61988C0126

Schlussanträge des Generalanwalts Van Gerven vom 24. Januar 1990. - BOOTS COMPANY PLC GEGEN COMMISSIONERS OF CUSTOMS AND EXCISE. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: HIGH COURT OF JUSTICE, QUEEN'S BENCH DIVISION - VEREINIGTES KOENIGREICH. - MEHRWERTSTEUER - SECHSTE RICHTLINIE - BESTEUERUNGSGRUNDLAGE. - RECHTSSACHE 126/88.

Sammlung der Rechtsprechung 1990 Seite I-01235


Schlußanträge des Generalanwalts


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Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1 . Der High Court of Justice hat dem Gerichtshof mehrere Fragen nach der Auslegung von Artikel 11 Teil A im Abschnitt VIII "Besteuerungsgrundlage" der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ( 1 ) zur Vorabentscheidung vorgelegt . Die Auslegungsfragen betreffen insbesondere die beiden folgenden Bestimmungen :

- Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie :

"A - Im Inland

1 . Die Besteuerungrundlage ist :

a ) Bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter den Buchstaben b, c und d genannt sind, alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen;

b ) ...

c ) ...

d ) ..."

- Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie :

"3 . In die Besteuerungsgrundlage sind nicht einzubeziehen :

a ) ...

b ) die Rabatte und Rückvergütungen auf den Preis, die dem Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger eingeräumt werden und die er zu dem Zeitpunkt erhält, zu dem der Umsatz bewirkt wird;

c ) ..."

Problemstellung

2 . Die Vorabentscheidungsfragen stellen sich in einem Rechtsstreit der Boots Company PLC ( nachstehend : Firma Boots ) gegen die Commissioners of Customs and Excise ( nachstehend : Commissioners ).

Die Boots-Gruppe betreibt eine Kette von Ladengeschäften, in denen Medikamente, Körperpflegeartikel und verschiedene andere Waren verkauft werden . Um den Verkauf zu fördern, bedient sich die Firma regelmässig einer Werbeaktion, bei der Gutscheine verwendet werden . Der Kunde, der einen derartigen Gutschein beim Kauf der auf dem Gutschein angegebenen Ware einlöst, erhält eine Ermässigung des bar zu zahlenden Preises in Höhe des auf dem Gutschein aufgedruckten Betrags . Die Kosten dieser Werbeaktionen werden teils ganz oder teilweise vom Hersteller der betreffenden Waren getragen, teils ganz oder teilweise von der Firma Boots selbst . Die Parteien sind sich darüber einig, daß auf den Betrag, den die Firma Boots den Herstellern für den von ihnen zu finanzierenden Teil der gewährten Preisermässigungen in Rechnung stellt, Mehrwertsteuer geschuldet wird . Der Streit betrifft deshalb nur die Preisermässigung über die Gutscheine, die zu Lasten der Firma Boots geht .

3 . Die in den Boots-Ladengeschäften angenommenen Gutscheine werden auf verschiedene Art und Weise in der Öffentlichkeit verbreitet . Teils werden die Gutscheine in der Presse oder in kostenlos verteilten Prospekten abgedruckt . Die britischen Behörden sind sich in der Praxis darüber einig, daß beim Erwerb einer Ware unter Einlösung eines auf diese Weise verteilten Gutscheins Umsatzsteuer nur auf den Geldbetrag geschuldet wird, den der Abnehmer der Firma Boots zahlt; der auf dem Gutschein angegebene Wert wird deshalb nicht in die Besteuerungsgrundlage - d . h . den Betrag, auf den die Steuer geschuldet wird - einbezogen . In der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof hat der Bevollmächtigte der britischen Regierung offengelassen, ob diese Praxis in Einklang mit den Vorschriften der Richtlinie steht .

In anderen Fällen wird der Gutschein auf die Verpackung von in Boots-Ladengeschäften verkauften Waren ( nachstehend : Premium Goods ) aufgedruckt oder ihr beigefügt . Der Abnehmer, der eine derartige Ware kauft, erhält gleichzeitig den Gutschein ohne jeden Preisaufschlag . Beim Erwerb der auf dem Gutschein angegebenen Ware unter Einlösung des Gutscheins erkennt die Firma Boots an, daß dieser Gutschein wie ein auf dem Weg über die Presse oder Prospekte verteilter Gutschein Anspruch auf eine Preisermässigung in Höhe des aufgedruckten Wertes gibt .

In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Firma Boots erläutert, daß der Betrag auf dem Gutschein je nach der Gewinnspanne 5 bis 31 % des Verkaufspreises der später verkauften Ware entspreche . In der mündlichen Verhandlung ist ferner darauf hingewiesen worden, daß die Premium Goods und die später erworbene Ware nicht notwendigerweise gleichartig seien, jedoch bei der Lieferung dem gleichen Satz der Mehrwertsteuer unterlägen .

4 . Die Firma Boots vertritt die Ansicht, daß beim Erwerb der auf dem Gutschein angegebenen Ware durch den Kunden unter Einlösung eines bei einem früheren Erwerb erhaltenen Gutscheins Umsatzsteuer nur auf den vom Käufer tatsächlich gezahlten Geldbetrag erhoben werden dürfe . Deshalb müsse die Besteuerungsgrundlage auf dieselbe Weise bestimmt werden wie beim Erwerb einer Ware unter Einlösung eines durch die Presse oder Prospekte verteilten Gutscheins . Die Commissioners sind dagegen der Ansicht, daß es sich um unterschiedliche Sachverhalte handele, da der Kunde im einen Fall zuvor eine Ware kaufen müsse, im anderen jedoch nicht . Die Commissioners erließen gegen die Firma Boots einen Nacherhebungsbescheid in Höhe von 10 727,30 UKL für das Jahr 1984 . Das Valü Added Tax Tribunal bestätigte diesen Bescheid . Die Firma Boots legte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel zum High Court of Justice ein . In diesem Rechtsmittelverfahren hat der High Court dem Gerichtshof folgende Fragen vorgelegt :

"1 ) Ist Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie des Rates dahin auszulegen, daß 'alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll' , nur aus dem vom Kunden gezahlten Geldbetrag besteht?

2 ) Erhält ein Einzelhändler eine Gegenleistung von einem Kunden im Sinne des Artikels 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie des Rates, wenn er vom Kunden einen Gutschein entgegennimmt, der diesem Anspruch auf einen Preisnachlaß beim Kauf von auf diesem Gutschein angegebenen Waren gibt, den der Einzelhändler beim Kauf anderer Waren zum gewöhnlichen Einzelhandelspreis ausgegeben hat?

3 ) Ist der Ausdruck 'die Rabatte und Rückvergütungen auf den Preis, die dem Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger eingeräumt werden' in Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie des Rates dahin auszulegen, daß er den Unterschied erfasst, der zwischen dem gewöhnlichen Einzelhandelspreis der gelieferten Waren und dem vom Einzelhändler für diese Waren tatsächlich erhaltenen Geldbetrag besteht, wenn gleichzeitig ein in der beschriebenen Weise erhaltener Gutschein eingelöst wird?

4 ) Wenn ein Einzelhändler einem Kunden 'Redemption Goods' für einen Geldbetrag liefert, der unter dem normalen Einzelhandelspreis der Waren liegt, weil der Kunde bei der Lieferung einen beim Kauf anderer Waren bei demselben Einzelhändler erworbenen Gutschein einlöst,

a ) ist dann die Besteuerungsgrundlage nach Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie des Rates der von dem Einzelhändler für die 'Redemption Goods' eingenommene Geldbetrag oder

b ) der von dem Einzelhändler für die 'Redemption Goods' eingenommene Geldbetrag zusammen mit dem Wert des Gutscheins - und wenn dies der Fall ist, wie ist der Wert des Gutscheins anzusetzen? - oder,

c ) wenn weder das eine noch das andere gilt, welches ist unter diesen Umständen die Besteuerungsgrundlage?

5 ) Wenn die 'Gegenleistung' nicht nur die Zahlung von Geld einschließt, sondern auch die Einlösung des Gutscheins beim Lieferer der betreffenden Waren, verbietet es dann Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a einem Mitgliedstaat, die Besteuerungsgrundlage entsprechend dem Preis festzusetzen, den der Kunde zu zahlen hätte, wenn die Gegenleistung vollständig in Geld zu erbringen wäre?

6 ) Stellt eine - am 1 . Januar 1978 geltende - innerstaatliche Vorschrift, wonach dann, wenn 'für die Lieferung einer Ware keine Gegenleistung oder eine Gegenleistung (( erfolgt )), die nicht oder nicht vollständig in Geld besteht, ... als Wert der Lieferung ihr Marktwert (( gilt ))' , eine von Artikel 11 der Sechsten Richtlinie des Rates abweichende Regelung dar, die gemäß Artikel 27 der Sechsten Richtline des Rates der Kommission vor dem 1 . Januar 1978 hätte mitgeteilt werden müssen?"

5 . Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und der vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen verweise ich auf den Sitzungsbericht . Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Erörterung dies erfordert .

Die erste Frage

6 . Mit der ersten Frage begehrt der High Court Auskunft darüber, ob Zahlungen in bar die einzigen Gegenleistungen sind, auf die Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie abstellt . Alle Parteien sind sich darüber einig, daß diese Frage zu verneinen sei . Dies ist aus den im folgenden dargestellten Gründen auch meine Ansicht .

Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie besagt ausdrücklich, daß alles, was der Lieferer vom Abnehmer erhält oder erhalten soll, berücksichtigt wird . Nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 23 . November 1988 in der Rechtssache Naturally Yours Cosmetics ( 2 ) ist diese Vorschrift der Sechsten Richtlinie unter Berücksichtigung der insoweit übereinstimmenden Vorschriften der Zweiten Richtlinie des Rates vom 11 . April 1967 ( 3 ) auszulegen . Im Anhang A der Zweiten Richtlinie heisst es zu Artikel 8 Buchstabe a ausdrücklich, daß unter "Gegenwert" unter anderem "der Wert der im Tausch erhaltenen Gegenstände" zu verstehen ist . Hieraus geht deutlich hervor, daß Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie auch auf andere Leistungen als Zahlungen in bar abstellt .

Die zweite und die dritte Frage

7 . Sowohl in der zweiten als auch in der dritten Frage geht es darum, ob beim Erwerb einer Ware unter Einlösung eines Gutscheins, der bei einem früheren Kauf ausgegeben wurde, der auf diesem Gutschein aufgedruckte Betrag zur Besteuerungsgrundlage gehört . In der zweiten Frage geht es im einzelnen darum, ob dieser Betrag deshalb Teil der Besteuerungsgrundlage ist, weil die Ausgabe des Gutscheins als Gegenleistung im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie zu gelten habe . In der dritten Frage geht es hingegen darum, ob dieser Betrag deshalb nicht Teil der Besteuerungsgrundlage ist, weil der Gutschein einen dem Abnehmer eingeräumten Rabatt oder eine Rückvergütung auf den Preis im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b darstelle .

Die dritte Frage ist meines Erachtens vor der zweiten zu untersuchen . Wird nämlich festgestellt, daß der Gutschein einen Anspruch auf einen Rabatt verkörpert und der aufgedruckte Betrag aus diesem Grund nicht Teil der Besteuerungsgrundlage ist, braucht die zweite Frage nicht mehr geprüft zu werden .

8 . Zuerst sei darauf hingewiesen, daß die Begriffe "Rabatt" und "Rückvergütung" im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie in einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts enthalten sind, die zur Bestimmung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist . Die Auslegung dieser Begriffe kann deshalb nicht in das Ermessen jedes einzelnen Mitgliedstaats gestellt werden ( 4 ).

9 . Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b stellt zwei Voraussetzungen auf, die beide erfuellt sein müssen : Erstens muß es sich um einen Rabatt oder eine Rückvergütung auf den Preis handeln, die dem Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger eingeräumt werden; zweitens müssen diese den Rabatt oder die Rückvergütung zu dem Zeitpunkt erhalten, zu dem der Erwerb oder die Dienstleistung stattfindet .

Die zweite Voraussetzung bietet im vorliegenden Fall keine besonderen Schwierigkeiten, sobald anerkannt wird, daß die erste Voraussetzung erfuellt ist . Der Kunde erhält dann in diesem Fall einen "Rabatt" oder eine "Rückvergütung auf den Preis", und zwar im Zeitpunkt des Erwerbs der auf dem Gutschein angegebenen Ware : bei der Einlösung des Gutscheins muß er nur den Betrag bezahlen, der dem Verkaufspreis abzueglich des auf dem Gutschein aufgedruckten Betrags entspricht .

Daß die erste Voraussetzung erfuellt sei, wird jedoch bestritten . Die Firma Boots und die Kommission sind der Ansicht, daß es sich hier tatsächlich um einen Rabatt oder eine Rückvergütung auf den Preis handele . Die britische Regierung ist jedoch der Auffassung, daß von einem Rabatt oder einer Rückvergütung nur gesprochen werden könne, wenn der Verkaufspreis tatsächlich ermässigt werde; eine Preisermässigung, die von der Ausgabe eines Gutscheins abhängig sei, falle nicht unter die betreffende Vorschrift . Selbst wenn ein Rabatt oder eine Rückvergütung auf dem Wege über einen Gutschein gewährt werden könne, könne von der Einräumung eines solchen Rabatts oder einer solchen Rückvergütung nicht gesprochen werden, wenn der Kunde zuvor ein Premium Good erwerben müsse, um hierauf Anspruch erheben zu können .

10 . Das Vorbringen der britischen Regierung überzeugt mich nicht . Ich teile die Ansicht der Firma Boots und der Kommission, daß es sich unter den Umständen des vorliegenden Falles um einen Rabatt oder eine Rückvergütung auf den Preis im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie handelt . Um dies aufzuzeigen, werde ich zunächst beide Begriffe ( Nrn . 11 bis 12 ) sowie den Begriff "Gutschein" ( Nr . 13 ) näher bestimmen . Dann werde ich prüfen, ob ein Rabatt oder eine Rückvergütung durch einen Gutschein gewährt werden kann ( Nr . 14 ). Zum Schluß werde ich untersuchen, welche Bedeutung dem Umstand beizulegen ist, daß der Kunde den Gutschein erst nach Erwerb einer Ware erhält ( Nr . 15 ).

11 . Die Begriffe "Rabatt" und "Rückvergütung auf den Preis" haben meines Erachtens keine genau umschriebene Bedeutung . Ein Unterschied zwischen beiden Begriffen dürfte im vorliegenden Fall übrigens keine Rolle spielen . Daraus, daß zwei verschiedene Begriffe nebeneinander gebraucht werden, kann wohl abgeleitet werden, daß keiner von beiden eng auszulegen ist und daß z . B . sowohl der Fall gemeint ist, daß ein Teil des angegebenen Preises nicht gezahlt wird, als auch der Fall, daß ein Teil des bereits gezahlten Preises dem Kunden in dem Zeitpunkt, in dem der Verkauf erfolgt, zurückerstattet wird ( 5 ). Beide Begriffe zusammen verweisen somit auf Preisnachlässe im weitesten Sinn des Wortes ( ausgenommen "Preisnachlässe durch Skonto für Vorauszahlungen", die in Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe a ausdrücklich aufgeführt sind ).

Die Art der unter Buchstabe b aufgeführten Preisnachlässe kann mit Hilfe der nachstehend aufgeführten Merkmale des Mehrwertsteuersystems näher beschrieben werden .

12 . Die Mehrwertsteuer ist eine allgemeine Verbrauchsteuer, mit der die Ausgaben des Endverbrauchers belastet werden sollen ( 6 ). Artikel 2 der Sechsten Richtlinie führt in diesem Zusammenhang auf, welche Leistungen der Steuer unterliegen :

"1)Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;

2 ) ..." ( Hervorhebung von mir ).

Aus der Formulierung "gegen Entgelt" sowie aus der oben ( Nr . 1 ) gegebenen Definition der Besteuerungsgrundlage hat der Gerichtshof abgeleitet, daß als Besteuerungsgrundlage die tatsächlich erhaltene Gegenleistung herangezogen wird, die ausserdem in Geld auszudrücken sein muß ( 7 ). Ferner hat der Gerichtshof festgestellt, daß es keine Besteuerungsgrundlage für Leistungen ohne unmittelbare, d . h . ohne mit dem gelieferten Gegenstand in unmittelbarem Zusammenhang stehende Gegenleistung gibt ( 8 ).

Aus dem Vorstehenden wird deutlich, daß Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b Preisermässigungen deshalb von der Besteuerungsgrundlage ausnimmt, weil der Preisermässigung, selbst wenn sie vom Lieferer oder Erbringer einer Dienstleistung aus kaufmännischen Gründen gewährt wird, ( z . B ., um den Umsatz zu erhöhen ) keine ( zumindest keine besondere ) in Geld auszudrückende Gegenleistung seitens des Käufers des Gegenstands oder des Empfängers der Dienstleistung gegenübersteht .

13 . Wie fügen sich "Gutscheine" in diesen Zusammenhang ein? Die in Boots-Ladengeschäften angenommenen Gutscheine lassen sich rechtlich wie folgt beschreiben . Diese Gutscheine sind ( übertragbare ) Papiere, die für ihren Inhaber einen Anspruch auf Preisermässigung in Höhe des aufgedruckten Betrags beim Kauf auf den Gutscheinen angegebener Waren bei einem bestimmten Einzelhändler verkörpern . Für den Einzelhändler, der die Gutscheine selbst ausgibt ( wie im vorliegenden Fall ), beinhalten diese die Verpflichtung, beim späteren Erwerb von auf dem Gutschein aufgeführten Waren unter Einlösung eines derartigen Gutscheins eine Preisermässigung zu gewähren .

Gestützt auf die unter der vorangehenden Nummer aufgeführte Rechtsprechung des Gerichtshofes ist jedoch einzuräumen, daß ein Gutschein keinen Anspruch auf Preisermässigung mehr verkörpert, wenn und solange der Aussteller des Gutscheins für die von ihm durch die Ausgabe des Gutscheins eingegangene Verpflichtung eine in Geld auszudrückende Gegenleistung und somit nicht nur die Erwartung eines erhöhten Umsatzes ) erhalten soll . Lassen Sie mich nun anhand der vorstehenden Umschreibung den vorliegenden Sachverhalt einordnen .

14 . In dem einfachsten Fall, bei dem der Aussteller/Lieferer die Gutscheine über Prospekte gratis verteilt, erhält er eindeutig keine Gegenleistung für die in Umlauf gebrachten Gutscheine . Es handelt sich also wohl tatsächlich um eine Preisermässigung . Ich sehe nämlich keinen Grund, weshalb eine Preisermässigung, die nicht unmittelbar, sondern gegen Einlösung eines auf diese Weise in Umlauf gebrachten Gutscheins gewährt wird, nicht ebensogut unter Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b fallen soll : Wortlaut oder Zielsetzung dieses Artikels stehen dem nicht entgegen . Daß ein derart über Prospekte gratis verteilter Gutschein als Verkörperung eines Anspruchs auf Rabatt angesehen werden kann, steht übrigens in Einklang mit der Praxis der britischen Behörden, beim Erwerb eines Gegenstands unter Einlösung eines auf diese Weise verteilten Gutscheins den hierauf aufgeführten Betrag nicht in die Besteuerungsgrundlage aufzunehmen . Ich meine auch, daß diese Praxis mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang steht .

15 . Es bleibt die Frage, ob ein bei einem früheren Verkauf ausgegebener Gutschein ebenfalls als Verkörperung eines Rabattanspruchs angesehen werden kann . Die britische Regierung weist darauf hin, daß der Kunde in diesem Fall wohl tatsächlich eine Ausgabe tätigen müsse, um den Gutschein zu erwerben und daß der Aussteller/Lieferer eine Gegenleistung in Form einer Erhöhung des Umsatzes erhalte . Unter diesen Umständen könne demnach nicht von einem Rabatt oder einer Rückvergütung auf den Preis im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b gesprochen werden .

Es ist richtig, daß der Kunde unter diesen Umständen eine Ausgabe tätigt und daß der Lieferer durch den Verkauf der Premium Goods einen Preis erhält . Der gesamte Preis steht jedoch, um es mit den Worten des Gerichtshofes auszudrücken ( vorstehend, Nr . 12 ), in unmittelbarem Zusammenhang mit dem in diesem Zeitpunkt verkauften Gegenstand und muß in diesem Zeitpunkt vollständig in die Besteuerungsgrundlage einbezogen werden . Der Gutschein, den der Käufer bei dieser Gelegenheit erwirbt, wird ihm durch den Lieferer zum etwaigen Gebrauch bei einem späteren Kauf ausgehändigt und gibt bei dem späteren Kauf einen Anspruch auf eine Preisermässigung, genau wie im Fall von durch Prospekte gratis verteilten Gutscheinen . Der ermässigte Preis, den der Lieferer beim späteren Verkauf unter Einlösung des Gutscheins tatsächlich erhält, stellt dann auch die Besteuerungsgrundlage dar . Der Gutschein, der unter den vorliegenden Umständen eine Verpflichtung des Lieferers verkörpert, kann aus diesem Grund nicht als Gegenleistung, d . h . als in Geld auszudrückender Vorteil für den Lieferer angesehen werden . Er muß deshalb als Rabatt oder Rückvergütung auf den Preis im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie betrachtet werden .

Die übrigen Fragen

16 . Die vorgeschlagene Antwort auf die dritte Frage erlaubt es mir, zu den anderen Fragen kurz Stellung zu nehmen .

Wie zuvor bereits ausgeführt ( Nr . 7 ) ist eine Antwort auf die zweite Frage aufgrund der auf die dritte Frage gegebenen Antwort überfluessig . Aus dem Zusammenhang zwischen Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie folgt, daß die Besteuerungsgrundlage für die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen die tatsächlich erhaltene oder zu erhaltende Gegenleistung ist, wobei eine gewährte Preisermässigung nicht inbegriffen ist . Sobald ein ausgegebener Gutschein als Verkörperung eines Anspruchs auf Rabatt anerkannt wird, steht fest, daß dieser keine Gegenleistung im Sinne von Artikel 11 Teil A ist .

17 . Aus der Antwort auf die dritte Frage folgt ebenfalls, daß von den drei in der vierten Frage aufgeführten Antwortmöglichkeiten die unter Nr . 4 Buchstabe a aufgeführte Antwort zu wählen ist .

18 . Auf die fünfte Frage brauche ich wohl nicht einzugehen, da diese Frage von einer Antwort auf die vorangehenden Fragen ausgeht, die ich nicht vorschlage .

19 . Die sechste Frage glaube ich ebensowenig behandeln zu müssen . Die Bestimmung des nationalen Rechts, um die es in dieser Frage geht, dürfte allerdings auf die Lieferung von Gegenständen zu ermässigtem Preis nicht anwendbar sein .

Antrag

20 . Zusammenfassend schlage ich vor, auf die Vorabentscheidungsfragen wie folgt zu antworten :

"1)Die in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie über die Umsatzsteuer beschriebene Besteuerungsgrundlage umfasst nicht nur die Zahlung eines Geldbetrags durch den Käufer .

2)Ein Einzelhändler gewährt einen Rabatt oder eine Rückvergütung auf den Preis im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten Richtline, wenn er gegen die Einlösung eines beim Verkauf eines ersten Gegenstands ausgegebenen Gutscheins eine Preisermässigung beim Verkauf eines zweiten auf dem Gutschein angegebenen Gegenstands gewährt . Nur der Preis, den der Einzelhändler für den zweiten Gegenstand tatsächlich erhalten hat, geht dann in die Besteuerungsgrundlage ein ."

(*) Originalsprache : Niederländisch .

( 1 ) Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17 . Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem : einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ( ABl . L 145, S . 1 ).

( 2 ) Urteil vom 23 . November 1988 in der Rechtssache 230/87, Naturally Yours Cosmetics, Slg . 1988, 6365, Randnr . 10 .

( 3 ) Zweite Richtlinie 67/228/EWG des Rates vom 11 . April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Struktur und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, ( ABl . 1967, S . 1303 ).

( 4 ) Siehe das Urteil vom 5 . Februar 1981 in der Rechtssache 154/80, Coöperatieve Aardappelenbewaarplaats, Slg . 1981, 445, Randnr . 9 .

( 5 ) In Artikel 11 Teil C Absatz 1 der Richtlinie geht es um Preisnachlässe, die nach der Bewirkung des Umsatzes gewährt werden und die ebenfalls nicht in die Besteuerungsgrundlage einbezogen werden .

( 6 ) Vgl . Artikel 2 Absatz 1 der Ersten Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11 . April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer ( ABl . 1967, S . 1301 ).

( 7 ) Siehe das Urteil in der Rechtssache 154/80, a . a . 0 ., Fußnote 4, Randnr . 13 . Siehe ebenfalls die Rechtssache 230/87, a . a . O ., Fußnote 2, Randnr . 16 .

( 8 ) Siehe die Rechtssache 154/80, a . a . O ., Fußnote 4, Randnr . 12, und die Rechtssache 230/87, a . a . O ., Fußnote 2, Randnr . 12; siehe auch das Urteil vom 1 . April 1982 in der Rechtssache 89/81, Hong Kong Trade, Slg . 1983, 1277, Randnr . 10 .