52014DC0014

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Für ein Wiedererstarken der europäischen Industrie /* COM/2014/014 final */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Für ein Wiedererstarken der europäischen Industrie

1. EINLEITUNG

Die Europäische Union findet allmählich aus der längsten Rezession in ihrer Geschichte heraus. Das BIP der 28 Mitgliedstaaten (EU-28) ist im dritten Quartal 2013 um 0,2 % gestiegen. Der Aufwärtstrend bei den Indikatoren, die über das Geschäftsklima und das in die Wirtschaft gesetzte Vertrauen Aufschluss geben, deutet darauf hin, dass die europäische Wirtschaft durch strukturelle Reformen, eine bessere gesamtwirtschaftliche Steuerung und Maßnahmen im Finanzsektor stabilisiert werden konnte. Die EU ist zwar auf dem richtigen Weg, der Aufschwung bleibt aber verhalten: Die Kommission prognostiziert, dass das BIP in der EU-28 im Jahr 2014 um 1,4 % wachsen wird und die Arbeitslosenquoten in den kommenden zwei Jahren bei nahezu 11 % liegen werden. Aus diesem Grund stellt die Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit, durch die sichergestellt werden soll, dass der Wirtschaftsaufschwung anhält und an Fahrt gewinnt und die Ziele der Strategie „Europa 2020“ verwirklicht werden, die oberste Priorität für die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten dar.

Durch die Krise wurde deutlich, dass die Realwirtschaft und eine starke Industrie enorm wichtig sind. Das Zusammenspiel der Industrie mit der übrigen Wirtschaft in Europa geht weit über das verarbeitende Gewerbe hinaus: Es erstreckt sich von der Rohstoff- und Energieversorgung bis hin zu Dienstleistungen für Unternehmen (Stichwort Logistik) und Verbraucher (Kundendienst für langlebige Güter) oder den Tourismus. Industrielle Tätigkeiten sind ein fixer Bestandteil zunehmend umfassender und komplexer Wertschöpfungsketten, in denen namhafte Großkonzerne und kleine und mittlere Unternehmen branchen- und länderübergreifend zusammenarbeiten.

Die wirtschaftliche Bedeutung dieser industriellen Aktivitäten ist wesentlich größer, als man es aufgrund des Anteils des verarbeitenden Gewerbes am BIP vermuten würde. Auf die Industrie entfallen über 80 % der EU-Ausfuhren und 80 % der privaten Forschungs- und Innovationstätigkeit. Fast jeder vierte Beschäftigte in der Privatwirtschaft ist in der Industrie auf einem häufig hohe Qualifikationen erfordernden Arbeitsplatz tätig, und durch jede zusätzliche Stelle im verarbeitenden Gewerbe entstehen 0,5 bis 2 Arbeitsplätze in anderen Sektoren.[1] Nach Ansicht der Kommission ist eine starke industrielle Basis für die wirtschaftliche Erholung und die Wettbewerbsfähigkeit Europas von zentraler Bedeutung.

Insgesamt hat die Industrie in der EU ihre Widerstandskraft in der Wirtschaftskrise unter Beweis gestellt. Sie ist in Sachen Nachhaltigkeit weltweit führend und weist im Handel mit Industrieerzeugnissen einen Überschuss von 365 Mrd. EUR (1 Mrd. EUR pro Tag)[2] auf, der hauptsächlich in einigen wenigen Branchen mit hohem und mittlerem Technologieniveau erwirtschaftet wird. Dazu gehören die Automobilindustrie, der Maschinen- und Anlagenbau, die pharmazeutische und chemische Industrie, die Luft- und Raumfahrtindustrie sowie die Kreativwirtschaft; auch viele andere Branchen, etwa die Nahrungs- und Genussmittelindustrie, tragen mit hochwertigen Erzeugnissen das Ihre dazu bei.

Die Krise hat aber ernste Auswirkungen: Seit 2008 wurden 3,5 Mio. Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe abgebaut, dessen Anteil am BIP von 15,4 % auf 15,1 % im Vorjahr gesunken ist[3], und die Produktivitätsleistung der EU geht im Vergleich zu ihren Mitbewerbern weiter zurück.

In zwei kürzlich vorgelegten Berichten der Kommission[4] wurde auf eine Reihe von wachstumshemmenden Schwachpunkten hingewiesen. Durch die immer noch verhaltene Binnennachfrage werden die Inlandsmärkte der europäischen Unternehmen untergraben und der EU-interne Handel nach der Krise gedämpft. Das Unternehmensumfeld hat sich in der EU insgesamt verbessert, wenn auch nach wie vor nicht überall in gleichem Ausmaß. Das Wachstumspotenzial der Unternehmen und insbesondere der KMU leidet immer noch unter einem unflexiblen ordnungspolitischen und administrativen Umfeld, verkrusteten Arbeitsmärkten in einigen Mitgliedstaaten und einer unzureichenden Integration in den Binnenmarkt. Es wird immer noch zu wenig in Forschung und Innovation investiert, was der notwendigen Modernisierung unserer industriellen Basis und der Wettbewerbsfähigkeit der EU in Zukunft abträglich ist. Die Unternehmen in der EU müssen höhere Energiepreise als die meisten führenden Mitbewerber zahlen[5] und haben Schwierigkeiten mit dem Zugang zu Rohstoffen, qualifizierten Mitarbeitern und Kapital zu leistbaren Bedingungen, die allesamt Grundvoraussetzungen für ihre Tätigkeit darstellen.

Vor diesem Hintergrund verfolgt die Kommission ein integriertes industriepolitisches Konzept, das in den einschlägigen Mitteilungen aus den Jahren 2010 und 2012[6] dargelegt wurde, und richtet an die Mitgliedstaaten Empfehlungen zur Wachstumsförderung im Kontext des Europäischen Semesters. Für die Sicherung unserer Wettbewerbsfähigkeit und unseres Wachstumspotenzials kommt es ganz entscheidend darauf an, dass dieses Konzept auf europäischer und nationaler Ebene umfassend umgesetzt wird. Damit die Maßnahmen greifen, müssen sie gut koordiniert und von der regionalen bis hin zur EU-Ebene kohärent sein.

Die Kommission erläutert in dieser Mitteilung ihre Hauptprioritäten im Bereich der Industriepolitik und leistet damit ihren Beitrag zu der Debatte über dieses Thema im Europäischen Rat. Ausgehend vom Jahreswachstumsbericht gibt sie einen Überblick über bereits durchgeführte Maßnahmen und schlägt einzelne neue Maßnahmen vor, mit denen diese Prioritäten rascher verwirklicht werden sollen. Aus dieser Mitteilung geht hervor, dass die Industriepolitik und die anderen EU-Politiken immer mehr ineinandergreifen, so wie es in der Mitteilung zur Leitinitiative „Industriepolitik“ 2010 vorgesehen war. Ferner wird darin ausgeführt, warum dieser Prozess fortgesetzt werden muss. In erster Linie soll in dieser Mitteilung die Bedeutung einer umfassenden und wirksamen Umsetzung der Industriepolitik in der EU betont und ein Beitrag dazu geleistet werden.

Die Mitgliedstaaten werden bei der Durchführung der Reformen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit eine Schlüsselrolle spielen. Durch neue Instrumente wie die „Partnerschaften für Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit“ lassen sich diese Reformen sehr viel effizienter verwirklichen.[7]

2. EIN INTEGRIERTER EUROPÄISCHER BINNENMARKT: GESTALTUNG EINES ATTRAKTIVEN UMFELDS FÜR UNTERNEHMEN UND PRODUKTION

Der Binnenmarkt ist nach wie vor der Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg der EU. Mitte der 1980er Jahre brachte der Binnenmarkt einen Perspektivwandel für die europäische Wirtschaft, und auch nach der Krise können vom Binnenmarkt erneut Impulse ausgehen, die die EU zu einem attraktiveren Produktions- und Dienstleistungsstandort machen.

Der Binnenmarkt bringt als großer heimischer Markt für die Unternehmen in der EU Produktivitätsverbesserungen durch eine Senkung der Inputkosten, ermöglicht damit effiziente Abläufe in den Unternehmen und macht Innovationen noch rentabler. Der Binnenmarkt birgt aber weiterhin ein erhebliches Wachstumspotenzial, und durch weitere Vereinfachungen der Binnenmarktvorschriften lässt sich die wirtschaftliche Effizienz steigern. Eine Vertiefung des Binnenmarkts kann einen rascheren technologischen Wandel bewirken. Die stärkere Einbindung europäischer Unternehmen in regionale und globale Wertschöpfungsketten ist für Produktivitätszuwächse von zentraler Bedeutung. Mit gut konzipierten und rechtzeitig vorliegenden europäischen Normen werden Innovationen raschere Verbreitung finden und Reformen der EU auf dem Gebiet der Rechte des geistigen Eigentums werden sich ebenfalls positiv auf Kreativität und Innovation auswirken. Damit sich das Potenzial des Binnenmarkts aber voll entfalten kann, bedarf es einer stärkeren Integration der Infrastrukturnetze, einer besseren Umsetzung und einer Vereinfachung der für Waren und Dienstleistungen geltenden Regeln, eines berechenbaren und stabilen rechtlichen Rahmens sowie einer modernen und effizienten öffentlichen Verwaltung.

2.1. Abschluss der Integration von Netzen: Informationsnetze, Energie und Verkehr

Der Binnenmarkt kann ohne eine integrierte Infrastruktur nicht reibungslos funktionieren. In der Binnenmarktakte II wurden vier sogenannte Leitaktionen vorgeschlagen, die den Ausbau des See-, Luft- und Eisenbahnverkehrs sowie eine Initiative zur Förderung der Umsetzung und Durchsetzung des dritten Energiepakets für eine Liberalisierung und Integration der europäischen Energiemärkte umfassen. Zu Beginn des Jahres 2013 legte die Kommission das Vierte Eisenbahnpaket vor, das es Eisenbahnunternehmen erleichtert, in den EU-Markt einzutreten und dort tätig zu werden.[8] Im Bereich des Seeverkehrs trug die Kommission im Juli 2013 mit ihren Plänen zur Vereinfachung der Zollformalitäten für Schiffe zu einem Bürokratieabbau und zu kürzeren Wartezeiten in Häfen bei und machte damit den Sektor wettbewerbsfähiger. Die Kommission bemüht sich auch um die Durchsetzung der mit dem einheitlichen europäischen Luftraum verbundenen Verpflichtungen in den Mitgliedstaaten.[9] Derzeit verzögern sich Annahme, vollständige Durchführung und/oder Durchsetzung dieser Initiativen.

Ein Binnenmarkt für Energie kann sich nur entwickeln, wenn alle Mitgliedstaaten den rechtlichen Rahmen voll umsetzen und integrierte Energienetze zur Verfügung stehen, so dass der Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts voraussichtlich angeregt wird und die Energiekosten für die europäischen Unternehmen sinken dürften. Die Energieinfrastruktur in Europa muss mit hohen Investitionen modernisiert werden, damit „Energieinseln“ angebunden werden und Energieströme im Binnenmarkt fließen können, so dass für die Industrie in der EU die Versorgungssicherheit steigt und die Preise sinken.[10]

Die Infrastruktur in der EU muss den Anforderungen der Gesellschaft gerecht werden und sich an den technologischen Wandel anpassen. Durch das Aufkommen umweltfreundlicher Fahrzeuge und Wasserfahrzeuge wird die Industrie in der EU, die sich im Wettbewerb behaupten will, vor eine enorme Herausforderung gestellt. Für solche Neuentwickelungen müssen neue Technologien zur Verfügung stehen und die notwendigen Infrastrukturen für die Nutzer errichtet werden. Mit der Annahme des Vorschlags für eine Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe [11] werden Mitgliedstaaten künftig für eine sogenannte Mindestinfrastrukturabdeckung sorgen müssen, die auch Strom-Ladestationen mit einheitlichen Schnittstellenstandards einschließt.

Die Kommission ersucht den Rat und das Europäische Parlament, diesen Vorschlag Anfang 2014 zu verabschieden.

Wie in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Oktober 2013 ausgeführt wird, sind digitale Produkte und Dienstleistungen von großer Bedeutung für eine Modernisierung der europäischen Industrie. Zur Förderung der Entwicklung der Kommunikationsdienste legte die Kommission im September 2013 ein ehrgeiziges Programm zur Schaffung eines Telekommunikationsbinnenmarkts vor, das die Investitionstätigkeit anregen soll und Maßnahmen vorsieht, mit denen die Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsvorschriften weiter abgebaut werden sollen und zugleich der Wettbewerb bei der Breitbandversorgung belebt wird.

Außerhalb des Bereichs der Infrastrukturentwicklung ergeben sich neue Chancen und Herausforderungen für die Industrie aufgrund von Informations- und Kommunikationstechnologien, die mit Energie- und Logistiknetzen konvergieren. Hier muss es gelingen, mit Digitaltechnik funktionierende Netze zu errichten, die eine entsprechende Sicherheit und Robustheit zur Unterstützung der Unternehmen bei ihrer Tätigkeit aufweisen. Die Auswirkungen dieser Veränderungen werden allmählich bemerkbar und erschließen insbesondere für Schlüsseltechnologien Marktchancen. Für die Gestaltung intelligenter Netze müssen auch ein rechtlicher Rahmen, der den Anforderungen entspricht, und geeignete Interoperabilitätsnormen ausgearbeitet werden. Die EU, die Mitgliedstaaten, die Regionen und die Industrie müssen alle ihren Beitrag zur weiteren Digitalisierung der Unternehmensabläufe und zur Entwicklung der industriellen Dimension der digitalen Agenda leisten.

Die Weltrauminfrastrukturen und deren Anwendungen in der Industrie und im Dienstleistungssektor können sich durchaus positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sowie auf Wachstum und Beschäftigung auswirken. Der EU kommt in diesem Bereich eine Schlüsselrolle zu, da es aufgrund der hohen Kosten von Raumfahrtprojekten für die Mitgliedstaaten ökonomischer ist, Investitionen zu bündeln und gemeinsam von den dadurch entstehenden Chancen zu profitieren. Die Kommission stellt in Kooperation mit den Mitgliedstaaten und einschlägigen Organisationen und Agenturen (wie der Europäischen Weltraumorganisation und der Agentur für das Europäische GNSS (GSA)) die Weltrauminfrastrukturen ihrer Vorzeigeprojekte Galileo und Copernicus in der Laufzeit des kommenden mehrjährigen Finanzrahmens fertig. Sie wird Vorschriften zur Schaffung der technologischen und regulatorischen Voraussetzungen für deren kommerzielle Nutzung vorlegen.

Die Kommission wird vorrangig den Rat und das Parlament ersuchen, die obengenannten Maßnahmen und Rechtsvorschriften in den Bereichen Informationsnetze, Energie, Verkehr, Raumfahrt und Kommunikationsnetze in der EU nach den von der Kommission vorgelegten Vorschlägen zu beschließen und umzusetzen.

Verzögerungen bei der Errichtung dieser Infrastrukturen gefährden künftig unsere Wettbewerbsfähigkeit. Die Kommission wird aufgrund des derzeit für langfristige Investitionen ungünstigen wirtschaftlichen Umfelds zur Finanzierung dieser Infrastrukturprojekte erneut auf Projektanleihen zurückgreifen.

2.2.        Ein offener und integrierter Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen

Von der Kommission gingen neue Impulse für die EU-weite Marktintegration aus: Sie hat die Binnenmarktakte I und die Binnenmarktakte II vorgelegt sowie an die Mitgesetzgeber appelliert, entsprechende Vorschläge zu verabschieden, insbesondere zu Initiativen wie der Marktüberwachung und dem Produktsicherheitspaket.

Die Kommission wird sich auch künftig für einen reibungslos funktionierenden Binnenmarkt für Waren einsetzen. Bei der Überprüfung des Binnenmarkts für Industrieerzeugnisse zeigte sich, dass dieser Markt den Anforderungen gerecht wird.[12] Die Industrie hat von seiner Entwicklung profitiert und innerhalb der EU hat der Handel mit Erzeugnissen des verarbeitenden Gewerbes im Laufe der Jahre zugenommen.

Im Zuge der Initiative für einen Binnenmarkt für „grüne“ Produkte wird eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen Probleme für den freien Verkehr dieser Produkte überwunden werden sollen.[13] Wenn die Mitgliedstaaten aber keine weiteren Schritte zur Umsetzung des derzeitigen Rahmens setzen, werden für die Unternehmen auch künftig unnötig hohe und wohl immer stärker divergierende Kosten entstehen. Die Kommission wird für eine Harmonisierung sorgen und sich ganz auf die Umsetzung des bestehenden Rechtsrahmens und dessen Durchsetzung konzentrieren sowie die Teilnahme der KMU am Binnenmarkt fördern.

Die Mitteilung „Eine Vision für den Binnenmarkt für Industrieprodukte“ sieht Maßnahmen für einen stärker integrierten Binnenmarkt vor, der auf einer Vereinfachung des bestehenden Rechtsrahmens beruht. Die Kommission erwägt, einen Legislativvorschlag zur Optimierung und Harmonisierung administrativer oder zivilrechtlicher Wirtschaftssanktionen zur Ahndung von Verstößen gegen Harmonisierungsvorschriften der Union zu erarbeiten, damit die Gleichbehandlung aller Unternehmen auf dem Binnenmarkt für Industrieprodukte gewährleistet ist. Das Enterprise Europe Network wird ausgebaut, um KMU im Binnenmarkt besser zu fördern, ihnen vermehrt Hilfestellung beim Zugang zu Finanzierungen zu bieten sowie ihre Energie- und Ressourceneffizienz und ihre Kapazitäten auf dem Gebiet des Innovationsmanagements zu verbessern.

Die Tätigkeit der Industrie erstreckt sich sowohl auf Waren als auch auf Dienstleistungen. Die vollständige Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie spielt für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie nach wie vor eine wichtige Rolle. Was den Grad der Integration angeht, so bestehen deutliche Unterschiede zwischen dem Waren- und dem Dienstleistungsmarkt, und die Funktionsweise des Binnenmarkts für Dienstleistungen muss[14] für eine erfolgreiche Modernisierung der Industrie weiter verbessert werden.

Obwohl bereits viel erreicht wurde, müssen die Mitgliedstaaten nach wie vor Reformen durchführen und die Umsetzung der Binnenmarktvorschriften in einigen Bereichen verbessern. Die Europäische Kommission forderte bereits in einer 2012 vorgelegten Mitteilung[15] die Mitgliedstaaten dazu auf, zusätzliche Anstrengungen für eine zügige Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie zu unternehmen. Der Binnenmarkt würde durch die vollständige Umsetzung dieser Richtlinie deutlich reibungsloser funktionieren, was insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen und den Verbrauchern zugutekommen würde. Durch einen derartigen Wettbewerbsschub könnte das BIP abermals um 2,6 % gesteigert werden. Die Fortschritte werden im Rahmen des Europäischen Semesters überwacht, und die Kommission hat einen Dialog mit den Mitgliedstaaten eingerichtet, um auf politischer Ebene vereinbarte Ziele zu verwirklichen.

Die Industrie würde durch einen stärker integrierten Binnenmarkt für Dienstleistungen wettbewerbsfähiger werden, was insbesondere für die Unternehmensdienstleistungen gilt, auf die etwa 12 % der in der EU erzielten Wertschöpfung entfallen. Diese Branche ist ein gutes Beispiel dafür, dass durch die Optimierung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie die gesamte Wirtschaft in der EU konkurrenzfähiger wird. Die Unternehmensdienstleistungen sollten bei der Konzeption und Umsetzung der Industriepolitik angemessen berücksichtigt werden. Nachdem die Kommission die Mitteilung zur Industriepolitik für 2012 vorgelegt hatte, setzte sie Anfang 2013 eine Hochrangige Gruppe zum Thema Unternehmensdienstleistungen ein. Wenn diese ihre Empfehlungen im März 2014 vorlegt, wird die Kommission prüfen, ob weitere Maßnahmen notwendig sind.

Im Fall des kürzlich überarbeiteten europäischen Normungssystems wird genau geprüft werden, ob es an das sich rasch wandelnde Umfeld weiter angepasst werden muss, damit es auch künftig einen Beitrag zu den strategischen Zielen der EU – insbesondere in den Bereichen Industriepolitik, Dienstleistungen, Innovation und technologische Entwicklung – leisten kann.

Darüber hinaus sind eine effiziente Normungsarbeit und der Schutz des geistigen Eigentums (das 50 % der immateriellen Vermögenswerte in der EU ausmacht) für die Innovationsförderung und die Entwicklung neuer Technologiebereiche von zentraler Bedeutung. Die Kommission wird die Diskussion genau verfolgen, die derzeit über Nutzung und Rolle von Rechten des geistigen Eigentums in der Normung geführt wird, und danach beurteilen, ob sie in dieser Frage mit einer eigenen Initiative tätig werden muss.

2.3. Unternehmensumfeld, Rechtsrahmen und öffentliche Verwaltung in der EU

Ein solides und berechenbares institutionelles Umfeld, eine hervorragende Infrastruktur, eine gefestigte technologische Wissensbasis sowie eine gesunde und qualifizierte Arbeitnehmerschaft bildeten immer schon die tragenden Säulen der Wettbewerbsfähigkeit der EU. Europa hat zwar traditionell einen guten Ruf als Unternehmens- und Industriestandort, büßt aber derzeit gegenüber anderen Weltregionen an Wettbewerbsfähigkeit ein.[16]

Der (insbesondere bei den Dienstleistungen) nicht vollkommen integrierte Binnenmarkt ist eine der Hauptursachen für Produktivitätseinbußen. Insgesamt hat sich die EU für das sich wandelnde Umfeld als zu wenig anpassungsfähig erwiesen. Gegen bürokratische Hürden und komplizierte Verfahren wird nicht schnell genug und nicht überall gleich engagiert vorgegangen. Ferner sind in einigen Fällen die Arbeitsmärkte zu unflexibel. Infolge der Finanzkrise führt die Verringerung des Fremdkapitalanteils dazu, dass sich das Geschäftsklima weiter verschlechtert, Investitionen unterbleiben, weniger Kredite an Unternehmen vergeben werden und die Modernisierung der Industrie in der EU beeinträchtigt wird.

Die Kommission überwacht – insbesondere im Rahmen des Europäischen Semesters und mit dem Bericht über die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedstaaten – nach Artikel 173 AEUV regelmäßig die Wettbewerbsleistung und das Unternehmensumfeld. In den kürzlich vorgelegten Berichten finden sich Anzeichen für eine Besserung der Lage, da die Strukturreformen, wenn auch nicht in allen Mitgliedstaaten im selben Umfang, zu greifen beginnen.

Ab 2014 wird der Bericht über Wettbewerbsleistung und Wettbewerbspolitik der Mitgliedstaaten nach Artikel 173 AEUV aufgewertet, um die Auswirkungen eines verbesserten Unternehmensumfelds auf die tatsächliche Wettbewerbsleistung der Mitgliedstaaten zu bewerten; ferner werden in den jährlichen Berichten der Kommission auch die Bemühungen beurteilt, die auf nationaler Ebene unternommen werden, um Aspekte der Wettbewerbsfähigkeit in anderen Politikbereichen zu berücksichtigen.[17]

Auf EU-Ebene bemüht sich die Kommission weiter darum, die Qualität von Rechtsvorschriften und das ordnungspolitische Umfeld und somit deren Stabilität und Berechenbarkeit zu verbessern. Durch die Umsetzung des regulatorischen Eignungs- und Leistungsprogramms (REFIT) und die Maßnahmen, die angesichts der (für Unternehmensverbände und Interessenträger) zehn größten bürokratischen Belastungen ergriffen werden, werden das einschlägige EU-Recht vereinfacht und der administrative Aufwand für die Unternehmen gesenkt. Die Prüfung der Relevanz für die Wettbewerbsfähigkeit ist mittlerweile bei allen wichtigen Vorschlägen mit erheblichen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit ein fester Bestandteil der von der Kommission erstellten Folgenabschätzungen. In einer Reihe von Branchen (wie der Stahl- und Aluminiumindustrie) wurden Studien über die Bewertungen der kumulativen Kosten durchgeführt, mit denen künftig auch in anderen Branchen (chemische und holzverarbeitende Industrie) nachträglich jene Kosten ermittelt werden sollen, die von den auf nationaler und auf EU-Ebene bestehenden unterschiedlichen Rechtsvorschriften insgesamt verursacht werden. Für die erdölverarbeitende Industrie wird ein sogenannter Eignungstest der einschlägigen Rechtsvorschriften im Jahr 2014 abgeschlossen werden. Die Kommission wird nach und nach die wichtigsten Wertschöpfungsketten in der Industrie einer umfassenden Überprüfung unterziehen und dabei die Wettbewerbsfähigkeit und den jeweils geltenden rechtlichen Rahmen anhand von Eignungstests und Bewertungen der kumulativen Kosten beurteilen.[18]

Die Kommission ruft die Mitgliedstaaten auf, durch vergleichbare Maßnahmen auf nationaler Ebene ihren Beitrag zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit in der gesamten EU zu leisten. Die Kommission wird die Fortschritte in diesem Bereich überwachen.

Die Verwaltungsbehörden in den 28 Mitgliedstaaten nehmen eine ganz unterschiedliche Haltung gegenüber der Privatwirtschaft ein. Damit alle Mitgliedstaaten von den Erfahrungen der anderen profitieren können, wird die Kommission mit ihrer Initiative zur wachtumsfreundlichen Verwaltung einen umfassenden Überblick über vorbildliche Verfahren bei Verwaltungsbehörden in der gesamten EU geben und dabei besonderes Augenmerk auf die Instrumente für elektronische Behördendienste und die Vergabe öffentlicher Aufträge legen.

3. MODERNISIERUNG DER INDUSTRIE: INVESTITIONEN IN INNOVATION, NEUE TECHNOLOGIEN, PRODUKTIONSINPUT UND QUALIFIKATIONEN

Die Unternehmen in der EU können bei einem knappen Angebot an natürlichen Ressourcen und Energie und mit ehrgeizigen sozialen und ökologischen Zielsetzungen nicht gegen niedrigpreisige Produkte von geringer Qualität konkurrieren. Sie müssen sich auf den globalen Märkten mit Innovation, Produktivität, Ressourceneffizienz und hoher Wertschöpfung behaupten. Waren und Dienstleistungen mit hoher Wertschöpfung, effizientes Management der Wertschöpfungsketten und der Zugang zu den Märkten in aller Welt werden der EU auch künftig einen relativen Vorteil in der Weltwirtschaft sichern. Somit werden Innovation und technologischer Fortschritt auch weiterhin für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in der EU ausschlaggebend sein. Aus diesem Grund muss weiter daran gearbeitet werden, das im Rahmen der Strategie „Europa 2020“ angestrebte Ziel zu verwirklichen und künftig tatsächlich 3 % des BIP für Forschung und Entwicklung (FuE) aufzuwenden.

Insbesondere die digitalen Technologien haben maßgeblichen Anteil an den Produktivitätssteigerungen der europäischen Industrie. Ihre verändernde Kraft und ihre immer stärkeren Auswirkungen auf alle Branchen führen dazu, dass traditionelle Geschäfts- und Produktionsmodelle neu definiert werden und die Industrie eine ganze Reihe potenziell innovativer Produkte und insbesondere Dienstleistungen hervorbringt (und damit zum Gesamtlösungsanbieter wird (Stichwort „Servitization“)). In der gesamten Weltwirtschaft ist ein digitaler Wandel im Gange: Die Industriepolitik muss sich auf neue technologische Möglichkeiten einstellen, zu denen Entwicklungen auf den Gebieten Cloud Computing und Big Data sowie bei der Wertschöpfungskette der Daten ebenso gehören wie neue industrielle Anwendungen des Internet, sogenannte intelligente Fabriken, Robotik, 3D-Druck und -Design.

3.1. Anreize für Investitionen in Innovationen und neue Technologien

Seit Beginn der Wirtschaftskrise liegt der dramatische Rückgang bei den Investitionen in Innovationsvorhaben wie ein Schatten über der Zukunft der europäischen Industrie.

Die Kommission hat den Mitgliedstaaten, den Regionen und der Industrie einen immer größeren Teil ihres Instrumentariums an politischen, regulatorischen und finanziellen Maßnahmen zur Förderung der Innovationstätigkeit an die Hand gegeben. Durch das Programm Horizont 2020 werden – insbesondere über den Teil „Führende Rolle der Industrie“ – nahezu 80 Mrd. EUR für Forschung und Innovation bereitgestellt. Damit werden Schlüsseltechnologien unterstützt, die zur Neufestlegung globaler Wertschöpfungsketten, zur Steigerung der Ressourceneffizienz und zur Umgestaltung der internationalen Arbeitsteilung dienen. Zur besseren Vermarktung von Forschungsergebnissen wird ferner die Finanzierung stärker marktorientierter Prototypen und Demonstrationsprojekte über Horizont 2020 künftig ausgebaut. Die enge Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft, bei der durch öffentlich- private Partnerschaften private Investitionen in Schlüsselbranchen gefördert werden sollen, bildet einen Schwerpunkt des neuen Rahmenprogramms.

Darüber hinaus können mit der Annahme des mehrjährigen Finanzrahmens 2014–2020 den Mitgliedstaaten zumindest 100 Mrd. EUR aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) im Einklang mit den industriepolitischen Prioritäten in Innovationsvorhaben zur Verfügung gestellt werden. Im Zeitraum 2014–2020 werden die mit ESIF-Geldern getätigten Investitionen in innovative Projekte im Zeichen der „intelligenten Spezialisierung“ stehen, damit die Mitgliedstaaten und Regionen ihre Mittel auf ihre komparativen Vorteile konzentrieren und die Errichtung sich über ganz Europa erstreckender Wertschöpfungsketten fördern können. Viele der im Rahmen der Strategien für eine intelligente Spezialisierung von den Mitgliedstaaten und Regionen vorgeschlagenen Themen weisen einen Bezug zu den sechs strategischen Bereichen der Industriepolitik auf, mit der die Regionen Zugang zu einem umfassenden Finanzierungspaket erhalten.

Da die Mitgliedstaaten immer mehr bestrebt sind, Investitionen in strategische Branchen anzuregen, modernisiert die Kommission derzeit die Rahmenvorschriften für staatlich geförderte Forschung, Entwicklung und Innovation und reformiert die Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge, so dass eine kritische Masse auf der Nachfrageseite entsteht und die Ressourcen im Einklang mit dem Wettbewerbsrecht und den Binnenmarktvorschriften effizienter zugeteilt werden.

Die Kommission entschloss sich in der Mitteilung zur Industriepolitik für 2012 vor allem deshalb sechs Bereiche für die Investitionsförderung festzulegen, weil in Wachstumsbranchen rascher in bahnbrechende Technologien investiert werden muss.

Bei diesen Querschnittsbereichen von strategischer Bedeutung handelt es sich um die fortschrittlichen Herstellungstechnologien, die Schlüsseltechnologien, die umweltfreundlichen Fahrzeuge und den schadstoffarmen Verkehr, die biobasierten Produkte, den Bereich Bauwirtschaft und Rohstoffe sowie die intelligenten Netze. Die Kommission konnte dank der Vorarbeiten der sechs vor einem Jahr eingerichteten Taskforces feststellen, wo die Chancen und Hindernisse für die Innovationstätigkeit liegen und weitere Maßnahmen erforderlich sind. Auf dieser Grundlage wird die Kommission die folgenden Prioritäten weiterverfolgen:

· Fortschrittliche Herstellungstechnologien: Verwirklichung der Wissens- und Innovationsgemeinschaft bei der mehrwertorientierten Fertigung sowie Aufbau einer öffentlich-privaten Partnerschaft für eine nachhaltige Verarbeitungsindustrie mit Hilfe von Ressourcen- und Energieeffizienz, der „Fabriken der Zukunft“, der Fotonik und Robotik sowie einer Steigerung der Innovationskapazität und Wettbewerbsfähigkeit des verarbeitenden Gewerbes in der EU. Angesichts der zunehmenden Bedeutung des industriellen Internets wird die Einbeziehung digitaler Technologien in den Herstellungsprozess bei künftigen Arbeiten eine Priorität darstellen. Big Data werden im Herstellungsprozess eine immer größere Rolle spielen.[19]

· Schlüsseltechnologien (KET): Diese Taskforce ermittelt potenzielle Projekte von europäischem Interesse in einer Reihe von Bereichen (Batterien, intelligente Werkstoffe, Hochleistungsproduktion und industrielle Bioverfahren). Sie soll den Zugang zur technologischen Infrastruktur für KMU in ganz Europa verbessern und weiter ausloten, welche Möglichkeiten das mit der Europäischen Investitionsbank unterzeichnete Memorandum of Understanding bietet.

· Biobasierte Produkte: Hier geht es um die Versorgung mit nachhaltigen Rohstoffen, die zu Weltmarktpreisen für die Herstellung biobasierter Produkte verfügbar sind. Dafür muss der Grundsatz der Kaskadennutzung von Biomasse angewendet werden, so dass es bei der Bereitstellung von Biomasse für alternative Verwendungszwecke zu keinerlei Verzerrungen aufgrund von Beihilfen oder anderen Mechanismen (etwa zur Förderung der Energiegewinnung aus Biomasse) kommt.[20]

· Umweltfreundliche Fahrzeuge und Schiffe: Darunter fallen die Annahme und vollständige Umsetzung des Vorschlags der Kommission über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe, die Umsetzung der Initiative für umweltgerechte Kraftfahrzeuge und anderer Horizont 2020-Initiativen für einen umweltfreundlichen und energieeffizienten Verkehr, die Bemühungen um weltweit gültige Normen für Elektrofahrzeuge sowie die Verwirklichung der im Rahmen des Aktionsplans CARS 2020 festgelegten Prioritäten.

· Bauwirtschaft und nachhaltige Rohstoffe: Die Energieeffizienz im Wohnbau soll mit Darlehen der EIB in Höhe von 25 Mrd. EUR gefördert werden. Ferner sollen Recycling und nachhaltige Abfallbewirtschaftung in der Bauwirtschaft verbessert werden.

· Intelligente Netze und digitale Infrastrukturen: Hier gilt es, weitere Ziele für die Entwicklung der Komponenten intelligenter Netze festzulegen, die Normungsaufträge zu überarbeiten und zu erweitern sowie Informationen zu den wesentlichen Leistungsindikatoren zusammenzustellen.[21] Die Infrastruktur und die Konnektivitätssoftware für das industrielle Internet haben angesichts von dessen zunehmender Bedeutung Priorität und sollten die Integration von Hochleistungsverfahren wie dem Cloud Computing unterstützen.

Die Kommission schlägt den Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Arbeiten der Taskforces vor, sowohl mit regional- als auch mit industriepolitischen Instrumenten Plattformen für eine intelligente Spezialisierung zu schaffen und damit die Regionen bei der Entwicklung einschlägiger Programme durch die Förderung von Kontakten zwischen Unternehmen und Clustern zu unterstützen, um auf diese Weise den Zugang zu innovativen Technologien und die Marktchancen zu verbessern.

Schließlich wird die Kommission die Stärken und das wichtigste Kapital der europäischen Industrie analysieren und danach ausloten, in welchen Branchen die EU künftig über einen relativen Vorteil verfügen dürfte. Darüber hinaus wird die Überwachung von Investitionstrends für die im Zuge des Europäischen Semesters durchgeführte Bewertung zunehmend an Bedeutung gewinnen.

3.2. Steigerung von Produktivität und Ressourceneffizienz sowie Verbesserung des Zugangs zu erschwinglichem Produktionsinput

Die Unternehmen in der EU müssen nachhaltig und zu optimalen Konditionen Zugang zu wichtigem Input erhalten. Allerdings gibt es nach wie vor erhebliche Probleme auf den Kapital-, Energie- und Rohstoffmärkten.

a) Zugang zu Finanzmitteln

Durch eine Reform der für die Finanzmärkte geltenden Vorschriften, eine verantwortungsvolle Geldpolitik und die neue, mit der Bankenunion geschaffene Überwachungsstruktur ist es gelungen, die Finanzstabilität wiederherzustellen. Allerdings erschwert die Verringerung des Fremdkapitalanteils der Banken die Kreditaufnahme für die Unternehmen und vor allem für jene KMU, die in von der Krise besonders stark betroffenen Mitgliedstaaten ansässig sind.

Mit gezielten Maßnahmen wird derzeit versucht, für spezifische Zwecke benötigtes Kapital aufzubringen. Im Rahmen der Kohäsionspolitik sollen Unternehmensfinanzierungen im Zeitraum 2014–2020 weiterhin durch einschlägige Instrumente aufgebracht werden. Im neuen Programmplanungszeitraum soll es möglich sein, zusätzlich zu den traditionellen Finanzierungsinstrumenten auf nationaler/regionaler bzw. transnationaler oder grenzübergreifender Ebene, Ressourcen für ein auf Unionsebene bestehendes Finanzierungsinstrument bereitzustellen. Zu diesen Maßnahmen gehört auch die KMU-Initiative, bei der es sich um ein Risikoteilungsinstrument mit EU-Garantien handelt, so wie dies anlässlich des Europäischen Rates im Oktober 2013 gefordert wurde. Diese Initiative geht auf einen Vorstoß der Kommission und der EIB zurück, der es den Mitgliedstaaten ermöglicht, auf freiwilliger Basis mit ESIF-Geldern Instrumente zur Kreditvergabe an KMU zu unterstützen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, mit ihnen zugewiesenen Mitteln der Struktur- und Investitionsfonds, einen Beitrag zu dieser Initiative zu leisten, so dass mit diesem Instrument eine kritische Masse erreicht werden kann und KMU deutlich mehr Kredite erhalten.

Mit der Annahme der Programme COSME und Horizont 2020 wird auch die Finanzierungskapazität öffentlicher Mittel um ein Vielfaches zunehmen, wozu über Finanzintermediäre vermittelte Kapitalbeteiligungen wie Risikokapitalfonds und ein gut funktionierender europaweiter Risikokapitalmarkt beitragen werden. Durch die vollständige Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie[22] wird sich die Unternehmensfinanzierung ebenfalls verbessern. Der Zugang von KMU zu Kapital wird durch jüngst vorgenommene Änderungen von Rechtsakten erleichtert: Beispielsweise werden durch einen Korrekturfaktor in der Eigenkapitalverordnung die Eigenmittelanforderungen für das Kreditrisiko von Forderungen an kleinere und mittlere Unternehmen gesenkt. Mit der Überarbeitung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) entstehen eigene Handelsplattformen für „KMU-Wachstumsmärkte“. Seit der Überarbeitung der Transparenzrichtlinie entfällt die Verpflichtung zur Veröffentlichung von Quartalsfinanzberichten. Schließlich wird durch die neuen Vorschriften für Europäische Risikokapitalfonds und Europäische Fonds für soziales Unternehmertum ein eigener EU-Pass für Fondsmanager eingeführt, die in KMU in der Startphase und in Sozialunternehmen investieren.

Trotz dieser Maßnahmen dürfte die Kapitalbeschaffung problematisch bleiben. Während große Unternehmen vermehrt auf die Anleihemärkte zurückgreifen, sind die KMU in Europa – wesentlich mehr als in anderen Weltregionen – immer noch stark auf Bankfinanzierungen angewiesen. Durch die Krise kam es in der EU zu einer Fragmentierung des Binnenmarkts für Bankkredite und in einigen Ländern zu einem unverhältnismäßigen Anstieg der Zinssätze. Der angestrebte Binnenmarkt für Kapital, in dem KMU Zugang zu Finanzierungen in anderen Mitgliedstaaten haben, ist immer noch nicht verwirklicht.

In Anbetracht dessen wird weiter an der Verbesserung der Transmissionskanäle für Kredite und an der Diversifizierung der Quellen der Unternehmensfinanzierung gearbeitet. Mit einigen, in der neuen Mitteilung zur Industriepolitik 2012 vorgesehenen Initiativen wurden Fortschritte erzielt. Nach der Analyse der Rückmeldungen auf das Grünbuch zur langfristigen Finanzierung werden jetzt Vorschläge für Maßnahmen vorgelegt, die auf die Diversifizierung der Finanzierungsquellen für KMU und Erleichterungen für langfristige Investitionen abzielen.

Es bedarf auch weiterer Maßnahmen zur Verringerung der Auswirkungen der Finanzierungsengpässe, mit denen einige Unternehmen zu kämpfen haben: Die Kommission wird zu diesem Zweck die Zusammenarbeit mit der EIB-Gruppe fortsetzen und bilaterale Initiativen einzelner Mitgliedstaaten unterstützen.

b) Energie

Obwohl Effizienzsteigerungen erzielt und die Energiemärkte schrittweise für den Wettbewerb geöffnet wurden, so dass die Großhandelspreise für Strom und Gas gesunken sind, kam es zu einem Anstieg der Endpreise dieser für die Industrie so wichtigen Energieträger. Beim Strom nahmen die Endpreise für die Industrie in der EU zwischen 2008 und 2012 im Schnitt pro Jahr um 3,5 % zu, jene für Gas um 1 %. Schätzungen zufolge sind die Strompreise für die Industrie in der EU somit doppelt so hoch wie in den USA und Russland und um 20 % höher als in China, wie aus Angaben der Internationalen Energie-Agentur hervorgeht.[23] Bei Gas ist die Preisdifferenz noch größer: In der EU ist Gas für industrielle Abnehmer drei- bis viermal teurer als für die Mitwerber in den USA, Russland und Indien und kostet um 12 % mehr als in China, aber weniger als in Japan. Die von den Industriekunden tatsächlich bezahlten Preise können in den einzelnen Mitgliedstaaten allerdings sehr unterschiedlich sein.

In der Energiepreis-Mitteilung und der dazugehörigen Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen ist gut dokumentiert, wie sich die Energiepreise und deren drei Hauptkomponenten Energie, Netzkosten sowie Steuern und Abgaben einschließlich der Förderungen erneuerbarer Energien entwickelt haben. Die Kosten für die Energie selbst sind nach wie vor die größte Komponente, auch wenn ihr Anteil abnimmt und es zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten zu beträchtlichen Unterschieden kommt. Die Energiepreise steigen in erster Linie aufgrund von Netzkosten sowie von Steuern und Abgaben, die einen größeren Anteil des Endabnehmerpreises ausmachen.[24]

Die Entwicklung der Energiekosten beeinflusst die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Branchen. Auf den Faktor Energie entfällt ein beträchtlicher Anteil der Gesamtkosten für die Herstellung von Papier, Pappe und Druckereierzeugnissen, Chemikalien, Glas und Keramik sowie Eisen, Stahl und Nichteisenmetallen, auch wenn sich die Lage je nach Werk, Technologie und Land unterschiedlich darstellt.

Die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und die Energieeffizienz gehören nach wie vor zu den wichtigsten, in der Strategie „Europa 2020“ festgeschriebenen Zielen der Union. An einer möglichst kostengünstigen Umsetzung unserer Ziele wird in verschiedenen Bereichen der EU-Politik gearbeitet.

- Angebotsseitig werden mit dem Programm „Horizont 2020“ Mittel für Forschung und Innovation in den Bereichen Energie und Klimawandel direkt bereitgestellt, vor allem durch Aufrufe zur Einreichung von Vorschlägen („Societal Challenge – Secure, clean and efficient energy“) und durch Initiativen zur Stärkung der Führungsrolle der Industrie, zu denen SPIRE („Sustainable Process Industry through Resource and Energy Efficiency“), der SET-Plan (Strategieplan für Energietechnologie) und SILC II (Programm für eine CO2-arme nachhaltige Industrie) gehören, mit denen bahnbrechende Technologien zur Verwirklichung von Klimaschutz- und Energieeffizienzzielen entwickelt und gefördert werden sollen.

- Mit dem Abschluss der Integration des Binnenmarkts für Energie und einem stärkeren Wettbewerb auf den Energiemärkten werden die Abnehmer in der Industrie und den Privathaushalten von niedrigeren Großhandelspreisen für Energie profitieren können.

- Der weitere Ausbau einer effizienten EU-weiten Infrastruktur für Gas und Strom sowie für den Transport von strategisch wichtigen Rohstoffen wie Ethylen und Propylen würde dazu beitragen, die Transportkosten zu senken und die Risiken für energieintensive Branchen zu verringern. Bei bestehenden Pipelines sollten Verbindungen vor allem nach Süd- und Osteuropa ausgebaut werden, damit die länderübergreifenden Synergien im Industriesektor verbessert werden und die Energieeffizienz europaweit steigt.

- Die Energiekosten sollten keineswegs aufgrund von Steuern, Abgaben und anderen von den Mitgliedstaaten zur Umsetzung verschiedener Maßnahmen eingeführten Instrumenten unverhältnismäßig ansteigen. Damit wird ein wesentlicher Beitrag zur Kosteneffizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der EU geleistet.

Parallel zu dieser Mitteilung hat die Kommission ein Klimaschutz- und Energiepaket verabschiedet und darin in ihren Standpunkt für den Zeitraum bis 2030 erläutert.[25] Das Paket umfasst – bis auf eine Ausnahme – keine Legislativvorschläge und wird im Europäischen Rat und im Europäischen Parlament zur Festlegung der Position beitragen, die von der Europäischen Union in der Frage des Bekämpfung des Klimawandels und der damit verbundenen Auswirkungen auf die Energiepolitik und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der EU eingenommen wird.

c) Rohstoffe und Ressourceneffizienz

Die Industrie in der EU ist meist auf das Rohstoffangebot auf den internationalen Märkten angewiesen,[26] was vor allem für unverarbeitete Mineralien und Metalle gilt. Sie ist mit zahlreichen Herausforderungen bei der Beschaffung von Primär- und Sekundärrohstoffen konfrontiert, die die gesamte Produktionskette (Exploration, Abbau, Verarbeitung/Veredelung, Recycling und Substitution) betreffen. Die Kommission verfolgt seit 2008 eine eigene Rohstoffstrategie („Rohstoffinitiative“). Sie fördert auch die effiziente Nutzung von Ressourcen sowie die Entwicklung von Kreislaufmodellen für Wirtschaft und Produktion.

Die Kommission engagiert sich mit ihrer Rohstoffinitiative stark außerhalb der EU, um eine faire und verlässliche Rohstoffversorgung weltweit zu sichern und gleiche Bedingungen für alle am Rohstoffhandel Beteiligten zu schaffen. Der EU ist es gelungen, Vorschriften über den Rohstoffexport im Kontext bilateraler und multilateraler Handelsabkommen auszuhandeln und bezüglich der für den Rohstoffsektor bestehenden Handelshemmnisse die Einhaltung von Bestimmungen zu überwachen und durchzusetzen.

Die Kommission wird sich weiterhin mit allen ihr zur Verfügung stehenden Instrumenten, unter anderem mit der derzeit laufenden Bestandsaufnahme zur Rohstoffdiplomatie, für eine sichere und nachhaltige Rohstoffversorgung einsetzen. Diesem Kapitel wird bei den laufenden und bei künftigen Handelsverhandlungen besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Die Kommission wird erwägen, in einer Mitteilung über die europäische Investitionspartnerschaft (EIP) im Rohstoffbereich zu erläutern, wie sie mit den Mitgliedstaaten, der Industrie und der Wissenschaft zusammenarbeiten möchte, um den 2013 vorgelegten strategischen Durchführungsplan dieser Partnerschaft zur Verbesserung von Forschung und Innovation, rechtlichem Umfeld und Normung voranzubringen.

Konkret sollen bis zu 10 Pilotprojekte zur Förderung von Technologien zur Produktion und Verarbeitung von Primär- und Sekundärrohstoffen auf den Weg gebracht werden, ferner sollen Ersatzstoffe für zumindest drei Anwendungen kritischer und knapper Rohstoffen gefunden sowie bessere Rahmenbedingungen für die Rohstoffbranche in Europa geschaffen werden.[27]

Die Kommission wird 2014 einen Legislativvorschlag zum Thema Ressourceneffizienz und Abfall vorlegen, um die Industrie bei diesem Schritt zu unterstützen. Ausgehend von den bei der Umsetzung des „Fahrplans für ein ressourcenschonendes Europa“ erzielten Fortschritten wird mit dieser Initiative der Grundstein dafür gelegt, dass die EU ihr Potenzial zur Steigerung der Produktivität entfalten kann und dabei ihren Ressourcenverbrauch verringert und sich zu einer Kreislaufwirtschaft entwickelt. In diese Initiative fließen die Schlussfolgerungen ein, die sich aus der Entwicklung geeigneter Indikatoren und Ziele ergeben. Ferner werden die wichtigsten Zielvorgaben der Abfallvorschriften der EU (entsprechend den einschlägigen Klauseln in der Abfallrahmenrichtlinie, der Deponierichtlinie und der Verpackungsrichtlinie) überprüft und die Abfallstromrichtlinien sowie die jeweiligen Optionen zur Förderung der Kohärenz zwischen ihnen ex-post bewertet.

Darüber hinaus wird die Kommission auf der Grundlage vorläufiger Bewertungen erforderlichenfalls Maßnahmen gegen Preisverzerrungen vorschlagen, durch die Unternehmen aus der EU daran gehindert werden, wichtige Ausgangsstoffe für die Industrieproduktion zu Weltmarktpreisen zu beziehen. Die Kommission wird die für die Bereitstellung von Biomasse für verschiedene Zwecke notwendige Neutralität gewährleisten und dafür sorgen, dass im Biomassebereich der Grundsatz der Kaskadennutzung im Sinne einer effizienten und nachhaltigen Verwendung der natürlichen Ressourcen umgesetzt wird. Ferner wird sie gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen in Erwägung ziehen, damit sich die Industrie zu Weltmarktpreisen mit wichtigen Ausgangsstoffen wie Bioethanol oder Stärke eindecken kann, die für neue biobasierte Tätigkeiten in traditionellen Industriezweigen wie der chemischen Industrie, der Papierindustrie und anderen holzverarbeitenden Branchen als wichtige Ausgangsstoffe benötigt werden.[28]

3.3. Qualifikationen verbessern und den industriellen Wandel fördern

Das Thema „Qualifikationen“ bildet eines der Kernelemente der Strategie „Europa 2020“. Die Kommission hat für eine Gesamtstrategie zur Verbesserung der Schul- und Berufsbildungssysteme Mittel aus den EU-Finanzierungsinstrumenten für den voraussichtlichen Bedarf an Humanressourcen bereitgestellt und Instrumente zur Überwachung des einschlägigen Bedarfs und seiner Entwicklung eingeführt. Sie bringt mit konkreten Initiativen die in der Lehrlingsausbildung tätigen maßgeblichen Akteure (einschließlich der Sozialpartner) zusammen, und zwar insbesondere jene mit unverzichtbarem Know-how im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien.

Das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage sowie Ausbildungsthemen dürften die Industrie auch in den kommenden Jahren vor große Herausforderungen stellen, da aufgrund der immer fortschrittlicheren Herstellungstechnologien noch mehr ganz spezifische Qualifikationsprofile und Ausbildungsangebote gefragt sein werden. Zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten bestehen erhebliche Unterschiede bezüglich des Qualifikationsniveaus und der Effizienz der Berufsbildungssysteme. Aufgrund dieses Umstandes und der hohen Arbeitslosenquoten in den von der Krise besonders betroffenen Mitgliedstaaten muss dringend etwas getan werden, damit mehr Mittel in Bildung und Ausbildung fließen. Auch bei der Mobilität über Landesgrenzen muss die Situation verbessert werden. Die Kommission hat eine umfassende EURES-Reform angenommen, damit die Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen europäischen Arbeitsverwaltungen in den EU- und EWR-Staaten intensiviert wird, so dass die Mobilität und der Abgleich von Qualifikationen mit einer ganzen Palette an neuen Diensten und Produkten gefördert werden.

Der Beitrag der Lehrlingsausbildung zur Wettbewerbsfähigkeit der Industrie findet breite Anerkennung. Deutliche Unterschiede beim Qualifikationsniveau und bei der Effizienz der Berufsbildungssysteme zwischen den einzelnen EU-Staaten korrelieren mit massiver Arbeitslosigkeit in den krisengeschüttelten Mitgliedstaaten. Initiativen wie der Europäischen Ausbildungsallianz wird es auch künftig zu verdanken sein, dass hochwertige und nachhaltige Lehrstellen aufgrund starker Partnerschaften zwischen den Arbeitgebern und den Ausbildungseinrichtungen in der gesamten EU entstehen.

Darüber hinaus plant die Kommission die Neuauflage des Programms „Erasmus für junge Unternehmer“ und entwickelt durch die aktive Einbindung von Industrie und KMU andere Instrumente zur Vermittlung von Firmenpraktika im Ausland[29]. In der Mitteilung „Neue Denkansätze für die Bildung“[30] wird dazu aufgerufen, das Qualifikationsangebot verstärkt mit dem Bedarf auf den Arbeitsmärkten in der EU abzustimmen, was auch einen Schwerpunkt des neuen Erasmus+-Förderprogramms darstellt. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Anstrengungen zu unterstützen.

Derzeit gehen jährlich nur 0,3 % der EU-Bevölkerung aus beruflichen Gründen in einen anderen Mitgliedstaat, in den USA gehen immerhin 2,4 % ins Ausland. Die EU spielt eine einzigartige Rolle, wenn es darum geht, die Mobilität zu Lernzwecken zwischen Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen durch das Programm Erasmus+ auf allen Ebenen durch den Austausch von Lehrlingen, Praktikanten und Studierenden zu steigern. Die Beteiligung von Industrie und KMU an derartigen Initiativen wird weiter gefördert. Was die neu entstehenden Branchen und wirtschaftlichen Aktivitäten angeht, so werden Wissens- und Innovationsgemeinschaften zur Bereitstellung der auf diesen neuen Märkten benötigten Qualifikationen beitragen.

Auf allen Ebenen sollten sich die Interessenträger bemühen, den voraussichtlichen Qualifikations- und Ausbildungsbedarf durch entsprechende Vorkehrungen zu bewältigen. Die Aufgabe der Industriepolitik besteht auch darin, den Wandel der Industrie und die Modernisierung ihrer Strukturen zu fördern, um drastische und extrem teure Umstrukturierungen zu vermeiden.

Die Regionen müssen aktiv in diese Bemühungen eingebunden werden, da sich Umstrukturierungen auf regionaler Ebene am unmittelbarsten auswirken. Damit die Strategien für eine „intelligente Spezialisierung“ erfolgreich sind, sollten bei regionalen Initiativen (in den Bereichen Infrastruktur, Weiterbildung, Forschung und Innovation) die Auswirkungen künftiger Umstrukturierungen eingeplant werden.

Die Kommission wird mit einem umfassenden und vorausschauenden Konzept zur Erleichterung des industriellen Wandels auf der regionalen Ebene die Regionen bei der Modernisierung der industriellen Basis durch eine Umverteilung von Ressourcen auf produktivere Branchen unterstützen und Bemühungen zur Minimierung etwaiger sozialer Folgen fördern.

Schließlich wird die Kommission Anfang 2014 mit einer Mitteilung über die Schaffung von Arbeitsplätzen in der sogenannten grünen Wirtschaft einschlägige Bemühungen auf Schlüsselbranchen mit hohem Beschäftigungspotenzial und die Entwicklung künftig benötigter Qualifikationen lenken. [31]

4. KLEINE UND MITTLERE UNTERNEHMEN UND UNTERNEHMERGEIST

Die EU ist in ihrer Industriepolitik immer schon stark auf die KMU eingegangen, deren Bedürfnisse in den vorgestellten Konzepten automatisch berücksichtigt werden. Dank des Programms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) konnten Finanzinstitute bis Ende 2013 über 315 000 KMU mit 30 Mrd. EUR an neuen Mitteln unterstützen, wodurch rund 380 000 Arbeitsplätze unmittelbar geschaffen bzw. erhalten werden konnten. Im selben Zeitraum wurden aus den Strukturfonds etwa 70 Mrd. EUR für die Wirtschaft – hauptsächlich für kleinere und mittlere Unternehmen – bereitgestellt. Diese Mittel sind in nahezu 200 000 Projekte geflossen, mit denen unter anderem 78 000 Start-up-Unternehmen und mindestens 268 000 unbefristete Arbeitsplätze geschaffen (und noch viele andere gesichert) werden konnten.

Regulierungsbedingte und administrative Kosten können auf KMU bis zu zehnmal stärkere Auswirkungen haben als auf größere Unternehmen. Die Kommission hat sich systematisch für eine Vereinfachung der für KMU geltenden Vorschriften eingesetzt, etwa durch Ausnahmen für Kleinstunternehmen und die Anwendung des Grundsatzes „Vorfahrt für KMU“. Die für KMU geltenden Rahmenbedingungen wurden seit der Verabschiedung des Small Business Act (SBA) vor fünf Jahren deutlich verbessert. Der durchschnittliche zeitliche und finanzielle Aufwand für eine Unternehmensgründung wurde (von neun auf fünf Tage bzw. von 463 auf 372 EUR) gesenkt. Allerdings ist die Beschaffung aller für die Aufnahme einer Geschäftstätigkeit erforderlichen Genehmigungen in einigen Mitgliedstaaten immer noch sehr langwierig und kostspielig.

Durch den neuen Finanzrahmen 2014–2020 werden neue, noch wirksamere Instrumente zur Förderung des Unternehmergeists und der KMU geschaffen. Erstmals ist ein Programm – mit der Bezeichnung COSME – eigens auf KMU zugeschnitten. Es ist mit 2,3 Mrd. EUR ausgestattet, die zu den Beiträgen aus anderen EU-Programmen hinzukommen. Die Wettbewerbsfähigkeit der KMU bildet einen Schwerpunkt der neuen Kohäsionspolitik. Im Rahmen von „Horizont 2020“ erhalten KMU durch ein eigenes Instrument Unterstützung für risikoreiche Forschung und Innovation in der Gründungsphase. Durch die neue Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums werden Start-up-Unternehmen und die Wettbewerbsfähigkeit von KMU in ländlichen Gebieten zusätzlich gefördert.[32]

Ergänzend zu diesen finanziellen Maßnahmen wird in den Beihilfevorschriften für Risikofinanzierungen besonders auf die Finanzierungsprobleme von KMU eingegangen.

Die KMU müssen allerdings die ihrem Wachstum entgegenstehenden Hindernisse überwinden, um ihr volles Potenzial entfalten zu können. KMU sind in Europa kleiner als in den USA, und auch innerhalb der EU gibt es Größenunterschiede: Während ein KMU in Deutschland im Schnitt 7,6 Personen beschäftigt, sind es in Spanien 3,6 und in Italien 3,2. Dies bleibt nicht ohne Auswirkungen: Je kleiner ein Unternehmen ist, umso schwieriger wird die Finanzierung von Innovationen, die Exporttätigkeit und die Beteiligung an globalen Wertschöpfungsketten, was sich wiederum nachteilig auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirkt.

Das wachstumsfördernde Potenzial von Clustern muss besser genutzt werden, damit Innovationsökosysteme entstehen, in denen sich Gruppen von KMU gegenseitig besser unterstützen können. Die Kommission wird Initiativen zur Herstellung von Kontakten zwischen KMU fördern, die sich an auf Exzellenz und europaweite Wertschöpfungsketten ausgerichteten Clustern von Weltrang beteiligen wollen. Diese Bemühungen sind nicht auf einzelne Industriezweige beschränkt, sondern zielen darauf ab, die Zusammenarbeit und Innovation branchen- und länderübergreifend zu fördern.

Wertschöpfungsketten von der Beschaffung von Rohstoffen und Unternehmensdienstleistungen bis hin zum Vertrieb müssen besser eingebunden werden, was auch für die Kontakte mit Forschungs- sowie Aus- und Weiterbildungszentren gilt. Von Clustern getragene Demonstrationsprojekte für Innovationen entlang der Wertschöpfungskette werden auch über „Horizont 2020“ im Rahmen der Strategien für eine intelligente Spezialisierung finanziert. Darüber hinaus wird die Kommission den „Aktionsplan zur unternehmerischen Initiative“ weiter verbessern und damit einen Beitrag dazu leisten, dass unternehmerische Fähigkeiten und Einstellungen gefördert werden und Einzelpersonen neue Geschäftsideen entwickeln können.

Durch die Überarbeitung des Small Business Act (SBA) könnten mehr Synergien mit dem Reformprozess im Rahmen des Europäischen Semesters erzielt werden, so dass KMU schneller wachsen und Arbeitsplätze schaffen können. Die Kommission zieht Maßnahmen in Erwägung und legt gegebenenfalls neue Rechtsvorschriften vor, durch die die Gründung eines Unternehmens in einem beliebigen Mitgliedstaat binnen drei Tagen bei Kosten von höchstens 100 EUR ermöglicht werden soll. Ferner wird die Erteilung der erforderlichen Genehmigungen innerhalb eines Monats angestrebt. Schließlich prüft die Kommission Maßnahmen, durch die Gerichtsverfahren zur Beitreibung von Kreditschulden für Unternehmen verkürzt, finanzielle Schwierigkeiten rascher überwunden und Insolvenzen durch kostengünstige Umschuldungsverfahren vermieden werden können, rechtschaffene Unternehmer eine zweite Chance erhalten und die Übertragung von Unternehmen erleichtert wird. Sie fordert die Mitgliedstaaten dringend auf, einen KMU-Test oder ein gleichwertiges Verfahren im Rahmen ihrer Entscheidungsprozesse einzuführen und den Verwaltungsaufwand zu verringern.[33]

Die Kommission prüft schließlich weitere Möglichkeiten, um KMU bei der Entfaltung grenzüberschreitender Synergien zu unterstützen und sorgt gleichzeitig für einen flexiblen rechtlichen Rahmen, der keine Belastung für die KMU darstellt. Die Unternehmensnetzwerke bieten insbesondere für den Ausbau der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit interessante Geschäftsmöglichkeiten. Diese Netze könnten durch eine verstärkte interne Spezialisierung zu einem wichtigen Innovationsfaktor werden. Die Kommission wird prüfen, in welchem Ausmaß etwa im Wege praktischer Leitlinien einige gezielte Maßnahmen (z. B. Normungsfragen, Terminologie oder Kennzeichnung) zur Förderung des Ausbaus von Unternehmensnetzwerken auf den Weg gebracht werden könnten.

5.         INTERNATIONALISIERUNG DER UNTERNEHMEN IN DER EU

Die Ausfuhren und der Handelsüberschuss der EU haben bei der Abfederung der Auswirkungen der Krise eine wichtige Rolle gespielt. Da bis 2015 geschätzte 90 % des weltweiten Wachstums aus Übersee stammen werden, bleibt der Zugang zu den Märkten von Drittländern ein Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Obwohl die Industrie in der EU ihre Wettbewerbsfähigkeit auf internationalen Märkten weitgehend bewahrt hat, kann eine andauernd starke Ausfuhrleistung nicht als selbstverständlich angesehen werden. Europäische Unternehmen müssen innovativ bleiben und sich in das wachsende Netz aus weltweiten Wertschöpfungsketten eingliedern. Die Integration in die Weltwirtschaft muss Hand in Hand gehen mit der weltweiten Förderung offener und fairer Märkte.

Die Handelspolitik ist ein Kernelement der Internationalisierungsagenda der EU, bei der es nicht nur um die Öffnung von Märkten geht, sondern auch darum, die Interessen der EU zu verteidigen und auf faire Wettbewerbsbedingungen auf Drittmärkten hinzuwirken. Die EU engagiert sich weiterhin für den Freihandel im Rahmen der WTO, wie das kürzlich verabschiedete Übereinkommen über Handelserleichterungen belegt. Parallel dazu verfolgt sie eine beispiellose Agenda für bilateralen Handel und Investitionen, wobei Freihandelsabkommen (FHA) derzeit das wichtigste Mittel zur Verwirklichung eines besseren Marktzugangs sind. Der Abschluss der laufenden Verhandlungen über Freihandelsabkommen könnte das BIP der EU um 2 % (250 Mrd. EUR) steigern. Die Kommission hat ferner eine Änderung der Handelsschutzinstrumente vorgeschlagen und den Rat und das Parlament dazu aufgerufen, sich in der Frage der Stärkung des Systems der handelspolitischen Schutzinstrumente und der Senkung der damit verbundenen Kosten rasch zu einigen, damit faire Wettbewerbsbedingungen wirksamer durchgesetzt werden können.

5.1. Marktzugang

Infolge der Fortschritte in der gemeinsamen Außenpolitik, des Starts der Wachstumsmissionen und der Entwicklung der Marktzugangsstrategie sollte die EU, gestützt auf die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten, ihre wirtschaftsdiplomatischen Aktivitäten verstärken und zur Verteidigung der europäischen Investitionen und Interessen im Ausland gegenüber den Wirtschaftspartnern entschlossener auftreten. Auf den weltweiten Märkten herrschen keine gleichen Wettbewerbsbedingungen; europäischen Unternehmen werden auf entscheidenden aufstrebenden Märkten unfaire Bedingungen auferlegt.

Das europäische öffentliche Beschaffungswesen ist das offenste der Welt, dennoch stoßen Unternehmen aus der EU beim Zugang zu Beschaffungsmärkten im Ausland auf Schwierigkeiten. In den jüngsten Freihandelsabkommen hat die EU beim Zugang zu Beschaffungsmärkten beträchtliche Verbesserungen erzielt. Beispielsweise haben die bilateralen Verhandlungen mit Kanada erhebliche Fortschritte bei der Öffnung der Beschaffungsmärkte unterhalb der Bundesebene gebracht. Ähnliche Fortschritte werden in anderen bilateralen Verhandlungen, insbesondere mit den Vereinigten Staaten und Japan, angestrebt.

Darüber hinaus hat die Kommission ein neues Instrument vorgeschlagen, mit dem die EU, falls es von den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament genehmigt wird, gegen Ungleichheiten auf internationalen Beschaffungsmärkten vorgehen kann.[34] Durch dieses Verfahren könnten öffentliche Auftraggeber in den Mitgliedstaaten bei großen Aufträgen Bieter ausschließen, die Waren und Dienstleistungen mit Ursprung in einem Nicht-EU-Land einsetzen, in dem der Markt für öffentliche Aufträge stark geschützt ist. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie auf der Grundlage der Gegenseitigkeit im internationalen Kontext positive Ergebnisse für die EU erzielt werden können.

Bei den Ausfuhren europäischer Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes entfallen 40 % der Wertschöpfung auf Dienstleistungen. Etwa ein Drittel der Arbeitsplätze, die diesen Ausfuhren zugerechnet werden, sind in Unternehmen angesiedelt, die Dienstleistungen für Ausführer von Waren erbringen. Bessere und kostengünstigere Dienstleistungen wirken sich daher entscheidend auf die industrielle Wettbewerbsfähigkeit aus. Eine bessere Einbindung der Unternehmen aus der EU in globale Wertschöpfungsketten wird den Zugang zu Dienstleistungen hoher Qualität verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit der Waren- und Dienstleistungsausfuhren aus der EU steigern.

Die Bemühungen um eine stärkere Internationalisierung von KMU genießen besondere Priorität. In der EU entfallen auf die 10 % der Unternehmen mit der größten Ausfuhrleistung typischerweise 70 %-80 % der Ausfuhrmenge; die Kommission strebt daher nicht nur eine Erhöhung der Ausfuhrmengen, sondern auch der Zahl der ausführenden Unternehmen an, um die Einbindung von EU-Unternehmen in globale Wertschöpfungsketten zu erleichtern.

Die Verbesserung des Marktzugangs erfordert den kombinierten Einsatz verschiedener handelspolitischer Instrumente, welche bei den konkreten Problemen ansetzen, mit denen unsere Unternehmen konfrontiert sind, wenn sie Ausfuhren in Drittländer tätigen oder dort investieren. Die Strategie für den Marktzugang spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung dieser Herausforderungen durch gemeinsame Anstrengungen der Kommission, der Mitgliedstaaten und der Wirtschaft. Durch eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Interessenträgern kann gegen solche Hemmnisse wirksamer und erfolgreicher vorgegangen werden.

Zur Förderung des Zugangs zu den Märkten der Welt wird die Kommission:

• weiterhin im Rahmen unserer Gesamtstrategien für die FHA-Verhandlungen mit wichtigen Handelspartnern wie den Vereinigten Staaten, Kanada, Japan und Indien bilateral eine Verbesserung des Marktzugangs für die europäische Industrie anstreben und aufbauend auf den bestehenden Freihandelsabkommen regelmäßige Überwachungs-, Bewertungs-und Umsetzungsmaßnahmen durchführen;

• weiterhin Verhandlungen über vertiefte und umfassende Freihandelsabkommen sowie über Abkommen zur Akkreditierung und Anerkennung gewerblicher Produkte zwischen der EU und den Ländern des südlichen Mittelmeerraums sowie den Ländern der Östlichen Partnerschaft führen;

• weiterhin im Rahmen der WTO-Gremien zu verhindern suchen, dass Drittländer technische Handelshemmnisse schaffen, und gegen solche Handelshemmnisse vorgehen, wofür sie wenn nötig auch auf das Streitbeilegungsverfahren zurückgreifen wird;

• die Wachstumsmissionen ausbauen und die Dienste des Enterprise Europe Network nutzen, um die Internationalisierung von KMU zu fördern und die Organisation von Wachstumsmissionen sowie entsprechende Folgemaßnahmen zu unterstützen;

• KMU-Dialoge durchführen und die Zusammenarbeit mit unseren internationalen Partnern – auf bilateraler Ebene mit den Vereinigten Staaten, China, Russland und Brasilien, auf multilateraler Ebene im Rahmen der Östlichen Partnerschaft oder der Industriellen Zusammenarbeit EU-MED sowie mit den Erweiterungs- und den AKP-Staaten – pflegen;

• die Marktzugangsstrategie als Instrument zur Behebung der konkreten Probleme, vor denen europäische Unternehmen stehen, weiter umsetzen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf den KMU liegt, für die es oft besonders schwer ist, etwas gegen Handelshemmnissen in Drittländern zu unternehmen.

5.2. Normung, Zusammenarbeit in Regulierungsfragen und Rechte des geistigen Eigentums

Die Kommission wird weiterhin zur Förderung internationaler Normen und der Zusammenarbeit in Regulierungsfragen auf die Rolle der EU als faktischer Normgeber bauen und eine Führungsrolle bei der Stärkung des internationalen Normensystems übernehmen. Die Zusammenarbeit mit anderen Ländern in Regulierungsfragen wird weiterhin Priorität genießen; dies gilt vor allem für die laufenden bilateralen Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten und Japan, deren Schwerpunkt auf Handels- und Investitionshemmnissen „hinter den Grenzen“ liegen wird. Eine Erhöhung der Transparenz und Konvergenz der Rechtsvorschriften wird die Chancen europäischer Unternehmen in Übersee beträchtlich verbessern und dazu beitragen, die Marktzugangskosten zu senken.

In einer Welt, in der die Wettbewerbsfähigkeit oft auf einer Vorreiterrolle und auf Markenrechten beruht, wird es für die Unternehmen aus der EU immer wichtiger, ihre gewerblichen Schutzrechte auf allen maßgeblichen Märkten zu wahren; in besonderem Maße gilt dies für die Kreativwirtschaft, in der Nachahmung ein schwerwiegendes Problem darstellt. Zur Ausweitung der Unterstützung für Unternehmen hat die Kommission bereits das Netz ihrer Helpdesks für gewerbliche Schutzrechte auf den Verband Südostasiatischer Staaten (ASEAN) und den Mercosur ausgedehnt, um Dienstleistungen in einem größeren geographischen Gebiet anbieten zu können; sie wird eine weitere geografische Ausdehnung solcher Unterstützungsdienste in Erwägung ziehen.

6. Schlussfolgerung

Europa muss das nachhaltige Wachstum und die Modernisierung nach der Krise dringend auf eine breitere Grundlage stellen. Zu diesem Zweck muss es seine Entschlossenheit zur Reindustrialisierung, zur Modernisierung der industriellen Basis Europas und zur Förderung eines wettbewerbsfähigen Rahmens für die EU-Industrie deutlich bekunden.

Angesichts der Bedeutung der bevorstehenden Herausforderungen für die Zukunft Europas muss sich der Europäische Rat als höchste politische Instanz damit befassen und den Kurs vorgeben, damit alle der EU zur Verfügung stehenden Instrumente kohärent und im Einklang mit den Prioritäten eingesetzt werden. Eine industriepolitische Strategie kann nicht isoliert in die Praxis umgesetzt werden, da zahlreiche Wechselwirkungen und Überschneidungen mit anderen Politikbereichen bestehen.

Die Kommission ruft daher die Mitgliedstaaten auf, die zentrale Bedeutung der Industrie für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und des nachhaltigen Wachstums in Europa sowie für eine systematische Berücksichtigung von Fragen der Wettbewerbsfähigkeit in allen Politikbereichen anzuerkennen.

Zu diesem Zweck ist die Kommission der Auffassung, dass zur Stützung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie die folgenden Prioritäten verfolgt werden sollten:

· Die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie muss künftig verstärkt in anderen Politikbereichen im Sinne der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der EU berücksichtigt werden, da die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie erheblich zur gesamten Wettbewerbsleistung der EU beiträgt. Im Interesse einer höheren Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und der EU-Wirtschaft im Allgemeinen ist beispielsweise der Produktivitätssteigerung bei den Unternehmensdienstleistungen besonderes Augenmerk zu widmen.

· Das Potenzial des Binnenmarktes ist durch die Entwicklung der notwendigen Infrastrukturen, durch die Schaffung eines stabilen, vereinfachten und vorhersehbaren Rechtsrahmens, welcher die unternehmerische Initiative und Innovationen begünstigt, durch Integration der Kapitalmärkte, durch verbesserte Ausbildungs- und Mobilitätsmöglichkeiten für die Bürger und durch die Vollendung des Binnenmarktes für Dienstleistungen als wichtigen Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu maximieren.

· Die Instrumente für die regionale Entwicklung sind mithilfe nationaler und europäischer Instrumente entschlossen umzusetzen, um durch die Förderung von Innovation, Qualifikation und Unternehmergeist den industriellen Wandel zu gestalten und die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft zu steigern.

· Damit Unternehmen mehr investieren, müssen ihnen bestimmte kritische Ressourcen, insbesondere Energie und Rohstoffe, zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung stehen, die die internationale Kostensituation widerspiegeln. Die Ausarbeitung und Umsetzung politischer Instrumente zu verschiedenen, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene angesiedelten Zwecken darf nicht zu Verzerrungen führen, durch die die relativen Preise solcher Ressourcen unverhältnismäßig verteuert werden. Auf dem Binnenmarkt und auf internationaler Ebene sollte durch geeignete Maßnahmen dafür gesorgt werden, dass eine angemessene Versorgung mit solchen Ressourcen sichergestellt ist, die Energie- und Ressourceneffizienz steigen und das Abfallaufkommen sinkt.

· Es ist alles zu unternehmen, um die Integration der Unternehmen der EU in globale Wertschöpfungsketten zu erleichtern, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und den Zugang zu globalen Märkten zu günstigeren Wettbewerbsbedingungen zu sichern.

Schließlich ist es im Interesse der Wiederbelebung der Wirtschaft in der EU erforderlich, die Reindustrialisierungsbemühungen im Einklang mit dem Anspruch der Kommission, den Beitrag der Industrie zum BIP bis 2020 auf 20 % zu steigern, mitzutragen.

[1] Rueda-Cantuche J. M., Sousa N., Andreoni V. und Arto I.: „The Single Market as an engine for employment growth through the external trade“, Gemeinsame Forschungsstelle, IPTS, Sevilla 2012. In dieser Mitteilung bezieht sich der Begriff „verarbeitendes Gewerbe“ auf den Abschnitt C und die Abteilungen 10 bis 33 der NACE Rev. 2. Unter Industrie ist ein breites Feld von Tätigkeiten zu verstehen, das auch Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden sowie die Energiewirtschaft umfasst.

[2] Auf Handelsstatistiken von Eurostat beruhender Schätzwert. Dieser Wert bezieht sich nur auf Erzeugnisse des verarbeitenden Gewerbes, darin nicht enthalten ist der Energie- und Rohstoffhandel, bei dem die EU eine negative Bilanz aufweist.

[3] Es sei darauf hingewiesen, dass der Anteil des verarbeitenden Gewerbes am BIP in einigen Ländern (Slowakei, Litauen, Österreich, Deutschland und Niederlande) seit 2007 zugenommen hat, in den übrigen Ländern aber zurückgegangen ist.

[4] Bericht über die Wettbewerbsfähigkeit Europas 2013 „Towards knowledge-driven Reindustrialisation“, abrufbar unter http://ec.europa.eu/enterprise/policies/industrial-competitiveness/competitiveness-analysis/european-competitiveness-report/files/eu-2013-eur-comp-rep_en.pdf und „Leistungsanzeiger Industrie“, abrufbar unter http://ec.europa.eu/enterprise/policies/industrial-competitiveness/monitoring-member-states/files/scoreboard-2013_de.pdf.

[5] Sowohl bei Strom als auch bei Gas nimmt die Preisdifferenz gegenüber Mitbewerbern in Drittländern (mit Ausnahme vor allem von Japan) zu.

[6] „Eine stärkere europäische Industrie bringt Wachstum und wirtschaftliche Erholung“ (COM(2012) 582 final vom 10.10.2012) und „Eine integrierte Industriepolitik für das Zeitalter der Globalisierung – Vorrang für Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit“ (KOM(2010) 614 endg. vom 28.10.2010). Einige Mitgliedstaaten wie Frankreich, Spanien, Deutschland oder das Vereinigte Königreich haben in den vergangenen Jahren ebenfalls industriepolitische Konzepte oder Strategien auf nationaler und regionaler Ebene festgelegt.

[7] Diese einvernehmlichen vertraglichen Vereinbarungen von Mitgliedstaaten könnten – auf der Grundlage der länderspezifischen Empfehlungen – einen Beitrag zur Umsetzung relevanter industriepolitischer Aspekte leisten, die jene wirtschaftspolitischen Prioritäten widerspiegeln, die im Europäischen Rat bei der Analyse der Wirtschaftslage in den Mitgliedstaaten und im Euroraum aufgezeigt wurden.

[8] Dieses Paket bringt uns dem einheitlichen europäischen Eisenbahnraum ein gutes Stück näher, in dem unterschiedlich gestaltete Eisenbahnfahrzeuge nach und nach ganz durch genormte Züge und Bauteile ersetzt und die Betriebsgenehmigungsverfahren vereinfacht werden. Zur Förderung dieses Prozesses werden durch das Gemeinsame Unternehmen Shift2Rail öffentliche und private Mittel gebündelt, um die Entwicklung und Anwendung neuer Technologien und Lösungen zu beschleunigen.

[9] Im Straßengüterverkehr müssen für eine weitere Marktöffnung Verbesserungen bei der Durchsetzung der Marktzugangsbestimmungen erzielt werden. Hier wurden die Sicherheitsbestimmungen und technischen Vorschriften bereits harmonisiert und damit die Voraussetzungen für eine etwaige Liberalisierung dieser Branche auf EU-Ebene geschaffen.

[10] Am 14. Oktober 2013 verabschiedete die Kommission eine Liste von 248 zentralen Energieinfrastrukturprojekten, bei denen dank der neuen Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur (TEN-E) die Genehmigungsverfahren rascher und effizienter ablaufen und Verbesserungen im Bereich der Regulierung eintreten werden. Darüber hinaus vereinbarten der Rat und das Europäische Parlament im Dezember 2013 die Schaffung der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF), über die 33,2 Mrd. EUR bereitgestellt werden, um Investitionen in die europäischen Verkehrs-, Energie- und Digitalnetze zu finanzieren oder anzuziehen. Die CEF wird zur Errichtung äußerst leistungsfähiger und umweltverträglicher Verbundnetze beitragen, die sich über ganz Europa erstrecken. Aus der CEF werden für die transeuropäische Energieinfrastruktur im Zeitraum 2014–2020 Mittel in Höhe von 5,85 Mrd. EUR für die Marktintegration und die Versorgungssicherheit im Energiesystem der EU bereitgestellt.

[11] „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe“, COM(2013) 18 final vom 24.1.2013.

[12] Mitteilung der Kommission „Eine Vision für den Binnenmarkt für Industrieprodukte“, COM(2014) 25 final vom 22.1.2014.

[13] Diese Initiative sieht gemeinsame Methoden zur Messung der Umweltverträglichkeit von Produkten und Organisationen vor. Vergleichbare und zuverlässige Umweltinformationen über diese Produkte tragen zur EU-weiten Integration der entsprechenden Märkte bei.

[14] Bericht über die Binnenmarktintegration: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2013:0785:FIN:DE:PDF.

[15] Mitteilung der Kommission „Eine Partnerschaft für neues Wachstum im Dienstleistungssektor 2012-2015“, (COM(2012) 261 final vom 8. Juni 2012.

[16] Im Weltbank-Bericht „Doing Business“ rangierten 2008 noch acht Mitgliedstaaten unter den 20 besten Ländern und drei davon unter den führenden 10 Ländern. In der Ausgabe 2013 finden sich nur noch sechs Mitgliedstaaten unter den besten 20 bzw. zwei unter den besten zehn Ländern.

[17] Siehe Schlussfolgerungen des Rates „Wettbewerbsfähigkeit“ vom 2. und 3. Dezember 2013.

[18] Darüber hinaus wird die Umsetzung von Bestimmungen in spezifischen Bereichen durch andere Initiativen gefördert. So soll derzeit etwa das EU-Abfallrecht durch eine Überprüfung verständlicher und besser vollstreckbar werden und das Recycling von Sekundärrohstoffen erleichtert werden.

[19] Siehe geplante Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen mit dem Titel „Advancing Manufacturing – Advancing Europe“.

[20] Eine Beschreibung und Auslegung des Grundsatzes der Kaskadennutzung findet sich unter:

http://ec.europa.eu/research/bioeconomy/pdf/201202_commision_staff_working.pdf - Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zur Mitteilung der Kommission zur Bioökonomie-Strategie –, siehe S. 25 und 26, 2. Absatz (Abschnitt 1.3.3.1.) und http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+REPORT+A7-2013-0201+0+DOC+PDF+V0//DE – Stellungnahme des Europäischen Parlaments über die Mitteilung der Kommission zur Bioökonomie-Strategie – (siehe Punkt 28, S. 6 und 7).

[21] Die Kommission hat kürzlich zwei Projekte für intelligente Netze ausgewählt und zu Vorhaben von gemeinsamem Interesse für die transeuropäische Energieinfrastruktur erklärt.

[22] Richtlinie 2011/7/EU vom 16.2.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2011:048:0001:0010:de:PDF.

[23] Diese Preise sind nicht um qualitätsbedingte Unterschiede bereinigt; die Stromversorgung ist in der EU zuverlässiger und fällt seltener aus als in den genannten Ländern.

[24] Siehe „Energiepreise und -kosten in Europa“ (COM(2014) 21 final vom 22.1.2014). Diese Mitteilung gibt genauen Aufschluss über die Kosten- und Preisentwicklung im Energiebereich.

[25] COM(2014) 15 final, „Ein Rahmen für die Klima- und Energiepolitik im Zeitraum 2020-2030“; COM(2014) 20 final, „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung und Anwendung einer Marktstabilitätsreserve für das EU-System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten und zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG“; COM(2014) 23 final, „Mitteilung über die Exploration und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen (z. B. Schiefergas) unter Einsatz von Hochvolumen-Hydrofracking“ und C(2014) 267 final, „Empfehlung der Kommission mit Mindestgrundsätzen für die Erschließung und Förderung von Kohlenwasserstoffen (z. B. Schiefergas) durch Hochvolumen-Hydrofracking“, alle vom 22.1.2014.

[26] Materialkosten machen nach Angaben des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) über 40 % der Herstellungskosten aus („Kostenstruktur des verarbeitenden Gewerbes“). Durch mehr Ressourceneffizienz könnte der Materialbedarf bis 2030 um 17 bis 24 % gesenkt werden. Siehe „Macroeconomic modelling of sustainable development and the links between the economy and the environment“ (2011), GWS et al. im Auftrag der Kommission, abrufbar unter            http://ec.europa.eu/environment/enveco/studies_modelling/pdf/report_macroeconomic.pdf.

[27] Im Kontext der zweiten Säule der Rohstoffinitiative wird die Kommission 2014 einen Bericht über die Indikatoren für eine nationale Mineralienpolitik veröffentlichen, der über die Genehmigungs- und Raumplanungspraxis der Mitgliedstaaten Aufschluss gibt, sowie mit einer öffentlichen Konsultation aller Interessenträger der Frage nachgehen, welche Optionen für eine Harmonisierung einiger Aspekte des Genehmigungs- und Raumplanungswesens in Frage kommen.

[28] Siehe Abschnitte über chemische und holzverarbeitende Industrie der dazugehörigen Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen.

[29] Siehe Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu einem Qualitätsrahmen für Praktika vom 4. Dezember 2013, COM(2013) 857 final.

[30] COM(2012) 669 final, „Neue Denkansätze für die Bildung – bessere sozioökonomische Ergebnisse durch Investitionen in Qualifikationen“ vom 20.11.2012.

[31] Beschäftigungs- und sozialpolitische Aspekte der Antizipation von Veränderungen und Umstrukturierungen wurden in der Mitteilung der Kommission COM(2013) 882 final vom 13. Dezember 2013 behandelt.

[32] Hinsichtlich des konkreten Potenzials des sogenannten blauen Wachstums sei auf folgende Mitteilung verwiesen: COM(2012) 494 final, „Blaues Wachstum – Chancen für nachhaltiges marines und maritimes Wachstum“ vom 13.9.2012.

[33] Diese Vorschläge werden mit anderen rechtlichen Maßnahmen koordiniert, die derzeit in Vorbereitung sind, um die Schuldenbeitreibung über Staatsgrenzen hinweg zu erleichtern. Auf demselben Gebiet werden als Reaktion auf die 2012 vorgelegte Mitteilung „Ein neuer europäischer Ansatz zur Verfahrensweise bei Firmenpleiten und Unternehmensinsolvenzen“ Mindeststandards eingeführt, um Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten eine effiziente Umschuldung zu ermöglichen und sie vor der Insolvenz zu bewahren.

[34] COM(2012) 124 final vom 21.3.2012, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang von Waren und Dienstleistungen aus Drittländern zum EU-Binnenmarkt für das öffentliche Beschaffungswesen und über die Verfahren zur Unterstützung von Verhandlungen über den Zugang von Waren und Dienstleistungen aus der Union zu den öffentlichen Beschaffungsmärkten von Drittländern.