Erdgasversorgungssicherheit

Erdgas ist eine wesentliche Komponente des Energiemixes der Europäischen Union (EU), das ein Viertel der Primärenergieversorgung deckt und hauptsächlich zur Strom- und Wärmeerzeugung sowie als Grundstoff für die Industrie und als Kraftstoff im Verkehrssektor genutzt wird. In den letzten zehn Jahren ist der Erdgasverbrauch in Europa schnell angestiegen. Der Rückgang der einheimischen Produktion ging mit einem starken Anstieg der Erdgasimporte einher und führte so zu einer höheren Abhängigkeit von Importen und damit zur Notwendigkeit, auf Aspekte der Gasversorgungssicherheit einzugehen.

RECHTSAKT

Verordnung (EU) Nr. 994/2010 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/67/EG des Rates (Text von Bedeutung für den EWR).

ZUSAMMENFASSUNG

Diese Verordnung soll die Sicherheit der Erdgasversorgung gewährleisten, indem sie sowohl für Präventionsmaßnahmen als auch für eine koordinierte Reaktion bei Versorgungsstörungen sorgt und sicherstellt, dass der Binnenmarkt für Erdgas reibungslos und ununterbrochen funktioniert.

Die Verordnung schafft einen einheitlichen Rahmen für die sichere Erdgasversorgung, die in der gemeinsamen Verantwortung der Erdgasunternehmen, der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und der Kommission liegt. Sie legt auch im Geiste der Solidarität transparente Mechanismen für eine koordinierte Reaktion auf Notfälle auf nationaler, regionaler und EU-Ebene fest.

Versorgungssicherheit für geschützte Kunden

Die Verordnung bestimmt einheitlich den Kundenkreis, dessen Gasversorgung geschützt werden muss. Alle Haushalte sind geschützte Kunden. Die Mitgliedstaaten können auch kleine und mittlere Unternehmen und wesentliche soziale Einrichtungen (vorausgesetzt, dass diese zusätzlichen Kunden nicht mehr als 20 % des Gasendverbrauchs ausmachen) und/oder Fernwärmeanlagen als geschützte Kunden einbeziehen.

Gemeinsame Infrastruktur- und Versorgungsstandards

Die Verordnung legt auf EU-Ebene gemeinsame Standards fest.

Risikobewertung, Präventionsplan und Notfallplan

Bis zum 3. Dezember 2011 nimmt die zuständige Behörde eine vollständige Bewertung der Risiken vor, die die Sicherheit der Erdgasversorgung gefährden. Die Risikobewertung berücksichtigt die Versorgungs- und Infrastrukturstandards, alle relevanten nationalen und regionalen Gegebenheiten, verschiedene Szenarien einer außergewöhnlich hohen Nachfrage nach Gas und einer Versorgungsstörung sowie die Interaktion und Risikokorrelation mit anderen Mitgliedstaaten.

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Risikobewertung hat die zuständige Behörde spätestens bis zum 3. Dezember 2012 einen Präventionsplan mit den für die Risikobeseitigung oder -eindämmung notwendigen Maßnahmen und einen Notfallplan mit Maßnahmen zur Beseitigung oder Eindämmung der Folgen einer Störung der Erdgasversorgung anzunehmen, zu veröffentlichen und der Kommission zu übermitteln.

Die Risikobewertung und die Pläne werden alle zwei Jahre aktualisiert.

Die Kommission bewertet diese Pläne und konsultiert dazu die Koordinierungsgruppe „Erdgas“.

Unionsweiter und regionaler Notfall

Die Verordnung legt drei Hauptkrisenstufen fest: Frühwarnstufe, Alarmstufe und Notfallstufe.

Der Notfallplan stützt sich auf diese Krisenstufen.

Die Kommission spielt bei der Ausrufung eines unionsweiten oder regionalen Notfalls eine wichtige Rolle. Sie kann auf Antrag einer zuständigen Behörde, die einen Notfall ausgerufen hat, einen unionsweiten oder einen regionalen Notfall ausrufen. Liegen Anträge von mindestens zwei zuständigen Behörden vor, so ruft die Kommission einen unionsweiten oder regionalen Notfall aus.

Die Koordinierungsgruppe „Erdgas“

Die Koordinierungsgruppe „Erdgas“ (EN) wird eingesetzt, um die Maßnahmen zur Gewährleistung der Gasversorgungssicherheit leichter koordinieren zu können. Die Gruppe wird konsultiert, und sie unterstützt die Kommission in Fragen der Sicherheit der Gasversorgung.

Die Gruppe setzt sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten, insbesondere ihrer zuständigen Behörden, sowie der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, des europäischen Verbunds der Erdgasfernleitungsnetzbetreiber (ENTSO) sowie der Interessenverbände der Erdgasindustrie und der betreffenden Verbraucherverbände zusammen. Die Kommission führt den Vorsitz.

Transparenz und Informationsaustausch

Während eines Notfalls stellen die betreffenden Erdgasunternehmen der zuständigen Behörde täglich bestimmte Informationen zur Verfügung.

Im Falle eines unionsweiten oder regionalen Notfalls ist die Kommission berechtigt, die zuständige Behörde aufzufordern, ihr zumindest Informationen zu den zur Abschwächung des Notfalls geplanten und bereits umgesetzten Maßnahmen zu übermitteln.

Spätestens bis zum 3. Dezember 2011 informieren die Mitgliedstaaten die Kommission über die bestehenden mit Drittländern geschlossenen Regierungsvereinbarungen. Die Mitgliedstaaten setzen die Kommission außerdem in Kenntnis, wenn neue derartige Vereinbarungen abgeschlossen werden.

Hintergrund

Mit der Richtlinie 2004/67/EG des Rates wurde erstmals ein Rechtsrahmen auf EU-Ebene geschaffen, der die sichere Erdgasversorgung gewährleisten sollte. Die russisch-ukrainische Gaskrise im Januar 2009 hat gezeigt, dass die Bestimmungen der Richtlinie und ihre uneinheitliche Umsetzung durch die Mitgliedstaaten nicht zur Vorbereitung und Reaktion auf eine Versorgungsstörung ausreichten. Zudem bestand zweifelsfrei die Gefahr, dass einseitig von den Mitgliedstaaten beschlossene Maßnahmen das Funktionieren des Erdgasbinnenmarkts gefährden würden.

Bezug

Rechtsakt

Datum des Inkrafttretens

Termin für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten

Amtsblatt

Verordnung (EU) 994/2010

2.12.2010

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ABl. L 295 vom 12.11.2010

See also

Letzte Änderung: 19.01.2011