Strahlenschutz bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen mit ionisierenden Strahlen

Diese Richtlinie dient der Festlegung allgemeiner Grundsätze für den Strahlenschutz bei medizinischen Expositionen und sonstigen Verfahren, bei denen ionisierende Strahlen zum Einsatz kommen.

RECHTSAKT

Richtlinie 97/43/Euratom des Rates vom 30. Juni 1997 über den Gesundheitsschutz von Personen gegen die Gefahren ionisierender Strahlung bei medizinischer Exposition und zur Aufhebung der Richtlinie 84/466/Euratom

ZUSAMMENFASSUNG

Die Richtlinie 84/466/Euratom zur Festlegung der grundlegenden Maßnahmen für den Strahlenschutz bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen wird durch die vorliegende Richtlinie aufgehoben. Die Richtlinie 96/29/Euratom wird durch die vorliegende Richtlinie ergänzt.

Zweck und Anwendungsbereich

Die medizinische Exposition stellt für die Bürger der Europäischen Union (EU) auch heute noch die wichtigste Quelle der Exposition gegenüber künstlichen Quellen ionisierender Strahlen dar. Zudem hat der Einsatz ionisierender Strahlen in vielen Bereichen der Medizin große Fortschritte ermöglicht. Es ist daher von wesentlicher Bedeutung, dass die Anwendungen, die mit medizinischer Exposition einhergehen, unter optimierten Strahlenschutzbedingungen durchgeführt werden. Zu diesem Ziel trägt die vorliegende Richtlinie bei.

Die Richtlinie gilt für folgende Expositionen:Exposition von Patienten im Rahmen ihrer eigenen medizinischen Untersuchung oder Behandlung;

Rechtfertigung

Medizinische Expositionen müssen insgesamt einen hinreichenden Nutzen erbringen, gemessen an der Schädigung des einzelnen, die sie verursachen könnten. Bei der Abwägung sind Nutzen und Risiken verfügbarer alternativer Verfahren zu berücksichtigen.

Alle einzelnen medizinischen Expositionen müssen im Voraus unter Berücksichtigung der spezifischen Ziele der Exposition und der Besonderheiten der betroffenen Person gerechtfertigt werden. Medizinische Expositionen zu biomedizinischen und medizinischen Forschungszwecken müssen von einer nach einzelstaatlichen Verfahren eingesetzten Ethik-Kommission und/oder von den zuständigen Behörden geprüft werden.

Besondere Beachtung ist Expositionen zu schenken, die aus medizinisch-rechtlichen Gründen verlangt werden.

Als allgemeine Regel gilt: Kann eine Exposition nicht gerechtfertigt werden, so ist sie zu untersagen.

Optimierung

Alle Dosen aufgrund medizinischer Expositionen sind so niedrig zu halten, wie dies zur Gewinnung der benötigten diagnostischen Informationenmöglich und vertretbar ist.

Die Mitgliedstaaten fördern die Erstellung und Anwendung diagnostischer Referenzwerte für strahlendiagnostische Untersuchungen unter Berücksichtigung europäischer diagnostischer Referenzwerte.

Ferner müssen die Mitgliedstaaten bei jedem biomedizinischen Forschungsprojekt sicherstellen, dass

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Dosisbeschränkungen für die Exposition von Personen festgelegt werden, die in Kontakt mit den exponierten Patienten kommen. Bevor der Patient die Krankenanstalt verlässt, werden ihm entsprechende Anweisungen gegeben.

Klinische Verantwortung

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass jede medizinische Exposition unter der klinischen Verantwortung einer anwendenden Fachkraft durchgeführt wird.

Verfahren

Für jede Ausrüstung sind schriftliche Protokolle für alle radiologischen Anwendungen zu erstellen. Ferner müssen den überweisenden Personen Empfehlungen hinsichtlich der Überweisungskriterien für medizinische Expositionen zur Verfügung gestellt werden.

Bei strahlentherapeutischen Anwendungen wird ein Medizinphysik-Experte hinzugezogen. Bei anderen radiologischen Anwendungen wird er gegebenenfalls zur Beratung hinzugezogen.

Klinische Kontrollen werden nach den einzelstaatlichen Verfahren durchgeführt. Bei einer ständigen Überschreitung der diagnostischen Referenzwerte werden Abhilfemaßnahmen getroffen.

Ausbildung

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die anwendenden Fachkräfte eine theoretische und praktische Ausbildung erhalten. Es ist sicherzustellen, dass Fortbildungsmöglichkeiten nach dem Erwerb der Qualifikation angeboten werden. Ferner müssen sich die Mitgliedstaaten dafür einsetzen, dass in den Basislehrplan der medizinischen und zahnmedizinischen Ausbildungsstätten ein Strahlenschutzlehrgang aufgenommen wird.

Ausrüstung

Die Mitgliedstaaten unternehmen die zur Vermeidung einer unnötigen Vermehrung radiologischer Ausrüstung erforderlichen Schritte. Sie sorgen dafür, dass alle in Betrieb befindlichen Ausrüstungen einer strengen Überwachung hinsichtlich des Strahlenschutzes unterstellt werden, dass ein auf den letzten Stand gebrachtes Bestandsverzeichnis den zuständigen Behörden zur Verfügung steht und dass geeignete Qualitätssicherungsprogramme vom Betreiber der Anlage durchgeführt werden. Ferner müssen Abnahmeprüfungen vor der ersten Benutzung der Ausrüstung und anschließende Leistungsprüfungen in regelmäßigen Zeitabständen und nach jeder größeren Wartungsmaßnahme durchgeführt werden.

Die zuständigen Behörden müssen sicherstellen, dass vom Betreiber der radiologischen Anlagen die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um Unzulänglichkeiten und Mängel der Ausrüstung zu beheben.

Im Fall von Röntgendurchleuchtungen sind Untersuchungen ohne Bildverstärker oder äquivalente Techniken zu untersagen. Ferner sind Röntgendurchleuchtungen ohne Vorrichtungen zur Regelung der Dosisleistung auf begründete Fälle zu beschränken.

Besondere Anwendungen und Schutzmaßnahmen

Für medizinische Expositionen

Besondere Beachtung ist dem Schutz von schwangeren und stillenden Frauen zu schenken.

Unfallverhütung

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass alle vertretbaren Maßnahmen ergriffen werden, um Wahrscheinlichkeit und Ausmaß zufälliger oder unbeabsichtigter Patientendosen zu verringern.

Schätzung der Bevölkerungsdosis

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Verteilung der abgeschätzten individuellen Dosen, die durch die medizinischen Expositionen verursacht wurden, für die Gesamtbevölkerung und gegebenenfalls für relevante Bezugsgruppen der Bevölkerung bestimmt wird.

Inspektion

Die Mitgliedstaaten sorgen für ein Inspektionssystem zur Durchsetzung der aufgrund dieser Richtlinie erlassenen Bestimmungen.

Bezug

Rechtsakt

Datum des Inkrafttretens

Termin für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten

Amtsblatt

Richtlinie 97/43/Euratom

9.7.1997

13.5.2000

ABl. L 180 vom 9.7.1997

VERBUNDENE RECHTSAKTE

Richtlinie 89/618/Euratom des Rates vom 27. November 1989 über die Unterrichtung der Bevölkerung über die bei einer radiologischen Notstandssituation geltenden Verhaltensmaßregeln und zu ergreifenden Gesundheitsschutzmaßnahmen [Amtsblatt L 357 vom 7.12.1989]

Letzte Änderung: 17.08.2006