Sozialpolitik

EINLEITUNG

Unter den Änderungen, die der Vertrag von Amsterdam in der Sozialpolitik der Europäischen Gemeinschaft mit sich gebracht hat, ist besonders die Integration des verstärkten Abkommens über die Sozialpolitik in den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zu nennen. Mittlerweile ist die Anwendung aller Richtlinien, die von den vierzehn Unterzeichnerstaaten des Abkommens angenommen wurden, auf das Vereinigte Königreich ausgedehnt worden.

Diese „Wiedervereinigung der Fünfzehn" stellt die Einheit und Kohärenz der Sozialpolitik der Gemeinschaft wieder her. Sie dürfte es ermöglichen, Bestimmungen des EG-Vertrags für den Sozialbereich häufiger und in mehr Bereichen als bislang anzuwenden. Insgesamt hat sich die Integration dieses Abkommens ohne Änderung der Bestimmungen dieses Textes vollzogen. Allerdings wurden einige Bestimmungen verstärkt, so zur Chancengleichheit und zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung.

DIE GRUNDLAGEN DER SOZIALPOLITIK

Der neue Vertrag sieht die Zusammenlegung der beiden Rechtsgrundlagen vor, auf denen die Sozialpolitik bislang beruhte:

Artikel 136 (vormals Artikel 117) erinnert daran, dass die Zuständigkeit für die Sozialpolitik zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten aufgeteilt ist. Andererseits erweitert das Abkommen über die Sozialpolitik, auch wenn die Aufgabe der Gemeinschaft im Wesentlichen die Unterstützung und Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten ist, die Kompetenzen der Gemeinschaft in diesem Bereich doch erheblich.

Außerdem haben die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten als grundlegend empfundene soziale Rechte definiert, die sich auf zwei Texte stützen:

Diese sozialen Grundrechte betreffen in erster Linie die Beschäftigung, die Lebens- und Arbeitsbedingungen, den Sozialschutz, den sozialen Dialog und die Bekämpfung der Ausgrenzung.

DIE INTEGRATION DES ABKOMMENS ÜBER DIE SOZIALPOLITIK

Ein Abkommen über die Sozialpolitik wurde auf der Regierungskonferenz 1992 über die politische Union geschlossen. Das Vereinigte Königreich hat damals auf eine Teilnahme verzichtet. Nichtsdestoweniger haben die zwölf damaligen Mitgliedstaaten ein dem Vertrag von Maastricht beigefügtes Protokoll angenommen, das die elf Mitgliedstaaten ermächtigte, ohne das Vereinigte Königreich einen Text zu verabschieden, der über das Kapitel zur Sozialpolitik in der Gemeinschaft hinausging. Dieser Text basierte auf der 1989 von allen Mitgliedstaaten mit Ausnahme des Vereinigten Königreiches angenommenen Sozialcharta.

Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam fiel das Protokoll über die Sozialpolitik fort, und das Abkommen über die Sozialpolitik wurde in die Bestimmungen des Titels XI des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft integriert. Die Europäische Gemeinschaft kann somit künftig in folgenden Bereichen tätig werden bzw. ihre Tätigkeit verstärken:

Dieser bereits im Abkommen über die Sozialpolitik enthaltenen Liste fügt der Vertrag von Amsterdam die Möglichkeit hinzu, Anreizmaßnahmen speziell zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung anzunehmen.

Wie in der Vergangenheit auch sind die Bereiche Arbeitsentgelt, das Recht des Zusammenschlusses, Streik- und Aussperrungsrecht von der Behandlung auf Gemeinschaftsebene ausgenommen.

Die Ausweitung des Mitentscheidungsverfahrens in bestimmten Bereichen

Wenn sich auch der Tätigkeitsbereich der Gemeinschaft nur relativ geringfügig erweitert, erfährt doch der Gesetzgebungsprozess in den genannten Bereichen eine deutliche Veränderung. Unter Berücksichtigung der Bedingungen und technischen Regelungen in den Mitgliedstaaten verabschiedet der Rat nach Anhörung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen mit qualifizierter Mehrheit Richtlinien nach dem Mitentscheidungsverfahren.

Darüber hinaus beschließt der Rat nach dem gleichen Verfahren Anreizmaßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, die darauf abzielen, den Austausch von Informationen zu entwickeln, innovative Ansätze zu fördern und Erfahrungen zu bewerten, um die soziale Ausgrenzung zu bekämpfen.

Beibehaltung des Prinzips der Einstimmigkeit für die anderen Bereiche

Die nachstehenden im Abkommen über die Sozialpolitik definierten Bereiche werden in den Titel XI aufgenommen. Das Entscheidungsverfahren bleibt unverändert. Der Rat beschließt auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig. Die einzige Änderung gegenüber dem bisherigen Verfahren nach dem Abkommen über die Sozialpolitik ist die Regelung, dass künftig auch der Ausschuss der Regionen gehört wird.

Dieses Verfahren gilt für die nachstehenden Themen:

Schließlich wird unterstrichen, dass die auf Gemeinschaftsebene angenommenen Maßnahmen die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu treffen, die mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind.

DIE SOZIALPARTNER

Die entscheidende Rolle der Sozialpartner ist im Abkommen über die Sozialpolitik anerkannt, und die entsprechenden Bestimmungen dieses Abkommens sind in vollem Umfang durch den Vertrag von Amsterdam übernommen worden.

Die Kommission erleichtert den Dialog zwischen den Sozialpartnern und hört diese vor der Unterbreitung von Vorschlägen im Sozialbereich und anschließend zum Inhalt dieser Vorschläge.

Die sind in den einzelnen Phasen des Gesetzgebungsprozesses beteiligt, so dass sie eine wesentliche Rolle sowohl bei der Ausarbeitung neuer Maßnahmen wie auch bei ihrer Anwendung spielen. Letztlich kann jeder Mitgliedstaat den Sozialpartnern die Durchführung neuer Richtlinien übertragen.

CHANCENGLEICHHEIT UND GLEICHBEHANDLUNG

Bislang legte der Vertrag fest, dass die Mitgliedstaaten für die beiden Geschlechter gleiches Entgelt für gleiche Arbeit gewährleisten müssen. Mit dem Vertrag von Amsterdam wird eine neue Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur Sicherstellung der Chancengleichheit von Männern und Frauen und Gleichbehandlung am Arbeitsplatz geschaffen.

Nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlässt der Rat im Mitentscheidungsverfahren positive Maßnahmen zur Sicherstellung der Anwendung dieses Grundsatzes. Darüber hinaus haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, spezifische Vergünstigungen zugunsten des unterrepräsentierten Geschlechts zu beschließen, um die Ausübung einer Berufstätigkeit zu erleichtern. Diese Maßnahmen dürfen nicht in Form fester Quoten getroffen werden, dies wurde vom Europäischen Gerichtshof im Urteil in der Rechtssache Kalanke 1995 abgelehnt (auch in der Rechtssache Marschall 1997 wurde dieser Aspekt behandelt).

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