Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und Erhebung von Wegeentgelten

Die Europäische Union (EU) fördert die Einführung fairer und effizienter Entgeltregelungen für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur. Angestrebt wird die Schaffung von Anreizen für eine optimale Nutzung der vorhandenen Infrastruktur und für die erforderlichen Investitionen in neue Infrastruktur. Ferner sollen durch die Entgeltregelungen gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Verkehrsarten gewährleistet werden.

RECHTSAKT

Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung [Vgl. ändernde Rechtsakte].

ZUSAMMENFASSUNG

Die Richtlinie gilt für Fahrwege des inländischen und grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrs.

Vom Anwendungsbereich ausgeschlossen sind

Der Betreiber der Infrastruktur legt Schienennetz-Nutzungsbedingungen fest und veröffentlicht diese. Die Nutzungsbedingungen enthalten vor allem folgende Informationen:

Wegeentgelte

Die Entgelte werden von einer unabhängigen Stelle festgelegt und erhoben. In der Regel handelt es sich dabei um den Betreiber der Infrastruktur, wenn er nicht von Eisenbahnunternehmen abhängig ist.

In der Richtlinie sind ein Mindestzugangspaket sowie Zugangsleistungen festgelegt, auf die die Eisenbahnunternehmen Anspruch haben. Ferner müssen sie eine Reihe von Pflichtdienstleistungen in Anspruch nehmen. Diese Dienstleistungen, zu denen noch die Zusatzleistungen und die Nebenleistungen hinzukommen, sind im Anhang aufgeführt.

In der Richtlinie sind die Entgeltgrundsätze festgelegt: Entgelte für die Fahrwegnutzung sind an den Betreiber der Infrastruktur zu entrichten, dem sie zur Finanzierung seiner Unternehmenstätigkeit dienen. Das Entgelt für die Nutzung von Fahrwegen ist grundsätzlich in Höhe der Kosten festzulegen, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen. Das Wegeentgelt kann einen Entgeltbestandteil umfassen, der die Knappheit der Fahrwegkapazität widerspiegelt. Das Wegeentgelt kann geändert werden, um den Kosten von umweltbezogenen Auswirkungen aufgrund des Zugbetriebs Rechnung zu tragen.

In Abweichung von den Entgeltgrundsätzen der Richtlinie ist es den Betreibern der Infrastruktur in Ausnahmefällen erlaubt, Aufschläge gemäß den Grundsätzen der Effizienz, der Transparenz und der Nichtdiskriminierung zu erheben, sofern der Markt dies tragen kann. Dabei ist die bestmögliche Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere des grenzüberschreitenden Schienengüterverkehrs, zu gewährleisten. Vorbehaltlich bestimmter Voraussetzungen können den Eisenbahnunternehmen Nachlässe auf Entgelte gewährt werden

Die Richtlinie enthält auch Bestimmungen über

Zuweisung von Fahrwegkapazität

Das Recht zur Nutzung von Fahrwegen wird vom Betreiber der jeweiligen Infrastruktur zuerkannt. Außerdem obliegt dem Betreiber der Infrastruktur die Zuweisung der Fahrwegkapazität, die nach der Zuweisung nicht mehr auf ein anderes Unternehmen übertragen werden kann.

Die Rechte und Pflichten des Betreibers der Infrastruktur und der zugelassenen Antragsteller werden vertraglich geregelt. Beabsichtigt der Antragsteller, bestimmte Fahrwegkapazitäten für den grenzüberschreitenden Personenverkehr zu nutzen, unterrichten die Regulierungsstellen alle betroffenen Behörden.

Die Kapazitätszuweisung erfolgt durch eine unabhängige Stelle; dabei kann es sich gegebenenfalls um den Betreiber der Infrastruktur handeln, wenn er von Eisenbahnunternehmen völlig unabhängig ist.

Im Hinblick auf eine gute Zusammenarbeit sieht die Richtlinie insbesondere vor, eine Stelle zur Koordinierung der Zuweisung von Fahrwegkapazität auf internationaler Ebene zu schaffen. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit ist die Einrichtung von grenzüberschreitenden Zugtrassen geplant.

Ein Eisenbahnunternehmen und ein Infrastrukturbetreiber können einen Rahmenvertrag schließen. Dieser darf die Nutzung der Infrastruktur durch andere Eisenbahnunternehmen nicht ausschließen und muss geändert werden können. Der Rahmenvertrag regelt keine Zugtrassen im Einzelnen, ist aber so gestaltet, dass er den legitimen kommerziellen Interessen des zugelassenen Antragstellers entgegenkommt. Die Richtlinie sieht für einen solchen Vertrag eine Laufzeit von .fünf Jahren vor, die jeweils um den gleichen Zeitraum verlängert werden kann. Bei Leistungen, die eine besondere Infrastruktur erfordern, kann der Rahmenvertrag für eine Laufzeit von fünfzehn Jahren geschlossen und in Ausnahmefällen verlängert werden.

Die Richtlinie enthält den Zeitplan des Zuweisungsverfahrens und beschreibt das Verfahren, das ein Eisenbahnunternehmen bei Einreichung eines Antrags auf Fahrwegnutzung befolgen muss.

Der Betreiber der Infrastruktur muss versuchen, allen Anträgen auf Zuweisung von Fahrwegkapazität stattzugeben und die Anträge bestmöglich aufeinander abzustimmen. Abgesehen von Ausnahmen (besonderer Rahmenvertrag, Kapazitätsengpässe, besondere Fahrwege) wird keiner Verkehrsart und keinem Unternehmen im Fahrplanerstellungs- und -koordinierungsverfahren ein Vorrang eingeräumt.

Kann der Betreiber der Infrastruktur nicht allen Anträgen auf Zuweisung von Fahrwegkapazität stattgeben, so hat er den betreffenden Fahrwegabschnitt für überlastet zu erklären. Der Betreiber der Infrastruktur führt eine Kapazitätsanalyse durch, um Kapazitätsengpässe zu ermitteln und Alternativen vorzuschlagen.

Innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss dieser Kapazitätsanalyse hat der Betreiber der Infrastruktur einen Plan zur Erhöhung der Fahrwegkapazität vorzulegen.

Die Betreiber der Infrastruktur legen die Bedingungen für die Nutzung der zugewiesenen Zugtrassen fest. Sie können bei überlasteten Fahrwegen die Aufgabe von Zugtrassen verlangen, die in einem Zeitraum von mindestens einem Monat unterhalb eines in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen festzulegenden Schwellenwerts genutzt wurden.

Bei Streitfällen über die Zuweisung von Fahrwegkapazitäten sieht die Richtlinie die Möglichkeit vor, ein Schlichtungsverfahren einzuleiten.

Regulierungsstellen

Die Mitgliedstaaten richten eine Regulierungsstelle ein, die von den Betreibern der Infrastruktur, den Eisenbahnunternehmen und allen an der Vergabe öffentlicher Aufträge beteiligten Behörden unabhängig ist. Ein Unternehmen kann sich an diese Stelle wenden, wenn es der Auffassung ist, ungerecht behandelt oder diskriminiert worden zu sein. Die Stelle hat den Streit auf der Grundlage von Informationen, die sie von allen Beteiligten einholen kann, zu schlichten.

Für Irland, Nordirland, Griechenland und Luxemburg sieht die Richtlinie Ausnahmeregelungen vor.

Bezug

Rechtsakt

Datum des Inkrafttretens

Termin für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten

Amtsblatt

Richtlinie 2001/14/EG

15.3.2001

15.3.2003

ABl. L 75 vom 15.3.2001

Ändernde(r) Rechtsakt(e)

Datum des Inkrafttretens

Termin für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten

Amtsblatt

Entscheidung 2002/844/EG

-

-

ABl. L 289 vom 26.10.2002

Richtlinie 2004/49/EG

30.4.2004

30.4.2006

ABl. L 164 vom 30.4.2004

Richtlinie 2007/58/EG

4.12.2007

4.6.2009

ABl. L 315 vom 3.12.2007

Die vorgenommenen Änderungen und Berichtigungen der Richtlinie 2001/14/EG wurden in den Ursprungstext eingearbeitet. Diese konsolidierte Fassung ist von rein dokumentarischem Wert.

VERBUNDNEN RECHTSAKTE

Mitteilung der Kommission vom 17. September 2010 über die Entwicklung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums [KOM (2010) 474 endg. – Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 8. Juli 2008 - Lärmschutzmaßnahmen am aktuellen Schienenfahrzeugbestand [KOM(2008) 432 endg. – Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

Zur Bekämpfung der Lärmbelastung schlägt die Kommission ein Programm zur Lärmminderung von Güterzügen vor.

Letzte Änderung: 18.01.2011