21.4.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 125/34


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung eines Zertifizierungssystems der Union für Ausrüstungen für Luftsicherheitskontrollen“

(COM(2016) 491 final — 2016/0236 (COD))

(2017/C 125/04)

Berichterstatter:

Stefan BACK

Befassung

Europäisches Parlament, 15.9.2016

Rat, 24.10.2016

Rechtsgrundlage

Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständige Fachgruppe

Binnenmarkt, Produktion, Verbrauch

Annahme in der Fachgruppe

13.1.2017

Verabschiedung auf der Plenartagung

25.1.2017

Plenartagung Nr.

522

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

138/1/3

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der EWSA bekräftigt erneut seine Unterstützung für den Maßnahmenkatalog aus dem Jahr 2012 für eine innovative und wettbewerbsfähige Sicherheitsbranche (der Maßnahmenkatalog) (1).

1.2

Der EWSA verweist auch auf die Europäische Sicherheitsagenda (die Sicherheitsagenda) (2) und bringt erneut seine Unterstützung für den Aktionsplan gegen den unerlaubten Handel mit Feuerwaffen und Explosivstoffen und deren unerlaubte Verwendung sowie für den Vorschlag für eine Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung zum Ausdruck (3)  (4).

1.3

Vorbehaltlich der nachstehenden Bemerkungen begrüßt der EWSA nun ebenfalls das mit dem Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über die Einrichtung eines Zertifizierungssystems der Union für Ausrüstungen für Luftsicherheitskontrollen (5) (der Vorschlag) verfolgte Ziel als ersten Schritt zur Umsetzung des Maßnahmenkatalogs. Der EWSA heißt das Ziel des Vorschlags gut, ein Typgenehmigungsverfahren für Ausrüstungen für Luftsicherheitskontrollen mit einer Zertifizierung gemäß dem Prinzip einer einheitlichen Anlaufstelle einzurichten, um die Markteinführung von Produkten zu vereinfachen, Kosten zu senken, das Marktvolumen zu vergrößern und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie für Sicherheitsprodukte zu stärken.

1.4

Der EWSA bedauert jedoch, dass keine zentrale EU-Genehmigungsbehörde mit eigenem technischem Dienst vorgeschlagen wird, die zu Effizienzoptimierung und Kostenreduzierung geführt hätte. Der EWSA äußert ernsthafte Zweifel an der Ressourceneffizienz der vorgeschlagenen Lösung, die technischen Dienste und die Genehmigungsbehörden voneinander zu trennen.

1.5

Der EWSA bedauert ferner, dass im Vorschlag der durch Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt (6) geschaffenen Möglichkeit, auf nationaler Ebene strengere Anforderungen als die in der Verordnung vorgesehenen Grundstandards einzuführen, was der EWSA in seiner Stellungnahme (7) ausdrücklich willkommen geheißen hat, nicht Rechnung getragen wird.

1.6

Der EWSA bedauert, dass den Interessen des Binnenmarktes anscheinend so weit Vorrang gegenüber Sicherheitsfragen eingeräumt wurde, dass nicht einmal mehr die Möglichkeit besteht, auf nationaler Ebene zusätzliche Sicherheitsanforderungen zu stellen, um zentrale nationale Interessen gemäß Artikel 114 Absatz 10 AEUV zu schützen.

1.7

In diesem Zusammenhang bedauert der EWSA auch, dass im AEUV nicht die Möglichkeit eingeräumt wird, spezifische nationale Maßnahmen zum Schutz wesentlicher nationaler Interessen vor Terroranschlägen durchzuführen, vergleichbar mit den in Artikel 346 AEUV festgelegten Bestimmungen zu Waffen oder Artikel 15 der Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe (8).

1.8

In Anbetracht der hochtechnischen und komplexen Fragestellungen, mit denen sich die sektorale Gruppe der technischen Dienste befassen muss, fragt sich der EWSA, ob es sinnvoll ist, dass die Kommission den Vorsitz dieser Gruppe führt, wie es in Artikel 24 Absatz 3 des Vorschlags vorgesehen ist.

1.9

In diesem Zusammenhang bringt der EWSA auch sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass die Möglichkeit, ein System für Informationsaustausch und Koordinierung der verschiedenen nationalen Genehmigungsbehörden in den Vorschlag zu integrieren, offenbar nicht in Erwägung gezogen wurde.

1.10

Der EWSA stellt sich die Frage, ob der Umfang der in dem Vorschlag vorgesehenen Befugnis zur Erlassung delegierter Rechtsakte zur Änderung von technischen Vorschriften das gemäß Artikel 290 Absatz 1 AEUV zulässige Ausmaß übersteigt. Dies betrifft insbesondere Artikel 27 Buchstabe a des Vorschlags, in dem Umfang und Art der neuen Leistungsanforderungen, die durch delegierte Rechtsakte in Anhang I des Vorschlags aufgenommen werden können, keinerlei Grenzen gesetzt werden.

1.11

In jedem Fall weist der EWSA darauf hin, dass die Kommission, wenn sie in diesem Gebiet gesetzgeberisch tätig werden will, über die notwendigen technischen Kompetenzen verfügen muss, um die Qualität der Rechtsakte zu gewährleisten.

1.12

Der EWSA begrüßt grundsätzlich den Vorschlag, dass die EU ein vollständiges Mitglied der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz (ECAC) werden soll. In Anbetracht der Tatsache, dass die derzeitige Satzung der ECAC jedoch ausschließlich Staaten als Mitglieder vorsieht, der ECAC nicht nur EU-Mitgliedstaaten angehören und der Erfolg einer solchen Beitrittsverhandlung nicht garantiert ist, wäre es realistischer, vorzuschlagen, dass die EU die geeigneten Schritte unternehmen sollte, um der ECAC beizutreten.

1.13

Der EWSA hat die Bestimmung des Vorschlags, die durchschnittliche Zeit zwischen dem Antrag auf Prüfung durch die technischen Dienste und der Übermittlung der Prüfergebnisse an die zuständige Genehmigungsbehörde auf maximal sechs Monate zu begrenzen, zur Kenntnis genommen. Der EWSA ist jedoch der Auffassung, dass es besser wäre, wenn der technische Dienst zunächst in einer Vorabbewertung eines Antrags den für die Prüfung notwendigen Zeitrahmen feststellen und den Antragsteller innerhalb einer bestimmten Frist darüber informieren würde. Wenn die Zeitvorgaben für die Prüfung anschließend nicht eingehalten werden können, sollte der Antragsteller darüber sowie über die Gründe für die Verzögerung informiert werden.

1.14

Der EWSA stellt fest, dass das System der ECAC zur Produktbewertung mittlerweile gut funktioniert und der Mehrwert eines EU-Typenzulassungssystems aus operationeller Sicht deshalb ggf. fraglich ist. Die in dem Vorschlag dargelegten Binnenmarktziele bleiben von dieser Bemerkung unberührt.

1.15

Der EWSA hat aus den genannten Gründen Zweifel an dem Mehrwert des Vorschlags in seiner derzeitigen Fassung und ersucht die Kommission deshalb, den Inhalt des Vorschlags noch einmal zu überdenken und dabei die in dieser Stellungnahme vorgetragenen Bemerkungen mit einzubeziehen.

2.   Einleitung

2.1

Der Vorschlag stellt einen Schritt zur Umsetzung des Maßnahmenkatalogs (9) dar. Die Ziele des Maßnahmenkatalogs sind:

Überwindung der Marktzersplitterung durch Schaffung von EU-weiten/internationalen Normen, Vereinheitlichung der Zertifizierungs-/Konformitätsbewertungsverfahren in der EU und Nutzung der Synergien zwischen den Sicherheits- und den Verteidigungstechnologien;

Schließen der Lücke zwischen Forschung und Markt;

bessere Einbeziehung der gesellschaftlichen Dimension durch eine frühzeitige Prüfung der sozialen Folgen, einschließlich möglicher Auswirkungen auf die Grundrechte.

2.2

Eines der Hauptanliegen des Maßnahmenkatalogs ist es, die Zersplitterung des Sicherheitsmarktes zu überwinden, indem ein EU-weites Zertifizierungssystems für Sicherheitstechnologien — zunächst bei Durchleuchtungsgeräten auf Flughäfen und Alarmanlagen — eingeführt wird. Ausgehend vom Prinzip einer einheitlichen Anlaufstelle soll eine Zertifizierung erteilt werden, die den Marktzugang der zertifizierten Produkte in der gesamten EU gewährleistet. Dies würde zu einer Vereinfachung, geringeren Zertifizierungskosten, einem größeren Anteil am Binnenmarkt und somit zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit gegenüber US-amerikanischen und chinesischen Produzenten führen, die einen Vorteil durch ein größeres Marktvolumen in großen heimischen Märkten genießen.

2.3

Die Sicherheitsagenda (10) bejaht den Maßnahmenkatalog durch unterstützende Maßnahmen wie Schulungen, Finanzierung, Forschung und Innovation.

2.4

Die Sicherheitsagenda umfasst ein breites Spektrum von Maßnahmen, wie die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung und des unerlaubten Handels mit Feuerwaffen und Explosivstoffen und deren unerlaubte Verwendung, sowie weitere Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und der kritischen Infrastrukturen, u. a. einen Aktionsplan gegen den unerlaubten Handel mit Feuerwaffen und Explosivstoffen sowie einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung (11).

2.5

Der Vorschlag sieht die Einführung eines Zertifizierungssystems vor, das auf gemeinsamen Leistungsanforderungen, gemeinsamen Prüfmethoden sowie der Zulassung von Prüfstellen (technischen Diensten) beruht.

2.6

Die Leistungsanforderungen entsprechen den in der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt festgelegten Anforderungen (12) und deren Durchführungsvorschriften (Artikel 4 und Anhang I des Vorschlags).

2.7

Die Bewertungsmethoden entsprechen den von der ECAC genehmigten gemeinsamen Bewertungsprozessen.

2.8

Jeder Mitgliedstaat soll über eine Genehmigungsbehörde verfügen, die für sämtliche Aspekte der Genehmigung von Ausrüstungen zuständig ist (Artikel 6 des Vorschlags). Die Mitgliedstaaten dürfen keine zusätzlichen Anforderungen für zertifizierte Ausrüstungen vorschreiben (Artikel 4 des Vorschlags).

2.9

Der Vorschlag sieht Verfahren für die Behandlung von Ausrüstungen, von denen eine Gefahr ausgeht, auf nationaler Ebene, oder für nicht mit dem genehmigten Typ übereinstimmende Ausrüstungen (Artikel 17-19 des Vorschlags) vor.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Der Maßnahmenkatalog (13), die Europäische Agenda für Sicherheit, der Aktionsplan gegen den unerlaubten Handel mit Feuerwaffen und Explosivstoffen sowie der Vorschlag für eine Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung (14) wurden vom EWSA bereits begrüßt.

3.2

Der EWSA begrüßt nunmehr auch den Zweck des Vorschlags, den Maßnahmenkatalog umzusetzen, indem die europäische Sicherheitsindustrie durch die Steigerung ihres Anteils am Binnenmarkt und ihrer Wettbewerbsfähigkeit gestärkt wird.

3.3

Der EWSA begrüßt das Ziel des Vorschlags, die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Sicherheitsindustrie zu stärken und die administrativen Verfahren zu vereinfachen, indem eine Zertifizierung gemäß dem Prinzip einer einheitlichen Anlaufstelle eingeführt wird, um Kosten zu reduzieren und einen größeren Binnenmarkt zu schaffen. Der EWSA stellt fest, dass der Schwerpunkt auf den Themen Binnenmarkt und Wettbewerbsfähigkeit liegt und Sicherheitsfragen hauptsächlich unter dem Aspekt betrachtet werden, dass die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Branche ihre Möglichkeiten für Innovation und Produktentwicklung stärken könnte.

3.4

Der EWSA befürwortet den Ansatz des Vorschlags, im Bereich der Leistungsanforderungen gesetzgeberisch tätig zu werden und die von der ECAC entwickelten gemeinsamen Prüfmethoden zu nutzen, und teilt die Ansicht, dass der Verschlusscharakter des Großteils der Normen einen solchen Ansatz notwendig macht. Dennoch vertritt der EWSA auch die Auffassung, dass der Vorschlag in einigen wichtigen Punkten noch verbesserungswürdig ist.

3.5

So bedauert der EWSA, dass in dem Vorschlag der in Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 vorgesehenen Möglichkeit für Mitgliedstaaten, Maßnahmen anzuwenden, die über die im Vorschlag genannten gemeinsamen Grundstandards hinausgehen, keine Rechnung getragen wird. Weder die Verfahren zur Behandlung von Ausrüstung, von denen eine Gefahr ausgeht, auf nationaler Ebene, noch das Schutzklauselverfahren der Union sind geeignet, um dieses Problem zu lösen.

3.6

Der EWSA erinnert daran, dass er in seiner Stellungnahme zum Vorschlag für diese Verordnung gerade diese Möglichkeit, dass Mitgliedstaaten gemäß Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 strengere Maßnahmen einführen können, begrüßt hatte (15).

3.7

Der EWSA ist sich der Schwierigkeiten bewusst, die mit der Genehmigung zusätzlicher nationaler Anforderungen für Produkte, für die harmonisierte Kriterien gelten, einhergehen. Dennoch verweist er auf die durch Artikel 114 Absatz 10 AEUV eingeräumte Möglichkeit, vorläufige nationale Anforderungen zu genehmigen, um zum Beispiel nationale Sicherheitsinteressen zu wahren.

3.8

Der EWSA nimmt zur Kenntnis, dass die Parlamente von mindestens zwei Mitgliedstaaten in Vorschlägen für mit Gründen versehenen Stellungnahmen zur Frage der Subsidiarität (von denen bislang eine eingereicht wurde), auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht haben, dass Sicherheitsanforderungen an die verschiedenen Bedrohungslagen in den jeweiligen Mitgliedstaaten anpassbar sein müssen (16). Das bedeutet, dass es notwendig sein kann, Sicherheitsanforderungen zu erhöhen, indem im Vergleich zu den EU-weiten Standardanforderungen zusätzliche Eigenschaften und eine verbesserte Leistungsfähigkeit von Ausrüstungen, einschließlich der Luftsicherheitskontrollen an Flughäfen, eingeführt werden.

3.9

Der EWSA vertritt die Auffassung, dass dieses Ziel bei der Umsetzung politischer Konzepte zur Verbesserung des Schutzes vor Terroranschlägen allen vorgeschlagenen Maßnahmen zugrunde gelegt werden muss. Strategien für die Industriepolitik, die mit diesem Ziel verbunden sind, müssen dem Ziel der Terrorismusbekämpfung nachgeordnet sein.

3.10

Aus diesem Grund muss den Mitgliedstaaten ein klarer Ermessensspielraum für eigene Maßnahmen im Umgang mit terroristischen Bedrohungen eingeräumt werden. Dies umfasst auch zusätzliche Anforderungen für Durchleuchtungsgeräte an Flughäfen, die über die standardmäßigen Zertifizierungsanforderungen hinausgehen. In Artikel 17 und 18 des Vorschlags wird auf diese Problematik nicht eingegangen und den Mitgliedstaaten kein ausreichender Ermessensspielraum gewährt, damit sie sich gegen terroristische Bedrohungen schützen können. Der EWSA ist sich der Tatsache bewusst, dass der AEUV in seiner derzeitigen Form keine spezifische Bestimmung enthält, derzufolge Sicherheitsausrüstungen aus Gründen des Schutzes grundlegender nationaler Interessen von den Binnenmarktvorschriften ausgenommen werden können, da diese Möglichkeit in Artikel 346 AEUV nur in Bezug auf Waffen und in den Bestimmungen der Richtlinie 2014/24/EU (Artikel 15) nur in Bezug auf die öffentliche Auftragsvergabe eingeräumt wird (17).

3.11

Der EWSA stellt fest, dass die Kommission in dem Vorschlag ermächtigt wird, delegierte Rechtsakte zur Änderung von Anhang I zu erlassen, um der Einführung neuer Leistungsanforderungen für Ausrüstungen für Luftsicherheitskontrollen Rechnung zu tragen (Artikel 27 Buchstabe a) und Anhänge der Verordnung zu ändern, um sie an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt anzupassen (Artikel 27 Buchstabe b). Durch Artikel 290 Absatz 1 AEUV wird die Möglichkeit, delegierte Rechtsakte zu erlassen, auf nicht wesentliche Bestandteile des Rechtsaktes, einschließlich Änderungen aufgrund technischer Entwicklungen, begrenzt. Die im Vorschlag unter Artikel 27 Buchstabe a vorgesehene Möglichkeit für delegierte Rechtsakte scheint über diese Grenzen hinauszugehen. Der EWSA stellt aus diesem Grund die Vereinbarkeit der in Artikel 27 Buchstabe a des Vorschlags vorgesehenen delegierten Rechtsakte mit dem AEUV infrage.

3.12

In jedem Fall muss die Kommission, wenn sie auf diesem Gebiet gesetzgeberisch tätig werden will, über die notwendigen technischen Kompetenzen verfügen, um die Qualität der Rechtsakte zu gewährleisten.

3.13

Der Vorschlag sieht vor, dass es eine Genehmigungsbehörde für jeden Mitgliedstaat geben soll. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass derzeit nur fünf Mitgliedstaaten über Kapazitäten verfügen, Ausstattungen zu prüfen und Typgenehmigungen für diese auszustellen, stellt der EWSA sowohl die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, eine solche Behörde bis zum Inkrafttreten des Vorschlags einzurichten, als auch die Ressourceneffizienz einer solchen Anforderung und deren Mehrwert infrage. Der EWSA vertritt die Auffassung, dass eine einzige EU-Genehmigungsbehörde, im Einklang mit dem Ansatz einer einheitlichen Anlaufstelle, eine effizientere Lösung dargestellt hätte.

3.14

In diesem Zusammenhang stellt der EWSA auch infrage, wie sinnvoll es ist, dass die Prüf- und Zertifizierungsfunktionen voneinander getrennt werden und in den Aufgabenbereich der technischen Dienste einerseits und der Genehmigungsbehörden andererseits fallen sollen. Das bedeutet, dass die eigentliche Prüfung der Leistungsfähigkeit eines Produktes von einem technischen Dienst durchgeführt wird, der gemäß seiner Kompetenzen zertifiziert worden ist, die Entscheidung, eine Zertifizierung (Typgenehmigung) auszustellen, jedoch der Genehmigungsbehörde obliegt, die natürlich keinerlei spezifische Kriterien hinsichtlich ihrer fachlichen Kompetenzen erfüllen muss, sondern ausschließlich auf Grundlage der Bewertung des technischen Dienstes arbeitet. Sollte der Grund für ein solches duales System darin bestehen, dass nicht alle Mitgliedstaaten über die notwendigen technischen Kompetenzen verfügen, empfiehlt der EWSA, die zwei Funktionen in einer reduzierten Anzahl von Genehmigungsbehörden zu vereinen oder, noch besser, wie bereits erwähnt, eine gemeinsame Genehmigungsbehörde für die gesamte EU einzurichten.

3.15

Der EWSA stellt darüber hinaus fest, dass die gemeinsame Methode zur Zertifizierungsprüfung der ECAC nunmehr gut funktioniert. Dies stellt den Mehrwert des Systems, wie es der Vorschlag vorsieht, infrage, da mit dem von der ECAC geschaffenen Rahmen der freie Verkehr der betroffenen Produkte in allen ECAC-Mitgliedstaaten gewährleistet wird. Die in dem Vorschlag dargelegten Binnenmarktziele bleiben von dieser Bemerkung unberührt.

3.16

Der EWSA stellt fest, dass Artikel 10 des Vorschlags vorsieht, dass die EU vollständiges Mitglied der für die Ausarbeitung gemeinsamer Prüfmethoden zuständigen Stelle, d. h. der ECAC, werden soll. Der EWSA weist darauf hin, dass der Mitgliedschaft der EU in der ECAC eine Satzungsänderung der ECAC vorausgehen müsste, da derzeit nur Staaten als vollständige Mitglieder anerkannt werden können. Da eine Mitgliedschaft nur infolge von Verhandlungen möglich ist, empfiehlt der EWSA, die vorgeschlagene Bestimmung dahin gehend umzuformulieren, dass die EU beauftragt werden sollte, Verhandlungen aufzunehmen, um vollständiges Mitglied der ECAC zu werden.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1

Der Vorschlag sieht vor, dass die Kommission eine sektorale Gruppe von technischen Diensten einsetzt und in dieser den Vorsitz führt, um die Zusammenarbeit und Koordination der technischen Dienste zu gewährleisten. Vor dem Hintergrund, dass sich diese Gruppe voraussichtlich mit höchst komplexen technischen Fragen beschäftigen wird, stellt der EWSA die Angemessenheit dieser Lösung infrage.

4.2

Der EWSA bringt seine Überraschung darüber zum Ausdruck, dass es für nicht notwendig erachtet wurde, Informationsaustausch und Koordinierung unter den verschiedenen nationalen Genehmigungsbehörden sowie zwischen den Genehmigungsbehörden und der Kommission vorzuschlagen, gerade unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein solches System für die technischen Dienste und in anderen Bereichen, in denen nationale Behörden für die Umsetzung des EU-Rechts relevante Entscheidungskompetenzen ausüben, zum Beispiel beim Wettbewerb, als nutzbringend erachtet wurde.

4.3

Während der Vorschlag eine Genehmigungsbehörde für jeden Mitgliedstaat vorsieht, gibt es für die technischen Dienste, die, wie bereits angesprochen, in dem geplanten Zertifizierungssystem eine Schlüsselrolle spielen, eine solche Anforderung nicht. Dies unterstützt noch einmal die Auffassung, dass die Anforderung von einer Genehmigungsbehörde in jedem Mitgliedstaat in Anbetracht der Tatsache, dass die Typgenehmigung und Übereinstimmungsbescheinigungen auf Grundlage dieser Zulassung in der gesamten EU Gültigkeit haben, rein symbolischer Natur ist. Das Verfahren zur Behandlung von Ausrüstungen, von denen eine Gefahr ausgeht, auf nationaler Ebene (Artikel 17 des Vorschlags) könnte von den für Sicherheitsfragen zuständigen nationalen Behörden übernommen werden.

4.4

Der Vorschlag sieht vor, dass die technischen Dienste sicherstellen sollen, dass die durchschnittliche Zeit zwischen dem Antrag auf Prüfung einer Ausrüstung und der Übermittlung der Prüfergebnisse an die Genehmigungsbehörde, außer in Ausnahmefällen oder auf förmlichen Antrag des Herstellers, höchstens sechs Monate beträgt. Der EWSA vertritt die Ansicht, dass eine auf diese Art festgelegte Frist weder wünschenswert noch realistisch ist. Eine bessere Möglichkeit wäre es, eine Verpflichtung für die technischen Dienste einzuführen, eine direkte Einschätzung zum Zeitrahmen abzugeben, der für die Prüfung notwendig ist, und den Antragsteller innerhalb einer festgelegten Zeitspanne, zum Beispiel binnen 15 Werktagen, zu informieren. Sollte die festgelegte Frist nicht eingehalten werden, muss der technische Dienst eine begründete Erklärung dazu abgeben.

Brüssel, den 25. Januar 2017

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  COM(2012) 417 final, ABl. C 76 vom 14.3.2013, S. 37.

(2)  COM(2015) 185 final.

(3)  COM(2015) 624 final: Umsetzung der Europäischen Sicherheitsagenda: EU-Aktionsplan gegen den unerlaubten Handel mit Feuerwaffen und Explosivstoffen und deren unerlaubte Verwendung und COM(2015) 625 final: Vorschlag für eine Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung.

(4)  ABl. C 177 vom 18.5.2016, S. 51.

(5)  COM(2016) 491 final.

(6)  ABl. L 97 vom 9.4.2008, S. 72.

(7)  ABl. C 185 vom 8.8.2006, S. 17.

(8)  Siehe auch die Mitteilung zu Auslegungsfragen bezüglich der Anwendung des Artikels 296 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) (derzeit Artikel 346 AEUV) auf die Beschaffung von Verteidigungsgütern (KOM(2006) 779 endgültig) (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65).

(9)  COM(2012) 417 final.

(10)  COM(2015) 185 final.

(11)  COM(2015) 624 final: Umsetzung der Europäischen Sicherheitsagenda: EU-Aktionsplan gegen den unerlaubten Handel mit Feuerwaffen und Explosivstoffen und deren unerlaubte Verwendung und COM(2015) 625 final: Vorschlag für eine Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung.

(12)  Siehe Fußnote 6.

(13)  Siehe Fußnote 1.

(14)  Siehe Fußnote 4.

(15)  Siehe Fußnote 6.

(16)  Mit Gründen versehene Stellungnahme des Unterhauses des Parlaments des Vereinigten Königreichs, 1. November 2016, Ratsdokument 14180/16, und der Nationalversammlung Frankreichs Nr. 4060 rect. Proposition de résolution européenne.

(17)  Mitteilung zu Auslegungsfragen bezüglich der Anwendung des Artikels 296 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Artikel 346 AEUV) auf die Beschaffung von Verteidigungsgütern, Seite 6, Fußnote 10. Die Richtlinie 2004/18/EG ist seitdem durch die Richtlinie 2014/24/EU ersetzt worden (KOM(2006) 779 endgültig).