25.8.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 310/12


P8_TA(2015)0033

Verlängerung des Mandats des Forums zur Internet Governance

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. Februar 2015 zu der Verlängerung des Mandats des „Internet Governance Forum“ (2015/2526(RSP))

(2016/C 310/03)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Juni 2005 zur Informationsgesellschaft (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. März 2006 zu einer europäischen Informationsgesellschaft für Wachstum und Beschäftigung (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Januar 2008 zum zweiten „Internet Governance Forum“ (3),

unter Hinweis auf die Grundsatzerklärung und den Aktionsplan des Weltgipfels über die Informationsgesellschaft (WSIS), die am 12. Dezember 2003 in Genf angenommen wurden,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer globalen Partnerschaft in der Informationsgesellschaft: Die Prinzipien von Genf in Aktionen umsetzen“ (COM(2004)0480),

unter Hinweis auf die Verpflichtungserklärung von Tunis und die Tunis-Agenda für die Informationsgesellschaft, die am 18. November 2005 angenommen wurden,

unter Hinweis auf die nach dem WSIS im Jahr 2006 veröffentlichte Mitteilung der Kommission (COM(2006)0181),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Juni 2010 zu dem Thema „Verwaltung des Internet: Die nächsten Schritte“ (4),

unter Hinweis auf die am 24. April 2014 vorgelegte Erklärung der NETmundial, der Konferenz verschiedener Interessenträger,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Internet-Politik und Internet-Governance — Europas Rolle bei der Mitgestaltung der Zukunft der Internet-Governance“ (COM(2014)0072),

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Delegation der EU zum „Internet Governance Forum“ in Istanbul vom 2. bis 5. September 2014,

gestützt auf Artikel 123 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass der Zweck des „Internet Governance Forum“ (IGF) darin besteht, das ihm auf dem Weltgipfel über die Informationsgesellschaft (WSIS) erteilte Mandat für die Organisation von Treffen verschiedener Interessenträger für einen demokratischen und transparenten politischen Dialog auszuführen;

B.

in der Erwägung, dass die Hauptaufgabe und der Hauptzweck des IGF darin bestehen, ein breites Spektrum von Themen im Zusammenhang mit der Verwaltung des Internets zu erörtern sowie, falls angezeigt, Empfehlungen an die internationale Gemeinschaft abzugeben;

C.

in der Erwägung, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 20. Dezember 2010 beschlossen hat, das Mandat des IGF um weitere fünf Jahre zu verlängern;

D.

in der Erwägung, dass im Jahr 2015 in der Generalversammlung der Vereinten Nationen über die weitere Verlängerung des Mandats des IGF diskutiert und entschieden wird;

E.

in der Erwägung, dass es im Jahr 2005 eine Ad-hoc-Delegation zum WSIS und seitdem zu jedem jährlichen Treffen des IGF eine Delegation entsandt hat;

F.

in der Erwägung, dass seine Ad-hoc-Delegationen — in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und der Kommission — federführend darauf hinwirkten, europäische Werte zu fördern und die Interaktion mit den auf den einschlägigen Veranstaltungen anwesenden Organisationen der Zivilgesellschaft und Vertretern der nationalen Parlamente voranzubringen;

G.

in der Erwägung, dass folgende Themen für die Europäischen Union während des neunten IGF zu dem übergreifenden Thema „Die Vernetzung von Kontinenten für eine bessere Verwaltung des Internets durch verschiedene Interessenträger“ im September 2014 oberste Priorität hatten: die weltweite Ausweitung des Internetzugangs, die Erhaltung des Internets als globale, offene und gemeinsame Ressource, der diskriminierungsfreie Zugang zu Wissen, bessere Rechenschaftspflicht und mehr Transparenz im Modell der Verwaltung des Internets durch verschiedene Interessenträger, die Ablehnung der Idee eines staatlich kontrollierten Internets und die Feststellung, dass die Grundfreiheiten der EU und die Menschenrechte nicht verhandelbar sind und im Internet geschützt werden müssen;

H.

in der Erwägung, dass die Minister im Rat (Verkehr, Telekommunikation und Energie) der EU am 27. November 2014 die Schlussfolgerungen des Rates gebilligt haben, in denen die Bedeutung eines koordinierten Standpunkts der EU zur Verwaltung des Internets und der Unterstützung für die Stärkung des IGF als Plattform für verschiedene Interessenträger betont wird;

I.

in der Erwägung, dass die National Telecommunications and Information Administration (NTIA) des Handelsministeriums der USA im März 2014 ihre Absicht bekundet hat, die derzeit der Internet Assigned Numbers Authority (IANA) obliegende Aufgabe der Überwachung des Internets vor Ablauf des geltenden Vertrags zwischen der NTIA und der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) im September 2015 an die internationale Gemeinschaft verschiedener Interessenträger zu übertragen; in der Erwägung, dass für diese Zuständigkeitsübertragung rechtzeitig eine ausgewogene Lösung gefunden werden muss, bei der ein System entsteht, das weder gekapert noch manipuliert werden kann, wodurch auch künftig die Stabilität des Internets gewahrt wird;

J.

in der Erwägung, dass im April 2014 auf der NETmundial — der internationalen Konferenz verschiedener Interessenträger zur Zukunft der Verwaltung des Internets — eine Reihe von Grundsätzen für die Verwaltung des Internets und ein Fahrplan für die künftige Entwicklung des Internet-Umfelds verfasst wurden;

K.

in der Erwägung, dass die Prognosen für das von der Internetwirtschaft ausgehende Wachstum in der EU bei fast 11 % liegen und der Beitrag zum BIP voraussichtlich von 3,8 % (2010) auf 5,7 % (2016) steigen wird;

L.

in der Erwägung, dass das Internet einer der Grundpfeiler des digitalen Binnenmarkts ist und unter anderem Innovationen, Wachstum, Handel, Demokratie, kulturelle Vielfalt und die Menschenrechte fördert;

M.

in der Erwägung, dass in einem offenen Internet alle Rechte und Freiheiten, die außerhalb der Netze gelten, auch in den Netzen gelten sollten;

1.

fordert die Generalversammlung der Vereinten Nationen auf, das Mandat des IGF zu verlängern, ihm mehr Mittel zur Verfügung zu stellen und das Modell der Verwaltung des Internets durch verschiedene Interessenträger zu stärken;

2.

ist der Ansicht, dass die Europäische Union verpflichtet ist, diesen Prozess zu unterstützen und die Ergebnisse des Austauschs im IGF in politischen Diskussionen stärker zum Tragen kommen zu lassen, da das IGF einen konstruktiven und konkreten Rahmen für die künftige Gestaltung des Internets auf der Grundlage eines Austauschs mit verschiedenen Interessenträgern bietet, auch wenn das IGF keine offiziellen Schlussfolgerungen annimmt;

3.

fordert die Mitgliedstaaten und die zuständigen Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU auf, dem IGF unverändert Priorität einzuräumen und das IGF sowie sein Sekretariat auch künftig zu unterstützen und an der Entwicklung einer wirksamen und unabhängigen Organisation, die ihr Mandat ausführen und zu dem sich entwickelnden Modell der Verwaltung des Internets beitragen kann, mitzuwirken;

4.

betont, dass es auch künftig mit einer großen Delegation an allen anstehenden Treffen des IGF teilnehmen sollte, um zusammen mit den Mitgliedstaaten und der Kommission wirksam zur Festlegung eines Vorgehens der EU für die Verwaltung des Internets beizutragen;

5.

betont, dass der Internetzugang weltweit verbessert werden muss; hebt hervor, dass das IGF die Einbeziehung und Mitwirkung aller Interessenträger verbessern sollte;

6.

betont, dass es fest entschlossen ist, an dem Modell der Verwaltung des Internets durch verschiedene Interessenträger festzuhalten; fordert die Mitgliedstaaten, die Kommission und alle einschlägigen Interessenträger auf, die Tragfähigkeit dieses Modells weiter zu stärken, indem auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene die Rechenschaftspflicht der Akteure verbessert wird und die Verfahren inklusiver und transparenter gestaltet werden;

7.

erachtet es als sehr wichtig, die Internationalisierung der Hauptfunktionen und -organisationen des Internets abzuschließen; begrüßt die Zusage der Regierung der USA vom März 2014, die Verantwortung für die Aufgaben der IANA zu übertragen; betont, dass die ICANN uneingeschränkt rechenschaftspflichtig und transparent sein muss;

8.

betont, dass es für den Abschluss der Verhandlungen über die Aufgaben der IANA, die zu einer langfristigen Lösung für die Stabilität und die Sicherheit des Internets führen sollen, eine feste Frist gibt, da der geltende Vertrag zwischen der ICANN und der Regierung der USA über die Überwachung der Aufgaben der IANA im September 2015 ausläuft;

9.

fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, sich stärker dafür einzusetzen, dass dieses neue Übereinkommen rasch abgeschlossen wird;

10.

fordert die zuständigen Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU auf, der ICANN vorzuschlagen, dass sie die EU als internationalen Partner ersten Ranges bei der Wahrnehmung der Aufgaben der IANA einstuft und der EU in Bezug auf die derzeit für die Dienstleistungen der IANA geltende Verpflichtungserklärung die gleichen Aufgaben wie den USA und anderen Staaten zuteilt; hält diese Maßnahme für einen wichtigen Schritt bei der Sicherstellung der vollständigen Neutralität der ICANN;

11.

betont, dass sich schon jetzt Lehren aus dem fruchtbaren Austausch auf den IGF ziehen lassen und entsprechend gehandelt werden kann, insbesondere in den Bereichen Regulierungsaspekte der elektronischen Kommunikation, Datensicherheit und Datenschutz; ist der Ansicht, dass auf den IGF weitere Aussprachen zu Themen im Zusammenhang mit Cybersicherheit und Cyberkriminalität geführt und dabei unter anderem Lösungen für die Verbesserung der Sicherheit kritischer Infrastrukturen und die Bereitstellung geeigneter Instrumente für eine sichere Kommunikation (insbesondere die Technologie für die elektronische Authentifizierung und die Verschlüsselungstechnik) für Privatpersonen und kleine Unternehmen erörtert werden müssen; betont, dass ein offenes und unabhängiges Internet als weltweite gemeinsame Ressource und der diskriminierungsfreie Zugang zu Wissen in der Zukunft auf der Grundlage der Initiativen und Bedürfnisse der Interessenträger sowie die Meinungsfreiheit verteidigt werden müssen;

12.

hält es für entscheidend, die Bemühungen um einen gesicherten Rechtsschutz für die Netzneutralität fortzusetzen, die eine zwingende Voraussetzung ist, wenn es darum geht, die Informations- und Meinungsfreiheit zu schützen, durch Innovationen und die Entwicklung von Geschäftsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Internet das Wachstum anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen und die kulturelle und sprachliche Vielfalt zu wahren und zu fördern;

13.

betont, dass die Grundfreiheiten und die Menschenrechte nicht verhandelbar sind und in der virtuellen und der realen Welt geschützt werden müssen; bedauert, dass einige Staaten versuchen, den Zugang ihrer Bürgerinnen und Bürger zu den weltweiten Netzen durch Zensur und andere Beschränkungen zu beschneiden; lehnt die Idee eines staatlich kontrollierten Internets und die Massenüberwachung im Internet rundweg ab;

14.

betont die Bedeutung des Rechts auf Privatsphäre im Internet und der Kontrolle der Nutzer über ihre personenbezogenen Daten für die Wirtschaft und die Gesellschaft; ist der Ansicht, dass diese Rechte für die Demokratie, für ein offenes und neutrales Internet und für faire Wettbewerbsbedingungen der Unternehmen im Internet von grundlegender Bedeutung sind;

15.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, den Mitgliedstaaten und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


(1)  ABl. C 133 E vom 8.6.2006, S. 140.

(2)  ABl. C 291 E vom 30.11.2006, S. 133.

(3)  ABl. C 41 E vom 19.2.2009, S. 80.

(4)  ABl. C 236 E vom 12.8.2011, S. 33.