EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 8.5.2015
COM(2015) 206 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Bericht über die Wahlen zum Europäischen Parlament 2014
1.
Einführung
Die Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 waren die ersten Wahlen nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und unterschieden sich aufgrund dieser Tatsache fundamental von den vorherigen Wahlen. Erstmals wurde ein direkter Zusammenhang zwischen dem Ergebnis der Europawahl und der Ernennung des Präsidenten der Europäischen Kommission hergestellt. Die europäischen politischen Parteien benannten Spitzenkandidaten für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission. Der Kandidat, der in dem neu konstituierten Europäischen Parlament die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen konnte, wurde Präsident der Europäischen Kommission. Der Europäische Rat nominierte den Kandidaten der Partei mit den meisten Sitzen im Europäischen Parlament, der anschließend vom Europäischen Parlament zum Präsidenten der Europäischen Kommission gewählt wurde.
Gegenstand des vorliegenden Berichts sind die Wahlen 2014 und die Maßnahmen, die zur Verbesserung der Transparenz, der demokratischen Durchführung und der europäischen Dimension dieser Wahlen ergriffen wurden. Bewertet werden der Umfang, in dem die Bürgerinnen und Bürger für die Wahlen und die damit verbundenen Rechte sensibilisiert waren, die Maßnahmen der Mitgliedstaaten und die EU-Organe zur Schärfung des Bewusstseins der Bürger und die tatsächliche Wahlbeteiligung. Darüber hinaus wird die Durchsetzung des Wahlrechts der EU-Bürger untersucht.
Dem Bericht liegen jüngste Eurobarometer- und andere einschlägige Umfragen zugrunde sowie Antworten der Mitgliedstaaten auf Fragebögen der Kommission und eine von der Kommission in Auftrag gegebene Studie
, in deren Rahmen qualitative und quantitative Daten, u.a. durch Interviews mit europäischen politischen Parteien, nationalen Behörden, den Medien und anderen Akteuren, erhoben und analysiert wurden.
Bei den Wahlen 2014 konnte der kontinuierliche Rückgang der Wahlbeteiligung seit den ersten europäischen Direktwahlen im Jahr 1979 eingedämmt werden. Diese Wahlen haben die Grundlage für künftige Wahlen zum Europäischen Parlament und einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament und der Wahl des Präsidenten der Europäischen Kommission geschaffen. Damit wurden ein wichtiger Präzedenzfall für 2019 und darüber hinaus und ein Forum für politische Debatten auf europäischer Ebene geschaffen.
2.
Ein transparenter Wahlprozess
2.1
Ein direkter Zusammenhang zwischen der Stimme der Unionsbürger und der Wahl des Kommissionspräsidenten
Durch den Vertrag von Lissabon wurde eine neue verfassungsrechtliche Ordnung für die Europäische Union eingeführt, wonach das Europäische Parlament befugt ist, den vom Europäischen Rat vorgeschlagenen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission zu wählen und dabei die Ergebnisse der Europawahl zu berücksichtigen. Angesichts dieser neuen Sachlage legte die Kommission am 12. März 2013 eine Empfehlung für ein demokratischeres und effizienteres Verfahren für die Wahlen zum Europäischen Parlament vor
. Sie forderte die europäischen politischen Parteien auf, vor dem Hintergrund des Lissabonner Vertrags, der die Rolle des Parlaments im Zusammenspiel mit der Kommission stärkt, Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten zu nominieren
.
Diese Empfehlung zielte darauf ab, den Zusammenhang zwischen der Stimme der EU-Bürgerinnen und -Bürger für Bewerber um einen Parlamentssitz und dem Spitzenkandidaten ihrer Partei für das Amt des Kommissionspräsidenten sichtbar zu machen. Darüber hinaus forderte die Kommission die nationalen Parteien auf, ihre Rundfunk-Wahlspots zur Werbung für ihre europäischen Spitzenkandidaten und deren Programme zu nutzen. Auch das Parlament nahm Entschließungen zu den Wahlen 2014 mit der gleichen Zielsetzung an
.
Fünf europäische politische Parteien schlugen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission vor:
die Europäische Volkspartei (EVP) nominierte Jean-Claude Juncker;
die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas (PSE) nominierte Martin Schulz;
die Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) nominierte Guy Verhofstadt;
die Europäische Grüne Partei nominierte José Bové und Franziska Keller und
die Europäischen Linken nominierten Alexis Tsipras.
Diese Parteien führten in der gesamten EU Wahlkampagnen und öffentliche Veranstaltungen durch, um ihre Kandidaten und deren politischen Programme für Europa vorzustellen. Die Kandidaten besuchten 246 Städte in den Mitgliedstaaten. In dem nachstehenden Schaubild sind die besuchten Mitgliedstaaten aufgeführt:
Neben diesen Besuchen vor Ort nahmen die Spitzenkandidaten an zehn Fernsehdebatten in verschiedenen Mitgliedstaaten und Sprachen teil
, in denen sie ihre Vision der Zukunft Europas präsentierten und zu für die Wähler wichtigen Themen wie Arbeitsplätze und Wachstum Stellung bezogen
.
Die Debatten fanden EU-weit ein breites Medienecho. Dies war vor allem bei der Abschlussdebatte der Fall, die am 15. Mai zwischen den Spitzenkandidaten stattfand, von mindestens 152 Medien (u.a. in 55 Fernsehkanälen und auf 88 Websites) live in 28 Länder übertragen wurde und zu der es einen regen Austausch in den sozialen Medien gab
.
15 % derer, die an einer in 15 EU-Ländern durchgeführten Umfrage nach der Wahl
teilnahmen, gaben an, mindestens eine der Fernsehdebatten verfolgt zu haben.
2.2
Eine stärker sichtbare Verbindung zwischen den nationalen und den europäischen politischen Parteien
Da die europäischen politischen Parteien am besten in der Lage sind, „zur Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union beizutragen“
, legte die Kommission zwei Empfehlungen vor, die von den Mitgliedstaaten und den europäischen politischen Parteien insgesamt begrüßt wurden
und die darauf abzielten, die Verbindungen zwischen den politischen Familien auf europäischer und auf nationaler Ebene sichtbarer zu machen
:
(i)
Die Mitgliedstaaten sollten in den Wahlunterlagen die Angaben über Verbindungen zwischen nationalen und europäischen politischen Parteien fördern und erleichtern, u.a. indem sie zulassen, dass auf den Stimmzetteln auf diese Verbindung hingewiesen wird; und
(ii) die nationalen politischen Parteien sollten im Vorfeld der Wahlen in sämtlichen Wahlkampfmaterialien, Mitteilungen und Rundfunk-Wahlspots deutlich auf ihre Verbindung zu europäischen politischen Parteien hinweisen.
Was die erste Empfehlung (i) anbelangt, so gaben 16 Mitgliedstaaten
an, dass sie die nationalen politischen Parteien von der Empfehlung in Kenntnis gesetzt hatten, dass sie ihre Verbindung zu ihren jeweiligen europäischen politischen Parteien öffentlich bekannt machen sollten. Zumeist haben die Behörden die politischen Parteien über die Empfehlung der Kommission informiert. Einige Länder haben aber auch weiter reichende Anstrengungen unternommen. In Griechenland beispielsweise veranstalteten die Behörden eine Zusammenkunft im Parlament, um die Parteien über die Empfehlung zu unterrichten. Italien und Finnland veröffentlichten Leitlinien, in denen sie die nationalen Parteien über die Empfehlung informierten und sie aufforderten, der Empfehlung Folge zu leisten.
Neun Mitgliedstaaten genehmigten, dass die nationalen Parteien auf den Stimmzetteln auf ihre Verbindung zu europäischen Parteien hinwiesen. Zu diesem Zweck erließen sie die Gesetze
(sofern es ein solches Gesetz noch nicht gab
), die es erlaubten, den Namen oder das Logo der europäischen Partei auf dem Stimmzettel mit anzugeben.
Sechs Mitgliedstaaten
gaben an, keine derartige Maßnahme ergriffen zu haben, weil sie der Auffassung waren, dass die Information der Wähler Sache der politischen Parteien sei oder weil ein Tätigwerden der Behörden einen Eingriff in ihr Wahlrecht bedeuten würde.
Was die zweite Empfehlung (ii) anbelangt, so haben die nationalen politischen Parteien verschiedene Maßnahmen ergriffen, um ihre Verbindung zu europäischen politischen Parteien öffentlich zu machen. Aus den Studien
, einschließlich einer Stichprobe aus den mehr als 500 nationalen Parteien, die Verbindungen zu europäischen politischen Parteien haben, ergibt sich folgendes Gesamtbild:
Die meisten der in die Stichprobe einbezogenen nationalen Parteien machten ihre Zugehörigkeit nur in begrenztem Maße sichtbar, d. h. im Wesentlichen in ihrem gedruckten Wahlkampfmaterial
. Dies hatte zur Folge, dass die Zugehörigkeit zu europäischen politischen Parteien für besser informierte Bürger leichter zu erkennen war als für die breite Öffentlichkeit.
Die Recherchen ergaben, dass nur eine kleine Zahl von Parteien umfassende Maßnahmen ergriffen und sowohl im gedruckten Wahlkampfmaterial wie Wahlprogrammen, Poster, Websites als auch in den sozialen Medien, in Fernsehdebatten, Reden und Wahlkampfveranstaltungen auf ihre Zugehörigkeit zu europäischen Parteien hingewiesen haben
.
Die Recherchen haben auch gezeigt, dass einige Parteien ihre Zugehörigkeit zu einer europäischen politischen Partei nicht öffentlich gemacht haben. Gründe dafür sind, dass sie entweder noch nicht entschieden hatten, ob sie sich einer politischen Partei anschließen wollten oder weil sie sich gegen eine Zugehörigkeit entschieden hatten.
Der Empfehlung, auf dem Stimmzettel auf die Zugehörigkeit zu europäischen Parteien hinzuweisen, wurde selbst in den Mitgliedstaaten, in denen dies möglich gewesen wäre, nur in Ausnahmefällen Folge geleistet
.
3.
Stärkere Konzentration auf EU-Themen
Sowohl die Kommission als auch das Parlament haben vor und während des Wahlkampfs Maßnahmen zur Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für die Auswirkungen der Wahlen auf ihren Alltag veranstaltet. Es wurden Anstrengungen unternommen, um die Relevanz EU-bezogener Themen herauszustellen, die andernfalls in den Debatten in den Mitgliedstaaten von nationalen und lokalen Themen hätten verdrängt werden können. Der prozentuale Anteil der EU-Bürger, die erklärten, dass sie über alle einschlägigen Informationen verfügten, um an der Wahl teilnehmen zu können, ist mit 57 % gegenüber 53 % im Jahr 2009 leicht angestiegen.
3.1
Dialoge mit den Bürgerinnen und Bürgern
Im Laufe der Jahre 2013 und 2014 diskutierten Mitglieder der Kommission gemeinsam mit lokalen oder nationalen Politikern sowie Abgeordneten des Europäischen Parlaments in 51 öffentlichen Dialogveranstaltungen mit den Bürgerinnen und Bürgern in ganz Europa über deren Erwartungen an die Zukunft Europas und die Frage, was ihrer Auffassung nach zur Stärkung der demokratischen Strukturen der Union erforderlich sei.
In den Bürgerdialogen kamen insbesondere die europäische Dimension der lokalen Probleme und die lokale Dimension der europäischen Themen zum Ausdruck, und es wurde aufgezeigt, welche Auswirkungen die Wahlen zum Europäischen Parlament auf den Alltag der Bürgerinnen und Bürger haben. 87 % der Teilnehmer gaben an, dass sie an der Europawahl teilnehmen werden.
3.2
Fördermittel der Kommission
Die Kommission nutzte die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente zur Unterstützung von Projekten der Zivilgesellschaft und Städtepartnerschaften, die auf die Förderung der demokratischen Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger der EU abzielen. Im Rahmen der Programme „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ und „Grundrechte und Unionsbürgerschaft“ wurden mehrere Projekte finanziert, die die Bürger zur Teilhabe am demokratischen Leben in der EU befähigen und sie für diese Thematik sensibilisieren sollen.
3.3
Die Sensibilisierungskampagne des Europäischen Parlaments
Am 11. September 2013 gab das Europäische Parlament den Startschuss zu einer Informationskampagne unter dem Motto Act. React. Impact (Handeln. Mitmachen. Bewegen). Eines der Hauptziele dieser Kampagne bestand darin, eine EU-weite Debatte über Themen anzustoßen, die für die gesamte EU von Belang sind, z. B. die Wirtschaft in der EU, Arbeitsplätze, Lebensqualität und die Rolle der EU in der Welt.
Diese Kampagne fand großen Widerhall in den Medien. Die Website des Parlaments zu den Wahlen wurde zwischen Dezember 2013 und Mai 2014 7,1 Millionen Mal aufgerufen. Es wurde ein Europawahl-Video in 34 Sprachen produziert, das in 173 Fernsehkanälen mehr als 7 400 Mal ausgestrahlt wurde. Das Video wurde 11 Millionen Mal online aufgerufen. Etwa ein Fünftel der europäischen Wähler wurden über Facebook erreicht. Die „Ich habe gewählt“-Botschaft auf Facebook wurde mehr als 2,7 Millionen Mal von nahezu 90 Millionen Menschen geteilt.
Außerdem führte das Europäische Parlament ReACT-Konferenzen in Paris, Warschau, Frankfurt, Rom und Madrid durch, an denen Bürger, Experten und europäische Politiker teilnahmen. Auf diesen Veranstaltungen konnten sich EU-Bürgerinnen und Bürger über die wichtigsten Themen des Wahlkampfs austauschen.
3.4
Gemeinsamer Wahltag
Um das Zugehörigkeitsgefühl der Wähler zu einem gemeinsamen europäischen Unterfangen zu verstärken, hatte die Kommission die Mitgliedstaaten aufgefordert, sich auf einen gemeinsamen Tag für die Wahlen zum Europäischen Parlament zu einigen, an dem die Wahllokale zur gleichen Zeit schließen.
In dieser Hinsicht gab es keine Veränderung gegenüber den früheren Wahlen. In 21 Mitgliedstaaten wurden die Wahlen am 25. Mai abgehalten; in sieben Mitgliedstaaten fanden sie zwischen dem 22. und dem 24. Mai statt. Alle Mitgliedstaaten verkündeten ihre Ergebnisse etwa zur gleichen Zeit, am Abend des 25. Mai, nachdem die Wahllokale überall in Europa geschlossen hatten.
4.
Teilnahme an den Wahlen
4.1
Allgemeine Wahlbeteiligung
Seit der ersten Direktwahl im Jahr 1979 war die Wahlbeteiligung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament kontinuierlich zurückgegangen, und zwar von 61,99 % im Jahr 1979 auf 42,97 % im Jahr 2009. Die Gesamtbeteiligung an den Wahlen 2014 war allerdings nur geringfügig niedriger als 2009. Sie verringerte sich um 0,36 % auf 42,61 %, verglichen mit einem noch stärkeren Rückgang zwischen 2004 und 2009 (2,5 %) und zwischen 1999 und 2004 (4 %). Damit wurde der Abwärtstrend spürbar eingedämmt. Zum Vergleich: Die Wahlbeteiligung bei den Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten betrug 57,1 % im Jahr 2008 und 54,9 % im Jahr 2012.
Das nachstehende Schaubild zeigt die EU-weite Wahlbeteiligung bei den verschiedenen Wahlen zum Europäischen Parlament:
Die Wahlbeteiligung war in den 28 Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Während sie in Belgien 89,64 %, in Griechenland (in beiden Ländern besteht Wahlpflicht) 59,97 % und in Italien 57,22 % betrug, war sie in anderen Ländern, beispielsweise in der Tschechischen Republik mit 18,20 % und der Slowakei mit 13,05 %, erheblich niedriger.
Das nachstehende Schaubild zeigt die Wahlbeteiligung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament in den Jahren 2009 und 2014 in der EU und je nach Mitgliedstaat:
Die Wahlbeteiligung der Männer war höher als die der Frauen (45 % gegenüber 41 %), wobei der Unterschied zwischen den Geschlechtern im Vergleich zu 2009 leicht zugenommen hat (44 % gegenüber 42 %).
Junge Menschen bildeten die größte Gruppe der Nichtwähler: Nur 27,8 % der 18- bis 24-Jährigen, verglichen mit 51,3 % in der Altersgruppe 55+, gingen zur Wahl.
In dem nachstehenden Schaubild ist der prozentuale Anteil der jungen Menschen (im Alter zwischen 18-24 Jahren) aufgeführt, die in jedem Mitgliedstaat an der Wahl teilgenommen haben:
In einem Bericht zur Bewertung des Erasmus-Projekts wurde eine starke Korrelation zwischen der Erfahrung eines Auslandsstudiums und der Wahlbeteiligung bei den Europawahlen 2014 festgestellt: Bei Erasmus-Studierenden war die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich an den Wahlen beteiligen würden, größer: 81 % der Befragten gaben an, zur Wahl gegangen zu sein.
Die im Rahmen der Umfrage des Parlaments nach den Wahlen befragten Personen erklärten, der wichtigste Grund dafür, dass sie zur Wahl gegangen seien, läge darin, dass sie dies immer tun (41 %), dass dies ihre Bürgerpflicht sei (41 %) oder weil sie eine politische Partei unterstützen wollten, der sie nahestehen (22 %). Außerdem wurden die folgenden drei Gründe für die Wahlbeteiligung genannt: „Ich bin für die EU“ (14 %), „Ich fühle mich als Europäer" (13 %) und „Ich kann durch meine Teilnahme an der Europawahl Veränderung bewirken" (12 %). 5 % gaben an, dass sie mit ihrer Stimme Einfluss auf die Wahl des Präsidenten der Europäischen Kommission nehmen wollten.
Bei der Frage nach den Gründen für die Nichtteilnahme waren die beliebtesten Antworten „Mangel an Vertrauen in die Politik im Allgemeinen“ (23 %), „kein Interesse an Politik“ (19 %) und „meine Stimme bewirkt nichts“ (14 %). 7 % gaben als Grund an, „nicht genug über die EU oder das Europäische Parlament oder die Wahl zum Europäischen Parlament zu wissen“. Der Anteil der Nichtwähler, die beide Gründe angaben, d. h. den Eindruck, ihre Stimme würde nichts bewirken und mangelndes Wissen über die EU oder die Europawahlen, ist im Vergleich zu den früheren Wahlen zurückgegangen. Außerdem ist festzustellen, dass die Zahl der Bürgerinnen und Bürger, die nicht zur Wahl gegangen sind, weil es keine öffentlichen Debatten oder Wahlkämpfe gegeben hat, um 50 % zurückgegangen ist. Die endgültige Entscheidung, ob jemand zur Wahl geht oder sich der Stimme enthält, hängt traditionell von einer ganzen Reihe von Faktoren ab, von denen einige privater Natur und unabhängig von der Qualität des Wahlkampfs bzw. den Wahrnehmungen in Bezug auf die Wahlen zum Europäischen Parlament sind.
In den Ländern, in denen die Wahlen zum Europäischen Parlament gleichzeitig mit anderen nationalen oder landesweiten Wahlen stattfanden (Belgien, Litauen, Griechenland, Deutschland, Irland, Italien, Malta und Vereinigtes Königreich), war die Wahlbeteiligung zwar höher als in den anderen Mitgliedstaaten, aber die politische Debatte war tendenziell von nationalen Themen beherrscht. In Litauen fanden die Wahlen zum Europäischen Parlament am gleichen Tag statt wie die Präsidentschaftswahlen, und die Wahlbeteiligung stieg von nur 21 % im Jahr 2009 auf 47 % .
4.2
Beteiligung von EU-Bürgern mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Herkunftsmitgliedstaat
EU-Bürger mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Herkunftsmitgliedstaat (mobile EU-Bürger) haben das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament in dem Aufnahmemitgliedstaat unter denselben Voraussetzungen wie Inländer. Dieses Recht ist in Artikel 22 AEUV und in Artikel 39 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert und in der Richtlinie 93/109/EG konkret ausgestaltet.
Eine verhältnismäßig geringe Zahl von mobilen EU-Bürgern machten von ihrem Recht Gebrauch, in dem Mitgliedstaat ihres Wohnsitzes zu wählen. Der Grad ihrer Wahlbeteiligung wird möglicherweise dadurch beeinflusst, dass sie entscheiden müssen, ob sie in ihrem Herkunftsmitgliedstaat oder in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat (d. h. unterschiedliche Kandidaten) wählen wollen. Eine Eurobarometer-Umfrage aus dem Jahr 2012 zeigte, dass in der Frage, für welche Kandidaten und welche Listen die Befragten bei den Wahlen zum Europäischen Parlament abstimmen wollen, keine einheitliche Haltung bestand. Während etwa 48 % der Befragten angaben, dass sie, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Herkunftsmitgliedstaat lebten, es vorziehen würden, dort auch zu wählen, würden 42 % der Befragten es nach wie vor vorziehen, ihr Wahlrecht in ihrem Heimatland auszuüben.
Das nachstehende Schaubild gibt einen Überblick über den Anteil an ausländischen EU-Bürgern (mobile EU-Bürger), die sich für die Wahlen zum Europäischen Parlament in den Jahren 2009 und 2014 ins Wählerverzeichnis haben eingetragen lassen (in der EU und aufgeschlüsselt nach Mitgliedstaaten:
Auch wenn die Anzahl der mobilen EU-Bürger, die in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat als Kandidaten antraten, nach wie vor gering ist, hat sie sich doch mehr als verdoppelt (von 81 Kandidaten im Jahr 2009 auf 170 Kandidaten im Jahr 2014). Dies könnte auf die mit der Richtlinie 2013/1/EU eingeführten vereinfachten Verfahren zurückzuführen sein, wonach Kandidaten nicht mehr nachweisen müssen, dass ihnen ihr Wahlrecht in ihrem Herkunftsmitgliedstaat nicht entzogen worden ist, sondern dass sie nur eine entsprechende Erklärung abgeben müssen, die von den Behörden des Aufnahmemitgliedstaates geprüft wird.
4.3
Bewusstsein und Engagement der EU-Bürger
Die Mitgliedstaaten wählten unterschiedliche Formen für ihre Sensibilisierungskampagnen: Einige führten allgemeine Kampagnen für die gesamte Wählerschaft durch, während andere ihre Kampagne speziell auf die in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen EU-Bürger aus anderen Mitgliedstaaten ausrichteten.
Zunehmende Beteiligung von ausländischen EU-Bürgern – Beispiele für bewährte Verfahren
In Belgien, Dänemark, Finnland, Lettland, Litauen und Schweden wurden persönliche Schreiben in mehreren EU-Sprachen an ausländische EU-Bürger im Wahlalter geschickt, mit Erläuterungen zur Ausübung ihres Wahlrechts und zur Beantragung des Eintrags ins Wählerverzeichnis.
In Griechenland wurde eine Anwendung auf der Website des Ministeriums eingerichtet, mit deren Hilfe ausländische EU-Bürger ihre Eintragung in die Wählerverzeichnisse und die Wahllokale finden konnten.
|
Die Organisationen der Zivilgesellschaft waren aktiv an den Bemühungen zur Mobilisierung der Wähler beteiligt. Sie informierten die Bürger über die Bedeutung und den Nutzen der Teilnahme an der Europawahl; sie stellten „e-tools“ zur Verfügung, die den Bürgern helfen sollten, einen ihren Präferenzen entsprechenden Kandidaten auszuwählen oder sie setzten sich für stärker integrative Maßnahmen zur Erleichterung der Wahlteilnahme von Menschen mit Behinderungen ein.
Beispiele für NRO-Projekte, die im Rahmen des Programms „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ finanziert wurden
Projekte, die es den Bürgerinnen und Bürgern der EU ermöglichen, sich mit europäischen Themen zu befassen und diese mit den Wahlkandidaten zu diskutieren, um so eine sachkundige Wahl treffen zu können:
JoiEU: Gemeinsame Bürgeraktion für eine stärkere bürgerfreundliche Union (European Citizen Action Service – ECAS).
Transeuropa Caravans 2014: grenzübergreifendes Bürgerengagement für die Wahlen zum Europäischen Parlament (European Alternatives)
Ermutigung junger Europäerinnen und Europäer das demokratische Defizit der EU durch ihren Gang zur Wahl zu reduzieren (International Management Institute).
|
Mehrere NRO führten insbesondere für mobile EU-Bürgerinnen und –Bürger Kampagnen zur Schärfung ihres Bewusstseins für ihr aktives und passives Wahlrecht durch. Bei anderen Projekten lag der Schwerpunkt darauf, EU-weit Frauen dazu zu bringen, ihr aktives und passives Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament auszuüben.
Beispiele für NRO-Projekte, die im Rahmen des Programms „Grundrechte und Unionsbürgerschaft“ finanziert wurden
Kampagnen zur Förderung der Teilhabe mobiler EU-Bürger:
Arbeit mit Verbänden, Sensibilisierungsprojekte, Entwicklung von Schulungstools und Anleitung zum Ausfüllen von Wahlzetteln.
„Operation Wahl“ (Cooperazione per lo sviluppo dei paesi – COSPE);
„Zugang zu Rechten & ziviler Dialog für alle“ (Pour la Solidarité);
„Alle Bürgerinnen und Bürger jetzt“ (Universität von Chieti-Pescara).
Dank der zahlreichen Aktivitäten rund um die Wahlen, die Spitzenkandidaten und ihre Programme in den sozialen Medien konnten die Politiker und die Wähler unmittelbar miteinander kommunizieren. Eine Analyse der digitalen Kampagnen unter den Hashtags #EP2014 und #EU14 zeigte, dass etwa drei Millionen Tweets zu den Wahlen abgesetzt wurden. Mehr als eine Million Tweets waren in der Woche, in der die Wahlen stattfanden, gepostet worden. Mit den verstärkt eingesetzten sozialen Medien verfügten die Kandidaten über zusätzliche Mittel, um die Bürger zu erreichen, und die Wähler hatten häufiger Gelegenheit, sich aktiv an der Debatte zu beteiligen und sich nicht auf die Abgabe ihrer Stimme zu beschränken.
5.
EU-Bürger: Ausübung des Wahlrechts und Achtung gemeinsamer Grundsätze
5.1
Schutz des Wahlrechts von EU-Bürgern mit Wohnsitz in einem anderen EU-Land
Das Recht der mobilen EU-Bürger auf das aktive und passive Wahlrecht in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat
Die Kommission führte im Vorfeld der Wahlen eine umfassende Untersuchung durch, um die ordnungsgemäße und vollständige Umsetzung und Anwendung der Richtlinie 93/109/EG zu gewährleisten und um mögliche Hindernisse zu beseitigen, die die EU-Bürger an der Ausübung ihres Wahlrechts hindern könnten. Insbesondere sollte so gewährleistet werden, dass die nationalen Rechtsvorschriften für EU-Bürger aus anderen Mitgliedstaaten keine zusätzlichen Auflagen enthielten. Bis Mai 2014 waren alle Umsetzungsprobleme, die die Kommission vor den Wahlen ermittelt hatte, erfolgreich bearbeitet, und die nationalen Rechtsvorschriften waren geändert worden, sofern dies notwendig war.
Die Kommission diskutiert seitdem mit den Behörden des Vereinigten Königreichs eine Reihe von Problemen, von denen EU-Bürger mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich, die sich dort zur Wahl anmelden wollten, berichtet haben. Am 14. November 2014 veröffentlichte das Unterhaus einen Bericht, in dem auf den Standpunkt der Wahlkommission des Vereinigten Königreichs zu Hindernissen, mit denen EU-Bürger bei der Teilnahme an den Wahlen konfrontiert waren, hingewiesen wird. In dem Bericht wurde eine Vereinfachung des Systems empfohlen sowie eine Kampagne zur Unterrichtung der EU-Bürger über die Bedingungen für die Eintragung ins Wählerverzeichnis und die einschlägigen Regelungen.
Fast alle Fragen im Zusammenhang mit der verspäteten Umsetzung der Richtlinie 2013/1/EU über das Recht der mobilen EU-Bürger auf Ausübung des passiven Wahlrechts konnten vor den Wahlen erfolgreich gelöst werden. Die Kommission ist weiterhin mit einigen Mitgliedstaaten über eine Reihe von Aspekten im Zusammenhang mit der nicht korrekten oder unvollständigen Umsetzung der Richtlinie bilateral im Gespräch.
Das Recht auf Gründung oder Beitritt zu einer politischen Partei
Es fand ein Gespräch mit elf Mitgliedstaaten statt, die den ausländischen EU-Bürgern in ihrem Land die Gründung oder den Beitritt zu einer politischen Partei verwehrten. Dies hatte zur Folge, dass diese EU-Bürger sich nicht unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen des Mitgliedstaats, in dem sie wohnten, an den Wahlen beteiligen konnten.
In fünf Fällen wurde eine Lösung gefunden: In zwei Fällen wurden die nationalen Rechtsvorschriften geändert und in den übrigen drei Fällen wurde die Situation geklärt. Drei weitere Mitgliedstaaten kündigten Änderungen ihrer Rechtsvorschriften an. In den drei anderen Fällen wurde die Kommission tätig.
5.2
Achtung der gemeinsamen Grundsätze für die Wahlen zum Europäischen Parlament
Bei der Durchführung der Wahlen zum Europäischen Parlament müssen die Mitgliedstaaten folgende, im EU-Recht verankerte gemeinsame Grundsätze einhalten:
Die Wahl zum Europäischen Parlament erfolgt allgemein, unmittelbar, frei und geheim
Um den Kernbestand des Grundsatzes freier Wahlen zu schützen, untersagt das EU-Recht die Veröffentlichung von Wahlergebnissen in einem Mitgliedstaat, bis die Wahllokale in allen Mitgliedstaaten geschlossen sind. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass diejenigen, die noch nicht gewählt haben, nicht durch die Ergebnisse in anderen Mitgliedstaaten beeinflusst werden. Die Kommission erörterte diesen Punkt vor den Wahlen mit den Mitgliedstaaten, um eine EU-weite Einhaltung dieses Grundsatzes sicherzustellen.
Niemand darf mehr als eine Stimme bei der gleichen Wahl abgeben
(i)
Mobile EU-Bürger
Um zu verhindern, dass mobile EU-Bürgerinnen und -Bürger sowohl in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat als auch in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zur Wahl gehen, werden die Namen derer, die sich in das Wählerverzeichnis des Wohnsitzmitgliedstaats haben eintragen lassen, aus dem Wählerverzeichnis des Herkunftsmitgliedstaats gestrichen.
Mit der Richtlinie 93/109/EG wurde ein Verfahren für den Austausch der Daten von Wählern in der EU eingeführt. Um die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Anwendung dieses Verfahrens, insbesondere den enormen Aufwand für die nationalen Verwaltungen, zu bewältigen, empfahl die Kommission eine Reihe von Maßnahmen, darunter auch die Benennung einer Anlaufstelle in jedem Mitgliedstaat, die die personenbezogenen Daten der Wähler meldet, und die Nutzung gemeinsamer IT-Tools für die Übermittlung der Daten.
Die große Mehrheit der Mitgliedstaaten begrüßte die Empfehlungen und berichtete von überaus positiven Auswirkungen der Maßnahmen: dadurch dass die Wählerdaten in den meisten Fällen nicht mehr durch mehrere dezentrale Wahlgremien gehen mussten, konnte der Verwaltungsaufwand erheblich eingedämmt werden. Einige Mitgliedstaaten waren der Ansicht, dass das Verfahren wegen des Fehlens harmonisierter Zeitpläne und Methoden zur Identifizierung der Wähler nicht so effizient sei wie es sein könnte. Ein Mitgliedstaat hält das Verfahren angesichts der geringen Rolle des Problems der doppelten Stimmabgabe für unverhältnismäßig. Die Kommission wird weiterhin zusammen mit den Mitgliedstaaten erkunden, wie sich die Verfahren zur Verhinderung der doppelten Stimmabgabe weiter straffen lassen.
(ii)
EU-Bürger mit mehreren Staatsangehörigkeiten
In den Medien wurde breit über den Fall eines deutschen Staatsangehörigen berichtet, der die Staatsangehörigkeit von zwei Mitgliedstaaten hatte und somit seine Stimme in zwei Ländern abgeben konnte.
Zwar ist es grundsätzlich verboten, bei der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments mehr als eine Stimme abzugeben, aber die Richtlinie 93/109/EG und das darin vorgesehene Verfahren zur Verhinderung der doppelten Stimmabgabe kann ihrem Wesen nach nicht auf EU-Bürger mit der doppelten oder mehreren Staatsangehörigkeiten angewandt werden. Da die Mitgliedstaaten in der Regel nicht wissen, welche ihrer Staatsangehörigen auch die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats besitzen, können diese EU-Bürger sich in beiden Mitgliedstaaten zur Wahl anmelden. Allerdings gibt es in allen Mitgliedstaaten Sanktionen bei doppelter Stimmabgabe. Der vorstehend angesprochene Fall zeigt, dass die Mitgliedstaaten die EU-Bürger intensiver über das Verbot der doppelten Stimmabgabe und die damit verbundenen Sanktionen informieren müssen.
6.
Schlussfolgerung
Die wichtigste Neuerung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 war, wie im Vertrag von Lissabon vorgesehen, die direkte Verknüpfung der Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament mit der Wahl des Präsidenten der Europäischen Kommission. Dieser unmittelbare Zusammenhang hatte zur Folge, dass die Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission („Spitzenkandidaten“) mit unterschiedlichen politischen Programmen von den europäischen politischen Parteien nominiert wurden und an einem europaweiten Wahlkampf teilnahmen.
Dank dieser neuen Systematik konnten die Wähler den Zusammenhang zwischen der Stimmabgabe für eine nationale Partei und den Auswirkungen dieser Abstimmung auf die politische Richtung der Europäischen Union für die nächsten fünf Jahre leichter verstehen. Dadurch konnten sie sich in Kenntnis der europäischen Sachlage zwischen alternativen Politikangeboten für Europa entscheiden, anstatt sich mit ausschließlich nationalen politischen Fragen zu befassen. Auch verfügten die Wähler über mehr Informationen und Auswahlmöglichkeiten. Die demokratische Legitimität der Europäischen Kommission wurde gestärkt. Das neue System kann in Zukunft sogar zur Stärkung des öffentlichen Interesses und der Rechenschaftspflicht beitragen.
Die Spitzenkandidaten nahmen an EU-weiten politischen Veranstaltungen und Debatten mit breiter Medienwirkung teil, die die Bürger mit europäischen Themen, die unmittelbare Auswirkungen auf ihren Alltag haben, vertraut machen und damit die Wahlen „europäisieren“ sollten.
Dank zahlreicher interaktiver Instrumente wie der sozialen Medien war es für die Wähler viel leichter als vorher, sich direkt am Wahlkampf zu beteiligen. Die Kampagnen der verschiedenen politischen Parteien in den sozialen Medien erreichten Hunderte von Millionen europäischer Bürgerinnen und Bürger.
Die Richtlinie 2013/1/EU des Europäischen Parlaments und des Rates stellte sicher, dass mobile EU-Bürgerinnen und -Bürger ihre politischen Rechte bei einem geringeren Verwaltungsaufwand für die nationalen Behörden effizienter ausüben konnten. Als Hüterin der Verträge muss die Kommission das aktive und passive Wahlrecht der mobilen EU-Bürger bei europäischen Wahlen schützen und den Austausch bewährter Praktiken zur Erleichterung der Ausübung dieses Rechts fördern.
Da nicht erst kurz vor Beginn des Wahlkampfes, sondern bereits weitaus früher Handlungsbedarf besteht, sollten Überlegungen darüber angestellt werden, wie man ein ständiges Interesse an der Politik der EU erhalten und das Bewusstsein für die unmittelbaren Auswirkungen der Europawahlen auf den Alltag der Bürgerinnen und Bürger stärken kann.
Mit Blick auf die Wahlen im Jahr 2019 ist es wichtig, die Möglichkeiten zur nochmaligen Stärkung der europäischen Dimension und der demokratischen Legitimität der politischen Willensbildung der EU auszuloten und die Gründe für die anhaltend geringe Wahlbeteiligung in einigen Mitgliedstaaten weiter zu prüfen und anzugehen.
Dies bedeutet, dass zusätzliche Möglichkeiten zur Förderung der Wahlbeteiligung bei den kommenden Wahlen ausgelotet werden müssen, insbesondere durch rechtzeitige Unterstützung von Sensibilisierungskampagnen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene.
Ein Dialog mit allen Beteiligten wäre eine Möglichkeit, um die anlässlich der Wahlen 2014 eingeführten neuen Rahmenbedingungen umfassend zu nutzen, d. h. aufbauend auf dem Konzept der Spitzenkandidaten die politische Rechenschaftspflicht zu fördern.
Die politische Rechenschaftspflicht wird u.a. durch den eindeutigen Hinweis auf die Verbindung zwischen nationalen und europäischen Parteien gefördert. Dieser Gedanke könnte in Beratungen mit den Mitgliedstaaten, politischen Parteien und dem Europäischen Parlament vertieft werden.
Die Dialoge mit den Bürgern und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an den Veranstaltungen und Online-Diskussionen der europäischen politischen Parteien zeigen, dass eine starke Nachfrage der Bürger nach mehr Interaktion mit europäischen, nationalen und lokalen Politikern über wichtige, sie betreffende Themen besteht. Diese Form des Austauschs kann sich durchaus zu einer dauerhaften europäischen Praxis entwickeln. Das ist beispielsweise daran zu erkennen, dass dieser Austausch in mehreren Mitgliedstaaten zur Schaffung informeller Netze und Initiativen geführt hat, die die Europa-Debatte in Gang halten. Die Förderung weiterer Bürgerdialoge kann eine Möglichkeit sein, die Bürger zu einer aktiveren Rolle in der europäischen Politik während der gesamten Amtszeit dieser Kommission zu bewegen. Die Heranbildung einer europäischen Öffentlichkeit und der Ausbau der neuen Grundlage der Wahl von 2014 gehen ganz eindeutig in die von Präsident Juncker, der in seinen politischen Leitlinien den Schwerpunkt auf eine Union des demokratischen Wandels gelegt hat, angestrebte Richtung.