Das europäische Kino: Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung

Die digitale Revolution hat die europäische Filmindustrie verändert. Sie hat eine Senkung der Vertriebskosten ermöglicht und damit können mehr und eine größere Auswahl europäischer Filme auf der ganzen Welt gezeigt werden. Doch die Digitalisierung birgt auch Risiken, die es zu beherrschen gilt, damit alle Kinos (insbesondere kleine Kinos und Arthouse-Kinos) davon profitieren können und das europäische Filmerbe auch künftigen Generationen zugänglich ist. Die vorliegende Strategie stellt Lösungsansätze vor, die im Rahmen der Digitalen Agenda für Europa erprobt werden sollen.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 24. September 2010 – Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung für das europäische Kino[KOM(2010) 487 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

Diese Mitteilung stellt die von der Europäischen Kommission erarbeitete Strategie vor, die die europäischen Vorführunternehmen auf ihrem Weg in das digitale Zeitalter unterstützen soll.

Hindernisse für die Digitalisierung der Kinosäle

Der europäische Kinomarkt ist überaus zersplittert. Er ist geprägt von unterschiedlichen sprachlichen Regionen und zahlreichen Akteuren. Und diese Vielfalt kann es schwierig machen, allgemeine Vereinbarungen zu treffen oder nationale Strategien umzusetzen.

Ein weiteres Hindernis ist die eingeschränkte Geschäftstätigkeit vieler europäischer Kinos. 31 % der europäischen Leinwände befinden sich in Kinos mit nur einem Saal, und nur 10 % der europäischen Kinos sind Multiplex-Kinos. Die hohen Kosten für die Digitaltechnik erschweren den Übergang zur Digitalisierung noch zusätzlich.

Die Investitionskosten für Digitaltechnik müssen von den Vorführunternehmen getragen werden, von den Einsparungen profitieren dagegen in erster Linie die Verleihe (dank niedrigerer Kosten der digitalen Kopien). Für viele Kinos, vor allem für kleinere unabhängige Kinos oder Arthouse-Kinos, ist eine Investition in teure Digitaltechnik wirtschaftlich oft nicht tragbar.

Einer der Nachteile der Digitalisierung könnte auch der Verlust von Arbeitsplätzen für Vorführer und Labortechniker sein. Um die sozialen Folgen der Digitalisierung der Kinos abzumildern, sollte die Übergangsphase vorsichtig gemanagt werden, und es sollten ausreichende Mittel für Schulungen zur Verfügung gestellt werden.

Standardisierung und notwendige Ausrüstung für die Digitalisierung der Kinos

Die Internationale Organisation für Normung [EN] (ISO) beabsichtigt, die für die Digitalisierung notwendigen Ausrüstungen auf der Grundlage der Digital Cinema Initiative (DCI) [EN] zu standardisieren. Diese Spezifikation stützt sich (unter anderem) auf der Auflösung „ 2K“ (Auflösung 2048 x 1080) oder „4K“ (Auflösung 4096 x 2160 für Leinwände von über 15 Metern) und dank digitaler Technologien HDTV, Blu-Ray und Video-On-Demand auf die Einführung des Kompressionsformats JPEG 2000. Allerdings sind 2K-Ausrüstungen sehr teuer und bringen den europäischen Kinos kurzfristig keine finanziellen Vorteile, ausgenommen vielleicht Kinos, die auch 3D-Filme zeigen.

Über 80 % der europäischen Kinoleinwände sind weniger als 10 Meter breit. Für diesen Leinwandtyp können Projektoren eingesetzt werden, die zwar eine niedrigere Auflösung haben, deren Qualität trotzdem immer noch mehr als ausreichend ist. Darüber hinaus sind sie billiger als die 2K-Technologie. Für die Nutzung dieser Technologie müssten die Filmstudios allerdings noch ihr Einverständnis geben.

Die EU muss den Standardisierungsprozess so nutzen, dass eine Flexibilität gewährleistet wird, die allen lebensfähigen Kinos die Digitalprojektion ermöglicht.

Finanzierungsformen

Die Verleihfirmen haben die Möglichkeit, Langzeitverträge mit sogenannten „Integratoren“ abzuschließen, die den Erwerb der Digitaltechnik für die Vorführunternehmen finanzieren. Diese Integratoren erheben anschließend vom Verleih einen Beitrag für die teilweise Rückzahlung der getätigten Investitionen. Dieses sogenannte VPF-Modell (Virtual Print Fee) dürfte allerdings für kleine Kinos und Arthouse-Kinos nicht besonders geeignet sein. Vor allem aber besteht das Risiko, dass sich dieses Finanzierungsmodell auf die Freiheit der Filmprogrammierung auswirkt.

Dank der Strukturfonds der EU ist eine Kofinanzierung von Projekten für die Digitalisierung der Kinosäle durch die Mitgliedstaaten und die Regionen möglich. Dies könnte etwa im Rahmen von Projekten zur Stadterneuerung, zur Diversifizierung des ländlichen Raums, des Kulturtourismus, innovativer Tätigkeiten, Informationsgesellschaft und Humankapital erfolgen.

Außerdem haben kleine Kinos und Arthouse-Kinos die Möglichkeit, sich zusammenzuschließen und die Kosten zu teilen, um von Investitionen des Privatsektors oder der europäischen Fonds profitieren zu können, vorausgesetzt, die die EU-Wettbewerbsregeln werden eingehalten. Eine weitere Möglichkeit ist, staatliche Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes in Anspruch zu nehmen.

Maßnahmen auf EU-Ebene

Die Unterstützung der EU im Hinblick für die Digitalisierung der Kinosäle wird im Einklang mit

und alle verfügbaren Mittel im Rahmen

Das Programm MEDIA ist ein wichtiges Instrument, da es

Die von der Europäischen Kommission bis 2012 geplanten Maßnahmen, mit denen die Digitalisierung der europäischen Kinosäle begleitet werden soll, umfassen insbesondere:

Letzte Änderung: 15.10.2010