Von Korfu bis Dublin: Neue Prioritäten
1)ZIEL
Festlegung von vier im Hinblick auf die Informationsgesellschaft gleichwichtigen vorrangigen Aktionslinien.
2) GEMEINSCHAFTSMASSNAHME
Mitteilung an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialauschuß und den Ausschuß der Regionen über die Bedeutung der Informationsgesellschaft für die Politik der Europäischen Union und über die Vorbereitung der nächsten Schritte. "Die Informationsgesellschaft: Von Korfu bis Dublin - Neue Prioritäten."
Mitteilung der Kommission KOM(96) 395 endg. - Bisher nicht im Amtsblatt veröffentlicht.
3) INHALT
Die Informationsgesellschaft setzt die europäische Industrie zusätzlichem Wettbewerbsdruck aus. Die erste Priorität ist die Verbesserung des unternehmerischen Umfeldes, wobei zu berücksichtigen sind:
- der neue rechtliche Rahmen zum 1. Januar 1998. Dieser Rahmen beruht auf einer völligen Liberalisierung der Telekommunikation und ist entscheidend für die Schaffung der Kommunikationsinfrastruktur für die Entwicklung der Informationsgesellschaft in Europa. Der Wettbewerb trägt entscheidend dazu bei, daß die Preise sinken, die Kommunikationsdienste verbessert und eine Vielzahl neuer Dienste angeboten werden. Der Erfolg der Liberalisierung von 1998 hängt nicht nur von der Schaffung des rechtlichen Rahmens ab, sondern auch von dessen Umsetzung;
- der Ausbau des Binnenmarktes. Ohne Binnenmarkt können die Produkte und Dienstleistungen der Informationsgesellschaft nicht ihr volles Potential entwickeln. Die Kommission muß sich daher um einen reibungslos und noch besser funktionierenden Binnenmarkt bemühen. Die Entwicklung neuer Anwendungen und Dienste schreitet sehr schnell voran. Welche sich letztendlich auf dem Markt durchsetzen werden, ist unmöglich vorherzusagen. Daher sollte es vermieden werden, überstürzt Rechtsvorschriften zu erlassen, bevor nicht sicher ist, welche Eingriffe notwendig sind und an welcher Stelle. Andererseits müssen unbedingt vorhandene und entstehende Hindernisse, die die Privatwirtschaft von neuen Initiativen abhalten könnten, aus dem Weg geräumt bzw. verhindert werden;
- der industrielle Wandel. Informations- und Kommunikationstechnologie sind für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, im Handel und bei Dienstleistungen von wesentlicher Bedeutung. Der Erfolg Europas hängt daher von der zügigen Einführung von Informations- und Kommunikationstechnologien in der ganzen europäischen Wirtschaft ab. Die Verbreitung der besten Praktiken und das Benchmarking" (Bezugsgrößenverfahren) sollten im Hinblick darauf gefördert werden. Dies ist besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wichtig, die einen Großteil der Arbeitnehmer in Europa beschäftigten und die stark von Innovationen abhängen. KMU sind auch für die Entwicklung des Multimedienmarktes von entscheidender Bedeutung, denn dabei sind Flexibilität und kulturelle Nähe erforderlich. Dieser Markt wird von neugegründeten KMU beherrscht.
die zweite Priorität betrifft die Investition in die Zukunft, und zwar:
- zum einen die Verbesserung unserer Wissensgrundlage. Die Informationsgesellschaft ermöglicht die Vision eines globalen Forschungsdorfes". Europa braucht Hochgeschwindigkeits-Forschungsnetze, um sich vollkommen in die internationale Forschung und Entwicklung integrieren zu können. Die Forschung schiebt die Grenzen des Machbaren immer weiter hinaus. Deshalb stehen Forschungsarbeiten im Bereich der Informationsgesellschaft im Mittelpunkt des 5. Rahmenprogramms für Forschung und Entwicklung. Die Kommission hat eine Mitteilung über das Fünfte Rahmenprogramm verfaßt. Die Anstrengungen sollen auf drei Schwerpunktbereiche konzentriert werden. Einer dieser Bereiche ist die Informationsgesellschaft. Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet sollen der Entwicklung von Technologien, Infrastrukturen, Diensten, Anwendungen und Medieninhalten zugute kommen.
- zum zweiten die Verbesserung der Aus- und Weiterbildung. Die Kommission hat ein Forum für die Informationsgesellschaft geschaffen, das über Fragen der Informationsgesellschaft berät und ein Forum für sämtliche betroffenen Branchen und Interessengruppen ist. Dieses Forum ist der Meinung, daß Aus- und Weiterbildung dringend überdacht werden müssen, so daß Bildungseinrichtungen besser auf die Anforderungen der neuen Wirtschaftszweige eingehen können. Außerdem wird die Einführung der Informationsgesellschaft in den Schulen gefordert;
- zum dritten die nachhaltige Entwicklung. Die heute lebenden Menschen müssen erkennen, daß sie ihre Bedürfnisse befriedigen sollten, ohne dabei die Lebensqualität der künftigen Generationen in Frage zu stellen, d. h. ohne knappe Ressourcen unnötig aufzubrauchen und der Umwelt übermäßigen Schaden zuzufügen.
Mit der dritten Priorität wird der Mensch in den Mittelpunkt gestellt. Dazu gehören:
- zum einen die europäische Integration. Eine der notwendigen Voraussetzungen für den Zugang zur Informationsgesellschaft ist eine Telekommunikationsinfrastruktur. Jedoch bestehen bei der Entwicklung der Infrastruktur nach wie vor große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen Regionen. Es werden sich nicht sämtliche europäische Regionen automatisch an der Informationsgesellschaft beteiligen. Vielmehr sind dazu konkrete Maßnahmen erforderlich. Die Vertiefung des politischen, sozialen und gesellschaftlichen Dialogs über diese Themen wird im Grünbuch "Leben und Arbeiten in der Informationsgesellschaft - im Vordergrund der Mensch" behandelt. Nach dem Abschluß des Konsultationsprozesses wird die Kommission die nötigen Maßnahmen ergreifen;
- zum zweiten der Schutz der Verbraucherinteressen. Der Verbraucher muß geschützt werden, indem seine Interessen bei der Entwicklung der Informationsgesellschafts-Politik systematisch berücksichtigt werden. Daher wird die Kommission auf die systematische Einbindung von Verbrauchervertretungen hinwirken, sowohl was die Standardisierungsaktivitäten angeht als auch im Hinblick auf alle Konsultationsprozesse im Zusammenhang mit der Erarbeitung von legislativen Vorschlägen auf dem Gebiet der Informationsgesellschaft.
- zum dritten das öffentliche Dienstangebot. Es muß die Kohärenz der Netze des öffentlichen Dienstes der Mitgliedstaaten verbessert werden, um eine nahtlose Kommunikation zwischen allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung in der gesamten Europäischen Union zu gewährleisten. Sämtliche Verwaltungsebenen - lokal, regional, national oder europäisch - müssen der Öffentlichkeit den Zugang zu öffentlichen Informationen durch die Nutzung neuer Anwendungen erleichtern;
- schließlich die Wahrung der kulturellen Vielfalt. Europas vielfältiges kulturelles Erbe könnte in wirtschaftlicher Hinsicht große Vorteile bieten. Ob dieses Potential optimal genutzt werden kann, hängt weitgehend davon ab, ob kohärente ordnungspolitische Rahmenbedingungen für neue Produkte, Dienste und Inhalte geschaffen werden. Die Europäische Union erkennt die zunehmende Bedeutung der audiovisuellen Industrie an und hat eine Reihe von Initiativen ins Leben gerufen, wozu u. a. die Programme MEDIA II und INFO 2000 zählen.
Die vierte Priorität schließlich betrifft die Bewältigung der weltweiten Herausforderung. Die zunehmende Globalisierung zwingt die Union zur Festlegung von Regeln bezüglich des Verhaltens auf den Weltmärkten. Deshalb mißt die Kommission dem Abschluß der Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation große Bedeutung bei. Die Europäische Union trägt auch eine besondere Verantwortung für die Integration ihrer Nachbarn in Mittel- und Osteuropa (MOEL), in der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) und im Mittelmeerraum. Auf weltweiter Ebene war die Konferenz über die Informationsgesellschaft und Entwicklung (ISAD), die im Mai 1996 in Südafrika stattfand, ein wichtiger Schritt in Richtung einer besseren Integration der Entwicklungsländer in die globale Informationsgesellschaft.
4) WEITERE ARBEITEN
Am 24. Juli 1996 hat die Kommission eine Mitteilung an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über "Die Bedeutung der Informationsgesellschaft für die Politik der Europäischen Union - Vorbereitung auf die nächsten Schritte" vorgelegt [KOM(96) 395/II/endg. - noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht].
Am 21. November 1996 hat der Rat eine Entschliessung über die neuen politischen Prioritäten im Hinblick auf die Informationsgesellschaft vorgelegt [Amtsblatt C 376 vom 12.12.1998].
Am 27. November 1996 hat die Kommission eine Mitteilung an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - "Europa als Wegbereiter der globalen Informationsgesellschaft: Dynamischer Aktionsplan" vorgelegt [KOM(96) 607 endg. - noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht].
Diese Mitteilung , die auf die Mitteilung KOM(96) 395/I/endg. folgt, legt folgende Prioritäten fest:
- Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen
- Investitionen in die Zukunft tätigen
- Erweiterung des Dienstleistungssektors und der anverwandten Bereiche
- Positiver Abschluss der multilateralen Verhandlungen über Telekommunikationsdienstleistungen auf WTO Ebene