Brüssel, den 21.12.2016

COM(2016) 816 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Sachstand und mögliches Vorgehen in Bezug auf Fälle fehlender Gegenseitigkeit im Verhältnis zu Drittländern im Bereich der Visumpolitik (Follow-up-Mitteilung zur Mitteilung vom 12. April)


I.Einführung

Am 12. April 2016 legte die Kommission eine Mitteilung über Sachstand und mögliches Vorgehen in Bezug auf die Fälle fehlender Gegenseitigkeit im Verhältnis zu Drittländern im Bereich der Visumpolitik vor. 1 In dieser Mitteilung wurde festgestellt, dass mit aktiver Unterstützung der Kommission für die Mehrzahl der Fälle fehlender Gegenseitigkeit mit acht Drittländern eine Lösung gefunden werden konnte. Hat das betreffende Drittland die Visumpflicht jedoch nicht bis zum 12. April 2016 aufgehoben, ist die Kommission gemäß der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 verpflichtet, einen delegierten Rechtsakt zu erlassen, mit dem die Visumfreiheit für Staatsangehörige dieses Drittlands für einen Zeitraum von zwölf Monaten ausgesetzt wird. In der Verordnung ist zudem vorgeschrieben, dass die Kommission berücksichtigt, wie sich die Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht auf die Außenbeziehungen der Union und ihrer Mitgliedstaaten auswirkt. Daher wurde in der April-Mitteilung auch die Bedeutung der vollständigen Einbeziehung des Europäischen Parlaments und des Rates bei der Anwendung des Gegenseitigkeitsmechanismus unterstrichen und – da die Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht politisch besonders heikel ist – bewertet, wie sich diese Aussetzung auf Staatsangehörige der betreffenden Drittländer auswirkt; außerdem wurden das Europäische Parlament und der Rat aufgefordert, dringend Beratungen anhand der vorgenommenen Bewertung einzuleiten und ihren Standpunkt zu dem am besten geeigneten Vorgehen darzulegen.

Als Folgemaßnahme zog die Kommission im Juli 2016 eine Bilanz der zwischen April und Juli erreichten Fortschritte und formulierte die nächsten Schritte hin zur vollständigen Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht. 2 Die Kommission begrüßte, dass mit Brunei vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht erzielt wurde. Mit Blick auf Kanada sah die Kommission dem EU-Kanada-Gipfel erwartungsvoll als einer Gelegenheit entgegen, um konkrete Fortschritte bei der Aufhebung der Visumpflicht für bulgarische und rumänische Staatsbürger zu bestätigen. Sie stellte zudem fest, dass die USA keine Schritte hin zu einer Aufhebung der Visumpflicht für Staatsbürger Bulgariens, Kroatiens, Polens, Rumäniens und Zyperns unternommen hatten. Die Kommission hat sich dazu verpflichtet, alle Möglichkeiten zu nutzen, um sich in Abstimmung mit den betroffenen Mitgliedstaaten weiter nachdrücklich für vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht mit Kanada und den Vereinigten Staaten einzusetzen, um schneller Ergebnisse zu erzielen, und vor Jahresende über die weiteren Fortschritte zu berichten.

Bei dieser Mitteilung handelte es sich um eine Bestandsaufnahme weiterer Fortschritte bei den Beratungen mit den beiden verbleibenden Ländern seit Juli 2016. Insbesondere wird in der Mitteilung über konkrete Fortschritte, die mit Kanada erzielt wurden, und den Sachstand der Beratungen mit den Vereinigten Staaten berichtet, zudem werden die weiteren Schritte festgelegt.

II.Entwicklungen seit dem Follow-up zur Mitteilung vom 12. April zu Fortschritten auf dem Weg zu vollständiger Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht

Kanada (Mitteilungen von: Bulgarien und Rumänien)

Was Kanada betrifft, wird in der Follow-up-Mitteilung vom Juli sowohl festgestellt, dass die konstruktiven Beratungen – auch auf höchster politischer Ebene – in den vorangegangenen Monaten intensiviert wurden, als auch, dass die kanadische Regierung entschlossen ist, mit der EU weiter auf vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht für alle EU-Bürger hinzuarbeiten. Die Kommission setzte sich in Abstimmung mit Bulgarien und Rumänien weiter nachdrücklich für vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht ein, um schneller Ergebnisse zu erzielen, und sah dem EU-Kanada-Gipfel erwartungsvoll als Gelegenheit entgegen, konkrete Fortschritte bei der Aufhebung der Visumpflicht für bulgarische und rumänische Staatsbürger zu bestätigen.

Im Anschluss an diese intensiven koordinierten Anstrengungen und den nachhaltigen Dialog zwischen der EU und Kanada legte Kanada vor dem 16. Gipfeltreffen EU-Kanada am 30. Oktober 2016 in Brüssel einen klaren Zeitplan mit dem Ziel vollständiger Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht vor.

Die kanadische Regierung hat angekündigt 3 , dass sie die Visumpflicht für infrage kommende bulgarische und rumänische Staatsbürger, die nach Kanada einreisen, teilweise aufheben will. Vom 1. Mai 2017 an bräuchten bulgarische und rumänische Staatsbürger, die in den vergangenen zehn Jahren ein kanadisches befristetes Aufenthaltsvisum besaßen oder derzeit im Besitz eines gültigen Nichteinwanderungsvisums der USA sind, kein befristetes Aufenthaltsvisum und könnten mit einer elektronischen Reiseerlaubnis anstelle eines Visums nach Kanada einreisen oder das Land durchqueren. Die kanadische Regierung beabsichtigt die Visumpflicht für bulgarische und rumänische Staatsbürger am 1. Dezember 2017 aufzuheben. Diese Entscheidung Kanadas, 2017 die Visumpflicht für alle bulgarischen und rumänischen Staatsbürger aufzuheben, wurde in der Gemeinsamen Erklärung 4 beim Gipfeltreffen EU-Kanada bestätigt.

Die Kommission begrüßt die Entscheidung Kanadas, die Visumpflicht für alle bulgarischen und rumänischen Staatsbürger, die nach Kanada reisen, am 1. Dezember 2017 aufzuheben. Sie wird nun sowohl mit den Mitgliedstaaten als auch mit Kanada Gespräche aufnehmen, um zu gewährleisten, dass die vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht innerhalb der vereinbarten Fristen zustande kommt.

Vereinigte Staaten von Amerika (Mitteilungen von: Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien und Zypern)

In der Follow-up-Mitteilung vom Juli wurde festgestellt, dass sich ungeachtet intensivierter Kontakte auf der politischen und der technischen Ebene in Bezug auf die USA keine Fortschritte abzeichneten, die mit jenen in Bezug auf Kanada vergleichbar wären. Die USA haben keine Schritte hin zu einer Aufhebung der Visumpflicht für die Einreise von Staatsbürgern Bulgariens, Kroatiens, Polens, Rumäniens und Zyperns in die USA unternommen. Die Kommission hat sich daher in Abstimmung mit den fünf betroffenen Mitgliedstaaten in allen einschlägigen Foren weiter nachdrücklich für vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht mit den Vereinigten Staaten eingesetzt und alle Möglichkeiten genutzt, um das künftige Vorgehen und sämtliche Optionen oder notwendigen Maßnahmen zum Erreichen dieses Ziels zu sondieren.

Die Zugangsbedingungen zum Programm für visumfreies Reisen der Vereinigten Staaten sind in vom US-Kongress verabschiedeten Rechtsvorschriften festgelegt. Die Regierung setzt das Programm um und hat nach derzeitiger Rechtslage keine Befugnis zur Ausdehnung des Programms auf neue Partnerländer, es sei denn, diese erfüllen die gesetzlichen Kriterien.

Beim Treffen ranghoher Beamter für Justiz und Inneres der EU und der Vereinigten Staaten am 8. September 2016 forderte die EU-Seite vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht; die Vereinigten Staaten erklärten, es sei für das Ministerium für innere Sicherheit von zentraler Bedeutung sicherzustellen, dass das Programm für visumfreies Reisen der Vereinigten Staaten aufrechterhalten werde und dass es seinen Zweck – die Gewährleistung der Sicherheit der Vereinigten Staaten – erfülle. Dazu arbeitet das Ministerium für innere Sicherheit an der vollständigen Umsetzung der sicherheitsrelevanten Verbesserungen des Programms für visumfreies Reisen, die der Kongress im Dezember 2015 beschlossen hat. Das Ministerium für innere Sicherheit unterstrich, dass das Programm vom Kongress weiterhin gründlich geprüft werde; aus dem Kongress wurde bei mehreren Anhörungen Kritik an der Handhabung der gesetzlich vorgesehenen Befreiungen von der Visumpflicht durch die US-Regierung laut. Das Ministerium für innere Sicherheit würdigte die Bemühungen der EU um ein verstärktes EU-Außengrenzenmanagement und neue Rechtsinstrumente im Sicherheitsbereich. Zugleich erklärte es jedoch auch, dass kurzfristig nicht mit einer Aufnahme der fünf visumpflichtigen Mitgliedstaaten in das Programm für visumfreies Reisen zu rechnen sei. Diese Mitgliedstaaten erfüllen die in US-Rechtsvorschriften festgelegte Bedingung einer Visum-Ablehnungsquote von höchstens 3 % nicht und kommen daher nicht für die Teilnahme an dem Programm in Frage. Das Ministerium wiederholte zudem, dass die vorübergehende Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht für Staatsbürger der Vereinigten Staaten mit Blick auf eine wechselseitige Befreiung von der Visumpflicht höchst kontraproduktiv wäre.

Diese Positionen wurden beim Treffen der Justiz- und Innenminister der EU und der Vereinigten Staaten am 4. und 5. Dezember 2016 in Washington D. C. bestätigt. Die Europäische Union betonte nochmals, wie wichtig es sei, so rasch wie möglich vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht mit den Vereinigten Staaten zu erreichen. Es wurde beschlossen, diese Arbeit mit der neuen US-Regierung fortzusetzen.

Wie im vorangegangenen Berichtszeitraum waren keine Fortschritte hin zur Aufhebung der Visumpflicht für die Einreise von Staatsbürgern Bulgariens, Kroatien, Polens, Rumäniens und Zyperns in die USA zu verzeichnen. Am 8. November 2016 fanden Präsidenten- und Kongresswahlen statt. Die Kommission wird unverzüglich ihre Bemühungen wiederaufnehmen, in Abstimmung mit den fünf betroffenen Mitgliedstaaten bei der neuen US-Regierung – sobald diese fest etabliert ist – auf vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht zu dringen.

Das nächste Treffen der Justiz- und Innenminister sowie ranghoher Beamter der EU und der USA wird voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2017 stattfinden und Gelegenheit bieten, mit der neuen Regierung das Vorgehen zur Verwirklichung dieses Ziels zu vereinbaren. Angesichts der wichtigen Rolle, die der US-Kongress für eine Lösung spielt, empfiehlt die Kommission zudem, parlamentarische Kontakte (des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente) in vollem Umfang zu nutzen.

III.Standpunkte als Reaktion auf die April-Mitteilung und das Follow-up vom Juli

Am 12. Oktober 2016 legte die Kommission dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments einen Sachstand vor. Der Vorsitz fasste den Standpunkt des Ausschusses dahin gehend zusammen, dass die Kommission unionsrechtlich verpflichtet ist, delegierte Rechtsakte zur Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht für Staatsbürger visumbefreiter Länder zur Einreise in die EU für jene Drittländer anzunehmen, die keine wechselseitige Befreiung von der Visumpflicht anwenden. Ein weiterer Meinungsaustausch zu diesem Thema fand am 14. Dezember 2016 anlässlich einer mündlichen Anfrage im Plenum des Europäischen Parlaments statt. Hier schloss sich die Mehrzahl der Mitglieder, die sich einschalteten, diesem Standpunkt an, während zugleich auf die Auswirkungen einer Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht auf die transatlantischen Beziehungen und die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit der Institutionen hingewiesen wurde.

Wie auch in den drei vorangegangenen Monaten hat der Rat nicht über die Angelegenheit beraten.

IV. Fazit

Die Kommission begrüßt die Entscheidung der kanadischen Regierung, die Visumpflicht für alle bulgarischen und rumänischen Staatsbürger ab Dezember 2017 aufzuheben, und wird nun sowohl mit den Mitgliedstaaten als auch mit Kanada Gespräche aufzunehmen, um zu gewährleisten, dass die vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht innerhalb der vereinbarten Fristen zustande kommt. Dieser Fortschritt, der auf der Basis des in der April-Mitteilung dargelegten weiteren Vorgehens und der guten Zusammenarbeit mit den Regierungen Bulgariens und Rumäniens sowie mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments erzielt wurde, zeigt, dass sich konkrete Fortschritte hin zur vollständigen Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht durch fortgesetztes Engagement und Geduld in den diplomatischen Beziehungen erreichen lassen.

Mit Blick auf die Vereinigten Staaten stellt die Kommission fest, dass das Land wie im vorangegangenen Berichtszeitraum in den vergangenen fünf Monaten – auch bedingt durch den Wahlkalender – für Staatsbürger Bulgariens, Kroatiens, Polens, Rumäniens und Zyperns keine Schritte hin zu einer Aufhebung der Visumpflicht für eine Einreise in die Vereinigten Staaten unternommen hat. Sobald die neue US-Regierung etabliert ist, wird die Kommission in Abstimmung mit den fünf betroffenen Mitgliedstaaten unverzüglich ihre Bemühungen wieder aufnehmen, auf vollständige Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht zu dringen; sie strebt an, in der ersten Jahreshälfte 2017 das Vorgehen zu vereinbaren, um dieses Ziel zu erreichen.

Die Kommission wird weiter eng mit dem Europäischen Parlament und dem Rat zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Europäische Union in dieser wichtigen Angelegenheit mit einer Stimme spricht, und wird vor Ende Juni 2017 über die weiteren Fortschritte berichten.

_________

(1)

     COM(2016) 221 final von 12. April 2016 (die „April-Mitteilung“).

(2)

     COM(2016) 481 final vom 13. Juli 2016 (die „Follow-up-Mitteilung vom Juli“).

(3)

     http://news.gc.ca/web/article-en.do?nid=1145359.

(4)

     In Absatz 20 der Gemeinsamen Erklärung heißt es: Wir begrüßen und würdigen die Bedeutung verstärkter Mobilität, unter anderem durch visumfreies Reisen zwischen der Europäischen Union und Kanada für all unsere jeweiligen Bürger, wie im Abkommen über eine strategische Partnerschaft zwischen Kanada und der EU vorgesehen. Die Entscheidung Kanadas, Ende 2017 die Visumpflicht für alle bulgarischen und rumänischen Staatsbürger aufzuheben, wird die engen kulturellen, bildungspolitischen, verwandtschaftlichen und geschäftlichen Beziehungen zwischen Kanada und Europa weiter fördern. (http://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2016/10/30-eu-canada-declaration/).