Grünbuch zur Qualität von Agrarerzeugnissen

Diese Konsultation soll politische und regulatorische Rahmenbedingungen gewährleisten, um die Qualität von Agrarerzeugnissen zu schützen und zu fördern. Zu diesem Zweck will die Kommission in einer breit angelegten Konsultation untersuchen, ob die bisherigen Instrumente adäquat sind oder verbessert werden können und welche neuen Initiativen ergriffen werden könnten. Dabei werden drei Bereiche geprüft: die Produktionsanforderungen und die Vermarktungsnormen, die derzeitigen Qualitätsregelungen und die Zertifizierungsregelungen.

RECHTSAKT

Grünbuch vom 15. Oktober 2008 zur Qualität von Agrarerzeugnissen [KOM(2008) 641 endg. – Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

Qualität ist die mächtigste Waffe der EU-Landwirte, um der Konkurrenz aus Schwellenländern zu begegnen. In Europa beruht die Qualität von Agrarerzeugnissen auf dem hohen Maß an Sicherheit, das die Gemeinschaftsvorschriften entlang der gesamten Lebensmittelkette garantieren und auf anderen Aspekten (Bewirtschaftungsverfahren und Produktionsorte usw.).

Qualitätsfragen, die die Lebensmittelsicherheit betreffen und die bereits durch andere Gemeinschaftsmaßnahmen (z. B. Nährwertkennzeichnung, Tierschutz usw.) abgedeckt sind, sind nicht Gegenstand dieser Konsultation.

Produktionsanforderungen und Vermarktungsnormen

Die in der Europäischen Union (EU) erzeugten Nahrungsmittel müssen eine Reihe von Bewirtschaftungsauflagen erfüllen. Diese Auflagen sollen nicht nur sicherstellen, dass die vermarkteten Erzeugnisse den Hygiene- und Sicherheitsnormen entsprechen, sondern auch andere Belange wie ökologische, ethische, soziale usw. umfassen. Viele dieser Bewirtschaftungsauflagen, die nicht die Produkthygiene und –sicherheit betreffen, gelten jedoch nicht für importierte Nahrungsmittel. Für den europäischen Verbraucher ist allerdings nicht erkennbar, welche Produkte diese Normen einhalten oder nicht einhalten. Zur besseren Information des Verbrauchers müssen die Interessenvertreter über die Zweckmäßigkeit eines neuen Bildzeichens, das den Verbraucher darüber informiert, dass das Erzeugnis unter Einhaltung bestimmter Produktionsauflagen erzeugt wurde, oder über die Notwendigkeit der Angabe des Ortes, an dem die Grundstoffe erzeugt wurden (EU/Drittland), befragt werden.

Die europäischen Vermarktungsnormen ersetzen die verschiedenen nationalen Normen. Sie sollen dazu beitragen, dass die Landwirte Produkte in der von den Verbrauchern gewünschten Qualität liefern und Preisvergleiche für unterschiedliche Erzeugnisqualitäten ermöglichen. Für die meisten Agrarerzeugnisse enthalten diese Normen Begriffsbestimmungen für Erzeugnisse, Mindestnormen für Erzeugnisse und Erzeugniskategorien sowie die Etikettierungsanforderungen. Im Rahmen der Konsultation werden die Interessenvertreter befragt, ob auf europäischer Ebene Pflichtbestandteile (Bewirtschaftungsauflagen, Güteklassen usw.) oder vorbehaltene Angaben (Begriffe wie „Bauern-“, „Berg-“) definiert und durchgesetzt und die derzeitigen Vermarktungsnormen vereinfacht werden sollten.

Europäische Qualitätsregelungen

Die Regelung für geografische Angaben bewirkt den Schutz des geistigen Eigentums. Dieses System umfasst sowohl die „geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.)“ als auch die „geschützte geografische Angabe (g. g. A.)“, die ein Erzeugnis beschreiben, dessen Merkmale (g. U.) oder dessen Ansehen (g. g. A.) mit dem geografischen Gebiet zusammenhängen. Den Verbrauchern garantieren die geografischen Angaben authentische Qualitätserzeugnisse, die ihren Erwartungen entsprechen. Um eine geschützte Ursprungsbezeichnung zu erhalten, müssen grundsätzlich alle Produktionsstufen in dem namensgebenden Gebiet stattfinden. Bei einer geschützten geografischen Angabe genügt es, wenn diese Bedingung für eine Produktionsstufe erfüllt wird (dies gilt zumeist für Spirituosen). Das Grünbuch soll feststellen, wie die Regelung für geografische Angaben verbessert, weiterentwickelt und in Drittländern geschützt werden kann.

Die Regelung für garantiert traditionelle Spezialitäten (g. t. S.) wurde 1992 eingeführt. Als g. t. S. werden Agrarerzeugnisse oder Lebensmittel bezeichnet, die unter Verwendung traditioneller Rohstoffe oder mittels traditioneller Herstellungsverfahren erzeugt werden. Seit Einführung dieser Regelung wurden 20 g. t. S. eingetragen. Angesichts dieser relativ niedrigen Zahl stellt sich die Frage, ob es keinen besseren Weg gibt, traditionelle Spezialitäten zu kennzeichnen und ihren Absatz zu fördern.

Seit Einführung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 über die Produktion und Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen besteht die Hauptaufgabe in der Schaffung eines Binnenmarktes für ökologische Nahrungsmittel. Gegenwärtig funktioniert der Markt für ökologische Erzeugnisse im Wesentlichen auf nationaler Ebene. Es muss also überlegt werden, wie ein europäischer Binnenmarkt für ökologische Erzeugnisse verwirklicht werden kann.

Das System zur Förderung von Qualitätserzeugnissen aus den Regionen mit äußerster Randlage basiert auf der Einführung eines Logos. Dieses Logo darf verwendet werden, wenn die Erzeuger die in den Gemeinschaftsvorschriften definierten Anforderungen erfüllen oder - in Ermangelung solcher Vorschriften – die internationalen Normen. Inwieweit können die Berufsverbände nach dem Beispiel von Spanien und Frankreich zusätzliche Sonderanforderungen einführen, um die Qualität der regionalen Erzeugnisse zu verbessern und mehr landwirtschaftliche Qualitätserzeugnisse aus den EU-Regionen mit äußerster Randlage hervorzubringen?

Sollen andere Regelungen, beispielsweise zur Kennzeichnung von Produkten aus Gebieten mit hohem Landschaftswert oder aus Berggebieten, eingeführt werden?

Regelungen für die Qualitätszertifizierung

Die Regelungen für die Qualitätszertifizierung von Nahrungsmitteln bieten den Verbrauchern eine zusätzliche Garantie dafür, dass die Angaben auf dem Etikett zuverlässig sind. Diese Regelungen können nicht nur die Einhaltung verbindlicher Produktionsvorschriften betreffen, sondern auch Auflagen wie Umwelt- und Tierschutz, fairen Handel, ethische, religiöse oder kulturelle Erwägungen, Anbauverfahren, den Ursprung usw. Diese Auflagen haben zu einer Vielzahl von Zertifizierungsregelungen und Kennzeichnungen geführt, die teilweise Bedenken hinsichtlich der Transparenz der Anforderungen dieser Regelungen, der Glaubwürdigkeit der aufgestellten Behauptungen und der fairen Handelsbeziehungen aufwerfen. Das Grünbuch leitet eine Diskussion über die Frage ein, wie der Verbraucher geschützt werden kann und wie zusätzliche Kosten und Auflagen für Erzeuger vermieden werden können.

Hintergrund

Die Kommission fordert alle Verbände und Bürger, die sich für die Qualität von Agrarerzeugnissen interessieren, auf, ihren Beitrag bis zum 31. Dezember 2008 einzureichen. Auf der Grundlage dieser Beiträge wird die Kommission eine Mitteilung (Dokument der Kommission, das politische Leitlinien enthält) erarbeiten, die im Mai 2009 veröffentlicht werden soll.

Letzte Änderung: 20.03.2009