Brüssel, den 12.4.2017

COM(2017) 213 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT UND DEN RAT

Auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion - Sechster Fortschrittsbericht


I.EINLEITUNG

Dies ist der sechste Monatsbericht über die Fortschritte auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion. Er beleuchtet die Entwicklungen in zwei der wichtigsten Bereiche: zum einen bei der Bekämpfung von Terrorismus, organisierter Kriminalität und Cyberkriminalität sowie ihrer Hilfsmittel und zum anderen bei der Stärkung unserer Abwehrbereitschaft und Widerstandsfähigkeit gegen diese Bedrohungen.

Am 7. April wurde Stockholm das jüngste Opfer eines Terroranschlags, als ein Attentäter mit einem gestohlenen Lkw absichtlich zunächst durch eine belebte Fußgängerzone und dann in ein Kaufhaus raste und dabei vier Menschen tötete und 15 weitere verletzte. Dieser Anschlag fand weniger als drei Wochen nach dem Anschlag vom 22. März in London auf den Westminsterpalast statt, bei dem mit einem Fahrzeug und einem Messer an einem belebten und symbolischen Ort ein Blutbad angerichtet wurde. Die Tatsache, dass beide Anschläge – ähnlich wie die in Nizza und Berlin im vergangenen Jahr – mit einfachsten Mitteln begangen wurden, macht erneut deutlich, vor welcher Herausforderung die Behörden der Mitgliedstaaten stehen, wenn es darum geht, gegen solche Bedrohungen vorzugehen, und wie wichtig die laufenden Arbeiten zum Schutz „weicher“ Ziele im Rahmen der Sicherheitsunion sind. 1  

Dieser Bericht liefert einen Überblick über den aktuellen Stand der Fortschritte, die bei den wichtigsten legislativen und nichtlegislativen Initiativen im Rahmen der Sicherheitsunion erzielt wurden. Ein besonderer Schwerpunkt des Berichts liegt zudem auf der Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität, einem der drei Kernbereiche der Europäischen Sicherheitsagenda von 2015 2 . Vor dem Hintergrund der laufenden Arbeiten zum neuen EU-Politikzyklus zur Bekämpfung der organisierten und schweren internationalen Kriminalität für die Jahre 2018 bis 2021 wird in diesem Bericht dargelegt, welches nach Ansicht der Kommission die künftigen Prioritäten der EU bei der Bekämpfung von schwerer und organisierter Kriminalität sein sollten.

Organisierte Kriminalität trägt maßgeblich zu Terrorismus bei, denn sie hilft Terroristen bei der Beschaffung von Waffen und Geld. Die Grenze zwischen Cyberkriminalität und „herkömmlicher“ Kriminalität verschwindet zudem zunehmend, da Kriminelle das Internet dazu nutzen, ihre Aktivitäten zu intensivieren, sich Mittel zu beschaffen und nach neuen Verbrechensmethoden zu suchen. Terrorismus, organisierte Kriminalität und Cyberkriminalität sind daher miteinander verflochtene Bereiche, und die Unterstützung der Bekämpfung organisierter Kriminalität ist eine der Hauptprioritäten für Maßnahmen auf EU-Ebene im Rahmen der Sicherheitsunion.

II.    UMSETZUNG DER PRIORITÄTEN IM BEREICH DER SICHERHEIT

1.    Gesetzgeberische Initiativen

Am 31. März wurde die Richtlinie (EU) 2017/541 zur Terrorismusbekämpfung im Amtsblatt veröffentlicht. 3 Die neuen Vorschriften sollen Terrorangriffen dadurch vorbeugen, dass Handlungen wie die Finanzierung von Terrorismus, die Durchführung oder das Absolvieren einer Ausbildung oder das Reisen für terroristische Zwecke sowie die Organisation oder Erleichterung solcher Reisen unter Strafe gestellt werden. Sie stärken zudem die Rechte von Terrorismusopfern und enthalten ein Verzeichnis von Diensten, die den besonderen Bedürfnissen der Opfer von Terrorismus gerecht werden sollen. Die Mitgliedstaaten müssen die neuen Vorschriften bis zum 8. September 2018 in nationales Recht umsetzen.

In seiner Plenarsitzung vom 14. März 2017 billigte das Europäische Parlament die überarbeitete Feuerwaffen-Richtlinie 4 . Mit dem Vorschlag wird die Palette der verbotenen Waffen (Kategorie A) erheblich erweitert, damit die gefährlichsten Waffen nicht in die Hände von Zivilisten gelangen. Ferner fallen nun auch akustische und deaktivierte Waffen in den Geltungsbereich der Richtlinie, und durch verstärkte Kennzeichnungsvorschriften und einen intensiveren Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten wird die Rückverfolgbarkeit von Waffen verbessert. Der Rat wird dem Vorschlag voraussichtlich am 25. April seine endgültige Zustimmung erteilen. Die Mitgliedstaaten werden die neuen Vorschriften sodann binnen 15 Monaten in nationales Recht umsetzen müssen und binnen 30 Monaten Waffenregister einrichten müssen, in denen sämtliche für die Rückverfolgung und Identifizierung von Feuerwaffen erforderlichen Angaben registriert werden.

Am 21. März 2017 wurden Trilog-Gespräche zwischen den gesetzgebenden Organen über den Vorschlag der Kommission für gezielte Änderungen der Vierten Geldwäscherichtlinie 5 vom 5. Juli 2016 eingeleitet. Mit dem Vorschlag soll gegen neue Formen der Terrorismusfinanzierung wie virtuelle Währungen und Prepaid-Karten vorgegangen und die Transparenz erhöht werden, um Geldwäsche zu bekämpfen. Die Kommission ersucht die beiden gesetzgebenden Organe, so schnell wie möglich die Verhandlungen über diesen wichtigen Vorschlag abzuschließen; er wird dazu beitragen, die Zahl der für Terroristen verfügbaren Instrumente weiter zu verringern.

Im Bereich der Stärkung der Kontrollen an den Grenzen sind am 7. April die Änderungen am Schengener Grenzkodex bezüglich systematischer, auch für EU-Bürger geltender Kontrollen an den Außengrenzen 6 in Kraft getreten. Dieser wichtige Rechtsakt soll die Sicherheit im Schengen-Raum erhöhen, ohne den Verkehrsfluss zu behindern. Unter bestimmten, klar definierten Umständen und auf Basis einer vorherigen Risikobewertung, die sicherstellt, dass kein Sicherheitsrisiko entsteht, können Mitgliedstaaten in Situationen, in denen der Verkehrsfluss an bestimmten Land- oder Seegrenzen unverhältnismäßig beeinträchtigt ist, im Rahmen einer zeitlich begrenzten Ausnahmeregelung an diesen Grenzen gezielte Kontrollen von EU-Bürgern anhand von Datenbanken durchführen. Die Risikobewertungen müssen an die Europäische Grenz- und Küstenwache übermittelt werden. Was die Initiativen im Zusammenhang mit dem Grenzmanagement angeht, so wurden am 23. März Trilog-Gespräche zwischen den gesetzgebenden Organen über den Vorschlag der Kommission für ein EU-Einreise-/Ausreisesystem eingeleitet, das das Grenzmanagement verbessern, irreguläre Migration bekämpfen und die innere Sicherheit erhöhen soll, indem die Bewegungen von Drittstaatsangehörigen über die Außengrenzen des Schengen-Raums aufgezeichnet werden. 7 Die Kommission ersucht die beiden gesetzgebenden Organe, rasch Fortschritte zu erzielen, damit die Entwicklungsarbeiten an dem System noch in diesem Jahr beginnen können und das System zu Beginn des Jahres 2020 einsatzbereit ist. Die technischen Beratungen innerhalb der gesetzgebenden Organe über das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) 8 kommen gut voran. Die Kommission wird die gesetzgebenden Organe auch weiterhin aktiv unterstützen und diese Initiative vorantreiben. Der Vorschlag für das EU-Einreise-/Ausreisesystem und das ETIAS sind gesetzgeberische Prioritäten gemäß der gemeinsamen Erklärung 9 des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. Daher haben die Organe vereinbart, diesen Initiativen im Gesetzgebungsverfahren Vorrang einzuräumen, um ihre zügige Verabschiedung sicherzustellen.

Was die Umsetzung der in letzter Zeit angenommenen gesetzgeberischen Initiativen angeht, so unterstützt die Kommission die Mitgliedstaaten weiterhin bei der zügigen Umsetzung der EU-Richtlinie über Fluggastdatensätze (PNR-Daten) 10 . Am 8. März veranstaltete die Kommission eine vierte Sitzung zur Umsetzung der Richtlinie über Fluggastdatensätze, bei der sich zeigte, dass mehrere Mitgliedstaaten nun dabei sind, neue Rechtsvorschriften zu erlassen oder Rechtsvorschriften, die vor der Verabschiedung der Richtlinie über Fluggastdatensätze in Kraft waren, entsprechend zu ändern. Die Kommission wird die Umsetzung auch weiterhin beobachten und unterstützen.

2.    Umsetzung nichtlegislativer Maßnahmen

Die Abschlusssitzung der hochrangigen Expertengruppe für Informationssysteme und Interoperabilität ist für den 25. April anberaumt. Im Rahmen des Abschlusses der Arbeiten der Gruppe kam die Untergruppe für bestehende Systeme im März zusammen, um sich mit den Themen Zollsysteme (Nutzung von bzw. Zugang zu Strafverfolgungsinformationen) und Zugang von Strafverfolgungsbehörden zum SIS, zum VIS und zu Eurodac zu befassen.

Im März reiste eine von der Kommission geführte Delegation der EU, die aus dem aktuellen und dem künftigen Ratsvorsitz, dem EU-Koordinator für die Terrorismusbekämpfung, dem Leiter der Meldestelle für Internetinhalte bei Europol und dem Direktor des Exzellenzzentrums des Aufklärungsnetzwerks gegen Radikalisierung bestand, in die USA, um dort Zusammenkünfte mit den wichtigsten Social-Media- und Internet-Unternehmen abzuhalten. Ziel dieser Zusammenkünfte waren die Vertiefung der freiwilligen Partnerschaft mit der EU und die Sicherstellung von Folgemaßnahmen zu den beim EU-Internetforum im Dezember 2016 vereinbarten Initiativen. Wie bereits berichtet, stellt das im Dezember 2015 eingerichtete EU-Internetforum einen wichtigen Teil der Reaktion der Kommission auf den zunehmenden Missbrauch des Internets durch terroristische Organisationen dar.

Ein wichtiges Ergebnis war die Vorstellung des Prototyps der von den Internet-Unternehmen eingerichteten gemeinsamen Hash-Datenbank, die es den Unternehmen ermöglicht, bekannte terroristische Inhalte zu kennzeichnen, ähnliche Inhalte zu erkennen, diese Inhalte anhand ihrer eigenen Richtlinien zu bewerten und sie rasch unwiederbringlich zu entfernen. Gegenwärtig konzentrieren sich die Unternehmen darauf, die Skalierbarkeit zu testen und zu erhöhen sowie neue, insbesondere kleinere Unternehmen, ausfindig zu machen, die in das Konsortium aufgenommen werden können, um die Wirkung und die Reichweite des Instruments zu maximieren. Die Vertreter der EU wiesen zudem darauf hin, wie wichtig es ist, dass die Unternehmen proaktiver reagieren, unter anderem mit Hilfe der automatischen Erkennung beleidigender oder missbräuchlicher Inhalte.

Im Zuge der Anstrengungen der Kommission zur Bekämpfung der Radikalisierung im Internet wurden weitere 10 Mio. EUR bereitgestellt, mit denen durch das Programm zur Stärkung der Zivilgesellschaft, das eine wichtige Initiative im Rahmen des EU-Internetforums darstellt, Initiativen für Gegendiskurse im Internet unterstützt werden sollen. Das Programm, an dem sich 100 Akteure beteiligen, wurde am 15./16. März gestartet.

Das Aufklärungsnetz gegen Radikalisierung (RAN) und sein Exzellenzzentrum fördern den Austausch von Fachwissen und bewährten Verfahren zwischen den vor Ort tätigen Fachkräften, die im Bereich der Prävention und der Bekämpfung von Radikalisierung arbeiten. Das RAN-Exzellenzzentrum unterstützt die Mitgliedstaaten z. B. bei der Ausarbeitung von Präventionsstrategien und Deradikalisierungsprogrammen in Gefängnissen. Wie in der Mitteilung über die Radikalisierung 11 von 2016 angekündigt, rief die Kommission zu Beginn des Jahres 2017 das Netz politischer Entscheidungsträger im Bereich der Prävention ins Leben, mit dem zwei Hauptziele verfolgt werden: i) die Verstärkung und Institutionalisierung des Austauschs von Fachwissen und Erfahrungen in Bezug auf Verhütungsansätze und -strategien in den Mitgliedstaaten und ii) die engere Einbeziehung der Mitgliedstaaten in Aktivitäten des RAN. Erreicht werden soll dies durch eine größere Verbreitung der Erkenntnisse des RAN in den betreffenden Mitgliedstaaten, durch eine optimale Beteiligung nationaler, regionaler oder lokaler Experten an RAN-Veranstaltungen und durch die Ermittlung des in den Mitgliedstaaten bestehenden Bedarfs an Schulungen, Workshops und Beratung des RAN. Die erste Sitzung fand am 2. Februar 2017 statt, und die künftigen (vierteljährlichen) Sitzungen werden sich schwerpunktmäßig mit vorrangigen Themen wie Rückkehrern, Deradikalisierung und Polarisierung befassen.

Um dabei zu helfen, die grenzübergreifende Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung zu verbessern, organisierte die Kommission am 27. März einen Workshop zum Thema „grenzüberschreitende Nacheile“. Dabei handelt es sich um die Verfolgung von Kriminellen (normalerweise per Fahrzeug) durch Strafverfolgungsbeamte eines Mitgliedstaats, die in der Nähe einer Binnengrenze beginnt und im Hoheitsgebiet eines benachbarten Mitgliedstaats fortgesetzt wird. Der erste Workshop ermöglichte eine konstruktive Debatte über die praktische Durchführung der Nacheile und über Möglichkeiten, diese heikle Form der grenzübergreifenden polizeilichen Zusammenarbeit zu vereinfachen.

Im Bereich der Luftsicherheit sind die Arbeiten an der Risikobewertung zur Ermittlung der Gefährdung und der Anfälligkeit im Zusammenhang mit Flügen aus Drittländern in die EU vorangeschritten, nachdem im Januar mit der Entwicklung einer Risikomatrix begonnen wurde, bei der Bedrohungsanalysen und detaillierte Anfälligkeitsfaktoren kombiniert werden. Dies wird eine Priorisierung und Koordinierung des Aufbaus externer Kapazitäten in anfälligen Drittländern ermöglichen. Der von der EU entwickelte Rahmen für die Luftsicherheit ist zwar stabil, doch es ist wichtig, dass die vorstehend genannten Arbeiten schneller vorangetrieben werden, um potenzielle Sicherheitslücken zu schließen. Das kürzlich von den USA und dem Vereinigten Königreich verhängte Verbot bestimmter elektronischer Geräte zeigt, dass eine engere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gefördert werden muss, wobei ihr Recht, selbst über die Einführung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen für Flüge aus Drittländern zu entscheiden, zu wahren ist. Um eine solche Koordinierung zu verbessern, veranstaltete die Kommission am 31. März eine vertrauliche Sitzung mit den Mitgliedstaaten, Australien, Kanada und den USA.

III.    EU-PRIORITÄTEN BEI DER BEKÄMPFUNG SCHWERER UND ORGANISIERTER KRIMINALITÄT – DER NEUE EU-POLITIKZYKLUS

Das Ziel des sogenannten EU-Politikzyklus besteht darin, für eine effektive Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten, den EU-Organen und den EU-Agenturen zu sorgen, die zu kohärenten und flexiblen operativen Maßnahmen gegen die dringendsten kriminellen Bedrohungen, denen die EU gegenübersteht, führen soll. Dieser faktengestützte Prozess beginnt mit der Vorstellung der Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität (EU SOCTA) durch Europol, aus der sich eine Reihe von Empfehlungen bezüglich der dringlichsten kriminellen Gefahren, denen die EU gegenübersteht, ergibt. Der EU SOCTA-Bericht bildet die Grundlage für die Gespräche zwischen den Mitgliedstaaten über die Prioritäten bei der Bekämpfung krimineller Bedrohungen auf EU-Ebene. Die Prioritäten werden dann vom Rat Justiz und Inneres angenommen und spiegeln sich anschließend in den grenzüberschreitenden operativen Tätigkeiten auf Ebene der Mitgliedstaaten wider, insbesondere in gemeinsamen Maßnahmen zwischen Mitgliedstaaten und EU-Agenturen mit Unterstützung der Europäischen multidisziplinären Plattform gegen kriminelle Bedrohungen. 12 Die Kommission hat die Umsetzung des EU-Politikzyklus bisher stets finanziell unterstützt und wird dies auch weiterhin tun. Zu diesem Zweck hat sie zusätzlich zu den in den Jahren 2015 und 2016 gewährten 9 Mio. EUR weitere 4 Mio. EUR für das Jahr 2017 bereitgestellt.

Insgesamt wurde der aktuelle EU-Politikzyklus (2013-2017) erfolgreich umgesetzt. Eine von der Kommission in Auftrag gegebene unabhängige Bewertung 13 kam zu dem Ergebnis, dass das Hauptziel (die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität) erreicht wurde. 14 Der EU-Politikzyklus hat zu einer Verbesserung beim Austausch von Informationen und bewährten Verfahren sowie zu zahlreichen gemeinsamen Ermittlungen und Einsätzen der Mitgliedstaaten geführt. Ferner hat er zum Aufbau von Beziehungen und Vertrauen, auch mit Drittländern, beigetragen.

Der neue Politikzyklus wurde am 9. März 2017 mit der Präsentation des EU SOCTA-Berichts 2017 durch Europol eingeleitet. 15 In dem Bericht werden mögliche Verbindungen zwischen schwerer und organisierter Kriminalität und dem Terrorismus untersucht. Konkret geht es darum, dass organisierte Kriminalität durch Tätigkeiten wie dem Handel mit Feuerwaffen und der Herstellung gefälschter Dokumente oder durch Erträge aus dem Drogenschmuggel den Terrorismus fördern kann. Dieser Ansatz wurde in der Europäischen Sicherheitsagenda 16 vorgeschlagen und in der Mitteilung über die Umsetzung der Europäischen Sicherheitsagenda im Hinblick auf die Bekämpfung des Terrorismus und die Weichenstellung für eine echte und wirksame Sicherheitsunion 17 verfolgt.

Im EU SOCTA Bericht 2017 wird empfohlen, den Schwerpunkt auf fünf vorrangige kriminelle Bedrohungen zu legen: 1) Cyberkriminalität, 2) Drogenherstellung, -handel und -vertrieb, 3) Schleusung von Migranten, 4) organisierte Einbrüche und Diebstähle (organisierte Eigentumskriminalität) und 5) Menschenhandel. Ferner wird in dem Bericht empfohlen, gegen drei bereichsübergreifende Probleme vorzugehen, die sämtliche Formen schwerer und organisierter Kriminalität begünstigen oder verstärken: a) Dokumentenbetrug, b) Finanzkriminalität einschließlich Geldwäsche und c) Online-Handel mit illegalen Waren und Dienstleistungen.

Auf der Grundlage des EU SOCTA-Berichts 2017 arbeiten die Kommission und der Rat gegenwärtig ihre Vorschläge für die Prioritäten bei der Verbrechensbekämpfung im Rahmen des neuen EU-Politikzyklus für die Jahre 2018 bis 2021 aus, die im Ständigen Ausschuss für die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit erörtert und auf der Tagung des Rates Justiz und Inneres im Juni 2017 gebilligt werden sollen.

Was die Festlegung der künftigen Prioritäten der EU bei der Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität angeht, so unterstützt die Kommission die Bekämpfung der fünf von Europol ermittelten vorrangigen kriminellen Bedrohungen (siehe nachstehende Abschnitte 1 bis 5). Zusätzlich vertritt die Kommission die Ansicht, dass auf EU-Ebene besondere Aufmerksamkeit und finanzielle Ressourcen der Bekämpfung folgender drei krimineller Bedrohungen gewidmet werden sollten: 6) dem illegalen Handel mit Feuerwaffen, 7) dem Mehrwertsteuerbetrug und 8) der Umweltkriminalität. Diese drei Bereiche sollten im Rahmen des neuen EU-Politikzyklus ebenfalls als vorrangige kriminelle Bedrohungen eingestuft werden (siehe nachstehende Abschnitte 6 bis 8).

Ein wesentliches Problem, auf das im EU SOCTA-Bericht 2017 hingewiesen wird, ist die Nutzung neuer Technologien durch Kriminelle. Für fast alle Formen der organisierten Kriminalität nutzen und adaptieren Kriminelle Technologien, und dies immer fachkundiger und wirksamer. Das Internet wird immer stärker für alle Arten von illegalem Handel mit Waren und Dienstleistungen genutzt. Daher müssen die Strafverfolgungsbehörden mit geeigneten Instrumenten ausgestattet werden, um diese Form der Online-Kriminalität bekämpfen und gemeinsame Schulungen absolvieren zu können. Der Agentur der Europäischen Union für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung kommt bei der geeigneten, den politischen Prioritäten und den ermittelten Bedrohungen entsprechenden Schulung von im aktiven Einsatz tätigen Strafverfolgungsbeamten eine wichtige Rolle zu.

Zudem gibt es auch eine bedeutende externe Dimension der schweren und organisierten Kriminalität. Im EU SOCTA-Bericht 2017 wird darauf hingewiesen, dass Personen aus über 180 verschiedenen Ländern, die sich innerhalb oder außerhalb der EU aufhalten, an organisierter Kriminalität innerhalb der EU beteiligt sind: 40 % der Verdächtigen sind keine Staatsbürger der Mitgliedstaaten. Die wichtigsten Routen der die Bedrohung bewirkenden organisierten Kriminalität haben ihren Ursprung außerhalb der EU. Es sind bereits Maßnahmen zur externen Bekämpfung der Bedrohungen durch organisierte Kriminalität eingeleitet worden. 18 Wichtig ist, dass bei der Bekämpfung von Bedrohungen durch schwere und organisierte Kriminalität auch weiterhin die Verbindungen zwischen der inneren Sicherheit der EU und externen Maßnahmen sichergestellt werden, unter anderem durch die Zusammenarbeit Europols mit Drittländern.

1.Cyberkriminalität

Intensität, Umfang und Qualität der Cyberangriffe nehmen zu. 19 Cyberkriminalität ist zwangsläufig international: Opfer, Straftäter und Beweise befinden sich häufig in verschiedenen Ländern und fallen unter unterschiedliche gerichtliche Zuständigkeiten. Die Mitgliedstaaten haben großes Interesse an der Priorität der Bekämpfung der Cyberkriminalität gezeigt. Dies wurde durch die Zahl der operativen Aktionspläne 20 deutlich, die für die Bereiche Cyberangriffe, sexueller Missbrauch von Kindern im Internet und Zahlungskartenbetrug aufgestellt wurden. Auf EU-Ebene hat das Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Cyberkriminalität bei Europol (EC3) einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Cyberkriminalität geleistet. 21 Eurojust arbeitet durch die Abstellung eines Experten und als Mitglied des Programmausschusses eng mit dem EC3 zusammen. Ferner ist die „Joint Cybercrime Action Taskforce“ beim EC3 angesiedelt. Ihre Aufgabe besteht darin, gegen die wichtigsten Bedrohungen durch Cyberkriminalität erkenntnisgestützte und koordinierte Maßnahmen in Form von grenzüberschreitenden Untersuchungen und Einsätzen ihrer Partner durchzuführen. 22  

Zu den weiteren Schritten zählt die Prüfung möglicher Lösungen für die Beseitigung von Hindernissen bei strafrechtlichen Ermittlungen gegen Cyberkriminalität durch Ermittlung spezieller Initiativen für den Zugang zu Beweisen und Informationen. 23  Der Schwerpunkt der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität muss auch künftig darauf liegen, ausgehend von den derzeit im EU-Recht festgelegten Rechten der Opfer 24 und den aktuellen bewährten Verfahren 25 Opfer zu ermitteln und zu schützen. Die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet muss fortgesetzt und weiter ausgebaut werden.  26 Im Bereich des Zahlungskartenbetrugs muss die bestehende Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden auf ein breiteres Spektrum an kriminellen Handlungen ausgeweitet werden, die auf unbare Zahlungsmittel abzielen. Wie im Aktionsplan für die verstärkte Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung angekündigt, bereitet die Kommission derzeit eine Aktualisierung des Rahmenbeschlusses von 2001 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln 27 vor.

2.Drogenherstellung, -handel und -vertrieb

Der illegale Drogenmarkt ist nach wie vor der größte kriminelle Markt in der EU. Aus dem EU SOCTA-Bericht 2017 geht hervor, dass mehr als ein Drittel der in der EU tätigen kriminellen Gruppen an der Herstellung von, dem Handel mit oder dem Vertrieb von verschiedenen Arten von Drogen beteiligt sind. Beim Verkauf von Drogen an Endkunden werden innerhalb der EU Schätzungen zufolge jährlich mindestens 24 Mrd. EUR umgesetzt. Der Drogenhandel fördert auch die informelle Wirtschaft, führt zu Gewalttaten und anderen illegalen Tätigkeiten und verursacht große soziale Probleme.

Die EU bekämpft den Drogenhandel im Rahmen der EU-Drogenstrategie 2013-2020, die auf die Reduzierung von Drogenangebot und -nachfrage abzielt. Am 15. März legte die Kommission einen Vorschlag für einen neuen EU-Drogenaktionsplan für den Zeitraum 2017 bis 2020 vor. Damit die EU in Bezug auf neue psychoaktive Substanzen schneller und wirksamer reagieren kann, einigte sich der Rat im Dezember 2016 auf eine allgemeine Ausrichtung für ein neues Legislativpaket zur Bekämpfung neuer psychoaktiver Substanzen und zur Einführung von Kontrollmaßnahmen für schädliche Substanzen auf EU-Ebene 28 . Die Gespräche zwischen den gesetzgebenden Organen begannen am 1. März.

3.Schleusung von Migranten

Die Schleusung von Migranten in die EU ist heute eine der am schnellsten zunehmenden Formen von organisierter Kriminalität. 29 Sie befeuert nicht nur die irreguläre Migration in die EU (welche die Sicherheit der Grenzen beeinträchtigt und das Grenzmanagement untergräbt), sondern stellt auch eine schwere Form der Kriminalität dar, bei der Migranten in zunehmendem Maße Gewalt, Ausbeutung und Lebensgefahren ausgesetzt sind. In der Europäischen Migrationsagenda 30 und dem EU-Aktionsplan gegen die Schleusung von Migranten 31 wurde festgestellt, dass einer besseren Verhütung und Bekämpfung der Schleusung von Migranten einschließlich einer Verringerung der irregulären Migration und des Verlustes von Menschenleben im Mittelmeer Vorrang eingeräumt werden sollte. Die verstärkte Unterstützung für Europol einschließlich der Einrichtung eines Europäischen Zentrums zur Bekämpfung der Migrantenschleusung soll bei der Bewältigung dieser Herausforderungen helfen. Im ersten jährlichen Tätigkeitsbericht ist dargelegt, wie umfangreich dieses Zentrum die europäischen Polizei- und Grenzkontrollbehörden bei der Koordinierung sehr komplexer grenzübergreifender Schmuggelbekämpfungsaktionen unterstützt. 32 Eurojust hat zudem justizielle Kontaktstellen an den Hotspots in Griechenland und Italien benannt, die relevante Informationen und Fälle an die nationalen Verbindungsbüros bei Eurojust zum Zwecke der juristischen Aufarbeitung und Koordinierung auf EU-Ebene weiterleiten. Die Bekämpfung der Schleusung von Migranten entlang der zentralen Mittelmeerroute ist auch eine wichtige Maßnahme, die in der gemeinsamen Mitteilung vom 25. Januar 2017 vorgeschlagen wurde. 33  

4.Organisierte Eigentumskriminalität

Die organisierte Eigentumskriminalität umfasst ein ganzes Spektrum verschiedener krimineller Handlungen, welche von hochspezialisierten, mobilen organisierten kriminellen Gruppen durchgeführt werden, die in der gesamten EU tätig sind. Insbesondere handelt es sich dabei um organisierte Einbrüche, Diebstähle und Raubüberfälle sowie um Kraftfahrzeugkriminalität. 34 Dennoch wird in diesem Bereich noch immer zu wenig ermittelt, da die einzelnen Delikte häufig als Kleinkriminalität eingestuft werden. Die Zunahme an Wohnungseinbrüchen, die auf hauptsächlich aus Südost- und Osteuropa stammende umherziehende kriminelle Gruppen zurückzuführen ist, ist ein großes Problem für die Strafverfolgungsbehörden. Damit diese in hohem Maße mobile Form von Kriminalität bekämpft werden kann, muss die Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung innerhalb der EU, aber auch mit benachbarten Partnerländern, eine Priorität sein. 35

5.Menschenhandel

Der Menschenhandel stellt für die EU seit über zehn Jahren eine vorrangige Bedrohung dar und sollte auch im Rahmen des nächsten Politikzyklus als eine solche eingestuft werden. Er ist eine der schlimmsten Formen der organisierten Kriminalität und verstößt massiv gegen die Menschenrechte, bildet zugleich aber einen der profitabelsten kriminellen Märkte.  36 Um ihren kriminellen Machenschaften nachgehen zu können, stützen sich die Menschenhändler ferner in hohem Maße auf Dokumentenbetrug. 37  

Die EU hat einen wirksamen und umfassenden rechtlichen und politischen Rahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels ausgearbeitet, insbesondere die Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer 38 und die Strategie der EU zur Beseitigung des Menschenhandels 2012-2016 39 . Die Kommission prüft derzeit, welche Maßnahmen für den politischen Rahmen nach 2016 erforderlich sind. Dabei geht sie von dem bestehenden Rahmen aus und stützt sich auf eine Bewertung seiner Ergebnisse.

6.Illegaler Handel mit Feuerwaffen

Die nationalen Schwarzmärkte sind die Hauptquelle von Feuerwaffen für Terroristen und Kriminelle. Die auf diesen Märkten verkauften Waren stammen aus Diebstählen oder wurden aus legalen Waffensendungen oder Lagern abgezweigt. Der Online-Handel mit illegalen Waffen im Darknet und deren Lieferung durch normale Post- und Paketdienste ist mittlerweile die gängigste Art des illegalen Handels mit Feuerwaffen in der EU. Die Zahl der Fälle, in denen Untersuchungen über den illegalen Handel mit Feuerwaffen im Darknet stattfinden, nimmt zu (2 % im Jahr 2014, etwa 6,5 % im Jahr 2015 und 9 % im Jahr 2016).

Die Tatsache, dass der illegale Handel mit Feuerwaffen im aktuellen EU-Politikzyklus als Priorität behandelt wird, hat bereits zu Ergebnissen geführt: Die Mitgliedstaaten engagieren sich nun stärker (12 bis 22 teilnehmende Länder), und die Zollbehörden werden in größerem Umfang beteiligt. 40 Die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern (Interpol und UNODC) und die regionale Zusammenarbeit (insbesondere in den westlichen Balkanländern) nimmt ebenfalls zu und hat in den letzten drei Jahren zu durchschnittlich 17 Aktionen pro Jahr geführt. 41  

Damit das Kriminellen und Terroristen zur Verfügung stehende Angebot an Waffen reduziert wird, sollte diese Priorität nach Auffassung der Kommission im neuen Zyklus beibehalten werden 42 und die im März erzielte Einigung über strengere Kontrollen von in legalem Besitz befindlichen Waffen einschließlich einer Ausweitung von Verboten auf die gefährlichsten Waffen 43 ergänzen.

7.Grenzüberschreitender Mehrwertsteuerbetrug

Organisierte kriminelle Gruppen verursachen durch grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug Einnahmenverluste zwischen 40 und 60 Mrd. EUR pro Jahr, und 2 % dieser Gruppen sind für 80 % des innergemeinschaftlichen Missing-Trader-Betrugs verantwortlich. 44 Die Betrugsmethoden sind äußerst komplex und schwierig aufzudecken und erfordern daher ein koordiniertes Vorgehen der Steuerverwaltungen und Strafverfolgungsbehörden. Auf EU-Ebene sorgt Eurofisc (ein Netz von Steuerbeamten) für einen raschen und multilateralen Austausch sachdienlicher Informationen, der dazu dient, schweren grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug zu bekämpfen. Eurofisc verarbeitet wichtige Erkenntnisse über Betrüger und neue Tendenzen bei Betrugspraktiken. Angesichts der finanziellen Verluste durch den von kriminellen Gruppen organisierten grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug ist die Kommission der Ansicht, dass dieses Thema in den neuen EU-Politikzyklus aufgenommen werden sollte. 45  

Wie angekündigt, wird die Kommission im September 2017 einen Vorschlag für den Übergang zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum vorlegen, mit dem die größte Schwachstelle des Systems beseitigt werden soll, um den grenzüberschreitenden Betrug erheblich zu verringern. 46

Die Europäische Staatsanwaltschaft 47 wird nach ihrer Einrichtung der wichtigste Akteur bei der Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichteten Straftaten sein. Die Europäische Staatsanwaltschaft wird für die Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung solcher Straftaten in der gesamten EU zuständig sein, darunter auch für schwere grenzüberschreitende Mehrwertsteuerbetrugsdelikte mit einem Schadensvolumen von mindestens 10 Mio. EUR. Dies gilt insbesondere für Karussellbetrugs- und innergemeinschaftliche Missing-Trader-Betrugssysteme, an denen häufig Strukturen der organisierten Kriminalität beteiligt sind. 48  

8.Umweltkriminalität

Die Umweltkriminalität hat ein Volumen zwischen 91 und 258 Mrd. USD pro Jahr 49 und wächst zwei- bis dreimal so schnell wie die Weltwirtschaft. Damit ist sie die viertgrößte Kriminalitätsform der Welt nach dem Drogenhandel, Fälschungsdelikten und dem Menschenhandel. 50 Die EU ist sowohl Ursprungsmarkt (z. B. beim illegalen Handel mit Abfällen) als auch Bestimmungsmarkt (z. B. bei geschützten Arten und illegal geschlagenem Holz) und/oder ein Umschlagplatz für den Handel bei der Durchfuhr in andere Regionen (z. B. bei Produkten aus wildlebenden Tier- und Pflanzenarten wie Elfenbein). 51   52

Die Bedeutung der Umweltkriminalität wurde durch die Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt 53 auf EU-Ebene anerkannt. Die Strafgesetzbücher der Mitgliedstaaten wurden entsprechend der Anforderung dieser Richtlinie, verschiedene Kategorien von Umweltkriminalität einschließlich Abfall- und Artenschutzkriminalität unter Strafe zu stellen, angepasst. Im Februar 2016 nahm die EU zudem einen Aktionsplan zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels 54 an, der derzeit umgesetzt wird. Die Kommission unterstützt ferner EU-Netze von auf die Bekämpfung von Umweltkriminalität spezialisierten Polizeibeamten, Staatsanwälten, Inspektoren und Richtern und arbeitet mit diesen zusammen. 55 Angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen, der ernsten Gefahr für die Sicherheit und der verheerenden Wirkung auf die natürliche Umwelt ist die Kommission der Auffassung, dass die Umweltkriminalität ebenfalls in den neuen EU-Politikzyklus aufgenommen werden sollte.

IV.    SCHLUSSFOLGERUNGEN

Die Kommission hält die Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität von 2017 für eine gute Grundlage zur Festlegung der Prioritäten bei der Verbrechensbekämpfung für die nächsten vier Jahre. Daher ersucht die Kommission den Rat, die folgenden kriminellen Bedrohungen als Prioritäten im EU-Politikzyklus zur Bekämpfung der organisierten und schweren internationalen Kriminalität für die Jahre 2018 bis 2021 zu billigen: Cyberkriminalität, Drogenkriminalität, Schleusung von Migranten, organisierte Eigentumskriminalität, Menschenhandel, illegaler Handel mit Feuerwaffen, Mehrwertsteuerbetrug und Umweltkriminalität.

Im nächsten Bericht, der am 16. Mai veröffentlicht wird, werden die auf dem Abschlussbericht der hochrangigen Expertengruppe für Informationssysteme und Interoperabilität basierenden Erkenntnisse der Kommission dargelegt und dem Europäischen Parlament und dem Rat konkrete Ideen als Grundlage für eine gemeinsame Diskussion über den weiteren Weg präsentiert.

(1)  COM(2017) 41 final.
(2)  COM(2015) 185 final.
(3)  ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6.
(4)  COM(2015) 750 final.
(5)  COM(2016) 450 final vom 5.7.2016.
(6)  COM(2015) 670 final vom 5.12.2015.
(7)  COM(2016) 194 final vom 6.4.2016 und COM(2016) 196 final vom 6.4.2016.
(8)  COM(2016) 731 final vom 16.11.2016.
(9)  https://ec.europa.eu/commission/publications/joint-declaration-eus-legislative-priorities-2017_en
(10)  ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 132.
(11) COM(2016) 379 final vom 4.6.2016.
(12)  https://www.europol.europa.eu/crime-areas-and-trends/eu-policy-cycle-empact
(13)  Bewertungsstudie zum EU-Politikzyklus zur Bekämpfung der organisierten und schweren internationalen Kriminalität 2013-2017, Abschlussbericht vom 30.1.2017.
(14)  Der aktuelle EU-Politikzyklus umfasst neun Prioritäten: Beihilfe zur illegalen Einwanderung, Menschenhandel, nachgeahmte Waren, Verbrauchssteuer- und Mehrwertsteuerbetrug, Kokain und Heroin, synthetische Drogen, illegaler Handel mit Feuerwaffen, organisierte Eigentumskriminalität und Cyberkriminalität.
(15)   https://www.europol.europa.eu/activities-services/main-reports/european-union-serious-and-organised-crime-threat-assessment-2017  
(16)  COM(2015) 185 final vom 28.4.2015.
(17)  COM(2016) 230 final vom 20.4.2016.
(18)  Dies umfasst von der EU finanzierte Projekte (z. B. in den westlichen Balkanländern und in der Sahelzone), Missionen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (wie die EUNAVFOR Med Operation SOPHIA, die ausdrücklich so konzipiert wurde, dass sie auch das Geschäftsmodell von Schmugglern zerstört) und die Grenzmanagement-Einsätze in Drittländern.
(19)  Siehe die Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der organisierten Kriminalität im Internet (IOCTA) für 2016: https://www.europol.europa.eu/activities-services/main-reports/internet-organised-crime-threat-assessment-iocta-2016
(20) Operative Aktionspläne werden für jede der EMPACT-Prioritäten aufgestellt, um Maßnahmen der Mitgliedstaaten und EU-Organisationen gegen die ermittelten Bedrohungen zu koordinieren. Im Bereich der Cyberkriminalität wurden in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt 114 operative Aktionspläne auf den Weg gebracht.
(21)  Das EC3 war seit seiner Einrichtung an Dutzenden von öffentlichkeitswirksamen Aktionen und über 200 Entsendungen von operationeller Unterstützung vor Ort beteiligt, die zu mehreren Hundert Festnahmen geführt haben, und hat über 800 000 Dateien analysiert , von denen sich die große Mehrheit als Schadsoftware erwies.
(22)  https://www.europol.europa.eu/activities-services/services-support/joint-cybercrime-action-taskforce
(23)  Schlussfolgerungen des Rates vom 9. Juni 2016 zur Verbesserung der Strafjustiz im Cyberspace.
(24)  Insbesondere die Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten (ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57) und die Richtlinie 2011/92/EU zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1).
(25)  Beispielsweise das Projekt NoMoreRansom ( https://www.nomoreransom.org/ ) unter der Leitung von Europol, an dem Strafverfolgungsbehörden und private Organisationen beteiligt sind. Dieses Projekt hilft Opfern von Schadsoftware, die ihre Daten verschlüsselt (Ransomware), indem es ihnen die notwendigen Instrumente zur Entschlüsselung ihrer Software und Wiederherstellung von Daten bereitstellt.
(26)  Siehe den Bericht der Kommission über die Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie (COM(2016) 872 final vom 16.12.2016).
(27)  ABl. L 149 vom 2.6.2001, S. 1.
(28)  COM(2016) 547 final vom 29.8.2016.
(29)  Nach Schätzungen Europols haben mindestens 90 % aller Migranten und Asylsuchenden, die irregulär in die EU gelangen, dafür die Dienste von Schleusern in Anspruch genommen. Im Jahr 2015 erwirtschafteten Schleusernetze, die Schleusungen in die EU oder innerhalb der EU anboten, Schätzungen zufolge zwischen 4,7 und 5,7 Mrd. EUR.
(30)  COM(2015) 240 final vom 13.5.2015.
(31)  COM(2015) 285 final vom 27.5.2015.
(32)  https://www.europol.europa.eu/newsroom/news/europol%E2%80%99s-european-migrant-smuggling-centre-one-year
(33)  JOIN(2017) 4 final vom 25.1.2017.
(34)  Im EU SOCTA-Bericht 2017 wird von einer stetigen Zunahme der Zahl der gemeldeten Einbrüche in den letzten Jahren berichtet. Schätzungen zufolge wird in der EU alle 1,5 Minuten ein Einbruch begangen, und manche Mitgliedstaaten verzeichnen 1000 Einbrüche pro Tag.
(35) Ein Beispiel für die grenzübergreifende Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung ist die im Mai 2015 durchgeführte Operation „Turnstone“, die sich gegen die schwere grenzüberschreitende organisierte Eigentumskriminalität im Ostseeraum richtete. Fast 80 000 Datensätze aus Passagier- und Fahrzeuglisten von in der Ostsee verkehrenden Fähren wurden mit nationalen Datenbanken und Datenbanken von Europol abgeglichen. Diese Abgleiche ergaben 325 Treffer zu gesuchten Zielpersonen. Die Straftäter wurden nach einer intensiven Überwachungsaktion, bei der die Verdächtigen ab ihrer Ankunft in Stockholm mit der Fähre aus Tallinn über mehr als 1000 km durch Schweden bis nach Bodø in Norwegen beobachtet wurden, verhaftet. Siehe den Bericht „Europol Review 2015“.
(36)  Laut dem Bericht Europols über das finanzielle Geschäftsmodell Menschenhandel von 2015 belaufen sich die Erträge aus allen Formen des Menschenhandels weltweit auf geschätzte 29,4 Mrd. EUR. Das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Menschenhändlers beträgt etwa 70 000 EUR. Der weltweit erzielte Profit aus sexueller Ausbeutung im Zusammenhang mit Menschenhandel liegt bei schätzungsweise 25,8 Mrd. EUR und der aus der Ausbeutung von Arbeitskraft im Zusammenhang mit Menschenhandel bei 3,5 Mrd. EUR.
(37)  Im Dezember 2016 verabschiedete die Kommission einen Aktionsplan für ein wirksameres europäisches Vorgehen gegen Reisedokumentenbetrug (COM(2016) 790 final vom 8.12.2016). Am 27. März 2017 nahm der Rat Schlussfolgerungen an, in denen er den Aktionsplan billigte und zu dessen rascher Umsetzung aufrief.
(38)  ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1.
(39)  COM(2012) 286 final vom 19.6.2012.
(40)  22 Mitgliedstaaten sind beteiligt (BE, BG, DK, EL ES, FI, FR, MT, NL, PT, RO, SI, SE, UK, LU, PL, HU, SK, AT, HR, DE und CY). Neun Organe, Agenturen und Netzwerke sind beteiligt: die Kommission, Europol, die Cepol, Eurojust, der EAD, die Arbeitsgruppe der europäischen Waffenexperten (EFE), Interpol, Frontex, eu-LISA. Als Dritte sind zudem die Schweiz und das US-amerikanische ATF beteiligt.
(41)  Diese reichen von der Angleichung nationaler Rechtsvorschriften über die Einrichtung zentraler Koordinierungsstellen („nationale Kontaktstellen“) zur Gewährleistung eines besseren Austauschs von Informationen und Erkenntnissen bis zu Schulungstätigkeiten oder gemeinsamen grenzübergreifenden Ermittlungen und Strafverfolgungseinsätzen (in den westlichen Balkanländern liegt der Schwerpunkt auf Gasdruck- und Schreckschusswaffen, umgebauten Feuerwaffen, dem Online-Handel oder der Lieferung von Paketen).
(42) Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten unterstützte diese Priorität im Zuge der laufenden Gespräche zur Vorbereitung des neuen Zyklus.
(43)  COM(2015) 750 final vom 18.11.2015.
(44)  Bericht des Rechnungshofes Nr. 24/2015 über innergemeinschaftlichen Mehrwertsteuerbetrug.
(45)  Eine große Zahl von Mitgliedstaaten unterstützte im Zuge der laufenden Gespräche zur Vorbereitung des neuen Zyklus das Anliegen, Mehrwertsteuerbetrug im neuen Zyklus als Priorität zu behandeln.
(46)  Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer: Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum: Zeit für Reformen (COM(2016) 148 final vom 7.4.2016).
(47)  Am 3. April teilten 16 Mitgliedstaaten den drei EU-Organen ihre Absicht mit, eine verstärkte Zusammenarbeit zur Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft aufzunehmen.
(48)  Die Europäische Staatsanwaltschaft wird zu einer höheren Zahl strafrechtlicher Verfolgungen und Verurteilungen führen und dafür sorgen, dass mehr durch Betrug verloren gegangene Gelder der Union nacherhoben werden. Ihre Zuständigkeit basiert auf der vorgeschlagenen Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union gerichtetem Betrug, in der Mindestvorschriften für Definitionen von Straftaten zulasten des EU-Haushalts und Sanktionen festgelegt werden (COM(2012) 363 final vom 11.7.2012). Die Richtlinie wird voraussichtlich im Juni 2017 verabschiedet.
(49)   http://www.unep.org/Documents.Multilingual/Default.asp?DocumentID=27076&ArticleID=36202&l=en  
(50)   http://unep.org/documents/itw/environmental_crimes.pdf
(51)   https://www.unodc.org/documents/data-and-analysis/wildlife/World_Wildlife_Crime_Report_2016_final.pdf ; http://unep.org/documents/itw/environmental_crimes.pdf
(52)  Im Jahr 2015 koordinierte Europol „COBRA III“, eine weltweite Operation gegen den illegalen Handel mit gefährdeten Arten: 25 EU-Mitgliedstaaten, Interpol und Europol waren an dieser Operation unter der Schirmherrschaft der zur Überwachung des Handels mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten eingesetzten EU-Gruppe „Anwendung der Regelung“ beteiligt. Die Operation zielte in erster Linie auf Elfenbein- und Nashornhörnerschmuggler ab, die entlang der Route von Afrika über Europa zu den asiatischen Märkten (hauptsächlich China und Vietnam) tätig sind. Sie umfasste 70 komplexe Untersuchungen in 25 teilnehmenden Ländern und 600 Beschlagnahmen, insbesondere großer Mengen von „New Age“-Arzneimitteln, die Extrakte aus geschützten Pflanzen enthielten, und mehrerer Tausend Kilo geschützter Hölzer. Siehe den Bericht „Europol Review 2015“.
(53)  Richtlinie 2008/99/EG über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt (ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 28).
(54)  COM(2016) 87 final vom 26.2.2016.
(55)  EnviCrimeNet, das Europäische Netz der in Umweltsachen tätigen Staatsanwälte, IMPEL und das EU-Richterforum für die Umwelt (EUFJE).