingliederung beitragen.

In einer immer stärker integrierten Weltwirtschaft lassen sich die erforderlichen Reformen nicht losgelöst vom internationalen Kontext durchführen. Die EU muss also weiterhin eine gemeinsame Handelspolitik betreiben, die offene, wettbewerbsfähige Märkte fördert.

Die EU muss ihre Antworten auf die bestehenden Herausforderungen zu einer kohärenten und umfassenden, mittel- bis langfristig orientierten wirtschaftspolitischen Strategie bündeln. Ein zentrales Element dieser Strategie sind integrierte, effiziente und wettbewerbsfähige Märkte.

ALLGEMEINE WIRTSCHAFTSPOLITISCHE EMPFEHLUNGEN

Makroökonomische Politik:

Beschleunigung der Haushaltskonsolidierung:

Qualität und dauerhafte Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen:

Lohnentwicklung:

Wissensbasierte Wirtschaft:

Produktmärkte (Waren und Dienstleistungen):

Kapitalmärkte:

Arbeitsmärkte:

Nachhaltige Entwicklung:

LÄNDERSPEZIFISCHE WIRTSCHAFTSPOLITISCHE LEITLINIEN

Belgien: Aufgrund einer starken Inlandsnachfrage dürfte es im Jahr 2000 zu einem deutlichen Wirtschaftsaufschwung kommen. Belgien hat im Bemühen um Haushaltskonsolidierung weitere Fortschritte erzielt und dürfte gemäß dem Stabilitätsprogramm im Jahr 2002 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen. Die belgische Regierung sollte bestrebt sein, das öffentliche Defizit im Jahr 2000 noch weiter abzubauen als im Stabilitätsprogramm vorgesehen, die reale Steigerungsrate der Primärausgaben zu begrenzen, den bestehenden Primärüberschuss zu erhalten und alle weiteren Spielräume zur Verringerung des öffentlichen Schuldenstands zu nutzen.

Hinsichtlich der Produkt- und Kapitalmärkte wird empfohlen, den Wettbewerb im Dienstleistungssektor zu verstärken und die Liberalisierung der Energiewirtschaft zu beschleunigen, den Verwaltungsaufwand für die Unternehmen zu verringern und Investitionen von privatem Risikokapital zu fördern. In Bezug auf den Arbeitsmarkt wird die Regierung aufgefordert, die Mobilität der Arbeitskräfte zu fördern und dafür zu sorgen, dass bei Lohnverhandlungen den lokalen Arbeitsmarktbedingungen besser Rechnung getragen wird, sowie die aktive Arbeitsmarktpolitik zu verstärken.

Dänemark: Im Jahr 2000 dürfte sich die Wirtschaftstätigkeit in Dänemark verstärken. Es wird erwartet, dass der Haushaltsüberschuss im Jahr 2000 2,2 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht. Zur Aufrechterhaltung der soliden Finanzlage der öffentlichen Hand in Dänemark sollte die dänische Regierung dafür sorgen, dass sich die Ausgabensteigerung, vor allem auf Ebene der lokalen Gebietskörperschaften, in den Grenzen der Haushaltsansätze hält, und eine Senkung der Abgabenquote und der Staatsquote unter Einhaltung der Verpflichtungen gemäß dem Konvergenzprogramm anstreben.

Hinsichtlich der Produkt- und Kapitalmärkte wird die Regierung aufgefordert, den Wettbewerb zu verstärken, die Effizienz des öffentlichen Sektors zu verbessern, die Verbindungen zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen zu intensivieren und Maßnahmen zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen zu ergreifen. In Bezug auf den Arbeitsmarkt wird empfohlen, die gesamte Abgabenbelastung des Faktors Arbeit, insbesondere der Niedriglöhne, zu verringern und die Vorruhestands- und Urlaubsregelungen zu überprüfen.

Deutschland: Im Jahr 2000 dürfte sich die Wirtschaftstätigkeit verstärken. Gemäß dem Stabilitätsprogramm wird erwartet, dass das Haushaltsdefizit im Jahr 2000 leicht zurückgeht auf 1 % des BIP und im Jahr 2001 auf Grund der geplanten Steuerreform auf 1,5 % steigt. Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle sich bietenden zusätzlichen Spielräume zu nutzen, um das Defizit rascher als vorgesehen zu verringern, die Steuerreform behutsam umzusetzen, um die Haushaltskonsolidierung nicht zu gefährden, und Strukturreformen des Sozialversicherungssystems, insbesondere im Bereich der Renten- und Krankenversicherung, auszuarbeiten.

Bei den Produktmärkten sollte Deutschland eine stärkere Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens anstreben und die Werbevorschriften liberalisieren, die Wettbewerbsstrukturen verbessern und die staatlichen Beihilfen reduzieren. Außerdem wird empfohlen, die Liberalisierung des Strommarktes fortzusetzen und den Verwaltungsaufwand für die KMU abzubauen. Im Bereich der Kapitalmärkte könnte die Regierung Maßnahmen zur Förderung von Risikokapital ergreifen.

In Bezug auf den Arbeitsmarkt wird Deutschland zu einer kritischen Überprüfung seiner Politik im Ostteil des Landes aufgefordert, besonders was die Effizienz der Transferleistungen und die allgemeine Flexibilität des Arbeitsmarktes betrifft. Außerdem sollte die Regierung die hohe Belastung des Faktors Arbeit durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge verringern und die Regelungen der Steuer- und der Sozialleistungssysteme reformieren, die die Motivation, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, mindern.

Griechenland: In Griechenland ist weiterhin mit einem kräftigen Wirtschaftswachstum zu rechnen. Die Haushaltskonsolidierung wurde fortgesetzt. Die griechische Regierung sollte den angesetzten Zielwert von 1,2 % des BIP als Höchstgrenze für das Defizit im Jahr 2000 betrachten und die Ausgaben kontrollieren. Außerdem wird empfohlen, die Reform des Sozialversicherungssektors fortzusetzen und die geplanten Privatisierungen durchzuführen, um einen rascheren Rückgang des öffentlichen Schuldenstands sicherzustellen.

Im Bereich der Produkt- und Kapitalmärkte sollte Griechenland für eine bessere Umsetzung der Binnenmarkt-Richtlinien sorgen, die Liberalisierung des Telekommunikations- und des Energiesektors beschleunigen, die Gründung innovativer Unternehmen fördern, FuE und Investitionen im IKT-Bereich unterstützen und den Risikokapital-Aktionsplan von 1998 umsetzen. Was den Arbeitsmarkt betrifft, so sollte die Arbeitsverwaltung reformiert werden, insbesondere im Hinblick auf die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit, und für die vollständige Umsetzung der bereits beschlossenen Reformen gesorgt werden. Ferner sollten die Lohnfindungssysteme mit dem Ziel überprüft werden, größere Flexibilität zu erreichen und Lohnerhöhungen unter Berücksichtigung der Produktivitätsunterschiede auf geografischer, sektoraler und Unternehmensebene vorzunehmen.

Spanien: Die Wachstumsaussichten stellen sich auch für das Jahr 2000 günstig dar.

Die Haushaltskonsolidierung hat deutliche Fortschritte gemacht und dürfte zu einem Haushaltsüberschuss führen. Der spanischen Regierung wird nahe gelegt, die Haushaltsziele des aktualisierten Stabilitätsprogramms nach Möglichkeit zu übertreffen, die geplante Reform des nationalen Haushaltsgesetzes durchzuführen und den innerstaatlichen Stabilitätspakt zur besseren Ausgabenkontrolle umzusetzen. Die Reform des Rentensystems, die u. a. eine Aufstockung des Pensionsfonds vorsieht, sollte fortgesetzt werden.

Hinsichtlich der Produkt- und Kapitalmärkte wird empfohlen, die Reform des Wettbewerbsrechts fortzuführen, die sektorspezifischen Beihilfen abzubauen, den Verwaltungsaufwand für die Unternehmen, insbesondere für die KMU, zu verringern und die Risikokapitalmärkte auszubauen, um das Investitionsvolumen zu vergrößern.

Im Bereich des Arbeitsmarktes sollte Spanien das Lohnfindungssystem und die Sozialversicherungsregelungen auf regionaler und lokaler Ebene überprüfen, die Effizienz aktiver Arbeitsmarktmaßnahmen verbessern und die Abgaben- und Sozialleistungssysteme sowie die Kündigungsschutzvorschriften überprüfen, um die Flexibilität des Arbeitsmarktes zu erhöhen.

Frankreich: In Frankreich dürfte auch im Jahr 2000 ein dynamisches Wirtschaftswachstum zu verzeichnen sein. Das Haushaltsdefizit konnte 1999 auf 1,8 % des BIP gesenkt werden. Die französische Regierung wird aufgefordert, das Defizit im Jahr 2000 auf einen Wert zurückzuführen, der unter der Vorgabe im aktualisierten Stabilitätsprogramm liegt, die Ausgaben einzudämmen und jeden sich bietenden zusätzlichen Spielraum für eine Verringerung des Defizits zu nutzen. Außerdem sollte die Rentenreform in Angriff genommen werden, um die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

Hinsichtlich der Produktmärkte wird empfohlen, für eine bessere Umsetzung der Binnenmarkt-Richtlinien zu sorgen, die staatlichen Beihilfen zu reduzieren, die Liberalisierung der netzgebundenen Wirtschaftszweige auszuweiten und die Formalitäten für Unternehmen weiter zu vereinfachen. Was die Kapitalmärkte betrifft, so sollte Frankreich institutionellen Anlegern Anlagen an Aktienmärkten erleichtern und den steuerlichen Rahmen für Risikokapital verbessern.

In Bezug auf den Arbeitsmarkt wird Frankreich aufgefordert, die Abgabenbelastung des Faktors Arbeit zu verringern, das Sozialleistungssystem und den Kündigungsschutz zu überprüfen und dafür Sorge tragen, dass die Einführung der 35-Stunden-Woche keine nachteiligen Auswirkungen auf die Lohnkosten, das Arbeitskräfteangebot und die Arbeitsorganisation hat.

Irland: Das Wirtschaftswachstum ist weiterhin außerordentlich gut. Die öffentlichen Finanzen sind in solidem Zustand. Die irische Regierung sollte im Rahmen ihrer Haushaltspolitik bestrebt sein, wirtschaftliche Überhitzungserscheinungen zu vermeiden, den Anstieg der Konsumausgaben des Staates auf den im Stabilitätsprogramm genannten Wert zu begrenzen und dem Ausbau der Infrastruktur unter Beachtung der haushaltsbezogenen Stabilitätsziele hohe Priorität einzuräumen.

Hinsichtlich der Produkt- und Kapitalmärkte wird Irland aufgefordert, seine Wettbewerbspolitik zu verstärken und das Gemeinschaftsrecht voll anzuwenden, den Verkehrssektor zu liberalisieren und Risikokapitalinvestitionen zu fördern. In Bezug auf den Arbeitsmarkt wird empfohlen, die Lohnentwicklung zu überwachen und die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu fördern.

Italien: Für die Jahre 2000 und 2001 bestehen gute Wachstumsaussichten. Das Stabilitätsprogramm sieht eine Verringerung der Defizitquote auf 0,1 % des BIP bis 2003 vor. Im Hinblick darauf sollte die italienische Regierung alle sich bietenden zusätzlichen Spielräume für die Reduzierung des öffentlichen Schuldenstands nutzen, die laufenden Primärausgaben eindämmen, durch eine Überprüfung des Rentensystems für die Begrenzung künftiger Ausgaben sorgen und das Privatisierungsprogramm umsetzen.

Hinsichtlich der Produkt- und Kapitalmärkte wird Italien aufgefordert, die nicht agrarischen staatlichen Beihilfen abzubauen, den Regulierungsrahmen für Unternehmen zu vereinfachen, FuE und Innovationen zu verstärken und Risikokapitalinvestitionen zu fördern. Im Bereich des Arbeitsmarktes wird empfohlen, das Arbeitslosenhilfesystem zu verbessern, den Kündigungsschutz flexibler zu gestalten, die Flexibilität des Arbeitsmarktes, insbesondere bezüglich der Löhne, zu fördern und die Abgabenbelastung des Faktors Arbeit und die Sozialbeiträge zu verringern.

Luxemburg: Das starke Wirtschaftswachstum dürfte auch im Jahr 2000 anhalten. Hinsichtlich ihrer Haushaltspolitik wird die luxemburgische Regierung aufgefordert, die laufenden Staatsausgaben zu kontrollieren und Reformen im Bereich der Sozialversicherung durchzuführen, um im Hinblick auf die zunehmende Bevölkerungsalterung Vorsorge zu treffen. In Bezug auf die Produktmärkte wird Luxemburg aufgefordert, seine Wettbewerbspolitik zu reformieren, um die volle Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften sicherzustellen, und die Entwicklung der Informationsgesellschaft zu fördern. Im Bereich des Arbeitsmarktes wird empfohlen, das Abgaben- und Sozialleistungssystem zu überprüfen, um eine Erhöhung der nationalen Erwerbstätigenquote zu begünstigen.

Niederlande: Das Wirtschaftswachstum in den Niederlanden dürfte sich im Jahr 2000 noch beschleunigen. Zur Gewährleistung einer gesunden Entwicklung der öffentlichen Finanzen und zur Aufrechterhaltung des Haushaltsüberschusses wird der niederländischen Regierung nahe gelegt, die Haushaltslage insbesondere durch Ausgabenkontrolle zu konsolidieren. Die Steuerreform darf die Haushaltslage nicht gefährden.

Im Bereich der Produkt- und Kapitalmärkte sollten die Niederlande für weitere Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinien für das öffentliche Beschaffungswesen sorgen, die Reform der netzgebundenen Wirtschaftszweige fortsetzen, die Beteiligung des privaten Sektors an FuE und Risikokapitalinvestitionen, insbesondere die Finanzierung von Markteinführungen, fördern. Zur Gesunderhaltung des Arbeitsmarktes wird empfohlen, die Hemmnisse für die Erwerbsbeteiligung insbesondere von Frauen und älteren Arbeitnehmern zu beseitigen und die Zahl der Personen zu verringern, die, durch passive Einkommenssicherungssysteme gestützt, außerhalb des Arbeitsmarktes bleiben.

Österreich: Im Jahr 2000 erfolgt eine Beschleunigung des Wirtschaftswachstums. Gemäß dem Stabilitätsprogramm soll das Haushaltsdefizit auf 1,7 % verringert werden. Die österreichische Regierung sollte eine bessere Ausgabenkontrolle beim Haushaltsvollzug anstreben und Strukturreformen durchführen, um die Haushaltslage langfristig zu verbessern. Die angekündigte Rentenreform sollte umgesetzt werden.

Hinsichtlich der Produktmärkte wird empfohlen, für weitere Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinien für das öffentliche Beschaffungswesen zu sorgen, die Regulierung in der Energie- und Verkehrswirtschaft zu reformieren und den Privatsektor für mehr FuE-Investitionen zu gewinnen. In Bezug auf die Kapitalmärkte wird die Regierung aufgefordert, die Aufsichtsregeln zu modernisieren, Anreize für Eigenkapital- und Risikokapitalinvestitionen zu entwickeln und Risikokapital allgemein zu fördern. Im Bereich des Arbeitsmarktes sollte Österreich die Sozialleistungs- und Rentensysteme, insbesondere die Vorruhestandsregelung, reformieren.

Portugal: Die Wirtschaftstätigkeit dürfte sich im Jahr 2000 verstärken. Gemäß dem Stabilitätsprogramm soll das Haushaltsdefizit auf 1,5 % des BIP verringert werden. Die portugiesische Regierung wird aufgefordert, für eine strikte Ausgabenkontrolle zu sorgen, um zumindest einen Abbau des Defizits auf den vorgesehenen Wert zu erreichen, sicherzustellen, dass die Haushaltspolitik dazu beiträgt, die wichtigsten Ungleichgewichte in der Wirtschaft zu korrigieren, und die Krankenversicherungs- und Rentensysteme zu reformieren.

In Bezug auf die Produktmärkte wird empfohlen, die staatlichen Beihilfen abzubauen, die Wettbewerbsvorschriften stärker an das Gemeinschaftsrecht anzupassen, die Verwaltungsverfahren zu vereinfachen und FuE sowie die Verbreitung von IKT zu fördern. Portugal sollte den Risikokapitalmarkt ausbauen. Hinsichtlich des Arbeitsmarktes wird die Regierung aufgefordert, Bildung und Ausbildung zu verbessern, die Funktionsweise des Arbeitsmarktes insbesondere durch mehr Flexibilität zu verbessern und die Zusammenarbeit zwischen den Sozialpartnern zu fördern.

Finnland: Das rasche Wirtschaftswachstum der letzten Jahre dürfte sich weiter fortsetzen. Es besteht sogar die Gefahr einer Konjunkturüberhitzung. Gemäß dem Stabilitätsprogramm dürfte der Haushaltsüberschuss im Zeitraum 2000-2003 bei etwa 4 % des BIP liegen. Im Hinblick auf die drohende Konjunkturüberhitzung wird empfohlen, eine strikte Haushaltspolitik zu verfolgen sowie die Staatsquote zu verringern und die hohe Abgabenbelastung des Faktors Arbeit abzubauen.

In Bezug auf die Produkt- und Kapitalmärkte wird die finnische Regierung aufgefordert, den Wettbewerb in verschiedenen Wirtschaftsbereichen zu verstärken, das Wettbewerbsrecht zu reformieren, die Märkte für öffentliche Dienstleistungen weiter zu öffnen, Risikokapitalinvestitionen zu fördern und Anlagen institutioneller Anleger zu erleichtern. Im Bereich des Arbeitsmarktes sollte Finnland sein gesamtes Sozialleistungssystem überprüfen, die Arbeitsplatzsuche wirksamer gestalten und die Abgabenbelastung insbesondere von Niedriglöhnen verringern.

Schweden: Das kräftige Wachstum der schwedischen Wirtschaft dürfte auch im Jahr 2000 anhalten. Um den von ihr angestrebten Haushaltsüberschuss von 2 % des BIP zu erreichen, sollte die schwedische Regierung ihre Haushaltspolitik noch stärker straffen, für eine strikte Ausgabenkontrolle sorgen und die Abgabenbelastung verringern, dabei aber das Ziel der Haushaltskonsolidierung im Auge behalten.

In Bezug auf die Produktmärkte wird empfohlen, die Wettbewerbsregelungen in einer Reihe von Bereichen, insbesondere in der Bauwirtschaft, in der Arzneimittelbranche und im Bahn- und Luftverkehr, zu überprüfen. Im Bereich der Kapitalmärkte sollte die Regierung den Zugang zu Risikokapital erleichtern. Zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation wird Schweden aufgefordert, die Abgabenbelastung der Arbeitseinkommen zu verringern und die Sozialversicherungsleistungs- und Sozialhilferegelungen anzupassen.

Vereinigtes Königreich: Für 2000 wird ein noch dynamischeres Wirtschaftswachstum erwartet. Für das Haushaltsjahr 1999/2000 wird mit einem Haushaltsüberschuss von 1,3 % des BIP gerechnet. Es wird empfohlen, die Situation der öffentlichen Finanzen im Wesentlichen aufrechtzuerhalten.

In Bezug auf die Produkt- und Kapitalmärkte wird die britische Regierung aufgefordert, Bemühungen im Bereich von FuE und Innovationen zu fördern, mehr in Straßen- und Eisenbahnnetze zu investieren und zu untersuchen, aus welchen Gründen Pensionsfonds nur wenig auf Risikokapitalmärkten investieren. Im Bereich des Arbeitsmarktes sollte das Vereinigte Königreich Maßnahmen zur Bewältigung des Problems der Ballung der Arbeitslosigkeit in bestimmten Regionen und Gemeinden und generell zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit ergreifen.

4) durchführungsmassnahmen

5) weitere arbeiten

Bericht der Kommission über die Umsetzung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik 2000 [KOM(2001) 105 endg. - nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZENTRALE POLITIKBEREICHE

Makroökonomische Politik: Im Jahr 2000 verzeichnete die EU dank einer starken Inlands- und Auslandsnachfrage mit 3,4 % die beste Wachstumsrate seit einem Jahrzehnt. Durch den Ölpreisanstieg kam es zum Jahresende hin zu einer leichten Wachstumsabschwächung. Die Inflation hat zwar zugenommen, hielt sich aber in Grenzen. Die EZB hat ihren wichtigsten Leitzins sechs Mal angehoben, zuletzt auf 4,75 %. Es entstanden weiter in raschem Tempo neue Arbeitsplätze, und die Arbeitslosigkeit ging auf 8,4 % zurück. Die Haushaltskonsolidierung machte weitere Fortschritte, das Haushaltsdefizit im Eurogebiet verringerte sich auf 0,7 % (ohne UMTS -Erlöse) und sank damit etwas mehr als erwartet. Die Lohnentwicklung verlief im Ganzen angemessen.

Haushaltskonsolidierung: Alle Länder konnten ihre Haushaltspositionen verbessern, was zu einer allgemeinen Verringerung des öffentlichen Schuldenstands führte. Belgien, Finnland, Irland, Luxemburg, die Niederlande, Schweden und das Vereinigte Königreich übertrafen ihre Programmziele bei weitem. Andere Mitgliedstaaten konnten das stärkere Wirtschaftswachstum nicht in vollem Maße zur Verbesserung ihrer Haushaltspositionen nutzen.

Qualität und dauerhafte Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen: Im Gegensatz zu den 90er- Jahren beruht die Haushaltskonsolidierung auf Ausgabenkürzungen und nicht mehr auf Steuererhöhungen. Bei der Reform der öffentlichen Ausgabensysteme waren wenig Fortschritte festzustellen, aber die Frage einer entschiedeneren Ausgabenkontrolle tritt immer mehr in den Vordergrund. Die Reformen der Leistungssysteme waren nicht weit gehend genug, wenngleich in einigen Mitgliedstaaten gewisse Anstrengungen in dieser Richtung unternommen wurden.

Was die Rentensysteme betrifft, so wurden in Dänemark, Irland, den Niederlanden, Österreich, Schweden und im Vereinigten Königreich Reformen durchgeführt, und Belgien, Finnland, Frankreich, Irland und Spanien haben einen Pensionsreservefonds errichtet bzw. angekündigt. Hinsichtlich der Abgabenbelastung wurden Fortschritte erzielt: Erstmals seit den 70er-Jahren ist die Gesamtabgabenbelastung zurückgegangen. In einer Reihe von Mitgliedstaaten wurden Maßnahmen ergriffen, um die Abgabenbelastung insbesondere bei Geringverdienenden zu reduzieren. Bei der Tagung des Rates der Wirtschafts- und Finanzminister im November 2000 wurde ein beträchtliches Maß an Einvernehmen über die zentralen Punkte des Steuerpakets zur Einschränkung des schädlichen Steuerwettbewerbs und zur Verringerung der Verzerrungen im Binnenmarkt erzielt.

Lohnentwicklung: Die Nominallohnerhöhungen im Jahr 2000 fielen etwas stärker aus als die geringen Steigerungsraten des Vorjahres. Die Lohnzurückhaltung dauerte im Allgemeinen an. Es wurden keine nennenswerten Maßnahmen getroffen, um den gesetzlichen Mindestlohn oder die Lohnverhandlungsmechanismen zu reformieren.

Wissensbasierte Wirtschaft: Die Gesamtausgaben der EU für Forschung und Entwicklung (FuE) liegen nach wie vor bei 1,8 % des BIP, wobei jedoch von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr große Unterschiede bestehen. Bei den privaten FuE-Investitionen hinkt Europa immer noch hinterher. Die meisten Mitgliedstaaten haben Maßnahmen - insbesondere steuerlicher Art - ergriffen, um die Unternehmen zur Erhöhung ihrer FuE-Aufwendungen zu veranlassen.

Bei der Verbreitung der IKT ist die EU auf dem besten Wege, den Vorsprung der USA aufzuholen: Die Marktdurchdringungsrate des Internets ist zwischen April und Oktober 2000 um 10 % auf 28 % angestiegen, wobei jedoch nach wie vor Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten bestehen. Die meisten Mitgliedstaaten haben Maßnahmen zur Verstärkung der Bildungs- und Ausbildungsanstrengungen im IKT-Bereich ergriffen.

Produktmärkte (Waren und Dienstleistungen): Dank der Fortschritte bei der Umsetzung der Binnenmarkt-Richtlinien in den meisten Mitgliedstaaten hat sich die Funktionsweise des Binnenmarktes verbessert. Einige Mitgliedstaaten (namentlich Italien und Spanien) haben Maßnahmen zur Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens ergriffen, und im Bereich der Wettbewerbspolitik sowie bei den sektoralen bzw. Ad-hoc-Beihilfen der Mitgliedstaaten waren Fortschritte zu verzeichnen.

Im Bereich der öffentlichen Versorgungsleistungen hat die Liberalisierung der Telekommunikationsindustrie zu erheblichen Preissenkungen für die Verbraucher geführt. Auf dem Energiemarkt, wo weiterhin beträchtliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen, sind die Fortschritte weniger deutlich. Im Verkehrs- und im Postsektor ist noch viel zu tun, insbesondere ein allgemeiner Regulierungsrahmen zu vereinbaren. Die unzureichenden Fortschritte im Bemühen um einen echten Binnenmarkt für Dienstleistungen haben die Kommission veranlasst, eine neue horizontale Strategie für diesen Sektor zu beschließen. Bei der Regulierungsreform sind Fortschritte zu verzeichnen: Zahlreiche Mitgliedstaaten haben Maßnahmen getroffen, um den Verwaltungsaufwand der Unternehmen zu verringern.

Kapitalmärkte: Die Umsetzung des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen ist in vielen prioritären Bereichen weit fortgeschritten, etwa in Bezug auf die Einführung eines „einheitlichen Passes" für Wertpapierfirmen, den elektronischen Geschäftsverkehr und Finanzdienstleistungen oder Übernahmeangebote. Auch bei der Umsetzung des Risikokapital-Aktionsplans sind Fortschritte festzustellen. Eine Reihe von Mitgliedstaaten haben Maßnahmen zur Lockerung der Auflagen für institutionelle Anleger und zur Verringerung der steuerlichen Benachteiligungen getroffen, die vor Investitionen zurückschrecken lassen. Im Bemühen um die Wahrung der Finanzstabilität der EU konnte erreicht werden, dass die institutionellen Regelungen jetzt in der Praxis besser funktionieren, insbesondere hinsichtlich der Koordinierung zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden.

Arbeitsmärkte: Die Arbeitsmarktlage hat sich weiter verbessert: Die Arbeitslosigkeit ist im Jahr 2000 um rund einen Prozentpunkt zurückgegangen. Diese Entwicklung ist auf den Konjunkturaufschwung zurückzuführen, aber auch auf eine Verringerung der strukturellen Arbeitslosigkeit. Es ist jedoch anzumerken, dass die Fortschritte in den einzelnen Mitgliedstaaten ungleich verteilt waren, weil manche von ihnen nicht versucht haben, die bestehenden gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in vollem Umfang zur Einführung struktureller Reformen zu nutzen. Bei der Umsetzung aktiver und präventiver Maßnahmen zum Abbau der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit sind die Mitgliedstaaten deutlich vorangekommen. Darüber hinaus könnten noch weitere Maßnahmen zur Reformierung der Abgaben- und Sozialleistungssysteme ergriffen werden, um mehr Anreize zu schaffen, aktiv nach einem Arbeitsplatz zu suchen bzw. erwerbstätig zu bleiben.

Einer der Gründe für die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit in mehreren Mitgliedstaaten ist die mangelnde Flexibilität der Arbeitsmärkte. Bei der Modernisierung der Arbeitsorganisation haben die Mitgliedstaaten gewisse Fortschritte erzielt, das Engagement der Sozialpartner in diesem Bereich war jedoch enttäuschend. In den meisten Mitgliedstaaten wurden Maßnahmen getroffen, um die Erwerbstätigenquote bei Frauen zu erhöhen und die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen abzubauen.

Nachhaltige Entwicklung: Eine Reihe von Mitgliedstaaten haben in ihren Umweltstrategien verstärkt Marktmechanismen eingesetzt, z.B. eine Verlagerung der steuerlichen Belastung vom Faktor Arbeit auf den Energieverbrauch. Einige Mitgliedstaaten gewähren jedoch weiterhin Beihilfen für bestimmte Energiequellen, die die Umwelt belasten, z.B. Kohle. Keinerlei Fortschritte wurden im Hinblick auf einen angemessenen Rahmen für die Energiebesteuerung auf europäischer Ebene erzielt.

Letzte Änderung: 15.10.2002