Mitteilung über die praktische Durchführung der Richtlinien über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz

In diesem Bericht wird untersucht, wie die Rahmenrichtlinie von 1989 und fünf ihrer Einzelrichtlinien in den Mitgliedstaaten umgesetzt worden sind und angewendet werden. Weiterhin werden aus ihrer Anwendung Schlussfolgerungen in Bezug auf die europäischen Vorschriften für Gesundheitsschutz und Sicherheit und ihre Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft gezogen.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission über die praktische Durchführung der Bestimmungen der Richtlinien über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz 89/391 (Rahmenrichtlinie), 89/654 (Arbeitsstätten), 89/655 (Arbeitsmittel), 89/656 (persönliche Schutzausrüstungen), 90/269 (manuelle Handhabung von Lasten) und 90/270 (Bildschirmgeräte) [KOM (2004) 62 - nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

ZUSAMMENFASSUNG

RECHTLICHE AUSWIRKUNGEN IN DEN MITGLIEDSTAATEN

Die Richtlinie 89/391 hat den praktischen Ansatz für Sicherheit und Gesundheitsschutz von Arbeitnehmern geändert, indem sie eine integrierte Prävention festlegt, die eine kontinuierliche Verbesserung der Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen am Arbeitsplatz erfordert. Dieser neue Ansatz beruht auf den in der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG festgelegten Grundsätzen: Verantwortung des Arbeitgebers, Prävention sowie Unterrichtung, Unterweisung, Anhörung und Beteiligung der Arbeitnehmer. Die Rahmenrichtlinie 89/391 und die Einzelrichtlinien 89/654, 89/655, 89/656, 90/269 und 90/270 haben eine Rationalisierung und Vereinfachung der nationalen Rechtsvorschriften über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz ermöglicht. Im Zuge der Umsetzung dieser Richtlinien mussten die Mitgliedstaaten, deren Vorschriften oft auf Korrektur statt auf Prävention ausgerichtet waren, einen Präventionsansatz übernehmen, in dessen Mittelpunkt das Verhalten von Personen sowie Organisationsstrukturen stehen.

KONTROLLE DER UMSETZUNG

Die Prüfung der Umsetzung der Rahmenrichtlinie hat in fast allen Mitgliedstaaten einige Unzulänglichkeiten offen gelegt, insbesondere im Hinblick auf den Geltungsbereich, die Verantwortung des Arbeitgebers, die Grundsätze der Gefahrenverhütung, den Umfang der Verpflichtung, die Gefahren für Sicherheit und Gesundheitsschutz von Arbeitnehmern zu evaluieren, die mit Schutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Gefahrenverhütung beauftragten Dienste, die Verpflichtung zur Dokumentation der Gefahrenevaluierung in allen Unternehmensarten sowie die Unterrichtung, Anhörung, Beteiligung und Unterweisung von Arbeitnehmern.

In Bezug auf die Einzelrichtlinien stellt sich die Lage bei der Umsetzung positiver dar. Die meisten bei der Umsetzung festgestellten Mängel konnten abgestellt werden, ohne dass Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden mussten, wenngleich die Kommission in einigen Fällen den Gerichtshof anrufen musste.

MASSNAHMEN VOR ORT: DIE PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

Bei der konkreten Anwendung der einzelnen Richtlinien stellt sich die Situation in den verschiedenen Mitgliedstaaten und Branchen sowie je nach Größe der Unternehmen sehr unterschiedlich dar. Die Hauptziele sind jedoch erreicht worden, nämlich den Arbeitnehmern der Europäischen Union durch die Harmonisierung der Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz einheitliche Mindeststandards der Gefahrenverhütung zu garantieren und die Zahl von Arbeitsunfällen und berufsbedingten Erkrankungen zu reduzieren.

Bekanntmachung und flankierende Maßnahmen

Auch wenn die Anstrengungen auf einzelstaatlicher (Aktionspläne und Sensibilisierungskampagnen) und europäischer Ebene (Rolle der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz) zu einem besseren Verständnis der neuen Vorschriften beigetragen und Arbeitgebern und Arbeitnehmern ihre Rechte und Pflichten bewusster gemacht haben, so sind die Auswirkungen dieser Maßnahmen innerhalb der Wirtschaft recht unterschiedlich. Zum Beispiel gibt es neben Erfolgen in größeren Unternehmen viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU), in denen ein qualitativer Fortschritt noch aussteht.

Sensibilisierungsmaßnahmen

Trotz des umfangreichen zur Verfügung stehenden Informationsmaterials scheint der Informationsstand von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, insbesondere in KMU, unzureichend zu sein. Die Arbeitgeber beklagen sich über schwer verständliche Rechtsvorschriften. Diese mangelnde Verständlichkeit könnte sich aus dem Wesen der Vorschriften erklären, die ein allgemeines Ziel festlegen, ohne dass auf nationaler Ebene geeignete Informationen verfügbar sind, um Arbeitgebern Unterstützung bei der Aufstellung angemessener Präventionspläne der bei der Evaluierung festgestellten Gefahren zu bieten.

Evaluierung, Dokumentation und Überwachung von Gefahren

Bei der praktischen Durchführung der Vorschriften über Gefahrenevaluierung muss Folgendes verbessert werden:

Schutz- und Präventionsdienste

Nicht alle Unternehmen genügen dieser Vorschrift, entweder einen Arbeitnehmer zu benennen, der sich um die Verhütung von Gefahren am Arbeitsplatz kümmert, oder bei Fehlen von Fachpersonal einen außerbetrieblichen Schutz- und Präventionsdienst hinzuzuziehen. Dies gilt vor allem für die KMU.

Die Arbeit solcher Dienste wird gehemmt durch den Mangel an qualifiziertem Personal, durch die unzureichende Qualität ihrer Leistungen (einseitige Konzentration auf technische Aspekte, wenig multidisziplinäre Dienste) und durch die Tendenz seitens der Arbeitgeber, nur die kostengünstigsten Dienste in Anspruch zu nehmen.

Unterrichtung, Anhörung, Beteiligung und Unterweisung der Arbeitnehmer

Zur Unterrichtung der Arbeitnehmer liegen zwar nur relativ wenige Daten vor, doch lässt sich feststellen, dass die praktische Einhaltung der Pflicht zur Unterrichtung der Arbeitnehmer weiter hinter der durchschnittlichen Durchführung anderer Pflichten der Arbeitgeber zurück liegt. Dieses Problem besteht in praktisch allen Industriezweigen, in allen Mitgliedstaaten und in Unternehmen aller Größen. Besonders betroffen sind Leiharbeitnehmer. Die Beteiligung von Arbeitnehmern ist im Allgemeinen in den Unternehmen noch nicht zufrieden stellend organisiert, obgleich die Richtlinien insoweit zahlreiche Möglichkeiten bieten.

Organisation und Management von Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz

Zunehmend komplexe Arbeitsabläufe und sich verändernde Arbeitsbedingungen und die daraus resultierenden veränderten Gefahren erfordern ein transparentes und systematisches Arbeitsschutzkonzept. Gleichwohl ist der Arbeitsschutz außer bei großen Unternehmen nur selten als wesentlicher Bestandteil in das allgemeine Unternehmensmanagement integriert.

Durchsetzung der Vorschriften

Für die Durchsetzung der Vorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz sind in erster Linie die Arbeitsaufsichtsbehörden zuständig. Es gibt weitere spezialisierte Aufsichtsbehörden, die für bestimmte Tätigkeitsbereiche zuständig sind. Die Zahl der Arbeitsaufsichtsbeamten in den Mitgliedstaaten und die Zahl der jährlich durchgeführten Inspektionen sind allgemein verwendete Indikatoren für die Messung des Durchsetzungsaufwands. In der Europäischen Union führen etwa 12 000 Aufsichtsbeamte 1 400 000 Inspektionen pro Jahr durch.

Das Inkrafttreten der neuen EU-Vorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz scheint nicht zu einem höheren Inspektionsaufwand in den Mitgliedstaaten geführt zu haben. In den einzelstaatlichen Berichten wird folglich auch ausgeführt, dass die Arbeitsaufsichtsbehörden unter einem chronischen Mangel an Ressourcen leiden, um alle Aspekte der neuen Rechtsvorschriften, unter besonderer Berücksichtigung der KMU, erfüllen zu können.

Die Analyse zeigt, dass die Tätigkeit der Arbeitsaufsichtsämter aktiv zur Senkung von Fehlzeiten durch Arbeitsunfälle und berufsbedingte Erkrankungen beiträgt, aber auch zu verändertem Verhalten der Akteure für Gefahrenverhütung auf Arbeitsstättenebene. Fortschritte sind noch notwendig in Bezug auf die Aufsicht von KMU und von Hochrisiko-Tätigkeitsbereichen sowie in Bezug auf eine stärkere Abschreckungswirkung von amtlichen Bescheiden über durchzuführende Verbesserungen und von Sanktionen.

Zwei Sonderfälle: KMU und öffentlicher Dienst

KMU

Es ist belegt, dass es in KMU größere Defizite bei der Einhaltung der EU-Vorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz gibt; das gilt insbesondere für Gefahrenevaluierung, die Beteiligung und Unterweisung von Arbeitnehmern sowie für die Hochrisikosektoren Landwirtschaft und Bauwesen. Die geringe Einhaltung der Vorschriften wird folgenden Umständen zugeschrieben:

Öffentlicher Sektor

Die Einbeziehung des öffentlichen Sektors in die Vorschriften über Gesundheitsschutz und Sicherheit ist für die meisten Mitgliedstaaten eine Neuheit.

Trotz einiger Probleme in einigen Mitgliedstaaten (insbesondere im militärischen Bereich) kann die Umsetzung der EU-Vorschriften über Gesundheit und Sicherheit im öffentlichen Sektor im Allgemeinen als korrekt angesehen werden. Es gibt jedoch Probleme bei Vorschriftenanwendung, und zwar aus folgenden Gründen:

BEWERTUNG DER WIRKSAMKEIT DER RECHTSVORSCHRIFTEN

Aus den einzelstaatlichen Berichten geht hervor, dass die meisten Mitgliedstaaten der Meinung sind, es sei noch nicht genug Zeit vergangen, um eine ordnungsgemäße und vollständige Bewertung der Effektivität vorzunehmen. Auch wenn fast alle Mitgliedstaaten meinen, es habe positive Auswirkungen gegeben, so verfügen sie noch nicht über Daten oder statistische Ergebnisse, um die praktischen Auswirkungen der Richtlinie direkt zu belegen. Die Beurteilung, dass die Vorschriften zu sichereren Arbeitsstätten beigetragen haben, wird aber durch allgemeine statistische Daten über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz gestützt.

Auswirkungen auf Arbeitsunfälle und berufsbedingte Erkrankungen

Die jüngsten Statistiken (für das Jahr 2000) zeigen, dass die Zahl von Unfällen pro 100 000 Arbeitnehmer (Unfallhäufigkeit) im Vergleich zu 1994 von 4 539 auf etwa 4 016 gesunken ist. Die Häufigkeit tödlicher Arbeitsunfälle ist auf europäischer Ebene im Zeitraum von 1994 bis 2000 eindeutig gefallen, nämlich von 6 423 auf 5 237 Fälle im Jahr 2000.

Die Arbeitskräfteerhebung von 1999 und die Erhebungen der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zeigen, dass die erwerbstätige Bevölkerung das Gefühl hat, die Arbeitsbedingungen seien im Allgemeinen nicht besser geworden. Bei der Arbeitskontrolle und der Arbeitsorganisation bleibt noch viel zu tun, um hohe Arbeitstakte, Probleme durch Bildschirmarbeit, repetitive Arbeit sowie psychosoziale Risiken zu verhüten.

Kosten und Nutzen in den Unternehmen

Die Mitgliedstaaten führen in ihren Berichten aus, dass sie wegen fehlender Indikatoren keine vollständige Beurteilung durchführen können; aber weniger Arbeitsunfälle senken die Geschäftskosten deutlich, was wiederum zu einer Produktivitätserhöhung führen sollte.

Allgemeine wirtschaftliche Auswirkungen

In der Europäischen Union werden die Kosten für Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen auf 2,6 % bis 3,8 % des Bruttosozialprodukts (BSP) geschätzt.

In der Europäischen Union gingen im Jahr 2000 insgesamt 158 Millionen Arbeitstage verloren. Rund 350 000 Arbeitnehmer mussten wegen eines Arbeitsunfalls ihren Arbeitsplatz wechseln, 300 000 Arbeitnehmer haben eine dauernde Invalidität unterschiedlichen Grades davongetragen, und 15 000 sind vollständig vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen.

Andererseits wird geschätzt, dass seit dem Inkrafttreten der EU-Vorschriften durch Rückgang von Arbeitsunfällen etwa 25 Millionen Arbeitstage weniger verloren gingen.

Die - wenn auch noch nicht vollständig zufrieden stellende - Durchführung dieser Rechtsvorschriften bringt somit eindeutige wirtschaftliche Vorteile.

Auswirkungen auf Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit

Die positiven Auswirkungen von Investitionen in Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz werden üblicherweise erst nach einer gewissen Zeit sichtbar. Deshalb ist es im Moment sehr schwierig, endgültige Feststellungen über den Einfluss der Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu treffen. Die kurz- und langfristigen Auswirkungen werden sich erst nach der Durchführung von Kosten-Nutzen-Analysen evaluieren lassen. Dennoch geben die Mitgliedstaaten in ihren Berichten an, dass Maßnahmen für Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz zu besseren Arbeitsbedingungen beitragen und Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung fördern.

GESAMTWÜRDIGUNG DER UMSETZUNG

Wesentliche positive Auswirkungen der einzelnen Richtlinien, Schwierigkeiten bei der Durchführung und Vorschläge zur Verbesserung

Rahmenrichtlinie (89/391/EWG)

- Die Mitgliedstaaten halten den Abwärtstrend bei Arbeitsunfällen und die verstärkte Sensibilisierung der Arbeitgeber für die größten positiven Auswirkungen dieser Richtlinie. Ferner werden als positive Punkte genannt:

Als Hauptproblem wird von den Mitgliedstaaten die praktische Durchführung der Vorschriften in KMU genannt; das Problem wird den spezifischen Verwaltungsanforderungen, Formalitäten und finanziellen Belastungen sowie der Zeit, die für die Aufstellung angemessener Maßnahmen notwendig ist, zugeschrieben. Weiter sind folgende Schwierigkeiten zu nennen:

- Im Interesse einer verbesserten Durchführung der Richtlinie sollten Anstrengungen unternommen werden,

Richtlinie 89/654/EWG über Arbeitsstätten

- positive Aspekte:

- Probleme bei der Durchführung:

- Verbesserungsvorschläge:

Richtlinie 89/655/EWG über die Benutzung von Arbeitsmitteln

- Positive Aspekte:

- Probleme bei der Durchführung:

- Verbesserungsvorschläge:

Richtlinie 89/656/EWG über persönliche Schutzausrüstungen

- Positive Aspekte:

- Probleme bei der Durchführung:

- Verbesserungsvorschläge:

Richtlinie 90/269/EWG über die manuelle Handhabung von Lasten

- Positive Aspekte:

- Probleme bei der Durchführung:

- Verbesserungsvorschläge:

Richtlinie 90/270/EWG über Bildschirmgeräte

- Positive Aspekte:

- Probleme bei der Durchführung:

- Verbesserungsvorschläge:

KONTEXT

Diese Analyse bezieht sich auf die Umsetzung und Anwendung der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit sowie auf die ersten fünf Einzelrichtlinien, die sich mit speziellen Arbeitsumgebungen oder Risiken befassen. Die Einzelrichtlinien betreffen insbesondere:

Mit diesem Bericht erfüllt die Kommission die Forderung in den Schlussbestimmungen der Rahmenrichtlinie und der Einzelrichtlinien, dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss regelmäßig einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinien vorzulegen.

Einen erheblichen Beitrag zu dieser Mitteilung leisten die Berichte der Mitgliedstaaten gemäß den Bestimmungen der Richtlinien, wonach die Mitgliedstaaten der Kommission alle fünf Jahre (alle vier Jahre für die Richtlinien 90/269 und 90/270/EWG) Bericht über die praktische Durchführung der Bestimmungen dieser Richtlinie erstatten und dabei die Standpunkte der Sozialpartner angeben. Ferner wurde auch ein Bericht unabhängiger Sachverständiger herangezogen.

Schlüsselzahlen des Rechtsakts (für das Jahr 2000)

Letzte Änderung: 15.02.2007