28.3.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 89/3


MITTEILUNG DER KOMMISSION

Leitlinien zur Anwendung von Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Technologietransfer-Vereinbarungen

2014/C 89/03

INHALTSVERZEICHNIS

1.

EINLEITUNG

2.

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE

2.1

Artikel 101 AEUV und die Rechte des geistigen Eigentums

2.2

Der allgemeine Rahmen für die Anwendung des Artikels 101 AEUV

2.3

Abgrenzung des Marktes

2.4

Die Unterscheidung zwischen Wettbewerbern und Nicht-Wettbewerbern

3.

ANWENDUNG DER TT-GVO

3.1

Die Auswirkungen der TT-GVO

3.2

Anwendungsbereich und Geltungsdauer der TT-GVO

3.2.1

Der Begriff „Technologietransfer-Vereinbarung“

3.2.2

Der Begriff „Transfer“

3.2.3

Vereinbarungen zwischen zwei Parteien

3.2.4

Vereinbarungen über die Produktion von Vertragsprodukten

3.2.5

Geltungsdauer

3.2.6

Verhältnis zu anderen Gruppenfreistellungsverordnungen

3.2.6.1

Die Gruppenfreistellungsverordnungen für Spezialisierungsvereinbarungen und FuE-Vereinbarungen

3.2.6.2

Die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen

3.3

Die Marktanteilsschwellen des Safe-Harbour-Bereichs

3.4

Kernbeschränkungen nach der Gruppenfreistellungsverordnung

3.4.1

Allgemeine Grundsätze

3.4.2

Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern

3.4.3

Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern

3.5

Nichtfreigestellte Beschränkungen

3.6

Entzug des Rechtsvorteils der Freistellung und Nichtanwendung der Gruppenfreistellungsverordnung

3.6.1

Entzug der Freistellung

3.6.2

Nichtanwendung der Gruppenfreistellungsverordnung

4.

ANWENDUNG DES ARTIKELS 101 ABSÄTZE 1 UND 3 AEUV AUSSERHALB DER TT-GVO

4.1

Der allgemeine Untersuchungsrahmen

4.1.1

Die maßgeblichen Faktoren

4.1.2

Negative Wirkungen restriktiver Lizenzvereinbarungen

4.1.3

Positive Wirkungen restriktiver Lizenzvereinbarungen und Analyseparameter

4.2

Anwendung des Artikels 101 auf verschiedene Arten von Lizenzbeschränkungen

4.2.1

Lizenzgebühren

4.2.2

Exklusivlizenzen und Verkaufsbeschränkungen

4.2.2.1

Exklusiv- und Alleinlizenzen

4.2.2.2

Verkaufsbeschränkungen

4.2.3

Output-Beschränkungen

4.2.4

Nutzungsbeschränkungen

4.2.5

Beschränkung auf den Eigenbedarf

4.2.6

Kopplungs- und Paketvereinbarungen

4.2.7

Wettbewerbsverbote

4.3

Streitbeilegungsvereinbarungen

4.4

Technologiepools

4.4.1

Prüfung der Bildung und Verwaltung von Technologiepools

4.4.2

Beurteilung einzelner Beschränkungen in Vereinbarungen zwischen dem Pool und seinen Lizenznehmern

1.   EINLEITUNG

1.

In diesen Leitlinien werden die Grundsätze für die Beurteilung von Technologietransfer-Vereinbarungen nach Maßgabe des Artikels 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (1) (im Folgenden „Artikel 101“) dargelegt. Technologietransfer-Vereinbarungen sind Vereinbarungen, auf deren Grundlage der Lizenzgeber dem Lizenznehmer eine Lizenz zur Nutzung von Technologierechten für die Produktion von Waren oder Dienstleistungen im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 316/2014 der Kommission vom 21. März 2014 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen (2) (im Folgenden „TT-GVO“) erteilt.

2.

Diese Leitlinien sollen Orientierungshilfen sowohl für die Anwendung der TT-GVO als auch für die Anwendung des Artikels 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) auf Technologietransfer-Vereinbarungen geben, die nicht in den Anwendungsbereich der TT-GVO fallen. Die mögliche parallele Anwendung des Artikels 102 AEUV auf Technologietransfer-Vereinbarungen bleibt von der TT-GVO und den Leitlinien unberührt (3).

3.

Die in diesen Leitlinien dargelegten Regeln müssen unter Berücksichtigung des jeweiligen Sachverhalts angewandt werden; das heißt, es verbietet sich eine rein mechanische Anwendung. Jeder Fall muss auf der Grundlage der jeweiligen Umstände beurteilt und die Leitlinien müssen sinnvoll und flexibel angewandt werden. Die hier angeführten Beispiele dienen nur der Veranschaulichung und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

4.

Diese Leitlinien gelten vorbehaltlich der Auslegung des Artikels 101 AEUV und der TT-GVO durch den Gerichtshof und das Gericht der Europäischen Union.

2.   ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE

2.1   Artikel 101 AEUV und die Rechte des geistigen Eigentums

5.

Artikel 101 AEUV zielt insgesamt darauf ab, den Wettbewerb auf dem Markt zu schützen und damit das Wohl der Verbraucher und eine effiziente Ressourcenallokation zu fördern. Artikel 101 Absatz 1 AEUV untersagt alle Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen von Unternehmen und Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen (4), die den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind (5) und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (6). Als Ausnahme zu dieser Vorschrift sieht Artikel 101 Absatz 3 AEUV vor, dass das Verbot nach Artikel 101 Absatz 1 für nicht anwendbar erklärt werden kann im Falle von Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne dass den beteiligten Unternehmen Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.

6.

Die Rechtsvorschriften zum geistigen Eigentum räumen den Inhabern von Patenten, Urheberrechten, Geschmacksmusterrechten, Markenzeichen und anderen gesetzlich geschützten Rechten ausschließliche Rechte ein. Danach ist der Inhaber eines Rechts des geistigen Eigentums berechtigt, einerseits die unberechtigte Nutzung seines geistigen Eigentums zu unterbinden und andererseits dieses Recht beispielsweise durch die Vergabe von Lizenzen an Dritte zu verwerten. Sobald ein Produkt, in das ein Recht des geistigen Eigentums (mit Ausnahme von Aufführungsrechten (7)) eingegangen ist, vom Inhaber des Rechts oder mit seiner Zustimmung innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) in Verkehr gebracht worden ist, ist dieses Recht des geistigen Eigentums in dem Sinne erschöpft, dass sein Inhaber sich nicht länger darauf berufen kann, um den Verkauf des Produkts zu kontrollieren (Grundsatz der unionsweiten Erschöpfung) (8). Der Rechteinhaber ist nicht berechtigt, Verkäufe durch die Lizenznehmer oder die Abnehmer von Produkten, die die lizenzierte Technologie enthalten, zu unterbinden. Der Grundsatz der unionsweiten Erschöpfung steht im Einklang mit der Hauptfunktion der Rechte des geistigen Eigentums, nämlich dem Inhaber das Recht einzuräumen, andere von der ohne seine Zustimmung erfolgenden Verwertung seines geistigen Eigentums auszuschließen.

7.

Die Tatsache, dass die Rechtsvorschriften über geistiges Eigentum ausschließliche Verwertungsrechte zulassen, bedeutet nicht, dass diese Rechte nicht dem Wettbewerbsrecht unterworfen wären. Artikel 101 AEUV gilt insbesondere für Vereinbarungen, mit denen der Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums einem anderen Unternehmen eine Lizenz zur Nutzung seiner Rechte erteilt. (9) Die obengenannte Tatsache bedeutet auch nicht, dass es einen immanenten Konflikt zwischen den Rechten des geistigen Eigentums und den Wettbewerbsregeln der Union gibt. Hauptziel beider Rechtsbereiche ist die Förderung des Wohls der Verbraucher und eine effiziente Ressourcenallokation. Innovation ist ein wesentlicher und dynamischer Bestandteil einer offenen und wettbewerbsfähigen Marktwirtschaft. Die Rechte des geistigen Eigentums tragen zu einem dynamischen Wettbewerb bei, indem sie Unternehmen dazu motivieren, in die Entwicklung neuer oder verbesserter Produkte und Verfahren zu investieren. Dies gilt auch für den Wettbewerb, der Unternehmen ebenfalls zur Innovation veranlasst. Daher sind sowohl Rechte des geistigen Eigentums als auch Wettbewerb notwendig, um Innovationen zu fördern und deren wettbewerbsfähige Verwertung sicherzustellen.

8.

Bei der Prüfung von Lizenzvereinbarungen nach Artikel 101 AEUV muss auch bedacht werden, dass die Erlangung von Rechten des geistigen Eigentums häufig beträchtliche Investitionen erfordert und dies oftmals mit erheblichen Risiken verbunden ist. Wenn Wettbewerbsdynamik und Innovationsimpulse erhalten bleiben sollen, darf ein innovatives Unternehmen bei der Verwertung von Rechten des geistigen Eigentums, die sich als wertvoll erweisen, nicht unangemessen eingeschränkt werden. Einem innovativen Unternehmen sollte es deshalb freistehen, für erfolgreiche Projekte eine angemessene Vergütung zu erlangen, die unter Berücksichtigung fehlgeschlagener Vorhaben ausreicht, Investitionsanreize zu erhalten. Für einen Lizenznehmer kann die Technologierechtslizenz auch mit erheblichen verlorenen Investitionen in die lizenzierte Technologie und die zu ihrer Nutzung erforderlichen Produktionsanlagen verbunden sein (d. h., dass der Lizenznehmer die Investition bei Aufgabe des betreffenden Geschäftsfelds nicht bzw. nur mit erheblichem Verlust für andere Tätigkeiten nutzen oder veräußern kann). Bei der Anwendung des Artikels 101 müssen solche vorab getätigten Investitionen und die damit verbundenen Risiken berücksichtigt werden. Aufgrund des Risikos, dem die Parteien ausgesetzt sind, und der verlorenen Investitionen, die sie tätigen müssen, kann je nach Fall angenommen werden, dass die Vereinbarung für die Zeit bis zur vollständigen Amortisierung der Investition nicht unter Artikel 101 Absatz 1 fällt bzw. dass sie die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllt.

9.

Der vorhandene analytische Rahmen ist für die Beurteilung von Lizenzvereinbarungen nach Artikel 101 AEUV ausreichend flexibel, um den dynamischen Aspekten der Lizenzierung von Technologierechten angemessen Rechnung zu tragen. Rechte des geistigen Eigentums und Lizenzvereinbarungen werden nicht per se als wettbewerbsrechtlich bedenklich eingestuft. Die meisten Lizenzvereinbarungen schränken den Wettbewerb nicht ein und bringen wettbewerbsfördernde Effizienzvorteile mit sich. Die Lizenzvergabe fördert schon an sich den Wettbewerb, da sie eine Verbreitung der Technologie bewirkt und Lizenzgeber wie Lizenznehmer zur Innovation anregt. Aber auch Lizenzvereinbarungen, die Wettbewerbsbeschränkungen enthalten, sind häufig mit Effizienzvorteilen verbunden, die im Rahmen des Artikels 101 Absatz 3 geprüft und gegen die negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb abgewogen werden müssen. (10) Die weitaus meisten Lizenzvereinbarungen sind daher mit Artikel 101 vereinbar.

2.2   Der allgemeine Rahmen für die Anwendung des Artikels 101 AEUV

10.

Nach Artikel 101 Absatz 1 AEUV sind Vereinbarungen, die eine Beschränkung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, verboten. Artikel 101 Absatz 1 gilt sowohl für Wettbewerbsbeschränkungen zwischen den Vertragsparteien als auch für Wettbewerbsbeschränkungen zwischen einer der Parteien und Dritten.

11.

Ob eine Lizenzvereinbarung den Wettbewerb beschränkt, muss in dem konkreten Zusammenhang beurteilt werden, in dem Wettbewerb stattfinden würde, wenn die Vereinbarung mit ihren mutmaßlichen Beschränkungen nicht bestünde. (11) Hierzu müssen die zu erwartenden Auswirkungen der Vereinbarung auf den Technologienwettbewerb (das heißt den Wettbewerb zwischen Unternehmen, die konkurrierende Technologien verwenden) sowie auf den technologieinternen Wettbewerb (das heißt den Wettbewerb zwischen Unternehmen, die dieselbe Technologie verwenden) untersucht werden (12). Artikel 101 Absatz 1 verbietet die Beschränkung des Wettbewerbs sowohl zwischen verschiedenen Technologien als auch innerhalb derselben Technologie. Daher muss geprüft werden, inwieweit die Vereinbarung diese beiden Aspekte des Wettbewerbs auf dem Markt beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen geeignet ist.

12.

Mit Blick auf diese Prüfung sollten die beiden nachstehenden Fragen betrachtet werden. Die erste Frage bezieht sich auf die Auswirkungen der Vereinbarung auf den Technologienwettbewerb, die zweite auf die Auswirkung der Vereinbarung auf den technologieinternen Wettbewerb. Da Beschränkungen gleichzeitig den Technologienwettbewerb und den technologieinternen Wettbewerb beeinträchtigen können, kann es erforderlich sein, eine Beschränkung im Hinblick auf die beiden nachstehend unter den Buchstaben a und b aufgeführten Fragen zu prüfen, bevor festgestellt werden kann, ob eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des Artikels 101 Absatz 1 vorliegt oder nicht:

a)

Schränkt die Lizenzvereinbarung den tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerb ein, der ohne sie bestanden hätte? Wenn ja, fällt die Vereinbarung möglicherweise unter Artikel 101 Absatz 1. Bei dieser Bewertung muss auch der Wettbewerb zwischen den Parteien sowie der Wettbewerb durch Dritte berücksichtigt werden. Erteilen sich beispielsweise zwei in verschiedenen Mitgliedstaaten niedergelassene Unternehmen gegenseitig Lizenzen für konkurrierende Technologien (sogenanntes Cross-Licensing) und verpflichten sie sich, die Produkte nicht auf dem Heimatmarkt des Vertragspartners anzubieten, so wird der vor der Vereinbarung bestehende (potenzielle) Wettbewerb eingeschränkt. Ähnlich ist die Situation, wenn ein Lizenzgeber seinen Lizenznehmern zur Auflage macht, keine konkurrierenden Technologien zu nutzen, und dadurch Technologien Dritter vom Markt ausgeschlossen werden; auf diese Weise wird der tatsächliche oder potenzielle Wettbewerb, der ohne diese Vereinbarung bestanden hätte, beschränkt.

b)

Schränkt die Lizenzvereinbarung den tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerb ein, der ohne die vertraglich festgelegte(n) Beschränkung(en) bestanden hätte? Wenn ja, fällt die Vereinbarung möglicherweise unter Artikel 101 Absatz 1. Schränkt ein Lizenzgeber beispielsweise seine Lizenznehmer, die vor der Vereinbarung weder tatsächliche noch potenzielle Wettbewerber waren, im Wettbewerb miteinander ein, so wird der (potenzielle) Wettbewerb, der ohne die Beschränkungen zwischen den Lizenznehmern möglicherweise bestanden hätte, eingeschränkt. Zu solchen Beschränkungen zählen die vertikale Preisfestsetzung und gebiets- oder kundenbezogene Verkaufsbeschränkungen zwischen Lizenznehmern. Manche Beschränkungen fallen unter bestimmten Umständen jedoch nicht unter Artikel 101 Absatz 1, etwa wenn die Beschränkung für den Abschluss einer Vereinbarung dieser Art oder diesen Inhalts objektiv notwendig war (13). Die Anwendbarkeit des Artikels 101 Absatz 1 kann nur anhand objektiver, von den Parteien unabhängiger Faktoren ausgeschlossen werden; subjektive Bewertungen und Eigenschaften der Parteien bleiben unberücksichtigt. Die Frage ist nicht, ob die Parteien in ihrer Lage eine weniger beschränkende Vereinbarung nicht akzeptiert hätten, sondern ob in Anbetracht der Art der Vereinbarung und der Beschaffenheit des Marktes Unternehmen unter ähnlichen Voraussetzungen keine weniger beschränkende Vereinbarung geschlossen hätten. (14) Behauptungen, dass der Anbieter ohne die Gebietsbeschränkung eine vertikale Integration bevorzugt hätte, reichen nicht aus. Entscheidungen über eine vertikale Integration hängen von zahlreichen komplexen Wirtschaftsfaktoren ab, die zum Teil durch die Unternehmen selbst bedingt sind.

13.

Nach Artikel 101 Absatz 1 AEUV ist zu unterscheiden zwischen Vereinbarungen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken, und solchen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bewirken; diesem Umstand sollte bei der Anwendung des analytischen Rahmens, der unter Randnummer (12) dieser Leitlinien dargelegt wird, Rechnung getragen werden. Eine Vereinbarung oder eine restriktive Vertragsklausel fällt nur dann unter Artikel 101 Absatz 1, wenn sie eine Beschränkung des Technologienwettbewerbs und/oder des technologieinternen Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt.

14.

Eine Beschränkung des Wettbewerbs wird dann bezweckt, wenn eine Vereinbarung schon ihrem Wesen nach den Wettbewerb beschränkt. Hierbei handelt es sich um Beschränkungen, die im Hinblick auf die mit den Wettbewerbsvorschriften der Union verfolgten Ziele ein derart hohes Potenzial negativer Auswirkungen auf den Wettbewerb aufweisen, dass ihre Auswirkungen am Markt für die Anwendung des Artikels 101 Absatz 1 nicht nachgewiesen werden müssen (15). Überdies dürften die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 in diesem Fall in der Regel nicht erfüllt sein. Für die Beurteilung, ob eine Vereinbarung eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt, ist eine Reihe von Faktoren maßgeblich. Dazu gehören insbesondere der Inhalt der Vereinbarung und die damit verfolgten Ziele. Außerdem kann es erforderlich sein, den Zusammenhang, in dem sie angewendet wird oder angewendet werden soll, oder das tatsächliche Verhalten der Parteien auf dem Markt zu würdigen (16). Somit kann es notwendig sein, den zugrundeliegenden Sachverhalt und die besonderen Umstände zu untersuchen, unter denen eine Vereinbarung geschlossen worden ist, um feststellen zu können, ob eine bestimmte Beschränkung als bezweckte Beschränkung einzustufen ist. Die Art der Durchführung einer Vereinbarung kann eine bezweckte Beschränkung erkennen lassen, selbst wenn die förmliche Vereinbarung keine ausdrückliche Bestimmung in diesem Sinne enthält. Belege für die subjektive Absicht der Parteien, den Wettbewerb zu beschränken, sind ein relevanter Faktor, jedoch keine notwendige Voraussetzung. Eine Vereinbarung kann auch dann als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung angesehen werden, wenn sie außer der Wettbewerbsbeschränkung noch anderen, legitimen Zielen dient (17). Hinsichtlich Lizenzvereinbarungen ist die Kommission der Ansicht, dass die Beschränkungen, die den in Artikel 4 der TT-GVO aufgeführten Kernbeschränkungen entsprechen, als bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen einzustufen sind (18).

15.

Wird mit einer Vereinbarung keine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt, so ist zu prüfen, ob sie eine Wettbewerbsbeschränkung bewirkt. Dabei ist sowohl den tatsächlichen als auch den potenziellen Wirkungen Rechnung zu tragen (19). Die Vereinbarung muss mit anderen Worten mit hoher Wahrscheinlichkeit wettbewerbsschädigende Wirkungen entfalten. Wettbewerbsbeschränkungen bewirkende Lizenzvereinbarungen sind solche, die den Wettbewerb in einem Maße tatsächlich oder potenziell beeinträchtigen können, dass auf dem relevanten Markt mit einiger Wahrscheinlichkeit negative Auswirkungen auf Preise, Output, Innovationstätigkeit oder Vielfalt bzw. Qualität von Waren oder Dienstleistungen zu erwarten sind. Diese voraussichtlichen negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb müssen spürbar sein (20). Spürbare wettbewerbsschädigende Wirkungen sind wahrscheinlich, wenn mindestens eine der Vertragsparteien eine gewisse Marktmacht hat oder erlangt und die Vereinbarung zur Begründung, Erhaltung oder Verstärkung dieser Marktmacht beiträgt oder es den Parteien ermöglicht, diese Marktmacht auszunutzen. Marktmacht ist die Fähigkeit, während eines nicht unbeträchtlichen Zeitraums die Preise oberhalb des Wettbewerbsniveaus bzw. den Output im Hinblick auf Produktmengen, Produktqualität und -bandbreite oder Innovationstätigkeit unterhalb des Wettbewerbsniveaus zu halten (21). Für die Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 Absatz 1 ist in der Regel ein geringeres Maß an Marktmacht erforderlich als für die Feststellung einer beherrschenden Stellung nach Artikel 102 (22).

16.

Um Wettbewerbsbeschränkungen bewirkende Vereinbarungen untersuchen zu können, ist es in der Regel erforderlich, den relevanten Markt abzugrenzen und insbesondere die Beschaffenheit der betroffenen Produkte und Technologien, die Marktstellung der Parteien, der sonstigen Wettbewerber und der Abnehmer, das Vorhandensein potenzieller Wettbewerber und die Höhe der Marktzutrittsschranken zu untersuchen und zu bewerten. In manchen Fällen können wettbewerbsschädigende Wirkungen allerdings auch direkt am Verhalten der Vertragsparteien am Markt sichtbar gemacht werden. Beispielsweise lässt sich mitunter feststellen, dass eine Vereinbarung zu Preiserhöhungen geführt hat.

17.

Lizenzvereinbarungen können aber auch beträchtliches Potenzial zur Förderung des Wettbewerbs haben, und die weitaus meisten Lizenzvereinbarungen sind in der Tat dem Wettbewerb förderlich. Lizenzvereinbarungen können Innovationen fördern, indem sie es innovativen Unternehmen ermöglichen, Einnahmen zu erwirtschaften, um zumindest einen Teil ihrer Forschungs- und Entwicklungskosten decken zu können. Lizenzvereinbarungen tragen ferner zur Verbreitung von Technologien bei, die durch die Senkung der Produktionskosten des Lizenznehmers oder seine Möglichkeit, neue oder verbesserte Produkte herzustellen, wertschöpfend wirken können. Effizienzvorteile auf der Ebene des Lizenznehmers sind häufig auf eine Kombination der Technologie des Lizenzgebers mit den Ressourcen und Technologien des Lizenznehmers zurückzuführen. Eine solche Zusammenführung ergänzender Betriebsvermögenswerte und Technologien kann ein Kosten-Output-Verhältnis schaffen, das anders nicht erzielt werden könnte. Beispielsweise können durch die verbesserte Technologie des Lizenzgebers in Verbindung mit effizienteren Produktions- oder Vertriebsressourcen des Lizenznehmers die Produktionskosten gesenkt oder hochwertigere Produkte hergestellt werden. Auch kann durch die Lizenzvergabe die Entwicklung und Nutzung der eigenen Technologie des Lizenznehmers und damit der Wettbewerb insgesamt gefördert werden. Besonders in Wirtschaftszweigen mit einer Vielzahl von Patenten kommt es häufig zu einer Lizenzvergabe, um die Gestaltungsfreiheit zu gewährleisten und Verletzungsklagen durch den Lizenzgeber auszuschließen. Ist der Lizenzgeber damit einverstanden, auf die Geltendmachung seiner Rechte des geistigen Eigentums zu verzichten und dem Lizenznehmer den Verkauf seiner Produkte zu gestatten, so wird mit der Vereinbarung ein Hemmnis für den Verkauf von Produkten des Lizenznehmers beseitigt und damit allgemein der Wettbewerb gefördert.

18.

Fällt eine Lizenzvereinbarung unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV, so müssen die wettbewerbsfördernden und wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen der Lizenzvereinbarungen nach Maßgabe des Artikels 101 Absatz 3 gegeneinander abgewogen werden. Sind alle vier Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllt, so ist die fragliche Lizenzvereinbarung gültig und durchsetzbar, ohne dass es dazu eines vorherigen Beschlusses bedarf (23). Kernbeschränkungen erfüllen die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 in der Regel nicht. Bei solchen Vereinbarungen liegt regelmäßig (mindestens) eine der ersten beiden Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 nicht vor. Sie bringen im Allgemeinen keinen objektiven wirtschaftlichen Nutzen oder keine Vorteile für die Verbraucher mit sich. Darüber hinaus erfüllen diese Arten von Vereinbarungen im Allgemeinen nicht die dritte Voraussetzung der Unerlässlichkeit. Setzen die Parteien beispielsweise einen Preis fest, zu dem die im Rahmen der Lizenz hergestellten Produkte verkauft werden müssen, führt dies in der Regel zu einem geringeren Output, zu einer ineffizienten Ressourcenallokation und zu höheren Preisen für die Verbraucher. Die Preisbeschränkung ist ferner nicht unerlässlich, um die möglichen Effizienzvorteile zu erzielen, die sich daraus ergeben, dass beide Wettbewerber über die beiden Technologien verfügen.

2.3   Abgrenzung des Marktes

19.

Wie die Kommission den relevanten Markt abgrenzt, geht aus ihrer Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (24) hervor. Die vorliegenden Leitlinien behandeln lediglich diejenigen Aspekte der Marktabgrenzung, die für die Lizenzierung von Technologierechten von besonderer Bedeutung sind.

20.

Eine Technologie ist ein Input, der entweder in ein Produkt oder einen Produktionsprozess eingeht. Die Lizenzierung von Technologierechten kann daher den Wettbewerb sowohl vorgelagert auf Input-Märkten als auch nachgelagert auf Output-Märkten beeinträchtigen. Eine Vereinbarung zwischen zwei Parteien, die konkurrierende Produkte nachgelagert verkaufen und einander zudem Technologierechtslizenzen erteilen, die für die vorgelagerte Herstellung dieser Produkte genutzt werden, kann beispielsweise den Wettbewerb auf dem betreffenden nachgelagerten Waren- oder Dienstleistungsmarkt beschränken. Die gegenseitige Gewährung von Lizenzen (Cross-Licensing) kann auch den Wettbewerb auf dem vorgelagerten Technologiemarkt und möglicherweise auch auf anderen vorgelagerten Input-Märkten beschränken. Um die Auswirkungen von Lizenzvereinbarungen auf den Wettbewerb beurteilen zu können, kann es daher notwendig sein, die relevanten Produktmärkte sowie die relevanten Technologiemärkte abzugrenzen (25).

21.

Zum relevanten Produktmarkt gehören nicht nur die Vertragsprodukte (die die lizenzierte Technologie enthalten), sondern auch die Produkte, die von Abnehmern aufgrund ihrer Eigenschaften, ihrer Preise und ihres Verwendungszwecks als mit den Vertragsprodukten austauschbar oder substituierbar angesehen werden. Vertragsprodukte können einem Endproduktmarkt und/oder einem Zwischenproduktmarkt zuzurechnen sein.

22.

Die relevanten Technologiemärkte bestehen aus den lizenzierten Technologierechten und ihren Substituten, das heißt anderen Technologien, die von Lizenznehmern aufgrund ihrer Eigenschaften, ihrer Lizenzgebühren und ihres Verwendungszwecks als mit den lizenzierten Technologierechten austauschbar oder substituierbar angesehen werden. Ausgehend von der Technologie, die vom Lizenzgeber vermarktet wird, müssen die anderen Technologien ermittelt werden, zu denen die Lizenznehmer im Falle einer geringfügigen, aber dauerhaften Erhöhung der relativen Preise, das heißt der Lizenzgebühren, überwechseln könnten. Alternativ dazu wäre der Markt für Produkte heranzuziehen, die die lizenzierten Technologierechte enthalten (vgl. Randnummer (25)).

23.

Der in Artikel 3 der TT-GVO verwendete und in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe m der TT-GVO definierte Begriff „relevanter Markt“ bezieht sich auf den relevanten Produktmarkt und den relevanten Technologiemarkt, und zwar sowohl in sachlicher als auch in räumlicher Hinsicht.

24.

Der „räumlich relevante Markt“ ist in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe l der TT-GVO definiert als das Gebiet, in dem die beteiligten Unternehmen die relevanten Produkte anbieten bzw. nachfragen oder Technologierechte lizenzieren, in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und das sich von benachbarten Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen unterscheidet. Die räumliche Ausdehnung des bzw. der relevanten Technologiemärkte kann sich von der Ausdehnung des bzw. der relevanten Produktmärkte unterscheiden.

25.

Sobald die relevanten Märkte abgegrenzt sind, können den verschiedenen Wettbewerbsquellen Marktanteile zugeordnet werden und als Indikator für die relative Stärke der Marktteilnehmer dienen. Bei den Technologiemärkten besteht eine mögliche Vorgehensweise darin, die Marktanteile auf der Grundlage des Anteils jeder einzelnen Technologie an der Gesamtheit der Lizenzeinnahmen zu berechnen, womit der Anteil der einzelnen Technologien an dem Markt dargestellt wird, auf dem konkurrierende Technologien lizenziert werden. Dies dürfte jedoch häufig nur theoretisch, nicht aber praktisch möglich sein, weil genaue Angaben über Lizenzgebühren fehlen. Ein anderer Ansatz besteht darin, die Anteile am Technologiemarkt anhand der Verkäufe der Produkte, die die lizenzierte Technologie enthalten, auf den nachgelagerten Produktmärkten zu berechnen (nähere Angaben unter den Randnummern (86) ff). Dieser Ansatz wird nach Artikel 8 Buchstabe d der TT-GVO zur Prüfung der Freistellung herangezogen. In einzelnen Fällen außerhalb des Safe-Harbour-Bereichs im Sinne der TT-GVO kann es, soweit dies praktisch möglich ist, notwendig sein, die beiden beschriebenen Ansätze anzuwenden, um die Marktstärke des Lizenzgebers genauer beurteilen zu können und um anderen relevanten Faktoren Rechnung zu tragen, die stichhaltige Anhaltspunkte für die relative Stärke der vorhandenen Technologien bieten (weitere Faktoren sind den Randnummern (157) und (159) ff zu entnehmen) (26).

26.

Bestimmte Lizenzvereinbarungen können sich auf den Innovationswettbewerb auswirken. Bei der Untersuchung solcher Wirkungen beschränkt sich die Kommission jedoch in der Regel darauf, die Auswirkung der Vereinbarung auf den Wettbewerb innerhalb bestehender Produkt- und Technologiemärkte zu prüfen (27). Der Wettbewerb auf solchen Märkten kann durch Vereinbarungen beeinflusst werden, die die Einführung verbesserter oder neuer Produkte verzögern, die mit der Zeit die bestehenden Produkte ersetzen werden. In diesen Fällen sind Innovationen eine Quelle potenziellen Wettbewerbs, die berücksichtigt werden muss, wenn die Auswirkungen von Vereinbarungen auf Produkt- und Technologiemärkten beurteilt werden. In manchen Fällen kann es jedoch zweckmäßig und notwendig sein, die Auswirkungen auf den Innovationswettbewerb separat zu untersuchen. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen sich die Vereinbarung auf die Innovationstätigkeit auswirkt, mit der neue Produkte entwickelt werden sollen, und in Fällen, in denen es möglich ist, Forschungs- und Entwicklungspole bereits in einer frühen Phase auszumachen. (28) In solchen Fällen kann untersucht werden, ob nach der Vereinbarung eine ausreichende Anzahl an konkurrierenden Forschungs- und Entwicklungspolen übrig bleibt, um einen wirksamen Innovationswettbewerb aufrechtzuerhalten.

2.4   Die Unterscheidung zwischen Wettbewerbern und Nicht-Wettbewerbern

27.

Im Allgemeinen stellen Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern eine größere Gefahr für den Wettbewerb dar als Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern. Der Wettbewerb zwischen Unternehmen, die dieselbe Technologie verwenden (technologieinterner Wettbewerb zwischen Lizenznehmern), stellt jedoch eine wichtige Ergänzung zum Wettbewerb zwischen Unternehmen dar, die konkurrierende Technologien nutzen (Technologienwettbewerb). Technologieinterner Wettbewerb kann beispielsweise zu niedrigeren Preisen bei den Produkten führen, die die betreffende Technologie enthalten, was nicht nur unmittelbare und sofortige Vorteile für die Verbraucher dieser Produkte mit sich bringen, sondern auch den Wettbewerb zwischen Unternehmen anregen kann, die konkurrierende Technologien verwenden. Bei der Lizenzvergabe muss auch berücksichtigt werden, dass die Lizenznehmer ihre eigenen Produkte verkaufen. Sie verkaufen nicht Produkte weiter, die von einem anderen Unternehmen geliefert werden. Daher besteht bei der Differenzierung der Produkte und einem qualitätsbasierten Wettbewerb zwischen Lizenznehmern möglicherweise ein größerer Spielraum als im Falle vertikaler Vereinbarungen über den Weiterverkauf von Produkten.

28.

Um das Wettbewerbsverhältnis zwischen den Vertragsparteien zu bestimmen, muss geprüft werden, ob die Parteien ohne die Vereinbarung tatsächliche oder potenzielle Wettbewerber gewesen wären. Wären die Parteien ohne die Vereinbarung keine tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerber auf einem relevanten, von der Vereinbarung betroffenen Markt gewesen, so werden sie als Nicht-Wettbewerber betrachtet.

29.

Grundsätzlich gelten die Parteien einer Vereinbarung nicht als Wettbewerber, wenn sie sich in einer einseitigen oder zweiseitigen Sperrposition befinden. Eine einseitige Sperrposition liegt vor, wenn ein Technologierecht nicht verwertet werden kann, ohne ein anderes gültiges Technologierecht zu verletzen, oder wenn eine Partei am relevanten Markt nicht wirtschaftlich rentabel teilnehmen kann, ohne ein gültiges Technologierecht der anderen Partei zu verletzen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Technologierecht für die Verbesserung eines anderen Technologierechts besteht und die Verbesserung ohne eine Lizenz für das ursprüngliche Technologierecht nicht rechtmäßig genutzt werden kann. Eine zweiseitige Sperrposition liegt vor, wenn keines der Technologierechte verwertet werden kann, ohne das andere gültige Technologierecht zu verletzen, oder wenn keine der Parteien am relevanten Markt wirtschaftlich rentabel teilnehmen kann, ohne ein gültiges Technologierecht der anderen Partei zu verletzen, so dass die Parteien einander eine Lizenz gewähren oder auf ihre Rechte verzichten müssten (29). In der Praxis wird es jedoch Fälle geben, in denen nicht klar ist, ob ein bestimmtes Technologierecht gültig ist und verletzt wird.

30.

Die Parteien werden als tatsächliche Wettbewerber auf dem Produktmarkt angesehen, wenn sie bereits vor der Vereinbarung auf ein und demselben relevanten Produktmarkt tätig waren. Dass beide Parteien auf ein und demselben relevanten Produktmarkt tätig sind, ohne eine Lizenzvereinbarung geschlossen zu haben, ist ein starkes Indiz dafür, dass keine Sperrposition zwischen den Parteien vorliegt. In einer solchen Situation kann davon ausgegangen werden, dass die Parteien tatsächliche Wettbewerber sind, sofern bzw. solange nicht (insbesondere durch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil) nachgewiesen ist, dass eine Sperrposition vorliegt.

31.

Der Lizenznehmer kann als potenzieller Wettbewerber auf dem Produktmarkt betrachtet werden, wenn er ohne die Vereinbarung im Falle einer geringfügigen, aber dauerhaften Erhöhung der Produktpreise wahrscheinlich die notwendigen zusätzlichen Investitionen tätigen würde, um in den relevanten Markt einzutreten. Die Wahrscheinlichkeit des Markteintritts sollte auf der Grundlage realistischer Annahmen, das heißt des Sachverhalts des jeweiligen Falls, bewertet werden. Die Wahrscheinlichkeit eines Markteintritts ist größer, wenn der Lizenznehmer Anlagen besitzt, die es ihm ohne weiteres ermöglichen, ohne erhebliche verlorene Kosten in den Markt einzutreten, oder wenn er bereits Pläne ausgearbeitet oder andere Investitionen im Hinblick auf einen Markteintritt getätigt hat. Dem Lizenznehmer müssen sich tatsächlich konkrete Möglichkeiten bieten, in den relevanten Markt einzutreten und den Wettbewerb mit den etablierten Unternehmen aufzunehmen (30). Folglich kann ein Lizenznehmer nicht als potenzieller Wettbewerber eingestuft werden, wenn sein Markteintritt nicht mit einer wirtschaftlich tragfähigen Strategie einhergeht (31).

32.

Im konkreten Kontext der Rechte des geistigen Eigentums ist bei der Beurteilung der Frage, ob die Parteien potenzielle Wettbewerber auf einem bestimmten Markt sind, außerdem zu berücksichtigen, ob ihre Rechte des geistigen Eigentums möglicherweise eine Sperrposition verursachen, d. h., ob der Lizenznehmer nicht in den jeweiligen Markt eintreten kann, ohne die Rechte des geistigen Eigentums der anderen Partei zu verletzen.

33.

Wenn in Ermangelung beispielsweise einer rechtkräftigen Gerichtsentscheidung keine Sicherheit in Bezug auf das Vorliegen einer Sperrposition besteht, müssen die Parteien bei der Beurteilung der Frage, ob sie potenzielle Wettbewerber voneinander sind, alle zum jeweiligen Zeitpunkt vorliegenden Umstände berücksichtigen, einschließlich der Möglichkeit, dass Rechte des geistigen Eigentums verletzt werden, sowie der Frage, ob es eine wirksame Möglichkeit gibt, bestehende Rechte des geistigen Eigentums zu umgehen. Wenn weit fortgeschrittene Pläne zum Eintritt in einen bestimmten Markt bestehen oder im Hinblick darauf bereits erhebliche Investitionen getätigt wurden, kann dies dafür sprechen, dass die Parteien zumindest potenzielle Wettbewerber sind, wenngleich eine Sperrposition nicht ausgeschlossen werden kann. Besonders hohe Beweisanforderungen für das Vorliegen einer Sperrposition können erforderlich sein, wenn die Parteien ein gemeinsames Interesse daran haben, sich auf eine Sperrposition zu berufen, um als Nicht-Wettbewerber eingestuft zu werden, etwa wenn die mutmaßliche Sperrposition Technologien betrifft, bei denen es sich um technologische Substitute handelt (siehe Randnummer (22)), oder wenn der Lizenzgeber dem Lizenznehmer einen erheblichen finanziellen Anreiz bietet.

34.

Von einem Markteintritt geht nur dann ein realer Wettbewerbsdruck aus, wenn in absehbarer Zeit mit ihm zu rechnen ist. (32) In der Regel ist die Berücksichtigung eines Zeitraums von ein bis zwei Jahren angemessen. In Einzelfällen können jedoch auch längere Zeiträume berücksichtigt werden. Zur Ermittlung des jeweiligen Zeitraums können die Zeiträume herangezogen werden, die die bereits auf dem betreffenden Markt tätigen Unternehmen benötigen, um ihre Kapazitäten anzupassen. Die Parteien werden beispielsweise dann in der Regel als potenzielle Wettbewerber auf dem Produktmarkt betrachtet, wenn der Lizenznehmer mit seiner eigenen Technologie in einem bestimmten räumlichen Markt produziert und in einem anderen räumlichen Markt die Produktion mit einer lizenzierten konkurrierenden Technologie aufnimmt. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass der Lizenznehmer in der Lage gewesen wäre, mit seiner eigenen Technologie in den zweiten räumlichen Markt einzutreten, außer wenn objektive Faktoren wie das Bestehen entsprechender Rechte des geistigen Eigentums einem solchen Markteintritt entgegenstehen.

35.

Die Parteien sind tatsächliche Wettbewerber auf dem Technologiemarkt, wenn entweder bereits beide Lizenzen für substituierbare Technologierechte vergeben oder der Lizenznehmer bereits Lizenzen für seine eigenen Technologierechte vergibt und der Lizenzgeber in den betreffenden Technologiemarkt eintritt, indem er dem Lizenznehmer eine Lizenz für konkurrierende Technologierechte erteilt.

36.

Die Parteien werden als potenzielle Wettbewerber auf dem Technologiemarkt angesehen, wenn sie substituierbare Technologien besitzen und der Lizenznehmer keine Lizenzen für seine eigene Technologie vergibt, vorausgesetzt, dass er dies bei einer geringfügigen, aber dauerhaften Erhöhung der Technologiepreise voraussichtlich tun würde. Bei Technologiemärkten ist es in der Regel schwieriger zu beurteilen, ob die Parteien potenzielle Wettbewerber sind. Deshalb wird potenzieller Wettbewerb auf dem Technologiemarkt bei der Anwendung der TT-GVO nicht berücksichtigt (siehe Randnummer (83)) und die Parteien werden als Nicht-Wettbewerber angesehen.

37.

In bestimmten Fällen stellen Lizenzgeber und Lizenznehmer zwar konkurrierende Produkte her, sind aber keine Wettbewerber auf den relevanten Produkt- und Technologiemärkten, weil die lizenzierte Technologie eine derart grundlegende Innovation darstellt, dass die Technologie des Lizenznehmers überholt oder nicht mehr wettbewerbsfähig ist. In diesen Fällen wird durch die Technologie des Lizenzgebers entweder ein neuer Markt geschaffen oder die Technologie des Lizenznehmers vom bestehenden Markt verdrängt. Oftmals ist es jedoch nicht möglich, dies bereits beim Abschluss der Vereinbarung zu erkennen. In der Regel stellt sich erst, wenn die Technologie oder die Produkte, in denen sie enthalten ist, für den Verbraucher bereits seit einiger Zeit erhältlich sind, heraus, dass die ältere Technologie überholt oder nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Als beispielsweise die CD-Technik entwickelt wurde und CD-Player und Compactdiscs auf den Markt kamen, war nicht abzusehen, dass diese neue Technologie die LP-Technik ersetzen würde. Dies zeigte sich erst einige Jahre später. Folglich werden die Parteien als Wettbewerber betrachtet, wenn bei Abschluss der Vereinbarung nicht ersichtlich ist, dass die Technologie des Lizenznehmers überholt oder nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Da jedoch sowohl Artikel 101 Absatz 1 als auch Artikel 101 Absatz 3 AEUV mit Blick auf den konkreten Zusammenhang anzuwenden sind, in dem die Vereinbarung besteht, werden bei der Prüfung wesentliche Veränderungen der Umstände berücksichtigt. Die Beurteilung des Verhältnisses zwischen den Parteien wird sich daher ändern; sie werden nicht mehr als Wettbewerber betrachtet, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellt, dass die Technologie des Lizenznehmers überholt oder auf dem Markt nicht mehr wettbewerbsfähig ist.

38.

In bestimmten Fällen werden die Parteien nach Abschluss der Vereinbarung zu Wettbewerbern, weil der Lizenznehmer eine konkurrierende Technologie entwickelt oder erwirbt und mit deren Verwertung beginnt. In diesen Fällen muss berücksichtigt werden, dass die Parteien bei Abschluss der Vereinbarung keine Wettbewerber waren und die Vereinbarung vor diesem Hintergrund geschlossen wurde. Die Kommission konzentriert sich daher in erster Linie auf die Auswirkungen der Vereinbarung auf die Fähigkeit des Lizenznehmers, seine eigene (konkurrierende) Technologie zu nutzen. Die Liste der Kernbeschränkungen, die für Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern gilt, wird auf solche Vereinbarungen nicht angewandt, sofern die betreffenden Vereinbarungen nicht später, nachdem die Parteien zu Wettbewerbern geworden sind, wesentlich geändert werden (siehe Artikel 4 Absatz 3 der TT-GVO).

39.

Die Vertragsparteien können nach Abschluss der Vereinbarung auch dann zu Wettbewerbern werden, wenn der Lizenznehmer bereits vor der Lizenzvergabe auf dem relevanten Markt tätig war, auf dem die Vertragsprodukte verkauft werden, und der Lizenzgeber anschließend entweder mit den lizenzierten Technologierechten oder mit einer neuen Technologie in den relevanten Markt eintritt. Auch in diesem Fall ist weiterhin die Liste der Kernbeschränkungen für Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern anwendbar, sofern die Vereinbarung nicht später wesentlich geändert wird (siehe Artikel 4 Absatz 3 der TT-GVO). Eine wesentliche Änderung liegt beispielsweise vor, wenn die Parteien eine neue Technologietransfer-Vereinbarung in Bezug auf konkurrierende Technologierechte schließen, die für die Herstellung von Produkten genutzt werden können, die mit den Vertragsprodukten im Wettbewerb stehen.

3.   ANWENDUNG DER TT-GVO

3.1   Die Auswirkungen der TT-GVO

40.

Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen, die die Voraussetzungen der TT-GVO erfüllen, sind von der Verbotsregel nach Artikel 101 Absatz 1 AEUV freigestellt. Unter eine Gruppenfreistellung fallende Vereinbarungen sind rechtswirksam und durchsetzbar. Solche Vereinbarungen können lediglich für die Zukunft verboten werden und dies nur bei Entzug der Freistellung durch die Kommission und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten. Unter eine Gruppenfreistellung fallende Vereinbarungen können von nationalen Gerichten bei privatrechtlichen Streitigkeiten nicht auf der Grundlage des Artikels 101 Absatz 1 verboten werden.

41.

Die Gruppenfreistellung von Technologietransfer-Vereinbarungen beruht auf der Annahme, dass diese Vereinbarungen, soweit sie unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen, die vier Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllen. Es wird also davon ausgegangen, dass die Vereinbarungen zu wirtschaftlichen Effizienzvorteilen führen, dass die in den Vereinbarungen enthaltenen Beschränkungen für das Erreichen dieser Vorteile unerlässlich sind, dass die Verbraucher innerhalb des betroffenen Marktes angemessen an diesen Vorteilen beteiligt werden und dass die Vereinbarung den beteiligten Unternehmen nicht die Möglichkeit eröffnet, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten. Die in der TT-GVO festgelegten Marktanteilsschwellen (Artikel 3), die Liste der Kernbeschränkungen (Artikel 4) und die nichtfreigestellten Beschränkungen (Artikel 5) sollen sicherstellen, dass nur wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen freigestellt werden, bei denen mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass sie die vier Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllen.

42.

Wie in Abschnitt 4 dieser Leitlinien ausgeführt wird, fallen viele Lizenzvereinbarungen nicht unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV, weil sie den Wettbewerb entweder überhaupt nicht oder nicht in erheblichem Maße einschränken (33). Soweit diese Vereinbarungen ohnehin unter die TT-GVO fallen würden, besteht kein Grund nachzuprüfen, ob sie von Artikel 101 Absatz 1 erfasst werden (34).

43.

Bei nicht unter die Gruppenfreistellung fallenden Vereinbarungen ist zu prüfen, ob sie von Artikel 101 Absatz 1 AEUV erfasst werden und dann möglicherweise die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllen. Es wird weder davon ausgegangen, dass nicht unter die Gruppenfreistellung fallende Technologietransfer-Vereinbarungen von Artikel 101 Absatz 1 erfasst werden, noch, dass sie die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 nicht erfüllen. Insbesondere reicht der Umstand, dass die Marktanteile der Parteien die Marktanteilsschwellen in Artikel 3 der TT-GVO übersteigen, allein nicht aus für die Feststellung, dass die Vereinbarung unter Artikel 101 Absatz 1 fällt. Hierzu müssen die voraussichtlichen Wirkungen der betreffenden Vereinbarung geprüft werden. Nur wenn Vereinbarungen Kernbeschränkungen enthalten, kann in der Regel angenommen werden, dass sie unter das Verbot nach Artikel 101 AEUV fallen.

3.2   Anwendungsbereich und Geltungsdauer der TT-GVO

3.2.1   Der Begriff „Technologietransfer-Vereinbarung“

44.

Die TT-GVO und diese Leitlinien gelten für Technologietransfer-Vereinbarungen. Nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b der TT-GVO umfasst der Begriff „Technologierechte“ Know-how sowie Patente, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster, Topografien von Halbleiterprodukten, ergänzende Schutzzertifikate für Arzneimittel oder andere Produkte, für die solche ergänzenden Schutzzertifikate vergeben werden können, Sortenschutzrechte und Software-Urheberrechte oder eine Kombination daraus einschließlich Anträgen auf Gewährung bzw. auf Registrierung dieser Rechte. Die lizenzierten Technologierechte sollten den Lizenznehmer in die Lage versetzen, die Vertragsprodukte — gegebenenfalls unter Verwendung weiterer Inputs — zu produzieren. Die TT-GVO gilt nur in Mitgliedstaaten, in denen der Lizenzgeber entsprechende Technologierechte innehat. Andernfalls liegen im Sinne der TT-GVO keine „Technologierechte“ vor, die transferiert werden könnten.

45.

Know-how ist in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe i der TT-GVO als eine Gesamtheit praktischer Kenntnisse definiert, die durch Erfahrungen und Versuche gewonnen werden und die geheim, wesentlich und identifiziert sind:

a)

„Geheim“ bedeutet, dass das Know-how nicht allgemein bekannt und nicht leicht zugänglich ist.

b)

„Wesentlich“ bedeutet, dass das Know-how Kenntnisse umfasst, die für die Produktion der unter die Lizenzvereinbarung fallenden Produkte oder die Anwendung des unter die Lizenzvereinbarung fallenden Verfahrens von Bedeutung und nützlich sind. Die Kenntnisse müssen also wesentlich zur Produktion der Vertragsprodukte beitragen bzw. die Produktion wesentlich erleichtern. Bezieht sich das lizenzierte Know-how auf ein Produkt (und nicht auf ein Verfahren), so bedeutet dies, dass das Know-how für die Produktion des Vertragsprodukts nützlich ist. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn das Vertragsprodukt mit frei zugänglicher Technologie hergestellt werden kann. Das Vertragsprodukt muss deshalb jedoch nicht hochwertiger sein als die mit frei zugänglicher Technologie hergestellten Produkte. Bezieht sich das lizenzierte Know-how hingegen auf eine Verfahrenstechnik, so bedeutet dies, dass das Know-how in dem Sinne nützlich ist, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach sorgfältiger Prüfung angenommen werden kann, dass es die Wettbewerbsposition des Lizenznehmers beispielsweise durch Verringerung seiner Produktionskosten erheblich zu verbessern geeignet ist.

c)

„Identifiziert“ bedeutet, dass überprüft werden kann, ob das lizenzierte Know-how die Merkmale „geheim“ und „wesentlich“ erfüllt. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das lizenzierte Know-how in Handbüchern oder in sonstiger schriftlicher Form beschrieben ist. In manchen Fällen ist das jedoch unmöglich. Das lizenzierte Know-how kann beispielsweise in praktischen Kenntnissen der Beschäftigten des Lizenzgebers bestehen. Die Beschäftigten des Lizenzgebers können geheime, wesentliche Kenntnisse über einen bestimmten Produktionsprozess besitzen, die sie durch Schulung von Personal an den Lizenznehmer weitergeben. In solchen Fällen reicht es aus, wenn das Know-how in der Vereinbarung allgemein beschrieben wird und die Beschäftigten aufgeführt werden, die an der Weitergabe des Know-hows an den Lizenznehmer mitwirken werden bzw. mitgewirkt haben.

46.

Bestimmungen in Technologietransfer-Vereinbarungen über den Erwerb von Produkten durch den Lizenznehmer fallen nur insoweit unter die TT-GVO, als sie sich unmittelbar auf die Produktion oder den Verkauf der Vertragsprodukte beziehen. Somit gilt die TT-GVO nicht für diejenigen Teile von Technologietransfer-Vereinbarungen, die sich auf Inputs und/oder Ausrüstung beziehen, die für andere Zwecke als die Produktion der Vertragsprodukte verwendet werden. Wird beispielsweise Milch zusammen mit einer Technologielizenz für die Produktion von Käse verkauft, so fällt nur derjenige Anteil der Milch unter die TT-GVO, der für die Herstellung von Käse mit der lizenzierten Technologie verwendet wird.

47.

Bestimmungen in Technologietransfer-Vereinbarungen über die Vergabe von Lizenzen für andere Arten von geistigem Eigentum wie Markenzeichen oder Urheberrechte (mit Ausnahme von Software-Urheberrechten — zu Software-Urheberrechten siehe die Randnummern (44) und (62)) fallen nur insoweit unter die TT-GVO, als sie sich unmittelbar auf die Produktion oder den Verkauf der Vertragsprodukte beziehen. Diese Voraussetzung gewährleistet, dass Bestimmungen über andere Arten von Rechten des geistigen Eigentums nur insoweit freigestellt werden, wie diese anderen Rechte den Lizenznehmer in die Lage versetzen, die lizenzierten Technologierechte besser zu verwerten. Erlaubt beispielsweise ein Lizenzgeber einem Lizenznehmer, sein Markenzeichen bei Produkten zu verwenden, die die lizenzierte Technologie enthalten, so kann diese Markenzeichenlizenz dem Lizenznehmer eine bessere Nutzung der lizenzierten Technologie ermöglichen, da der Verbraucher eine direkte Verbindung zwischen dem Produkt und den Eigenschaften herstellt, die es durch die lizenzierten Technologierechte erhält. Eine Verpflichtung des Lizenznehmers, das Markenzeichen des Lizenzgebers zu verwenden, kann auch die Verbreitung der Technologie fördern, indem der Lizenzgeber die Möglichkeit erhält, sich selbst als derjenige auszuweisen, von dem die zugrundeliegende Technologie stammt. Die TT-GVO ist in diesem Zusammenhang selbst dann auf Technologietransfer-Vereinbarungen anwendbar, wenn die Parteien mehr an der Nutzung des Markenzeichens als an der Nutzung der Technologie interessiert sind (35).

48.

Die TT-GVO gilt, mit Ausnahme von Software-Urheberrechten, nicht für die Lizenzierung von Urheberrechten (außer in der unter Randnummer (47) genannten Situation). Die Kommission wird jedoch bei der Prüfung der Lizenzierung von Urheberrechten für die Produktion von Vertragsprodukten nach Artikel 101 AEUV im Allgemeinen die in der TT-GVO und diesen Leitlinien aufgestellten Grundsätze anwenden.

49.

Bei der Lizenzierung von Verleihrechten und Rechten zur öffentlichen Wiedergabe im Zusammenhang mit dem Urheberrecht, insbesondere bei Filmen oder Musik, stellen sich hingegen ganz spezielle Fragen, so dass es in der Regel nicht angezeigt sein dürfte, solche Vorgänge nach den in diesen Leitlinien dargelegten Grundsätzen zu beurteilen. Bei der Anwendung des Artikels 101 müssen die Besonderheiten des Werks und die Art und Weise, in der es genutzt wird, berücksichtigt werden. (36) Die Kommission wird die TT-GVO und diese Leitlinien daher nicht analog auf die Lizenzierung dieser anderen Rechte anwenden.

50.

Die Kommission wird die in der TT-GVO und in diesen Leitlinien ausgeführten Grundsätze auch nicht auf die Lizenzierung von Markenzeichen ausweiten (außer in der unter Randnummer (47) genannten Situation). Markenzeichenlizenzen werden oft im Zusammenhang mit dem Vertrieb und dem Weiterverkauf von Waren und Dienstleistungen gewährt, so dass die Lizenzvereinbarung eher einer Vertriebsvereinbarung als einer Technologietransfer-Vereinbarung gleicht. Wenn eine Markenzeichenlizenz sich unmittelbar auf die Nutzung, den Verkauf oder den Weiterverkauf von Waren und Dienstleistungen bezieht und nicht den Hauptgegenstand der Vereinbarung darstellt, fällt die Lizenzvereinbarung unter die Verordnung (EU) Nr. 330/2010 (37).

3.2.2   Der Begriff „Transfer“

51.

Der Begriff „Transfer“ bedeutet, dass eine Technologie von einem Unternehmen an ein anderes weitergegeben wird. Solche Transfers erfolgen in der Regel im Rahmen von Lizenzen, mit denen der Lizenzgeber dem Lizenznehmer das Recht einräumt, seine Technologierechte gegen Zahlung von Lizenzgebühren zu nutzen.

52.

Wie in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c der TT-GVO ausgeführt, fällt auch die Übertragung von Technologierechten, bei der das mit der Verwertung der Technologierechte verbundene Risiko zum Teil beim Veräußerer verbleibt, unter den Begriff der Technologietransfer-Vereinbarung. Dies gilt insbesondere dann, wenn die für die Übertragung zu entrichtende Gebühr von dem Umsatz abhängt, den der neue Inhaber des Rechts mit den Produkten erzielt, die er mit der übertragenen Technologie produziert hat, oder aber von der Menge der produzierten Produkte oder der Zahl der unter Nutzung der Technologie durchgeführten Vorgänge.

53.

Auch eine Vereinbarung, mit der sich der Lizenzgeber verpflichtet, seine Technologierechte gegenüber dem Lizenznehmer nicht auszuüben, kann als Transfer von Technologierechten angesehen werden. Eine reine Patentlizenz beinhaltet nämlich im Wesentlichen das Recht, in dem vom ausschließlichen Patentrecht erfassten Bereich tätig zu werden. Hieraus folgt, dass die TT-GVO auch sogenannte Verzichtsvereinbarungen und Streitbeilegungsvereinbarungen umfasst, bei denen der Lizenzgeber dem Lizenznehmer die Produktion in dem vom Patent erfassten Bereich gestattet (38).

3.2.3   Vereinbarungen zwischen zwei Parteien

54.

Nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c der TT-GVO gilt die Verordnung ausschließlich für Technologietransfer-Vereinbarungen „zwischen zwei Unternehmen“. Technologietransfer-Vereinbarungen zwischen mehr als zwei Unternehmen fallen nicht unter die TT-GVO (39). Entscheidend für die Unterscheidung von Vereinbarungen zwischen zwei Unternehmen und Mehrparteien-Vereinbarungen ist, ob die betreffende Vereinbarung von mehr als zwei Unternehmen geschlossen worden ist.

55.

Vereinbarungen, die von zwei Unternehmen geschlossen werden, fallen in den Anwendungsbereich der TT-GVO, auch wenn sie Bedingungen für mehr als eine Handelsstufe enthalten. So gilt die TT-GVO beispielsweise für eine Lizenzvereinbarung, die sich nicht nur auf die Stufe der Herstellung, sondern auch auf die Stufe des Vertriebs bezieht und Verpflichtungen enthält, die der Lizenznehmer den Wiederverkäufern der in Lizenz hergestellten Produkte auferlegen muss oder kann (40).

56.

Bei Vereinbarungen zur Gründung von Technologiepools und der Lizenzvergabe durch Technologiepools handelt es sich in der Regel um Mehrparteien-Vereinbarungen; daher fallen diese nicht unter die TT-GVO (41), Der Begriff „Technologiepool“ bezieht sich auf Vereinbarungen, in denen zwei oder mehr Parteien vereinbaren, ihre Technologien zusammenzulegen und sie als Paket in Lizenz zu vergeben. Ferner umfasst er Vereinbarungen, in denen zwei oder mehr Unternehmen vereinbaren, einer dritten Partei eine Lizenz zu gewähren und ihr zu gestatten, das Technologiepaket weiterzulizenzieren.

57.

Lizenzvereinbarungen zwischen mehr als zwei Unternehmen werfen oft die gleichen Fragen auf wie vergleichbare Lizenzvereinbarungen, an denen nur zwei Unternehmen beteiligt sind. Bei der Einzelprüfung von Lizenzvereinbarungen, die ihrem Gegenstand nach unter die Gruppenfreistellung fallenden Vereinbarungen entsprechen, aber von mehr als zwei Unternehmen geschlossen worden sind, wendet die Kommission die in der TT-GVO dargelegten Grundsätze analog an. Auf Technologiepools und die Lizenzvergabe durch Technologiepools hingegen wird in Abschnitt 4.4 gesondert eingegangen.

3.2.4   Vereinbarungen über die Produktion von Vertragsprodukten

58.

Aus Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c der TT-GVO folgt, dass Lizenzvereinbarungen nur dann unter die TT-GVO fallen, wenn sie „mit dem Ziel der Produktion von Vertragsprodukten“ geschlossen werden, das heißt von Produkten, die die lizenzierte Technologie enthalten oder mit Hilfe der lizenzierten Technologierechte produziert werden. Die Lizenz muss demnach dem Lizenznehmer und/oder seinen Zulieferern erlauben, die lizenzierte Technologie zur Produktion von Waren oder Dienstleistungen zu nutzen (siehe auch Erwägungsgrund 7 der TT-GVO).

59.

Zielt die Vereinbarung hingegen nicht auf die Produktion von Vertragsprodukten, sondern beispielsweise nur darauf ab, die Entwicklung einer konkurrierenden Technologie zu verhindern, so fällt die Lizenzvereinbarung nicht unter die TT-GVO; in diesem Fall sind außerdem diese Leitlinien für die Bewertung der Vereinbarung möglicherweise nicht geeignet. Wenn, allgemeiner ausgedrückt, die Parteien die lizenzierten Technologierechte nicht verwerten, kommt es nicht zu einer Effizienzsteigerung, so dass kein Grund für eine Freistellung vorliegt. Die Verwertung muss allerdings nicht mit einer Zusammenführung von Vermögenswerten einhergehen. Eine Verwertung liegt auch dann vor, wenn die Lizenz dem Lizenznehmer Gestaltungsfreiheit verschafft und es ihm erlaubt, seine eigene Technologie zu verwerten, ohne Verletzungsklagen des Lizenzgebers fürchten zu müssen. Bei Lizenzvereinbarungen zwischen Wettbewerbern kann die Tatsache, dass die Parteien die lizenzierte Technologie nicht nutzen, ein Hinweis darauf sein, dass es sich bei der Vereinbarung um ein verschleiertes Kartell handelt. Die Kommission wird Fälle, in denen Technologierechte nicht verwertet werden, daher sehr genau prüfen.

60.

Die TT-GVO gilt für Lizenzvereinbarungen mit dem Ziel der Produktion von Vertragsprodukten durch den Lizenznehmer und/oder seine Zulieferer. Somit gilt die TT-GVO nicht für (diejenigen Teile von) Technologietransfer-Vereinbarungen, die die Vergabe von Unterlizenzen vorsehen. Die Kommission wird die Grundsätze der TT-GVO und dieser Leitlinien jedoch analog auf Masterlizenz-Vereinbarungen zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer (d. h. Vereinbarungen, mit denen der Lizenzgeber es dem Lizenznehmer gestattet, Unterlizenzen für die Technologie zu vergeben) anwenden. Vereinbarungen zwischen dem Lizenznehmer und Unterlizenznehmern mit dem Ziel der Produktion von Vertragsprodukten fallen unter die TT-GVO.

61.

Der Begriff „Vertragsprodukte“ umfasst die mit den lizenzierten Technologierechten produzierten Waren und Dienstleistungen. Dies gilt sowohl, wenn die lizenzierte Technologie im Produktionsprozess genutzt wird, als auch, wenn sie in das Produkt selbst Eingang findet. In diesen Leitlinien schließt die Bezeichnung „Produkt, das die lizenzierte Technologie enthält“ beide Fälle ein. Die TT-GVO gilt, sofern Technologierechte für die Produktion von Waren und Dienstleistungen lizenziert werden. Die TT-GVO und diese Leitlinien gehen davon aus, dass zwischen den lizenzierten Technologierechten und einem Vertragsprodukt eine unmittelbare Verbindung besteht. Andernfalls, also wenn die Vereinbarung nicht dazu dient, die Produktion eines Vertragsprodukts zu ermöglichen, ist der analytische Rahmen der TT-GVO und dieser Leitlinien möglicherweise nicht anwendbar.

62.

Die Lizenzierung von Software-Urheberrechten für die reine Vervielfältigung und den reinen Vertrieb eines geschützten Werks, das heißt die Erstellung von Kopien für den Weiterverkauf, wird nicht als „Produktion“ im Sinne der TT-GVO angesehen und fällt daher weder unter die TT-GVO noch unter diese Leitlinien. Die Vervielfältigung zum Vertrieb fällt hingegen analog unter die Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission (42) und die Leitlinien für vertikale Beschränkungen (43). Vervielfältigung zum Vertrieb liegt vor, wenn unabhängig vom technischen Vertriebsverfahren eine Lizenz zur Vervielfältigung der Software auf einem Datenträger erteilt wird. So fällt beispielsweise die Lizenzierung von Software-Urheberrechten, bei der der Lizenznehmer eine Stammkopie der Software erhält, damit er die Software vervielfältigen und an Endkunden weiterverkaufen kann, weder unter die TT-GVO noch unter diese Leitlinien. Die TT-GVO und diese Leitlinien gelten auch weder für die Lizenzierung von Software-Urheberrechten und den Vertrieb von Software über sogenannte „Schutzhüllenlizenzen“, bei denen davon ausgegangen wird, dass der Endkunde mit dem Öffnen der Verpackung eine Reihe von Bedingungen, die in der Verpackung eines physischen Datenträgers enthalten sind, automatisch akzeptiert, noch für die Lizenzierung von Software-Urheberrechten und den Vertrieb von Software durch Herunterladen aus dem Internet.

63.

Wenn der Lizenznehmer hingegen die lizenzierte Software in das Vertragsprodukt integriert, handelt es nicht um reine Vervielfältigung, sondern um Produktion. So gelten die TT-GVO und diese Leitlinien beispielsweise für die Lizenzierung von Software-Urheberrechten, bei der der Lizenznehmer das Recht hat, die Software durch Integration in ein Gerät zu vervielfältigen, mit dem die Software interagiert.

64.

Die TT-GVO gilt für Zulieferverträge, mit denen der Lizenzgeber seine Technologierechte an einen Lizenznehmer lizenziert, der sich im Gegenzug verpflichtet, ausschließlich für den Lizenzgeber bestimmte Produkte auf dieser Grundlage herzustellen. Als Zulieferung kann auch die Lieferung von Ausrüstungsgegenständen, die für die Produktion der unter die Vereinbarung fallenden Waren und Dienstleistungen verwendet werden, durch den Lizenzgeber gelten. Diese Art von Zulieferung im Rahmen einer Technologietransfer-Vereinbarung fällt nur dann unter die TT-GVO, wenn die gelieferte Ausrüstung unmittelbar mit der Produktion der Vertragsprodukte verbunden ist. Zulieferverträge sind auch Gegenstand der Bekanntmachung der Kommission über die Beurteilung von Zulieferverträgen (44). Nach dieser Bekanntmachung, die weiterhin anwendbar ist, fallen Zulieferverträge, in denen sich der Zulieferer verpflichtet, bestimmte Produkte ausschließlich für den Auftraggeber herzustellen, grundsätzlich nicht unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV. Auch Zulieferverträge, in denen der Auftraggeber den Transferpreis für das Vertragszwischenprodukt zwischen Zulieferern in einer Zulieferungs-Wertschöpfungskette festsetzt, fallen grundsätzlich nicht unter Artikel 101 Absatz 1, sofern die Vertragsprodukte ausschließlich für den Auftraggeber hergestellt werden. Andere dem Zulieferer auferlegte Beschränkungen wie die Auflage, keine eigene Forschung und Entwicklung zu betreiben, können hingegen unter Artikel 101 fallen (45).

65.

Die TT-GVO gilt auch für Vereinbarungen, nach denen der Lizenznehmer Entwicklungsarbeiten durchführen muss, bevor er ein marktreifes Produkt oder Verfahren erhält, vorausgesetzt, es wurde ein Vertragsprodukt festgelegt. Gegenstand der Vereinbarung ist die Produktion eines bestimmten Vertragsprodukts (das heißt eines Produkts, das mit den lizenzierten Technologierechten hergestellt wird), auch wenn weitere Arbeiten und Investitionen erforderlich sind.

66.

Die TT-GVO und diese Leitlinien gelten nicht für Vereinbarungen, in denen Technologierechte zu dem Zweck lizenziert werden, dem Lizenznehmer die Durchführung weiterer Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in verschiedenen Bereichen zu ermöglichen, einschließlich der Weiterentwicklung eines Produkts, das aus dieser Forschung und Entwicklung hervorgeht (46). Die TT-GVO und diese Leitlinien erfassen beispielsweise nicht die Vergabe einer Lizenz für ein technologisches Forschungsinstrument, das für weitere Forschungsarbeiten eingesetzt werden soll. Ebenso wenig gelten sie für Zulieferverträge im Bereich Forschung und Entwicklung, in denen sich der Lizenznehmer verpflichtet, Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Bereich der lizenzierten Technologie durchzuführen und dem Lizenzgeber die Verbesserungen zu überlassen (47). Hauptziel solcher Vereinbarungen ist die Erbringung von Forschungs- und Entwicklungsleistungen, mit denen die Technologie verbessert wird, im Gegensatz zur Produktion von Waren und Dienstleistungen auf der Grundlage der lizenzierten Technologie.

3.2.5   Geltungsdauer

67.

Die Gruppenfreistellung gilt im Rahmen der Geltungsdauer der TT-GVO, die am 30. April 2026 endet, solange das lizenzierte Eigentumsrecht nicht abgelaufen, erloschen oder für ungültig erklärt worden ist. Im Falle von Know-how gilt die Gruppenfreistellung, solange das lizenzierte Know-how geheim bleibt, es sei denn, das Know-how wird infolge des Verhaltens des Lizenznehmers offenkundig; in diesem Fall gilt die Freistellung für die Dauer der Vereinbarung (siehe Artikel 2 der TT-GVO).

68.

Die Gruppenfreistellung gilt für jedes einzelne im Rahmen der Vereinbarung in Lizenz vergebene Technologierecht; sie gilt nicht mehr, wenn das letzte Technologierecht im Sinne der TT-GVO abläuft bzw. ungültig oder gemeinfrei wird.

3.2.6   Verhältnis zu anderen Gruppenfreistellungsverordnungen

69.

Die TT-GVO gilt für Vereinbarungen zwischen zwei Unternehmen über die Lizenzierung von Technologierechten mit dem Ziel der Produktion von Vertragsprodukten. Technologierechte können jedoch auch unter andere Arten von Vereinbarungen fallen. Zudem werden die Produkte, die lizenzierte Technologie enthalten, anschließend auf den Markt gebracht. Daher ist es notwendig, auf die Schnittstellen zwischen der TT-GVO und der Verordnung (EU) Nr. 1218/2010 der Kommission (48) über Spezialisierungsvereinbarungen, der Verordnung (EU) Nr. 1217/2010 der Kommission (49) über FuE-Vereinbarungen und der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission (50) über vertikale Vereinbarungen einzugehen.

3.2.6.1   Die Gruppenfreistellungsverordnungen für Spezialisierungsvereinbarungen und FuE-Vereinbarungen

70.

Die TT-GVO gilt weder für die Lizenzvergabe im Rahmen von Spezialisierungsvereinbarungen, die unter die Verordnung (EU) Nr. 1218/2010 fallen, noch für die Lizenzvergabe im Rahmen von FuE-Vereinbarungen, die von der Verordnung (EU) Nr. 1217/2010 erfasst werden (siehe Erwägungsgrund 7 und Artikel 9 der TT-GVO).

71.

Nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 1218/2010 über Spezialisierungsvereinbarungen gilt diese Verordnung insbesondere für Vereinbarungen über eine gemeinsame Produktion, in denen sich zwei oder mehr Parteien dazu verpflichten, bestimmte Produkte gemeinsam zu produzieren. Die Verordnung gilt auch für Bestimmungen über die Übertragung oder Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums, sofern diese nicht den eigentlichen Gegenstand der Vereinbarung bilden, aber mit deren Durchführung unmittelbar verbunden und für diese notwendig sind.

72.

Wenn Unternehmen ein gemeinsames Produktionsunternehmen gründen und diesem Gemeinschaftsunternehmen eine Lizenz zur Nutzung einer Technologie erteilen, die für die Produktion der vom Gemeinschaftsunternehmen hergestellten Produkte verwendet wird, fällt die Lizenzvereinbarung unter die Verordnung (EU) Nr. 1218/2010 über Spezialisierungsvereinbarungen und nicht unter die TT-GVO. Dementsprechend wird die Lizenzvergabe im Zusammenhang mit einem gemeinsamen Produktionsunternehmen in der Regel nach der Verordnung (EU) Nr. 1218/2010 geprüft. Gewährt das Gemeinschaftsunternehmen jedoch Dritten eine Lizenz, so ist dies ein Vorgang, der nicht mit der Produktion des Gemeinschaftsunternehmens verbunden ist und daher nicht unter die genannte Verordnung fällt. Solche Lizenzvereinbarungen, die die Technologien der Parteien zusammenführen, stellen Technologiepools dar, auf die in Abschnitt 4.4 dieser Leitlinien eingegangen wird.

73.

Die Verordnung (EU) Nr. 1217/2010 über Forschungs- und Entwicklungsvereinbarungen gilt für Vereinbarungen, die zwei oder mehr Unternehmen treffen, um gemeinsam Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durchzuführen und deren Ergebnisse gemeinsam zu nutzen. Nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe m der Verordnung werden Forschung und Entwicklung sowie die Verwertung der Ergebnisse gemeinsam durchgeführt, wenn die betreffenden Tätigkeiten in einem gemeinsamen Team, einer gemeinsamen Organisation oder einem gemeinsamen Unternehmen, durch einen gemeinsam bestimmten Dritten oder durch die Parteien selbst ausgeübt werden, von denen jede bestimmte Aufgabenbereiche — Forschung, Entwicklung, Produktion oder Vertrieb, einschließlich Lizenzvergabe — übernimmt. Die Verordnung gilt auch für Auftragsforschungs- und -entwicklungsvereinbarungen, in deren Rahmen zwei oder mehr Unternehmen vereinbaren, dass eine Partei Forschungs- und Entwicklungsarbeiten ausführt und die andere die Finanzmittel dafür bereitstellt (mit gemeinsamer Verwertung der Ergebnisse oder ohne) (siehe Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer vi der Verordnung (EU) Nr. 1217/2010).

74.

Daraus folgt, dass die Verordnung (EU) Nr. 1217/2010 über Forschungs- und Entwicklungsvereinbarungen auf die Gewährung von Lizenzen Anwendung findet, die die Parteien einer FuE-Vereinbarung einander oder einer gemeinsamen Einrichtung erteilen. Solche Lizenzvergaben fallen ausschließlich unter die Verordnung (EU) Nr. 1217/2010 und nicht unter die TT-GVO. Im Rahmen einer solchen Vereinbarung können die Parteien auch die Bedingungen für die Lizenzierung der Ergebnisse der FuE-Vereinbarung an Dritte festlegen. Da jedoch dritte Lizenznehmer nicht Vertragspartei der FuE-Vereinbarung sind, fällt eine mit Dritten geschlossene Lizenzvereinbarung nicht unter die Verordnung (EU) Nr. 1217/2010. Eine solche Lizenzvereinbarung fällt unter die Gruppenfreistellung der TT-GVO, wenn sie deren Voraussetzungen erfüllt.

3.2.6.2   Die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen

75.

Die Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission über vertikale Vereinbarungen gilt für Vereinbarungen zwischen zwei oder mehr Unternehmen, von denen jedes zwecks Durchführung der Vereinbarung auf einer unterschiedlichen Produktions- oder Vertriebsstufe tätig ist, und in denen die Bedingungen geregelt sind, zu denen die Parteien bestimmte Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen können. Sie gilt damit auch für Liefer- und Vertriebsvereinbarungen (51).

76.

Da die TT-GVO nur für Vereinbarungen zwischen zwei Parteien gilt und ein Lizenznehmer, der ein Produkt verkauft, das die lizenzierte Technologie enthält, ein Anbieter im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 ist, sind diese beiden Gruppenfreistellungsverordnungen eng miteinander verbunden. Die Vereinbarung zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer unterliegt der TT-GVO, während Vereinbarungen, die zwischen einem Lizenznehmer und Abnehmern der Vertragsprodukte geschlossen werden, unter die Verordnung (EU) Nr. 330/2010 und die Leitlinien für vertikale Beschränkungen fallen (52).

77.

Nach der TT-GVO sind Vereinbarungen zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer auch dann freigestellt, wenn die Vereinbarung Verpflichtungen für den Lizenznehmer im Hinblick auf die Art und Weise vorsieht, in der er die Produkte, die die lizenzierte Technologie enthalten, verkaufen muss. Insbesondere kann der Lizenznehmer verpflichtet werden, eine bestimmte Art von Vertriebssystem — wie Alleinvertrieb oder selektiver Vertrieb — einzurichten. Vertriebsvereinbarungen, die zum Zweck der Umsetzung solcher Verpflichtungen geschlossen werden, können jedoch nur unter eine Gruppenfreistellung fallen, wenn sie mit der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 vereinbar sind. Der Lizenzgeber kann den Lizenznehmer zum Beispiel zur Einrichtung eines Alleinvertriebssystems nach bestimmten Vorgaben verpflichten. Aus Artikel 4 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 folgt jedoch, dass es dem Händler grundsätzlich freistehen muss, passive Verkäufe in den Gebieten anderer Alleinvertriebshändler des Lizenznehmers zu tätigen.

78.

Ferner muss es nach der Verordnung Nr. 330/2010 über vertikale Vereinbarungen dem Händler grundsätzlich freigestellt sein, aktive und passive Verkäufe in Gebieten zu tätigen, die durch die Vertriebssysteme anderer Anbieter, das heißt anderer Lizenznehmer abgedeckt sind, die ihre eigenen Produkte auf der Grundlage der lizenzierten Technologierechte herstellen. Im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 ist jeder Lizenznehmer nämlich ein eigenständiger Anbieter. Die in der genannten Verordnung enthaltenen Gründe für die Gruppenfreistellung von Beschränkungen des aktiven Verkaufs im Rahmen des Vertriebssystems eines Anbieters können jedoch auch gelten, wenn die Produkte, die die lizenzierte Technologie enthalten, von verschiedenen Lizenznehmern unter einer gemeinsamen Marke verkauft werden, die dem Lizenzgeber gehört. Werden die Produkte, die die lizenzierte Technologie enthalten, unter einer gemeinsamen Marke verkauft, so können die Beschränkungen zwischen den Vertriebssystemen der Lizenznehmer mit denselben Effizienzvorteilen begründet werden wie innerhalb eines einzelnen vertikalen Vertriebssystems. In diesen Fällen würde die Kommission Beschränkungen in der Regel nicht beanstanden, wenn die Erfordernisse der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 sinngemäß erfüllt sind. Damit eine gemeinsame Markenidentität gegeben ist, müssen die Produkte unter einer gemeinsamen Marke verkauft und vertrieben werden, der im Hinblick auf die Vermittlung von Qualität und anderen relevanten Informationen an den Verbraucher eine herausragende Bedeutung zukommt. Es genügt nicht, dass das Produkt zusätzlich zu den Marken der Lizenznehmer die Marke des Lizenzgebers trägt, die ihn als Eigentümer der lizenzierten Technologie ausweist.

3.3   Die Marktanteilsschwellen des Safe-Harbour-Bereichs

79.

Nach Artikel 3 der TT-GVO ist die Freistellung wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen von Marktanteilsschwellen abhängig (sogenannter „Safe-Harbour-Bereich“); damit wird der Anwendungsbereich der Gruppenfreistellung auf Vereinbarungen beschränkt, von denen in der Regel angenommen werden kann, dass sie die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV erfüllen, wenngleich sie möglicherweise den Wettbewerb beschränken. Außerhalb des durch die Marktanteilsschwellen begrenzten Safe-Harbour-Bereichs ist eine Einzelfallprüfung erforderlich. Auf den Umstand, dass die Marktanteile die Marktanteilsschwellen übersteigen, lässt sich weder die Vermutung stützen, dass die Vereinbarung unter Artikel 101 Absatz 1 fällt, noch, dass sie die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 nicht erfüllt. Liegen keine Kernbeschränkungen nach Artikel 4 der TT-GVO vor, so ist eine Marktanalyse erforderlich.

Maßgebliche Marktanteilsschwellen

80.

Welche Marktanteilsschwelle für die Freistellung gemäß der TT-GVO anwendbar ist, hängt davon ab, ob die Vereinbarung zwischen Wettbewerbern oder zwischen Nicht-Wettbewerbern geschlossen worden ist.

81.

Die Marktanteilsschwellen gelten sowohl für die relevanten Märkte der lizenzierten Technologierechte als auch für die relevanten Märkte der Vertragsprodukte. Wird die anwendbare Marktanteilsschwelle auf einem oder mehreren Produkt- oder Technologiemärkten überschritten, so ist die Vereinbarung in Bezug auf diese relevanten Märkte nicht freigestellt. Bezieht sich die Lizenzvereinbarung beispielsweise auf zwei separate Produktmärkte, so kann die Freistellung durchaus nur für einen der Märkte gelten.

82.

Gemäß Artikel 3 Absatz 1 der TT-GVO gilt die Freistellung nach Artikel 2 für Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern, sofern der gemeinsame Marktanteil der Parteien auf keinem der relevanten Märkte mehr als 20 % beträgt. Die Marktanteilsschwelle nach Artikel 3 Absatz 1 der TT-GVO ist anwendbar, wenn es sich bei den Parteien um tatsächliche oder potenzielle Wettbewerber auf den Produktmärkten und/oder tatsächliche Wettbewerber auf dem Technologiemarkt handelt (Erläuterungen zur Unterscheidung zwischen Wettbewerbern und Nicht-Wettbewerbern sind den Randnummern (27) ff zu entnehmen).

83.

Der potenzielle Wettbewerb auf dem Technologiemarkt wird weder bei der Anwendung der Marktanteilsschwellen noch bei der Anwendung der Liste der Kernbeschränkungen in Bezug auf Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern berücksichtigt. Außerhalb des Safe-Harbour-Bereichs der TT-GVO wird potenzieller Wettbewerb auf dem Technologiemarkt zwar berücksichtigt, führt aber nicht zur Anwendung der Liste der Kernbeschränkungen für Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern.

84.

Wenn die Unternehmen, die die Lizenzvereinbarung geschlossen haben, keine Wettbewerber sind, ist die Marktanteilsschwelle nach Artikel 3 Absatz 2 der TT-GVO anwendbar. Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern fallen unter die Freistellung, wenn keine der Parteien auf den relevanten Technologie- und Produktmärkten einen Marktanteil von mehr als 30 % innehat.

85.

Werden die Parteien jedoch zu einem späteren Zeitpunkt zu Wettbewerbern im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der TT-GVO, beispielsweise wenn der Lizenznehmer bereits vor der Lizenzerteilung auf dem relevanten Markt vertreten war, auf dem die Vertragsprodukte verkauft werden, und der Lizenzgeber anschließend zu einem tatsächlichen oder potenziellen Anbieter auf demselben relevanten Markt wird, so gilt ab dem Zeitpunkt, an dem sie zu Wettbewerbern werden, die Marktanteilsschwelle von 20 %. In diesem Fall ist jedoch weiterhin die Liste der Kernbeschränkungen für Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern anwendbar, sofern die Vereinbarung nicht später wesentlich geändert wird (siehe Artikel 4 Absatz 3 der TT-GVO und Randnummer (39) dieser Leitlinien).

Berechnung der Marktanteile auf Technologiemärkten im Hinblick auf die Freistellung

86.

Nach der TT-GVO werden die Marktanteile auf den relevanten Märkten, auf denen Technologierechte lizenziert werden, aus den unter Randnummer (87) dieser Leitlinien dargelegten Gründen abweichend von der gängigen Praxis berechnet. Bei Technologiemärkten wird der Marktanteil des Lizenzgebers nach Artikel 8 Buchstabe d der TT-GVO sowohl für die sachliche auch für die räumliche Dimension des relevanten Marktes auf der Grundlage der vom Lizenzgeber und allen seinen Lizenznehmern abgesetzten Produkte ermittelt, die die lizenzierte Technologie enthalten. Dabei wird der mit Vertragsprodukten erzielte Gesamtabsatz des Lizenzgebers und seiner Lizenznehmer als Anteil am Gesamtabsatz mit konkurrierenden Produkten berechnet, unabhängig davon, ob diese konkurrierenden Produkte mit der lizenzierten Technologie hergestellt werden.

87.

Dieser Ansatz der Berechnung des Marktanteils des Lizenzgebers auf dem Technologiemarkt als „Fußabdruck“ auf Produktebene wurde gewählt, weil die Berechnung des Marktanteils anhand der Lizenzeinnahmen praktische Schwierigkeiten mit sich bringt (siehe Randnummer (25)). Abgesehen davon, dass es generell schwierig ist, zuverlässige Angaben über Lizenzeinnahmen zu erhalten, kann die Marktstellung einer Technologie deutlich unterschätzt werden, wenn die Lizenzeinnahmen aufgrund von Cross-Licensing oder der Lieferung gekoppelter Produkte reduziert sind. Wird der Marktanteil des Lizenzgebers auf dem Technologiemarkt hingegen anhand der mit der Technologie hergestellten Produkte im Vergleich zu mit konkurrierenden Technologien gefertigten Produkten ermittelt, so besteht diese Gefahr nicht. Der Fußabdruck auf Produktebene spiegelt die Marktstellung einer Technologie in der Regel angemessen wider.

88.

Bei der Berechnung des Fußabdrucks sollten aber, sofern möglich, Produkte vom Produktmarkt ausgenommen werden, die anhand nur firmenintern genutzter Technologien hergestellt werden, für die keine Lizenz vergeben wurde, weil diese nur firmenintern genutzten Technologien nur eine indirekte Beschränkung für die lizenzierte Technologie darstellen. Da es sich jedoch für Lizenzgeber und Lizenznehmer in der Praxis als schwierig erweisen kann, in Erfahrung zu bringen, ob andere Produkte desselben Produktmarktes mit lizenzierten oder nur firmenintern genutzten Technologien hergestellt werden, wird der Anteil auf dem Technologiemarkt für die Zwecke der TT-GVO anhand des Anteils der mit der lizenzierten Technologie hergestellten Produkte an der Gesamtheit der Produkte des betreffenden Produktmarktes berechnet. Bei diesem Ansatz, der auf den Fußabdruck einer Technologie auf den gesamten Produktmärkten abstellt, ergeben sich in der Regel geringere Marktanteile, weil auch mit nur firmenintern genutzten Technologien hergestellte Produkte berücksichtigt werden; dennoch ermöglicht er im Allgemeinen eine angemessene Beurteilung der Stärke einer Technologie. Erstens wird dabei der potenzielle Wettbewerb von Unternehmen erfasst, die mit ihrer eigenen Technologie produzieren und die im Falle einer geringfügigen, aber dauerhaften Erhöhung der Lizenzgebühren voraussichtlich mit der Lizenzvergabe beginnen werden. Zweitens verfügen Lizenzgeber, selbst wenn andere Technologiebesitzer wahrscheinlich nicht mit einer Lizenzvergabe beginnen, nicht unbedingt über Marktmacht auf dem Technologiemarkt, auch wenn ihr Anteil an den Lizenzeinnahmen hoch ist. Wenn der Wettbewerb auf dem nachgelagerten Produktmarkt funktioniert, kann der Wettbewerb auf dieser Ebene die Lizenzgeber wirksam unter Druck setzen. Eine Erhöhung der Lizenzgebühren auf dem vorgelagerten Markt wirkt sich auf die Kosten des Lizenznehmers aus, so dass seine Wettbewerbsfähigkeit nachlässt und sein Absatz möglicherweise sinkt. Der Anteil einer Technologie am Produktmarkt spiegelt auch diesen Umstand wider und ist daher in der Regel ein guter Indikator für die Marktmacht des Lizenzgebers auf dem Technologiemarkt.

89.

Bei der Beurteilung der Stärke einer Technologie muss auch die räumliche Ausdehnung des Technologiemarktes berücksichtigt werden. Diese kann sich von der räumlichen Ausdehnung des betreffenden nachgelagerten Produktmarktes unterscheiden. Für die Zwecke der Anwendung der TT-GVO wird die räumliche Ausdehnung des relevanten Technologiemarktes auch von den Produktmärkten bestimmt. Außerhalb des Safe-Harbour-Bereichs der TT-GVO kann es jedoch angemessen sein, auch ein möglicherweise größeres räumliches Gebiet in Betracht zu ziehen, in dem Lizenzgeber und Lizenznehmer konkurrierender Technologien in der Lizenzierung dieser Technologien tätig sind, in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und das sich von benachbarten Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen unterscheidet.

90.

Bei neuen Technologien, bei denen es im vorhergehenden Kalenderjahr noch keine Verkäufe gab, wird ein Marktanteil von Null zugrunde gelegt. Mit Beginn der Verkäufe werden den neuen Technologien dann die entsprechenden Marktanteile zugeordnet. Steigt der Marktanteil anschließend über die einschlägige Schwelle von 20 % bzw. 30 %, so gilt die Freistellung im Anschluss an das Jahr, in dem die Schwelle überschritten wurde, noch für zwei aufeinander folgende Kalenderjahre weiter (siehe Artikel 8 Buchstabe e der TT-GVO).

Berechnung der Marktanteile auf Produktmärkten im Hinblick auf die Freistellung

91.

Bei relevanten Märkten, auf denen die Vertragsprodukte verkauft werden, wird der Marktanteil des Lizenznehmers auf der Grundlage der Vertragsprodukte und der konkurrierende Produkte berechnet, die der Lizenznehmer verkauft, das heißt anhand der Gesamtverkäufe des Lizenznehmers auf dem betreffenden Produktmarkt. Bietet der Lizenzgeber ebenfalls Produkte auf dem relevanten Produktmarkt an, so sind auch die Verkäufe des Lizenzgebers auf diesem Markt zu berücksichtigen. Die Verkäufe weiterer Lizenznehmer werden hingegen bei der Berechnung der Marktanteile des Lizenznehmers und/oder des Lizenzgebers auf den Produktmärkten nicht berücksichtigt.

92.

Die Marktanteile sollten anhand des Umsatzes aus dem Vorjahr berechnet werden, sofern solche Daten vorliegen. Diese Daten liefern in der Regel ein genaueres Bild von der Marktstärke der Technologie als Absatzmengen. Liegen keine Angaben über den Umsatz vor, so können auch Schätzungen vorgenommen werden, die auf anderen verlässlichen Marktdaten unter Einschluss der Absatzmengen beruhen.

93.

Die in Abschnitt 3.3 dieser Leitlinien dargelegten Grundsätze können anhand der nachstehend dargelegten Beispiele veranschaulicht werden:

Lizenzvereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern

Beispiel 1

Das Unternehmen A ist auf die Entwicklung von Produkten und Verfahren in der Biotechnologie spezialisiert und hat ein neues Produkt mit der Bezeichnung „Xeran“ entwickelt. A stellt Xeran jedoch nicht her, da es weder über geeignete Produktions- noch über entsprechende Vertriebseinrichtungen verfügt. Das Unternehmen B produziert konkurrierende Produkte mit frei zugänglicher, nicht eigentumsrechtlich geschützter Technologie. Im Jahr 1 erzielt B mit diesen Produkten einen Umsatz von 25 Mio. EUR. Im Jahr 2 vergibt A an B eine Lizenz zur Produktion von Xeran. In diesem Jahr erzielt B einen Umsatz von 15 Mio. EUR mit den auf den frei erhältlichen Technologien beruhenden Produkten und einen Umsatz in gleicher Höhe mit Xeran. Im Jahr 3 und den Folgejahren erzeugt und vertreibt B lediglich Xeran und erzielt damit einen Jahresumsatz von 40 Mio. EUR. Im Jahr 2 vergibt A eine Lizenz an C. C war bis dahin auf diesem Produktmarkt nicht tätig. C produziert und verkauft ausschließlich Xeran und erzielt im Jahr 2 einen Umsatz von 10 Mio. EUR und in den Folgejahren von jeweils 15 Mio. EUR. Der Gesamtmarkt für Xeran und seine Substitute, auf dem B und C tätig sind, weist einen Jahresumsatz von 200 Mio. EUR auf.

Im Jahr 2, in dem die Lizenzvereinbarungen geschlossen werden, beträgt der Anteil von A am Technologiemarkt 0 %, da sein Marktanteil anhand des Gesamtumsatzes mit Xeran im Vorjahr zu berechnen ist. Im Jahr 3 beträgt dieser Marktanteil aufgrund des Umsatzes, den B und C im Vorjahr mit Xeran erzielt haben, 12,5 %. Im Jahr 4 und den Folgejahren beträgt der Anteil von A auf dem Technologiemarkt aufgrund des Umsatzes, den B und C im jeweiligen Vorjahr mit Xeran erzielt haben, 27,5 %.

Im Jahr 2 beträgt der Marktanteil von B auf dem Produktmarkt aufgrund des Umsatzes von 25 Mio. EUR, den B im Jahr 1 erzielt hat, 12,5 %. Im Jahr 3 beträgt der Anteil von B auf dem Produktmarkt 15 %, da sein Umsatz im Jahr 2 auf 30 Mio. EUR gewachsen ist. Im Jahr 4 und danach beträgt der Marktanteil von B 20 %, da sein Jahresumsatz 40 Mio. EUR erreicht hat. Der Marktanteil von C auf dem Produktmarkt liegt in den Jahren 1 und 2 bei 0 %, im Jahr 3 bei 5 % und danach bei 7,5 %.

Da es sich bei den Lizenzvereinbarungen zwischen A und B und zwischen A und C um Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern handelt und der individuelle Marktanteil von A, B und C jedes Jahr unter 30 % liegt, fallen die Vereinbarungen in den Safe-Harbour-Bereich der TT-GVO.

Beispiel 2

Die Situation ist die gleiche wie in Beispiel 1, nur dass B und C jetzt auf unterschiedlichen räumlichen Märkten tätig sind. Der Gesamtmarkt für Xeran und seine Substitute weist in jedem der beiden räumlichen Märkte jedes Jahr einen Umsatz von insgesamt 100 Mio. EUR auf.

In diesem Fall ist der Anteil von A an den relevanten Technologiemärkten auf der Grundlage der Produktverkaufsdaten aus den beiden räumlichen Produktmärkten getrennt zu berechnen. Auf dem Markt, auf dem B aktiv ist, hängt der Marktanteil von A von den Xeran-Verkäufen von B ab. Auf diesem Markt mit einem Jahresumsatz von insgesamt 100 Mio. EUR (die Hälfte des Marktes in Beispiel 1) beträgt der Anteil von A im Jahr 2 0 %, im Jahr 3 15 % und danach 40 %. Im Jahr 2 beträgt der Marktanteil von B 25 %, im Jahr 3 30 % und in den Folgejahren 40 %. In den Jahren 2 und 3 übersteigt weder der Marktanteil von A noch der von B die Schwelle von 30 %. Da die Marktanteilsschwelle jedoch ab dem Jahr 4 überschritten wird, fällt die Lizenzvereinbarung zwischen A und B nach dem Jahr 6 gemäß Artikel 8 Buchstabe e der TT-GVO nicht mehr in den Safe-Harbour-Bereich und muss einzeln geprüft werden.

Auf dem Markt, in dem C aktiv ist, hängt der Marktanteil von A davon ab, wie viel Xeran C verkauft. Der Marktanteil von A auf dem Technologiemarkt beträgt im Jahr 2 ausgehend von den Verkäufen von C im Vorjahr 0 %, im Jahr 3 10 % und danach 15 %. Der Anteil von C am Produktmarkt ist der gleiche: 0 % im Jahr 2, 10 % im Jahr 3 und danach 15 %. Die Lizenzvereinbarung zwischen A und C fällt daher im gesamten Zeitraum in den Safe-Harbour-Bereich der TT-GVO.

Lizenzvereinbarungen zwischen Wettbewerbern

Beispiel 3

Die Unternehmen A und B sind auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt für ein bestimmtes chemisches Produkt tätig. Beide sind Inhaber eines Patents für unterschiedliche Produktionstechnologien, mit denen dieses Produkt hergestellt werden kann. Im Jahr 1 schließen A und B eine Lizenzvereinbarung zur wechselseitigen Nutzung ihrer jeweiligen Technologien (Cross-Licensing). Im Jahr 1 produzieren A und B ausschließlich mit ihrer eigenen Technologie; A erzielt damit einen Umsatz von 15 Mio. EUR, B von 20 Mio. EUR. Ab dem Jahr 2 nutzen beide Unternehmen sowohl ihre eigene Technologie als auch die ihres Konkurrenten. Ab diesem Jahr erzielt A mit beiden Technologien jeweils einen Umsatz von 10 Mio. EUR. B erzielt ab dem Jahr 2 mit seiner eigenen Technologie einen Umsatz von 15 Mio. EUR und mit der Technologie von A einen Umsatz von 10 Mio. EUR. Der Gesamtmarkt für das Produkt und seine Substitute weist einen Jahresumsatz von 100 Mio. EUR auf.

Für die Beurteilung der Lizenzvereinbarung nach der TT-GVO sind die Marktanteile von A und B auf dem Technologie- und auf dem Produktmarkt zu berechnen. Der Anteil von A auf dem Technologiemarkt hängt von dem Umsatz ab, der von A und B mit dem Produkt, soweit es mit der Technologie von A produziert wurde, im jeweiligen Vorjahr erzielt wurde. Im Jahr 2 beträgt der Anteil von A am Technologiemarkt daher 15 %, da A im Jahr 1 mit dem Verkauf seiner eigenen Produktion einen Umsatz von 15 Mio. EUR erzielt hat. Ab dem Jahr 3 beträgt der Anteil von A am Technologiemarkt 20 %, da A und B gemeinsam mit dem mit der Technologie von A produzierten Produkt einen Umsatz von 20 Mio. EUR (jeweils 10 Mio. EUR) erzielt haben. Dementsprechend liegt der Anteil von B am Technologiemarkt im Jahr 2 bei 20 % und danach bei 25 %.

Die Marktanteile von A und B auf dem Produktmarkt hängen von ihrem Vorjahresumsatz mit dem Produkt ab, und zwar unabhängig davon, mit welcher Technologie es hergestellt wurde. Im Jahr 2 beträgt der Anteil von A auf dem Produktmarkt 15 % und danach 20 %. Der Anteil von B auf dem Produktmarkt beträgt im Jahr 2 20 % und danach 25 %.

Da es sich um eine Vereinbarung zwischen Wettbewerbern handelt, muss ihr gemeinsamer Marktanteil sowohl auf dem Technologie- als auch auf dem Produktmarkt unter der Schwelle von 20 % liegen, damit die Vereinbarung in den Safe-Harbour-Bereich der TT-GVO fällt. Dies ist hier eindeutig nicht der Fall. Der gemeinsame Anteil auf dem Technologiemarkt und auf dem Produktmarkt liegt im Jahr 2 bei 35 % und danach bei 45 %. Diese Vereinbarung zwischen Wettbewerbern ist daher einzeln zu prüfen.

3.4   Kernbeschränkungen nach der Gruppenfreistellungsverordnung

3.4.1   Allgemeine Grundsätze

94.

In Artikel 4 der TT-GVO sind schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkungen, die sogenannten Kernbeschränkungen, aufgelistet. Ausschlaggebend für die Einstufung einer Beschränkung als Kernbeschränkung sind das Wesen der Wettbewerbsbeschränkung sowie die Erfahrung, die zeigt, dass solche Beschränkungen fast immer wettbewerbsschädigend sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts der Europäischen Union (53) kann sich eine solche Beschränkung aus dem eindeutigen Ziel der Vereinbarung oder aus den Umständen des Einzelfalls ergeben (siehe Randnummer (14)). Wenn Kernbeschränkungen in Ausnahmefällen für eine Vereinbarung einer bestimmten Art oder Beschaffenheit objektiv notwendig sind (54), fallen sie nicht unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV. Außerdem können Unternehmen in Einzelfällen stets nach Artikel 101 Absatz 3 AEUV Effizienzvorteile geltend machen (55).

95.

Nach Artikel 4 Absätze 1 und 2 der TT-GVO sind Technologietransfer-Vereinbarungen, die eine Kernbeschränkung enthalten, als Ganzes von der Freistellung ausgeschlossen. Kernbeschränkungen können für die Zwecke der TT-GVO nicht vom Rest der Vereinbarung abgetrennt werden. Die Kommission ist überdies der Ansicht, dass bei einer Einzelprüfung in der Regel nicht davon auszugehen ist, dass Kernbeschränkungen die vier Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV erfüllen (siehe Randnummer (18)).

96.

In Artikel 4 der TT-GVO wird zwischen Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern und Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern unterschieden.

3.4.2   Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern

97.

In Artikel 4 Absatz 1 der TT-GVO sind die Kernbeschränkungen bei Lizenzvereinbarungen zwischen Wettbewerbern aufgeführt. Danach gilt die TT-GVO nicht für Vereinbarungen, die unmittelbar oder mittelbar, für sich allein oder in Verbindung mit anderen Umständen, die der Kontrolle der Vertragsparteien unterliegen, Folgendes bezwecken:

a)

die Beschränkung der Möglichkeit einer Partei, den Preis, zu dem sie ihre Produkte an Dritte verkauft, selbst festzusetzen;

b)

die Beschränkung des Outputs mit Ausnahme von Output-Beschränkungen, die dem Lizenznehmer in einer nicht wechselseitigen Vereinbarung oder nur einem Lizenznehmer in einer wechselseitigen Vereinbarung in Bezug auf die Vertragsprodukte auferlegt werden;

c)

die Zuweisung von Märkten oder Kunden mit Ausnahme

i)

der dem Lizenzgeber und/oder dem Lizenznehmer in einer nicht wechselseitigen Vereinbarung auferlegten Verpflichtung, mit den lizenzierten Technologierechten in dem Exklusivgebiet, das der anderen Partei vorbehalten ist, nicht zu produzieren und/oder in das Exklusivgebiet oder an die der anderen Partei vorbehaltene Exklusivkundengruppe nicht aktiv und/oder passiv zu verkaufen;

ii)

der in einer nicht wechselseitigen Vereinbarung dem Lizenznehmer auferlegten Beschränkung des aktiven Verkaufs in das Exklusivgebiet oder an die Exklusivkundengruppe, das bzw. die vom Lizenzgeber einem anderen Lizenznehmer zugewiesen worden ist, sofern es sich bei Letzterem nicht um ein Unternehmen handelt, das zum Zeitpunkt seiner eigenen Lizenzerteilung in Konkurrenz zum Lizenzgeber stand;

iii)

der dem Lizenznehmer auferlegten Verpflichtung, die Vertragsprodukte nur für den Eigenbedarf zu produzieren, sofern er keiner Beschränkung in Bezug auf den aktiven und passiven Verkauf der Vertragsprodukte als Ersatzteile für seine eigenen Produkte unterliegt;

iv)

der dem Lizenznehmer in einer nicht wechselseitigen Vereinbarung auferlegten Verpflichtung, die Vertragsprodukte nur für einen bestimmten Kunden zu produzieren, wenn die Lizenz erteilt worden ist, um diesem Kunden eine alternative Bezugsquelle zu verschaffen;

d)

die Beschränkung der Möglichkeit des Lizenznehmers, seine eigenen Technologierechte zu verwerten, oder die Beschränkung der Möglichkeit der Vertragsparteien, Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durchzuführen, es sei denn, letztere Beschränkungen sind unerlässlich, um die Preisgabe des lizenzierten Know-hows an Dritte zu verhindern.

Unterscheidung zwischen wechselseitigen und nicht wechselseitigen Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern

98.

Bei einer Reihe von Kernbeschränkungen unterscheidet die TT-GVO zwischen wechselseitigen und nicht wechselseitigen Vereinbarungen. An wechselseitige Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern werden strengere Anforderungen gestellt als an nicht wechselseitige Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern. Bei wechselseitigen Vereinbarungen über Technologielizenzen, die konkurrierende Technologien zum Gegenstand haben oder mit denen konkurrierende Produkte hergestellt werden können, findet ein Lizenzaustausch (Cross-Licensing) statt. Bei einer nicht wechselseitigen Vereinbarung erteilt nur eine Partei der anderen eine Lizenz für ihre Technologierechte. Eine nicht wechselseitige Vereinbarung liegt aber auch bei einem Lizenzaustausch vor, wenn die lizenzierten Technologierechte nicht miteinander konkurrieren und sie nicht zur Herstellung von konkurrierenden Produkten genutzt werden können. Eine Vereinbarung gilt für die Zwecke der TT-GVO nicht allein deshalb als wechselseitig, weil sie eine Rücklizenzverpflichtung enthält oder weil der Lizenznehmer dem Lizenzgeber eine Lizenz für seine eigenen Verbesserungen an der lizenzierten Technologie erteilt. Wird eine nicht wechselseitige Vereinbarung später durch die Erteilung einer zweiten Lizenz zu einer wechselseitigen Vereinbarung, so müssen die Parteien gegebenenfalls die Konditionen der ersten Lizenzvergabe abändern, um sicherzustellen, dass die Vereinbarung keine Kernbeschränkung enthält. Bei ihrer wettbewerbsrechtlichen Prüfung berücksichtigt die Kommission, wie viel Zeit zwischen der ersten und der zweiten Lizenzvergabe verstrichen ist.

Preisbeschränkungen zwischen Wettbewerbern

99.

Die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der TT-GVO genannte Kernbeschränkung bezieht sich auf Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern, die die Preisfestsetzung für an Dritte verkaufte Produkte einschließlich Produkten zum Gegenstand haben, die die lizenzierte Technologie enthalten. Die Preisfestsetzung zwischen Wettbewerbern stellt schon durch ihren Gegenstand selbst eine Beschränkung des Wettbewerbs dar. Die Preisfestsetzung kann in Form einer direkten Vereinbarung über den genauen Preis erfolgen, der zu erheben ist, oder in Form einer Preisliste mit bestimmten zulässigen Höchstrabatten. Es ist unerheblich, ob die Vereinbarung Festpreise, Mindestpreise, Höchstpreise oder Preisempfehlungen zum Gegenstand hat. Die Preisfestsetzung kann auch indirekt erfolgen, indem Anreize gesetzt werden, nicht von einem festgelegten Preisniveau abzuweichen. So kann zum Beispiel bestimmt werden, dass die Lizenzgebühren steigen, wenn die Produktpreise unter ein bestimmtes Niveau gesenkt werden. Die Verpflichtung des Lizenznehmers, eine Mindestlizenzgebühr zu zahlen, ist als solche allerdings nicht als Preisfestsetzung zu werten.

100.

Werden Lizenzgebühren auf der Grundlage einzelner Produktverkäufe berechnet, so wirkt sich die Höhe der Lizenzgebühr direkt auf die Grenzkosten des Produkts und damit auf die Produktpreise aus (56). Die Wettbewerber können daher mit Hilfe des Cross-Licensing und wechselseitiger Lizenzgebühren die Preise auf nachgelagerten Produktmärkten abstimmen und/oder erhöhen (57). Die Kommission betrachtet eine solche wechselseitige Lizenzvereinbarung nur dann als Preisfestsetzung, wenn die Vereinbarung keinerlei wettbewerbsfördernden Zweck hat und deshalb keine Bona-fide-Lizenzvereinbarung darstellt. In solchen Fällen, in denen mit der Vereinbarung keinerlei Wertschöpfung verbunden ist, so dass für deren Abschluss kein triftiger wirtschaftlicher Grund besteht, liegt eine nur zum Schein geschlossene Vereinbarung vor, die auf ein Kartell hinausläuft.

101.

Eine Kernbeschränkung nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der TT-GVO liegt auch bei Vereinbarungen vor, bei denen Lizenzgebühren auf der Grundlage aller Produktverkäufe berechnet werden, unabhängig davon, ob die lizenzierte Technologie genutzt wird. Solche Vereinbarungen fallen auch unter Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d, demzufolge der Lizenznehmer nicht in seiner Möglichkeit eingeschränkt werden darf, seine eigenen Technologierechte zu nutzen (siehe Randnummer (116) dieser Leitlinien). Eine solche Vereinbarung beschränkt in der Regel den Wettbewerb, da sie die für den Lizenznehmer aus der Nutzung seiner eigenen, konkurrierenden Technologierechte entstehenden Kosten erhöht und den Wettbewerb einschränkt, der ohne diese Vereinbarung stattgefunden hätte (58). Dies gilt sowohl im Fall wechselseitiger als auch nicht wechselseitiger Vereinbarungen.

102.

In Ausnahmefällen kann jedoch eine Vereinbarung, bei der die Lizenzgebühren auf der Grundlage aller Produktverkäufe berechnet werden, die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV im Einzelfall erfüllen, wenn anhand objektiver Umstände der Schluss gezogen werden kann, dass die Beschränkung für eine wettbewerbsfördernde Lizenzvergabe unerlässlich ist. So könnte es beispielsweise ohne die Beschränkung unmöglich oder unangemessen schwierig sein, die vom Lizenznehmer zu zahlende Lizenzgebühr zu berechnen und zu überwachen, beispielsweise weil die Technologie des Lizenzgebers keine sichtbaren Spuren auf dem Endprodukt hinterlässt und keine praktikablen alternativen Überwachungsmethoden verfügbar sind.

Output-Beschränkungen zwischen Wettbewerbern

103.

Die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der TT-GVO genannte Kernbeschränkung betrifft wechselseitige Output-Beschränkungen der Parteien. Mit einer solchen Beschränkung legen die Parteien fest, wie viel sie produzieren und verkaufen dürfen. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b erstreckt sich weder auf Output-Beschränkungen, die einem Lizenznehmer in einer nicht wechselseitigen Lizenzvereinbarung auferlegt werden, noch auf Output-Beschränkungen für einen der Lizenznehmer in einer wechselseitigen Vereinbarung, sofern die Beschränkung nur für Vertragsprodukte gilt. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b bezeichnet als Kernbeschränkung demnach Output-Beschränkungen, die die Parteien einander auferlegen, sowie Output-Beschränkungen, die dem Lizenzgeber in Bezug auf seine eigene Technologie auferlegt werden. Wenn Wettbewerber wechselseitige Output-Beschränkungen vereinbaren, wird mit der Vereinbarung eine Reduzierung des Outputs bezweckt und aller Wahrscheinlichkeit nach auch bewirkt. Dies ist auch bei Vereinbarungen der Fall, die den Anreiz der Parteien, den Output zu erhöhen, verringern, indem zum Beispiel wechselseitige Lizenzgebühren pro Einheit angewandt werden, die zusammen mit dem Output steigen, oder indem den Parteien Zahlungen an die jeweils andere Partei auferlegt werden, wenn eine bestimmte Output-Menge überschritten wird.

104.

Der günstigeren Behandlung nicht wechselseitiger Mengenbeschränkungen liegt die Überlegung zugrunde, dass eine einseitige Beschränkung nicht zwangsläufig zu einem niedrigeren Output auf dem Markt führen muss. Auch ist die Gefahr, dass es sich nicht um eine Bona-fide-Lizenzvereinbarung handelt, bei nicht wechselseitigen Beschränkungen geringer. Ist ein Lizenznehmer bereit, eine einseitige Beschränkung hinzunehmen, so wird die Vereinbarung wahrscheinlich eine tatsächliche Zusammenführung sich ergänzender Technologien oder einen Effizienzvorteil bewirken, der die Integration der überlegenen Technologie des Lizenzgebers in die Produktionsanlagen des Lizenznehmers fördert. Analog dazu ist eine Output-Beschränkung, die nur einem der Lizenznehmer in einer wechselseitigen Vereinbarung auferlegt wird, aller Wahrscheinlichkeit nach Ausdruck des höheren Werts der von einer der Parteien lizenzierten Technologie und kann dazu beitragen, eine dem Wettbewerb förderliche Lizenzvergabe zu unterstützen.

Zuweisung von Märkten und Kunden zwischen Wettbewerbern

105.

Die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der TT-GVO genannte Kernbeschränkung betrifft die Zuweisung von Märkten und Kunden. Vereinbarungen, mit denen Wettbewerber Märkte und Kunden aufteilen, haben eine Beschränkung des Wettbewerbs zum Gegenstand. Eine Kernbeschränkung liegt vor, wenn sich Wettbewerber in einer wechselseitigen Vereinbarung darauf verständigen, nicht in bestimmten Gebieten zu produzieren oder in bestimmten Gebieten oder an bestimmte Kunden, die der anderen Partei vorbehalten sind, keine aktiven und/oder passiven Verkäufe zu tätigen. Erteilen beispielsweise Wettbewerber einander Exklusivlizenzen, so wird dies als Marktaufteilung eingestuft.

106.

Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c gilt unabhängig davon, ob der Lizenznehmer seine eigenen Technologierechte weiter uneingeschränkt nutzen kann. Denn sobald der Lizenznehmer über die maschinelle Ausrüstung verfügt, um die Technologie des Lizenzgebers für die Produktion eines bestimmten Produkts zu nutzen, kann es kostspielig sein, eine andere Technologie zu verwenden, um Kunden zu bedienen, die unter die Beschränkung fallen. Angesichts des wettbewerbsschädigenden Potenzials der Beschränkung gibt es für den Lizenznehmer überdies wenig Anreiz, mit seiner eigenen Technologie zu produzieren. Bei solchen Beschränkungen ist es sehr unwahrscheinlich, dass sie für eine wettbewerbsfördernde Lizenzvergabe unerlässlich sind.

107.

Nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i liegt keine Kernbeschränkung vor, wenn der Lizenzgeber dem Lizenznehmer in einer nicht wechselseitigen Vereinbarung eine Exklusivlizenz für die Herstellung von Produkten auf der Basis der lizenzierten Technologie in einem bestimmten Gebiet erteilt und damit zusagt, die Vertragsprodukte in diesem Gebiet weder selbst zu produzieren noch aus diesem Gebiet zu liefern. Solche Exklusivlizenzen fallen unabhängig von der Größe des Gebiets unter die Gruppenfreistellung. Gilt die Lizenz weltweit, bedeutet dies, dass der Lizenzgeber darauf verzichtet, in den Markt einzutreten bzw. auf dem Markt zu bleiben. Die Gruppenfreistellung gilt auch dann, wenn in einer nicht wechselseitigen Vereinbarung festgelegt ist, dass der Lizenznehmer in einem Exklusivgebiet, das dem Lizenzgeber vorbehalten ist, nicht produzieren darf. Der Zweck solcher Vereinbarungen kann darin bestehen, dem Lizenzgeber und/oder dem Lizenznehmer einen Anreiz zu bieten, in die lizenzierte Technologie zu investieren und sie weiterzuentwickeln. Zweck der Vereinbarung ist daher nicht unbedingt eine Aufteilung der Märkte.

108.

Aus demselben Grund gilt die Gruppenfreistellung nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i auch für nicht wechselseitige Vereinbarungen, in denen die Parteien übereinkommen, von aktiven oder passiven Verkäufen in das Exklusivgebiet oder an die Exklusivkundengruppe Abstand zu nehmen, das bzw. die der anderen Partei vorbehalten ist. Für die Zwecke der TT-GVO sind die Begriffe der „aktiven“ und „passiven“ Verkäufe gemäß der Definition in den Leitlinien für vertikale Beschränkungen zu verstehen (59). Dem Lizenznehmer oder dem Lizenzgeber auferlegte Beschränkungen des aktiven und/oder passiven Verkaufs im Gebiet oder an die Kundengruppe der jeweiligen Gegenpartei sind nur dann freigestellt, wenn das Gebiet bzw. die Kundengruppe ausschließlich der anderen Partei vorbehalten ist. Unter bestimmten Umständen können Vereinbarungen, die solche Verkaufsbeschränkungen enthalten, in Einzelfällen jedoch die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV auch dann erfüllen, wenn die Ausschließlichkeit ad hoc ausgeweitet wird, beispielsweise um vorübergehenden Produktionsengpässen des Lizenzgebers oder des Lizenznehmers zu begegnen, dem das Gebiet bzw. die Kundengruppe ausschließlich zugewiesen wurde. In solchen Fällen dürfte der Lizenzgeber oder der Lizenznehmer dennoch hinreichend vor aktiven und/oder passiven Verkäufen geschützt sein, um einen Anreiz zu haben, seine Technologie in Lizenz zu vergeben bzw. Investitionen für die Nutzung der lizenzierten Technologie zu tätigen. Solche Beschränkungen schränken also zwar möglicherweise den Wettbewerb ein, sie unterstützen aber auch die wettbewerbsfördernde Verbreitung der Technologie und ihre Integration in die Produktionsanlagen des Lizenznehmers.

109.

Folglich liegt auch keine Kernbeschränkung vor, wenn der Lizenzgeber den Lizenznehmer in einem bestimmten Gebiet zu seinem einzigen Lizenznehmer erklärt und mithin Dritten keine Produktionslizenz für die Technologie des Lizenzgebers in dem betreffenden Gebiet erteilt wird. Im Falle solcher Alleinlizenzen gilt die Gruppenfreistellung unabhängig davon, ob die Vereinbarung wechselseitig ist oder nicht, da die Vereinbarung die Möglichkeit der Parteien, ihre eigenen Technologierechte in den betreffenden Gebieten in vollem Umfang zu nutzen, nicht in Frage stellt.

110.

Nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer ii ist von der Liste der Kernbeschränkungen die dem Lizenznehmer in einer nicht wechselseitigen Vereinbarung auferlegte Beschränkung des aktiven Verkaufs in ein Gebiet oder an eine Kundengruppe ausgenommen, das bzw. die vom Lizenzgeber einem anderen Lizenznehmer zugewiesen worden ist. Das gilt aber nur, wenn der geschützte Lizenznehmer zum Zeitpunkt des Abschlusses der Lizenzvereinbarung kein Wettbewerber des Lizenzgebers war. Es ist grundsätzlich nicht gerechtfertigt, solche Beschränkungen in dieser Situation als Kernbeschränkungen einzustufen. Sie dürften den Lizenznehmer dazu veranlassen, die lizenzierte Technologie effizienter zu nutzen, wenn dem Lizenzgeber erlaubt wird, einen Lizenznehmer, der auf dem Markt noch nicht vertreten war, vor aktiven Verkäufen von Lizenznehmern zu schützen, die als Wettbewerber des Lizenzgebers bereits auf dem Markt etabliert waren. Vereinbaren die Lizenznehmer hingegen untereinander, aktive oder passive Verkäufe in bestimmte Gebiete oder an bestimmte Kundengruppen zu unterlassen, so läuft die Vereinbarung auf ein Kartell unter Lizenznehmern hinaus. Da solch eine Vereinbarung keinerlei Technologietransfer beinhaltet, fällt sie zudem nicht unter die TT-GVO.

111.

Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer iii enthält eine weitere Ausnahme von der Kernbeschränkung nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c, nämlich die Auflage, dass der Lizenznehmer die Vertragsprodukte nur für den Eigenbedarf produzieren darf. Ist das Vertragsprodukt ein Bauteil, so kann der Lizenznehmer daher verpflichtet werden, das Bauteil nur für den Einbau in seine eigenen Produkte herzustellen und nicht an andere Hersteller zu verkaufen. Der Lizenznehmer muss jedoch befugt sein, die Bauteile als Ersatzteile für seine eigenen Produkte zu verkaufen, und muss daher Dritte beliefern können, die Kundendienste für diese Produkte anbieten. Beschränkungen auf den Eigenbedarf können notwendig sein, um die Verbreitung der Technologie zu fördern, insbesondere zwischen Wettbewerbern, und fallen deshalb unter die Gruppenfreistellung. Auf diese Beschränkungen wird in Abschnitt 4.2.5 näher eingegangen.

112.

Nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer iv ist schließlich von der Liste der Kernbeschränkungen die dem Lizenznehmer in einer nicht wechselseitigen Vereinbarung auferlegte Verpflichtung ausgenommen, die Vertragsprodukte nur für einen bestimmten Kunden zu produzieren, um diesem Kunden eine alternative Bezugsquelle zu verschaffen. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer iv ist demnach nur anwendbar, wenn sich die Lizenz darauf beschränkt, einem bestimmten Kunden eine alternative Bezugsquelle zu bieten. Dabei braucht es sich jedoch nicht um eine einzige Lizenz zu handeln. Es können durchaus mehrere Unternehmen eine Lizenz zur Belieferung desselben Kunden erhalten. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer iv gilt unabhängig von der Geltungsdauer der Lizenzvereinbarung. So fällt beispielsweise auch eine einmalige Lizenz zur Erfüllung der Anforderungen eines Projekts eines bestimmten Kunden unter die Ausnahmeregelung. Wird die Lizenz nur zur Belieferung eines bestimmten Kunden erteilt, so sind die Möglichkeiten, mit solchen Vereinbarungen den Markt aufzuteilen, begrenzt. Unter diesen Umständen kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass die Vereinbarung den Lizenznehmer dazu bringen wird, die Verwertung seiner eigenen Technologie einzustellen.

113.

Beschränkungen in Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern, die die Lizenz auf einen oder mehrere Produktmärkte oder technische Anwendungsbereiche begrenzen (60), sind keine Kernbeschränkungen. Solche Beschränkungen sind unabhängig davon, ob es sich um eine wechselseitige Vereinbarung handelt oder nicht, bis in Höhe der Marktanteilsschwelle von 20 % freigestellt. Bei solchen Beschränkungen wird nicht davon ausgegangen, dass sie eine Aufteilung von Märkten oder Kunden bezwecken. Die Gruppenfreistellung greift allerdings nur dann, wenn die Nutzungsbeschränkung nicht über den Einsatzbereich der lizenzierten Technologien hinausgeht. Werden die Lizenznehmer beispielsweise auch hinsichtlich der Einsatzgebiete der Nutzung ihrer eigenen Technologie eingeschränkt, so läuft die Vereinbarung auf eine Marktaufteilung hinaus.

114.

Die Gruppenfreistellung gilt unabhängig davon, ob die Nutzungsbeschränkung symmetrisch oder asymmetrisch ist. Eine Nutzungsbeschränkung in einer wechselseitigen Lizenzvereinbarung ist dann asymmetrisch, wenn die beiden Parteien die ihnen lizenzierten Technologien nicht in demselben Anwendungsbereich nutzen dürfen. Solange die Parteien ihre eigenen Technologien uneingeschränkt nutzen können, wird nicht angenommen, dass die Vereinbarung die Parteien dazu veranlasst, von der (weiteren) Erschließung des bzw. der Anwendungsbereiche abzusehen, die von der Lizenz der anderen Partei erfasst sind. Auch wenn die Lizenznehmer über die maschinelle Ausrüstung verfügen, um die lizenzierte Technologie innerhalb des lizenzierten Anwendungsbereichs zu nutzen, ist nicht gesagt, dass dies Auswirkungen auf die Anlagen hat, die zur Produktion außerhalb der Lizenz eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Beschränkung für verschiedene Produktmärkte, Wirtschaftszweige oder Anwendungsbereiche gilt und nicht für einem Gebiet oder einer Gruppe zugeordnete Kunden, die Produkte erwerben, die zum selben Produktmarkt oder technischen Anwendungsbereich gehören. Im letzteren Fall ist das Risiko, dass es zu einer Marktaufteilung kommt, erheblich höher (siehe Randnummer (106)). Nutzungsbeschränkungen können überdies notwendig sein, um eine dem Wettbewerb förderliche Lizenzvergabe zu unterstützen (siehe Randnummer (212)).

Beschränkung der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten der Vertragsparteien

115.

Die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d genannte Kernbeschränkung gilt für Beschränkungen von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten der Vertragsparteien. Beiden Parteien muss es freistehen, unabhängige Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durchzuführen. Diese Bestimmung gilt unabhängig davon, ob die Beschränkung für einen Bereich gilt, der von der Vereinbarung erfasst ist, oder für andere Bereiche. Der Umstand, dass die Parteien sich verpflichten, einander künftige Verbesserungen ihrer jeweiligen Technologien zukommen zu lassen, läuft jedoch noch nicht auf eine Beschränkung der unabhängigen Forschung und Entwicklung hinaus. Die Auswirkungen solcher Vereinbarungen auf den Wettbewerb müssen von Fall zu Fall geprüft werden. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d erstreckt sich ferner nicht auf Beschränkungen für eine Partei, Forschungs- und Entwicklungsarbeiten mit Dritten durchzuführen, wenn diese Beschränkung erforderlich ist, um das Know-how des Lizenzgebers vor einer Preisgabe zu schützen. Um unter die Ausnahmeregelung zu fallen, müssen die zum Schutz des Know-hows des Lizenzgebers auferlegten Beschränkungen für diesen Schutz notwendig und verhältnismäßig sein. Sind in der Vereinbarung beispielsweise die Mitarbeiter des Lizenznehmers genannt, die im Bereich des lizenzierten Know-how geschult werden und anschließend für die Nutzung des Know-hows verantwortlich sein sollen, so kann es ausreichen, wenn der Lizenznehmer verpflichtet wird, diesen Mitarbeitern die Teilnahme an Forschungs- und Entwicklungsarbeiten mit Dritten zu untersagen. Andere Vorkehrungen können ebenfalls angemessen sein.

Beschränkung der Nutzung eigener Technologien durch den Lizenznehmer

116.

Nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d darf der Lizenznehmer auch nicht in der Nutzung seiner eigenen konkurrierenden Technologierechte eingeschränkt werden, sofern er dabei nicht die lizenzierten Technologierechte nutzt. In Bezug auf seine eigenen Technologierechte darf der Lizenznehmer nicht im Hinblick darauf beschränkt werden, wo er herstellt oder verkauft, innerhalb welcher technischen Anwendungsbereiche oder Produktmärkte er produziert, welche Mengen er herstellt oder verkauft und zu welchem Preis er verkauft. Er darf auch nicht verpflichtet werden, Lizenzgebühren für Produkte zu zahlen, die auf der Grundlage seiner eigenen Technologierechte hergestellt wurden (siehe Randnummer (101)). Überdies darf der Lizenznehmer nicht hinsichtlich der Lizenzierung seiner eigenen Technologierechte an Dritte eingeschränkt werden. Wird der Lizenznehmer in der Nutzung seiner eigenen Technologierechte oder in der Forschung und Entwicklung eingeschränkt, so verringert die Vereinbarung die Wettbewerbsfähigkeit der Technologie des Lizenznehmers. Dadurch wird der Wettbewerb auf bestehenden Produkt- und Technologiemärkten sowie der Anreiz des Lizenznehmers verringert, in die Entwicklung und Verbesserung seiner Technologie zu investieren. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d erstreckt sich nicht auf Situationen, in denen der Lizenznehmer in der Nutzung von mit der lizenzierten Technologie konkurrierenden Technologien Dritter eingeschränkt wird. Wenngleich solche Wettbewerbsverbote den Ausschluss der Technologien Dritter bewirken können (siehe Abschnitt 4.2.7), führen sie in der Regel nicht zu einer Verringerung des Anreizes für den Lizenznehmer, in die Entwicklung und Verbesserung seiner eigenen Technologien zu investieren.

3.4.3   Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern

117.

In Artikel 4 Absatz 2 der TT-GVO sind die Kernbeschränkungen bei Lizenzvereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern aufgeführt. Danach gilt die TT-GVO nicht für Vereinbarungen, die unmittelbar oder mittelbar, für sich allein oder in Verbindung mit anderen Umständen, die der Kontrolle der Vertragsparteien unterliegen, Folgendes bezwecken:

a)

die Beschränkung der Möglichkeit einer Partei, den Preis, zu dem sie ihre Produkte an Dritte verkauft, selbst festzusetzen; dies gilt unbeschadet der Möglichkeit, Höchstverkaufspreise festzusetzen oder Preisempfehlungen auszusprechen, sofern sich diese nicht infolge der Ausübung von Druck oder der Gewährung von Anreizen durch eine der Vertragsparteien tatsächlich wie Fest- oder Mindestverkaufspreise auswirken;

b)

die Beschränkung des Gebiets oder des Kundenkreises, in das bzw. an den der Lizenznehmer Vertragsprodukte passiv verkaufen darf, mit Ausnahme

i)

der Beschränkung des passiven Verkaufs in ein Exklusivgebiet oder an eine Exklusivkundengruppe, das bzw. die dem Lizenzgeber vorbehalten ist;

ii)

der dem Lizenznehmer auferlegten Verpflichtung, die Vertragsprodukte nur für den Eigenbedarf zu produzieren, sofern er keiner Beschränkung in Bezug auf den aktiven und passiven Verkauf der Vertragsprodukte als Ersatzteile für seine eigenen Produkte unterliegt;

iii)

der Verpflichtung, die Vertragsprodukte nur für einen bestimmten Kunden zu produzieren, wenn die Lizenz erteilt worden ist, um diesem Kunden eine alternative Bezugsquelle zu verschaffen;

iv)

der Beschränkung des Verkaufs an Endverbraucher durch Lizenznehmer, die auf der Großhandelsebene tätig sind;

v)

der Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems auferlegten Beschränkung des Verkaufs an nichtzugelassene Händler;

c)

die Beschränkung des aktiven oder passiven Verkaufs an Endverbraucher, sofern diese Beschränkung einem Lizenznehmer auferlegt wird, der einem selektiven Vertriebssystem angehört und auf der Einzelhandelsebene tätig ist; dies gilt unbeschadet der Möglichkeit, Mitgliedern des Systems zu verbieten, Geschäfte von nichtzugelassenen Niederlassungen aus zu betreiben.

Preisfestsetzung

118.

Die in Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a der TT-GVO genannte Kernbeschränkung betrifft die Festsetzung von Verkaufspreisen, die Dritten in Rechnung gestellt werden. Genauer gesagt gilt diese Bestimmung für Beschränkungen, deren unmittelbarer oder mittelbarer Zweck die Festsetzung eines Fest- oder Mindestverkaufspreises oder eines Fest- oder Mindestpreisniveaus ist, das der Lizenzgeber oder der Lizenznehmer beim Verkauf von Produkten an Dritte einhalten muss. Bei Vereinbarungen, in denen der Verkaufspreis unmittelbar festgelegt wird, ist die Beschränkung offensichtlich. Die Festsetzung von Verkaufspreisen kann jedoch auch auf indirektem Wege erreicht werden. Beispiele dafür sind Vereinbarungen, in denen Preisspannen oder Rabatthöchstgrenzen festgelegt werden oder der Verkaufspreis an die Verkaufspreise der Wettbewerber gekoppelt wird, ferner Drohungen, Einschüchterungen, Warnungen, Sanktionen oder Vertragskündigungen in Verbindung mit der Einhaltung eines vorgegebenen Preisniveaus. Direkte oder indirekte Mittel zur Preisfestsetzung sind noch effizienter, wenn sie mit Maßnahmen zur Ermittlung von Preisunterbietungen kombiniert werden, z. B. durch Einführung eines Preisüberwachungssystems oder die Verpflichtung von Lizenznehmern, über Preisabweichungen zu berichten. Analog dazu lässt sich die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung von Preisen in Verbindung mit Maßnahmen effektiver gestalten, die dem Lizenznehmer weniger Anreize zur Senkung des Weiterverkaufspreises geben, wenn er also z. B. zur Anwendung einer Meistbegünstigungsklausel gegenüber Kunden verpflichtet wird, so dass er günstigere Bedingungen, die er einem Kunden gewährt hat, auch den übrigen Kunden einräumen muss. Dieselben Mittel können eingesetzt werden, um aus Höchstpreisen oder Preisempfehlungen Fest- oder Mindestverkaufspreise zu machen. Übergibt der Lizenzgeber dem Lizenznehmer eine Liste mit Preisempfehlungen oder schreibt er ihm einen Höchstpreis vor, so ist hieraus allein nicht auf die Festsetzung eines Festpreises oder Mindestverkaufspreises zu schließen.

Beschränkung passiver Verkäufe des Lizenznehmers

119.

Die in Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b genannten Kernbeschränkungen betreffen Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die unmittelbar oder mittelbar bezwecken, den passiven Verkauf (61) von Produkten, die die lizenzierte Technologie enthalten, durch Lizenznehmer einzuschränken (62). Dem Lizenznehmer auferlegte Beschränkungen des passiven Verkaufs können das Ergebnis direkter Verpflichtungen sein, wie der Verpflichtung, nicht an einen bestimmten Kunden oder nicht an Kunden in bestimmten Gebieten zu verkaufen, oder der Verpflichtung, Bestellungen dieser Kunden an andere Lizenznehmer weiterzuleiten. Sie können auch das Ergebnis indirekter Maßnahmen sein, mit denen der Lizenznehmer dazu veranlasst werden soll, von solchen Verkäufen Abstand zu nehmen, wie etwa finanzielle Anreize oder die Einrichtung eines Überwachungssystems zur Überprüfung des tatsächlichen Bestimmungsortes der lizenzierten Produkte. Mit Mengenbeschränkungen können auf indirektem Wege ebenfalls passive Verkäufe eingeschränkt werden. Allerdings wird die Kommission nicht davon ausgehen, dass Mengenbeschränkungen bereits als solche diesem Zweck dienen. Wenn Mengenbeschränkungen allerdings genutzt werden, um eine zugrundeliegende Marktaufteilungsvereinbarung umzusetzen, wird die Kommission dies hingegen sehr wohl annehmen. Hinweise darauf sind die Anpassung der Mengen im Laufe der Zeit, um lediglich eine lokale Nachfrage zu decken, eine Kombination aus Mengenbeschränkung und der Auflage, im Vertragsgebiet eine bestimmte Mindestmenge abzusetzen, Mindestlizenzgebühren, die vom Absatz im betreffenden Gebiet abhängig sind, gestaffelte Lizenzgebühren entsprechend dem Bestimmungsort der Produkte und die Überwachung des Bestimmungsortes der Produkte, die von den einzelnen Lizenznehmern verkauft werden. Es gibt jedoch eine Reihe wichtiger Ausnahmen von dieser allgemeinen Kernbeschränkung der passiven Verkäufe von Lizenznehmern, auf die in den Randnummern (120) bis (125) eingegangen wird.

120.

Ausnahme 1: Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b gilt nicht für (aktive oder passive) Verkaufsbeschränkungen, die dem Lizenzgeber auferlegt werden. Solche Verkaufsbeschränkungen fallen bis zur Marktanteilsschwelle von 30 % unter die Gruppenfreistellung. Gleiches gilt für sämtliche Beschränkungen des aktiven Verkaufs der Lizenznehmer, mit Ausnahme der Ausführungen zum aktiven Verkauf unter Randnummer (125). Die Gruppenfreistellung für Beschränkungen des aktiven Verkaufs gründet auf der Annahme, dass solche Beschränkungen Investitionen sowie den nicht über den Preis ausgetragenen Wettbewerb fördern und die Qualität der Dienstleistungen verbessern, indem sie Trittbrettfahrer ausschließen und Sperrprobleme lösen. Bei Beschränkungen des aktiven Verkaufs zwischen den Gebieten und Kundengruppen der Lizenznehmer kommt es nicht darauf an, dass dem geschützten Lizenznehmer ein ausschließliches Gebiet oder eine ausschließliche Kundengruppe überlassen wurde. Die Gruppenfreistellung gilt auch für Beschränkungen des aktiven Verkaufs, wenn ein Gebiet oder eine Kundengruppe mehr als einem Lizenznehmer zugewiesen wurde. Effizienzsteigernde Investitionen sind dann zu erwarten, wenn der Lizenznehmer sicher sein kann, dass er dem Wettbewerb nur durch den aktiven Verkauf einer begrenzten Anzahl von Lizenznehmern innerhalb des Gebiets ausgesetzt ist und nicht dem Wettbewerb von Lizenznehmern außerhalb des Gebiets.

121.

Ausnahme 2: Beschränkungen des aktiven und passiven Verkaufs durch Lizenznehmer in ein Exklusivgebiet oder an eine Exklusivkundengruppe, das bzw. die dem Lizenzgeber vorbehalten ist, stellen keine Kernbeschränkungen dar (siehe Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i) und sind freigestellt. Es wird davon ausgegangen, dass solche Beschränkungen bis zur Marktanteilsschwelle zwar möglicherweise den Wettbewerb einschränken, aber die wettbewerbsfördernde Verbreitung der Technologie und die Integration dieser Technologie in die Produktionsanlagen des Lizenznehmers fördern. Der Lizenzgeber muss nicht mit der lizenzierten Technologie im Vertragsgebiet oder für die betreffende Kundengruppe produzieren, damit das Gebiet oder die Kundengruppe als dem Lizenzgeber vorbehalten angesehen werden kann. Der Lizenzgeber kann sich ein Gebiet oder eine Kundengruppe auch für eine spätere Nutzung vorbehalten.

122.

Ausnahme 3: Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer ii stellt die Verpflichtung des Lizenznehmers frei, Produkte, die die lizenzierte Technologie enthalten, nur für den Eigenbedarf herzustellen. Ist das Vertragsprodukt ein Bauteil, so kann der Lizenznehmer daher verpflichtet werden, das Produkt nur für den Einbau in seine eigenen Produkte zu nutzen und nicht an andere Hersteller zu verkaufen. Der Lizenznehmer muss jedoch in der Lage sein, das Produkt als Ersatzteil für seine eigenen Produkte aktiv und passiv zu verkaufen und es an Dritte, die Kundendienste für diese Produkte anbieten, zu liefern. Auf Beschränkungen auf den Eigenbedarf wird in Abschnitt 4.2.5 näher eingegangen.

123.

Ausnahme 4: Ebenso wie bei Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern (siehe Randnummer (112)) gilt die Gruppenfreistellung auch für Vereinbarungen, die den Lizenznehmer verpflichten, die Vertragsprodukte nur für einen bestimmten Kunden zu produzieren, um diesem Kunden eine alternative Bezugsquelle zu verschaffen, und zwar unabhängig von der Geltungsdauer der Lizenzvereinbarung (vgl. Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer iii). Handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen Nicht-Wettbewerbern, so ist es unwahrscheinlich, dass solche Beschränkungen unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen.

124.

Ausnahme 5: Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer iv sieht vor, dass der Lizenzgeber einem auf der Großhandelsebene tätigen Lizenznehmer vorschreiben darf, nicht an Endverbraucher, sondern nur an Einzelhändler zu verkaufen. Mit dieser Auflage kann der Lizenzgeber dem Lizenznehmer eine Großhandelsvertriebsfunktion zuweisen; sie fällt in der Regel nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 101 Absatz 1 AEUV (63).

125.

Ausnahme 6: Nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer v darf dem Lizenznehmer außerdem untersagt werden, an nichtzugelassene Händler zu verkaufen. Damit kann der Lizenzgeber den Lizenznehmer verpflichten, sich einem selektiven Vertriebssystem anzuschließen. In diesem Fall müssen die Lizenznehmer allerdings gemäß Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe c aktive und passive Verkäufe an Endverbraucher tätigen können, unbeschadet der Möglichkeit, einen Lizenznehmer nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer iv auf eine Großhandelsfunktion zu beschränken (siehe Randnummer (124)). In einem Gebiet, in dem der Lizenzgeber ein selektives Vertriebssystem betreibt, darf dieses System nicht mit Exklusivgebieten oder Exklusivkundengruppen kombiniert werden, wenn dies eine Beschränkung des aktiven oder passiven Verkaufs an Endverbraucher bewirken würde, da dies zu einer Kernbeschränkung im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 Buchstabe c führen würde; dies gilt unbeschadet der Möglichkeit, Lizenznehmern zu verbieten, Geschäfte von nichtzugelassenen Niederlassungen aus zu betreiben.

126.

Beschränkungen des passiven Verkaufs durch Lizenznehmer in einem Exklusivgebiet oder an eine Exklusivkundengruppe, das bzw. die einem anderen Lizenznehmer vorbehalten ist, stellen zwar in der Regel eine Kernbeschränkung dar, sie können aber für eine gewisse Zeit von Artikel 101 Absatz 1 AEUV ausgenommen werden, wenn die Beschränkungen objektiv notwendig sind, damit der geschützte Lizenznehmer in einen neuen Markt eintreten kann. Das kann der Fall sein, wenn Lizenznehmer umfangreiche Investitionen in Produktionsanlagen und Werbung auf sich nehmen müssen, um einen neuen Markt zu erschließen und zu entwickeln. Der neue Lizenznehmer trägt daher erhebliche Risiken, insbesondere weil Ausgaben für Werbung und Investitionen in die Anlagen, die erforderlich sind, um auf der Grundlage einer bestimmten Technologie zu produzieren, häufig verloren gehen; das bedeutet, dass der Lizenznehmer die investierten Mittel nicht für andere Tätigkeiten nutzen oder ohne bedeutende Verluste verkaufen kann, wenn er aus einem Tätigkeitsbereich ausscheidet. Der Lizenznehmer kann beispielsweise der erste sein, der eine neue Art von Produkt herstellt und verkauft oder eine neue Technologie einsetzt. Unter solchen Umständen würden Lizenznehmer die Lizenzvereinbarung ohne einen befristeten Schutz vor passiven (und aktiven) Verkäufen anderer Lizenznehmer in ihrem Vertragsgebiet oder an ihre Kundengruppen in vielen Fällen nicht schließen. Wenn der Lizenznehmer umfangreiche Investitionen tätigen muss, um einen neuen Markt zu erschließen und zu entwickeln, fallen Beschränkungen der passiven Verkäufe anderer Lizenznehmer in solch einem Gebiet bzw. an solch eine Kundengruppe so lange nicht unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV, bis sich die Investitionen des Lizenznehmers amortisiert haben. In der Regel dürfte dies nach einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem das Vertragsprodukt von dem betreffenden Lizenznehmer im Exklusivgebiet zum ersten Mal in Verkehr gebracht bzw. an seine Exklusivkundengruppe verkauft wurde, der Fall sein. In Einzelfällen kann es jedoch angemessen sein, einen längeren Schutzzeitraum für die Amortisierung der dem Lizenznehmer angefallenen Kosten vorzusehen.

127.

Analog dazu ist ein Verbot für alle Lizenznehmer, bestimmte Endverbraucher zu beliefern, unter Umständen nicht als Wettbewerbsbeschränkung zu werten, wenn die Beschränkung aufgrund der Gefährlichkeit des betreffenden Produkts aus Gründen der Sicherheit oder Gesundheit objektiv notwendig ist.

3.5   Nichtfreigestellte Beschränkungen

128.

In Artikel 5 der TT-GVO sind drei Arten von Beschränkungen aufgeführt, die von der Gruppenfreistellung ausgenommen sind und deshalb eine Einzelprüfung hinsichtlich ihrer wettbewerbsschädigenden und wettbewerbsfördernden Auswirkungen erfordern. Artikel 5 zielt darauf ab, eine Gruppenfreistellung von Vereinbarungen zu verhindern, die Innovationsanreize verringern können. Aus Artikel 5 folgt, dass die Aufnahme einer der dort genannten Beschränkungen in die Lizenzvereinbarung der Anwendung der TT-GVO auf den übrigen Teil der Vereinbarung nicht entgegensteht, wenn sich die Beschränkungen vom übrigen Teil der Vereinbarung trennen lassen. In diesen Fällen fällt lediglich die fragliche Beschränkung nicht unter die Gruppenfreistellung und erfordert somit eine Einzelbeurteilung.

Ausschließliche Rücklizenzen

129.

Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der TT-GVO betrifft ausschließliche Rücklizenzen (durch die Verbesserungen des Lizenznehmers ausschließlich an den Lizenzgeber zurücklizenziert werden) bzw. die Verpflichtung, dem Lizenzgeber Verbesserungen der lizenzierten Technologie zu übertragen. Eine Verpflichtung, dem Lizenzgeber eine Exklusivlizenz für Verbesserungen der lizenzierten Technologie zu erteilen oder ihm diese Verbesserungen zu übertragen, wird aller Wahrscheinlichkeit nach die Anreize für den Lizenznehmer, Neuerungen einzuführen, verringern, da sie den Lizenznehmer daran hindert, die Verbesserungen, auch im Wege der Lizenzvergabe an Dritte, zu verwerten. Eine ausschließliche Rücklizenz hindert nämlich den Lizenznehmer (der die Innovation hervorgebracht hat und in diesem Fall der Lizenzgeber der Verbesserung ist) daran, die Verbesserung (entweder in seiner eigenen Produktion oder durch Lizenzvergabe an Dritte) zu verwerten. Dies ist sowohl der Fall, wenn die Verbesserung dieselbe Anwendung wie die lizenzierte Technologie betrifft, als auch, wenn der Lizenznehmer neue Anwendungen für die lizenzierte Technologie entwickelt. Solche Verpflichtungen fallen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a nicht unter die Gruppenfreistellung.

130.

Die Anwendung des Artikels 5 Absatz 1 Buchstabe a der TT-GVO hängt nicht davon ab, ob der Lizenzgeber eine Vergütung als Gegenleistung für die Übertragung der Verbesserung oder für eine Exklusivlizenz zahlt. Der Umstand, dass solche Vergütungen geleistet wurden, sowie deren Höhe können allerdings bei einer Einzelbeurteilung nach Artikel 101 AEUV von Bedeutung sein. Werden Rücklizenzen gegen Entgelt gewährt, so ist es weniger wahrscheinlich, dass die Verpflichtung den Innovationsanreiz für den Lizenznehmer verringert. Bei der Beurteilung ausschließlicher Rücklizenzen außerhalb des Anwendungsbereichs der Gruppenfreistellung ist auch die Marktstellung des Lizenzgebers auf dem Technologiemarkt ein maßgeblicher Faktor. Je stärker die Stellung des Lizenzgebers ist, desto eher haben ausschließliche Rücklizenz-Verpflichtungen eine einschränkende Wirkung auf den Innovationswettbewerb. Je stärker die Stellung der Technologie des Lizenzgebers ist, desto wichtiger ist es, dass der Lizenznehmer eine wichtige Quelle für Innovation und künftigen Wettbewerb werden kann. Die negativen Auswirkungen von Rücklizenz-Verpflichtungen können sich auch im Falle paralleler Netze von Lizenzvereinbarungen verstärken, die solche Verpflichtungen enthalten. Werden verfügbare Technologien von einer kleinen Zahl von Lizenzgebern kontrolliert, die den Lizenznehmern ausschließliche Rücklizenz-Verpflichtungen auferlegen, so ist die Gefahr einer wettbewerbsschädigenden Wirkung größer, als wenn es eine Reihe von Technologien gibt, von denen nur einige mit der Auflage ausschließlicher Rücklizenzen lizenziert werden.

131.

Nichtausschließliche Rücklizenz-Verpflichtungen fallen in den Safe-Harbour-Bereich der TT-GVO. Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine nicht wechselseitige Verpflichtung handelt, das heißt wenn sie nur für den Lizenznehmer gilt, und wenn der Lizenzgeber im Rahmen der Vereinbarung berechtigt ist, die Verbesserungen an andere Lizenznehmer weiterzugeben. Eine nicht wechselseitige Rücklizenz-Verpflichtung kann die Verbreitung neuer Technologien insofern fördern, als es dem Lizenzgeber überlassen bleibt, ob und in welchem Umfang er seine eigenen Verbesserungen an seine Lizenznehmer weitergibt. Auch eine „Feed-on“-Klausel kann die Verbreitung von Technologie fördern, insbesondere wenn jeder Lizenznehmer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses weiß, dass er den anderen Lizenznehmern im Hinblick auf die Technologie, auf deren Grundlage er produziert, gleichgestellt sein wird.

132.

Nichtausschließliche Rücklizenz-Verpflichtungen können die Innovationstätigkeit insbesondere im Fall von Cross-Licensing zwischen Wettbewerbern beeinträchtigen, wenn eine Rücklizenz-Verpflichtung beider Parteien mit der beiden Parteien auferlegten Verpflichtung kombiniert ist, Verbesserungen ihrer eigenen Technologie mit der jeweils anderen Partei zu teilen. Das Teilen aller Verbesserungen kann beide Wettbewerber daran hindern, sich einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber dem anderen zu verschaffen (siehe auch Randnummer (241)). Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass die Parteien von einem Wettbewerbsvorsprung abgehalten werden, wenn die Lizenz darauf abzielt, ihnen die Entwicklung ihrer Technologien zu ermöglichen, und wenn sie die Parteien nicht dazu veranlasst, ihre Produkte auf derselben technologischen Grundlage zu gestalten. Dies ist dann der Fall, wenn das Ziel der Lizenz darin besteht, die Gestaltungsfreiheit zu gewährleisten, statt die technologische Grundlage des Lizenznehmers zu verbessern.

Nichtangriffs- und Kündigungsklauseln

133.

Die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der TT-GVO genannte nichtfreigestellte Beschränkung betrifft Nichtangriffsklauseln, das heißt die unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung, die Gültigkeit des geistigen Eigentums des Lizenzgebers nicht anzufechten, unbeschadet der Möglichkeit, bei einer Exklusivlizenz die Beendigung der Technologietransfer-Vereinbarung durch den Lizenzgeber für den Fall vorzusehen, dass der Lizenznehmer die Gültigkeit eines oder mehrerer der lizenzierten Technologierechte anficht.

134.

Für Nichtangriffsklauseln gilt die Gruppenfreistellung nicht, da die Lizenznehmer in der Regel am besten beurteilen können, ob ein Recht des geistigen Eigentums gültig ist oder nicht. Im Interesse eines unverfälschten Wettbewerbs und im Einklang mit den Grundsätzen, die dem Schutz des geistigen Eigentums zugrunde liegen, sollten ungültige Rechte des geistigen Eigentums aufgehoben werden. Ungültige Rechte des geistigen Eigentums verhindern eher die Innovationstätigkeit, anstatt sie zu fördern. Artikel 101 Absatz 1 AEUV gilt in der Regel für Nichtangriffsklauseln, wenn die lizenzierte Technologie wertvoll ist und somit ein Wettbewerbsnachteil für die Unternehmen entsteht, die an ihrer Nutzung gehindert werden oder die sie nur gegen Zahlung von Lizenzgebühren nutzen können. In diesen Fällen sind die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 in der Regel nicht erfüllt. Bezieht sich die lizenzierte Technologie jedoch auf ein technisch überholtes Verfahren, von dem der Lizenznehmer keinen Gebrauch macht, oder wird die Lizenz kostenlos erteilt, so liegt keine Wettbewerbsbeschränkung vor (64). Zu Nichtangriffsklauseln in Streitbeilegungsvereinbarungen siehe die Randnummern (242) und (243).

135.

Eine Bestimmung, die den Lizenznehmer verpflichtet, das Eigentum an Technologierechten nicht anzufechten, stellt in der Regel keine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des Artikels 101 Absatz 1 AEUV dar. Unabhängig davon, ob die Technologierechte im Eigentum des Lizenzgebers stehen, ist die Nutzung der Technologie durch den Lizenznehmer und andere Parteien an die Gewährung einer Lizenz gebunden, so dass der Wettbewerb dadurch in der Regel nicht berührt würde (65).

136.

Nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der TT-GVO fällt auch das Recht des Lizenzgebers, im Falle nichtausschließlicher Lizenzen die Vereinbarung zu kündigen, wenn der Lizenznehmer die Gültigkeit eines Rechts des geistigen Eigentums anficht, über das der Lizenzgeber in der Europäischen Union verfügt, nicht in den freigestellten Safe-Harbour-Bereich. Ein solches Kündigungsrecht kann dieselbe Wirkung wie eine Nichtangriffsklausel haben, insbesondere wenn die Abkehr von der Technologie des Lizenzgebers für den Lizenznehmer einen erheblichen Verlust bedeuten würde (beispielsweise wenn der Lizenznehmer bereits in bestimmte Maschinen oder Werkzeuge investiert hat, die nicht für die Produktion mit einer anderen Technologie verwendet werden können) oder wenn die Technologie des Lizenzgebers ein notwendiges Input für die Produktion des Lizenznehmers ist. Bei standardessenziellen Patenten etwa muss ein Lizenznehmer, der ein standardgerechtes Produkt herstellt, alle Patente nutzen, die im Standard enthalten sind. In einem solchen Fall kann die Anfechtung der Gültigkeit der betreffenden Patente zu erheblichen Verlusten führen, wenn die Technologietransfer-Vereinbarung beendet wird. Auch wenn die Technologie des Lizenzgebers nicht standardessenziell ist, aber eine herausragende Marktstellung innehat, wird der Lizenznehmer möglicherweise dadurch von einer Anfechtung abgehalten, dass es schwierig ist, eine geeignete Alternativtechnologie zu finden, für die er eine Lizenz erwerben könnte. In einer solchen Situation müsste von Fall zu Fall beurteilt werden, ob dem Lizenznehmer Gewinne in erheblicher Höhe entgehen würden, die einen wichtigen Grund bilden könnten, von einer Anfechtung abzusehen.

137.

In den unter Randnummer (136) beschriebenen Situationen wird der Lizenznehmer möglicherweise davon abgehalten, die Gültigkeit der Rechte des geistigen Eigentums anzufechten, da sonst die Gefahr bestünde, dass die Lizenzvereinbarung gekündigt wird, und er somit Risiken ausgesetzt ist, die seine Lizenzgebühren bei weitem übersteigen. In anderen Situationen stehen Kündigungsklauseln jedoch einer Anfechtung in vielen Fällen nicht erheblich entgegen und haben daher nicht die gleiche Wirkung wie Nichtangriffsklauseln.

138.

Das öffentliche Interesse, für den Lizenzgeber die Anreize zur Lizenzvergabe dadurch zu erhöhen, dass er nicht verpflichtet ist, mit einem Lizenznehmer, der den Kerngegenstand der Lizenzvereinbarung anficht, weiter Geschäfte zu tätigen, muss gegen das öffentliche Interesse abgewogen werden, dass Wirtschaftshindernisse beseitigt werden, die unter Umständen aus fälschlich erteilten Rechten des geistigen Eigentums erwachsen (66). Bei dieser Abwägung sollte berücksichtigt werden, ob der Lizenznehmer all seine aus der Vereinbarung erwachsenden Verpflichtungen zum Zeitpunkt der Anfechtung erfüllt, insbesondere die Verpflichtung zur Entrichtung der vereinbarten Lizenzgebühren.

139.

Bei Exklusivlizenzen ist die Wahrscheinlichkeit in der Regel insgesamt geringer, dass Kündigungsklauseln wettbewerbsschädigende Wirkungen haben. Nach Erteilung der Lizenz kann sich der Lizenzgeber selbst in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis befinden, da der Lizenznehmer seine einzige Einnahmequelle in Bezug auf die lizenzierten Technologierechte ist, wenn die Lizenzgebühren von der Produktion mit den lizenzierten Technologierechten abhängen, was oftmals eine effiziente Möglichkeit zur Strukturierung der Lizenzgebühren ist. In diesem Szenario könnten die Anreize zur Innovation und zur Lizenzvergabe beispielsweise beeinträchtigt werden, wenn der Lizenzgeber an eine Vereinbarung mit einem ausschließlichen Lizenznehmer gebunden ist, der kaum noch Anstrengungen unternimmt, das Produkt, das mit den lizenzierten Technologierechten produziert wird bzw. werden soll, weiterzuentwickeln, zu produzieren oder zu vermarkten (67). Deshalb stellt die TT-GVO Kündigungsklauseln in Exklusivlizenz-Vereinbarungen frei, sofern auch die anderen Freistellungsvoraussetzungen wie die Einhaltung der Marktanteilsschwelle erfüllt sind. Außerhalb des freigestellten Bereichs muss eine Einzelfallprüfung durchgeführt werden, bei der die verschiedenen Interessen berücksichtigt werden (siehe Randnummer (138)).

140.

Ferner werden Nichtangriffs- und Kündigungsklauseln in Bezug auf Know-how von der Kommission weniger kritisch beurteilt, weil es unmöglich oder zumindest sehr schwierig sein dürfte, einmal preisgegebenes lizenziertes Know-how wieder zurückzuerlangen. Eine dem Lizenznehmer auferlegte Verpflichtung, das lizenzierte Know-how nicht anzufechten, fördert in diesem Fall die Verbreitung neuer Technologie insbesondere deshalb, weil schwächere Lizenzgeber auf diese Weise stärkeren Lizenznehmern eine Lizenz erteilen können, ohne fürchten zu müssen, dass ihr Know-how angefochten wird, sobald der Lizenznehmer es sich zu eigen gemacht hat. Deshalb sind Nichtangriffs- und Kündigungsklauseln, die sich ausschließlich auf Know-how beziehen, nicht vom Anwendungsbereich der TT-GVO ausgenommen.

Dem Lizenznehmer (durch einen Nicht-Wettbewerber) auferlegte Beschränkungen der Nutzung oder Entwicklung seiner eigenen Technologie

141.

Handelt es sich bei den Vertragsparteien nicht um konkurrierende Unternehmen, so gilt die Freistellung nach Artikel 5 Absatz 2 nicht für unmittelbare oder mittelbare Verpflichtungen, die die Möglichkeit des Lizenznehmers, seine eigenen Technologierechte zu verwerten, oder die Möglichkeit der Vertragsparteien, Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durchzuführen, beschränken, es sei denn, eine derartige Beschränkung ist unerlässlich, um die Preisgabe des lizenzierten Know-hows an Dritte zu verhindern. Inhaltlich handelt es sich um die gleiche Beschränkung wie die als Kernbeschränkung eingestufte Beschränkung in Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d, die unter den Randnummern (115) und (116) dieser Leitlinien erläutert wird. Bei Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern kann jedoch nicht angenommen werden, dass sich solche Beschränkungen generell negativ auf den Wettbewerb auswirken oder dass die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV in der Regel nicht erfüllt sind (68). Hier bedarf es einer individuellen Prüfung.

142.

Bei Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern verfügt der Lizenznehmer normalerweise nicht über eine konkurrierende Technologie. Es kann jedoch vorkommen, dass die Parteien in Bezug auf die Gruppenfreistellung als Nicht-Wettbewerber betrachtet werden, obwohl der Lizenznehmer über eine konkurrierende Technologie verfügt. Das ist dann der Fall, wenn der Lizenznehmer seine Technologie nicht in Lizenz vergibt und der Lizenzgeber kein tatsächlicher oder potenzieller Wettbewerber auf dem Produktmarkt ist. Im Hinblick auf die Freistellung gelten die Parteien unter diesen Umständen nicht als Wettbewerber — weder auf dem Technologiemarkt noch auf dem nachgelagerten Produktmarkt (69). In diesen Fällen muss sichergestellt werden, dass der Lizenznehmer nicht in seinen Möglichkeiten zur Verwertung und Weiterentwicklung seiner eigenen Technologie eingeschränkt wird, da von dieser Technologie ein Wettbewerbsdruck ausgeht, der erhalten werden sollte. Unter diesen Umständen werden Nutzungsbeschränkungen für die Technologierechte des Lizenznehmers oder Beschränkungen für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in der Regel als Wettbewerbsbeschränkung angesehen, die die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV nicht erfüllt. Werden die Lizenzgebühren nicht nur auf Vertragsprodukte erhoben, sondern auch auf Produkte, die der Lizenznehmer mit seiner eigenen Technologie produziert, so wird der Lizenznehmer hierdurch in der Regel in der Verwertung seiner eigenen Technologie eingeschränkt; solche Klauseln fallen daher nicht unter die Gruppenfreistellung.

143.

Besitzt oder entwickelt der Lizenznehmer keine konkurrierende Technologie, so kann eine Einschränkung der Möglichkeiten der Parteien, unabhängige Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durchzuführen, wettbewerbsbeschränkend wirken, wenn nur wenige Technologien am Markt vorhanden sind. Die Parteien können in diesem Fall eine wichtige (potenzielle) Innovationsquelle darstellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie über die notwendigen Einrichtungen und Fähigkeiten für weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten verfügen. In diesem Fall sind die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV in der Regel nicht erfüllt. In anderen Fällen, in denen mehrere Technologien vorhanden sind und die Parteien nicht über besondere Einrichtungen oder Fähigkeiten verfügen, ist anzunehmen, dass die FuE-Beschränkung entweder nicht unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fällt, weil sie den Wettbewerb nicht spürbar einschränkt, oder die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllt. Durch die Beschränkung kann die Verbreitung neuer Technologien gefördert werden, weil der Lizenzgeber einerseits sicher sein kann, dass er sich mit seiner Lizenz keinen neuen Wettbewerber heranzieht, und der Lizenznehmer andererseits dazu angehalten wird, sich auf die Nutzung und Weiterentwicklung der lizenzierten Technologie zu konzentrieren. Artikel 101 Absatz 1 AEUV findet zudem nur dann Anwendung, wenn die Vereinbarung den Anreiz für den Lizenznehmer verringert, seine eigene Technologie zu verbessern und zu verwerten. Das ist in der Regel nicht der Fall, wenn der Lizenzgeber das Recht hat, die Lizenzvereinbarung zu kündigen, sobald der Lizenznehmer die Produktion auf der Grundlage seiner eigenen konkurrierenden Technologie aufnimmt. Ein solches Recht verringert nicht den Innovationsanreiz für den Lizenznehmer, da die Vereinbarung nur gekündigt werden kann, wenn eine wirtschaftlich rentable Technologie entwickelt worden ist und die auf dieser Grundlage hergestellten Produkte marktreif sind.

3.6   Entzug des Rechtsvorteils der Freistellung und Nichtanwendung der Gruppenfreistellungsverordnung

3.6.1   Entzug der Freistellung

144.

Nach Artikel 6 der TT-GVO können die Kommission und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten Einzelvereinbarungen, die (unter Berücksichtigung tatsächlicher wie potenzieller Wirkungen) wahrscheinlich wettbewerbsschädigende Wirkungen haben und die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV nicht erfüllen, den Rechtsvorteil der Gruppenfreistellung entziehen. Die Befugnis der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten, den Rechtsvorteil der Gruppenfreistellung zu entziehen, beschränkt sich auf Fälle, in denen der räumlich relevante Markt nicht größer ist als das Hoheitsgebiet des jeweiligen Mitgliedstaats.

145.

Die vier Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 gelten kumulativ und müssen alle erfüllt sein, damit eine Vereinbarung freigestellt werden kann (70). Die Gruppenfreistellung kann daher entzogen werden, wenn eine Vereinbarung eine oder mehrere der vier Voraussetzungen nicht erfüllt.

146.

Wird das Entzugsverfahren angewandt, so liegt die Beweislast bei der entziehenden Behörde, die nachweisen muss, dass die Vereinbarung in den Anwendungsbereich des Artikels 101 Absatz 1 AEUV fällt und nicht allen vier Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 genügt. Da der Entzug bedeutet, dass die betreffende Vereinbarung den Wettbewerb im Sinne des Artikels 101 Absatz 1 beschränkt und Artikel 101 Absatz 3 nicht anwendbar ist, hat dies zwangsläufig einen Negativbeschluss nach Artikel 5, 7 oder 9 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 zur Folge.

147.

Nach Artikel 6 der TT-GVO kann ein Entzug insbesondere angezeigt sein, wenn

a)

der Zugang von Technologien Dritter zum Markt beschränkt wird, beispielsweise durch die kumulative Wirkung paralleler Netze gleichartiger beschränkender Vereinbarungen, die den Lizenznehmern die Nutzung von Technologien Dritter untersagen;

b)

der Zugang potenzieller Lizenznehmer zum Markt beschränkt wird, beispielsweise durch die kumulative Wirkung paralleler Netze gleichartiger beschränkender Vereinbarungen, die Lizenzgeber von der Erteilung von Lizenzen an andere Lizenznehmer abhalten, oder weil der einzige Eigentümer einer Technologie, der für relevante Technologierechte eine Lizenz vergibt, einem Lizenznehmer eine Exklusivlizenz erteilt, der bereits mit substituierbaren Technologierechten auf dem betreffenden Produktmarkt tätig ist. Die Technologierechte können nur dann als relevant eingestuft werden, wenn sie technisch und wirtschaftlich substituierbar sind, so dass der Lizenznehmer auf dem betreffenden Produktmarkt tätig sein kann.

148.

Die Artikel 4 und 5 der TT-GVO, in denen die Kernbeschränkungen und weitere nichtfreigestellte Beschränkungen aufgeführt sind, sollen sicherstellen, dass freigestellte Vereinbarungen den Innovationsanreiz nicht verringern, die Verbreitung von Technologien nicht verzögern und den Wettbewerb zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer bzw. zwischen Lizenznehmern nicht unangemessen einschränken. In der Liste der Kernbeschränkungen und der Liste der nichtfreigestellten Beschränkungen sind jedoch nicht alle möglichen Auswirkungen von Lizenzvereinbarungen berücksichtigt. Insbesondere trägt die Gruppenfreistellung nicht der kumulativen Wirkung gleichartiger Beschränkungen Rechnung, die in Netzen von Lizenzvereinbarungen enthalten sind. Lizenzvereinbarungen können zum Ausschluss Dritter führen, und zwar sowohl auf Ebene der Lizenzgeber als auch auf Ebene der Lizenznehmer. Der Ausschluss anderer Lizenzgeber kann auf die kumulative Wirkung von Netzen von Lizenzvereinbarungen zurückzuführen sein, die den Lizenznehmern die Nutzung konkurrierender Technologien untersagen, was zum Ausschluss anderer (potenzieller) Lizenzgeber führen kann. Mit einem Ausschluss von Lizenzgebern ist zu rechnen, wenn die überwiegende Mehrheit der Unternehmen auf dem Markt, die (effektiv) eine konkurrierende Lizenz erwerben könnten, dies infolge einschränkender Vereinbarungen nicht tun können, und wenn potenzielle Lizenznehmer relativ hohe Marktzutrittsschranken überwinden müssen. Der Ausschluss anderer Lizenznehmer kann durch die kumulative Wirkung von Lizenzvereinbarungen entstehen, die Lizenzgebern die Erteilung von Lizenzen an andere Lizenznehmer untersagen und die somit verhindern, dass potenzielle Lizenznehmer Zugang zur notwendigen Technologie erhalten. Auf die Frage des Ausschlusses wird in den Abschnitten 4.2.2 und 4.2.7 näher eingegangen. Darüber hinaus wird die Kommission in der Regel die Freistellung entziehen, wenn eine erhebliche Zahl von Lizenzgebern, die konkurrierende Technologien lizenzieren, ihre Lizenznehmer in Einzelvereinbarungen verpflichten, ihnen die anderen Lizenzgebern eingeräumten günstigeren Konditionen zu gewähren.

3.6.2   Nichtanwendung der Gruppenfreistellungsverordnung

149.

Auf der Grundlage des Artikels 7 der TT-GVO kann die Kommission parallele Netze gleichartiger Vereinbarungen im Wege einer Verordnung aus dem Anwendungsbereich der TT-GVO ausschließen, wenn diese mehr als 50 % eines relevanten Marktes erfassen. Eine solche Maßnahme richtet sich nicht an einzelne Unternehmen, sondern betrifft sämtliche Unternehmen, deren Vereinbarungen in der Verordnung zur Erklärung der Nichtanwendbarkeit der TT-GVO definiert sind.

150.

Während der Entzug des Rechtsvorteils der TT-GVO durch die Kommission nach Artikel 6 den Erlass eines Beschlusses nach Artikel 7 oder 9 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 erfordert, bewirkt eine Kommissionsverordnung nach Artikel 7 der TT-GVO zur Erklärung der Nichtanwendbarkeit der TT-GVO lediglich, dass der Rechtsvorteil der TT-GVO in Bezug auf die betreffenden Beschränkungen und Märkte aufgehoben und die volle Anwendbarkeit des Artikels 101 Absätze 1 und 3 AEUV wiederhergestellt wird. Nach dem Erlass einer Verordnung zur Erklärung der Nichtanwendbarkeit der TT-GVO in einem konkreten Markt auf Vereinbarungen, die bestimmte Beschränkungen enthalten, sind für die Anwendung des Artikel 101 AEUV auf individuelle Vereinbarungen die durch die einschlägige Rechtsprechung der Unionsgerichte sowie durch die Bekanntmachungen bzw. Mitteilungen und bisherige Beschlusspraxis der Kommission entwickelten Kriterien maßgebend. Gegebenenfalls wird die Kommission einen Einzelfallbeschluss erlassen, der allen Unternehmen in dem betreffenden Markt als Orientierung dienen kann.

151.

Bei der Berechnung der Marktabdeckungsquote von 50 % muss jedes einzelne Netz aus Lizenzvereinbarungen berücksichtigt werden, das Beschränkungen oder Kombinationen von Beschränkungen mit ähnlichen Wirkungen für den Markt enthält.

152.

Artikel 7 der TT-GVO bedeutet nicht, dass die Kommission eingreifen muss, wenn die Quote von 50 % überschritten wird. Der Erlass einer Verordnung nach Artikel 7 ist grundsätzlich angemessen, wenn zu erwarten ist, dass der Zugang zu oder der Wettbewerb in dem relevanten Markt spürbar beschränkt wird. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Anwendung des Artikels 7 notwendig ist, wird die Kommission abwägen, ob der Entzug der Freistellung im Einzelfall ein angemesseneres Mittel wäre. Dies kann insbesondere von der Anzahl der konkurrierenden Unternehmen abhängen, die zu einer kumulativen Wirkung in einem Markt beitragen, oder von der Anzahl der betroffenen räumlichen Märkte innerhalb der Union.

153.

Jede Verordnung nach Artikel 7, die erlassen wird, muss einen klaren Anwendungsbereich haben. Dies bedeutet erstens, dass die Kommission den sachlich und räumlich relevanten Markt (bzw. die Märkte) abgrenzen muss, und zweitens, dass sie die Art der Beschränkung bei der Lizenzvergabe ermitteln muss, auf welche die TT-GVO keine Anwendung mehr findet. In Bezug auf den zweiten Aspekt kann sie den Anwendungsbereich der Verordnung auf das Wettbewerbsproblem abstimmen, das sie damit beheben möchte. Beispielsweise werden, wenn es um die Ermittlung der 50 %-Quote geht, zwar alle parallelen Netze von Vereinbarungen berücksichtigt, die Wettbewerbsverbote enthalten, doch kann die Kommission den Anwendungsbereich ihrer Verordnung auf Wettbewerbsverbote beschränken, die eine gewisse Geltungsdauer überschreiten. Damit könnten Vereinbarungen von kürzerer Dauer oder weniger beschränkende Vereinbarungen aufgrund der mit ihnen verbundenen geringeren Ausschlusswirkung unberücksichtigt bleiben. Gegebenenfalls kann die Kommission auch das Marktanteilsniveau angeben, bis zu dem in einem konkreten Marktumfeld davon ausgegangen werden kann, dass ein einzelnes Unternehmen nicht erheblich zur kumulativen Wirkung beiträgt. Liegt der Marktanteil der Produkte, die eine lizenzierte Technologie eines einzelnen Lizenzgebers enthalten, nicht über 5 %, so ist in der Regel davon auszugehen, dass die Vereinbarung oder das Netz von Vereinbarungen, das diese Technologie zum Gegenstand hat, nicht wesentlich zu einer kumulativen Ausschlusswirkung beiträgt (71).

154.

Der Übergangszeitraum von mindestens sechs Monaten, den die Kommission nach Artikel 7 Absatz 2 festlegen muss, dürfte es den betroffenen Unternehmen ermöglichen, ihre Vereinbarungen nach Maßgabe der Verordnung zur Erklärung der Nichtanwendbarkeit der TT-GVO anzupassen.

155.

Die Freistellung der betreffenden Vereinbarungen bleibt unberührt, solange die Verordnung zur Erklärung der Nichtanwendbarkeit der TT-GVO nicht in Kraft getreten ist.

4.   ANWENDUNG DES ARTIKELS 101 ABSÄTZE 1 UND 3 AEUV AUSSERHALB DER TT-GVO

4.1   Der allgemeine Untersuchungsrahmen

156.

Vereinbarungen, die nicht unter die Gruppenfreistellungsverordnung fallen, etwa weil die Marktanteilsschwellen überschritten sind oder die Vereinbarung zwischen mehr als zwei Parteien geschlossen wurde, unterliegen einer Einzelprüfung. Vereinbarungen, die den Wettbewerb im Sinne des Artikels 101 Absatz 1 AEUV nicht beschränken oder die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllen, sind gültig und durchsetzbar. Es sei daran erinnert, dass bei Vereinbarungen, die nicht unter die Gruppenfreistellungsverordnung fallen, keine Rechtswidrigkeit angenommen wird, solange sie keine Kernbeschränkungen enthalten. Insbesondere wird die Anwendbarkeit des Artikels 101 Absatz 1 nicht bereits deshalb unterstellt, weil die Marktanteilsschwellen überschritten sind. Hier bedarf es stets einer Einzelprüfung auf der Grundlage der in diesen Leitlinien aufgestellten Grundsätze.

Safe-Harbour-Bereich bei Vorliegen ausreichender von unabhängigen Dritten kontrollierter Technologien

157.

Zur Erhöhung der Rechtssicherheit über die Anwendung der TT-GVO hinaus und um eine eingehende Prüfung auf die Fälle zu beschränken, bei denen anzunehmen ist, dass sie konkrete Wettbewerbsprobleme aufwerfen, vertritt die Kommission den Standpunkt, dass ein Verstoß gegen Artikel 101 AEUV außerhalb der sogenannten Kernbeschränkungen unwahrscheinlich ist, wenn es neben den von den Vertragsparteien kontrollierten Technologien vier oder mehr von unabhängigen Dritten kontrollierte Technologien gibt, die zu für den Nutzer vergleichbaren Kosten anstelle der lizenzierten Technologie eingesetzt werden können. Bei der Beurteilung, ob die Technologien als ausreichende Substitute angesehen werden können, muss die relative Marktstärke der betreffenden Technologien berücksichtigt werden. Von einer Technologie geht ein nur geringer Wettbewerbsdruck aus, wenn sie keine wirtschaftliche Alternative zu der lizenzierten Technologie darstellt. Wenn beispielsweise infolge von Netzeffekten im Markt Verbraucher eine deutliche Präferenz für Produkte haben, die die lizenzierte Technologie enthalten, sind andere auf dem Markt verfügbare Technologien oder Technologien, mit deren Markteintritt in absehbarer Zeit zu rechnen ist, möglicherweise keine echte Alternative, so dass von ihnen nur ein geringer Wettbewerbsdruck ausgehen kann.

158.

Der Umstand, dass eine Vereinbarung nicht unter den unter Randnummer (157) beschriebenen Safe-Harbour-Bereich fällt, besagt noch nicht, dass sie unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fällt oder dass, falls sie unter Artikel 101 Absatz 1 fällt, die Freistellungsvoraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 nicht erfüllt sind. Was die Freistellung nach Maßgabe der Marktanteilsschwellen in der TT-GVO anbelangt, so begründet die Einhaltung dieser Schwellenwerte lediglich eine Vermutung, dass die Vereinbarung nicht nach Artikel 101 verboten ist. Oberhalb dieser Marktanteilsschwellen muss die Vereinbarung anhand der in diesen Leitlinien dargelegten Grundsätze geprüft werden.

4.1.1   Die maßgeblichen Faktoren

159.

Bei der Anwendung des Artikels 101 AEUV auf einzelne Vereinbarungen muss genau geprüft werden, wie der Wettbewerb auf dem fraglichen Markt funktioniert. Hierfür sind vor allem folgende Faktoren von Bedeutung:

a)

die Art der Vereinbarung,

b)

die Marktstellung der Parteien,

c)

die Marktstellung der Wettbewerber,

d)

die Marktstellung der Abnehmer auf den relevanten Märkten,

e)

Marktzutrittsschranken und

f)

der Reifegrad des Marktes.

160.

Das Gewicht der einzelnen Faktoren kann von Fall zu Fall schwanken und hängt von allen übrigen Faktoren ab. Während beispielsweise ein hoher Marktanteil der Vertragsparteien in der Regel ein guter Indikator für Marktmacht ist, muss ein hoher Anteil bei Märkten mit niedrigen Zutrittsschranken nicht unbedingt auf Marktmacht hindeuten. Deshalb ist es nicht möglich, feste Regeln für das Gewicht der einzelnen Faktoren aufzustellen.

161.

Technologietransfer-Vereinbarungen können vielfältige Form und Gestalt annehmen. Deshalb ist es wichtig, die Art der Vereinbarung hinsichtlich der Wettbewerbsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien und der enthaltenen Beschränkungen zu analysieren. Dabei darf die Prüfung nicht auf den Wortlaut der Vereinbarung beschränkt bleiben. Das Vorliegen impliziter Beschränkungen kann etwa daraus abgeleitet werden, wie die Vereinbarung von den Vertragsparteien umgesetzt wird und welche Anreize sie ihnen bietet.

162.

Die Marktstellung der Parteien, einschließlich aller Unternehmen, die de facto oder de jure von den Parteien kontrolliert werden, bietet einen Hinweis auf den Grad der Marktmacht des Lizenzgebers, des Lizenznehmers oder beider Parteien. Je höher der Marktanteil einer Partei ist, umso größer dürfte ihre Marktmacht sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Marktanteil Kostenvorteile oder sonstige Wettbewerbsvorteile gegenüber Wettbewerbern mit sich bringt. Solche Wettbewerbsvorteile können sich zum Beispiel für den Erstanbieter auf dem Markt ergeben, oder für den, der essenzielle Patente innehat oder überlegene Technologien besitzt. Die Marktanteile bilden jedoch nur einen der Parameter für die Bewertung der Marktstellungen. Insbesondere bei Technologiemärkten sind die Marktanteile unter Umständen nicht in allen Fällen ein guter Indikator für die relative Stärke der jeweiligen Technologie und die Marktanteilszahlen können bei Anwendung verschiedener Berechnungsmethoden sehr unterschiedlich ausfallen.

163.

Die Marktanteile und die möglichen Wettbewerbsvorteile und -nachteile werden auch für die Bewertung der Marktstellung der Wettbewerber herangezogen. Je stärker und zahlreicher die tatsächlichen Wettbewerber sind, umso geringer ist das Risiko, dass die Parteien in der Lage sind, einzeln Marktmacht auszuüben. Dagegen kann auf einem Markt, in dem die Konkurrenz aus verhältnismäßig wenigen Unternehmen besteht, die in Bezug auf Größe, Kostenaufwand, Fuge-Potenzial usw. etwa gleich stark sind, ein höheres Abspracherisiko bestehen.

164.

Die Marktstellung der Abnehmer bietet einen Hinweis darauf, ob ein oder mehrere Abnehmer über Nachfragemacht verfügen. Der erste Indikator für Nachfragemacht ist der Marktanteil des Abnehmers auf dem Beschaffungsmarkt. Dieser Anteil spiegelt die Bedeutung seiner Nachfrage für mögliche Anbieter wider. Andere Indikatoren beziehen sich insbesondere auf die Stellung des Abnehmers auf dem nachgelagerten Markt und auf Merkmale wie etwa eine breite geografische Streuung seiner Verkaufsstätten oder sein Markenimage bei den Endverbrauchern. Unter bestimmten Umständen kann die Nachfragemacht Lizenzgeber und/oder Lizenznehmer daran hindern, Marktmacht auszuüben, und damit einem Wettbewerbsproblem vorbeugen, das andernfalls aufgetreten wäre. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn starke Abnehmer die Möglichkeit und den Anreiz haben, im Falle einer geringfügigen, aber dauerhaften Erhöhung der relativen Preise neue Versorgungsquellen auf dem Markt zu erschließen. Wenn ein nachfragestarker Abnehmer lediglich günstige Lieferbedingungen aushandelt oder Preissteigerungen an seine Kunden weitergibt, verhindert seine Position nicht die Ausübung der Marktmacht durch den Lizenzgeber oder Lizenznehmer auf dem Produktmarkt und trägt somit auch nicht zur Vermeidung des Wettbewerbsproblems auf diesem Markt bei (72).

165.

Marktzutrittsschranken werden daran gemessen, inwieweit etablierte Unternehmen ihren Preis über das Marktpreisniveau hinaus anheben können, ohne den Einstieg neuer Anbieter in den Markt herbeizuführen. Ohne Marktzutrittsschranken würden solche Preissteigerungen und die damit verbundenen Gewinne durch den leicht und rasch möglichen Marktzutritt anderer Unternehmen zunichte gemacht. Die Zutrittsschranken können in der Regel als niedrig eingestuft werden, wenn innerhalb von ein bis zwei Jahren mit einem erfolgreichen Markteinstieg zu rechnen ist.

166.

Marktzutrittsschranken können sich aus einer Vielzahl von Faktoren ergeben, z. B. aus Größen- oder Verbundvorteilen, staatlichen Vorschriften (vor allem in Bezug auf die Festlegung ausschließlicher Rechte), staatlichen Beihilfen, Einfuhrzöllen, Rechten des geistigen Eigentums, Eigentum an Ressourcen, bei denen das Angebot aufgrund natürlicher Gegebenheiten knapp ist, wesentlichen Einrichtungen, Erstanbietervorteilen oder aus durch langfristige massive Werbung erwirkte Markentreue der Verbraucher. Beschränkende Vereinbarungen, die Unternehmen eingegangen sind, können insofern als Zutrittshindernis wirken, als sie den Marktzutritt erschweren und (potenzielle) Wettbewerber ausschließen. Zutrittsschranken kann es in allen Phasen der Forschung und Entwicklung, der Produktion und des Vertriebs geben. Die Frage, ob der eine oder andere Faktor als Zutrittsschranke einzustufen ist, hängt insbesondere davon ab, ob damit verlorene Kosten verbunden sind. Hierbei handelt es sich um Kosten, die ein Unternehmen tragen muss, um in einen Markt einzutreten oder dort tätig zu sein, die aber verloren sind, wenn das Unternehmen aus dem Markt austritt. Je höher diese Kosten sind, desto sorgfältiger müssen potenzielle neue Anbieter die mit dem Marktzutritt verbundenen Risiken abwägen und umso glaubwürdiger können die auf dem Markt etablierten Unternehmen damit drohen, dass sie mit den Konditionen neuer Wettbewerber gleichziehen werden, da für sie ein Marktaustritt wegen der verlorenen Kosten eine kostspielige Angelegenheit wäre. Ganz allgemein ist jeder Marktzutritt mit verlorenen Kosten verbunden, die jedoch unterschiedlich hoch ausfallen können. Deshalb wird bei der wettbewerbsrechtlichen Prüfung der tatsächliche Wettbewerb in der Regel als wirksamer und gewichtiger eingestuft als potenzieller Wettbewerb.

167.

Auf einem reifen Markt, das heißt einem Markt, der bereits seit einiger Zeit besteht, auf dem die verwendete Technologie bekannt und weit verbreitet ist und im Wesentlichen unverändert bleibt und auf dem die Nachfrage relativ stabil ist oder sinkt, sind negative Auswirkungen von Wettbewerbsbeschränkungen wahrscheinlicher als auf dynamischeren Märkten.

168.

Bei der Beurteilung einzelner Beschränkungen müssen gegebenenfalls noch andere Faktoren berücksichtigt werden. Dazu gehören etwa die kumulative Wirkung, das heißt die Marktabdeckung durch gleichartige Vereinbarungen, die Dauer der Vereinbarungen, das Regulierungsumfeld und Verhaltensweisen, die auf Absprachen hindeuten oder sie erleichtern, wie etwa Preisführerschaft, angekündigte Preisänderungen und Diskussionen über den „richtigen“ Preis sowie Preisstarrheit infolge überschüssiger Kapazitäten, Preisdiskriminierungen und frühere Absprachen.

4.1.2   Negative Wirkungen restriktiver Lizenzvereinbarungen

169.

Aus wettbewerbsbeschränkenden Technologietransfer-Vereinbarungen können sich insbesondere folgende negative Auswirkungen auf den Wettbewerb am Markt ergeben:

a)

Verringerung des Technologienwettbewerbs zwischen Unternehmen, die auf einem Technologiemarkt oder auf einem Produktmarkt tätig sind, auf dem die betreffenden Technologien eingesetzt werden, einschließlich der Erleichterung ausdrücklicher oder stillschweigender Absprachen;

b)

Ausschluss von Wettbewerbern durch Steigerung von deren Kosten, Beschränkung des Zugangs zu wesentlichen Inputs oder Errichtung sonstiger Zutrittsschranken und

c)

Verringerung des technologieinternen Wettbewerbs zwischen Unternehmen, die Produkte auf der Grundlage derselben Technologie herstellen.

170.

Technologietransfer-Vereinbarungen können den Technologienwettbewerb verringern, das heißt den Wettbewerb zwischen Unternehmen, die auf der Grundlage substituierbarer Technologien produzieren oder Lizenzen vergeben. Dies gilt insbesondere für wechselseitige Verpflichtungen. Wenn beispielsweise Wettbewerber Lizenzen für konkurrierende Technologien miteinander austauschen und sich gegenseitig verpflichten, der anderen Partei auch die künftigen Verbesserungen ihrer Technologien zu überlassen, und wenn diese Vereinbarung die Parteien daran hindert, sich einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber der anderen Partei zu verschaffen, wird der Innovationswettbewerb zwischen den Parteien eingeschränkt (siehe Randnummer (241)).

171.

Lizenzvereinbarungen zwischen Wettbewerbern können zudem Absprachen fördern. In konzentrierten Märkten ist das Risiko, dass es zu Absprachen kommt, besonders hoch. Absprachen setzen voraus, dass die betreffenden Unternehmen ähnliche Vorstellungen darüber haben, was in ihrem gemeinsamen Interesse liegt und wie die Zusammenarbeit erfolgen soll. Damit Absprachen funktionieren, müssen die Unternehmen in der Lage sein, das Marktverhalten der anderen Partei ständig zu beobachten. Außerdem müssen geeignete Sanktionen vorhanden sein, um einen Anreiz zu bieten, nicht von der gemeinsamen Marktstrategie abzuweichen. Nicht zuletzt müssen die Marktzutrittsschranken hoch genug sein, um einen Markteintritt oder eine Expansion Außenstehender zu begrenzen. Vereinbarungen können durch die Erhöhung der Markttransparenz, durch die Kontrolle des Marktverhaltens und durch Anhebung der Zutrittsschranken Absprachen fördern. Ferner können Absprachen in Ausnahmefällen auch durch Lizenzvereinbarungen erleichtert werden, die zu einer weitgehenden Angleichung der Kosten führen, denn Unternehmen, die vergleichbare Kostenstrukturen haben, dürften auch ähnliche Vorstellungen in Bezug auf ein abgestimmtes Verhalten entwickeln (73).

172.

Lizenzvereinbarungen können den Technologienwettbewerb auch beeinträchtigen, indem sie Schranken für den Marktzutritt oder die Expansion von Wettbewerbern errichten. Solche Ausschlusseffekte können etwa aus Beschränkungen resultieren, die den Lizenznehmer daran hindern, Lizenzen von Dritten zu erwerben oder entsprechende Gegenanreize schaffen. Dritte können zum Beispiel ausgeschlossen werden, wenn die marktbeherrschenden Lizenzgeber den Lizenznehmern Wettbewerbsverbote in einem solchen Maß auferlegen, dass die Zahl der für Dritte zur Verfügung stehenden Lizenznehmer nicht ausreicht, und wenn zudem der Marktzutritt für neue Lizenznehmer erschwert ist. Anbieter substituierbarer Technologien können ausgeschlossen werden, wenn ein Lizenzgeber, der über hinreichende Marktmacht verfügt, verschiedene Teile einer Technologie zusammenfasst und sie als Paket in Lizenz vergibt, aber nur ein Teil dieses Pakets für die Produktion eines bestimmten Produkts unerlässlich ist.

173.

Lizenzvereinbarungen können auch den technologieinternen Wettbewerb beeinträchtigen, das heißt den Wettbewerb zwischen Unternehmen, die auf der Grundlage derselben Technologie produzieren. Eine Vereinbarung, die Lizenznehmern Gebietsbeschränkungen auferlegt, indem sie den Verkauf außerhalb des eigenen Vertragsgebiets verbietet, verringert den Wettbewerb zwischen ihnen. Lizenzvereinbarungen können den technologieinternen Wettbewerb ferner durch Erleichterung von Absprachen zwischen Lizenznehmern verringern. Darüber hinaus können Lizenzvereinbarungen, die den technologieinternen Wettbewerb verringern, Absprachen zwischen den Inhabern konkurrierender Technologien fördern oder durch Erhöhung der Marktzutrittsschranken den Technologienwettbewerb verringern.

4.1.3   Positive Wirkungen restriktiver Lizenzvereinbarungen und Analyseparameter

174.

Auch restriktive Lizenzvereinbarungen weisen in vielen Fällen wettbewerbsfördernde Wirkungen in Form von Effizienzvorteilen auf, die die wettbewerbsschädigenden Wirkungen aufwiegen können. Die Beurteilung der etwaigen wettbewerbsfördernden Wirkungen erfolgt im Rahmen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV, der eine Ausnahme vom Verbot nach Artikel 101 Absatz 1 AEUV vorsieht. Damit diese Ausnahmeregelung greifen kann, muss die Lizenzvereinbarung objektive wirtschaftliche Vorteile bieten, die Beschränkung des Wettbewerbs muss für die Erzielung der Effizienzvorteile unerlässlich sein, die Verbraucher müssen angemessen an den Effizienzvorteilen beteiligt werden, und die Vereinbarung darf den Parteien keine Möglichkeiten eröffnen, hinsichtlich eines wesentlichen Teils der betreffenden Produkte den Wettbewerb auszuschalten. Ein Unternehmen, das sich auf Artikel 101 Absatz 3 AEUV beruft, muss mit stichhaltigen Argumenten und Beweisen nachweisen, dass die Voraussetzungen für eine Freistellung erfüllt sind (74).

175.

Die Prüfung restriktiver Vereinbarungen nach Artikel 101 Absatz 3 AEUV erfolgt im konkreten Zusammenhang, in den sie eingebettet sind (75), auf der Grundlage des zu einer bestimmten Zeit gegebenen Sachverhalts. Wesentliche Änderungen des Sachverhalts wirken sich daher auf die Beurteilung aus. Die Ausnahmeregelung des Artikels 101 Absatz 3 gilt, solange die vier Voraussetzungen gegeben sind. Ist dies nicht mehr der Fall, ist die Ausnahmeregelung nicht mehr anwendbar (76). Bei der Anwendung des Artikels 101 Absatz 3 sind auch die verlorenen Erstinvestitionen der Parteien zu berücksichtigen sowie der Zeitaufwand und die Beschränkungen, die für eine effizienzsteigernde Investition und deren Amortisierung erforderlich sind. Eine Anwendung des Artikels 101 ist ohne Berücksichtigung der vorausgegangenen Investitionen und des damit verbundenen Risikos nicht möglich. Das Risiko der Parteien und die verlorenen Investitionen, die zur Durchführung der Vereinbarung erforderlich sind, können daher dazu führen, dass die Vereinbarung in der Zeit bis zur Amortisierung der Investition nicht unter Artikel 101 Absatz 1 fällt oder die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllt.

176.

Die erste Voraussetzung des Artikels 101 Absatz 3 AEUV erfordert eine Prüfung der objektiven Effizienzvorteile der Vereinbarung. Lizenzvereinbarungen bieten in dieser Hinsicht die Möglichkeit, einander ergänzende Technologien und sonstige Vermögenswerte zusammenzuführen, so dass neue oder verbesserte Produkte auf den Markt gebracht bzw. vorhandene Produkte kostengünstiger hergestellt werden können. Außerhalb des Bereichs der Hardcore-Kartelle erfolgt eine Lizenzvergabe häufig deshalb, weil es für den Lizenzgeber effizienter ist, seine Technologie in Lizenz zu vergeben, anstatt sie selbst zu nutzen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Lizenznehmer bereits Zugang zu den erforderlichen Produktionsanlagen hat. Die Lizenzvereinbarung eröffnet dem Lizenznehmer dann den Zugang zu einer Technologie, die sich mit diesen Produktionsanlagen in der Weise kombinieren lässt, dass er neue oder verbesserte Technologien nutzen kann. Ein weiteres Beispiel für eine möglicherweise effizienzsteigernde Lizenzvergabe besteht darin, dass ein Lizenznehmer bereits über eine Technologie verfügt und durch Kombination dieser Technologie mit der Technologie des Lizenzgebers Synergieeffekte erzielen kann. Durch die Kombination beider Technologien kann der Lizenznehmer unter Umständen ein Kosten-Output-Verhältnis erzielen, das andernfalls nicht möglich wäre. Lizenzvereinbarungen können ebenso wie vertikale Vertriebsvereinbarungen auch auf der Vertriebsebene zu Effizienzvorteilen führen, entweder in Form von Kostenersparnissen oder in Form von nützlichen Dienstleistungen für die Verbraucher. Die positiven Wirkungen vertikaler Vereinbarungen sind in den Leitlinien für vertikale Beschränkungen (77) dargestellt. Ein weiteres Beispiel für mögliche Effizienzvorteile sind Vereinbarungen, mit denen mehrere Lizenzgeber ein Technologiepaket schnüren, für das sie Dritten Lizenzen erteilen. Solche Pool-Vereinbarungen können insbesondere die Transaktionskosten verringern, da die Lizenznehmer nicht mit jedem Lizenzgeber eine getrennte Vereinbarung schließen müssen. Lizenzvereinbarungen können auch dann dem Wettbewerb förderlich sein, wenn mit ihnen die Gestaltungsfreiheit gewährleistet werden soll. In Wirtschaftszweigen, in denen es eine Vielzahl von Rechten des geistigen Eigentums gibt und Produkte diverse bestehende und künftige Eigentumsrechte verletzen können, wirken sich Lizenzvereinbarungen, in denen die Parteien sich verpflichten, ihre Eigentumsrechte der anderen Partei gegenüber nicht durchzusetzen, häufig positiv auf den Wettbewerb aus, da sie den Parteien die Entwicklung ihrer eigenen Technologien erlauben, ohne dass die Parteien mit Verletzungsklagen rechnen müssen.

177.

Bei der Prüfung der Unerlässlichkeit im Sinne des Artikels 101 Absatz 3 AEUV wird die Kommission insbesondere untersuchen, ob einzelne Beschränkungen es möglich machen, die fraglichen Aktivitäten effizienter zu gestalten, als dies ohne die betreffende Beschränkung der Fall wäre. Dabei ist den Marktverhältnissen und den Sachumständen, mit denen die Parteien konfrontiert sind, Rechnung zu tragen. Unternehmen, die sich auf Artikel 101 Absatz 3 berufen, brauchen auf hypothetische und theoretische Alternativen nicht einzugehen. Sie müssen jedoch darlegen und nachweisen, warum realistisch und deutlich weniger restriktiv erscheinende Alternativen erheblich ineffizienter wären. Falls eine Alternative, die wirtschaftlich realistisch und weniger restriktiv erscheint, zu erheblichen Effizienzeinbußen führen würde, wird die fragliche Beschränkung als unerlässlich betrachtet. In bestimmten Fällen muss unter Umständen auch geprüft werden, ob die Vereinbarung als solche zur Erzielung der Effizienzvorteile unerlässlich ist. Dies kann etwa bei Technologiepools der Fall sein, die zwar einander ergänzende, aber nichtessenzielle Technologien (78) umfassen; in diesem Fall muss geprüft werden, inwieweit die Einbeziehung derartiger Technologien zu besonderen Effizienzvorteilen führt oder ob der Pool ohne signifikanten Verlust an Effizienzvorteilen auf diejenigen Technologien beschränkt werden kann, für die es keine Substitute gibt. Bei einfachen Lizenzvergaben zwischen zwei Parteien ist es in der Regel nicht notwendig, über die Prüfung der Frage, ob die einzelnen Beschränkungen unerlässlich sind, hinauszugehen. Normalerweise gibt es zur Lizenzvereinbarung als solcher keine weniger restriktive Alternative.

178.

Die Voraussetzung, dass die Verbraucher angemessen an den Effizienzvorteilen beteiligt werden müssen, bedeutet, dass Verbraucher der im Rahmen der Lizenzvereinbarung hergestellten Produkte zumindest einen Ausgleich für die negativen Folgen der Vereinbarung erhalten müssen (79). Das wiederum bedeutet, dass die Effizienzvorteile etwaige negative Auswirkungen der Vereinbarung auf Preise, Produktion und andere relevante Faktoren vollständig ausgleichen müssen. Dies kann etwa durch eine Änderung der Kostenstruktur der betreffenden Unternehmen erfolgen, so dass Anreize zu Preissenkungen entstehen, oder indem der Verbraucher Zugang zu neuen oder verbesserten Produkten erhält, die etwaige Preissteigerungen kompensieren (80).

179.

Die letzte Voraussetzung des Artikels 101 Absatz 3 AEUV, wonach die Vereinbarung den Vertragsparteien nicht die Möglichkeit eröffnen darf, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Produkte den Wettbewerb auszuschalten, setzt eine Analyse des sonstigen Wettbewerbsdrucks auf dem Markt und der Auswirkungen der Vereinbarung auf diese Wettbewerbsquellen voraus. Bei der Anwendung der letzten Voraussetzung des Artikels 101 Absatz 3 muss der Zusammenhang zwischen Artikel 101 Absatz 3 und Artikel 102 berücksichtigt werden. Nach ständiger Rechtsprechung darf die Anwendung des Artikels 101 Absatz 3 der Anwendung des Artikels 102 AEUV nicht entgegenstehen (81). Da sowohl Artikel 101 als auch Artikel 102 das Ziel verfolgen, einen effektiven Wettbewerb auf dem Markt aufrechtzuerhalten, ist Artikel 101 Absatz 3 im Interesse der Kohärenz so auszulegen, dass jede Anwendung der Ausnahmeregelung auf wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen, die als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung anzusehen sind, ausgeschlossen wird. (82)

180.

Die Tatsache, dass eine Vereinbarung eine Dimension des Wettbewerbs in wesentlicher Weise einschränkt, bedeutet nicht unbedingt, dass der Wettbewerb im Sinne des Artikels 101 Absatz 3 AEUV ausgeschaltet wird. So kann etwa ein Technologiepool zu einem Industriestandard führen, der wenig Wettbewerb hinsichtlich des technischen Formats zulässt. Sobald die wichtigsten Marktteilnehmer ein bestimmtes Format übernehmen, können Netzeffekte es für alternative Formate sehr schwierig machen fortzubestehen. Dies bedeutet aber nicht, dass die Schaffung eines faktischen Industriestandards den Wettbewerb im Sinne der letzten Voraussetzung des Artikels 101 Absatz 3 in jedem Fall ausschaltet. Unter den Anbietern der Standardtechnik kann es Wettbewerb bezüglich der Preise, der Qualität oder der Produkteigenschaften geben. Damit aber eine Vereinbarung die Voraussetzung des Artikels 101 Absatz 3 erfüllt, muss gewährleistet sein, dass sie diesen Wettbewerb nicht übermäßig einschränkt und künftige Innovationen nicht unangemessen behindert.

4.2   Anwendung des Artikels 101 auf verschiedene Arten von Lizenzbeschränkungen

181.

In diesem Abschnitt wird auf die verschiedenen Arten von Beschränkungen eingegangen, die in Lizenzvereinbarungen üblich sind. Aufgrund ihrer weiten Verbreitung sollen Orientierungshilfen gegeben werden, wie diese Beschränkungen außerhalb des Safe-Harbour-Bereichs der TT-GVO beurteilt werden. Auf die Beschränkungen, die bereits in diesen Leitlinien behandelt wurden, insbesondere in den Abschnitten 3.4 und 3.5, wird in diesem Abschnitt nur noch kurz eingegangen.

182.

In diesem Abschnitt werden sowohl Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern als auch Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern behandelt. Bei Letzteren wird gegebenenfalls zwischen wechselseitigen und nicht wechselseitigen Vereinbarungen unterschieden. Bei Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern ist diese Unterscheidung nicht erforderlich. Wenn Unternehmen weder tatsächliche noch potenzielle Wettbewerber auf dem relevanten Technologie- oder Produktmarkt sind, ist eine wechselseitige Lizenz praktisch gesehen zwei separaten Lizenzen gleichzustellen. Anders verhält es sich bei Vereinbarungen, bei denen die Parteien ein Technologiepaket zusammenstellen, das sie an Dritte in Lizenz vergeben. Bei derartigen Vereinbarungen handelt es sich um Technologiepools, die in Abschnitt 4 behandelt werden.

183.

Nicht in diesem Abschnitt behandelt werden in Lizenzvereinbarungen enthaltene Verpflichtungen, die im Allgemeinen keine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des Artikels 101 Absatz 1 AEUV darstellen. Zu diesen Verpflichtungen gehören u. a.:

a)

Wahrung der Vertraulichkeit

b)

keine Vergabe von Unterlizenzen

c)

Nutzungsverbot nach Ablauf der Vereinbarung, sofern die lizenzierten Technologierechte noch gültig und rechtswirksam sind

d)

Unterstützung des Lizenzgebers bei der Durchsetzung seiner lizenzierten Rechte des geistigen Eigentums

e)

Zahlung von Mindestgebühren oder Produktion einer Mindestmenge an Produkten, die die lizenzierte Technologie enthalten, und

f)

Verwendung des Markenzeichens des Lizenzgebers oder Angabe des Namens des Lizenzgebers auf dem Produkt.

4.2.1   Lizenzgebühren

184.

Den Parteien einer Lizenzvereinbarung steht es in der Regel frei, die vom Lizenznehmer zu zahlenden Lizenzgebühren und die Zahlungsmodalitäten festzulegen; Artikel 101 Absatz 1 AEUV wird hiervon nicht berührt. Dieser Grundsatz gilt sowohl für Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern als auch für Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern. Lizenzgebühren können in Form von Pauschalzahlungen, als Prozentsatz vom Verkaufspreis oder aber als fester Betrag für jedes Produkt erhoben werden, das die lizenzierte Technologie enthält. Kommt die lizenzierte Technologie einem Input gleich, das in das Endprodukt eingeht, ist es in der Regel nicht wettbewerbsschädigend, dass die Lizenzzahlung auf der Grundlage des Preises des Endprodukts berechnet wird, sofern es die lizenzierte Technologie enthält (83). Bei Software-Lizenzen gelten Lizenzgebühren, die sich nach der Anzahl der Nutzer und der Geräte bestimmen, allgemein als mit Artikel 101 Absatz 1 vereinbar.

185.

Bei Lizenzvereinbarungen zwischen Wettbewerbern ist zu berücksichtigen, dass Lizenzgebühren in seltenen Fällen auf eine Preisfestsetzung hinauslaufen können, die nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a als Kernbeschränkung betrachtet wird (siehe die Randnummern (100) bis 101) und (116) oben). Eine Kernbeschränkung nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a liegt vor, wenn Wettbewerber wechselseitige Lizenzgebühren in Fällen vorsehen, in denen die Lizenz nur zum Schein geschlossen wurde, da sie weder die Zusammenführung ergänzender Technologien ermöglicht noch den Wettbewerb in anderer Weise fördert. Als Kernbeschränkungen nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben a und d gelten auch Vereinbarungen, bei denen sich die Lizenzgebühren auf Produkte erstrecken, die der Lizenznehmer ausschließlich mit seinen eigenen Technologierechten produziert.

186.

Andere Arten von Gebührenregelungen zwischen Wettbewerbern fallen bis zur Marktanteilsschwelle von 20 % unter die Gruppenfreistellung, auch wenn sie wettbewerbsbeschränkend wirken. Außerhalb des Safe-Harbour-Bereichs der Gruppenfreistellung ist Artikel 101 Absatz 1 AEUV unter Umständen anwendbar, wenn Wettbewerber einander wechselseitig Lizenzen erteilen und Gebühren festlegen, die im Vergleich zum Marktwert der Lizenz eindeutig unverhältnismäßig sind und erheblichen Einfluss auf die Marktpreise haben. Bei der Beurteilung, ob Lizenzgebühren unverhältnismäßig sind, sind die Lizenzgebühren zu prüfen, die andere Lizenznehmer auf dem Produktmarkt für dieselbe oder für eine substituierbare Technologie entrichten. In diesen Fällen ist es unwahrscheinlich, dass die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllt sind.

187.

Die Gruppenfreistellung gilt zwar nur so lange, wie die Technologierechte gültig und rechtswirksam sind, doch können die Vertragsparteien in der Regel ohne Verstoß gegen Artikel 101 Absatz 1 AEUV vereinbaren, die Lizenzgebührenpflicht über die Geltungsdauer der lizenzierten Rechte des geistigen Eigentums hinaus auszudehnen. Wenn diese Rechte erloschen sind, können Dritte die betreffende Technologie rechtmäßig nutzen und mit den Vertragsparteien konkurrieren. Ein solcher tatsächlicher oder potenzieller Wettbewerb genügt in der Regel, damit die betreffende Lizenzgebühr keine spürbaren wettbewerbsschädigenden Wirkungen hat.

188.

Bei Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern gilt die Gruppenfreistellung für Vereinbarungen, bei denen die Lizenzgebühren auf der Grundlage sämtlicher Produkte, das heißt der Vertragsprodukte und der mit Technologien Dritter produzierten Produkte, berechnet werden. Solche Vereinbarungen können zwar die Berechnung der Lizenzgebühren erleichtern, sie können aber auch zu Ausschlüssen führen, indem sie die Kosten für die Inputs Dritter erhöhen und somit ähnliche Wirkungen haben wie Wettbewerbsverbote. Fallen Lizenzgebühren nicht nur für Produkte an, die mit der lizenzierten Technologie hergestellt werden, sondern auch für Produkte, die mit Technologien Dritter hergestellt werden, so erhöhen sich durch die Lizenzgebühren auch die Kosten für die letzteren Produkte, so dass die Nachfrage nach Technologien Dritter zurückgeht. Außerhalb des Anwendungsbereichs der Gruppenfreistellung muss daher geprüft werden, ob mit der Beschränkung Ausschlusseffekte verbunden sind. Es empfiehlt sich demnach, bei einer Prüfung die in Abschnitt 4.2.7 dargelegten Kriterien heranzuziehen. Weisen die betreffenden Vereinbarungen spürbare Ausschlusseffekte auf, so fallen sie unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV. In diesem Fall dürften die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 in der Regel nicht erfüllt sein, es sei denn, es gibt keine andere praktikable Möglichkeit zur Berechnung und Kontrolle der Lizenzgebühren.

4.2.2   Exklusivlizenzen und Verkaufsbeschränkungen

189.

Für die Zwecke dieser Leitlinien empfiehlt es sich zu unterscheiden zwischen Produktionsbeschränkungen innerhalb eines bestimmten Gebiets (Exklusiv- oder Alleinlizenz) und Beschränkungen des Verkaufs von Produkten, die die lizenzierte Technologie enthalten, in ein bestimmtes Gebiet oder an eine bestimmte Kundengruppe (Verkaufsbeschränkungen).

4.2.2.1   Exklusiv- und Alleinlizenzen

190.

Bei einer Exklusivlizenz ist der Lizenzgeber selbst weder befugt, auf der Grundlage der lizenzierten Technologierechte zu produzieren, noch ist er befugt, Dritten für die lizenzierten Technologierechte im Allgemeinen oder im Hinblick auf eine bestimmte Nutzung oder für ein bestimmtes Gebiet Lizenzen zu erteilen. Das bedeutet, dass der Lizenznehmer der Einzige ist, der auf der Grundlage der lizenzierten Technologierechte im Allgemeinen oder im Hinblick auf die jeweilige Nutzung oder das jeweilige Gebiet produzieren darf.

191.

Verpflichtet sich der Lizenzgeber, in einem bestimmten Gebiet auf eine eigene Produktion zu verzichten und Dritten keine Produktionslizenz zu erteilen, so kann dieses Gebiet die ganze Welt oder einen beliebigen Teil davon umfassen. Verpflichtet sich der Lizenzgeber lediglich, Dritten in einem bestimmten Gebiet keine Produktionslizenzen zu erteilen, handelt es sich um eine Alleinlizenz. Exklusiv- und Alleinlizenzen gehen häufig mit Verkaufsbeschränkungen einher, die die Parteien darin beschränken, wo sie die Produkte, die die lizenzierte Technologie enthalten, verkaufen dürfen.

192.

Wechselseitige Exklusivlizenzen zwischen Wettbewerbern fallen unter Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der TT-GVO, wonach die Zuweisung von Märkten und Kunden zwischen Wettbewerbern als Kernbeschränkung einzustufen ist. Die wechselseitige Erteilung von Alleinlizenzen zwischen Wettbewerbern fällt jedoch bis zur Marktanteilsschwelle von 20 % unter die Gruppenfreistellung. In einer solchen Vereinbarung verpflichten sich die Parteien, Dritten keine Lizenz für ihre konkurrierenden Technologien zu erteilen. Verfügen die Parteien über erhebliche Marktmacht, so können solche Vereinbarungen Absprachen erleichtern, da sie gewährleisten, dass die Parteien auf dem Markt die einzigen Anbieter sind, die mit den lizenzierten Technologien produzieren.

193.

Die nicht wechselseitige Erteilung von Exklusivlizenzen zwischen Wettbewerbern fällt bis zur Marktanteilsschwelle von 20 % ebenfalls unter die Gruppenfreistellung. Oberhalb dieser Schwelle ist zu prüfen, welche wettbewerbsschädigenden Wirkungen von solchen Exklusivlizenzen zu erwarten sind. Gilt die Lizenz weltweit, so bedeutet dies, dass der Lizenzgeber aus dem Markt austritt. Beschränkt sich die Exklusivlizenz auf ein bestimmtes Gebiet, z. B. auf einen Mitgliedstaat, so verzichtet der Lizenzgeber auf die Produktion von Waren und Dienstleistungen in dem fraglichen Gebiet. Im Zusammenhang mit Artikel 101 Absatz 1 AEUV muss insbesondere geprüft werden, welche Bedeutung der Lizenzgeber für den Wettbewerb hat. Verfügt der Lizenzgeber auf dem Produktmarkt nur über eine relativ schwache Marktstellung oder ist er nicht in der Lage, die Technologie im Vertragsgebiet des Lizenznehmers effektiv zu nutzen, ist es unwahrscheinlich, dass die Vereinbarung unter Artikel 101 Absatz 1 fällt. Ein Sonderfall liegt vor, wenn der Lizenzgeber und der Lizenznehmer nur auf dem Technologiemarkt miteinander im Wettbewerb stehen und der Lizenzgeber nicht die Produktions- und Vertriebskapazitäten besitzt, um Produkte, die die lizenzierte Technologie enthalten, effektiv auf den Markt zu bringen (z. B. weil es sich beim Lizenzgeber um ein Forschungsinstitut oder ein kleines Forschungsunternehmen handelt). In diesen Fällen ist ein Verstoß gegen Artikel 101 Absatz 1 unwahrscheinlich.

194.

Bei Exklusivlizenzen zwischen Nicht-Wettbewerbern ist in der Regel davon auszugehen, dass sie — soweit sie unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen (84) — die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllen. Das Recht zur Vergabe einer Exklusivlizenz ist in der Regel notwendig, um den Lizenznehmer dazu zu veranlassen, in die lizenzierte Technologie zu investieren und die Produkte zügig auf den Markt zu bringen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Lizenznehmer zur Weiterentwicklung der lizenzierten Technologie umfangreiche Investitionen tätigen muss. Würde die Ausschließlichkeit aufgehoben, sobald der Lizenznehmer die lizenzierte Technologie erfolgreich nutzt, so würde er um die Früchte des Erfolgs gebracht, was dem Wettbewerb, der Verbreitung der Technologie und der Innovation abträglich wäre. Die Kommission wird deshalb unabhängig vom räumlichen Geltungsbereich der Lizenz nur in Ausnahmefällen gegen Exklusivlizenz-Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern vorgehen.

195.

Besitzt der Lizenznehmer bereits eine substituierbare Technologie, die firmenintern genutzt wird, so ist eine Exklusivlizenz möglicherweise nicht erforderlich, um dem Lizenznehmer einen Anreiz zu geben, ein Produkt auf den Markt zu bringen. In diesem Fall fallen Exklusivlizenzen möglicherweise unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV; dies gilt insbesondere, wenn der Lizenznehmer auf dem Produktmarkt über Marktmacht verfügt. Ein Einschreiten der Kommission kann vor allem dann gerechtfertigt sein, wenn ein Lizenznehmer, der den Markt beherrscht, eine Exklusivlizenz für eine oder mehrere konkurrierende Technologien erwirbt. Solche Vereinbarungen dürften unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen und die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 in der Regel nicht erfüllen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Artikels 101 Absatz 1 ist allerdings, dass der Eintritt in den Technologiemarkt nicht ohne weiteres möglich ist und die lizenzierte Technologie eine echte Wettbewerbsquelle auf dem Markt darstellt. Unter diesen Umständen kann eine Exklusivlizenz Dritte ausschließen, die Marktzutrittsschranken erhöhen und dem Lizenznehmer den Erhalt seiner Marktmacht sichern.

196.

Wechselseitige Lizenzvereinbarungen zwischen zwei oder mehr Parteien, die sich verpflichten, Dritten keine Lizenzen zu erteilen, geben insbesondere dann Anlass zu Bedenken, wenn das so entstandene Technologiepaket de facto einen Industriestandard begründet, zu dem Dritte Zugang erhalten müssen, um effektiv auf dem Markt konkurrieren zu können. In diesen Fällen führt die Vereinbarung zu einem den Parteien vorbehaltenen Industriestandard. Die Kommission bewertet solche Vereinbarungen nach denselben Grundsätzen wie Technologiepools (siehe Abschnitt 4.4). In der Regel gilt die Voraussetzung, dass Technologien, die dem betreffenden Standard zugrunde liegen, zu gerechten, vernünftigen und diskriminierungsfreien Bedingungen an Dritte lizenziert werden. (85) Stehen die Vertragsparteien auf einem Produktmarkt mit Dritten im Wettbewerb und betrifft die Vereinbarung diesen Markt, so hat ein den Parteien vorbehaltener Industriestandard in der Regel erhebliche Ausschlusseffekte zur Folge. Diese wettbewerbsschädigenden Auswirkungen können nur vermieden werden, wenn auch Dritte Lizenzen erhalten.

4.2.2.2   Verkaufsbeschränkungen

197.

Bei Verkaufsbeschränkungen gibt es eine wichtige Unterscheidung zwischen Lizenzvereinbarungen zwischen Wettbewerbern und Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern.

198.

Beschränkungen des aktiven und passiven Verkaufs, die einer oder beiden Parteien in einer wechselseitigen Vereinbarung zwischen Wettbewerbern auferlegt werden, sind nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der TT-GVO als Kernbeschränkungen anzusehen. Solche Verkaufsbeschränkungen fallen unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV und dürften die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 in der Regel nicht erfüllen. Solche Beschränkungen werden in der Regel als Marktaufteilung gewertet, da sie die jeweilige Partei an aktiven und passiven Verkäufen in Gebiete oder an Kundengruppen hindern, die sie vor Abschluss der Vereinbarung beliefert hat oder hätte beliefern können, wenn die Vereinbarung nicht zustande gekommen wäre.

199.

Die Gruppenfreistellung gilt für die in einer nicht wechselseitigen Vereinbarung zwischen Wettbewerbern dem Lizenznehmer oder dem Lizenzgeber auferlegten Beschränkung des aktiven und/oder passiven Verkaufs in das Exklusivgebiet oder an die Exklusivkundengruppe, das bzw. die der anderen Partei vorbehalten ist (siehe Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i der TT-GVO). Oberhalb der Marktanteilsschwelle von 20 % fallen Verkaufsbeschränkungen zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV, wenn eine Partei oder beide Parteien über erhebliche Marktmacht verfügen. Solche Beschränkungen können allerdings für die Verbreitung wertvoller Technologien unerlässlich sein und erfüllen dann möglicherweise die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Lizenzgeber in dem Gebiet, in dem er die Technologie selbst nutzt, eine relativ schwache Marktstellung innehat. Eine Beschränkung insbesondere des aktiven Verkaufs kann dann unerlässlich sein, um den Lizenzgeber zur Lizenzvergabe zu bewegen. Ohne diese Beschränkung würde sich der Lizenzgeber dem Risiko aktiven Wettbewerbs in seinem Haupttätigkeitsfeld aussetzen. Ebenso kann es sich als unabdingbar erweisen, den aktiven Verkauf des Lizenzgebers einzuschränken, insbesondere dann, wenn der Lizenznehmer in dem ihm zugewiesenen Vertragsgebiet eine relativ schwache Marktposition innehat und umfangreiche Investitionen auf sich nehmen muss, um die lizenzierte Technologie effizient nutzen zu können.

200.

Unter die Gruppenfreistellung fallen auch Beschränkungen des aktiven Verkaufs in das Gebiet oder an die Kundengruppe, das bzw. die einem anderen Lizenznehmer vorbehalten ist, der zu dem Zeitpunkt, als er die Lizenzvereinbarung mit dem Lizenzgeber geschlossen hat, kein Wettbewerber des Lizenzgebers war. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn es sich um eine nicht wechselseitige Vereinbarung handelt (siehe Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer ii der TT-GVO). Oberhalb der Marktanteilsschwelle fallen Beschränkungen des aktiven Verkaufs in der Regel unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV, wenn die Parteien über erhebliche Marktmacht verfügen. Die Beschränkung dürfte allerdings für die Zeit, die der geschützte Lizenznehmer benötigt, um einen neuen Markt zu erschließen und in dem ihm zugewiesenen Vertragsgebiet Fuß zu fassen bzw. seine Marktposition bei der ihm zugewiesenen Kundengruppe zu festigen, als unerlässlich im Sinne des Artikels 101 Absatz 3 gelten. Der Schutz vor aktiven Verkäufen ermöglicht es dem Lizenznehmer, den Nachteil zu überwinden, der darin besteht, dass er es zum Teil mit anderen Lizenznehmern zu tun hat, die als konkurrierende Unternehmen bereits auf dem Markt etabliert sind. Die einem Lizenznehmer auferlegte Beschränkung, passive Verkäufe in das Gebiet bzw. an die Kundengruppe zu unterlassen, die einem anderen Lizenznehmer vorbehalten sind, ist nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der TT-GVO als Kernbeschränkung einzustufen.

201.

Bei Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern fallen Verkaufsbeschränkungen zwischen dem Lizenzgeber und einem Lizenznehmer bis zur Marktanteilsschwelle von 30 % unter die Gruppenfreistellung. Oberhalb der Marktanteilsschwelle können Beschränkungen des aktiven und passiven Verkaufs durch Lizenznehmer in ein Gebiet oder an einen Kundenkreis, das bzw. der ausschließlich dem Lizenzgeber vorbehalten ist, für die Verbreitung wertvoller Technologien unerlässlich sein und daher nicht unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen bzw. die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllen. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Lizenzgeber in dem Gebiet, in dem er die Technologie selbst nutzt, eine relativ schwache Marktstellung innehat. Eine Beschränkung insbesondere des aktiven Verkaufs kann dann unerlässlich sein, um den Lizenzgeber zur Lizenzvergabe zu bewegen. Ohne diese Beschränkung würde sich der Lizenzgeber dem Risiko aktiven Wettbewerbs in seinem Haupttätigkeitsfeld aussetzen. In anderen Fällen können für den Lizenznehmer geltende Verkaufsbeschränkungen unter Artikel 101 Absatz 1 fallen und erfüllen die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 möglicherweise nicht. Dies dürfte der Fall sein, wenn der Lizenzgeber allein über erhebliche Marktmacht verfügt oder wenn eine Reihe vergleichbarer Lizenzvereinbarungen, an denen Lizenzgeber beteiligt sind, die gemeinsam eine starke Marktstellung innehaben, eine kumulative Wirkung hat.

202.

Verkaufsbeschränkungen für den Lizenzgeber dürften, sofern sie unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen, die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllen, es sei denn, es gibt keine echten Alternativen zur Technologie des Lizenzgebers auf dem Markt oder der Lizenznehmer verfügt über eine von Dritten erhaltene Lizenz für diese alternativen Technologien. Solche Beschränkungen und insbesondere Beschränkungen des aktiven Verkaufs dürften unerlässlich im Sinne des Artikels 101 Absatz 3 sein, um den Lizenznehmer dazu zu veranlassen, in Herstellung, Vermarktung und Vertrieb der Produkte zu investieren, die die lizenzierte Technologie enthalten. Der Investitionsanreiz für den Lizenznehmer dürfte erheblich geringer ausfallen, wenn er unmittelbar mit dem Lizenzgeber konkurrieren müsste, dessen Produktionskosten nicht durch Lizenzgebühren belastet sind, was sich nachteilig auf das Investitionsniveau auswirken dürfte.

203.

Im Verhältnis zwischen Lizenznehmern stellt die TT-GVO Auflagen in Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern frei, die den aktiven Verkauf zwischen Verkaufsgebieten oder Kundengruppen beschränken. Oberhalb der Marktanteilsschwelle von 30 % behindern solche Beschränkungen den technologieinternen Wettbewerb und dürften unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen, wenn der einzelne Lizenznehmer erhebliche Marktmacht besitzt. Sie können aber die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllen, wenn sie erforderlich sind, um Trittbrettfahrer auszuschließen und den Lizenznehmer dazu zu veranlassen, in seinem Vertragsgebiet die für eine effiziente Nutzung der lizenzierten Technologie notwendigen Investitionen vorzunehmen und Verkaufsförderung für das lizenzierte Produkt zu betreiben. Beschränkungen des passiven Verkaufs gelten als Kernbeschränkungen nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der TT-GVO (siehe die Randnummern (119) bis (127) oben).

4.2.3   Output-Beschränkungen

204.

Wechselseitige Output-Beschränkungen in Lizenzvereinbarungen zwischen Wettbewerbern sind nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der TT-GVO als Kernbeschränkung einzustufen (siehe Randnummer (103) oben). Diese Bestimmung gilt allerdings nicht für Output-Beschränkungen in Bezug auf die Technologie des Lizenzgebers, die dem Lizenznehmer in einer nicht wechselseitigen Vereinbarung oder einem der Lizenznehmer in einer wechselseitigen Vereinbarung auferlegt werden. Solche Beschränkungen fallen bis zur Marktanteilsschwelle von 20 % unter die Gruppenfreistellung. Oberhalb der Marktanteilsschwelle können Output-Beschränkungen für Lizenznehmer den Wettbewerb einschränken, wenn die Parteien über erhebliche Marktmacht verfügen. In Fällen, in denen die Technologie des Lizenzgebers der Technologie des Lizenznehmers weit überlegen ist und die Output-Obergrenze deutlich über dem Output des Lizenznehmers vor Abschluss der Vereinbarung liegt, dürfte allerdings Artikel 101 Absatz 3 AEUV anwendbar sein, da sich eine solche Beschränkung auch auf Märkten mit wachsender Nachfrage nur begrenzt auswirkt. Bei der Anwendung des Artikels 101 Absatz 3 AEUV ist auch zu berücksichtigen, dass solche Beschränkungen erforderlich sein können, um den Lizenzgeber zu veranlassen, seine Technologie möglichst weit zu verbreiten. So kann etwa ein Lizenzgeber abgeneigt sein, seinen Wettbewerbern Lizenzen zu erteilen, wenn er diese nicht auf einen bestimmten Produktionsstandort mit einer bestimmten Kapazität beschränken darf (Standortlizenz). Führt eine Lizenzvereinbarung zu einer echten Zusammenführung ergänzender Betriebsanlagen, so können die dem Lizenznehmer auferlegten Output-Beschränkungen daher die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllen. Dies ist allerdings unwahrscheinlich, wenn die Parteien über erhebliche Marktmacht verfügen.

205.

Für Output-Beschränkungen in Lizenzvereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern gilt die Gruppenfreistellung bis zu einem Marktanteil von 30 %. Bei Output-Beschränkungen in Lizenzvereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern ergibt sich die größte Gefahr für den Wettbewerb aus einem verringerten technologieinternen Wettbewerb zwischen Lizenznehmern. Das Ausmaß dieser wettbewerbsschädigenden Wirkungen hängt von der Marktstellung des Lizenzgebers und der Lizenznehmer sowie davon ab, inwieweit der Lizenznehmer durch die Output-Beschränkung daran gehindert wird, die Nachfrage nach Produkten, die die lizenzierte Technologie enthalten, zu decken.

206.

Werden Output-Beschränkungen mit Exklusivgebieten oder Exklusivkundengruppen kombiniert, verstärken sich die beschränkenden Wirkungen. Die Kombination beider Arten von Beschränkungen lassen es als wahrscheinlicher erscheinen, dass eine Vereinbarung dazu dient, Märkte aufzuteilen.

207.

Output-Beschränkungen für Lizenznehmer in Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern können aber auch wettbewerbsfördernde Wirkungen haben, wenn sie die Verbreitung von Technologien fördern. Als Technologieanbieter sollte der Lizenzgeber generell die Möglichkeit haben zu bestimmen, welche Menge der Lizenznehmer mit der lizenzierten Technologie produziert. Wenn der Lizenzgeber den Output des Lizenznehmers nicht bestimmen könnte, würden viele Lizenzvereinbarungen gar nicht erst geschlossen, was negative Folgen für die Verbreitung neuer Technologien hätte. Dies dürfte vor allem dann der Fall sein, wenn der Lizenzgeber auch Hersteller ist, da der Output des Lizenznehmers zurück in das Hauptgebiet des Lizenzgebers gelangen könnte und somit unmittelbare Folgen für dessen Geschäft hätte. Andererseits ist es weniger wahrscheinlich, dass Output-Beschränkungen notwendig sind, um eine Verbreitung der Technologie des Lizenzgebers zu gewährleisten, wenn sie mit Verkaufsbeschränkungen für den Lizenznehmer verbunden sind, die es ihm verbieten, in Gebieten oder an Kundengruppen zu verkaufen, die dem Lizenzgeber vorbehalten sind.

4.2.4   Nutzungsbeschränkungen

208.

Bei einer Nutzungsbeschränkung wird eine Lizenz entweder auf einen oder mehrere technische Anwendungsbereiche oder auf einen oder mehrere Produktmärkte oder Wirtschaftszweige beschränkt. Ein Wirtschaftszweig kann mehrere Produktmärkte, aber nicht einen Teil eines Produktmarkts umfassen. Es gibt viele Fälle, in denen dieselbe Technologie für die Herstellung ganz unterschiedlicher Produkte verwendet wird oder in Produkte einfließen kann, die zu unterschiedlichen Produktmärkten gehören. Eine neue Gießtechnik kann beispielsweise zur Herstellung von Kunststoffflaschen und -bechern genutzt werden, die nicht demselben Produktmarkt zuzurechnen sind. Ein Produktmarkt kann allerdings auch mehrere technische Anwendungsbereiche umfassen. Eine neue Motortechnik kann beispielsweise sowohl in Vier-Zylinder-Motoren als auch in Sechs-Zylinder-Motoren zum Einsatz kommen. Ebenso kann eine Technologie zur Herstellung von Chipsätzen für Chipsätze mit bis zu vier Hauptprozessoren und für Chipsätze mit mehr als vier Hauptprozessoren eingesetzt werden. Eine Lizenz, die die Verwendung der lizenzierten Technologie auf beispielsweise Vier-Zylinder-Motoren oder Chipsätze mit bis zu vier Hauptprozessoren beschränkt, ist als Nutzungsbeschränkung anzusehen.

209.

Da Nutzungsbeschränkungen unter die Gruppenfreistellung fallen und bestimmte Kundenkreisbeschränkungen Kernbeschränkungen nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c und Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der TT-GVO sind, muss zwischen diesen beiden Kategorien unterschieden werden. Eine Beschränkung des Kundenkreises setzt voraus, dass die Kundengruppen, die von den Parteien nicht beliefert werden dürfen, genau bestimmt werden. Der Umstand, dass eine Nutzungsbeschränkung bestimmten Kundengruppen in einem Produktmarkt entsprechen kann, bedeutet nicht, dass die Beschränkung als Kundenkreisbeschränkung einzustufen ist. Dass bestimmte Kunden beispielsweise überwiegend oder ausschließlich Chipsätze mit mehr als vier Hauptprozessoren erwerben, bedeutet nicht, dass eine Lizenz, die auf Chipsätze mit bis zu vier Hauptprozessoren beschränkt ist, eine Kundenkreisbeschränkung enthält. Die Nutzungsbeschränkung muss allerdings objektiv unter Verweis auf genau bezeichnete, relevante technische Merkmale des Vertragsprodukts definiert sein.

210.

Da bestimmte Output-Beschränkungen Kernbeschränkungen nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der TT-GVO sind, ist festzustellen, dass Nutzungsbeschränkungen nicht als Output-Beschränkungen betrachtet werden, weil eine Nutzungsbeschränkung nicht den Output beschränkt, den der Lizenznehmer innerhalb des lizenzierten Anwendungsbereichs produzieren darf.

211.

Eine Nutzungsbeschränkung schränkt die Verwendung der lizenzierten Technologie durch den Lizenznehmer auf einen oder mehrere Anwendungsbereiche ein, ohne die Möglichkeit des Lizenzgebers einzuschränken, die lizenzierte Technologie zu nutzen. Nutzungsbeschränkungen können wie Gebietsbeschränkungen in einer Exklusiv- oder Alleinlizenz enthalten sein. Nutzungsbeschränkungen in Kombination mit einer Exklusiv- oder Alleinlizenz schränken auch die Verwertungsmöglichkeiten des Lizenzgebers ein, da er seine eigene Technologie weder nutzen noch Dritten eine Lizenz erteilen darf. Bei einer Alleinlizenz ist nur die Lizenzierung an Dritte eingeschränkt. Nutzungsbeschränkungen in Kombination mit Exklusiv- und Alleinlizenzen werden ebenso behandelt wie die Exklusiv- und Alleinlizenzen unter Abschnitt 4.2.2 oben. Dies bedeutet, dass wechselseitige Exklusiv-Lizenzen, insbesondere im Verhältnis zwischen Wettbewerbern, nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der TT-GVO Kernbeschränkungen sind.

212.

Nutzungsbeschränkungen können sich positiv auf den Wettbewerb auswirken, wenn sie den Lizenzgeber dazu veranlassen, Technologielizenzen für Anwendungen zu erteilen, die außerhalb seines Tätigkeitsschwerpunkts liegen. Wenn der Lizenzgeber nicht verhindern könnte, dass Lizenznehmer in Bereichen tätig sind, in denen er selbst die Technologie verwendet oder in denen sich die Technologie noch nicht hinreichend bewährt hat, würde ihn dies vermutlich daran hindern, Lizenzen zu vergeben, oder ihn dazu veranlassen, höhere Lizenzgebühren zu verlangen. Zu bedenken ist auch, dass es in bestimmten Wirtschaftszweigen häufig zu einer Lizenzvergabe kommt, um Verletzungsklagen zu vermeiden und so die Gestaltungsfreiheit zu gewährleisten. Der Lizenznehmer kann seine eigene Technologie im Rahmen der Lizenz entwickeln, ohne Verletzungsklagen des Lizenzgebers fürchten zu müssen.

213.

Nutzungsbeschränkungen für Lizenznehmer in Lizenzvereinbarungen zwischen tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbern fallen bis zu einem Marktanteil von 20 % unter die Gruppenfreistellung. Der wichtigste wettbewerbsrechtliche Einwand gegen solche Beschränkungen liegt in der Gefahr, dass der Lizenznehmer außerhalb des lizenzierten Anwendungsbereichs als Wettbewerber wegfällt. Diese Gefahr ist bei wechselseitigen Lizenzen zwischen Wettbewerbern noch größer, wenn die Vereinbarung asymmetrische Nutzungsbeschränkungen vorsieht. Eine Nutzungsbeschränkung ist asymmetrisch, wenn die eine lizenzierte Technologie von einer Partei in einem Wirtschaftszweig, Produktmarkt oder technischen Anwendungsbereich genutzt werden darf und die andere lizenzierte Technologie von der anderen Partei in einem anderen Wirtschaftszweig, Produktmarkt oder technischen Anwendungsbereich. Wettbewerbsbedenken können sich insbesondere dann einstellen, wenn mit den Produktionsanlagen des Lizenznehmers, die zur Verwendung der lizenzierten Technologie umgerüstet worden sind, auch Produkte außerhalb des lizenzierten Anwendungsbereichs auf der Grundlage der eigenen Technologie des Lizenznehmers hergestellt werden. Ist zu erwarten, dass die Vereinbarung den Lizenznehmer zur Verringerung seines Outputs außerhalb des lizenzierten Anwendungsbereichs veranlasst, so fällt die Vereinbarung in der Regel unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV. Symmetrische Nutzungsbeschränkungen, das heißt Vereinbarungen, in denen die Parteien einander Lizenzen zur Nutzung ihrer Technologien in denselben Anwendungsbereichen erteilen, fallen in der Regel nicht unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV. Es ist unwahrscheinlich, dass solche Vereinbarungen den Wettbewerb beschränken, der ohne die Vereinbarungen bestanden hätte. Ebenso unwahrscheinlich ist es, dass Artikel 101 Absatz 1 auf Vereinbarungen Anwendung findet, die es dem Lizenznehmer lediglich ermöglichen, seine eigene Technologie im Rahmen der Lizenz weiterzuentwickeln und zu verwerten, ohne Verletzungsklagen des Lizenzgebers befürchten zu müssen. In diesen Fällen wird der Wettbewerb, der vor Abschluss der Vereinbarung bestanden hat, durch die Nutzungsbeschränkungen allein nicht eingeschränkt. Vor Abschluss der Vereinbarung war der Lizenznehmer überdies der Gefahr von Verletzungsklagen in Bereichen außerhalb des lizenzierten Anwendungsbereichs ausgesetzt. Beendet oder reduziert der Lizenznehmer jedoch seine Aktivitäten außerhalb des lizenzierten Anwendungsbereichs ohne wirtschaftlichen Grund, kann dies ein Hinweis auf eine verdeckte Marktaufteilungsvereinbarung sein, die als Kernbeschränkung nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der TT-GVO zu werten ist.

214.

Nutzungsbeschränkungen für Lizenznehmer und Lizenzgeber in Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern sind bis zur Marktanteilsschwelle von 30 % freigestellt. Nutzungsbeschränkungen in Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern, bei denen sich der Lizenzgeber einen oder mehrere Produktmärkte oder technische Anwendungsbereiche vorbehält, sind im Allgemeinen entweder nicht wettbewerbsschädigend oder effizienzsteigernd. Sie fördern die Verbreitung neuer Technologien, indem sie dem Lizenzgeber einen Anreiz zur Vergabe von Lizenzen für die Nutzung der Technologie in Bereichen geben, in denen er die Technologie nicht selbst einsetzen will. Wenn der Lizenzgeber nicht verhindern könnte, dass Lizenznehmer in Bereichen tätig sind, in denen er selbst die Technologie verwendet, würde ihn dies vermutlich davon abhalten, Lizenzen zu vergeben.

215.

In Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern hat der Lizenzgeber in der Regel auch das Recht, verschiedenen Lizenznehmern Exklusiv- oder Alleinlizenzen zu erteilen, die jeweils auf einen oder mehrere Anwendungsbereiche beschränkt sind. Solche Beschränkungen begrenzen den technologieinternen Wettbewerb zwischen Lizenznehmern in derselben Weise wie Exklusivlizenzen und werden in derselben Weise geprüft (siehe Abschnitt 4.2.2.1 oben).

4.2.5   Beschränkung auf den Eigenbedarf

216.

Die Beschränkung auf den Eigenbedarf kann als Auflage für den Lizenznehmer definiert werden, seine Herstellung des lizenzierten Produkts auf die Menge zu beschränken, die für die Herstellung, Wartung und Reparatur seiner eigenen Produkte erforderlich ist. Das heißt, diese Art von Beschränkung erfolgt in Form einer Verpflichtung für den Lizenznehmer, die Produkte, die die lizenzierte Technologie enthalten, lediglich als Input für seine eigene Produktion zu benutzen, sie aber nicht an andere Hersteller für deren Produktion zu verkaufen. Für Beschränkungen auf den Eigenbedarf gilt die Gruppenfreistellung bis zu einem Marktanteil von 20 % bzw. 30 %. Oberhalb dieser Schwelle muss geprüft werden, welche wettbewerbsfördernden und wettbewerbsschädigenden Wirkungen die Beschränkungen haben. Hier ist zwischen Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern und Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern zu unterscheiden.

217.

Bei Lizenzvereinbarungen zwischen Wettbewerbern hindert eine Beschränkung, die dem Lizenznehmer lediglich gestattet, die Lizenz für die Verwendung in seinen eigenen Produkten zu nutzen, den Lizenznehmer daran, als Zulieferer für Dritte aufzutreten. Wenn der Lizenznehmer vor Abschluss der Vereinbarung kein tatsächlicher oder wahrscheinlicher potenzieller Zulieferer für andere Hersteller war, bedeutet die Beschränkung auf den Eigenbedarf keine Veränderung gegenüber der früheren Situation. In diesem Fall wird die Beschränkung in gleicher Weise geprüft wie bei Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern. Ist der Lizenznehmer hingegen ein tatsächlicher oder wahrscheinlicher Zulieferer, so muss geprüft werden, wie sich die Vereinbarung auf diese Tätigkeit auswirken wird. Wenn der Lizenznehmer auf die Technologie des Lizenzgebers umstellt und seine eigene Technologie und damit auch seine Zuliefertätigkeit aufgibt, schränkt die Vereinbarung den Wettbewerb ein, der vor Abschluss der Vereinbarung bestand. Verfügt der Lizenzgeber über erhebliche Marktmacht auf dem Zuliefermarkt, so können sich hieraus für den Markt schwerwiegende negative Folgen ergeben.

218.

Bei Lizenzvereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern können sich aus Beschränkungen auf den Eigenbedarf insbesondere zwei Gefahren für den Wettbewerb ergeben: eine Beschränkung des technologieinternen Wettbewerbs auf dem Markt für die Lieferung von Inputs und ein Ausschluss der Arbitrage zwischen Lizenznehmern, was dem Lizenzgeber mehr Möglichkeiten gibt, von den Lizenznehmern unterschiedliche Lizenzgebühren zu fordern.

219.

Beschränkungen auf den Eigenbedarf können aber auch eine den Wettbewerb steigernde Lizenzvergabe fördern. Wenn der Lizenzgeber Zulieferer ist, kann eine solche Beschränkung erforderlich sein, um eine Verbreitung der Technologie zwischen Nicht-Wettbewerbern zu ermöglichen. Bei Fehlen einer solchen Beschränkung würde der Lizenzgeber möglicherweise keine Lizenz vergeben oder nur gegen höhere Lizenzgebühren, weil er sich andernfalls damit auf dem Zuliefermarkt Konkurrenten schaffen würde. In diesen Fällen liegt in der Regel keine Wettbewerbsbeschränkung vor oder Artikel 101 Absatz 3 AEUV findet Anwendung. Der Lizenznehmer darf jedoch nicht daran gehindert werden, die lizenzierten Produkte als Ersatzteile für seine eigenen Erzeugnisse zu verkaufen. Der Lizenznehmer muss in der Lage sein, den Ersatzteilemarkt für seine eigenen Produkte zu bedienen und auch unabhängige Dienstleistungsunternehmen zu beliefern, die Erzeugnisse des Lizenznehmers warten und reparieren.

220.

Wenn der Lizenzgeber auf dem relevanten Produktmarkt nicht als Zulieferer tätig ist, gelten die vorgenannten Gründe für eine Beschränkung auf den Eigenbedarf nicht, weil in solchen Fällen eine Verbreitung der Technologie gefördert werden könnte, indem sichergestellt wird, dass die Lizenznehmer nicht an Hersteller weiterverkaufen, die mit dem Lizenzgeber auf anderen Märkten im Wettbewerb stehen. Die einschränkende Auflage für den Lizenznehmer, nicht an bestimmte Kundengruppen zu verkaufen, die dem Lizenzgeber vorbehalten sind, bildet jedoch in der Regel eine weniger beschränkende Alternative. Folglich ist in solchen Fällen eine Beschränkung auf den Eigenbedarf für die Verbreitung der Technologie normalerweise nicht erforderlich.

4.2.6   Kopplungs- und Paketvereinbarungen

221.

Kopplungsvereinbarungen liegen dann vor, wenn der Lizenzgeber dem Lizenznehmer bei der Vergabe einer Lizenz für eine Technologie (dem Kopplungsprodukt) zur Bedingung macht, auch die Lizenz für eine andere Technologie zu erwerben oder aber ein Produkt des Lizenzgebers oder ein anderes von ihm bezeichnetes Produkt (das gekoppelte Produkt) zu kaufen. In einer Paketvereinbarung werden demgegenüber zwei Technologien oder eine Technologie und ein Produkt zusammen als Paket angeboten. Voraussetzung ist in beiden Fällen allerdings, dass die betreffenden Produkte und Technologien unterschiedlich in dem Sinne sein müssen, dass für jedes Produkt bzw. jede Technologie, das bzw. die Bestandteil der Kopplung oder des Pakets ist, eine getrennte Nachfrage bestehen muss. Dies ist in der Regel dann nicht der Fall, wenn die Technologien oder Produkte in der Weise miteinander verbunden sind, dass die lizenzierte Technologie nicht ohne das gekoppelte Produkt bzw. ein Bestandteil des Pakets nicht ohne den anderen genutzt werden kann. Der Ausdruck „Kopplung“ bezieht sich im Folgenden sowohl auf Kopplungs- als auch auf Paketvereinbarungen.

222.

Artikel 3 der TT-GVO, der die Anwendung der Gruppenfreistellung von der Höhe der Marktanteile abhängig macht, stellt sicher, dass Kopplungs- und Paketvereinbarungen oberhalb des Schwellenwerts von 20 % (Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern) bzw. 30 % (Vereinbarungen zwischen Nicht-Wettbewerbern) von der Gruppenfreistellung ausgenommen sind. Die Marktanteilsschwellen gelten für jeden von der Lizenzvereinbarung betroffenen Technologie- oder Produktmarkt einschließlich der Märkte der gekoppelten Produkte. Oberhalb dieser Marktanteilsschwellen müssen die wettbewerbsschädigenden und wettbewerbsfördernden Wirkungen der Kopplung gegeneinander abgewogen werden.

223.

Die wichtigste beschränkende Wirkung der Kopplung ist der Ausschluss von Konkurrenzunternehmen. Kopplungsklauseln können es dem Lizenzgeber auch ermöglichen, seine Stellung auf dem Markt des Kopplungsprodukts zu erhalten, indem sie neue Anbieter unter Umständen dazu zwingen, in mehrere Märkte gleichzeitig einzutreten, und so Marktzutrittsschranken errichten. Sie können es dem Lizenzgeber darüber hinaus ermöglichen, die Lizenzgebühren zu erhöhen, und zwar insbesondere dann, wenn Kopplungsprodukt und gekoppeltes Produkt teilweise substituierbar sind und beide Produkte nicht in einem festen Verhältnis zueinander verwendet werden. Die Kopplung hindert den Lizenznehmer aufgrund der höheren Lizenzgebühren für das Kopplungsprodukt daran, zur Verwendung anderer Inputs überzugehen. Diese Wettbewerbsbedenken gelten unabhängig davon, ob die Vertragsparteien Wettbewerber sind oder nicht. Die Kopplung hat nur dann in der Regel wettbewerbsschädigende Wirkungen, wenn der Lizenzgeber auf dem Markt für das Kopplungsprodukt über erhebliche Marktmacht verfügt und somit den Wettbewerb bei dem gekoppelten Produkt einschränken kann. Bei mangelnder Marktmacht in Bezug auf das Kopplungsprodukt kann der Lizenzgeber seine Technologie nicht für das wettbewerbsschädigende Ziel einsetzen, Anbieter von gekoppelten Produkten vom Markt auszuschließen. Darüber hinaus muss die Kopplung wie im Falle eines Wettbewerbsverbots einen bestimmten Anteil auf dem Markt des gekoppelten Produkts betreffen, um spürbare Ausschlusswirkung zu entfalten. Wenn der Lizenzgeber eine starke Marktstellung auf dem Markt für das gekoppelte Produkt, aber nicht auf dem Markt für das Kopplungsprodukt innehat, wird die Beschränkung als Wettbewerbsverbotsklausel oder Mengenvorgabe eingestuft. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass etwaige Wettbewerbsprobleme ihren Ursprung auf dem Markt für das gekoppelte Produkt und nicht auf dem Markt für das Kopplungsprodukt haben (86).

224.

Kopplungsvereinbarungen können auch zu Effizienzvorteilen führen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn das gekoppelte Produkt notwendig ist, um eine technisch befriedigende Anwendung der lizenzierten Technologie zu erzielen oder um zu gewährleisten, dass die Produktion auf der Grundlage der Lizenz den Qualitätsstandards entspricht, die vom Lizenzgeber und anderen Lizenznehmern eingehalten werden. In solchen Fällen liegt in der Regel entweder keine Wettbewerbsbeschränkung vor oder die Kopplungsklausel erfüllt die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV. Wenn die Lizenznehmer das Markenzeichen oder die Marke des Lizenzgebers verwenden oder es für die Verbraucher offensichtlich ist, dass zwischen dem Produkt, das die lizenzierte Technologie enthält, und dem Lizenzgeber eine Verbindung besteht, hat der Lizenzgeber ein legitimes Interesse daran, dass die Qualität der Produkte so beschaffen ist, dass sie den Wert seiner Technologie und seine Reputation auf dem Markt nicht gefährdet. Ist den Verbrauchern bekannt, dass die Lizenznehmer (und der Lizenzgeber) auf der Grundlage derselben Technologie produzieren, dürften die Lizenznehmer nur dann bereit sein, eine Lizenz zu erwerben, wenn die Technologie von allen in einer technisch zufriedenstellenden Weise eingesetzt wird.

225.

Kopplungsvereinbarungen können auch wettbewerbsfördernd sein, wenn das gekoppelte Produkt es dem Lizenznehmer ermöglicht, die lizenzierte Technologie wesentlich effizienter zu nutzen. Wenn etwa der Lizenzgeber eine Lizenz für eine besondere Verfahrenstechnik vergibt, können die Vertragsparteien vereinbaren, dass der Lizenznehmer vom Lizenzgeber Katalysatoren erwirbt, die entwickelt wurden, um sie mit der lizenzierten Technologie zu verwenden und die es ermöglichen, diese Technologie effizienter zu nutzen als im Falle anderer Katalysatoren. Fällt die Beschränkung in solchen Fällen unter Artikel 101 Absatz 1, so dürften die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 in der Regel auch oberhalb der Marktanteilsschwellen erfüllt sein.

4.2.7   Wettbewerbsverbote

226.

Wettbewerbsverbote im Zusammenhang mit Technologielizenzen stellen sich als Auflagen für den Lizenznehmer dar, keine Technologien Dritter zu verwenden, die mit der lizenzierten Technologie im Wettbewerb stehen. Sofern ein Wettbewerbsverbot ein Produkt oder eine Zusatztechnologie des Lizenzgebers betrifft, gilt dafür Abschnitt 4.2.6 über Kopplungsvereinbarungen.

227.

Die TT-GVO stellt Wettbewerbsverbote frei, wenn es sich um Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern oder zwischen Nicht-Wettbewerbern mit Marktanteilen von nicht mehr als 20 % bzw. 30 % handelt.

228.

Die größte Gefahr für den Wettbewerb besteht bei Wettbewerbsverboten darin, dass Technologien Dritter vom Markt ausgeschlossen werden. Wettbewerbsverbote können auch Absprachen zwischen Lizenzgebern erleichtern, wenn mehrere Lizenzgeber sie in separaten Vereinbarungen anwenden (das heißt bei kumulativer Anwendung). Dadurch, dass konkurrierende Technologien vom Markt ausgeschlossen werden, verringert sich sowohl der Wettbewerbsdruck auf die Lizenzgebühren, die vom Lizenzgeber erhoben werden, als auch der Wettbewerb zwischen den marktbeherrschenden Technologien, weil die Möglichkeiten der Lizenznehmer beschnitten werden, auf andere Technologien umzusteigen. Da das Hauptproblem in beiden Fällen der Ausschluss ist, können Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern und Nicht-Wettbewerbern in der Regel auf die gleiche Weise beurteilt werden. Bei Cross-Licensing zwischen Wettbewerbern, bei dem beide Parteien vereinbaren, keine Technologie von Dritten zu verwenden, kann die Vereinbarung Absprachen auf dem Produktmarkt erleichtern, weshalb eine niedrigere Marktanteilsschwelle von 20 % zugrunde gelegt wird.

229.

Ein Ausschluss kann vorliegen, wenn ein erheblicher Anteil der potenziellen Lizenznehmer bereits an einen oder — im Falle kumulativer Wirkungen — an mehrere Technologieanbieter gebunden ist und daran gehindert wird, konkurrierende Technologien zu nutzen. Ausschlusseffekte können sich auch aus Vereinbarungen ergeben, die von einem Lizenzgeber geschlossen worden sind, der über erhebliche Marktmacht verfügt, oder aus der kumulativen Wirkung von Vereinbarungen, die verschiedene Lizenzgeber geschlossen haben. Dies gilt auch dann, wenn die TT-GVO für jede einzelne Vereinbarung oder das Netz von Vereinbarungen anwendbar ist. Im letzteren Fall dürfte sich ein schwerwiegender kumulativer Effekt aber in der Regel nicht ergeben, sofern weniger als 50 % des Marktes gebunden sind. Oberhalb dieser Schwelle dürften erhebliche Ausschlusseffekte auftreten, wenn für neue Lizenznehmer relativ hohe Zutrittsschranken bestehen. Sind die Marktzutrittsschranken niedrig, können neue Lizenznehmer in den Markt eintreten und wirtschaftlich attraktive Technologien nutzen, die Dritte innehaben; damit besteht eine echte Alternative zu den etablierten Lizenznehmern. Um die tatsächlichen Möglichkeiten für den Markteintritt und die Expansion Dritter beurteilen zu können, muss auch beachtet werden, in welchem Umfang Vertriebshändler durch Wettbewerbsverbote an Lizenznehmer gebunden sind. Technologien Dritter haben nur dann eine reelle Chance, auf dem Markt Fuß zu fassen, wenn sie Zugang zu den notwendigen Produktions- und Vertriebseinrichtungen haben. Der Markteintritt hängt somit nicht nur von den vorhandenen Lizenznehmern ab, sondern auch davon, welche Vertriebsmöglichkeiten sie haben. Bei der Beurteilung der Ausschlusseffekte auf der Vertriebsebene wird die Kommission den analytischen Rahmen zugrunde legen, der in Abschnitt VI.2.1 der Leitlinien für vertikale Beschränkungen dargestellt ist (87).

230.

Wenn ein Lizenzgeber über erhebliche Marktmacht verfügt, so kann die Auflage für Lizenznehmer, Technologie ausschließlich vom Lizenzgeber zu beziehen, zu spürbaren Ausschlusseffekten führen. Je stärker die Marktstellung des Lizenzgebers ist, desto größer ist die Gefahr, dass konkurrierende Technologien vom Markt ausgeschlossen werden. Spürbare Ausschlusseffekte können selbst dann eintreten, wenn Wettbewerbsverbote nicht für einen erheblichen Teil des Marktes gelten, etwa wenn sich Wettbewerbsverbote gegen Unternehmen richten, die am ehesten Lizenzen für konkurrierende Technologien vergeben würden. Die Gefahr des Ausschlusses ist besonders hoch, wenn es nur eine begrenzte Anzahl potenzieller Lizenznehmer gibt und die Lizenzvereinbarung eine Technologie betrifft, die von den Lizenznehmern zur Herstellung von Inputs für den Eigenbedarf genutzt wird. In diesen Fällen dürften die Marktzutrittsschranken für einen neuen Lizenzgeber hoch sein. Ausschlüsse sind weniger wahrscheinlich, wenn die Technologie zur Herstellung eines Produkts eingesetzt wird, das für Dritte bestimmt ist. Die Beschränkung bindet in diesem Fall zwar auch Produktionskapazitäten für den betreffenden Input, nicht aber die den Lizenznehmern nachgelagerte Nachfrage. Für den Markteintritt benötigen die Lizenzgeber in letzterem Fall lediglich Zugang zu Lizenznehmern mit geeigneten Produktionskapazitäten. Einem Lizenzgeber dürfte es in der Regel nicht möglich sein, Wettbewerber am Zugang zu leistungsfähigen Lizenznehmern zu hindern, indem er seinen Lizenznehmern Wettbewerbsverbote auferlegt, es sei denn, es gibt nur wenige Unternehmen, die über geeignete Anlagen verfügen oder in der Lage sind, solche Anlagen zu erwerben, die für den Erwerb einer Lizenz erforderlich sind.

231.

Wettbewerbsverbote können auch wettbewerbsfördernde Wirkungen haben. Erstens können solche Auflagen die Verbreitung der Technologie fördern, indem sie das Risiko einer unrechtmäßigen Nutzung der lizenzierten Technologie, insbesondere des Know-hows, senken. Wenn ein Lizenznehmer das Recht hat, von Dritten Lizenzen für konkurrierende Technologien zu erwerben, besteht das Risiko, dass gesondert lizenziertes Know-how beim Einsatz konkurrierender Technologien benutzt wird und somit den Wettbewerbern zugutekommt. Wenn ein Lizenznehmer auch konkurrierende Technologien nutzt, macht dies in der Regel eine Überwachung der Lizenzgebühren schwieriger und kann als Hemmnis für die Lizenzvergabe wirken.

232.

Zweitens können Wettbewerbsverbote gegebenenfalls in Kombination mit einem Exklusivgebiet notwendig sein, um dem Lizenznehmer Anreize zu bieten, Investitionen in die lizenzierte Technologie zu tätigen und sie effektiv zu nutzen. Fällt die Vereinbarung unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV, weil sie spürbare Ausschlusseffekte aufweist, kann es zur Inanspruchnahme des Artikels 101 Absatz 3 erforderlich sein, sich für eine weniger restriktive Alternative zu entscheiden und beispielsweise Mindestproduktionsvorgaben oder Mindestlizenzgebühren aufzuerlegen, die in der Regel weniger geeignet sind, konkurrierende Technologien auszuschließen.

233.

Drittens können in Fällen, in denen sich der Lizenzgeber zu erheblichen kundenspezifischen Investitionen verpflichtet, zum Beispiel in die Ausbildung sowie in die Anpassung der lizenzierten Technologie an die Bedürfnisse des Lizenznehmers, entweder Wettbewerbsverbote oder alternativ dazu Mindestproduktionsvorgaben oder Mindestlizenzgebühren notwendig sein, um den Lizenzgeber zu veranlassen, diese Investitionen zu tätigen, und Sperrprobleme zu vermeiden. In der Regel kann der Lizenzgeber jedoch für solche Investitionen direkt eine Pauschalsumme in Rechnung stellen, das heißt es gibt Alternativen, die weniger beschränkend sind als Wettbewerbsverbote.

4.3   Streitbeilegungsvereinbarungen

234.

Technologierecht-Lizenzvereinbarungen in Streitbeilegungsvereinbarungen können dazu beitragen, Streitigkeiten beizulegen oder zu vermeiden, dass eine Partei ihre Rechte des geistigen Eigentums dazu nutzt, die andere Partei an der Nutzung ihrer eigenen Technologierechte zu hindern (88).

235.

Streitbeilegungsvereinbarungen im Zusammenhang mit Technologiestreitigkeiten sind, ebenso wie in vielen anderen Bereichen der Wirtschaftskonflikte, grundsätzlich eine legitime Möglichkeit, einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss in einer Bona-fide-Rechtsstreitigkeit zu finden. Die Parteien ziehen es möglicherweise vor, die Auseinandersetzung oder Streitigkeit einzustellen, da sie sich als zu kostspielig oder zu zeitaufwändig erweist und/oder zu ungewiss erscheint. Infolge von Streitbeilegungen brauchen Gerichte und/oder zuständige Verwaltungsorgane ferner möglicherweise nicht über die Sache zu entscheiden, was sich wohlstandsfördernd auswirkt. Es liegt jedoch im allgemeinen öffentlichen Interesse, alle Hindernisse für die Innovations- und Wirtschaftstätigkeit auszuräumen, die sich aus ungültigen Rechten des geistigen Eigentums ergeben können (89).

236.

Eine Lizenzvergabe einschließlich Cross-Licensing im Rahmen von Streitbeilegungsvereinbarungen schränkt im Allgemeinen nicht schon an sich den Wettbewerb ein, da sie es den Parteien erlaubt, ihre Technologien nach Abschluss der Vereinbarung zu nutzen. In Fällen, in denen der Lizenznehmer ohne die Lizenz möglicherweise vom Markt ausgeschlossen würde, fällt der Zugang des Lizenznehmers zur betreffenden Technologie mittels einer Streitbeilegungsvereinbarung im Allgemeinen nicht unter Artikel 101 Absatz 1.

237.

Die einzelnen Bedingungen von Streitbeilegungsvereinbarungen können allerdings unter Artikel 101 Absatz 1 fallen. Lizenzvereinbarungen im Rahmen von Streitbeilegungsvereinbarungen werden genauso behandelt wie andere Lizenzvereinbarungen (90). In diesen Fällen ist es besonders wichtig zu bewerten, ob die Parteien potenzielle oder tatsächliche Wettbewerber sind.

Vergütete Beschränkung in Streitbeilegungsvereinbarungen

238.

Streitbeilegungsvereinbarungen mit vergüteten Beschränkungen oder Verzögerungen beinhalten in vielen Fällen keinen Transfer von Technologierechten, sondern basieren auf einem Vermögenstransfer einer Partei für eine Beschränkung des Markteintritts und/oder der Expansion auf dem Markt der anderen Partei; sie können unter Artikel 101 Absatz 1 fallen (91).

239.

Beinhaltet eine derartige Streitbeilegungsvereinbarung jedoch auch die Gewährung einer Lizenz für die Technologierechte, die von der zugrundeliegenden Streitigkeit betroffen sind, und bewirkt sie eine Verzögerung oder sonstige Beschränkung der Möglichkeiten des Lizenznehmers, das Produkt auf den betroffenen Märkten einzuführen, so fällt sie unter Umständen unter Artikel 101 Absatz 1 und müsste dann insbesondere auf der Grundlage des Artikels 4 Absatz 1 Buchstaben c und d der TT-GVO geprüft werden (siehe Abschnitt 3.4.2 oben). Wenn die Parteien einer derartigen Streitbeilegungsvereinbarung tatsächliche oder potenzielle Wettbewerber sind und ein wesentlicher Vermögenstransfer vom Lizenzgeber an den Lizenznehmer stattgefunden hat, wird die Kommission die Gefahr einer Marktzuteilung/Marktaufteilung besonders sorgfältig prüfen.

Cross-Licensing in Streitbeilegungsvereinbarungen

240.

Streitbeilegungsvereinbarungen, bei denen die Parteien einander wechselseitig Lizenzen erteilen und Beschränkungen bezüglich der Verwendung ihrer Technologien, einschließlich der Lizenzvergabe an Dritte, auferlegen, können unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen. Verfügen die Parteien über erhebliche Marktmacht und enthält die Vereinbarung Beschränkungen, die eindeutig über das hinausgehen, was zur Auflösung einer Sperrposition erforderlich ist, so fällt die Vereinbarung vermutlich unter Artikel 101 Absatz 1, auch wenn wahrscheinlich ist, dass eine zweiseitige Sperrposition besteht. Artikel 101 Absatz 1 greift insbesondere dann, wenn die Parteien Märkte aufteilen oder wechselseitig Lizenzgebühren festsetzen, die sich spürbar auf die Marktpreise auswirken.

241.

Sind die Parteien gemäß der Streitbeilegungsvereinbarung zur Nutzung der Technologie der jeweils anderen Partei berechtigt und gilt dieses Recht auch für künftige Entwicklungen, so ist zu prüfen, wie sich die Vereinbarung auf die Innovationsanreize für die Parteien auswirkt. Verfügen die Parteien über erhebliche Marktmacht und werden sie durch die Vereinbarung daran gehindert, einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber der anderen Partei zu erlangen, so fällt die Vereinbarung in der Regel unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV. Vereinbarungen, die die Möglichkeit, dass eine Partei einen Wettbewerbsvorsprung erlangt, ausschalten oder erheblich reduzieren, verringern den Innovationsanreiz und wirken sich damit negativ auf einen wesentlichen Teil des Wettbewerbsprozesses aus. Solche Vereinbarungen dürften die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 in der Regel nicht erfüllen. Insbesondere ist es unwahrscheinlich, dass die Beschränkung als unerlässlich im Sinne der dritten Voraussetzung des Artikels 101 Absatz 3 angesehen werden kann. Der Zweck der Vereinbarung, dass beide Parteien sich nicht gegenseitig an der weiteren Nutzung ihrer eigenen Technologie hindern, erfordert nicht, dass die Parteien auch die gemeinsame Nutzung künftiger Innovationen vereinbaren. Die Parteien dürften aber in der Regel nicht daran gehindert werden, einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber der anderen Partei zu erlangen, wenn die Lizenz darauf abzielt, ihnen die Entwicklung ihrer jeweiligen Technologien zu ermöglichen, und wenn sie die Parteien nicht dazu veranlasst, dieselben technologischen Lösungen zu nutzen. Solche Vereinbarungen beugen künftigen Verletzungsklagen der anderen Partei vor und sorgen für Gestaltungsfreiheit.

Nichtangriffsklauseln in Streitbeilegungsvereinbarungen

242.

Nichtangriffsklauseln in Streitbeilegungsvereinbarungen fallen in der Regel nicht unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV. Es ist charakteristisch für solche Vereinbarungen, dass sich die Parteien darauf einigen, die Rechte des geistigen Eigentums, die im Mittelpunkt der Streitigkeit standen, nicht im Nachhinein anzufechten. Es ist ja gerade der Sinn dieser Vereinbarung, bestehende Konflikte zu lösen und/oder künftige zu vermeiden.

243.

Nichtangriffsklauseln in Streitbeilegungsvereinbarungen können jedoch unter bestimmten Umständen wettbewerbsschädigend sein und unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen. Die Beschränkung der Möglichkeit, ein Recht des geistigen Eigentums anzufechten, gehört nicht zum spezifischen Gegenstand eines Rechts des geistigen Eigentums und kann den Wettbewerb beschränken. So könnte eine Nichtangriffsklausel gegen Artikel 101 Absatz 1 verstoßen, wenn ein Recht des geistigen Eigentums auf der Grundlage unrichtiger oder irreführender Auskünfte gewährt wurde. (92) Eine eingehende Prüfung derartiger Klauseln ist unter Umständen auch dann erforderlich, wenn der Lizenzgeber dem Lizenznehmer abgesehen von der Lizenz für die Technologierechte einen finanziellen oder sonstigen Anreiz bietet, sich damit einverstanden zu erklären, die Gültigkeit der Technologierechte nicht anzufechten oder wenn die Technologierechte ein notwendiger Input für die Produktion des Lizenznehmers sind (siehe auch Randnummer (136)).

4.4   Technologiepools

244.

Als Technologiepools gelten Vereinbarungen, bei denen zwei oder mehr Parteien ein Technologiepaket zusammenstellen, das nicht nur an die Mitglieder des Pools, sondern auch an Dritte in Lizenz vergeben wird. Hinsichtlich ihrer Struktur können Technologiepools in Form einfacher Vereinbarungen zwischen einer begrenzten Anzahl von Parteien errichtet werden oder aber als komplexe Organisation, in der eine separate Stelle mit der Lizenzierung des Technologiepakets betraut wird. In beiden Fällen kann der Pool den Lizenznehmern gestatten, auf der Grundlage einer einzigen Lizenz auf dem Markt zu operieren.

245.

Häufig unterstützen die im Pool zusammengeführten Technologien als Ganzes oder in Teilen einen de facto oder de jure bestehenden Industriestandard. Es besteht allerdings keine unmittelbare Verbindung zwischen einem Technologiepool und einem bestimmten Industriestandard (93). Unterschiedliche Technologiepools können konkurrierende Standards unterstützen (94). Technologiepools können wettbewerbsfördernde Wirkungen haben, zumal sie Transaktionskosten senken und der Kumulierung von Lizenzgebühren Grenzen setzen, so dass eine doppelte Gewinnmaximierung vermieden wird. Sie ermöglichen eine zentrale Lizenzvergabe für die vom Pool gehaltenen Technologien. Dies ist vor allem in Wirtschaftszweigen wichtig, in denen Rechte des geistigen Eigentums von zentraler Bedeutung sind und es für die Marktpräsenz erforderlich ist, von einer erheblichen Anzahl von Lizenzgebern Lizenzen zu erhalten. Wenn Lizenznehmer ständige Betreuung bei der Anwendung der lizenzierten Technologie erhalten, kann eine gemeinsame Lizenzvergabe und Betreuung zu weiteren Kostensenkungen führen. Auch bei der Umsetzung wettbewerbsfördernder Standards können Patentpools eine positive Rolle spielen.

246.

Technologiepools können den Wettbewerb auch beschränken, denn ihre Gründung impliziert zwangsläufig den gemeinsamen Absatz der zusammengeführten Technologien, was bei Pools, die ausschließlich oder vorwiegend aus substituierbaren Technologien bestehen, zu einem Preiskartell führen kann. Darüber hinaus können Technologiepools nicht nur den Wettbewerb zwischen den Vertragsparteien verringern, insbesondere wenn sie einen Industriestandard unterstützen oder de facto begründen, sondern durch den Ausschluss alternativer Technologien auch den Innovationswettbewerb. Ein vorhandener Standard und ein entsprechender Technologiepool können den Marktzugang für neue und verbesserte Technologien erschweren.

247.

Vereinbarungen zur Gründung von Technologiepools und zur Festlegung ihrer Funktionsweise fallen — unabhängig von der Anzahl der Parteien — nicht unter die Gruppenfreistellung, da die Vereinbarung zur Gründung des Pools nicht einem bestimmten Lizenznehmer die Produktion der Vertragsprodukte erlaubt (siehe Abschnitt 3.2.4). Für sie gelten lediglich diese Leitlinien. Poolvereinbarungen werfen eine Reihe besonderer Fragen bezüglich der Auswahl der einbezogenen Technologien und der Funktionsweise auf, die bei anderen Arten der Lizenzvergabe nicht auftreten. Bei der Lizenzvergabe im Rahmen eines Pools handelt es sich im Allgemeinen um eine Mehrparteien-Vereinbarung, da die Mitglieder die Bedingungen für eine derartige Lizenzvergabe gemeinsam festlegen. Daher fällt sie nicht unter die Gruppenfreistellung. Die Lizenzvergabe im Rahmen eines Pools wird unter Randnummer (261) und in Abschnitt 4.4.2 behandelt.

4.4.1   Prüfung der Bildung und Verwaltung von Technologiepools

248.

Die Art und Weise, wie ein Technologiepool gebildet, organisiert und verwaltet wird, kann zum einen das Risiko verringern, dass er eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt, und zum anderen Sicherheiten bieten, dass die Pool-Vereinbarung dem Wettbewerb förderlich ist. Bei der Bewertung von möglichen Gefahren für den Wettbewerb und Effizienzsteigerungen wird die Kommission unter anderem Folgendes berücksichtigen: die Transparenz der Poolgründung, Auswahl und Art der zusammengeführten Technologien einschließlich des Umfangs, in dem unabhängige Sachverständige an Gründung und Verwaltung des Pools beteiligt sind, sowie die Frage, ob Vorkehrungen getroffen wurden, um zu gewährleisten, dass sensible Informationen nicht ausgetauscht werden, und ob unabhängige Streitbeilegungsverfahren vorgesehen sind.

Offene Teilnahme

249.

Wenn die Beteiligung an einem Standard und die Gründung eines Pools allen interessierten Parteien offensteht, werden die für die Einbeziehung in den Pool in Frage kommenden Technologien eher auf der Grundlage von Preis-/Qualitätserwägungen ausgewählt werden, als wenn ein Pool lediglich von einer begrenzten Gruppe von Technologieinhabern gegründet wird.

Auswahl und Art der zusammengeführten Technologien

250.

Welche Gefahren für den Wettbewerb und welches effizienzsteigernde Potenzial Technologiepools aufweisen, hängt weitgehend von der Beziehung zwischen den zusammengeführten Technologien und ihrem Verhältnis zu den Technologien außerhalb des Pools ab. Hierbei muss unterschieden werden zwischen a) technologischen Ergänzungen und technologischen Substituten einerseits und b) essenziellen und nichtessenziellen Technologien andererseits.

251.

Zwei Technologien ergänzen einander, wenn sie — im Gegensatz zu Substituten — beide erforderlich sind, um ein Produkt herzustellen oder das Verfahren anzuwenden, auf das sich die Technologien beziehen. Dagegen liegen zwei technologische Substitute vor, wenn jede der beiden Technologien es dem Inhaber ermöglicht, das Produkt herzustellen oder das Verfahren anzuwenden, auf das sich die Technologien beziehen.

252.

Eine Technologie kann für Folgendes wichtig sein: a) für die Herstellung eines bestimmten Produkts oder die Anwendung eines bestimmten Verfahrens, auf das sich die zusammengeführten Technologien beziehen oder b) für die Herstellung eines derartigen Produkts bzw. die Anwendung eines derartigen Verfahrens nach einem Standard, der die zusammengeführten Technologien umfasst. Im ersten Fall ist eine Technologie essenziell, wenn es zu ihr (anders als bei einer nichtessenziellen Technologie) innerhalb und außerhalb des Pools kein (in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht) mögliches Substitut gibt und die betreffende Technologie notwendiger Bestandteil des Pakets an Technologien ist, die für die Herstellung der Produkte oder die Anwendung der Verfahren, auf die sich der Pool bezieht, unerlässlich sind. Im zweiten Fall ist eine Technologie essenziell, wenn sie einen notwendigen Bestandteil der zusammengeführten Technologien bildet (das heißt, es gibt keine tragfähigen Substitute), die für die Erfüllung des vom Pool unterstützten Standards (standardessenzielle Technologien) unerlässlich sind. Essenzielle Technologien sind per definitionem gleichzeitig einander ergänzende Technologien. Die einfache Erklärung des Inhabers einer Technologie, dass eine Technologie essenziell ist, bedeutet nicht, dass dies auch nach den in dieser Randnummer aufgeführten Kriterien zutrifft.

253.

Wenn die Technologien eines Pools Substitute sind, dürften die Lizenzgebühren höher ausfallen, da die Lizenznehmer nicht von der Konkurrenz zwischen den betreffenden Technologien profitieren können. Wenn sich hingegen die Technologien in einem Pool ergänzen, senkt der Technologiepool die Transaktionskosten und kann insgesamt zu niedrigeren Lizenzgebühren führen, da die Parteien in der Lage sind, eine gemeinsame Lizenzgebühr für das gesamte Paket festzulegen und nicht jede Partei eine Lizenzgebühr für ihre eigene Technologie festsetzt, ohne dabei zu berücksichtigen, dass eine höhere Lizenzgebühr für eine Technologie in der Regel zu einer geringeren Nachfrage nach ergänzenden Technologien führt. Werden Lizenzgebühren für einander ergänzende Technologien einzeln festgesetzt, so ist die Gesamtsumme dieser Lizenzgebühren in vielen Fällen höher als die von einem Pool für das Paket derselben einander ergänzenden Technologien festgesetzte Gebühr. Auf die Bewertung der Rolle von Substituten außerhalb des Pools wird unter Randnummer (262) eingegangen.

254.

Die Unterscheidung zwischen ergänzenden und Substitut-Technologien ist nicht in allen Fällen eindeutig, da Technologien teilweise substituierbar und teilweise ergänzend sein können. Wenn aufgrund von Effizienzvorteilen, die sich aus der Zusammenführung zweier lizenzierter Technologien ergeben, Lizenznehmer wahrscheinlich beide Technologien verlangen, werden diese als Ergänzungen behandelt, selbst wenn sie teilweise substituierbar sind. In solchen Fällen dürften bei Fehlen eines Technologiepools die Lizenznehmer Lizenzen für beide Technologien erwerben wollen, da sich aus der Nutzung beider Technologien größere wirtschaftliche Vorteile ergeben als bei der Nutzung nur einer von beiden. Wenn es keinen derartigen nachfragebasierten Nachweis gibt, dass die zusammengeführten Technologien einander ergänzen, deutet es auf die Komplementarität dieser Technologien hin, wenn i) die Parteien, die Technologie in einen Pool einbringen, weiterhin das Recht haben, selbst Lizenzen für ihre Technologie zu gewähren, und ii) der Pool neben der Gewährung von Lizenzen für das Paket der Technologien aller Parteien bereit ist, für die Technologien der einzelnen Parteien auch separate Lizenzen zu vergeben, wobei iii) die Gesamtlizenzgebühren, die beim Erwerb separater Lizenzen für alle zusammengeführten Technologien anfallen, nicht höher sind als die Lizenzgebühren, die der Pool für das gesamte Technologiepaket erhebt.

255.

Die Aufnahme von Substitut-Technologien in den Pool schränkt den Technologienwettbewerb im Allgemeinen ein, da sie zu kollektiven Kopplungsgeschäften und zur Preisfestsetzung zwischen Wettbewerbern führen kann. Deshalb betrachtet die Kommission in der Regel die Einbeziehung erheblicher Substitut-Technologien in einen Pool als einen Verstoß gegen Artikel 101 Absatz 1 AEUV. Auch hält es die Kommission für unwahrscheinlich, dass die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 erfüllt sind, wenn ein Pool in erheblichem Umfang Substitut-Technologien enthält. Da es sich bei diesen Technologien um Alternativen handelt, ergeben sich aus der Aufnahme beider Arten von Technologien in den Pool keine Einsparungen bei den Transaktionskosten. Wenn es keinen Pool gäbe, würden die Lizenznehmer nicht beide Technologien gleichzeitig nachfragen. Zur Ausräumung der wettbewerbsrechtlichen Bedenken ist es nicht ausreichend, den Parteien freizustellen, unabhängig voneinander Lizenzen zu vergeben. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Parteien wahrscheinlich wenig Anreiz haben dürften, unabhängig voneinander Lizenzen zu vergeben, weil sie die Lizenzvergabe des Pools, die ihnen die gemeinsame Ausübung von Marktmacht ermöglicht, nicht untergraben wollen.

Auswahl und Aufgabe unabhängiger Sachverständiger

256.

Bei der Bewertung der wettbewerbsspezifischen Gefahren und des Effizienzsteigerungspotenzials von Technologiepools ist ferner von Bedeutung, in welchem Umfang unabhängige Sachverständige bei Gründung und Verwaltung des Pools einbezogen werden. Beispielsweise ist die Beurteilung, ob eine Technologie für einen vom Pool gestützten Standard essenziell ist oder nicht, häufig ein komplexer Vorgang, der besonderes Fachwissen erfordert. Die Einschaltung unabhängiger Sachverständiger bei der Auswahl der Technologien kann entscheidend dazu beitragen zu gewährleisten, dass die Auflage, lediglich essenzielle Technologien aufzunehmen, in der Praxis erfüllt ist. Wird die Auswahl der Technologien, die zu einem Pool gehören sollen, von einem unabhängigen Sachverständigen vorgenommen, so kann auch dies den Wettbewerb zwischen verfügbaren technologischen Lösungen fördern.

257.

Die Kommission berücksichtigt, wie die Sachverständigen ausgewählt werden und welche Aufgaben sie haben. Die Sachverständigen sollten von den Unternehmen, die den Pool bilden, unabhängig sein. Falls sie mit den Lizenzgebern (oder der Lizenzvergabe des Pools) verbunden oder in anderer Weise von ihnen abhängig sind, wird ihrem Beitrag weniger Gewicht beigemessen. Die Sachverständigen müssen ferner über das notwendige Fachwissen verfügen, um die verschiedenen Aufgaben erfüllen zu können, mit denen sie betraut werden. Zu den Aufgaben unabhängiger Sachverständiger kann insbesondere die Beurteilung gehören, ob Technologien, die für eine Einbeziehung in den Pool vorgeschlagen werden, gültig und für den Pool essenziell sind.

258.

Schließlich sind alle Streitbeilegungsverfahren, die möglicherweise in den Gründungsurkunden vorgesehen sind, von Bedeutung und sollten berücksichtigt werden. Eine unabhängige Streitbeilegung ist wahrscheinlicher, je unabhängiger die mit der Streitbeilegung betrauten Gremien oder Personen vom Pool und seinen Mitgliedern sind.

Vorkehrungen zur Vermeidung des Austauschs sensibler Informationen

259.

Außerdem ist zu prüfen, welche Regelungen für den Austausch sensibler Informationen zwischen den Parteien gelten (95). Auf Oligopolmärkten kann der Austausch sensibler Informationen — z. B. über Preisgestaltung und Umsätze — Absprachen erleichtern (96). In solchen Fällen berücksichtigt die Kommission, inwieweit Vorkehrungen getroffen wurden, um zu gewährleisten, dass sensible Informationen nicht ausgetauscht werden. Ein unabhängiger Sachverständiger oder ein unabhängiges lizenzerteilendes Organ kann hier insofern eine wichtige Rolle spielen, als er/es sicherstellt, dass Produktions- und Absatzdaten, die für die Berechnung und Kontrolle der Lizenzgebühren notwendig sind, nicht gegenüber Unternehmen offengelegt werden, die auf den betroffenen Märkten konkurrieren.

260.

Bei der Einführung derartiger Vorkehrungen ist besondere Sorgfalt geboten, wenn die interessierten Parteien gleichzeitig an der Gründung von Pools konkurrierender Standards beteiligt sind und dies zum Austausch sensibler Informationen zwischen den konkurrierenden Pools führen könnte.

Safe-Harbour-Bereich

261.

Gründung und Verwaltung des Pools einschließlich der Lizenzvergabe fallen — unabhängig von der Marktstellung der Parteien — im Allgemeinen nicht unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind.

a)

Die Beteiligung an der Gründung eines Pools steht allen interessierten Eigentümern von Technologierechten offen.

b)

Es werden ausreichende Vorkehrungen geschaffen, um sicherzustellen, dass nur essenzielle Technologien (die damit per definitionem auch einander ergänzende Technologien sind) zusammengeführt werden.

c)

Es werden ausreichende Vorkehrungen getroffen, um sicherzustellen, dass der Austausch sensibler Informationen (z. B. über Preisgestaltung und Produktion) auf das für die Gründung und Verwaltung des Pools erforderliche Maß beschränkt wird.

d)

Lizenzen für die zusammengeführten Technologien werden nicht exklusiv an den Pool vergeben.

e)

Lizenzen für die im Pool zusammengeführten Technologien werden in fairer, angemessener und diskriminierungsfreier Weise (FRAND-Grundsatz) (97) allen potenziellen Lizenznehmern erteilt.

f)

Den Parteien, die Technologien in den Pool einbringen, und den Lizenznehmern steht es frei, die Gültigkeit und den essenziellen Charakter der zusammengeführten Technologien anzufechten.

g)

Den Parteien, die Technologie in den Pool einbringen, und dem Lizenznehmer steht es frei, konkurrierende Produkte und Technologie zu entwickeln.

Außerhalb des Safe-Harbour-Bereichs

262.

Werden wichtige ergänzende, aber nichtessenzielle Patente in den Pool aufgenommen, so besteht die Gefahr des Ausschlusses von Technologien Dritter, denn sobald eine Technologie Bestandteil eines Pools ist und als Teil eines Pakets in Lizenz vergeben wird, dürfte es für die Lizenznehmer wenig Anreize geben, Lizenzen für konkurrierende Technologien zu erwerben, insbesondere wenn die für das Paket gezahlten Lizenzgebühren bereits eine Substitut-Technologie umfassen. Darüber hinaus sind die Lizenznehmer bei Einbeziehung von Technologien, die für die Herstellung von Produkten oder die Anwendung von Verfahren, auf die sich der Technologiepool bezieht, oder für die Erfüllung des Standards, der die zusammengeführte Technologie umfasst, nicht notwendig sind, gezwungen, auch für Technologien zu zahlen, die sie möglicherweise nicht benötigen. Die Einbeziehung derartiger ergänzender Technologie führt somit zu einer kollektiven Kopplung. Umfasst ein Pool nichtessenzielle Technologien, so dürfte die Vereinbarung unter Artikel 101 Absatz 1 fallen, sofern der Pool auf einem relevanten Markt eine bedeutende Stellung innehat.

263.

Da substituierbare und ergänzende Technologien nach Gründung des Pools entwickelt werden können, muss der essenzielle Charakter möglicherweise auch noch nach der Gründung des Pools geprüft werden. Eine Technologie kann nach Gründung des Pools ihren essenziellen Charakter verlieren, wenn neue Technologien Dritter auf den Markt gelangen. Erfährt der Pool, dass eine derartige neue Technologie Dritter Lizenznehmern angeboten und von diesen nachgefragt wird, können Bedenken hinsichtlich eines Ausschlusses dadurch vermieden werden, dass neuen und bestehenden Lizenznehmern eine Lizenz ohne die nicht mehr essenzielle Technologie zu einer entsprechend geringeren Lizenzgebühr angeboten wird. Daneben bestehen unter Umständen weitere Möglichkeiten, um sicherzustellen, dass Technologien Dritter nicht vom Markt ausgeschlossen werden.

264.

Bei der Beurteilung von Technologiepools, die nicht essenzielle, aber einander ergänzende Technologien umfassen, berücksichtigt die Kommission u. a.,

a)

ob die Einbeziehung der nichtessenziellen Technologien in den Pool dem Wettbewerb förderlich ist, zum Beispiel aufgrund der Kosten der Bewertung der Frage, ob alle Technologien angesichts der hohen Zahl an Technologien essenziell sind;

b)

ob es den Lizenzgebern freigestellt bleibt, ihre jeweiligen Technologien unabhängig voneinander in Lizenz zu vergeben. Umfasst ein Pool eine begrenzte Anzahl von Technologien und gibt es außerhalb des Pools Substitut-Technologien, so wollen Lizenznehmer unter Umständen ihr eigenes Technologiepaket zusammenstellen, das teilweise aus Technologien des Pools und teilweise aus Technologien Dritter besteht;

c)

ob der Pool in Fällen, in denen die zusammengeführten Technologien unterschiedliche Anwendungsbereiche abdecken, für die nicht sämtliche Technologien des Pools benötigt werden, die Technologien nur als Gesamtpaket anbietet oder ob er verschiedene Pakete für spezifische Anwendungen anbietet, die jeweils nur die für die jeweilige Anwendung relevanten Technologien umfassen. Im letzteren Fall werden Technologien, die für ein bestimmtes Produkt oder einen bestimmten Produktionsprozess nicht essenziell sind, nicht an essenzielle Technologien gekoppelt;

d)

ob die zusammengeführten Technologien nur als Gesamtpaket erhältlich sind oder die Lizenznehmer auch die Möglichkeit haben, gegen entsprechend geringere Gebühren lediglich Teile des Pakets zu erhalten. Diese Möglichkeit kann das Risiko verringern, dass nicht zum Pool gehörende Technologien Dritter vom Markt ausgeschlossen werden, insbesondere wenn der Lizenznehmer einen entsprechenden Nachlass bei den Lizenzgebühren erhält. Dies setzt voraus, dass den einzelnen im Pool zusammengeführten Technologien jeweils ein bestimmter Anteil an den Lizenzgebühren zugeordnet wurde. Wenn die Lizenzvereinbarungen zwischen dem Pool und einzelnen Lizenznehmern relativ lange Geltungsdauern aufweisen und die Pooltechnologie einen De-facto-Industriestandard stützt, ist die Tatsache, dass der Pool neue Substitut-Technologien vom Markt ausschließen kann, ebenfalls zu berücksichtigen. Bei der Beurteilung dieses Ausschlussrisikos ist zu prüfen, ob die Lizenznehmer Teile der Lizenz mit einer angemessenen Kündigungsfrist kündigen können und anschließend geringere Lizenzgebühren zahlen müssen.

265.

Aber auch Technologiepoolvereinbarungen, die Wettbewerbsbeschränkungen enthalten, können mit Effizienzvorteilen verbunden sein (siehe Randnummer (245)), die im Rahmen des Artikels 101 Absatz 3 geprüft und gegen die negativen Wettbewerbsauswirkungen abgewogen werden müssen. Wenn der Technologiepool zum Beispiel nichtessenzielle Patente enthält, aber alle anderen unter Randnummer (261) genannten Safe-Harbour-Kriterien erfüllt, dürften die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 in der Regel erfüllt sein, sofern die Einbeziehung der nichtessenziellen Patente in den Pool dem Wettbewerb förderlich ist (siehe Randnummer (264)) und die Lizenznehmer die Möglichkeit haben, eine Lizenz für lediglich einen Teil des Pakets zu entsprechend geringeren Lizenzgebühren zu erhalten (siehe Randnummer (264)).

4.4.2   Beurteilung einzelner Beschränkungen in Vereinbarungen zwischen dem Pool und seinen Lizenznehmern

266.

Verstößt die Vereinbarung zur Gründung eines Technologiepools nicht gegen Artikel 101 AEUV, so wird anschließend geprüft, wie sich die Lizenzen, die der Pool seinen Lizenznehmern gewährt, auf den Wettbewerb auswirken. Die Konditionen dieser Lizenzen können unter Artikel 101 Absatz 1 fallen. In diesem Abschnitt werden bestimmte Beschränkungen behandelt, die oftmals in der einen oder anderen Form in Lizenzvereinbarungen von Technologiepools enthalten sind und die im Gesamtzusammenhang eines Pools zu bewerten sind. Im Allgemeinen gilt die TT-GVO nicht für Lizenzvereinbarungen, die zwischen einem Technologiepool als dem Lizenzgeber und Dritten als Lizenznehmern geschlossen werden (siehe Randnummer (247) oben). Dieser Abschnitt behandelt daher die Einzelprüfung von Fragen, die sich speziell im Zusammenhang mit der Lizenzvergabe im Rahmen von Technologiepools stellen.

267.

Bei der Beurteilung von Technologietransfer-Vereinbarungen zwischen dem Pool und seinen Lizenznehmern stützt sich die Kommission in erster Linie auf folgende Grundsätze:

a)

Je stärker die Marktstellung eines Pools, desto größer ist die Gefahr wettbewerbsschädigender Wirkungen.

b)

Je stärker die Marktstellung eines Pools, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Verstoß gegen Artikel 101 vorliegt, wenn Lizenzen nicht an alle potenziellen Lizenznehmer oder aber zu diskriminierenden Bedingungen vergeben werden.

c)

Pools dürfen Technologien Dritter nicht in ungerechtfertigter Weise ausschließen oder die Einrichtung alternativer Pools einschränken.

d)

Technologietransfer-Vereinbarungen sollten keine der in Artikel 4 der TT-GVO aufgeführten Kernbeschränkungen enthalten (siehe Abschnitt 3.4).

268.

Unternehmen, die einen Technologiepool bilden, der mit Artikel 101 AEUV vereinbar ist, können die Lizenzgebühren für das Technologiepaket (in Abhängigkeit von unter Umständen eingegangenen Verpflichtungen, Lizenzen in fairer, angemessener und diskriminierungsfreier Weise zu vergeben) und den Anteil der einzelnen Technologien an den Lizenzgebühren in der Regel nach eigenem Gutdünken aushandeln und festlegen, und zwar entweder vor oder nach Festlegung des Standards. Solche Vereinbarungen sind untrennbar mit der Bildung eines Pools verbunden und können nicht für sich genommen als wettbewerbsbeschränkend angesehen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann es effizienter sein, wenn die Lizenzgebühren des Pools vor der Festlegung des Standards vereinbart werden, um zu vermeiden, dass die Festlegung des Standards die Lizenzgebühren dadurch erhöht, dass einer oder mehreren essenziellen Technologien erhebliche Marktmacht verliehen wird. Die Lizenznehmer müssen jedoch die Möglichkeit haben, den Preis der Produkte, die sie auf der Grundlage der Lizenz produzieren, frei festzulegen.

269.

Verfügt ein Pool über eine marktbeherrschende Stellung, so sollten Lizenzgebühren und andere Lizenzbedingungen angemessen und diskriminierungsfrei sein; Exklusivlizenzen sollten nicht vergeben werden (98). Diese Voraussetzungen sind notwendig, um zu gewährleisten, dass der Pool offen ist und es nicht zu einem Ausschluss oder zu sonstigen wettbewerbsschädigenden Wirkungen auf den nachgelagerten Märkten kommt. Dies schließt allerdings unterschiedliche Gebühren für unterschiedliche Verwendungszwecke nicht aus. Im Allgemeinen wird die Erhebung unterschiedlicher Gebühren für verschiedene Produktmärkte nicht als wettbewerbsbeschränkend betrachtet, während innerhalb der Produktmärkte selbst keine unterschiedliche Behandlung stattfinden sollte. Insbesondere darf die Behandlung der Lizenznehmer des Pools nicht davon abhängen, ob sie auch Lizenzgeber sind oder nicht. Die Kommission berücksichtigt deshalb, ob Lizenzgeber und Lizenznehmer gleich hohe Lizenzgebühren zahlen müssen.

270.

Es sollte Lizenzgebern und Lizenznehmern freistehen, konkurrierende Produkte und Standards zu entwickeln. Ferner sollten sie außerhalb des Pools Lizenzen erteilen und erwerben dürfen. Diese Voraussetzungen sind notwendig, um das Risiko des Ausschlusses von Technologien Dritter zu begrenzen und sicherzustellen, dass der Pool Innovationen nicht behindert und konkurrierende technologische Lösungen nicht ausgrenzt. Wenn zusammengeführte Technologien in einem (De-facto-) Industriestandard enthalten sind und die Vertragsparteien Wettbewerbsverboten unterliegen, ist die Gefahr besonders groß, dass der Pool die Entwicklung neuer und verbesserter Technologien und Standards verhindert.

271.

Rücklizenz-Verpflichtungen sollten nichtausschließlich sein und sich auf solche Entwicklungen beschränken, die für die Verwendung der zusammengeführten Technologien essenziell oder wichtig sind. Dies ermöglicht es dem Pool, Vorteile aus den Verbesserungen der zusammengeführten Technologien zu ziehen und weiterzugeben. Die Vertragsparteien dürfen durch Rücklizenz-Verpflichtungen sicherstellen, dass die Verwertung der zusammengeführten Technologien nicht von Lizenznehmern — einschließlich Zulieferern, die im Rahmen einer vom Lizenznehmer erhaltenen Lizenz tätig sind — blockiert wird, die essenzielle Patente innehaben oder erwerben.

272.

Ein Problem im Zusammenhang mit Technologiepools ist die Gefahr, dass sie ungültige Patente schützen können. Die Zusammenführung kann die Kosten bzw. Risiken für eine erfolgreiche Anfechtung erhöhen, denn diese scheitert unter Umständen, wenn auch nur ein Patent im Pool noch gültig ist. Der Schutz ungültiger Patente im Pool kann Lizenznehmer zwingen, höhere Lizenzgebühren zu zahlen, und Innovationen in dem Bereich verhindern, der durch ein ungültiges Patent gedeckt wird. Vor diesem Hintergrund fallen Nichtangriffsklauseln einschließlich Kündigungsklauseln (99) in einer Technologietransfer-Vereinbarung zwischen einem Pool und Dritten in der Regel unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV.

273.

Pools umfassen häufig sowohl Patente als auch Patentanmeldungen. Verwenden Patentanmelder, die ihre Patentanmeldungen bei Pools einreichen, nach Möglichkeit Patentantragsverfahren, die eine besonders zügige Gewährung erlauben, wird schneller Gewissheit über Gültigkeit und Geltungsbereich der jeweiligen Patente bestehen.


(1)  Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag die Artikel 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) getreten. Die Artikel 81 und 82 EG-Vertrag und die Artikel 101 und 102 AEUV sind im Wesentlichen identisch. Im Rahmen dieser Leitlinien sind Bezugnahmen auf die Artikel 101 und 102 AEUV als Bezugnahmen auf die Artikel 81 und 82 EG-Vertrag zu verstehen, wo dies angebracht ist. Mit dem AEUV wurden auch einige Begriffe geändert; so wurde zum Beispiel „Gemeinschaft“ durch „Union“ und „Gemeinsamer Markt“ durch „Binnenmarkt“ ersetzt. In diesen Leitlinien wird durchgehend die Terminologie des AEUV verwendet.

(2)  ABl. L 93 vom 28.3.2014, S. 17. Die TT-GVO ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 772/2004 der Kommission vom 27. April 2004 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen (ABl. L 123 vom 27.4.2004, S. 11).

(3)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 16.3.2000, Compagnie Maritime Belge, verbundene Rechtssachen C-395/96 P und C-396/96 P, Slg. 2000, I-1365, Randnr. 130, und Bekanntmachung der Kommission — Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag (ABl. C 101 vom 27.4.2004, S. 97), Randnr. 106.

(4)  Im Folgenden schließt der Begriff „Vereinbarung“ aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen und Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen ein.

(5)  Siehe Bekanntmachung der Kommission — Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags (ABl. C 101 vom 27.4.2004, S. 81).

(6)  Im Folgenden schließt der Begriff „Einschränkung“ bzw. „Beschränkung“ die Verhinderung und Verfälschung des Wettbewerbs ein.

(7)  Einschließlich Verleihrechten. Siehe hierzu Urteil des Gerichtshofs vom 17. Mai 1988, Warner Brothers und Metronome Video, 158/86, Slg. 1988, I-2605, und Urteil des Gerichtshofs vom 22. September 1998, Foreningen af danske videogramdistributører, C-61/97, Slg. 1998, I-5171.

(8)  Dieser Grundsatz der unionsweiten Erschöpfung ist beispielsweise festgeschrieben in Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 299 vom 8.11.2008, S. 25), in dem es heißt, dass die Marke ihrem Inhaber nicht das Recht gewährt, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Union in den Verkehr gebracht worden sind, sowie in Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. L 111 vom 5.5.2009, S. 16), der besagt, dass mit dem Erstverkauf einer Programmkopie in der Union durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung sich in der Union das Recht auf die Verbreitung dieser Kopie erschöpft; ausgenommen hiervon ist jedoch das Recht auf Kontrolle der Weitervermietung des Programms oder einer Kopie davon. Siehe hierzu Urteil des Gerichtshofs vom 3. Juli 2012, UsedSoft GmbH/Oracle International Corp., C-128/11, Slg. 2012, noch nicht in der Sammlung veröffentlicht.

(9)  Siehe z. B. Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig, verbundene Rechtssachen 56/64 und 58/64, Slg. 1966, 429.

(10)  Die Methoden für die Anwendung des Artikels 101 Absatz 3 sind in den Leitlinien der Kommission zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag (Verweis in Fußnote 3) dargelegt.

(11)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 30. Juni 1966, Société Technique Minière, 56/65, Slg. 1966, 337, und Urteil des Gerichtshofs vom 28. Mai 1998, John Deere, C-7/95 P, Slg. 1998, I-3111, Randnr. 76.

(12)  Siehe hierzu Urteil in der Rechtssache Consten und Grundig (Verweis in Fußnote 9).

(13)  Siehe hierzu Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Société Technique Minière (Verweis in Fußnote 11) sowie Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juni 1982, Nungesser, 258/78, Slg. 1982, 2015.

(14)  Beispiele dazu unter den Randnummern (126) bis (127).

(15)  Siehe hierzu z. B. Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Anic Partecipazioni, C-49/92 P, Slg. 1999, I-4125, Randnr. 99.

(16)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 28. März 1984, CRAM und Rheinzink, verbundene Rechtssachen 29/83 und 30/83, Slg. 1984, 1679, Randnr. 26, und Urteil des Gerichtshofs vom 8. November 1983, ANSEAU-NAVEWA, verbundene Rechtssachen 96/82 u. a., Slg. 1983, 3369, Randnrn. 23-25. Urteil des Gerichts vom 29. November 2012, Groupement des cartes bancaires/Kommission, T-491/07, Randnr. 146.

(17)  Urteil des Gerichtshofs vom 20. November 2008, Beef Industry Development Society und Barry Brothers, C-209/07, Slg. 2008, I-8637, Randnr. 21.

(18)  Weitere Erläuterungen zum Begriff der bezweckten Wettbewerbsbeschränkung sind den Leitlinien der Kommission zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag (Verweis in Fußnote 3) zu entnehmen. Siehe auch Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., verbundene Rechtssachen C-501/06 P, C-513/06 P, C-515/06 P und C-519/06 P, Slg. 2009, I-9291, Randnrn. 59 bis 64; Urteil des Gerichtshofs vom 20. November 2008, Beef Industry Development Society und Barry Brothers, C-209/07, Slg. 2008, I-8637, Randnrn. 21 bis 39. Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juni 2009, T-Mobile Netherlands u. a., C-8/08, Slg. 2009, I- 4529, Randnrn. 31 und 36 bis 39, und Urteil des Gerichtshofs vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C-32/11, Randnrn. 33 bis 38.

(19)  Siehe Urteil in der Rechtssache John Deere, Slg. 1998 (Verweis in Fußnote 11).

(20)  Erläuterungen zur Frage der Spürbarkeit enthält die Bekanntmachung der Kommission über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft nicht spürbar beschränken (ABl. C 368 vom 22.12.2001, S. 13). Diese Bekanntmachung enthält eine negative Definition von Spürbarkeit. Von Vereinbarungen, die nicht in den Anwendungsbereich dieser De-minimis-Bekanntmachung fallen, geht nicht zwangsläufig eine spürbar beschränkende Wirkung aus. Hier bedarf es einer individuellen Beurteilung.

(21)  Urteil des Gerichts vom 1. Juli 2010, Astra Zeneca/Kommission, T-321/05, Slg. 2010, II-2805, Randnr. 267.

(22)  Siehe Leitlinien der Kommission zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag (Verweis in Fußnote 3), Randnr. 26.

(23)  Siehe Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1419/2006 vom 25. September 2006 (ABl. L 269 vom 28.9.2006, S. 1).

(24)  ABl. C 372 vom 9.12.1997, S. 5.

(25)  Siehe z. B. Beschluss der Kommission in der Sache COMP/M.5675 — Syngenta/Monsanto, in dem die Kommission den Zusammenschluss zweier vertikal integrierter Anbieter von Sonnenblumensaatgut prüfte, wobei sie sowohl den vorgelagerten Markt für den Handel (vor allem Austausch und Lizenzierung) mit Sorten (Elternlinien und Hybride) als auch den nachgelagerten Markt für die Vermarktung von Hybriden untersuchte. In der Sache COMP/M.5406 — IPIC/MAN Ferrostaal AG grenzte die Kommission neben dem Markt für die Herstellung von hochreinem Melamin auch einen vorgelagerten Technologiemarkt für die Bereitstellung von Melaminproduktionstechnologie ab. Siehe auch die Sache COMP/M.269 — Shell/Montecatini.

(26)  Siehe auch Beschlüsse der Kommission in der Sache COMP/M.5675 — Syngenta/Monsanto und in der Sache COMP/M.5406 — IPIC/MAN Ferrostaal AG.

(27)  Siehe auch Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit („Horizontale Leitlinien“) (ABl. C 11 vom 14.1.2011, S. 1), Randnrn. 119 bis 122.

(28)  Siehe auch Randnr. (157).

(29)  Wenn sich die Unternehmen beispielsweise über eine Rechtelizenz oder nach dem FRAND-Grundsatz allgemein verpflichtet haben, für bestimmte Rechte des geistigen Eigentums Lizenzen zu vergeben, kann nicht die Ansicht vertreten werden, dass sich die Parteien aufgrund dieser Rechte des geistigen Eigentums in einer Sperrposition befinden.

(30)  Urteil des Gerichts vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission, verbundene Rechtssachen T-374/94, T-375/94, T-384/94 und T-388/94, Slg. 1998, II-3141, Randnr. 137.

(31)  Urteil des Gerichts vom 14. April 2011, Visa Europe Ltd und Visa International Service/Europäische Kommission, T-461/07, Slg. 2011, II-1729, Randnr. 167.

(32)  Urteil des Gerichts vom 14. April 2011, Visa Europe Ltd und Visa International Service/Europäische Kommission, T-461/07, Slg. 2011, II-1729, Randnr. 189.

(33)  Siehe hierzu Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung (Verweis in Fußnote 20).

(34)  Nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 können Vereinbarungen, die möglicherweise den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, aber nicht nach Artikel 101 verboten sind, auch nicht durch nationales Wettbewerbsrecht verboten werden.

(35)  Nunmehr könnte die Technologietransfer-Vereinbarung, die Gegenstand der Entscheidung der Kommission in der Sache Moosehead/Whitbread (ABl. L 100 vom 20.4.1990, S. 32) war, unter die TT-GVO fallen; siehe insbesondere Erwägungsgrund 16 der Entscheidung in dieser Sache.

(36)  Siehe hierzu Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 1982, Coditel (II), 262/81, Slg. 1982, 3381.

(37)  ABl. L 102 vom 23.4.2010, S. 1.

(38)  Für die Zwecke dieser Leitlinien schließen die Begriffe „Lizenzierung“ bzw. „lizenziert“ auch Verzichts- und Streitbeilegungsvereinbarungen ein, sofern ein Transfer von Technologierechten gemäß den Ausführungen in diesem Abschnitt erfolgt. Nähere Informationen zu Streitbeilegungsvereinbarungen sind den Randnummern (234) ff zu entnehmen.

(39)  Nach der Verordnung (EWG) Nr. 19/65 des Rates vom 2. März 1965 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. 36 vom 6.3.1965, S. 533) ist die Kommission nicht befugt, eine Gruppenfreistellung für Technologietransfer-Vereinbarungen vorzusehen, die von mehr als zwei Unternehmen geschlossen wurden.

(40)  Siehe Erwägungsgrund 6 der TT-GVO sowie Abschnitt 3.2.6 unten.

(41)  Nähere Erläuterungen dazu unter Randnummer (247).

(42)  Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission vom 20. April 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. L 102 vom 23.4.2010, S. 1).

(43)  ABl. C 130 vom 19.5.2010, S. 1.

(44)  Bekanntmachung der Kommission vom 18. Dezember 1978 über die Beurteilung von Zulieferverträgen nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. C 1 vom 3.1.1979, S. 2).

(45)  Siehe Abschnitt 3 der Bekanntmachung der Kommission über die Beurteilung von Zulieferverträgen (Verweis in Fußnote 44).

(46)  Siehe auch Abschnitt 3.2.6.1.

(47)  Das letztgenannte Beispiel fällt jedoch unter die Verordnung (EU) Nr. 1217/2010 (Verweis in Fußnote 49); siehe auch Abschnitt 3.2.6.1.

(48)  Verordnung (EU) Nr. 1218/2010 der Kommission vom 14. Dezember 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen von Spezialisierungsvereinbarungen (ABl. L 335 vom 18.12.2010, S. 43).

(49)  Verordnung (EU) Nr. 1217/2010 der Kommission vom 14. Dezember 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen von Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung (ABl. L 335 vom 18.12.2010, S. 36).

(50)  Verweis in Fußnote 42.

(51)  Siehe auch die Broschüre „Wettbewerbspolitik in Europa — Wettbewerbsregeln für Liefer- und Vertriebsvereinbarungen“, Europäische Kommission, Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2012, Luxemburg.

(52)  ABl. L 102 vom 23.4.2010, S. 1, bzw. ABl. C 130 vom 19.5.2010, S. 1.

(53)  Siehe z. B. die in Fußnote 16 angeführten Rechtssachen.

(54)  Siehe Leitlinien der Kommission zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag (Verweis in Fußnote 3), Randnr. 18.

(55)  Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 1994, Matra, T-17/93, Slg. 1994, II-595, Randnr. 85.

(56)  Siehe hierzu Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag (Verweis in Fußnote 3), Randnr. 98.

(57)  Dies ist auch dann der Fall, wenn eine Partei der anderen Partei eine Lizenz erteilt und zusagt, ein materielles Input vom Lizenznehmer zu erwerben. Der Kaufpreis kann die gleiche Funktion wie eine Lizenzgebühr haben.

(58)  Siehe hierzu Urteil des Gerichtshofs vom 25. Februar 1986, Windsurfing International, 193/83, Slg. 1986, 611, Randnr. 67.

(59)  ABl. C 130 vom 19.5.2010, S. 51.

(60)  Auf Nutzungsbeschränkungen wird unter den Randnummern (208) ff näher eingegangen.

(61)  Zur Bestimmung des Begriffs „passiver Verkauf“ siehe Randnummer (108) der vorliegenden Leitlinien sowie Leitlinien für vertikale Beschränkungen (Verweis in Fußnote 52), Randnr. 51.

(62)  Diese Kernbeschränkung gilt für Technologietransfer-Vereinbarungen, die den Handel innerhalb der Union betreffen. Zu Technologietransfer-Vereinbarungen, die Exporte aus der Union oder Importe/Re-Importe aus Drittstaaten betreffen, siehe Urteil des Gerichtshofs vom 28. April 1998, Javico AG/Yves Saint Laurent, C-306/96, Slg. 1998, I-1983. In diesem Urteil heißt es unter Randnummer 20: „Folglich kann eine Vereinbarung, durch die sich der Händler gegenüber dem Hersteller verpflichtet, die Vertragsprodukte auf einem außerhalb der Gemeinschaft gelegenen Markt zu verkaufen, nicht als eine Vereinbarung angesehen werden, die eine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt und geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.“

(63)  Siehe hierzu Urteil des Gerichtshofs vom 25. Oktober 1977, Metro (I), 26/76, Slg. 1977, 1875.

(64)  Siehe hierzu Urteil des Gerichtshofs vom 27. September 1988, Bayer/Süllhöfer, 65/86, Slg. 1988, 5249.

(65)  Zur Anfechtung der Inhaberrechte an einem Markenzeichen siehe Entscheidung der Kommission in der Sache Moosehead/Whitbread (ABl. L 100 vom 20.4.1990, S. 32).

(66)  Urteil des Gerichtshofs vom 25. Februar 1986, Windsurfing International, 193/83, Slg. 1986, 611, Randnr. 92.

(67)  Im Falle von Vereinbarungen, bei denen es sich nicht um Exklusivvereinbarungen im eigentlichen Sinne handelt, so dass die Kündigungsklausel nicht in den Safe-Harbour-Bereich der TT-GVO fällt, kann sich der Lizenzgeber im Einzelfall in einem ähnlichen Abhängigkeitsverhältnis gegenüber einem Lizenznehmer befinden, der über erhebliche Nachfragemacht verfügt. Diese Abhängigkeit wird bei der Einzelfallprüfung berücksichtigt.

(68)  Siehe Randnummer (14).

(69)  Siehe Randnummer (36).

(70)  Siehe hierzu die Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag (Verweis in Fußnote 3), Randnr. 42.

(71)  Siehe hierzu Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung (Verweis in Fußnote 20), Randnr. 8.

(72)  Siehe hierzu Urteil des Gerichtshofs vom 7. Oktober 1999, Irish Sugar, T-228/97, Slg. 1999, II-2969, Randnr. 101.

(73)  Siehe hierzu Leitlinien für Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit (Verweis in Fußnote 27), Randnr. 36.

(74)  Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., verbundene Rechtssachen C-501/06 P, C-513/06 P, C-515/06 P und C-519/06 P, Slg. 2009, I-9291, Randnr. 82.

(75)  Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 1985, Ford, verbundene Rechtssachen 25/84 und 26/84, Slg. 1985, 2725; Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., verbundene Rechtssachen C-501/06 P, C-513/06 P, C-515/06 P und C-519/06 P, Slg. 2009, I-9291, Randnr. 103.

(76)  Siehe hierzu u. a. die Entscheidung der Kommission vom 3. März 1999 in der Sache TPS (ABl. L 90 vom 2.4.1999, S. 6). Das Verbot nach Artikel 101 Absatz 1 gilt ebenfalls nur so lange, wie die Vereinbarung eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt.

(77)  Verweis in Fußnote 52. Siehe insbesondere die Randnrn. 106 ff.

(78)  Auf diese Begriffe wird in Abschnitt 4.4.1 näher eingegangen.

(79)  Siehe Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag (Verweis in Fußnote 3), Randnr. 85.

(80)  Ebenda, Randnrn. 98 und 102.

(81)  Vgl. analog das Urteil des Gerichtshofs vom 16. März 2000, Compagnie Maritime Belge, verbundene Rechtssachen C-395/96 P und C-396/96 P (Verweis in Fußnote 3), Randnummer 130. Ebenso wenig verhindert die Anwendung des Artikels 101 Absatz 3 die Anwendung der Bestimmungen des AEUV über den freien Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr. Diese Bestimmungen lassen sich unter bestimmten Umständen auf Vereinbarungen, Beschlüsse und abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne des Artikels 101 anwenden. Siehe diesbezüglich Urteil des Gerichtshofs vom 19. Februar 2002, Wouters, C-309/99, Slg. 2002, I-1577, Randnr. 120.

(82)  Siehe hierzu Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1990, Tetra Pak (I), T-51/89, Slg. 1990, II-309. Siehe auch Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag (Verweis in Fußnote 3), Randnr. 106.

(83)  Dies gilt unbeschadet der möglichen Anwendung des Artikels 102 AEUV auf die Festsetzung der Lizenzgebühren (siehe Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1978, United Brands, 27/76, Randnr. 250, sowie Urteil des Gerichtshofs vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt — Duales System Deutschland GmbH, C-385/07 P, Slg. 2009, I-6155, Randnr. 142).

(84)  Siehe Urteil in der Rechtssache Nungesser (Verweis in Fußnote 13).

(85)  Siehe hierzu die Mitteilung der Kommission betreffend die Sache Canon/Kodak (ABl. C 330 vom 1.11.1997, S. 10), sowie die Sache IGR Stereo Television im XI. Bericht über die Wettbewerbspolitik, Randnr. 94.

(86)  Bezüglich des anwendbaren analytischen Rahmens siehe Abschnitt 4.2.7 sowie Leitlinien für vertikale Beschränkungen (Verweis in Fußnote 52), Randnrn. 129 ff..

(87)  Vgl. Fußnote 52.

(88)  Die TT-GVO und die zugehörigen Leitlinien gelten unbeschadet der Anwendung des Artikels 101 auf Streitbelegungsvereinbarungen, die keine Lizenzvereinbarung enthalten.

(89)  Urteil des Gerichtshofs vom 25. Februar 1986, Windsurfing/Kommission, 193/83, Slg. 1986, 611, Randnr. 92.

(90)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 27. September 1988, Bayer/Süllhöfer, 65/86, Slg. 1988, 5259, Randnr. 15.

(91)  Siehe zum Beispiel Beschluss der Kommission in der Sache Lundbeck (noch nicht veröffentlicht).

(92)  Urteil des Gerichtshofs vom 6. Dezember 2012, AstraZeneca/Kommission, C-457/10 P, Slg. 2012, noch nicht in der Sammlung veröffentlicht.

(93)  Zur Behandlung von Standards und Standardisierungsvereinbarungen siehe die horizontalen Leitlinien (Verweis in Fußnote 27), Randnrn. 257 ff.

(94)  Siehe hierzu die Pressemitteilung IP/02/1651 der Kommission zur Vergabe von Patenten für Mobilfunkdienste der dritten Generation. In diesem Fall ging es um fünf Technologiepools mit fünf verschiedenen Technologien, die allesamt zur Herstellung von Mobilfunkgeräten der dritten Generation eingesetzt werden können.

(95)  Zum Informationsaustausch siehe die horizontalen Leitlinien (Verweis in Fußnote 27), Randnrn. 55 ff.

(96)  Siehe hierzu das Urteil in der Rechtssache John Deere (Verweis in Fußnote 11).

(97)  Nähe Erläuterungen zum FRAND-Grundsatz finden sich in den horizontalen Leitlinien (Verweis in Fußnote 27), Randnrn. 287 ff.

(98)  Hat ein Technologiepool jedoch keine Marktmacht, so wird die Lizenzvergabe im Rahmen des Pools in der Regel nicht gegen Artikel 101 Absatz 1 verstoßen, selbst wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

(99)  Siehe Abschnitt 3.5.