URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

11. September 2014 ( *1 )

„Art. 267 AEUV — Nationale Verfassung — Obligatorisches Zwischenverfahren zur Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit — Prüfung der Vereinbarkeit eines innerstaatlichen Gesetzes sowohl mit dem Unionsrecht als auch mit der innerstaatlichen Verfassung — Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen — Kein bekannter Wohnsitz oder Aufenthalt des Beklagten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats — Vereinbarung über die Zuständigkeit bei Einlassung des Beklagten auf das Verfahren — Abwesenheitskurator“

In der Rechtssache C‑112/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 17. Dezember 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 8. März 2013, in dem Verfahren

A

gegen

B u. a.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz (Berichterstatter) sowie der Richter E. Juhász, A. Rosas, D. Šváby und C. Vajda,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von A, vertreten durch Rechtsanwalt T. Frad,

von B u. a., vertreten durch Rechtsanwalt A. Egger,

der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Hesse als Bevollmächtigten,

der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,

der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues, D. Colas und B. Beaupère-Manokha als Bevollmächtigte,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von L. D’Ascia, avvocato dello Stato,

der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Bogensberger, H. Krämer und A.‑M. Rouchaud‑Joët als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. April 2014

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 267 AEUV und Art. 24 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen A und B u. a. wegen einer von Letzteren gegen A vor den österreichischen Gerichten erhobenen Schadensersatzklage.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

In den Erwägungsgründen 2, 11 und 12 der Verordnung Nr. 44/2001 heißt es:

„(2)

Die Unterschiede zwischen bestimmten einzelstaatlichen Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen erschweren das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts. Es ist daher unerlässlich, Bestimmungen zu erlassen, um die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen zu vereinheitlichen und die Formalitäten im Hinblick auf eine rasche und unkomplizierte Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus den durch diese Verordnung gebundenen Mitgliedstaaten zu vereinfachen.

(11)

Die Zuständigkeitsvorschriften müssen in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten, und diese Zuständigkeit muss stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. Der Sitz juristischer Personen muss in der Verordnung selbst definiert sein, um die Transparenz der gemeinsamen Vorschriften zu stärken und Kompetenzkonflikte zu vermeiden.

(12)

Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten muss durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zuzulassen sind.“

4

Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung lautet:

„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.“

5

Art. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 bestimmt:

„(1)   Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, können vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nur gemäß den Vorschriften der Abschnitte 2 bis 7 dieses Kapitels verklagt werden.

(2)   Gegen diese Personen können insbesondere nicht die in Anhang I aufgeführten innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften geltend gemacht werden.“

6

In Abschnitt 7 („Vereinbarung über die Zuständigkeit“) des Kapitels II der Verordnung Nr. 44/2001 sieht Art. 24 vor:

„Sofern das Gericht eines Mitgliedstaats nicht bereits nach anderen Vorschriften dieser Verordnung zuständig ist, wird es zuständig, wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einlässt. Dies gilt nicht, wenn der Beklagte sich einlässt, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen oder wenn ein anderes Gericht aufgrund des Artikels 22 ausschließlich zuständig ist.“

7

In Abschnitt 8 („Prüfung der Zuständigkeit und der Zulässigkeit des Verfahrens“) dieses Kapitels der Verordnung Nr. 44/2001 heißt es in Art. 26:

„(1)   Lässt sich der Beklagte, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat und der vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats verklagt wird, auf das Verfahren nicht ein, so hat sich das Gericht von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn seine Zuständigkeit nicht nach dieser Verordnung begründet ist.

(2)   Das Gericht hat das Verfahren so lange auszusetzen, bis festgestellt ist, dass es dem Beklagten möglich war, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück so rechtzeitig zu empfangen, dass er sich verteidigen konnte oder dass alle hierzu erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind.

…“

8

In Kapitel III der Verordnung Nr. 44/2001, das die Überschrift „Anerkennung und Vollstreckung“ trägt, sieht Art. 34 Nr. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 vor, dass eine Entscheidung nicht anerkannt wird, wenn „dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, der Beklagte hat gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte“.

Österreichisches Recht

Bundes-Verfassungsgesetz

9

Nach Art. 89 Abs. 1 und 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) sind die ordentlichen Gerichte nicht befugt, Gesetze wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben. Der Oberste Gerichtshof und die zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständigen Gerichte haben, wenn sie ein Gesetz für verfassungswidrig erachten, einen Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

10

Nach Art. 92 Abs. 1 B-VG ist der Oberste Gerichtshof die oberste Instanz in Zivil- und Strafrechtssachen.

11

Gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof u. a. auf Antrag des Obersten Gerichtshofs und der in zweiter Instanz zuständigen Gerichte über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen. Nach Art. 140 Abs. 6 und 7 B-VG wirkt die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, mit der ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben wird, allgemein und bindet alle Gerichte und Verwaltungsbehörden.

Zivilprozessordnung

12

§ 115 der Zivilprozessordnung (ZPO) sieht grundsätzlich vor, dass an Personen, deren Abgabestelle unbekannt ist, durch öffentliche Bekanntmachung, die durch Aufnahme einer Mitteilung in die Ediktsdatei erfolgt, zuzustellen ist.

13

§ 116 ZPO sieht vor:

„Für Personen, an welche die Zustellung wegen Unbekanntheit des Aufenthaltes nur durch öffentliche Bekanntmachung geschehen könnte, hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen einen Kurator zu bestellen (§ 9 [ZPO]), wenn diese Personen infolge der an sie zu bewirkenden Zustellung zur Wahrung ihrer Rechte eine Prozesshandlung vorzunehmen hätten und insbesondere, wenn das zuzustellende Schriftstück eine Ladung derselben enthält.“

14

Gemäß § 117 ZPO ist die Bestellung des Kurators durch ein Edikt bekannt zu machen, dessen Inhalt in die Ediktsdatei aufgenommen wird.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

15

Am 12. Oktober 2009 erhoben B u. a. beim Landesgericht Wien eine Schadensersatzklage gegen A, mit der sie geltend machten, dieser habe in Kasachstan ihre Ehemänner bzw. Väter entführt.

16

Zur Zuständigkeit der österreichischen Gerichte trugen B u. a. vor, dass A seinen ordentlichen Wohnsitz im Sprengel des angerufenen Gerichts habe.

17

Das Landesgericht Wien unternahm mehrere Zustellungsversuche, bei denen sich ergab, dass A an der Zustelladresse keinen Wohnsitz mehr hatte. Am 27. August 2010 bestellte das Gericht auf Antrag von B u. a. gemäß § 116 ZPO für den Beklagten einen Abwesenheitskurator.

18

Nach Zustellung der Klage reichte der Abwesenheitskurator eine Klagebeantwortung ein, in der er die Abweisung der Klage beantragte und zahlreiche inhaltliche Einwendungen erhob, ohne indessen die fehlende internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte geltend zu machen.

19

Erst danach wurde in dem Verfahren eine von A bevollmächtigte Rechtsanwaltskanzlei tätig und erhob die Einrede der internationalen Unzuständigkeit der österreichischen Gerichte. Sie machte insoweit insbesondere geltend, dass das Auftreten des Abwesenheitskurators nicht die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte begründen könne, da A keinen Kontakt zu dem Abwesenheitskurator gehabt habe und dieser auch keine Kenntnis von den maßgeblichen Ereignissen in Kasachstan habe. Zu seinem Wohnsitz erklärte A, er habe Österreich vor Erhebung der Klage gegen ihn auf Dauer verlassen. Er machte gegenüber dem Gericht keine Angaben zu seinem Wohnsitz, da sein Leben in Gefahr sei, ersuchte aber darum, alle Zustellungen künftig an die ihn vertretende Rechtsanwaltskanzlei vorzunehmen.

20

Das Landesgericht Wien erklärte sich für international unzuständig und wies die Klage zurück. Zur Begründung führte es aus, dass A sich im Hoheitsgebiet der Republik Malta aufhalte und die Einlassung des Abwesenheitskurators keine Streiteinlassung im Sinne von Art. 24 der Verordnung Nr. 44/2001 darstelle.

21

Das Oberlandesgericht Wien gab dem von B u. a. gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs statt und verwarf die Einrede der internationalen Unzuständigkeit. Die nationalen Gerichte müssten eine Prüfung ihrer internationalen Zuständigkeit nur bei Nichtteilnahme des Beklagten gemäß Art. 26 der Verordnung Nr. 44/2001 vornehmen. Nach österreichischem Recht komme aber der Prozesshandlung des zur Wahrung der Interessen des Beklagten verpflichteten Abwesenheitskurators dieselbe Rechtswirkung zu wie jener eines rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten.

22

Vor dem Obersten Gerichtshof, zu dem er Revisionsrekurs eingelegt hatte, hat A eine Verletzung seiner in Art. 6 der am 4. November 1950 unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) garantierten Verteidigungsrechte geltend gemacht. Dagegen haben B u. a. eingewandt, dass diese Bestimmungen der EMRK und der Charta ebenfalls ihr Grundrecht auf ein effektives Gerichtsverfahren garantierten, das die Bestellung eines Abwesenheitskurators gemäß § 116 ZPO gebiete.

23

Nach Angaben des Obersten Gerichtshofs verfügte A bei Klageerhebung über einen Wohnsitz in Malta. Da der für A bestellte Abwesenheitskurator die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nicht in Zweifel gezogen habe, stelle sich die Frage, ob die von diesem Kurator eingebrachte Klagebeantwortung A zugerechnet werden könne und ein „Einlassen des Beklagten“ im Sinne von Art. 24 der Verordnung Nr. 44/2001 bedeute. Insoweit führt der Oberste Gerichtshof aus, dass die umfassende Vertretungsbefugnis des Abwesenheitskurators gemäß § 116 ZPO zur Wahrung des Grundrechts von B u. a. auf einen wirksamen Rechtsbehelf geboten sein könne, aber zugleich mit dem Grundrecht von A auf rechtliches Gehör unvereinbar sein könnte.

24

In diesem Zusammenhang führt das vorlegende Gericht aus, dass es Rechtsvorschriften, die dem Unionsrecht zuwiderliefen, gemäß dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts im Einzelfall unangewandt lasse; dies sei ständige Rechtsprechung. In einer Entscheidung vom 14. März 2012 (U 466/11) habe der Verfassungsgerichtshof jedoch in Abweichung von dieser Rechtsprechung entschieden, dass seine Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit nationaler Gesetze im Rahmen des Verfahrens der generellen Normenkontrolle gemäß Art. 140 B-VG auf die Bestimmungen der Charta ausgedehnt werden müsse. Im Rahmen dieses Verfahrens könnten nämlich die von der EMRK gewährleisteten Rechte vor ihm als Rechte mit Verfassungsrang geltend gemacht werden. Somit verlange der Äquivalenzgrundsatz, wie er sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergebe, dass auch die von der Charta garantierten Rechte einen Prüfungsmaßstab im Rahmen der generellen Normenkontrolle bildeten.

25

Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs hat diese Entscheidung zur Folge, dass die österreichischen Gerichte ein gegen die Charta verstoßendes Gesetz nicht eigenständig unangewandt lassen dürften, sondern „unbeschadet der Möglichkeit zur Einholung von Vorabentscheidungsverfahren“ einen Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof stellen müssten. Dieser habe ferner ausgeführt, dass keine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV bestehe, wenn ein von der österreichischen Verfassung garantiertes Recht denselben Anwendungsbereich habe wie ein von der Charta garantiertes Recht. In diesem Fall sei die Auslegung der Charta nicht entscheidungserheblich, da die Entscheidung über einen Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes dann auf der Grundlage der von der österreichischen Verfassung garantierten Rechte ergehen könne.

26

Das vorlegende Gericht stellt sich die Frage, ob der Äquivalenzgrundsatz gebiete, dass das Zwischenverfahren der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit auf die von der Charta garantierten Rechte ausgedehnt werde, da ein solcher Antrag die Verfahrensdauer verlängere und höhere Verfahrenskosten verursache. Das Ziel einer allgemeinen Rechtsbereinigung durch Aufhebung des gegen die Charta verstoßenden Gesetzes könne auch nach Abschluss des Verfahrens erreicht werden. Ferner könne der Umstand, dass ein von der österreichischen Verfassung garantiertes Grundrecht und ein sich aus der Charta ergebendes Recht denselben Anwendungsbereich hätten, die Vorlagepflicht nicht entfallen lassen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Auslegung dieses Grundrechts durch den Verfassungsgerichtshof sich von der des Gerichtshofs unterscheide und dass damit seine Entscheidung in Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 44/2001 eingreife.

27

Unter diesen Umständen hat der Oberste Gerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen, und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist aus dem europarechtlichen „Äquivalenzprinzip“ bei der Durchsetzung des Rechts der Europäischen Union für ein Verfahrenssystem, in dem die zur Sachentscheidung berufenen ordentlichen Gerichte zwar auch die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen zu prüfen haben, ihnen aber die generelle Aufhebung der Gesetze verwehrt ist, sondern einem in besonderer Weise organisierten Verfassungsgerichtshof vorbehalten wurde, abzuleiten, dass die ordentlichen Gerichte beim Verstoß eines Gesetzes gegen Art. 47 der Charta während des Verfahrens auch den Verfassungsgerichtshof zur allgemeinen Aufhebung des Gesetzes anrufen müssen und nicht bloß das Gesetz im konkreten Fall unangewandt lassen können?

2.

Ist Art. 47 der Charta dahin auszulegen, dass er einer Verfahrensbestimmung entgegensteht, wonach ein international unzuständiges Gericht einen Abwesenheitskurator für eine Partei, deren Aufenthalt nicht festgestellt werden kann, bestellt und dieser dann durch seine „Einlassung“ verbindlich die internationale Zuständigkeit bewirken kann?

3.

Ist Art. 24 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen, dass nur dann eine „Einlassung des Beklagten“ im Sinne dieser Bestimmung vorliegt, wenn die entsprechende Prozesshandlung durch den Beklagten selbst oder einen von ihm bevollmächtigten Rechtsvertreter gesetzt wurde, oder gilt dies ohne Einschränkung auch bei einem nach dem Recht des jeweiligen Mitgliedstaats bestellten Abwesenheitskurator?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

28

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Unionsrecht, und insbesondere Art. 267 AEUV, dahin auszulegen ist, dass es einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, nach der die ordentlichen Gerichte, die auf ein Rechtsmittel hin oder in letzter Instanz entscheiden, im Rahmen eines bei ihnen anhängigen Verfahrens, wenn ihrer Auffassung nach ein nationales Gesetz gegen Art. 47 der Charta verstößt, das Verfassungsgericht mit einem Antrag auf allgemeine Aufhebung des Gesetzes zu befassen haben, statt sich darauf zu beschränken, das Gesetz im konkreten Fall unangewandt zu lassen.

29

Zwar nimmt das vorlegende Gericht in der ersten Frage allein auf den Grundsatz der Äquivalenz Bezug, da der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung die Verpflichtung, ihn mit einem Antrag auf allgemeine Aufhebung eines gegen die Charta verstoßenden Gesetzes zu befassen, auf diesen Grundsatz gestützt hat. Jedoch lässt die Begründung der Vorlageentscheidung erkennen, dass das vorlegende Gericht insbesondere klären lassen möchte, ob diese Rechtsprechung mit den Verpflichtungen der ordentlichen Gerichte aus Art. 267 AEUV und dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts in Einklang steht.

30

In dieser Hinsicht geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass gemäß der in Rn. 24 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs die ordentlichen Gerichte, die auf ein Rechtsmittel hin oder in letzter Instanz entscheiden, den Verfassungsgerichtshof in dem Verfahren zur allgemein wirkenden Aufhebung von Gesetzen gemäß den Art. 89 und 140 B-VG anzurufen haben, wenn sie der Auffassung sind, dass ein Gesetz gegen die Charta verstößt. Da ein solcher Antrag auf allgemeine Aufhebung eines Gesetzes im Rahmen des vor diesen ordentlichen Gerichten anhängigen Verfahrens gestellt werden muss, ist das vorlegende Gericht der Auffassung, dass die Gerichte über den bei ihnen anhängigen Rechtsstreit in diesen Fällen nicht sofort entscheiden dürfen, indem sie ein ihrer Ansicht nach mit der Charta unvereinbares Gesetz unangewandt lassen.

31

Was ferner die Folgen dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung für die Verpflichtungen aus Art. 267 AEUV betrifft, beschränkt sich das vorlegende Gericht auf den Hinweis, dass die Verpflichtung, ein gegen die Charta verstoßendes Gesetz dem Verfassungsgerichtshof vorzulegen, nicht die Möglichkeit berührt, den Gerichtshof der Europäischen Union mit einem Vorabentscheidungsersuchen zu befassen, ohne jedoch klarzustellen, ob diese Möglichkeit bestimmten Voraussetzungen unterliegt.

32

Allerdings ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, in denen sich die in Rn. 24 des vorliegenden Urteils angeführte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs befindet, dass ein solcher Antrag auf allgemeine Aufhebung von Gesetzen die Befugnis der ordentlichen Gerichte unberührt lässt, dem Gerichtshof – gemäß der vom Verfassungsgerichtshof aus dem Urteil Melki und Abdeli (C‑188/10 und C‑189/10, EU:C:2010:363, Rn. 57) übernommenen Formulierung – in jedem Moment des Verfahrens, den sie für geeignet halten, und selbst nach Abschluss eines Zwischenverfahrens zur Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit jede Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, die sie für erforderlich halten, jede Maßnahme zu erlassen, die erforderlich ist, um den vorläufigen gerichtlichen Schutz der durch die Rechtsordnung der Union eingeräumten Rechte sicherzustellen, und nach Abschluss eines solchen Zwischenverfahrens eine mit dem Unionsrecht unvereinbare nationale gesetzliche Bestimmung unangewandt zu lassen. Dabei erachtet es der Verfassungsgerichtshof, wie aus Rn. 42 seiner Entscheidung hervorgeht, für maßgeblich, dass dem Gerichtshof nicht die Möglichkeit genommen wird, die Kontrolle der Gültigkeit von Sekundärrecht der Union am Maßstab des Primärrechts und der Charta auszuüben.

33

Die erste Frage ist im Licht dieser Aspekte zu beantworten.

34

Art. 267 AEUV verleiht dem Gerichtshof die Zuständigkeit, im Wege der Vorabentscheidung sowohl über die Auslegung der Verträge und der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union als auch über die Gültigkeit dieser Handlungen zu entscheiden. Nach Abs. 2 dieses Artikels kann ein einzelstaatliches Gericht derartige Fragen dem Gerichtshof vorlegen, wenn es eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält, und nach Abs. 3 ist das einzelstaatliche Gericht hierzu verpflichtet, wenn seine Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können.

35

Daraus folgt erstens, dass es zwar je nach der Gestaltung des Falls von Vorteil sein kann, wenn zum Zeitpunkt der Vorlage an den Gerichtshof der Sachverhalt der Rechtssache und die ausschließlich nach nationalem Recht zu beurteilenden Fragen geklärt sind (vgl. Urteile Irish Creamery Milk Suppliers Association u. a., 36/80 und 71/80, EU:C:1981:62, Rn. 6, Meilicke, C‑83/91, EU:C:1992:332, Rn. 26, sowie JämO, C‑236/98, EU:C:2000:173, Rn. 31), dass aber die nationalen Gerichte ein unbeschränktes Recht zur Vorlage an den Gerichtshof haben, wenn sie der Auffassung sind, dass ein bei ihnen anhängiges Verfahren Fragen der Auslegung oder der Gültigkeit der unionsrechtlichen Bestimmungen aufwirft, über die diese Gerichte im konkreten Fall entscheiden müssen (vgl. u. a. Urteile Rheinmühlen-Düsseldorf, 166/73, EU:C:1974:3, Rn. 3, Mecanarte, C‑348/89, EU:C:1991:278, Rn. 44, Cartesio, C‑210/06, EU:C:2008:723, Rn. 88, sowie Melki und Abdeli, EU:C:2010:363, Rn. 41).

36

Zweitens hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Unionsrechts anzuwenden hat, gehalten ist, für die volle Wirksamkeit dieser Normen Sorge zu tragen, indem es erforderlichenfalls jede – auch spätere – entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewandt lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste (vgl. u. a. Urteile Simmenthal, 106/77, EU:C:1978:49, Rn. 21 und 24, Filipiak, C‑314/08, EU:C:2009:719, Rn. 81, Melki und Abdeli, EU:C:2010:363, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Åkerberg Fransson, C‑617/10, EU:C:2013:105, Rn. 45).

37

Mit den in der Natur des Unionsrechts liegenden Erfordernissen wäre nämlich jede Bestimmung einer nationalen Rechtsordnung oder jede Gesetzgebungs-, Verwaltungs- oder Gerichtspraxis unvereinbar, die dadurch zu einer Schwächung der Wirksamkeit des Unionsrechts führen würde, dass dem für die Anwendung dieses Rechts zuständigen Gericht die Befugnis abgesprochen wird, bereits zum Zeitpunkt dieser Anwendung alles Erforderliche zu tun, um diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften auszuschalten, die unter Umständen ein Hindernis für die volle Wirksamkeit der Unionsnormen bilden (vgl. Urteile Simmenthal, EU:C:1978:49, Rn. 22, Factortame u. a., C‑213/89, EU:C:1990:257, Rn. 20, sowie Åkerberg Fransson, EU:C:2013:105, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies wäre dann der Fall, wenn bei einem Widerspruch zwischen einer unionsrechtlichen Bestimmung und einem staatlichen Gesetz die Lösung dieses Normenkonflikts einem über ein eigenes Beurteilungsermessen verfügenden anderen Organ als dem Gericht, das für die Anwendung des Unionsrechts zu sorgen hat, vorbehalten wäre, selbst wenn das daraus folgende Hindernis für die volle Wirksamkeit dieses Rechts nur vorübergehender Art wäre (vgl. Urteile Simmenthal, EU:C:1978:49, Rn. 23, sowie Melki und Abdeli, EU:C:2010:363, Rn. 44).

38

Drittens hat der Gerichtshof festgestellt, dass ein innerstaatliches Gericht, bei dem ein das Unionsrecht betreffender Rechtsstreit anhängig ist und das die Auffassung vertritt, dass eine innerstaatliche Vorschrift nicht nur gegen das Unionsrecht verstößt, sondern darüber hinaus verfassungswidrig ist, auch dann, wenn zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer innerstaatlichen Vorschrift ein Rechtsbehelf zum Verfassungsgericht zwingend vorgeschrieben ist, gemäß Art. 267 AEUV befugt bzw. verpflichtet ist, dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung oder der Gültigkeit des Unionsrechts vorzulegen. Die Wirksamkeit des Unionsrechts wäre nämlich gefährdet, wenn der Umstand, dass ein Rechtsbehelf zum Verfassungsgericht zwingend vorgeschrieben ist, das innerstaatliche Gericht, bei dem ein nach Unionsrecht zu entscheidender Rechtsstreit anhängig ist, daran hindern könnte, von der ihm durch Art. 267 AEUV eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, dem Gerichtshof Fragen vorzulegen, die die Auslegung und die Gültigkeit des Unionsrechts betreffen, um darüber entscheiden zu können, ob eine innerstaatliche Vorschrift mit dem Unionsrecht vereinbar ist oder nicht (Urteil Melki und Abdeli, EU:C:2010:363, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39

Nach der in den Rn. 35 bis 38 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung machen es das Funktionieren des durch Art. 267 AEUV geschaffenen Systems der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten und der Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts notwendig, dass es dem nationalen Gericht freisteht, in jedem Moment des Verfahrens, den es für geeignet hält, und selbst nach Abschluss eines Zwischenverfahrens zur Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit dem Gerichtshof jede Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, die es für erforderlich hält (vgl. in diesem Sinne Urteil Melki und Abdeli, EU:C:2010:363, Rn. 51 und 52).

40

Ferner hat, soweit das nationale Recht die Verpflichtung vorsieht, ein Zwischenverfahren zur allgemeinen Normenkontrolle einzuleiten, das Funktionieren des durch Art. 267 AEUV geschaffenen Systems zur Voraussetzung, dass es dem nationalen Gericht freisteht, zum einen jede Maßnahme zu erlassen, die erforderlich ist, um den vorläufigen gerichtlichen Schutz der durch die Rechtsordnung der Union eingeräumten Rechte sicherzustellen, und zum anderen nach Abschluss eines solchen Zwischenverfahrens die betreffende nationale gesetzliche Bestimmung unangewandt zu lassen, wenn es sie als unionsrechtswidrig ansieht (vgl. Urteil Melki und Abdeli, EU:C:2010:363, Rn. 53).

41

Was schließlich die parallele Anwendbarkeit der von einer nationalen Verfassung garantierten Grundrechte und der von der Charta garantierten Grundrechte auf nationale Rechtsvorschriften zur Durchführung des Unionsrechts im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta betrifft, ist hervorzuheben, dass die Vorrangigkeit eines Zwischenverfahrens zur Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit eines nationalen Gesetzes, dessen Inhalt sich auf die Umsetzung zwingender Bestimmungen einer Unionsrichtlinie beschränkt, nicht die alleinige Zuständigkeit des Gerichtshofs beeinträchtigen darf, eine Handlung der Union und insbesondere eine Richtlinie für ungültig zu erklären, da diese Zuständigkeit Rechtssicherheit gewährleisten soll, indem sie die einheitliche Anwendung des Unionsrechts sicherstellt (vgl. in diesem Sinne Urteile Foto-Frost, 314/85, EU:C:1987:452, Rn. 15 bis 20, IATA und ELFAA, C‑344/04, EU:C:2006:10, Rn. 27, Lucchini, C‑119/05, EU:C:2007:434, Rn. 53, sowie Melki und Abdeli, EU:C:2010:363, Rn. 54).

42

Soweit die Vorrangigkeit eines Zwischenverfahrens zur Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit dazu führt, dass ein nationales Gesetz, das auf die Umsetzung zwingender Bestimmungen einer Unionsrichtlinie beschränkt ist, wegen Unvereinbarkeit mit der nationalen Verfassung aufgehoben wird, könnte dem Gerichtshof nämlich in der Praxis die Möglichkeit genommen sein, auf Ersuchen der Tatgerichte des betreffenden Mitgliedstaats die Gültigkeit dieser Richtlinie im Hinblick auf die gleichen Gründe bezogen auf die Anforderungen des Primärrechts und insbesondere der Rechte aus der nach Art. 6 EUV mit den Verträgen rechtlich gleichrangigen Charta zu kontrollieren (Urteil Melki und Abdeli, EU:C:2010:363, Rn. 55).

43

Bevor im Zwischenverfahren die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes, dessen Inhalt auf die Umsetzung zwingender Bestimmungen einer Unionsrichtlinie beschränkt ist, im Hinblick auf die gleichen Gründe, aus denen die Gültigkeit der Richtlinie in Frage steht, kontrolliert werden kann, sind die nationalen Gerichte, deren Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, grundsätzlich nach Art. 267 Abs. 3 AEUV verpflichtet, den Gerichtshof zur Gültigkeit dieser Richtlinie zu befragen und anschließend die Konsequenzen zu ziehen, die sich aus dem vom Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren erlassenen Urteil ergeben, sofern nicht das Gericht, das die im Zwischenverfahren erfolgende Kontrolle veranlasst hat, selbst dem Gerichtshof diese Frage gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV vorgelegt hat. Handelt es sich um ein nationales Umsetzungsgesetz mit einem derartigen Inhalt, ist nämlich die Frage, ob die Richtlinie gültig ist, angesichts der Verpflichtung zu deren Umsetzung als Vorfrage anzusehen (Urteil Melki und Abdeli, EU:C:2010:363, Rn. 56).

44

Im Übrigen steht es, wenn das Unionsrecht den Mitgliedstaaten bei der Durchführung eines Unionsrechtsakts einen Ermessensspielraum einräumt, den nationalen Behörden und Gerichten weiterhin frei, die Einhaltung der durch die nationale Verfassung gewährleisteten Grundrechte sicherzustellen, sofern durch die Anwendung nationaler Schutzstandards für die Grundrechte weder das Schutzniveau der Charta, wie sie vom Gerichtshof ausgelegt wird, noch der Vorrang, die Einheit und die Wirksamkeit des Unionsrechts beeinträchtigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Melloni, C‑399/11, EU:C:2013:107, Rn. 60).

45

Was den Äquivalenzgrundsatz betrifft, auf den das vorlegende Gericht in seinem Vorabentscheidungsersuchen Bezug nimmt, so dürfen nach diesem Grundsatz die Verfahrensmodalitäten für Klagen, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nicht weniger günstig ausgestaltet sein als diejenigen, die für entsprechende innerstaatliche Klagen gelten (Urteile Transportes Urbanos y Servicios Generales, C‑118/08, EU:C:2010:39, Rn. 33, sowie Agrokonsulting-04, C‑93/12, EU:C:2013:432, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Anwendung des Äquivalenzgrundsatzes kann jedoch nicht bewirken, dass die innerstaatlichen Gerichte bei der Befolgung der innerstaatlichen Verfahrensmodalitäten von der strikten Beachtung der sich aus Art. 267 AEUV ergebenden Anforderungen befreit sind.

46

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass das Unionsrecht, und insbesondere Art. 267 AEUV, dahin auszulegen ist, dass es einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, nach der die ordentlichen Gerichte, die auf ein Rechtsmittel hin oder in letzter Instanz entscheiden, im Rahmen eines bei ihnen anhängigen Verfahrens, wenn ihrer Auffassung nach ein nationales Gesetz gegen Art. 47 der Charta verstößt, das Verfassungsgericht mit einem Antrag auf allgemeine Aufhebung des Gesetzes zu befassen haben, statt sich darauf zu beschränken, das Gesetz im konkreten Fall unangewandt zu lassen, soweit die Vorrangigkeit dieses Verfahrens zur Folge hat, dass die ordentlichen Gerichte – sei es vor einer solchen Antragstellung bei dem für die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zuständigen nationalen Gericht, sei es gegebenenfalls nach dessen Entscheidung über den Antrag – an der Wahrnehmung ihrer Befugnis oder der Erfüllung ihrer Verpflichtung gehindert sind, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Dagegen ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 267 AEUV, dahin auszulegen, dass es einer solchen nationalen Regelung nicht entgegensteht, soweit es den ordentlichen Gerichten freisteht,

in jedem Moment des Verfahrens, den sie für geeignet halten, und selbst nach Abschluss eines Zwischenverfahrens zur allgemeinen Normenkontrolle dem Gerichtshof jede Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, die sie für erforderlich halten,

jede Maßnahme zu erlassen, die erforderlich ist, um den vorläufigen gerichtlichen Schutz der durch die Rechtsordnung der Union eingeräumten Rechte sicherzustellen, und

nach Abschluss eines solchen Zwischenverfahrens die fragliche nationale gesetzliche Bestimmung unangewandt zu lassen, wenn sie sie als unionsrechtswidrig ansehen.

Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die nationalen Rechtsvorschriften im Einklang mit diesen Anforderungen des Unionsrechts ausgelegt werden können.

Zur zweiten und zur dritten Frage

47

Mit seiner zweiten und seiner dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 24 der Verordnung Nr. 44/2001 im Licht von Art. 47 der Charta dahin auszulegen ist, dass dann, wenn ein innerstaatliches Gericht für einen Beklagten, dessen Wohnsitz unbekannt ist und dem daher das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht zugestellt worden ist, nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften einen Abwesenheitskurator bestellt hat und dieser sich auf das Verfahren einlässt, dies einer Einlassung des Beklagten auf das Verfahren im Sinne von Art. 24 dieser Verordnung gleichkommt, die die internationale Zuständigkeit des innerstaatlichen Gerichts begründet.

48

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass A nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts zu dem Zeitpunkt, zu dem der Ausgangsrechtsstreit vor den österreichischen Gerichten eingeleitet wurde, keinen Wohnsitz mehr in diesem Mitgliedstaat hatte. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist zudem eine Schadensersatzklage wegen Entführungen, die sich nicht in Österreich, sondern in Kasachstan ereignet haben. Damit ergibt sich die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nicht aus Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001. Es ist nicht ersichtlich, dass der Ausgangsrechtsstreit einen wie auch immer gearteten Bezug zu dem österreichischen Hoheitsgebiet hat, der die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nach den Bestimmungen dieser Verordnung begründen könnte, wenn sich A nicht im Sinne von Art. 24 der Verordnung vor dem angerufenen Gericht auf das Verfahren eingelassen hat.

49

Hierzu geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass ein gemäß § 116 ZPO bestellter Abwesenheitskurator über eine umfassende Vertretungsbefugnis verfügt, die die Befugnis einschließt, sich für den abwesenden Beklagten auf das Verfahren einzulassen.

50

Nach ständiger Rechtsprechung jedoch sind die Vorschriften der Verordnung Nr. 44/2001 autonom unter Berücksichtigung vor allem ihrer Systematik und ihrer Zielsetzungen auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteile Cartier parfums-lunettes und Axa Corporate Solutions Assurance, C‑1/13, EU:C:2014:109, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Hi Hotel HCF, C‑387/12, EU:C:2014:215, Rn. 24).

51

Ferner sind die Bestimmungen des Unionsrechts wie die der Verordnung Nr. 44/2001 im Licht der Grundrechte auszulegen, die nach ständiger Rechtsprechung zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehören, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat, und nun in der Charta verankert sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Google Spain und Google, C‑131/12, EU:C:2014:317, Rn. 68 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Insoweit ist zu beachten, dass die Bestimmungen der Verordnung Nr. 44/2001 insgesamt das Bestreben zum Ausdruck bringen, sicherzustellen, dass im Rahmen der Ziele der Verordnung die Verfahren, die zum Erlass gerichtlicher Entscheidungen führen, unter Wahrung der in Art. 47 der Charta verankerten Verteidigungsrechte durchgeführt werden (vgl. Urteile Hypoteční banka, C‑327/10, EU:C:2011:745, Rn. 48 und 49, und G, C‑292/10, EU:C:2012:142, Rn. 47 und 48 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

52

Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Einlassung eines Abwesenheitskurators als Einlassung des Beklagten auf das Verfahren im Sinne von Art. 24 dieser Verordnung anzusehen ist.

53

Insoweit ist zunächst daran zu erinnern, dass sich dieser Art. 24 in Abschnitt 7 des Kapitels II der Verordnung Nr. 44/2001 befindet, der die Überschrift „Vereinbarung über die Zuständigkeit“ trägt. Art. 24 Satz 1 der Verordnung sieht für alle Streitigkeiten, für die sich die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht aus anderen Vorschriften dieser Verordnung ergibt, eine Zuständigkeitsregel vor, die auf der Einlassung des Beklagten auf das Verfahren beruht. Diese Bestimmung findet auch in Fällen Anwendung, in denen das Gericht unter Verstoß gegen die Bestimmungen dieser Verordnung angerufen worden ist, und beinhaltet, dass die Einlassung des Beklagten auf das Verfahren als stillschweigende Anerkennung der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und somit als Vereinbarung von dessen Zuständigkeit betrachtet werden kann (vgl. Urteile ČPP Vienna Insurance Group, C‑111/09, EU:C:2010:290, Rn. 21, sowie Cartier parfums-lunettes und Axa Corporate Solutions Assurance, EU:C:2014:109, Rn. 34).

54

Somit ist, wie der Generalanwalt in Nr. 43 seiner Schlussanträge hervorgehoben hat, die stillschweigende Vereinbarung der Zuständigkeit gemäß Art. 24 Satz 1 der Verordnung Nr. 44/2001 auf eine bewusste Entscheidung der Parteien des Rechtsstreits über diese Zuständigkeit gegründet, was voraussetzt, dass der Beklagte Kenntnis von dem gegen ihn eingeleiteten Verfahren hat. Bei einem nicht anwesenden Beklagten, dem der verfahrenseinleitende Schriftsatz nicht zugestellt worden ist und der von dem gegen ihn eingeleiteten Verfahren keine Kenntnis hat, kann dagegen nicht davon ausgegangen werden, dass er die Zuständigkeit des angerufenen Richters stillschweigend anerkannt hat.

55

Außerdem kann ein abwesender Beklagter, der keine Kenntnis von der gegen ihn erhobenen Klage und der Bestellung eines Abwesenheitskurators hat, diesem nicht die für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts erforderlichen Informationen mitteilen, und er kann es diesem nicht ermöglichen, dieser Zuständigkeit sachgerecht entgegenzutreten oder sie in Kenntnis der Sachlage anzuerkennen. Unter diesen Umständen kann die Einlassung des Abwesenheitskurators auch nicht als eine stillschweigende Zustimmung des Beklagten angesehen werden.

56

Zweitens ist zu bedenken, dass die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts im Rahmen der Verordnung Nr. 44/2001, wie aus deren Art. 26 und 34 Nr. 2 hervorgeht, nur dann Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung von Amts wegen oder auf Antrag des Beklagten ist, wenn dieser sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat. Unter diesen Umständen setzt die Wahrung der Verteidigungsrechte voraus, dass ein rechtlicher Vertreter sich für den Beklagten nur dann wirksam im Sinne der Verordnung Nr. 44/2001 auf das Verfahren einlassen kann, wenn er tatsächlich in der Lage ist, die Verteidigung der Rechte des abwesenden Beklagten sicherzustellen. Wie sich jedoch aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 27 Nr. 2 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der Fassung der Übereinkommen über den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zu diesem Übereinkommen sowie der Rechtsprechung zu Art. 34 Nr. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 ergibt, ist ein Beklagter, der von dem gegen ihn eingeleiteten Verfahren keine Kenntnis hat und für den ein von ihm nicht mandatierter Rechtsanwalt oder „Prozesspfleger“ erscheint, außerstande, sich wirksam zu verteidigen, und daher als ein Beklagter zu betrachten, der sich im Sinne dieser Vorschrift nicht auf das Verfahren eingelassen hat, selbst wenn das Verfahren kontradiktorischen Charakter angenommen hat (vgl. in diesem Sinne in Bezug auf die Auslegung des genannten Übereinkommens vom 27. September 1968 in geänderter Fassung Urteil Hendrikman und Feyen, C‑78/95, EU:C:1996:380, Rn. 18, sowie Urteil Hypoteční banka, EU:C:2011:745, Rn. 53 und 54).

57

Drittens stünde eine Auslegung von Art. 24 der Verordnung, wonach sich ein Abwesenheitskurator für den abwesenden Beklagten einlassen könnte, nicht mit den Zielen der in dieser Verordnung aufgestellten Zuständigkeitsregeln in Einklang, die gemäß dem elften Erwägungsgrund der Verordnung in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten müssen. Denn in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der das verfahrenseinleitende Schriftstück A, der seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem des angerufenen Gerichts hatte, nicht zugestellt wurde, kann die Begründung der internationalen Zuständigkeit der österreichischen Gerichte durch die Einlassung des für A bestellten Abwesenheitskurators nicht als vorhersehbar angesehen werden.

58

Schließlich erfordert auch das von Art. 47 der Charta garantierte Recht des Klägers auf einen wirksamen Rechtsbehelf, das im Rahmen der Verordnung Nr. 44/2001 unter gleichzeitiger Beachtung der Verteidigungsrechte des Beklagten zu berücksichtigen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Hypoteční banka, EU:C:2011:745, Rn. 48 und 49, sowie G, EU:C:2012:142, Rn. 47 und 48), entgegen dem Vorbringen von B u. a. in ihren vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen keine andere Auslegung von Art. 24 der Verordnung.

59

Insoweit heben B u. a. hervor, dass A im Rahmen des Ausgangsrechtsstreits seinen gegenwärtigen Wohnsitz immer noch nicht angegeben habe und so die Bestimmung des zuständigen Gerichts und die Ausübung ihres Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf verhindere. In dieser Situation müsse es, um eine Justizverweigerung zu vermeiden und einen gerechten Ausgleich zwischen den Rechten des Klägers und des Beklagten zu gewährleisten, gemäß der in der vorstehenden Randnummer angeführten Rechtsprechung als zulässig angesehen werden, dass sich ein Abwesenheitskurator im Sinne von Art. 24 der Verordnung Nr. 44/2001 für den Beklagten auf das Verfahren einlassen könne.

60

Insoweit hat der Gerichtshof zwar unter den besonderen Umständen der Rechtssachen Hypoteční banka (EU:C:2011:745) und G (EU:C:2012:142) entschieden, dass die Verordnung Nr. 44/2001, im Licht von Art. 47 der Charta ausgelegt, einem Verfahren gegen einen abwesenden Beklagten, in dem diesem eine wirksame Verteidigung nicht möglich war, nicht entgegenstand. Er hat hierbei aber die Tatsache hervorgehoben, dass dieser Beklagte die Möglichkeit hat, die Wahrung seiner Verteidigungsrechte zu erwirken, indem er sich nach Art. 34 Nr. 2 der Verordnung gegen die Anerkennung der gegen ihn ergangenen Entscheidung wehrt (vgl. in diesem Sinne Urteile Hypoteční banka, EU:C:2011:745, Rn. 54 und 55, sowie G, C‑292/10, EU:C:2012:142, Rn. 57 und 58). Diese Möglichkeit eines Rechtsbehelfs auf der Grundlage von Art. 34 Nr. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 hat aber, wie in Rn. 56 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, zur Voraussetzung, dass sich der Beklagte nicht auf das Verfahren eingelassen hat und dass die Verfahrenshandlungen des Prozesspflegers oder Abwesenheitskurators nicht einer solchen Einlassung des Beklagten im Sinne der Verordnung gleichkommen. Im vorliegenden Fall bewirken dagegen die vom Abwesenheitskurator gemäß § 116 ZPO vorgenommenen Verfahrenshandlungen, dass A im Hinblick auf die innerstaatliche Regelung so zu behandeln ist, als hätte er sich vor dem angerufenen Gericht auf das Verfahren eingelassen. Es ist festzustellen, dass eine Auslegung von Art. 24 der Verordnung Nr. 44/2001, wonach ein solcher Prozesspfleger oder Abwesenheitskurator sich für den Beklagten im Sinne von Art. 24 der Verordnung Nr. 44/2001 auf das Verfahren einlassen kann, keinen gerechten Ausgleich zwischen den Rechten auf einen wirksamen Rechtsbehelf und den Verteidigungsrechten herstellt.

61

Daher ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass Art. 24 der Verordnung Nr. 44/2001 im Licht von Art. 47 der Charta dahin auszulegen ist, dass dann, wenn ein innerstaatliches Gericht für einen Beklagten, dessen Wohnsitz unbekannt ist und dem daher das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht zugestellt worden ist, nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften einen Abwesenheitskurator bestellt hat und dieser sich auf das Verfahren einlässt, dies nicht einer Einlassung des Beklagten auf das Verfahren im Sinne von Art. 24 dieser Verordnung gleichkommt, die die internationale Zuständigkeit des innerstaatlichen Gerichts begründet.

Kosten

62

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Das Unionsrecht, und insbesondere Art. 267 AEUV, ist dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, nach der die ordentlichen Gerichte, die auf ein Rechtsmittel hin oder in letzter Instanz entscheiden, im Rahmen eines bei ihnen anhängigen Verfahrens, wenn ihrer Auffassung nach ein nationales Gesetz gegen Art. 47 der Charta verstößt, das Verfassungsgericht mit einem Antrag auf allgemeine Aufhebung des Gesetzes zu befassen haben, statt sich darauf zu beschränken, das Gesetz im konkreten Fall unangewandt zu lassen, soweit die Vorrangigkeit dieses Verfahrens zur Folge hat, dass die ordentlichen Gerichte – sei es vor einer solchen Antragstellung bei dem für die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zuständigen nationalen Gericht, sei es gegebenenfalls nach dessen Entscheidung über den Antrag – an der Wahrnehmung ihrer Befugnis oder der Erfüllung ihrer Verpflichtung gehindert sind, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Dagegen ist das Unionsrecht, und insbesondere Art. 267 AEUV, dahin auszulegen, dass es einer solchen nationalen Regelung nicht entgegensteht, soweit es den ordentlichen Gerichten freisteht,

in jedem Moment des Verfahrens, den sie für geeignet halten, und selbst nach Abschluss eines Zwischenverfahrens zur allgemeinen Normenkontrolle dem Gerichtshof jede Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, die sie für erforderlich halten,

jede Maßnahme zu erlassen, die erforderlich ist, um den vorläufigen gerichtlichen Schutz der durch die Rechtsordnung der Union eingeräumten Rechte sicherzustellen, und

nach Abschluss eines solchen Zwischenverfahrens die fragliche nationale gesetzliche Bestimmung unangewandt zu lassen, wenn sie sie als unionsrechtswidrig ansehen.

Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die nationalen Rechtsvorschriften im Einklang mit diesen Anforderungen des Unionsrechts ausgelegt werden können.

 

2.

Art. 24 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass dann, wenn ein innerstaatliches Gericht für einen Beklagten, dessen Wohnsitz unbekannt ist und dem daher das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht zugestellt worden ist, nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften einen Abwesenheitskurator bestellt hat und dieser sich auf das Verfahren einlässt, dies nicht einer Einlassung des Beklagten auf das Verfahren im Sinne von Art. 24 dieser Verordnung gleichkommt, die die internationale Zuständigkeit des innerstaatlichen Gerichts begründet.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.