Stellungnahme zum Beitritt Montenegros zur Europäischen Union

Die Kommission gibt eine positive Stellungnahme zu den Fortschritten Montenegros auf dem zu einem Beitritt zur Europäischen Union (EU) ab. Die Fortschritte, die das Land im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses bisher erzielt hat, sind zufrieden stellend, und die EU sollte daher ihre Unterstützung für die Reformen im Hinblick auf die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen fortsetzen.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „Stellungnahme der Kommission zum Antrag Montenegros auf Beitritt zur Europäischen Union“ [KOM(2010) 670 endg. – Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

Mit dieser Stellungnahme empfiehlt die Kommission dem Rat, Montenegro den Status eines Kandidatenlandes zu gewähren, denn das Land hat seit seinem Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union (EU) im Jahr 2008 zufrieden stellende Fortschritte gemacht.

Nach dem Vertrag von Lissabon kann der Rat die Zuerkennung des Status eines Kandidatenlandes und die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen nur nach einer positiven Stellungnahme der Kommission beschließen. Dazu muss Montenegro Reformen gemäß den Beitrittskriterien einleiten, die vom Europäischen Rat auf seiner Tagung in Kopenhagen 1993 festgelegt wurden.

Die Beziehungen zwischen Montenegros und der EU

Die Beziehungen zwischen Montenegro und der EU wurden 2006 nach der Unabhängigkeitserklärung Montenegros aufgenommen. 2007 schließt das Land ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU, das durch eine Europäische Partnerschaft für die Umsetzung von Reformen sowie durch ein Interimsabkommen über Handel und Handelsfragen konkretisiert wurde.

Seitdem führen die Partner einen regelmäßigen politischen Dialog, und Montenegro beteiligt sich an den EU-Regelungen zur wirtschafts- und finanzpolitischen Überwachung und Berichterstattung. Außerdem haben sich die Partner 2009 auf eine Visaliberalisierung und auf eine Rückübernahme illegal eingereister Personen geeinigt, um die freie Bewegung der montenegrinischen Bürger im Schengen-Raum zu erleichtern.

Montenegro erhält finanzielle Unterstützung im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe (IPA), um seinen Reformprozess fortzusetzen. Der Schwerpunkt der finanziellen Unterstützung liegt in erster Linie auf Institutionenaufbau, Übernahme des EU-Besitzstands, Verbesserung der sozioökonomischen Verhältnisse, Stärkung der Zivilgesellschaft, Umweltschutz und nachhaltiger Entwicklung.

Das Land ist seit 2005 Mitglied der Energiegemeinschaft Südosteuropas und seit 2006 Mitglied des gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums (ECAA). Es beteiligt sich an mehreren EU-Programmen, vor allem in den Bereichen Forschung, Innovation, unternehmerische Initiative und Kultur.

Politische Kriterien

Der verfassungsrechtliche und gesetzliche Rahmen Montenegros steht weitgehend im Einklang mit den Grundsätzen und Normen der EU. Allerdings müssen das Funktionieren der demokratischen Institutionen und die Umsetzung und Anwendung von Gesetzen verbessert werden.

Ziel der institutionellen Reformen ist die Stärkung der demokratischen Kontrolle der Regierung, der Unabhängigkeit und der Effizienz der Justiz und der Arbeitsweise der öffentlichen Verwaltung. Außerdem müssen systematische interne Kontrollen eingeführt werden, um die staatlichen Institutionen, die Finanzierung von politischen Parteien, die öffentliche Auftragsvergabe und den Privatisierungsprozess besser zu überwachen.

Montenegro hat rechtliche Instrumente zum Schutz der Menschenrechte, zur Bekämpfung der Diskriminierung, zur Förderung der Gleichheit von Frauen und Männern eingeführt. Ihre Anwendung lässt jedoch zu wünschen übrig. Ebenso muss das Land die Anwendung der Maßnahmen zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität, der Geldwäsche und des Drogenhandels verbessern.

Die Zusammenarbeit Montenegros mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) ist inzwischen zufrieden stellend.

Wirtschaftliche Kriterien

Dank der Wirtschaftsreformen konnte Montenegro in den vergangenen Jahren hohe Wachstumsraten erzielen, gleichzeitig blieben Staatsverschuldung und Haushaltsdefizit im Rahmen.

Diese Reformen haben vor allem dazu beigetragen, die Wettbewerbsvorschriften, den Prozess der Privatisierung von Unternehmen und das Umfeld für Investitionen zu verbessern. Die montenegrinische Wirtschaft zeichnet sich auch durch ein hohes Maß an Investitions- und Handelsverflechtung mit der EU und den anderen westlichen Balkanländern aus.

Allerdings hat die Weltwirtschaftskrise die makroökonomische Stabilität des Landes gefährdet. Montenegro muss seine Reformen für die Kontrolle und Regulierung des Bankensektors, die Senkung der Arbeitslosigkeit und die Verringerung der informellen Beschäftigungsverhältnisse, für eine größere Flexibilität des Arbeitsmarktes und die Verbesserung der allgemeinen und beruflichen Bildung fortsetzen.

Hintergrund

Der Europäische Rat hatte bereits auf seiner Tagung in Feira im Juni 2000 die Länder des westlichen Balkans als potenzielle Beitrittskandidaten anerkannt. Diese Perspektive eines EU-Beitritts wurde auf der Tagung des Europäischen Rates in Thessaloniki im Juni 2003 bestätigt und schließlich auf der Ministertagung im Juni 2010 in Sarajevo erneut bekräftigt.

Letzte Änderung: 12.09.2011