15.9.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 306/8


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Die Zukunft der Kohäsionspolitik nach 2020 — „Für eine starke und wirkungsvolle europäische Kohäsionspolitik nach 2020“

(2017/C 306/03)

Berichterstatter:

Michael Schneider (DE/EVP), Staatssekretär, Bevollmächtigter das Landes Sachsen-Anhalt beim Bund

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Pfeiler der europäischen Integration

1.

weist darauf hin, dass die Politik zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts eine der wichtigsten und umfangreichsten EU-Politiken ist, da sie sich an die gesamte EU-Bevölkerung in wichtigen Aspekten ihres täglichen Lebens richtet. Diese Politik ist auch ein unverzichtbarer Vertragsbestandteil und Pfeiler des europäischen Integrationsprozesses und des Wirtschaftswachstums in Europa — genauso wie Binnenmarkt oder Wirtschafts- und Währungsunion. Die Kohäsionspolitik schafft als notwendiges Pendant zu den Binnenmarktregeln gerechte Wettbewerbsbedingungen und trägt zur Sicherung bestehender und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze durch strategische Investitionen in die Realwirtschaft bei, insbesondere dort, wo der traditionelle Markt versagt. Sie sorgt dafür, dass die schwächeren Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen überhaupt erst an den Vorteilen der EU-Integration partizipieren können. Hierdurch leistet die Kohäsionspolitik einen wesentlichen solidarischen Beitrag zur Stärkung der EU insgesamt und zur deutlichen Erhöhung des für alle Bürger der EU sichtbaren europäischen Mehrwerts;

2.

gibt zu bedenken, dass sich das Regionalgefälle seit dem Beginn der Wirtschaftskrise im Jahr 2007 unverhältnismäßig stärker ausgeweitet hat als das Gefälle zwischen den Mitgliedstaaten. Diese Entwicklung ist im Sechsten Kohäsionsbericht analysiert und durch die jüngsten OECD-Zahlen untermauert worden; die Kohäsionspolitik mitsamt ihren drei Dimensionen — wirtschaftlich, sozial und territorial — ist deshalb aktueller denn je. Zugleich braucht die Kohäsionspolitik auch neue Impulse, um die spezifischen Herausforderungen der einzelnen Regionen im Sinne eines territorialen Ansatzes wirksamer angehen zu können;

3.

ist ferner der Ansicht, dass die künftige Kohäsionspolitik zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger solidarischer gestaltet werden muss, um die geschwächte Legitimität der EU wiederherzustellen. Misstrauen, Intoleranz und kommunitaristische Abschottung zersetzen unsere Gesellschaften und müssen mit einer Verringerung der vielfältigen Ungleichheiten bekämpft werden, denen die EU-Bürger vor Ort tagtäglich ausgesetzt sind. Allerdings erfordern die Bekämpfung dieser Ungleichheiten, die Erhaltung menschenwürdiger Lebensbedingungen und die Wahrung der Menschenrechte ein koordiniertes Handeln auf mehreren Ebenen, für das die Kohäsionspolitik das Standardwerkzeug ist. Die Kohäsionspolitik darf nicht nur der Nutzung von Chancen im Zusammenhang mit dem technologischen Fortschritt oder dem Klimawandel dienen, sondern sie muss es den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auch ermöglichen, Chancen für ihre Bevölkerung zu eröffnen;

4.

stellt fest, dass der strategische Einsatz der europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) im Sinne eines dezentralen Bottom-up-Ansatzes in vielen Regionen der EU wesentlich zur positiven wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Entwicklung beigetragen hat. Zahlreiche Untersuchungen belegen den Mehrwert und die Bedeutung der ESIF bei der Schaffung von Arbeitsplätzen, nachhaltigem Wachstum und moderner Infrastruktur, der Überwindung struktureller Hemmnisse, der Förderung des Humankapitals und der Verbesserung der Lebensqualität. Mit ihrer positiven Entwicklung und der Erreichung der in ihren jeweiligen ESIF-Programmen vereinbarten strategischen Ziele tragen die im Rahmen der Kohäsionspolitik geförderten lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auch zur Erreichung der gesamteuropäischen Wachstumsziele und zur Verdeutlichung der positiven Wirkung der europäischen Integration bei;

5.

ist überzeugt, dass die Ergebnisse des Einsatzes der ESIF bestätigen, dass die Kohäsionspolitik in der Lage ist, auf die Ziele der Strategie Europa 2020 oder auf neue Herausforderungen, wie sie sich etwa aktuell in den Bereichen Energiesicherheit, Demografie, Migration und Außengrenzen oder auch aus der Aufnahme der Flüchtlinge ergeben, flexibel zu reagieren. Eine starke und wirkungsvolle Kohäsionspolitik ist zugleich eine Voraussetzung für die Überwindung von Krisenprozessen. Damit dies so bleibt, muss eine neue Entwicklungsstrategie als Rahmen für den nächsten Programmplanungszeitraum dienen. Außerdem muss gewährleistet werden, dass die Kohäsionspolitik zur Bewahrung ihrer strategischen Ausrichtung als stabiler Investitionsrahmen auch künftig langfristige Programmplanungssicherheit für die Länder, Regionen und lokalen Gebietskörperschaften bietet und dabei zugleich die Möglichkeit enthält, die operationellen Programme zur besseren Anpassung an die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklungen abzuändern. Ferner ist es wichtig, dass die Kohäsionspolitik über eine angemessene Mittelausstattung verfügt, das heißt dass sie auch nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen den gleichen prozentualen Anteil am Haushalt umfasst;

6.

betont, dass es zur Stärkung der Planungssicherheit der Kohäsionspolitik nach 2020 auch bedeutsam ist, eine strategische Orientierung zu haben, die als Bezugspunkt für nachhaltige Fortschritte bei der Verwirklichung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts dienen kann und dabei auch, wenn dies erforderlich erscheint, den internationalen Kontext (wie etwa die UN-Nachhaltigkeitsziele und die auf der Habitat-III-Konferenz der Vereinten Nationen erzielte Einigung) und die Bedürfnisse der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zur Gewährleistung eines territorialen Ansatzes berücksichtigt;

7.

ist der Überzeugung, dass die Zukunft der Kohäsionspolitik untrennbar verbunden ist mit der Zukunft der EU insgesamt. Für eine starke und handlungsfähige Union sind eine starke und wirkungsvolle Kohäsionspolitik und eine überzeugende Darstellung ihrer Wirkung gegenüber den EU-Bürgern unverzichtbar. Die Kohäsionspolitik hat, wie Hunderttausende erfolgreiche, durch die ESIF finanzierte Projekte in ganz Europa verdeutlichen, konkrete und greifbare Auswirkungen auf die Lebensqualität der Bürger, indem sie unter anderem die konkreten Bedürfnisse der Regionen und Kommunen berücksichtigt und dazu beigetragen hat, die Folgen der Krise abzufedern. Der AdR spricht sich daher entschieden dafür aus, der Kohäsionspolitik auch nach 2020 ihre bedeutende Rolle in der EU zu sichern und ein starkes Bündnis aller einschlägigen Akteure auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene aufzubauen, um dieses Ziel zu erreichen;

8.

hält es für erforderlich, in der anstehenden Reform der Kohäsionspolitik ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kontinuität und notwendiger Erneuerung zu finden. Aufbauend auf den Erfahrungen der bisherigen Förderperioden müssen die Stärken und Schwächen der heutigen Kohäsionspolitik benannt und Wege für die Erhöhung ihrer Wirksamkeit gefunden werden. Dabei sind sowohl die Erfüllung des vertragsgemäßen Auftrags als auch die Orientierung an den langfristigen strategischen Zielen des intelligenten, integrativen und nachhaltigen Wachstums von zentraler Bedeutung. Die flexible Umsetzung der Kohäsionspolitik in den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften soll deren Wirksamkeit und Bürgernähe verstärken sowie zu einer größeren Sichtbarkeit der EU vor Ort beitragen. Das Potenzial der Kohäsionspolitik muss gerade durch die flexible Umsetzung in den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als eines der öffentlichkeitswirksamsten Tätigkeitsfelder der EU weiter zum Tragen gebracht werden. Der Bericht von Fabrizio Barca „Eine Agenda für eine reformierte Kohäsionspolitik“ zum territorialen Ansatz bleibt nach wie vor gültig;

9.

sieht die besondere Bedeutung der Kohäsionspolitik darin, dass sie strategische Vorgaben zur Bewältigung der Herausforderungen auf europäischer und globaler Ebene mit langfristigen Entwicklungsstrategien auf regionaler und lokaler Ebene in den Mitgliedstaaten und deren Umsetzung vor Ort verbindet. So ist die Kohäsionspolitik — anders als nationale Strukturpolitiken — Ausdruck gelebter europäischer Solidarität und sorgt für eine harmonische territoriale Entwicklung der EU insgesamt;

10.

ist der Auffassung, dass die hierfür in den europäischen Verträgen verankerten wesentlichen Aufgaben und grundlegenden Ziele der Kohäsionspolitik sowie die dort festgehaltene Beschreibung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds ihre Gültigkeit behalten, die Erfüllung der kohäsionspolitischen Aufgaben auch in Zukunft sicherstellen und eine verbesserte rechtliche Abstimmung und inhaltliche Koordinierung zur Erzielung von Synergieeffekten, zur Vermeidung von Lücken, Überschneidungen und Widersprüchen und zur harmonischen Entwicklung aller städtischen und ländlichen Gebiete ermöglichen; die integrative Funktion der gemeinsamen Rahmenverordnung muss zu diesem Zweck verbessert werden (siehe Ziffer 71);

11.

vertritt die Meinung, dass die Entwicklung des ländlichen Raums im Rahmen der GAP besser mit den ESIF abgestimmt werden muss, um eine ausgewogene Behandlung territorialer Aspekte zugunsten der Bürger sicherzustellen und dabei die Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Gebieten zu berücksichtigen;

Planungssicherheit durch langfristige strategische Orientierung

12.

ist der Ansicht, dass Kohäsionspolitik nicht auf den Ausgleich regionaler Disparitäten und Entwicklungsrückstände beschränkt ist, auch wenn dies im Einklang mit Artikel 174 AEUV eine prioritäre Aufgabe bleiben wird (Verringerung der Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und des Rückstands der am stärksten benachteiligten Gebiete), sondern zugleich eine Strategie zur Förderung von Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltigem Wachstum in den weniger entwickelten Regionen, in den Übergangsregionen und in den stärkeren Regionen Europas sein muss. Durch umfassende Investitionen in die wirtschaftliche und soziale Zukunft der regionalen und lokalen Ebene soll sie auch in Zukunft zu Beschäftigung, Produktivität, Nachhaltigkeit und sozialem Zusammenhalt in der EU beitragen. Die im Rahmen der Strategie Europa 2020 verfolgten Prioritäten tragen in der laufenden Förderperiode zur thematischen Konzentration und zur Erhöhung der Ergebnisorientierung der Kohäsionspolitik bei. Es ist wichtig, dass es einen europäischen Handlungsrahmen gibt. Der wirksame Einsatz der ESIF erfordert auch in Zukunft eine strategische Orientierung, die die Planungssicherheit der Kohäsionspolitik gewährleistet und als Rahmen für die ESIF-Programmierung zugunsten der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dient. Deshalb sollte der Programmplanungszeitraum für die Kohäsionspolitik weiterhin sieben Jahre betragen, wenn dies dem Zeitraum des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens entspricht;

13.

weist aber darauf hin, dass der strategische Ansatz auf EU-Ebene nicht zu unflexibel sein oder zu einer einseitigen Fokussierung auf EU-Ziele führen darf, die nicht den realen Herausforderungen vor Ort in jedem einzelnen Gebiet gerecht werden. Vielmehr muss die Kohäsionspolitik auch künftig über die einzelnen Politikfelder und Themen hinweg auf regionaler und lokaler Ebene zu integrierten, flexiblen und differenzierten Problemlösungen vor Ort fähig sein, nicht zuletzt, um auf neue Herausforderungen reagieren zu können. Wie alle EU-Politiken muss die Kohäsionspolitik zu den zentralen EU-Zielen im Rahmen ihres vertragsgemäßen Auftrages ihren Beitrag leisten. Umgekehrt müssen auch die übrigen EU-Politiken zur Erreichung der kohäsionspolitischen Vertragsziele beitragen. Hierzu sollte rechtzeitig vor Beginn einer neuen Förderperiode zur Stärkung des territorialen Ansatzes im Einklang mit der Multi-Level-Governance zwischen den für die Implementierung der Regionalpolitik zuständigen Behörden und den Sektorpolitiken (etwa mit Blick auf die Synergien mit den sektorspezifischen EU-Programmen wie Horizont 2020 oder COSME) ein kooperativer Dialog geführt werden, wie die geplanten Ansätze miteinander verbunden werden können;

14.

plädiert für die Entwicklung eines neuen gemeinsamen strategischen Rahmens für alle EU-Maßnahmen und -Fonds mit territorialer Dimension. Betroffen wären davon vor allem die ESIF, aber auch die Nachfolgeinstrumente der Fazilität „Connecting Europe“ sowie der Programme LIFE und Horizont 2020 und Darlehensinstrumente wie insbesondere der EFSI und die EIB-Darlehenspolitik. Dieser Rahmen sollte die strategische Kohärenz zwischen den Zielen und Investitionen gewährleisten, um Doppelungen und mangelnde Koordination der Maßnahmen auf EU- und nationaler Ebene zu vermeiden;

15.

ist der Auffassung, dass das richtige Verhältnis zwischen den unterschiedlichen Zielen, Vorgaben und Instrumenten der Kohäsionspolitik letztlich im Rahmen einer echten Dreier-Partnerschaft gefunden werden muss, indem die Kommission, die Mitgliedstaaten und Regionen sowie lokalen Gebietskörperschaften bei der Suche nach den besten Lösungen im Rahmen einer geteilten Mittelverwaltung aufeinander zugehen. Die in den Verordnungen angelegten Gestaltungsmöglichkeiten für die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften müssen bestmöglich genutzt werden und dürfen im Genehmigungsverfahren nicht wieder eingeschränkt werden. Darüber hinaus muss das Verhältnis zwischen den Verwaltungsbehörden und der Kommission so ausgestaltet werden, dass ein echter Vertrauenspakt zwischen beiden Seiten entsteht. Der AdR wünscht eine aktivere Beteiligung der Kommission bei der geteilten Mittelverwaltung; die Kommission muss ein echter Partner bei der Umsetzung der Kohäsionspolitik werden und darf sich nicht auf die Überwachung der Verwaltungsbehörden beschränken;

16.

fordert, den Programmierungsprozess zu einer partnerschaftlichen Verhandlung zwischen Kommission, Mitgliedstaaten und den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, denen die Verwaltung der operationellen Programme obliegt, im Sinne des Subsidiaritätsprinzips zu entwickeln. Dies erfordert ein Mitspracherecht der zuständigen öffentlichen Verwaltungsebenen in den Verhandlungen über die Förderziele und -prioritäten. Die Elemente des Verhaltenskodexes für Partnerschaften sollten demnach als rechtsverbindlicher Bestandteil in die künftigen Verordnungen aufgenommen werden, anstatt Gegenstand eines separaten Verhaltenskodexes mit unsicherem Rechtsstatus zu sein;

Beitrag zur wirtschaftspolitischen Koordinierung

17.

erkennt an, dass die stabilisierende Wirkung der Kohäsionspolitik insbesondere zur Unterstützung der zentralen, alle Mitgliedstaaten betreffenden Anstrengungen für Investitionen in nachhaltiges Wachstum, Beschäftigung und Innovation aus strategischer Sicht von großer Bedeutung ist;

18.

unterstützt daher grundsätzlich, dass EU-Mittel, in Ergänzung der Begegnung bedeutender europaweiter Herausforderungen wie aktuell etwa der Migration, zur Erhöhung der strukturellen Wirksamkeit auf die Umsetzung der partnerschaftlich mit den Mitgliedstaaten und regionalen und lokalen Gebietskörperschaften vereinbarten Ziele der politischen Langfriststrategien fokussiert werden. Der AdR weist jedoch erneut darauf hin, dass das jährliche Verfahren der an die Mitgliedstaaten gerichteten länderspezifischen Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters dem für die ESIF erforderlichen Ansatz mittel- und langfristiger Programmplanung bisher nicht gerecht wird. Außerdem weisen die länderspezifischen Empfehlungen vielfach keinen sachlichen Zusammenhang mit den ESIF-Programmen auf;

19.

ist daher der Überzeugung, dass die Einbeziehung der Kohäsionspolitik in die nationalen Reformprogramme ausgehend von der EU-Ebene neu gestaltet werden muss, so dass die territoriale Dimension sowie der partnerschaftliche und dezentrale Ansatz erhalten bleiben. Als Ausgangspunkt könnte ein jährlicher „struktureller Dialog über den Stand der Kohäsion in Europa“ in das Europäische Semester integriert werden. Die Mitwirkung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie der Sozialpartner müssen ebenso gewährleistet werden wie die Flexibilität beim Einsatz der ESIF vor Ort. Das gilt auch für die Fristen, die gewählten Abstimmungsverfahren sowie die Rechtssicherheit für genehmigte Pläne und Programme. Der AdR bekräftigt seine entschiedene Ablehnung eines negativen Konzepts der makroökonomischen Konditionalität, mit dem als Ergebnis der Verbindung zwischen den ESIF und der wirtschaftspolitischen Steuerung regionale und kommunale Gebietskörperschaften für Versäumnisse der nationalen Regierung „bestraft“ würden. Die Kohäsionspolitik darf nicht durch Auflagen belastet werden, auf deren Erfüllung die lokale und regionale Ebene sowie die übrigen Begünstigten keinerlei Einfluss haben;

20.

bittet die Kommission, über die Einbeziehung der Kohäsionspolitik in die wirtschaftspolitische Steuerung zu berichten, da derzeit noch unzureichende Erkenntnisse vorliegen, ob und inwieweit es gelingt, die operationellen Programme mit den nationalen Reformprogrammen abzustimmen;

Flexibilität für künftige Herausforderungen

21.

ist der Überzeugung, dass Entscheidungen über die Zukunft der EU, die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion, die wirtschaftspolitische Steuerung, die Finanzierung der EU und weitere Fragen die künftige Kohäsionspolitik ebenso beeinflussen werden wie die laufenden Diskussionen über Themen wie Subsidiarität, bessere Rechtsetzung, effizienter Mitteleinsatz und Folgenabschätzung. Hinzu treten Herausforderungen im Zusammenhang mit Krisenbewältigung, Globalisierung, Migration, demografischen Entwicklungen, mit Veränderungen in Wirtschaft, Arbeitswelt und Bildung etwa durch die fortschreitende Digitalisierung;

22.

spricht sich daher für eine Erhöhung der Flexibilität der Kohäsionspolitik in der nächsten Förderperiode aus, ohne die strategische Ausrichtung und die Planungssicherheit der mehrjährigen Programme für die regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften zu beeinträchtigen. Wenn die Verwaltungsbehörden dies wünschen, sollte auch eine flexible Reaktion auf Krisenprozesse und unvorhergesehene Ereignisse kurzfristig möglich sein, ohne die strategische Ausrichtung aufzugeben;

23.

betont, dass eine größere Flexibilität im mehrjährigen Finanzrahmen der EU nicht dazu führen darf, dass Umschichtungen oder neue Initiativen zu Lasten bereits genehmigter Programme finanziert werden. Die Verwendung von Kohäsionsmitteln für die Deckung kurzfristiger Finanzbedarfe außerhalb der Kohäsionspolitik, etwa im Bereich der Sicherheit, der Bekämpfung des Terrorismus, der Steuerung der Migrationsströme oder der Grenzkontrolle, lehnt der Ausschuss ab;

24.

ist der Ansicht, dass für die Erhöhung der Flexibilität und des Reaktionsvermögens der Kohäsionspolitik echte Fortschritte im Hinblick auf eine wirksame Vereinfachung der Verfahren für die Verwaltung, Überwachung, Bewertung, Überprüfung und Kontrolle der Strukturfonds von entscheidender Bedeutung sind, wobei es den derzeit vorhandenen Wust an Bestimmungen und Vorschriften für diese Fonds zu vermeiden gilt. Im Hinblick darauf werden vereinfachte Verfahren zur Änderung der operationellen Programme, Konzepte (ITI usw.) und Instrumente benötigt. Hierzu bedarf es eines partnerschaftlichen und vertrauensvollen Verhältnisses zwischen den für das Programm, Konzept oder Instrument Verantwortlichen auf den verschiedenen Ebenen. Künftige Pläne und Programme sollen zudem eine „Planungsreserve“ für Pilot- oder Versuchsmaßnahmen sowie für unvorhergesehene Aufgaben beinhalten — sofern diese kohäsionspolitischen Erfordernissen entsprechen —, über deren Verwendung erst im Laufe der Förderperiode entschieden wird;

25.

bittet die Kommission, für die nächste Förderperiode ein vereinfachtes Änderungsverfahren für Pläne und Programme vorzuschlagen, das es ermöglicht, flexibel und zielgerichtet auf Krisenerscheinungen oder unvorhergesehene Entwicklungen zu reagieren und insbesondere auch die Abstimmungen innerhalb der Kommission erleichtert und beschleunigt;

26.

hält es für unverzichtbar, auch bei neuen Herausforderungen und unvorhergesehenen Entwicklungen und unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips das Funktionieren der Multi-Level-Governance und des Bottom-up-Ansatzes in Form geteilter Mittelverwaltung zu gewährleisten und Zentralisierungstendenzen entgegenzuwirken, um effiziente passfähige Lösungen vor Ort entwickeln zu können;

Effektivität und Effizienz für ergebnisorientierte Umsetzung

27.

weist darauf hin, dass die Kohäsionspolitik eine der Politiken der EU ist, die seit geraumer Zeit am genauesten gemessen und am besten analysiert wird. Die regelmäßigen Berichte der Kommission legen detailliert die Erfolge der Kohäsionspolitik dar. Der Ausschuss verweist auf die vielen Regionen, die aufgrund der ESIF-Förderung ihre besonderen Entwicklungsrückstände überwinden, zum EU-Durchschnitt aufschließen konnten und aufgrund ihrer positiven Entwicklung aus der höchsten Förderkategorie ausgeschieden sind. Dass es gelungen ist, die mit der Kohäsionspolitik verfolgten Ziele zu erreichen, wurde auch in der Ex-post-Bewertung des EFRE und des Kohäsionsfonds für den Zeitraum 2007-2013 deutlich;

28.

ist der Meinung, dass sich die Grundstruktur der Kohäsionspolitik mit den drei Gebietskategorien — stärker entwickelte Regionen, Übergangsregionen und weniger entwickelte Regionen — bewährt hat und daher beibehalten werden sollte. Sie ist konkret und zugleich hinreichend flexibel, um neue Herausforderungen, Schwerpunkte, Instrumente und Indikatoren einzubeziehen. Die Einteilung der Gebietskategorien entspricht dem kohäsionspolitischen Auftrag, die Unterstützung der rückständigsten und problembeladenen Gebiete mit einem Angebot an alle Regionen zu verbinden, um eine harmonische Entwicklung der EU als Ganzes zu fördern;

29.

bekräftigt daher seine Auffassung, dass die am wenigsten entwickelten und am stärksten benachteiligten Gebiete sowie die Gebiete in äußerster Randlage auch weiterhin einer stärkeren Förderung bedürfen, um mittel- und langfristig ihre strukturellen und wirtschaftlichen Entwicklungsdefizite zu beseitigen. Hierauf soll auch künftig der Schwerpunkt beim Einsatz der ESIF liegen. Gleichzeitig ist es erforderlich, für die aus der Höchstförderung ausscheidenden Regionen angemessene Regelungen im Rahmen der Übergangskategorie vorzusehen, um das Erreichte nicht zu gefährden. Es sollte eine Lösung gefunden werden, um einen dramatischen Einbruch der kohäsionspolitischen Förderung für die Regionen zu verhindern, die knapp die Schwelle zur Übergangskategorie überschritten haben. Weiter entwickelte Regionen müssen in ihrer Rolle als Wachstumslokomotiven in der Regionalentwicklung gestärkt und weiter gefördert werden, damit auch diese Gebiete ihre Chancen nutzen und am globalen Wettbewerb teilnehmen können. Insgesamt sollte also ein Modell gewählt werden, das ein ausgewogenes Verhältnis von Kohäsion, Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit unterstützt;

30.

verweist unter Bezugnahme auf seine eigenen Stellungnahmen und die Arbeiten der Kommission zum Thema „Das BIP und mehr“ auf die Notwendigkeit, Kohäsionspolitik aufgrund zuverlässiger, vergleichbarer und robuster Statistiken zu planen und durchzuführen. Das regionale Bruttoinlandsprodukt, gemessen in Kaufkraftparitäten in Relation zum EU-Durchschnitt, hat sich als Hauptindikator für die Gebietsabgrenzung bewährt und sollte beibehalten werden. Der AdR hat deshalb die Notwendigkeit hervorgehoben, bei der Konzipierung der neuen Generation der europäischen Struktur- und Investitionsfonds im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen das BIP ergänzende Indikatoren aufzunehmen. Dabei sollten die demografischen Herausforderungen auf regionaler und lokaler Ebene sowie weitere spezielle Herausforderungen wie im Vertrag über die Arbeitsweise der EU vorgesehen in der Kohäsionspolitik nach 2020 auf der Grundlage weiterer einheitlicher und kohärenter Kriterien stärker berücksichtigt werden;

31.

weist darauf hin, dass rein statistische Effekte, wie sie beim Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU entstehen würden, nicht dazu führen dürfen, dass irgendeine Region der EU-27 ihre Einstufung als weniger entwickelte oder Übergangsregion verliert, denn die sozioökonomische Situation der betroffenen Regionen wird dadurch real nicht verändert; die Europäische Kommission sollte daher belastbare Vorschläge für die Berücksichtigung statistischer Effekte bzw. für eine Sicherheitsnetz-Regelung in den ESIF-Verordnungen für die Zeit nach 2020 vorlegen;

32.

weist darauf hin, dass die regionalen Förderkriterien auf der NUTS-II-Ebene in einigen Ländern sozioterritoriale, intraregionale und sogar überregionale Ungleichheiten oftmals verdecken können. Die Karten der EU müssen in einem geeigneten, die Probleme vor Ort reflektierenden Maßstab vorliegen, damit sie dazu beitragen, die Unterstützung in diese Gebiete zu lenken;

33.

appelliert an das Vereinigte Königreich und die EU, sich darauf zu einigen, dass die Regionen und lokalen Gebietskörperschaften des Vereinigten Königreichs nach dem Vorbild anderer Drittstaaten wie Norwegen und Island weiterhin an der europäischen territorialen Zusammenarbeit und anderen EU-weiten Programmen teilnehmen dürfen;

34.

beharrt auf der Notwendigkeit der thematischen Konzentration, um einen europäischen Mehrwert und echte Wirkung vor Ort zu erzielen. Indes ist es nicht erforderlich, dass in der gesamten EU die gleichen thematischen Ziele ausgewählt werden, um sicherzustellen, dass sie wirklich relevant sind und den Anliegen vor Ort in jedem einzelnen Gebiet und den Bedürfnissen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gerecht werden;

35.

dringt darauf, den ESIF einen gebietsbezogenen Ansatz zugrunde zu legen. Im Mittelpunkt der EU-Politik und -Fördermaßnahmen sollten die Probleme vor Ort unabhängig davon stehen, ob es sich um ein städtisches oder ländliches Gebiet oder ein Gebiet mit anderen geografischen Merkmalen oder um Gebiete wie die Gebiete in äußerster Randlage handelt, deren strukturbedingte soziale und wirtschaftliche Lage im Einklang mit dem AEUV spezifische Maßnahmen rechtfertigt;

36.

erinnert daran, dass ein maßgebliches Erfolgshemmnis bei der Durchführung von ESI-Programmen in vielen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Mangel an ausreichenden Kapazitäten und tragfähiger Governance begründet ist. Der AdR fordert daher für alle ESIF einen neuen Ansatz für Kapazitätsaufbau, auf den jede einzelne Behörde, die mit der Verwaltung oder Durchführung von ESIF betraut wird, zurückgreifen kann. Dadurch werden eine wirtschaftliche Haushaltsführung sowie die korrekte Anwendung der Vorschriften für öffentliche Beschaffung und staatliche Beihilfen sichergestellt und ferner der Wissenstransfer zwischen Verwaltungs- und Durchführungsorganen erleichtert;

37.

erkennt an, dass auch in Zukunft Wirksamkeit und Effizienz des Einsatzes der ESIF erhöht werden müssen. Der AdR plädiert für die Beibehaltung der thematischen Konzentration. Die für die Kohäsionspolitik nach 2020 zu beschließenden thematischen Ziele dürfen der finanziellen Förderung von Infrastrukturen der vorrangigen Themenbereiche, sofern dies erforderlich ist, nicht entgegenstehen und sollen die notwendige Flexibilität und insbesondere die neuen Herausforderungen, die Stärkung der territorialen Dimension der Kohäsion und die Multi-Level-Governance bei der Gestaltung der Programme abbilden. Dies soll dazu beitragen, dass Entscheidungen über die Förderfähigkeit von Projekten für die Bürger nachvollziehbar sind;

38.

spricht sich dafür aus, die Wirksamkeit der ESIF vorrangig an in den Fondsverordnungen vereinbarten und unionsweit geltenden Kriterien zu messen. Für die Aufstellung und Durchführung der Pläne und Programme soll rechtzeitig vor Beginn der neuen Förderperiode und gemeinsam mit den Verantwortlichen für den Einsatz der ESIF ein überschaubarer Satz von wirtschaftlichen, sozialen und Umweltindikatoren und ausgewählte Ex-ante-Konditionalitäten entwickelt werden, der geeignet ist, den kohäsionspolitischen Fortschritt und die erreichten Ergebnisse bei der Umsetzung der Programme adäquat abzubilden, um die Erfahrungen aus dem vorangegangenen Zeitraum in die neuen Programmentscheidungen einfließen zu lassen. Hierbei müssen nicht nur die nationalen, sondern auch die unterschiedlichen lokalen und regionalen Bedingungen berücksichtigt werden; weist in diesem Zusammenhang auf den aktuellen Bericht der Kommission (SWD(2017) 127 final) hin, wonach bis dato 86 % der Ex-ante-Konditionalitäten erfüllt wurden und diese einen eindeutigen Mehrwert für die Durchführung notwendiger Reformen hatten und den Einsatz der Fördermittel verbessert haben;

39.

empfiehlt, dass auf der Grundlage der Indikatoren und im Ergebnis des Verhandlungsprozesses operationelle Programme entstehen, die vorrangig den Charakter von strategischen Dokumenten tragen. Die Kommission sollte die Umsetzung dieser Programme künftig durch einen strategisch-partnerschaftlichen Dialog mit den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften begleiten, in dem die Festlegung von verbindlichen Zielen und dazugehörigen Ergebnisindikatoren im Vordergrund steht und sich die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Sinne der Multi-Level-Governance die am besten geeigneten Maßnahmen auswählen und implementieren können;

40.

begrüßt die Initiative der Europäischen Kommission für strukturschwache Regionen, damit diese Regionen wieder Schritt halten können, indem sie bei der Überwindung hemmender Faktoren und der Freisetzung ihres Wachstumspotenzials unterstützt werden; regt an, diese Initiativen im neuen Programmplanungszeitraum zu erwägen;

Europäischer Mehrwert als Kriterium für den Einsatz von EU-Mitteln

41.

erkennt an, dass der europäische Mehrwert zweifellos eines der wichtigsten Kriterien für den erfolgreichen Einsatz von EU-Mitteln und damit auch für den Erfolg der Kohäsionspolitik ist. Allerdings existiert dafür bisher keine einheitliche Definition. Daher wäre es von Vorteil, wenn die spezifischen Kriterien, an denen der europäische Mehrwert der Kohäsionspolitik gemessen werden soll, künftig zusammen mit den Fondsverordnungen diskutiert und beschlossen würden;

42.

um den bürokratischen Aufwand zu verringern, fordert der AdR die Kommission auf, die für die Prüfung der Ex-ante-Konditionalitäten zuständigen Verwaltungsbehörden zu entlasten und der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit mehr Gewicht zu verleihen, aber auch einen stärker ergebnisorientierten Ansatz zu entwickeln;

43.

spricht sich daher für die Entwicklung eines abgestimmten Konzepts aus, an dem der europäische Mehrwert kohäsionspolitischer Maßnahmen gemessen werden kann, und verweist dazu auch auf seine Studie „The EU Added Value Test to Justify EU Spending: What Impact for Regions and Local Authorities?“ (1). Wesentliche Kriterien könnten die mit dem Einsatz von EU-Mitteln erzielbaren Impulse für die Erfüllung der vertragsgemäßen Kohäsionsziele, für nachhaltiges Wachstum, Beschäftigung und sozialen Zusammenhalt sowie ihr Beitrag zur Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen sein. Dabei sollte auch berücksichtigt werden, dass der territoriale Ansatz in zuvor definierten Bereichen wirkungsvoller ist und durch seinen dezentralen Ansatz einen Mehrwert liefert im Vergleich zu sektoralen bzw. zentralen Förder- und Finanzinstrumenten;

44.

regt in diesem Kontext an, dass ein solches Konzept bei der Stärkung der Kohäsionspolitik ansetzt. Der AdR versteht darunter etwa die Überwindung von sozioökonomischen Disparitäten, die antizyklische Wirkung zur Wachstumsstabilisierung und -stimulierung und Krisenbewältigung durch öffentliche Investitionen, die wichtige Rolle bei der Erreichung gemeinsamer EU-Ziele, die ergebnisorientierten Anreize und Mechanismen, den positiven Einfluss auf die Qualität der Verwaltungskapazitäten vor Ort, die europäische und grenzüberschreitende Dimension sowie die Durchführung im Rahmen der Multi-Level-Governance und des Bottom-up-Ansatzes;

45.

weist darauf hin, dass die territoriale Dimension der Kohäsionspolitik die Umsetzung von Maßnahmen ermöglicht, die im Sinne des Subsidiaritätsprinzips nicht ausreichend von den Mitgliedstaaten, Regionen und lokalen Gebietskörperschaften allein verwirklicht werden können, wie etwa die grenzüberschreitende, transnationale und interregionale Zusammenarbeit;

46.

macht darauf aufmerksam, dass die zunehmende Komplexität der rechtlichen Anforderungen die Interessenträger, einschließlich der Projektträger, schwer belastet. Nach der Ansicht des AdR ist eine leistungs- und ergebnisorientierte Steuerung der Kohäsionspolitik vorzuziehen. Der AdR hat im Übrigen auch Zweifel, ob die leistungsgebundene Reserve zweckmäßig ist, da mit den Durchführungsbestimmungen nicht die langfristigen Ergebnisse und Folgen berücksichtigt werden;

47.

bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Auffassung, dass durch den Einsatz der kohäsionspolitischen Instrumente schwächere Mitgliedstaaten und Regionen erst in die Lage versetzt werden, den europäischen Mehrwert der Integration für sich zu erschließen; gleichzeitig wird es den stärkeren Regionen ermöglicht, die globalen Herausforderungen bestmöglich anzugehen. Die Kohäsionspolitik schafft ein Band, das die kommunale und regionale Ebene mit dem europäischen Projekt verbindet und der EU auf lokaler und regionaler Ebene Legitimität verleiht;

48.

spricht sich daher dafür aus, die Sichtbarkeit kohäsionspolitischer Interventionen über geeignete Kommunikationsmaßnahmen deutlich zu erhöhen, denn sie sind einer der unbestreitbaren Vorteile der EU-Integration für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort, wozu die Regionen und Kommunen in erheblichem Umfang beitragen. Die wirtschaftlichen, sozialen, räumlichen, ökologischen, kulturellen und politischen Errungenschaften der Kohäsionspolitik müssen herausgestellt werden. Auch sollte in Anbetracht der langfristigen Ergebnisse und des nachweislichen Mehrwerts ihr Potenzial zur Überwindung der Identitätskrise der EU genutzt werden;

Territoriale Dimension und Multi-Level-Governance zur Stärkung der Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

49.

weist darauf hin, dass die Kohäsionspolitik mit ihrem territorialen Ansatz die Regionen und Kommunen Europas bei Zukunftsinvestitionen zur Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und lebenslangem Lernen genauso wie bei der Netzwerkbildung, der interregionalen Zusammenarbeit und dem europaweiten Erfahrungsaustausch unterstützt. Sie ist die einzige EU-Politik mit einem regionalen Fokus auf der Basis der Multi-Level-Governance. Daher müssen die territoriale Dimension der Kohäsionspolitik und die Rolle der regionalen Gebietskörperschaften bei der Verwaltung dieser Politik weiter gestärkt werden;

50.

ist der Auffassung, dass erweiterte Gestaltungsmöglichkeiten zur Entwicklung passfähiger Lösungen vor Ort erforderlich sind, um die Kohäsion auf regionaler und lokaler Ebene — auch über die Grenzen hinweg — zu stärken. Die Kohäsionspolitik muss ein flexibles Angebot beinhalten, aus dem sich die Adressaten im Rahmen europäischer Regelungen die für ihre Region oder ihre Kommune zielführendsten Lösungen aussuchen können;

51.

fordert nachdrücklich die Fortsetzung und Vereinfachung der Förderung der grenzüberschreitenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit im Rahmen des Ziels „Europäische territoriale Zusammenarbeit“, einschließlich der Förderung der bestehenden und künftigen makroregionalen und maritimen Strategien, der Inseln, der Gebiete an den Seegrenzen sowie der Gebiete in äußerster Randlage. Der europäische Mehrwert ist hier besonders sichtbar. Er resultiert aus der unmittelbaren Verwirklichung integrationspolitischer Ziele und der Förderung eines guten nachbarschaftlichen Miteinanders. Die Zusammenarbeit von Projektpartnern unterschiedlicher Mitgliedstaaten, der europaweit mögliche Austausch von Wissen sowie die gemeinsame Erarbeitung neuer Lösungen für die Optimierung öffentlicher Verwaltungs- und privater Entwicklungsleistungen sind wichtige Bestandteile der EU-Integration. In Anbetracht ihres sichtbaren europäischen Mehrwerts sollte die Förderung der territorialen Zusammenarbeit im Rahmen angemessener Haushaltsmittel verstärkt werden;

52.

weist auf die wichtige Rolle der intelligenten Spezialisierung für die Stärkung der regionalen Innovationssysteme, für den interregionalen Wissensaustausch und für die Förderung von Synergien insbesondere mit der europäischen Forschungsförderung hin und verweist darüber hinaus auf seine Stellungnahme „Forschungs- und Innovationsstrategien für intelligente Spezialisierung (RIS3): Auswirkungen auf die Regionen und interregionale Zusammenarbeit“ (SEDEC-VI/021);

53.

weist darauf hin, dass die Zusammenarbeit an den EU-Außengrenzen im Zusammenwirken der territorialen Dimension der Kohäsionspolitik mit der Nachbarschaftspolitik der EU stärker gefördert werden muss. Hierbei soll die Zusammenarbeit entlang der EU-Außengrenzen über die Nachbarschaftspolitik und im Einklang mit den Regeln der Kohäsionspolitik gefördert werden;

54.

ist in diesem Zusammenhang überzeugt, dass makroregionale und maritime Strategien für die teilnehmenden Regionen und ihre Bürgerinnen und Bürger einen bedeutenden Mehrwert darstellen, vorausgesetzt, die vorhandenen und künftigen Förderinstrumente sind für die Strategien koordiniert nutzbar; fordert die europäischen Institutionen daher auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Ziele der makroregionalen Strategien mit den künftigen Förderinstrumenten der Kohäsionspolitik, aber auch mit anderen EU-Förderinstrumenten (CEF, Horizont 2020, EFSI) abgestimmt werden;

55.

spricht sich dafür aus, dass wesentliche Herausforderungen für lokale Gebietskörperschaften (z. B. Umweltschutz, soziale Inklusion, Migration, digitaler Wandel, nachhaltiger Verkehr, Klimawandel, Revitalisierung) auch künftig in der Kohäsionspolitik besonders adressiert werden und die Kohäsionspolitik das wichtigste europäische Instrument sein sollte, um Zusammenarbeit für Wachstum, ein lebenswertes Umfeld und Innovationen in den Kommunen Europas anzustoßen, die dafür notwendigen Voraussetzungen, wie etwa im Bereich der Breitbandinfrastruktur oder der Kreislaufwirtschaft, zu schaffen und das Wachstumspotenzial der Kommunen optimal zu nutzen. Für die nachhaltige kommunale Entwicklung soll ein möglichst breites Förderspektrum vorgesehen werden, aus dem vor Ort die besten Maßnahmenbündel entwickelt werden. Diese Herausforderungen betreffen neben den Städten alle lokalen Gebietskörperschaften in unterschiedlicher Weise. Deshalb sollen auch künftig integrierte Konzepte (z. B. CLLD, ITI) für die Entwicklung angepasster Lösungen genutzt werden können. Dafür muss allerdings im Zuge der Programmplanung genügend Spielraum geschaffen werden, damit eigene flexible Anpassungen wirklich möglich sind;

56.

plädiert im Sinne einer harmonischen territorialen Entwicklung für die Stärkung der Rolle der Metropolregionen und Städte, die vor vielen konkreten Problemen stehen, z. B. in den Bereichen Umweltqualität, Zersiedelung der Landschaft, soziale Ausgrenzung, Verkehr und Wohnungswesen. Zur Verbesserung der Stadt-Land-Beziehungen müssen auch kleinere Städte und ländliche Gemeinden einbezogen werden können. Ferner müssen die hierfür geltenden Regelungen radikal vereinfacht werden. In Anlehnung an seine Stellungnahme zur EU-Städteagenda (COTER-VI/010) weist der AdR darauf hin, dass durch die Maßnahmen der Union kein Konkurrenzverhältnis zwischen den Dimensionen Stadt, Land und Küste gefördert werden darf. Eine ganzheitliche territoriale Vision für die städtischen und ländlichen Gebiete als einander ergänzende funktionale Räume ist unverzichtbar. Bei aus verschiedenen europäischen Fonds finanzierten von der örtlichen Bevölkerung betriebenen lokalen Entwicklungsmaßnahmen (CLLD) müssen die verschiedenen Fonds besser miteinander verzahnt werden;

57.

fordert die Verstärkung und Vereinfachung der Handhabung der neuen Instrumente zur Stärkung des Bottom-up-Ansatzes und einer Multi-Level-Governance, wie der CLLD-Ansatz bzw. die integrierten territorialen Investitionen („ITI“), mit der Zielsetzung einer noch stärkeren Integration auf lokaler und regionaler Ebene im Sinne eines integrierten und ganzheitlichen Ansatzes in der regionalen Entwicklung. Die Erreichung dieses Zieles erfordert eine dementsprechende Verlagerung der Entscheidungskompetenz sowie eine breite Einbindung aller relevanten Akteure vor Ort;

58.

empfiehlt, die Entwicklung der ländlichen Gebiete zu unterstützen und umfassende Strategien zu fördern, mit denen diese Gebiete durch Verbesserungen bei der Anbindung an das Verkehrsnetz und die digitale Breitbandinfrastruktur im Einklang mit dem Schutz der natürlichen Umwelt und der Cork-2.0-Erklärung gestärkt werden; bekräftigt zudem seine in der Stellungnahme „Innovation und Modernisierung der ländlichen Wirtschaft“ (NAT-VI/004) vorgebrachte Forderung nach Erarbeitung eines Weißbuchs zum ländlichen Raum, in dem die Herausforderungen für die ländlichen Gebiete und ihr Potenzial thematisiert werden, mit dem Ziel des Erhalts des reichen kulturellen, architektonischen, natürlichen, sozialen, kulinarischen und wirtschaftlichen Erbes dieser Gebiete, das ihre Bewohner pflegen und das der europäischen Gesellschaft insgesamt zugutekommt;

59.

fordert, eine spezifische Behandlung der Gebiete in äußerster Randlage im Rahmen der Kohäsionspolitik nach 2020 in Betracht zu ziehen, um ihren spezifischen und einzigartigen Zwängen im europäischen Raum Rechnung zu tragen; weist darauf hin, dass diese Zwänge in Artikel 349 AEUV anerkannt werden und ausdrücklich spezifische Maßnahmen zur Förderung dieser Gebiete, insbesondere betreffend ihren Zugang zu den Strukturfonds, vorgesehen sind;

60.

erkennt ebenfalls an, dass eine ausgewogene territoriale Entwicklung eine angemessene Förderung der ländlichen und stadtnahen Gebiete des Hinterlands sowie der benachteiligten Gebiete (z. B. Berggebiete, Grenzgebiete und andere Gebiete mit natürlichen oder demografischen Nachteilen) vorsehen muss, um dort notwendige Investitionen in Wachstum, Beschäftigung, soziale Inklusion und ökologische Nachhaltigkeit zu bewirken. Die betroffenen Gebiete sollten an der Konzipierung der Instrumente mitwirken, die Voraussetzungen für wirksame sektorübergreifende Vorhaben schaffen und eine stärkere Integration der städtischen und ländlichen funktionalen Räume in die regionalen Volkswirtschaften bewirken;

61.

die von Entvölkerung betroffenen Gebiete brauchen und fordern mehr Aufmerksamkeit, weshalb auf europäischer Ebene ein jährlich stattfindendes Forum eingerichtet werden sollte, damit diese Gebiete verfolgen können, welche spezifischen politischen Maßnahmen zu ihren Gunsten durchgeführt werden, und auch Vorschläge unterbreiten und bewährte Verfahren austauschen können. Dies wäre nicht nur sinnvoll, um diese Gebiete stärker in den Blickpunkt zu rücken, sondern auch, um ihre Isolierung zu überwinden und ihnen direkt bei den europäischen Institutionen Gehör zu verschaffen. Dieses Forum sollte den besonderen Merkmalen der einzelnen Gebiete Rechnung tragen und eine ausgewogene Vertretung gewährleisten;

62.

ist der Auffassung, dass die künftige Kohäsionspolitik auch das wichtigste Instrument zur Gewährleistung der nachhaltigen Entwicklung der Gebiete mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen, wie den nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte sowie den Insel-, Grenz- und Bergregionen sein muss, indem spezifische Maßnahmen mit einem integrierten territorialen Ansatz vorgesehen werden, um die Vorleistungskosten im Zusammenhang mit nachteiligen Bedingungen für den Verbleib der Bevölkerung und der Unternehmen zu kompensieren. Es gilt auch, der Landflucht entgegenzuwirken, indem die Verfügbarkeit wesentlicher Dienstleistungen und hochwertiger Infrastruktur gewährleistet wird. Besondere Aufmerksamkeit muss der Stärkung der Landwirtschaft gewidmet werden, die für die Nachhaltigkeit der anderen wirtschaftlichen Aktivitäten der Berggebiete und für den Schutz vor hydrogeologischen Risiken — auch im Flachland — von zentraler Bedeutung ist;

63.

fordert gezieltere Maßnahmen zur Stärkung der lokalen und regionalen Rechenschaftspflicht und der Sichtbarkeit der ESIF vor Ort sowie zur Sicherstellung der demokratischen Kontrolle regionaler oder nationaler ESI-Programme auf der jeweiligen Ebene;

Ausreichende Finanzierung für wirkungsvolle Politik

64.

erkennt an, dass auf EU-Ebene langfristig ein hoher Bedarf an Unionsmitteln bestehen wird, um Investitionen anzustoßen. Die dafür bereitstehenden Finanzen werden auch künftig im Spannungsfeld von Konsolidierung der nationalen Haushalte und der Bereitschaft der Mitgliedstaaten zur Finanzierung der EU-Aufgaben stehen. Für die Kohäsionspolitik wird es darauf ankommen, ihren Auftrag zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts so wahrzunehmen, dass daraus ein überzeugender Beitrag zur Stärkung der Regionen Europas und der EU insgesamt erwächst und die Mittel wirksam eingesetzt werden. Eine ausreichend ausgestattete Kohäsionspolitik ist hierfür ebenso unentbehrlich wie die Zuweisung dieser Mittel, bei der die konkreten Anforderungen der Regionen und Kommunen berücksichtigt werden. Darüber hinaus weist der AdR auf die negativen Folgen des Brexits für den Haushalt der EU hin. Um den Haushalt und insbesondere die Kohäsionspolitik bestmöglich zu bewahren, bekräftigt der AdR seine Forderung, dass das Vereinigte Königreich sämtliche rechtlichen Verpflichtungen für den laufenden mittelfristigen Finanzrahmen erfüllen muss. Er verweist in diesem Zusammenhang auf seine Entschließung vom 22. März 2017 (RESOL-VI/022) und fordert die Kommission auf, die im Bericht über die künftige Finanzierung der EU genannten Vorschläge der hochrangigen Gruppe „Eigenmittel“ zu konkretisieren;

65.

weist darauf hin, dass die ESIF nicht mit zentral verwalteten Initiativen wie dem EFSI vergleichbar sind. Während der EFSI Investitionen auf europäischer und nationaler Ebene in Form von Einzelprojekten ohne territoriale Komponente generiert, sorgt der Einsatz der ESIF in Verbindung mit den regionalen Innovationsstrategien für die nachhaltige Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts in den regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften und damit für eine ausgewogene und harmonische Entwicklung der EU insgesamt. Diese Spezifik der ESIF gilt es im Rahmen eines strategischen, Synergien fördernden Ansatzes, der durch ein adäquates Begleitungs- und Bewertungssystem sowie zielgerichtete Auswahlmethoden deutliche Anreize zugunsten von Effizienz und Wirkungsorientierung setzt, weiter zu stärken. Beide Instrumente — ESIF und EFSI — ergänzen einander und dürfen nicht in Konflikt geraten. Der EFSI darf die ESIF keinesfalls ersetzen;

66.

verweist in diesem Zusammenhang zudem auf seine Stellungnahme „EFSI 2.0“ vom 7./8. Dezember 2016 (COTER-VI/019);

67.

ist der Auffassung, dass Finanzinstrumente sinnvoll sind und eine Alternative oder Ergänzung zu Zuschüssen darstellen sowie durch ihre Hebelwirkung dazu beitragen können, die Wirksamkeit der Kohäsionspolitik zu erhöhen. Das darf aber nicht dazu führen, dass die ESIF-Zuschüsse schrittweise durch Darlehen ersetzt werden. Der Einsatz von Finanzinstrumenten sollte auch angesichts der damit verbundenen hohen Verwaltungskosten nur dort erfolgen, wo es vor Ort für sinnvoll erachtet wird. Im Falle von Körperschaften des öffentlichen Rechts, insbesondere Regionen, Städte und Kommunen, darf ein verstärkter Einsatz von Finanzierungsinstrumenten deren finanzielle Stabilität nicht gefährden. Der AdR lehnt daher eine etwaige Verpflichtung zur weiteren Erhöhung des Anteils der Finanzinstrumente in der kommenden Förderperiode ab. Die Bestimmungen über den Einsatz der ESIF in den Finanzinstrumenten sind sehr anspruchsvoll und komplex und zeugen von Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Finanzinstrumente. Daher sollten die einschlägigen Durchführungsvorschriften im Vergleich zur Förderperiode 2014-2020 von Grund auf vereinfacht werden. Der AdR ist zudem der Ansicht, dass die Synergien zwischen Zuschüssen und Finanzinstrumenten attraktiver gestaltet und die Bedingungen für den Einsatz von Finanzinstrumenten möglichst stark an den marktwirtschaftlichen Gegebenheiten ausgerichtet werden müssen;

68.

spricht sich dafür aus, die wechselseitigen Synergien zwischen Kohäsionspolitik und anderen Förderinstrumenten und Programmen durch gemeinsame strategische Ziele und Bewertungskriterien zu stärken. Ohne die unterschiedlichen Zielrichtungen der Instrumente zu verwässern, wäre es möglich, dass die Abläufe und Anforderungen an die Verwaltungs- und Kontrollsysteme besser aufeinander abgestimmt werden, um Transparenz und Zugang zu den verschiedenen Fördermöglichkeiten zu optimieren. Dies sollte auch bei der Überarbeitung der EU-Haushaltsordnung Berücksichtigung finden und z. B. ermöglichen, dass bei der Bewertung der Forschungsprojekte im Rahmen des Programms Horizont 2020 denjenigen Projekten eine höhere Punktzahl gegeben wird, die eine europäische Partnerschaft auch unter Einbeziehung von Strukturfondsmitteln vorsehen, um tatsächlich eine wirksamere Integration der verschiedenen europäischen Programme zu gewährleisten;

69.

verweist bezüglich der Vorschläge zur Überarbeitung der EU-Haushaltsordnung zudem auf seine Stellungnahme „Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union“ vom 11./12. Mai 2017 (COTER-VI/20);

Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit für Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau

70.

befürchtet, dass die Kohäsionspolitik die Erreichung der selbst gesetzten Ziele gefährdet, da die Komplexität des Verwaltungs- und Kontrollsystems in keinem angemessenen Verhältnis mehr zum planerischen Mehrwert steht. Im Ergebnis besteht die Gefahr, dass die Kohäsionspolitik auch in den Augen der Begünstigten und der Bürger nicht mehr als Erfolgsfaktor wahrgenommen wird, sondern als weiteres Symbol für die behauptete Bürgerferne der EU. Dies gilt es im allseitigen Interesse zu vermeiden. Unnötige bürokratische/administrative Bürden bei der Programmierung, Verwaltung, Kontrolle und Umsetzung müssen sowohl für die regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften als auch für die Endbegünstigten radikal reduziert werden;

71.

spricht sich dafür aus, dass einen Schwerpunkt künftiger Reformüberlegungen der Abbau bürokratischer Hemmnisse sowohl bei der Ausgestaltung der allgemeinen Vorgaben der Kohäsionspolitik als auch bei der Umsetzung und Durchführung der einzelnen Programme und Projekte bildet. Es ist vor allem daran zu erinnern, dass alle beteiligten Generaldirektionen und Dienststellen der Kommission zur Vereinfachung der Kohäsionspolitik beitragen müssen. Der Grundsatz der Subsidiarität soll dabei konsequenter als bisher Anwendung finden. Wichtige Aspekte hierfür sind die rechtzeitige Vorlage des neuen Rechtsrahmens vor Beginn der neuen Förderperiode, und zwar spätestens Mitte 2019, der Verzicht auf rückwirkende Anwendung neuer Normen, die Entwicklung einer stabilen und geübten Rechtspraxis, die Konzentration auf wesentliche, genaue und verlässliche Vorgaben bei gleichzeitiger Heranziehung nationaler Normen, wo dies möglich ist. Hierdurch soll den Schwierigkeiten, mit denen die Verwaltungsbehörden zu Beginn jedes Programmplanungszeitraums konfrontiert sind, im Interesse einer größeren Kohärenz und Kontinuität sowie einer Vermeidung von Zahlungsverzügen begegnet werden. Zur Verbesserung der Transparenz und Verminderung der Komplexität der Rechtsetzung sollen für die verschiedenen EU-Fonds gleiche Regelungen für gleiche Sachverhalte und so weit als möglich gemeinsame Vorschriften gelten. Die zahllosen nachgelagerten Rechtsakte und Leitlinien sind zu reduzieren. Aus Gründen der Rechtssicherheit müssen Genehmigungen über die gesamte Laufzeit Gültigkeit haben;

72.

weist darauf hin, dass die bürokratischen Anforderungen für Kooperationsprojekte im Rahmen der europäischen territorialen Zusammenarbeit deutlich reduziert werden müssen, um zur Kooperation zu ermutigen und nicht von ihr abzuschrecken. Hierfür ist auch künftig eine eigenständige Verordnung erforderlich. Diese sollte aber deutlich stärker auf Vertrauen und partnerschaftlichem Miteinander zwischen der Europäischen Kommission und den Regionen und weniger auf Kontrolle und Fehlervermeidung aufbauen. Darüber hinaus sollte aufgrund des multilateralen Charakters der ETZ von Ex-Ante-Konditionalitäten abgesehen werden. Ferner sollte bei der Entwicklung spezifischer Kriterien, an denen der europäische Mehrwert der Kohäsionspolitik gemessen werden soll, berücksichtigt werden, dass die ETZ bereits durch die enge Zusammenarbeit per se zum Zusammenhalt zwischen den Mitgliedstaaten der EU sowie zwischen den Mitgliedstaaten und Regionen außerhalb der Europäischen Union beiträgt;

73.

fordert die Europäische Kommission dazu auf, eine umfassende territoriale Folgenabschätzung der künftigen Vorschläge für die Ausgestaltung der Kohäsionspolitik vorzulegen, die auch die Berechnung der Verwaltungslasten einschließt und bietet auf der Grundlage von Punkt 23 des Protokolls über die Zusammenarbeit von Kommission und AdR seine Zusammenarbeit in diesem Bereich an;

74.

weist auch darauf hin, dass die Umsetzung der Kohäsionspolitik durch das Ineinandergreifen von europäischen und nationalen Rechtsordnungen mittlerweile stark überreguliert und die Grenze der zumutbaren Kontroll- und Verwaltungslasten für die Umsetzung der operationellen Programme bereits überschritten ist. Dadurch ist das Gleichgewicht zwischen positiven Wirkungen der ESIF einerseits und dem Umsetzungsaufwand andererseits immer weniger gegeben;

75.

hält daher eine umfassende Überprüfung der Anforderungen, die an die Verwaltungs- und Kontrollsysteme der ESIF gestellt werden, für zwingend erforderlich. Es bedarf zudem größerer Rechtssicherheit und Rechtsklarheit und der Vermeidung von Überregulierung beim Vollzug der ESIF. Vor diesem Hintergrund begrüßt der AdR jede Initiative zur Vereinfachung der Förderung und die in diesem Zuge erfolgte Einberufung der hochrangigen Gruppe unabhängiger Sachverständiger zur Überwachung der Vereinfachung (High Level Group on Simplification). Der AdR schlägt vor, die Anforderungen in puncto Überwachung, Berichterstattung und Bewertung zu verringern. Des Weiteren sollte ein Vertrauensverhältnis zwischen der Kommission und den Verwaltungsbehörden geschaffen werden, um die Kontrollen besser zu gewichten und die Verwaltungsbehörden und Projektträger abzusichern. Dazu bedarf es unbedingt der Einführung eines Grundsatzes der Differenzierung bei der geteilten Mittelverwaltung, der Unterscheidung zwischen Betrug und Fahrlässigkeit sowie der Anhebung der hinnehmbaren Fehlerrate auf 5 %;

76.

weist darauf hin, dass die kohärente Anwendung des Subsidiaritätsprinzips nicht nur die Verringerung des Verwaltungsaufwands und der Komplexität der Rechtsvorschriften, sondern auch eine Unterstützung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften beim Ausbau der Verwaltungs- und Steuerungskapazitäten bei der Programmplanung und der Durchführung der entsprechenden Maßnahmen und Projekte erforderlich macht;

77.

ruft allerdings auch in Erinnerung, dass bisherige Versuche, die Ursachen von Komplexität und übermäßigem Verwaltungs- und Kontrollaufwand zu identifizieren und konsequent abzubauen, teilweise sogar weitere Erschwernisse für Verwaltung und Begünstigte mit sich gebracht haben. Nicht selten haben Forderungen nach größerer Rechtssicherheit zum Erlass zusätzlicher Umsetzungsregelungen, Durchführungsbestimmungen und Leitlinien durch die Kommission und die Mitgliedstaaten geführt und damit letztlich die Komplexität des Programmvollzugs weiter erhöht. Damit stiegen wiederum Fehlerwahrscheinlichkeit und Fehlerquoten;

78.

schlägt daher vor zu prüfen, ob ein grundsätzliches Umsteuern für die Programmplanung und -umsetzung realisiert werden kann. Künftig sollte den Mitgliedstaaten und Verwaltungsbehörden freigestellt werden, die verwaltungsmäßige Umsetzung ihrer Programme wahlweise entweder nach rein europäischem oder aber nach nationalem Recht durchzuführen. Entsprechende Regelungen sollten in die Haushaltsordnung der EU aufgenommen werden. Es entfiele damit die Vermischung von nationalen und europäischen Regelungen;

79.

fordert zudem, künftig einen konsequenten Ansatz bei der Einführung von Verfahren für die Prüfung und das Audit zu verfolgen, um Mehrfachprüfungen und doppelte Kontrollen zu vermeiden und von den Begünstigten mehrfach dieselben Informationen einzuholen, Wertungswidersprüche zwischen den Kontrollorganen auszuschließen und die Kosten zu reduzieren. Die Prüfungen durch die EU-Institutionen sollten sich auf die Zielerreichung sowie auf Betrugs- und Korruptionsbekämpfung beschränken;

80.

spricht sich im Hinblick auf das künftige Beihilferegime dafür aus, die ESIF per definitionem als beihilfekonform zu erklären, die für den ELER und den EMFF anerkannte Nichtanwendbarkeit von Artikel 107 ff. AEUV auf alle Fonds auszuweiten oder anderenfalls die Anwendung der beihilferechtlichen Vorschriften beim Einsatz der ESIF stark zu vereinfachen, etwa durch die Einführung einer an einfache Kriterien (z. B. Übereinstimmung mit genehmigten operationellen Programmen) geknüpften Beihilfekonformität von Finanzierungen aus den ESIF. Die Ungleichbehandlung von direkt verwalteten EU-Fonds, wie EFSI, der Fazilität „Connecting Europe“ und Horizont 2020, und den ESIF im beihilferechtlichen Bereich ist nicht gerechtfertigt, erhöht die Verwaltungslast, behindert Synergien zwischen den Instrumenten und führt zu Rechtsunsicherheit, da ein einheitliches Kriterium für Schlüsselaspekte wie den Anreizeffekt fehlt;

81.

spricht sich dafür aus, Lösungen für eine gemeinsame Programmplanung zwischen verschiedenen Verwaltungsbehörden gesetzlich anzuregen und zu fördern, um Maßnahmen auf makroregionaler und transeuropäischer Ebene — u. a. in maritimen Makroregionen — zu erleichtern;

82.

fordert die Kommission darüber hinaus auf, die Vereinfachung der öffentlichen Auftragsvergabe mit einer Finanzierung aus dem EU-Haushalt in Betracht zu ziehen. Eine derartige Maßnahme würde den Endbegünstigten einen leichteren Zugang zur Auftragsvergabe ermöglichen, den Vergabeprozess und die Rechtsprechung erleichtern;

83.

fordert, bei den Anforderungen an Programmierung, Umsetzung und Kontrolle der ESIF künftig dem Grundsatz der Differenzierung zu folgen, da fundamental unterschiedliche Rahmenbedingungen auch eine unterschiedliche Struktur für die Implementierung benötigen. Insbesondere das Programmvolumen, das Risikoprofil, die Qualität des Verwaltungsvollzugs, der Anteil an den öffentlichen Ausgaben und die Höhe des Eigenanteils könnten zentrale Kriterien sein, die in die Überlegungen zur verhältnismäßigen und differenzierten Ausgestaltung der Verwaltungs- und Kontrollsysteme nach 2020 einfließen müssten. Dies gilt insbesondere auch für die territoriale Zusammenarbeit;

84.

verweist zur Vereinfachung der Verwaltung und Umsetzung zudem auf seine Stellungnahme „Vereinfachung der ESI-Fonds aus der Sicht der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften“ vom 11. Oktober 2016 (COTER-VI/012).

Brüssel, den 11. Mai 2017

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA


(1)  http://cor.europa.eu/en/documentation/studies/Documents/eu-added-value-test-to-justify-eu-spending.pdf.