URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

22. Oktober 2015 ( * )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Öffentliche Aufträge — Richtlinie 2004/18/EG — Gründe für den Ausschluss von der Teilnahme an einer öffentlichen Ausschreibung — Auftrag, der nicht den Schwellenwert für die Anwendung dieser Richtlinie erreicht — Grundregeln des AEU-Vertrags — Erklärung über die Annahme eines Legalitätsprotokolls zur Bekämpfung von Kriminalität — Ausschluss wegen der unterbliebenen Abgabe einer solchen Erklärung — Zulässigkeit — Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache C‑425/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Giustizia amministrativa per la Regione Siciliana (Rat für Verwaltungsgerichtsbarkeit der Region Sizilien, Italien) mit Entscheidung vom 9. Juli 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 17. September 2014, in dem Verfahren

Impresa Edilux Srl als Beauftragte der Bietergemeinschaft,

Società Italiana Costruzioni e Forniture Srl (SICEF)

gegen

Assessorato Beni Culturali e Identità Siciliana – Servizio Soprintendenza Provincia di Trapani,

Assessorato ai Beni Culturali e dell’Identità Siciliana,

UREGA – Sezione provinciale di Trapani,

Assessorato delle Infrastrutture e della Mobilità della Regione Siciliana,

Beteiligte:

Icogen Srl,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Achten Kammer D. Šváby in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zehnten Kammer und der Richter E. Juhász und C. Vajda (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Impresa Edilux Srl als Beauftragte der Bietergemeinschaft und der Società Italiana Costruzioni e Forniture Srl (SICEF), vertreten durch F. Lattanzi und S. Iacuzzo, avvocati,

der Icogen Srl, vertreten durch C. Giurdanella, avvocato,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Varone, avvocato dello Stato,

der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Recchia und A. Tokár als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 45 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 1251/2011 der Kommission vom 30. November 2011 (ABl. L 319, S. 43) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2004/18).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Impresa Edilux Srl (im Folgenden: Edilux) als Beauftragte der aus ihr selbst und der Società Italiana Costruzioni e Forniture Srl (im Folgenden: SICEF) bestehenden Bietergemeinschaft und SICEF einerseits und dem Assessorato Beni Culturali e Identità Siciliana – Servizio Soprintendenza Provincia di Trapani (Direktion für Kulturgüter und sizilianische Identität – Dienststelle der Provinz Trapani), dem Assessorato ai Beni Culturali e dell’Identità Siciliana (Direktion für Kulturgüter und sizilianische Identität), der UREGA – Sezione provinciale di Trapani (UREGA, Sektion der Provinz Trapani) und dem Assessorato delle Infrastrutture e della Mobilità della Regione Siciliana (Direktion für Infrastruktur und Mobilität der Region Sizilien) (im Folgenden zusammen: im Ausgangsverfahren in Rede stehender öffentlicher Auftraggeber) andererseits über den Ausschluss von Edilux und SICEF von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags, weil diese mit ihrem Angebot keine Erklärung über die Annahme der in einem Legalitätsprotokoll enthaltenen Klauseln abgegeben hatten.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Art. 2 der Richtlinie 2004/18 bestimmt:

„Die öffentlichen Auftraggeber behandeln alle Wirtschaftsteilnehmer gleich und nichtdiskriminierend und gehen in transparenter Weise vor.“

4

Nach Art. 7 Buchst. c dieser Richtlinie gilt sie für die Vergabe öffentlicher Bauaufträge, deren geschätzter Wert netto ohne Mehrwertsteuer 5000000 Euro erreicht oder überschreitet.

5

Art. 45 („Persönliche Lage des Bewerbers bzw. Bieters“) der Richtlinie sieht in Abs. 1 und 2 vor:

„(1)   Ein Bewerber oder Bieter ist von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren auszuschließen, wenn der öffentliche Auftraggeber Kenntnis davon hat, dass dieser Bewerber oder Bieter aus einem der nachfolgenden Gründe rechtskräftig verurteilt worden ist:

a)

Beteiligung an einer kriminellen Organisation …

b)

Bestechung …

c)

Betrug …

d)

Geldwäsche …

Die Mitgliedstaaten legen im Einklang mit ihren nationalen Rechtsvorschriften und unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts die Bedingungen für die Anwendung dieses Absatzes fest.

Sie können Ausnahmen von der in Unterabsatz 1 genannten Verpflichtung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zulassen.

(2)   Von der Teilnahme am Vergabeverfahren kann jeder Wirtschaftsteilnehmer ausgeschlossen werden,

a)

der sich im Insolvenz-/Konkursverfahren oder einem gerichtlichen Ausgleichsverfahren oder in Liquidation befindet oder seine gewerbliche Tätigkeit eingestellt hat oder sich in einem Vergleichsverfahren oder Zwangsvergleich oder aufgrund eines in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen gleichartigen Verfahrens in einer entsprechenden Lage befindet;

b)

gegen den ein Insolvenz-/Konkursverfahren oder ein gerichtliches Ausgleichsverfahren oder ein Vergleichsverfahren oder ein Zwangsvergleich eröffnet wurde oder gegen den andere in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehene gleichartige Verfahren eingeleitet worden sind;

c)

die aufgrund eines nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Landes rechtskräftigen Urteils wegen eines Deliktes bestraft worden sind, das ihre berufliche Zuverlässigkeit in Frage stellt;

d)

die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung begangen haben, die vom öffentlichen Auftraggeber nachweislich festgestellt wurde;

e)

die ihre Verpflichtung zur Zahlung der Sozialbeiträge nach den Rechtsvorschriften des Landes, in dem sie niedergelassen sind, oder des Landes des öffentlichen Auftraggebers nicht erfüllt haben;

f)

die ihre Verpflichtung zur Zahlung der Steuern und Abgaben nach den Rechtsvorschriften des Landes, in dem sie niedergelassen sind, oder des Landes des öffentlichen Auftraggebers nicht erfüllt haben;

g)

die sich bei der Erteilung von Auskünften, die gemäß diesem Abschnitt eingeholt werden können, in erheblichem Maße falscher Erklärungen schuldig gemacht oder diese Auskünfte nicht erteilt haben.

Die Mitgliedstaaten legen nach Maßgabe ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften und unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts die Bedingungen für die Anwendung dieses Absatzes fest.“

Italienisches Recht

6

Art. 46 Abs. 1bis des Decreto legislativo Nr. 163 zur Schaffung eines Gesetzbuchs über öffentliche Bau-, Dienstleistungs- und Lieferaufträge in Umsetzung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG (Decreto legislativo n. 163 – Codice dei contratti pubblici relativi a lavori, servizi e forniture in attuazione delle direttive 2004/17/CE e 2004/18/CE) vom 12. April 2006 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 100 vom 2. Mai 2006) bestimmt:

„Die Vergabestelle schließt Bewerber oder Bieter in folgenden Fällen aus: wenn die Vorgaben dieses Gesetzbuches und der Verordnung sowie der anderen geltenden Gesetzesbestimmungen nicht erfüllt sind, bei völliger Unsicherheit über den Inhalt oder die Herkunft des Angebots, wenn die Unterschrift oder andere wesentliche Angaben fehlen, wenn der Umschlag, der das Angebot oder den Teilnahmeantrag enthält, nicht unversehrt ist oder wenn andere Unregelmäßigkeiten betreffend den Verschluss der Umschläge nach den konkreten Umständen darauf hindeuten, dass der Grundsatz der Vertraulichkeit der Angebote verletzt wurde; die Bekanntmachungen und die Aufforderungsschreiben dürfen keine weiteren Vorschriften, die den Ausschluss vorsehen, enthalten. Besagte Vorschriften sind jedenfalls nichtig.“

7

In Art. 1 Nr. 17 des Gesetzes Nr. 190 mit Bestimmungen zur Verhütung und Ahndung der Korruption und der Illegalität in der öffentlichen Verwaltung (Legge n. 190, disposizioni per la prevenzione e la repressione della corruzione e dell’illegalità nella pubblica amministrazione) vom 6. November 2012 (GURI Nr. 265 vom 13. November 2012, im Folgenden: Gesetz Nr. 190/2012) heißt es:

„Die Vergabestellen können in den Vergabebekanntmachungen oder Aufforderungsschreiben festlegen, dass die Nichteinhaltung der in den Legalitätsprotokollen oder Integritätspakten enthaltenen Klauseln Grund für den Ausschluss vom Vergabeverfahren ist.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

8

Edilux und SICEF sind federführende Bevollmächtigte bzw. Bevollmächtigte einer Bietergemeinschaft. Am 20. Mai 2013 vergab der im Ausgangsverfahren in Rede stehende öffentliche Auftraggeber an sie einen Bauauftrag über die Restaurierung griechischer Tempel in Sizilien mit einem geschätzten Wert von 2271735 Euro.

9

Auf eine Beschwerde der Icogen Srl, der zweitplatzierten Bieterin im Vergabeverfahren, hob der im Ausgangsverfahren in Rede stehende öffentliche Auftraggeber am 18. Juni 2013 die Entscheidung über die Vergabe des fraglichen Auftrags an Edilux und SICEF auf und vergab den Auftrag endgültig an die Icogen Srl.

10

Der im Ausgangsverfahren in Rede stehende öffentliche Auftraggeber stützte diese Aufhebung und damit den Ausschluss von Edilux und SICEF vom Vergabeverfahren darauf, dass diese – anders als nach der Übersicht in Anhang 6 der Ausschreibungsbedingungen für diesen Auftrag vorgeschrieben – mit ihrem Antrag keine Erklärung über die Annahme der im Legalitätsprotokoll enthaltenen Klauseln eingereicht hätten. In der Rubrik „Hinweise“ dieser Ausschreibungsbedingungen war ausgeführt, dass diese Erklärung ein wesentliches Schriftstück darstelle, das der Teilnehmer vorlegen müsse, da er andernfalls ausgeschlossen werde.

11

In dieser Erklärung, die sich in Kopie in den dem Gerichtshof vorgelegten Akten befindet, heißt es:

„[Der Teilnehmer an der öffentlichen Ausschreibung] verpflichtet sich im Fall der Vergabe ausdrücklich,

a.

die Vergabestelle … über den Fortschritt der Arbeiten, den Gegenstand, den Betrag und die Inhaber der Subunternehmerverträge und der abgeleiteten Verträge … sowie über die Kriterien zur Auswahl der Vertragspartner … zu informieren;

b.

der Vergabestelle jeden Versuch einer Störung, Unregelmäßigkeit oder Verzerrung während des Vergabeverfahrens und/oder der Vertragsdurchführung durch einen Beteiligten, eine zuständige Person oder eine andere Person, die die Vergabeentscheidung beeinflussen kann, mitzuteilen;

c.

mit den Polizeikräften zusammenzuarbeiten und jeden Versuch einer Erpressung, Einschüchterung oder strafbarer Beeinflussung … anzuzeigen;

d.

in die Subunternehmerverträge gleichlautende Klauseln aufzunehmen … und sich dessen bewusst zu sein, dass andernfalls etwaige Genehmigungen nicht erteilt werden.

Er erklärt ausdrücklich und feierlich,

e.

nicht (rechtlich oder tatsächlich) von anderen Konkurrenten abhängig oder mit ihnen verbunden zu sein und keinen Vertrag mit anderen am Vergabeverfahren Beteiligten geschlossen zu haben oder zu schließen;

f.

an andere am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen keinen Subunternehmerauftrag jedweder Art zu vergeben … und sich dessen bewusst zu sein, dass andernfalls diese Subunternehmerverträge nicht zugelassen werden;

g.

dass das Angebot mit den Grundsätzen der Zuverlässigkeit, der Integrität, der Unabhängigkeit und der Vertraulichkeit vereinbar ist und er sich verpflichtet, sein eigenes Verhalten an den Grundsätzen der Loyalität, der Transparenz und der Integrität auszurichten, und dass er nicht mit anderen am Vergabeverfahren Beteiligten übereingekommen ist oder übereinkommt, den Wettbewerb zu beschränken oder zu behindern;

h.

dass er sich im Fall der Auftragserteilung ausdrücklich verpflichtet, der Vergabestelle jeden Versuch einer Störung, Unregelmäßigkeit oder Verzerrung während des Vergabeverfahrens und/oder der Vertragsdurchführung durch einen Beteiligten, eine zuständige Person oder eine andere Person, die die Vergabeentscheidung beeinflussen kann, mitzuteilen;

i.

sich zu verpflichten, mit den Polizeikräften zusammenzuarbeiten und jeden Versuch einer Erpressung, Einschüchterung oder strafbarer Beeinflussung … anzuzeigen;

j.

sich auch ausdrücklich zu verpflichten, in die Subunternehmerverträge gleichlautende Klauseln aufzunehmen, … und sich dessen bewusst zu sein, dass andernfalls etwaige Genehmigungen nicht erteilt werden;

k.

… sich dessen bewusst zu sein, dass die angeführten Erklärungen und Verpflichtungen wesentliche Voraussetzungen für die Teilnahme am Vergabeverfahren sind, so dass das Unternehmen ausgeschlossen wird, wenn die Vergabestelle während des Vergabeverfahrens auf der Grundlage schwerwiegender, eindeutiger und übereinstimmender Indizien eine faktische Verbindung feststellt.“

12

Nachdem das Tribunale amministrativo regionale per la Sicilia (Regionales Verwaltungsgericht für Sizilien) ihre Klage gegen die Entscheidung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden öffentlichen Auftraggebers vom 18. Juni 2013 abgewiesen hatte, legten Edilux und SICEF beim Consiglio di Giustizia amministrativa per la Regione Siciliana (Rat für Verwaltungsgerichtsbarkeit der Region Sizilien) Berufung ein.

13

Das vorlegende Gericht erläutert, dass die Legalitätsprotokolle in die italienische Rechtsordnung eingeführt worden seien, um dem verhängnisvollen Phänomen von Infiltrationen der insbesondere in bestimmten Regionen Süditaliens verankerten organisierten Kriminalität vor allem im Bereich öffentlicher Aufträge vorzubeugen und es zu bekämpfen. Diese Protokolle seien außerdem wesentlich für den Schutz der Grundprinzipien des Wettbewerbs und der Transparenz, die dem italienischen Vergaberecht und dem der Europäischen Union zugrunde lägen.

14

Nach Ansicht dieses Gerichts beinhaltet Art. 1 Nr. 17 des Gesetzes Nr. 190/2012, dass die öffentlichen Auftraggeber unter Androhung eines Ausschlusses verlangen können, dass zuvor die Annahme solcher Protokolle erfolgt, die erforderlich sind, um deren Klauseln Verbindlichkeit zu verleihen. Wäre nämlich die Nichteinhaltung der Klauseln erst während der Ausführung des Auftrags sanktionsbewehrt, wäre die intendierte und erklärte maximale Wirkung der Antizipation des Schutz- und Abschreckungsniveaus zunichte gemacht. Eine solche Ausschlussklausel sei darüber hinaus rechtmäßig, weil Art. 46 Abs. 1bis des Decreto legislativo Nr. 163 den Ausschluss von einem Vergabeverfahren vorsehe, wenn geltende Gesetzesbestimmungen wie die Bestimmung des Gesetzes Nr. 190/2012 nicht eingehalten würden.

15

Allerdings bestünden Zweifel an der Vereinbarkeit einer solchen Ausschlussklausel mit dem Unionsrecht. Art. 45 der Richtlinie 2004/18, der in Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 1 eine abschließende Liste von Ausschlussgründen vorsehe, enthalte keine vergleichbare Regelung. Dagegen könnte Art. 1 Nr. 17 des Gesetzes Nr. 190/2012 mit Art. 45 Abs. 1 Unterabs. 3 dieser Richtlinie vereinbar sein, der Ausnahmen vom abschließenden Charakter der Ausschlussgründe aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses wie der öffentlichen Ordnung oder der Verbrechensverhütung zulasse.

16

Darüber hinaus gälten die Grundsätze des Unionsrechts selbst dann, wenn der Wert des streitigen Bauauftrags den für die Richtlinie 2004/18 maßgeblichen Schwellenwert nicht erreiche. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass an diesem Auftrag ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse bestehe, da einige Bestimmungen der besonderen Verfahrensregelung für diesen Auftrag die Teilnahme von Unternehmen beträfen, die nicht in Italien ansässig seien.

17

Unter diesen Umständen hat der Consiglio di Giustizia amministrativa per la Regione Siciliana (Rat für Verwaltungsgerichtsbarkeit der Region Sizilien) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Steht das Unionsrecht, insbesondere Art. 45 der Richtlinie 2004/18, einer Bestimmung wie Art. 1 Nr. 17 des Gesetzes Nr. 190/2012 entgegen, nach der die öffentlichen Auftraggeber vorsehen können, dass es einen rechtmäßigen Grund für den Ausschluss von Bietern, die an einer öffentlichen Ausschreibung teilnehmen, darstellt, wenn der Bieter nicht die Verpflichtungen übernommen oder ihre Übernahme nicht nachgewiesen hat, die in den sogenannten Legalitätsprotokollen („protocolli di legalità“) bzw. – allgemeiner – in Vereinbarungen zwischen öffentlichen Auftraggebern und Bietern, mit denen Infiltrationen der organisierten Kriminalität im Bereich der öffentlichen Aufträge verhindert werden sollen, enthalten sind?

2.

Kann im Sinne von Art. 45 der Richtlinie 2004/18 eine in der Rechtsordnung eines Mitgliedstaats enthaltene Regelung, nach der die in der vorstehenden Frage beschriebene Ausschlussbefugnis besteht, als Ausnahme vom Grundsatz der erschöpfenden Aufzählung der Ausschlussgründe angesehen werden, die durch das zwingende Erfordernis, Infiltrationsversuche der organisierten Kriminalität in Verfahren der Vergabe von öffentlichen Aufträgen abzuwehren, gerechtfertigt ist?

Zu den Vorlagefragen

Vorbemerkungen

18

Die vom vorlegenden Gericht aufgeworfenen Fragen betreffen die Auslegung von Art. 45 der Richtlinie 2004/18. Das vorlegende Gericht stellt jedoch in seinem Vorabentscheidungsersuchen fest, dass der Wert des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden öffentlichen Bauauftrags den für diese Richtlinie maßgeblichen, d. h. den in Art. 7 Buchst. c der Richtlinie festgelegten, Schwellenwert nicht erreicht.

19

Es ist darauf hinzuweisen, dass die besonderen, strengen Verfahren in den Richtlinien der Union zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge nur für Verträge gelten, deren Auftragswert den in den jeweiligen Richtlinien ausdrücklich festgelegten Schwellenwert überschreitet. Diese Richtlinien gelten daher nicht für Aufträge, deren Wert den dort festgelegten Schwellenwert nicht erreicht (vgl. Urteil Enterprise Focused Solutions, C‑278/14, EU:C:2015:228, Rn. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher findet Art. 45 der Richtlinie 2004/18 im Rahmen des Ausgangsrechtsstreits keine Anwendung.

20

Allerdings hindert nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Umstand, dass das vorlegende Gericht eine Vorlagefrage unter Bezugnahme nur auf bestimmte Vorschriften des Unionsrechts formuliert hat, den Gerichtshof nicht daran, diesem Gericht unabhängig davon, worauf es in seinen Fragen Bezug genommen hat, alle Auslegungshinweise zu geben, die ihm bei der Entscheidung der bei ihm anhängigen Rechtssache von Nutzen sein können. Der Gerichtshof hat insoweit aus dem gesamten von dem einzelstaatlichen Gericht vorgelegten Material, insbesondere der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herauszuarbeiten, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bedürfen (vgl. insbesondere Urteil Ville d’Ottignies-Louvain-la-Neuve u. a., C‑225/13, EU:C:2014:245, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21

Nach ebenfalls gefestigter Rechtsprechung ist jedoch zu beachten, dass die Vergabe von Aufträgen, die in Anbetracht ihres Wertes nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinien der Union zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge fallen, gleichwohl den Grundregeln und den allgemeinen Grundsätzen des AEU-Vertrags unterliegt, insbesondere den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit sowie dem sich daraus ergebenden Transparenzgebot, sofern an diesen Aufträgen angesichts bestimmter objektiver Kriterien ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil Enterprise Focused Solutions, C‑278/14, EU:C:2015:228, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22

Insoweit lässt das vorlegende Gericht die Anwendung der Grundsätze des Unionsrechts auf den bei ihm anhängigen Rechtsstreit zu und stellt in diesem Zusammenhang fest, dass ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht, da einige Bestimmungen der besonderen Verfahrensregelung für diesen Auftrag, der Gegenstand dieses Rechtsstreits ist, die Teilnahme von nicht in Italien ansässigen Unternehmen betreffen.

23

Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass sich die erste Frage auf die Auslegung der in Rn. 21 des vorliegenden Urteils genannten Grundregeln und allgemeinen Grundsätze des Vertrags bezieht.

24

Dagegen braucht die zweite Frage nicht beantwortet zu werden. Wie der Begründung der Vorlageentscheidung nämlich zu entnehmen ist, betrifft die Frage speziell Art. 45 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2004/18, der aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses Ausnahmen von der in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten Verpflichtung eines öffentlichen Auftraggebers zulässt, einen Bewerber oder Bieter von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren auszuschließen, der wegen eines der in dieser Bestimmung angeführten Gründe rechtskräftig verurteilt worden ist.

Zur ersten Frage

25

Die erste Frage ist daher so zu verstehen, dass mit ihr geklärt werden soll, ob die Grundregeln und allgemeinen Grundsätze des Vertrags, insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung sowie das sich daraus ergebende Transparenzgebot, dahin zu verstehen sind, dass sie einer Vorschrift des nationalen Rechts entgegenstehen, nach der ein öffentlicher Auftraggeber vorsehen kann, dass ein Bewerber oder Bieter von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen wird, wenn er nicht mit seinem Antrag eine schriftliche Annahme der Verpflichtungen und Erklärungen abgegeben hat, die in einem Legalitätsprotokoll wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden enthalten sind, dessen Zweck es ist, Infiltrationen der organisierten Kriminalität im Bereich der öffentlichen Aufträge zu bekämpfen.

26

Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass die Mitgliedstaaten beim Erlass von Maßnahmen, die den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Transparenzgebot, die von den öffentlichen Auftraggebern in allen Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags zu beachten sind, gewährleisten sollen, über ein gewisses Ermessen verfügen müssen. Die einzelnen Mitgliedstaaten sind nämlich am besten in der Lage, aufgrund eigener historischer, rechtlicher, wirtschaftlicher oder sozialer Erwägungen zu bestimmen, in welchen Fällen Verhaltensweisen begünstigt werden, die zu Missständen bei der Beachtung dieses Grundsatzes und dieses Gebots führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Serrantoni und Consorzio stabile edili, C‑376/08, EU:C:2009:808, Rn. 31 und 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27

Nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts soll ein Legalitätsprotokoll wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende dem verhängnisvollen Phänomen von Infiltrationen der in bestimmten Regionen Süditaliens fest verankerten organisierten Kriminalität vor allem im Bereich öffentlicher Aufträge vorbeugen und es bekämpfen. Es diene außerdem dem Schutz der Grundsätze des Wettbewerbs und der Transparenz, die dem italienischen Vergaberecht und dem der Union zugrunde lägen.

28

Es ist festzustellen, dass eine Maßnahme, die sich gegen Kriminalität und Wettbewerbsverzerrungen im Bereich öffentlicher Aufträge richtet, wie die Verpflichtung, die Annahme dieser Art von Legalitätsprotokoll zu erklären, geeignet ist, die Gleichbehandlung und die Transparenz bei der Vergabe von Aufträgen zu stärken. Darüber hinaus verstößt sie nicht gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung, da diese Verpflichtung unterschiedslos jeden Bewerber oder Bieter trifft.

29

Eine solche Maßnahme darf jedoch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Serrantoni und Consorzio stabile edili, C‑376/08, EU:C:2009:808, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30

Insoweit ist erstens das Vorbringen von Edilux und SICEF zurückzuweisen, wonach eine Erklärung über die Annahme bestimmter Verpflichtungen ein unzureichendes Mittel sei, um die Infiltration der organisierten Kriminalität zu bekämpfen, da die Einhaltung dieser Verpflichtungen erst nach Vergabe des betreffenden Auftrags überprüft werden könne.

31

Das vorlegende Gericht führt nämlich aus, dass die Klauseln der Legalitätsprotokolle nur dann verbindlich seien, wenn sie zuvor als Voraussetzung für die Zulassung zum betreffenden Vergabeverfahren angenommen würden, und dass die maximale Wirkung der Antizipation des Schutz- und Abschreckungsniveaus zunichte gemacht würde, wenn die Nichteinhaltung der Klauseln erst während der Ausführungsphase sanktionsbewehrt wäre. Unter diesen Umständen kann unter Berücksichtigung des den Mitgliedstaaten zustehenden Ermessens, auf das in Rn. 26 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist, nicht davon ausgegangen werden, dass die Pflicht, zu Beginn der Teilnahme an einer öffentlichen Ausschreibung zur Vergabe eines Auftrags die Annahme der in einem Legalitätsprotokoll enthaltenen Verpflichtungen zu erklären, über das hinausgeht, was zur Erreichung der angestrebten Ziele erforderlich ist.

32

Was zweitens den Inhalt des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Legalitätsprotokolls betrifft, bestehen die Verpflichtungen, die die Bewerber oder Bieter nach den Buchst. a bis d übernehmen müssen, im Wesentlichen darin, über den Fortschritt der Arbeiten, den Gegenstand, den Betrag und die Inhaber der Subunternehmerverträge und der abgeleiteten Verträge sowie über die Kriterien zur Auswahl der Vertragspartner zu informieren, jeden Versuch einer Störung, Unregelmäßigkeit oder Verzerrung im Vergabeverfahren und während der Vertragsdurchführung anzuzeigen, mit den Polizeikräften zusammenzuarbeiten und jeden Versuch einer Erpressung, Einschüchterung oder strafbarer Beeinflussung anzuzeigen sowie dieselben Klauseln in die Subunternehmerverträge aufzunehmen. Diese Verpflichtungen werden von den in den Buchst. h bis j dieses Protokolls enthaltenen Erklärungen erfasst.

33

Eine Erklärung wie die in Buchst. g des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Legalitätsprotokolls, nach der der Teilnehmer erklärt, nicht mit anderen am Vergabeverfahren Beteiligten übereingekommen zu sein oder übereinzukommen, den Wettbewerb zu beschränken oder zu verhindern, ist auf das Ziel beschränkt, die Grundsätze des Wettbewerbs und der Transparenz in den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu schützen.

34

Solche Verpflichtungen und Erklärungen betreffen das loyale Verhalten des Bewerbers oder Bieters gegenüber dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden öffentlichen Auftraggeber und die Zusammenarbeit mit den Ordnungskräften. Sie gehen daher nicht über das zur Bekämpfung von Infiltrationen der organisierten Kriminalität im Bereich der öffentlichen Aufträge Erforderliche hinaus.

35

Buchst. e des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Legalitätsprotokolls enthält jedoch eine Erklärung, nach der der Teilnehmer nicht von anderen Konkurrenten abhängig oder mit ihnen verbunden ist.

36

Wie die Europäische Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt hat, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs jedoch, dass der automatische Ausschluss von Bewerbern oder Bietern, die sich in einem solchen Verhältnis zu anderen Bewerbern oder Bietern befinden, über das hinausgeht, was zur Verhinderung kollusiver Verhaltensweisen und damit zur Sicherstellung der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Einhaltung des Transparenzgebots erforderlich ist. Ein solcher automatischer Ausschluss stellt nämlich eine unwiderlegliche Vermutung einer gegenseitigen Einflussnahme bei Angeboten für denselben Auftrag von Unternehmen dar, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen oder miteinander verbunden sind. Er schließt damit für den Bewerber oder Bieter die Möglichkeit aus, die Unabhängigkeit ihrer Angebote nachzuweisen, und läuft daher dem Unionsinteresse daran zuwider, dass die Beteiligung möglichst vieler Bieter an einer Ausschreibung sichergestellt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile Assitur, C‑538/07, EU:C:2009:317, Rn. 28 bis 30, sowie Serrantoni und Consorzio stabile edili, C‑376/08, EU:C:2009:808, Rn. 39 und 40).

37

Dieser Buchst. e enthält außerdem eine Erklärung, nach der der Teilnehmer keinen Vertrag mit anderen am Vergabeverfahren Beteiligten geschlossen hat oder schließen wird. Eine solche Erklärung geht dadurch, dass damit jede Vereinbarung zwischen den Beteiligten ausgeschlossen wird, und zwar auch solche, die nicht geeignet sind, den Wettbewerb zu beschränken, über das hinaus, was zur Wahrung des Grundsatzes des Wettbewerbs im Bereich der öffentlichen Aufträge erforderlich ist. Darin unterscheidet sie sich von der Erklärung nach Buchst. g des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Legalitätsprotokolls.

38

Daraus folgt, dass es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, wenn ein Teilnehmer an einem Vergabeverfahren verpflichtet ist, zu erklären, dass er zum einen nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu anderen Konkurrenten steht oder mit ihnen verbunden ist und zum anderen keinen Vertrag mit anderen am Vergabeverfahren Beteiligten abgeschlossen hat, und automatisch von diesem Verfahren ausgeschlossen wird, wenn er diese Erklärung nicht abgibt.

39

Das Gleiche gilt für die Erklärung in Buchst. f des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Legalitätsprotokolls, nach der der Teilnehmer erklärt, keinen Subunternehmerauftrag an andere am Vergabeverfahren beteiligte Unternehmen zu vergeben und sich dessen bewusst zu sein, dass andernfalls diese Subunternehmerverträge nicht zugelassen werden. Eine solche Erklärung beinhaltet eine unwiderlegliche Vermutung, dass die Vergabe eines Unterauftrags durch den Zuschlagsempfänger an einen anderen an derselben Ausschreibung Beteiligten nach der Auftragsvergabe auf einer Kollusion zwischen den beiden Unternehmen beruht, ohne ihnen die Möglichkeit zu lassen, das Gegenteil zu beweisen. Daher geht eine solche Erklärung über das hinaus, was zur Verhinderung kollusiver Verhaltensweisen erforderlich ist.

40

Darüber hinaus wäre es in Anbetracht des Ziels, dem Phänomen von Infiltrationen der organisierten Kriminalität vorzubeugen und es zu bekämpfen, gemäß den Buchst. b, c, g, h, und i des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Legalitätsprotokolls dem öffentlichen Auftraggeber mitzuteilen oder gegebenenfalls den Polizeikräften anzuzeigen, wenn ein anderes an der öffentlichen Ausschreibung beteiligtes Unternehmen auf den erfolgreichen Bieter Druck ausübt, damit dieser die Ausführung dieses Auftrags an das Unternehmen weitervergibt.

41

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Grundregeln und allgemeinen Grundsätze des Vertrags, insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung sowie das sich daraus ergebende Transparenzgebot, dahin zu verstehen sind, dass sie einer Vorschrift des nationalen Rechts nicht entgegenstehen, nach der ein öffentlicher Auftraggeber vorsehen kann, dass ein Bewerber oder Bieter von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags automatisch ausgeschlossen wird, wenn er nicht mit seinem Antrag eine schriftliche Annahme der Verpflichtungen und Erklärungen abgegeben hat, die in einem Legalitätsprotokoll wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden enthalten sind, dessen Zweck es ist, Infiltrationen der organisierten Kriminalität im Bereich der öffentlichen Aufträge zu bekämpfen. Soweit dieses Protokoll jedoch Erklärungen enthält, nach denen sich der Bewerber oder Bieter nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu anderen Bewerbern oder Bietern befindet oder mit diesen verbunden ist, keinen Vertrag mit anderen am Vergabeverfahren Beteiligten geschlossen hat und auch nicht schließen wird und keinerlei Aufgaben an andere an diesem Verfahren beteiligte Unternehmen weitervergeben wird, kann das Fehlen solcher Erklärungen nicht den automatischen Ausschluss des Bewerbers oder des Bieters von diesem Verfahren zur Folge haben.

Kosten

42

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:

 

Die Grundregeln und allgemeinen Grundsätze des AEU-Vertrags, insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung sowie das sich daraus ergebende Transparenzgebot, sind dahin zu verstehen, dass sie einer Vorschrift des nationalen Rechts nicht entgegenstehen, nach der ein öffentlicher Auftraggeber vorsehen kann, dass ein Bewerber oder Bieter von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags automatisch ausgeschlossen wird, wenn er nicht mit seinem Antrag eine schriftliche Annahme der Verpflichtungen und Erklärungen abgegeben hat, die in einem Legalitätsprotokoll wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden enthalten sind, dessen Zweck es ist, Infiltrationen der organisierten Kriminalität im Bereich der öffentlichen Aufträge zu bekämpfen. Soweit dieses Protokoll jedoch Erklärungen enthält, nach denen sich der Bewerber oder Bieter nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu anderen Bewerbern oder Bietern befindet oder mit diesen verbunden ist, keinen Vertrag mit anderen am Vergabeverfahren Beteiligten geschlossen hat und auch nicht schließen wird und keinerlei Aufgaben an andere an diesem Verfahren beteiligte Unternehmen weitervergeben wird, kann das Fehlen solcher Erklärungen nicht den automatischen Ausschluss des Bewerbers oder des Bieters von diesem Verfahren zur Folge haben.

 

Unterschriften


( * )   Verfahrenssprache: Italienisch.