Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien – Wirtschaft und Währung

Die Kandidatenländer führen Verhandlungen mit der Europäischen Union (EU), um sich auf den Beitritt vorzubereiten. Bei diesen Beitrittsverhandlungen geht es um die Übernahme und Umsetzung der europäischen Rechtsvorschriften (des Besitzstands) und vor allem um die Prioritäten, die gemeinsam von der Kommission und den Kandidatenländern im Rahmen einer analytischen Prüfung (oder Screening) des politischen und legislativen Besitzstands der EU festgelegt wurden. Jedes Jahr prüft die Kommission die Fortschritte der Kandidatenländer, um zu bewerten, welche Anstrengungen das betreffende Land noch bis zu seinem Beitritt unternehmen muss. Diese Prüfungen werden in jährlichen Fortschrittsberichten festgehalten, die dem Rat und dem Europäischen Parlament vorgelegt werden.

RECHTSAKT

Bericht der Kommission [KOM(2011) 666 endg. – SEK(2011) 1203 – Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien ist seit 2005 Beitrittskandidat für die Europäische Union (EU). Die 2008 vom Rat angenommene Beitrittspartnerschaft unterstützt die Vorbereitungen des Landes im Hinblick auf seine künftige Mitgliedschaft und die Angleichung seiner Rechtsvorschriften an den gemeinschaftlichen Besitzstand. Die Beitrittsverhandlungen wurden 2008 noch nicht aufgenommen, da noch Fortschritte in Bezug auf die im Rahmen der Partnerschaft festgelegten Ziele und Bedingungen erzielt werden mussten.

Der Bericht 2011 stellt fest, dass Mazedonien Fortschritte im Bereich der Wirtschafts- und Währungspolitik erzielt hat. Das Land hat auf dem Weg zu einer funktionierenden Marktwirtschaft bereits ein gutes Niveau erreicht und den Dialog mit den Unternehmen verbessert. Allerdings wird das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien durch Mängel im Bereich der Rechtsstaatlichkeit beeinträchtigt. Außerdem verfügen die Finanzaufsichtsbehörden nach wie vor nicht über die erforderliche Unabhängigkeit.

BESITZSTAND DER EUROPÄISCHEN UNION (Wortlaut der Kommission)

Die EU-Rechtsvorschriften zur Wirtschafts- und Währungspolitik enthalten spezielle Vorschriften, die die Unabhängigkeit der nationalen Zentralbanken gewährleisten und die direkte Finanzierung des Staates über die Zentralbank sowie den bevorrechtigten Zugang des öffentlichen Sektors zu den Finanzinstituten untersagen. Von neuen Mitgliedstaaten wird vom Zeitpunkt des Beitritts an erwartet, dass sie ihre Wirtschaftspolitik koordinieren und sich haushaltspolitisch an den Stabilitäts- und Wachstumspakt halten. Sie verpflichten sich auch, die im EG-Vertrag festgelegten Voraussetzungen für die Einführung des Euro zu erfüllen. Bis zur Einführung des Euro beteiligen sie sich an der Wirtschafts- und Währungsunion als Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, und betrachten ihre Wechselkurspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse.

BEWERTUNG DER LAGE (Wortlaut der Kommission)

Die Wirtschaft der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien ist in der zweiten Jahreshälfte 2010 in eine Aufschwungphase eingetreten, die durch die Auslandsnachfrage und einen Anstieg der Investitionen, insbesondere im Baugewerbe, begünstigt wurde. Ende 2010 vereinbarte die Regierung mit dem IWF eine Vorsorgliche Kreditlinie (Precautionary Credit Line – PCL). Dies dürfte das Vertrauen der internationalen Märkte stärken. Die Umsetzung der Strukturreformen wurde fortgesetzt. Allerdings stellt die hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere unter jungen Menschen und gering qualifizierten Personen, nach wie vor ein ernstzunehmendes Problem dar. Die institutionellen Kapazitäten der öffentlichen Verwaltung und der Regulierungs- und Aufsichtsbehörden sind weiterhin unzureichend.

Bei den wirtschaftlichen Kriterien hat die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien weiterhin ein gutes Niveau erreicht. In manchen Bereichen hat das Land weitere Fortschritte auf dem Weg zu einer funktionierenden Marktwirtschaft gemacht, insbesondere indem es die Unternehmenseintragung erleichtert, die Gerichtsverfahren beschleunigt, das Funktionieren der Finanzmärkte verbessert, den Rechtsrahmen weiter vereinfacht und den Dialog mit den Unternehmen gestärkt hat. Es dürfte mittelfristig in der Lage sein, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften in der Union standzuhalten, vorausgesetzt, es führt sein Reformprogramm konsequent durch und baut die noch bestehenden massiven Schwachstellen ab.

Der breite Konsens über die wesentlichen Elemente der Wirtschaftspolitik blieb weitgehend gewahrt. Der wirtschaftspolitische Dialog mit den Unternehmen wurde verbessert. Der geldpolitische Kurs, der auf der De-facto-Kopplung an den Euro beruht, hat das Wachstum unterstützt und zur makroökonomischen Stabilität beigetragen. Der finanzpolitische Kurs war weiterhin auf Stabilität ausgerichtet. Einige weitere Fortschritte wurden bei der Erleichterung des Marktzutritts und bei der Vereinfachung der Rechtsvorschriften erzielt. Die Dauer der Konkursverfahren wurde weiter verringert und die Registrierung von Grundeigentum ist weitgehend abgeschlossen. Der Finanzsektor begann, sich von der globalen Finanzkrise zu erholen. Der Wettbewerb hat in diesem Sektor leicht zugenommen und das Niveau der Finanzintermediation ist etwas gestiegen.

Das ordnungsgemäße Funktionieren der Marktwirtschaft wird weiterhin durch Mängel im Bereich der Rechtsstaatlichkeit behindert. Die Effizienz der öffentlichen Verwaltung ist nach wie vor gering, was auf schwerfällige Verfahren, Mängel bei der Personalausstattung und eine hohen Fluktuation der Bediensteten zurückzuführen ist. Mehrere Regulierungs- und Aufsichtsbehörden verfügen weiterhin nicht über die zur wirksamen Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderliche Unabhängigkeit und Ressourcenausstattung. Die Vertragsdurchsetzung ist weiterhin schwierig, was das Wirtschaftsklima insbesondere für kleine und mittlerer Unternehmen beeinträchtigt. Die Qualität der Bildung und der Qualifikationsstand des Humankapitals ist gering. Das Sachkapital muss weiter modernisiert und ausgebaut werden. Die Qualität der finanzpolitischen Steuerung ist weiterhin gering, was zum Teil auf eine sehr kurzfristig ausgerichtete Ausgabenpolitik der öffentlichen Hand zurückzuführen ist. Dadurch wurden beim Abbau der sehr hohen strukturellen Arbeitslosigkeit weiterhin nur sehr begrenzte Fortschritte erzielt. Die Staatsverschuldung hat infolge des unveränderten Haushaltsdefizits und dem Anstieg der Auslandsanleihen zugenommen. Der informelle Sektor stellt nach wie vor ein großes Problem dar.

Bedeutende Fortschritte sind im Bereich Wirtschafts- und Währungspolitik festzustellen, insbesondere bei der Annahme der einschlägigen Rechtsvorschriften für den Bankensektor. Die Qualität des Wirtschaftsprogramms zur Beitrittsvorbereitung wurde verbessert. In mehreren Bereichen des Statistikwesens sind gute Fortschritte zu verzeichnen; allerdings müssen – insbesondere zur Verbesserung der Wirtschaftsstatistik – noch erhebliche Anstrengungen unternommen werden.

Die Fortschritte im Bereich Finanzkontrolle bezogen sich vor allem auf die Rechtsangleichung und es müssen Anstrengungen unternommen werden, um die Anwendung der Rechtsvorschriften sicherzustellen, insbesondere durch die Einrichtung der Finanzverwaltungs- und Kontrollsysteme. Die Verwaltungskapazität des Staatlichen Rechnungshofs wurde weiter ausgebaut; seine Unabhängigkeit muss jedoch noch in der Verfassung verankert werden. Bei den Finanz- und Haushaltsbestimmungen sind keine besonderen Fortschritte zu vermelden. Die Schaffung eines administrativen Rahmens für die Anwendung des Eigenmittelsystems der EU steht immer noch aus.

VERBUNDENE RECHTSAKTE

Bericht der Kommission [KOM(2010) 660 endg. – SEK(2010) 1327 – Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

Der Bericht 2010 weist darauf hin, dass Mazedonien weniger stark von der Wirtschafts- und Finanzkrise betroffen war, da seine Volkswirtschaft nicht oder kaum in den Weltmarkt integriert ist. Daher konnten die Strukturreformen fortgesetzt werden. Allerdings sind die Fortschritte nicht ausreichend, um die Arbeitslosigkeit zu senken und das Wirtschaftsklima zu verbessern.

Bericht der Kommission [KOM(2009) 533 endg. – SEK(2009) 1334 – Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

Bericht der Kommission [KOM(2008) 674 endg. – SEK(2008) 2699 – nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

In ihrem Bericht von 2008 hat die Kommission die ermutigenden Ergebnisse vorgestellt, die das Land im Bereich Finanzstabilität und Marktwirtschaft erreicht hat. Allerdings hatte sich der Reformprozess 2007 verlangsamt, und bei der Angleichung an den EU-Besitzstand waren nur geringe Fortschritte erzielt worden. Die Verwaltungskapazität war nach wie vor unzureichend, vor allem auf lokaler Ebene.

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Letzte Änderung: 19.12.2011