11.1.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 8/15


MITTEILUNG DER KOMMISSION

Rahmen der Europäischen Union für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen (2011)

(Text von Bedeutung für den EWR)

2012/C 8/03

1.   ZWECK UND ANWENDUNGSBEREICH

1.

Damit bestimmte Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse auf der Basis von Grundsätzen und Bedingungen erbracht werden können, die eine Erfüllung dieser Aufgaben ermöglichen, kann sich eine finanzielle Unterstützung des Staates als erforderlich erweisen, wenn die durch die Verpflichtung zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen anfallenden Kosten nicht durch die Einnahmen aus der Erbringung der Dienstleistungen gedeckt werden können.

2.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (1) stellen Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen (2). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, findet Artikel 108 des Vertrags keine Anwendung.

3.

Wenn die Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen diese Voraussetzungen nicht erfüllen, die allgemeinen Kriterien für die Anwendbarkeit von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags aber erfüllt sind, stellen die Ausgleichsleistungen staatliche Beihilfen dar und unterliegen den Artikeln 106, 107 und 108 des Vertrags.

4.

In ihrer Mitteilung über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (3) hat die Kommission die Voraussetzungen festgelegt, unter denen Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen als staatliche Beihilfen anzusehen sind. Ferner wird die Kommission in ihrer Verordnung über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen zugunsten von Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen (4), festlegen, unter welchen Voraussetzungen davon ausgegangen werden kann, dass geringfügige Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen und/oder den Wettbewerb nicht verfälschen oder zu verfälschen drohen. In diesen Fällen werden die in Rede stehenden Ausgleichsleistungen nicht von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags erfasst und sind folglich nicht gemäß Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags meldepflichtig.

5.

Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags bildet die Rechtsgrundlage für die beihilferechtliche Würdigung staatlicher Beihilfen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Danach gelten für Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, die Bestimmungen des Vertrags, insbesondere die Wettbewerbsregeln. Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags sieht jedoch für den Fall, dass die Anwendung der Wettbewerbsregeln die Erfüllung der übertragenen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert, eine Ausnahme von den Vorschriften des Vertrags vor. Diese Ausnahmebestimmung findet nur Anwendung, wenn die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt wird, das dem Interesse der Europäischen Union zuwiderläuft.

6.

In dem Beschluss 2012/21/EU der Kommission (5) vom über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (6), ist festgelegt, unter welche Voraussetzungen bestimmte Arten von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen nach Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags als mit dem Binnenmarkt vereinbar einzustufen und folglich von der Pflicht zur vorherigen Anmeldung nach Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags befreit sind.

7.

Die Grundsätze dieser Mitteilung gelten nur für Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen, wenn es sich um staatliche Beihilfen handelt, die nicht von dem Beschluss 2012/21/EU, erfasst werden. Solche Ausgleichsleistungen unterliegen der Pflicht zur vorherigen Anmeldung nach Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags. In dieser Mitteilung ist festgelegt, unter welchen Voraussetzungen solche staatlichen Beihilfen als mit dem Binnenmarkt gemäß Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags vereinbar erklärt werden können. Sie ersetzt den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden (7).

8.

Die Grundsätze dieser Mitteilung gelten unbeschadet strengerer einschlägiger Bestimmungen in sektorspezifischen EU-Rechtsvorschriften über Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen im Luft- und Seeverkehr. Sie gelten weder für den Landverkehr noch für den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk, der durch die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (8) abgedeckt ist.

9.

Beihilfen für Erbringer von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die sich in Schwierigkeiten befinden, sind nach den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (9) zu prüfen.

10.

Die Grundsätze dieser Mitteilung gelten unbeschadet der:

a)

Vorgaben der EU-Rechtsvorschriften im Bereich Wettbewerb (insbesondere Artikel 101 und 102 des Vertrags);

b)

Vorgaben der EU-Rechtsvorschriften für das öffentliche Auftragswesen;

c)

Bestimmungen der Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (10);

d)

zusätzlichen Bestimmungen, die sich aus dem Vertrag oder aus sektorspezifischen EU-Rechtsvorschriften ergeben.

2.   VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE VEREINBARKEIT VON AUSGLEICHSLEISTUNGEN FÜR DIE ERBRINGUNG ÖFFENTLICHER DIENSTLEISTUNGEN, DIE STAATLICHE BEIHILFEN DARSTELLEN, MIT DEM BINNENMARKT

2.1   Allgemeine Bestimmungen

11.

Zum derzeitigen Entwicklungsstand des Binnenmarkts können staatliche Beihilfen, die nicht in den Anwendungsbereich des Beschlusses 2012/21/EU fallen, für mit Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags vereinbar erklärt werden, wenn sie für die Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erforderlich sind und sie die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Maße beeinträchtigen, das dem Interesse der Europäischen Union zuwiderläuft. Damit dieses Gleichgewicht gegeben ist, müssen die in den Abschnitten 2.2 bis 2.10 genannten Voraussetzungen erfüllt sein.

2.2   Echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gemäß Artikel 106 des Vertrags

12.

Die Beihilfe muss für eine echte und genau abgesteckte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags bestimmt sein.

13.

In ihrer Mitteilung über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse führt die Kommission aus, wie im Einzelnen eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu definieren ist. Insbesondere können die Mitgliedstaaten Dienstleistungen, die von unter normalen Marktbedingungen handelnden Unternehmen unter Bedingungen, die sich — z. B. im Hinblick auf den Preis, die objektiven Qualitätsmerkmale, die Kontinuität und den Zugang zu der Dienstleistung — mit dem öffentlichen Interesse, wie vom Staat definiert, decken, bereits zufriedenstellend erbracht werden oder erbracht werden können, nicht mit der Verpflichtung zur Erbringung öffentlicher Dienstleistungen verbinden. In Bezug auf die Feststellung, ob eine Dienstleistung vom Markt erbracht werden kann, beschränkt sich die Bewertung der Kommission auf die Prüfung der Frage, ob die Definition des Mitgliedstaats mit einem offensichtlichen Fehler behaftet ist, sofern in den EU-Rechtsvorschriften keine strengeren Bestimmungen vorgesehen sind.

14.

Damit die Grundsätze dieser Mitteilung Anwendung finden, sollten die Mitgliedstaaten belegen, dass sie den Bedarf an der öffentlichen Dienstleistung anhand einer öffentlichen Konsultation oder anderer angemessener Mittel genau ermittelt haben, um den Interessen der Nutzer und Dienstleistungserbringer Rechnung zu tragen. Dies gilt nicht, wenn eine weitere Konsultation gegenüber einer kürzlich durchgeführten ganz offensichtlich keinen wesentlichen Mehrwert bringt.

2.3   Notwendigkeit eines Betrauungsakts, in dem die Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen und die Methoden zur Berechnung der Ausgleichsleistungen festgelegt sind

15.

Die Zuständigkeit für die Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse muss dem betreffenden Unternehmen im Wege eines oder mehrerer Akte übertragen werden, deren Form von den einzelnen Mitgliedstaaten bestimmt werden kann. Unter dem Begriff „Mitgliedstaat“ sind die zentralen, regionalen und lokalen Behörden zu verstehen.

16.

In dem Akt/den Akten muss insbesondere Folgendes festgelegt sein:

a)

Gegenstand und Dauer der Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen;

b)

das Unternehmen und gegebenenfalls das betreffende Gebiet;

c)

die Art etwaiger dem Unternehmen durch die Bewilligungsbehörde gewährter ausschließlicher oder besonderer Rechte;

d)

eine Beschreibung des Ausgleichsmechanismus sowie die Parameter für die Berechnung, Überwachung und Änderung der Ausgleichsleistungen und

e)

Maßnahmen zur Vermeidung und Rückforderung einer etwaigen Überkompensation.

2.4   Dauer des Betrauungszeitraums

17.

Die Dauer des Betrauungszeitraums sollte durch Verweis auf objektive Kriterien wie etwa die Notwendigkeit einer Amortisierung nicht übertragbaren festen Sachanlagevermögens begründet werden. Die Dauer des Betrauungszeitraums darf jedoch den Zeitraum grundsätzlich nicht überschreiten, der für die Abschreibung der Vermögenswerte, die für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse am wichtigsten sind, erforderlich ist.

2.5   Einhaltung der Richtlinie 2006/111/EG

18.

Die Beihilfe ist nur dann nach Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn das Unternehmen, soweit erforderlich, die Bestimmungen der Richtlinie 2006/111/EG (11) einhält. Entspricht eine Beihilfe dieser Richtlinie nicht, so wird davon ausgegangen, dass sie die Entwicklung des Handels in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem Interesse der Europäischen Union im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags zuwiderläuft.

2.6   Einhaltung der EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen

19.

Die Beihilfe ist nur dann nach Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn die zuständige Behörde bei der Betrauung des betreffenden Unternehmens mit der Erbringung der Dienstleistung die geltenden EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen befolgt hat oder sich verpflichtet, diese zu befolgen. Hierzu zählen alle Voraussetzungen im Hinblick auf Transparenz, Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung, die sich unmittelbar aus dem Vertrag und gegebenenfalls dem Sekundärrecht der Union ergeben. Erfüllt eine Beihilfe diese Bestimmungen und Voraussetzungen nicht, so wird davon ausgegangen, dass sie die Entwicklung des Handels in einem Ausmaß beeinträchtigt, das den Interessen der Europäischen Union im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags zuwiderläuft.

2.7   Nichtdiskriminierung

20.

Betraut eine Behörde mehrere Unternehmen mit der Erbringung ein und derselben Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, sollten die Ausgleichsleistungen für jedes dieser Unternehmen anhand derselben Methode berechnet werden.

2.8   Höhe der Ausgleichsleistungen

21.

Die Höhe der Ausgleichsleistung darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Nettokosten (12) für die Erfüllung der Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen einschließlich eines angemessenen Gewinns zu decken.

22.

Die Höhe der Ausgleichsleistungen kann auf der Grundlage der erwarteten Kosten und Einnahmen oder auf der Grundlage der tatsächlich angefallenen Kosten und erzielten Einnahmen oder aber entsprechend den Effizienzanreizen, die der Mitgliedstaat im Einklang mit den Randnummern 40 und 41 von Beginn an setzen will, auf der Grundlage einer Kombination aus beiden Modellen festgelegt werden.

23.

Basieren die Ausgleichsleistungen ganz oder teilweise auf den erwarteten Kosten und Einnahmen, sind diese im Betrauungsakt anzugeben. Die erwarteten Kosten und Einnahmen müssen auf schlüssigen und nachvollziehbaren Parametern im Hinblick auf das wirtschaftliche Umfeld, in dem die Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbracht wird, beruhen. Diese müssen gegebenenfalls auf der Sachkenntnis der für den Sektor zuständigen Aufsichtsbehörden oder anderer, unternehmensunabhängiger Stellen basieren. Die Mitgliedstaaten müssen die Quellen angeben, auf denen ihre Annahmen beruhen (13). In die Kostenschätzung müssen die während der Dauer des Betrauungszeitraums zu erwartenden Effizienzgewinne des Erbringers der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse einfließen.

Nettokosten für die Erfüllung der Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen

24.

Die zur Erfüllung der Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen erforderlichen bzw. wahrscheinlich erforderlichen Nettokosten sollten unter Anwendung der Net-avoided-cost-Methode (Methode zur Berechnung der vermeidbaren Nettokosten) ermittelt werden, sofern dies nach dem EU-Recht oder einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgeschrieben ist; andernfalls sollte die genannte Methode nach Möglichkeit zur Anwendung kommen.

Net-avoided-cost-Methode

25.

Nach der Net-avoided-cost-Methode werden die Nettokosten, die zur Erfüllung der Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen erforderlich sind oder erforderlich sein dürften, als Differenz zwischen den Nettokosten des Dienstleistungserbringers aus der Erfüllung der Verpflichtung zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen und den Nettokosten desselben Dienstleistungserbringers ohne eine solche Verpflichtung berechnet. Es ist insbesondere darauf zu achten, dass die Kosten bzw. Einnahmen, die der Dienstleistungserbringer nicht tragen müsste bzw. erzielen dürfte, falls keine Verpflichtung zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen bestünde, korrekt bewertet werden. Bei der Berechnung der Nettokosten sollten die Vorteile zugunsten des Erbringers der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, nach Möglichkeit einschließlich der immateriellen Vorteile, geprüft werden.

26.

Anhang IV der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (14) und Anhang I der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarkts der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (15) enthalten detailliertere Erläuterungen zur Anwendung der Net-avoided-cost-Methode.

27.

Auch wenn die Kommission die Net-avoided-cost-Methode als genaueste Methode zur Bestimmung der durch eine Verpflichtung zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen entstehenden Kosten ansieht, kann die Anwendung dieser Methode in bestimmten Fällen nicht möglich oder nicht geeignet sein. In solchen Fällen kann die Kommission, wenn dies begründet ist, andere Methoden zur Berechnung der Nettokosten für die Erfüllung von Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen, akzeptieren, z. B. die Kostenallokationsmethode.

Kostenallokationsmethode

28.

Nach der Kostenallokationsmethode sind die Nettokosten für die Erfüllung der Verpflichtung zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen die Differenz zwischen den im Betrauungsakt festgelegten und geschätzten Kosten und den Einnahmen des für die Erbringung der öffentlichen Dienstleistungen benannten Dienstleistungserbringers.

29.

Die zu berücksichtigenden Kosten umfassen sämtliche für die Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erforderlichen Kosten.

30.

Beschränkt sich die Tätigkeit des betreffenden Unternehmens auf die Erbringung dieser Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, so können alle Kosten herangezogen werden.

31.

Übt das Unternehmen daneben jedoch auch noch andere Tätigkeiten aus, bei denen es sich nicht um die betreffenden Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt, können die zu berücksichtigenden Kosten alle unmittelbaren Kosten, die zur Erfüllung der Verpflichtung zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen erforderlich sind, sowie einen angemessenen Beitrag zu den mittelbaren Kosten, die für die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interessen und andere Tätigkeiten gemeinsam anfallen, abdecken. Als Kosten, die mit anderen Tätigkeiten als der Erbringung der betreffenden Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verbunden sind, gelten alle unmittelbaren Kosten sowie ein angemessener Beitrag zu den Gemeinkosten. Zur Ermittlung des angemessenen Beitrags zu den Gemeinkosten können die Marktpreise für den Einsatz der Ressourcen, sofern bekannt, als Bezugswert verwendet werden (16). Sind derartige Marktpreise nicht bekannt, kann der angemessene Beitrag zu den Gemeinkosten anhand der Höhe des angemessenen Gewinns (17), den das Unternehmen mit den Tätigkeiten, bei denen es sich nicht um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt, voraussichtlich erzielen wird, oder gegebenenfalls anhand anderer, besser geeigneter Methoden ermittelt werden.

Einnahmen

32.

Die zu berücksichtigenden Einnahmen müssen mindestens die gesamten mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erzielten Einnahmen, so wie im Betrauungsakt aufgeführt, umfassen, sowie die in Randnummer 45 genannten überschüssigen Gewinne aus besonderen und ausschließlichen Rechten, auch wenn diese mit anderen Tätigkeiten verbunden sind, und unabhängig davon, ob diese überschüssigen Gewinne als staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags gelten.

Angemessener Gewinn

33.

Als angemessener Gewinn gilt die Kapitalrendite (18), die ein typisches Unternehmen zugrunde legt, um unter Berücksichtigung des jeweiligen Risikos zu entscheiden, ob es die betreffende Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für die gesamte Dauer des Betrauungsaktes erbringt. Die Höhe des Risikos hängt vom Wirtschaftszweig, der Art der Dienstleistung und der Ausgestaltung des Ausgleichsmechanismus ab.

34.

In begründeten Fällen kann für die Ermittlung des angemessenen Gewinns auf andere Indikatoren als die Kapitalrendite zurückgegriffen werden, z. B. durchschnittliche Eigenkapitalrendite (19) während des Betrauungszeitraums, Rendite des eingesetzten Kapitals, Gesamtkapitalrendite oder Umsatzrendite.

35.

Unabhängig vom gewählten Indikator muss der Mitgliedstaat der Kommission einen Nachweis dafür vorlegen, dass der voraussichtliche Gewinn nicht höher ist als der, den ein typisches Unternehmen bei der Entscheidung darüber, ob es die Dienstleistung erbringt, zugrunde legen würde; dies kann beispielsweise durch Verweise auf Einnahmen geschehen, die bei ähnlichen Verträgen unter Wettbewerbsbedingungen erzielt wurden.

36.

Eine Kapitalrendite, die den relevanten Swap-Satz (20) zuzüglich eines Aufschlags von 100 Basispunkten (21) nicht überschreitet, gilt in jedem Fall als angemessen. Der relevante Swap-Satz ist der Swap-Satz, dessen Fälligkeit und Währung der Dauer und Währung des Betrauungsaktes entsprechen.

37.

Ist die Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse mit einem beträchtlichen kommerziellen oder vertraglichen Risiko verbunden, weil z. B. der Ausgleich in Form einer Pauschalzahlung erfolgt, die die erwarteten Nettokosten sowie einen angemessenen Gewinn abdeckt, und ist das Unternehmen in einem Wettbewerbsumfeld tätig, so darf der angemessene Gewinn nicht höher sein als die dem Risiko entsprechende Kapitalrendite. Dieser Renditesatz sollte, wenn möglich, unter Bezugnahme auf die Kapitalrendite bestimmt werden, die bei ähnlichen, unter Wettbewerbsbedingungen vergebenen Verträgen über öffentliche Dienstleistungen erzielt wird (z. B. bei Verträgen, die im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung vergeben werden). Ist die Anwendung einer solchen Methode nicht möglich, können in begründeten Fällen andere Methoden zur Festsetzung der Kapitalrendite angewandt werden (22).

38.

Ist die Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nicht mit einem beträchtlichen kommerziellen oder vertraglichen Risiko verbunden, weil z. B. die Nettokosten für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Wesentlichen ex post vollständig erstattet werden, darf der angemessene Gewinn den in Randnummer 36 dargelegten Höchstbetrag nicht überschreiten. Ein solcher Ausgleichsmechanismus schafft keine Effizienzanreize für den Dienstleistungserbringer. Daher wird die Anwendung eines solchen Systems streng auf Fälle begrenzt, in denen der Mitgliedstaat begründen kann, dass es nicht möglich oder angemessen ist, die Produktivitätsgewinne zu berücksichtigen und ein Vertragsmodell mit Anreizen für Effizienzgewinne zu verwenden.

Effizienzanreize

39.

Die Mitgliedstaaten müssen bei der Ausarbeitung des Modells für die zu leistenden Ausgleichszahlungen Anreize vorsehen, damit in effizienter Weise hochwertige Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbracht werden, es sei denn, sie können begründen, dass dies nicht möglich oder angemessen ist.

40.

Effizienzanreize können unterschiedlich ausgestaltet sein, um so den spezifischen Gegebenheiten eines jeden Vertrags oder Wirtschaftszweigs bestmöglich Rechnung zu tragen. So können die Mitgliedstaaten vorab eine pauschale Ausgleichshöhe festlegen, die die Effizienzgewinne, die das Unternehmen während der Laufzeit des Vertrags erzielen dürfte, antizipiert und berücksichtigt.

41.

Die Mitgliedstaaten können aber auch im Betrauungsakt konkrete Ziele für Effizienzgewinne festlegen und die Ausgleichshöhe davon abhängig machen, inwieweit diese Ziele erreicht wurden. Erreicht ein Unternehmen diese Ziele nicht, so sollten die Ausgleichsleistungen anhand einer im Betrauungsakt festgelegten Berechnungsmethode gekürzt werden. Erzielt das Unternehmen hingegen bessere Ergebnisse als vorgegeben, sollten die Ausgleichsleistungen anhand einer im Betrauungsakt vorgesehenen Methode erhöht werden. Prämien, die an Produktivitätsgewinne geknüpft sind, sind so festzulegen, dass eine ausgewogene Aufteilung dieser Gewinne zwischen dem Unternehmen und dem Mitgliedstaat und/oder den Nutzern möglich ist.

42.

Alle Mechanismen, die Anreize für Effizienzverbesserungen schaffen sollen, müssen auf objektiven und messbaren Daten und Kriterien beruhen, die im Betrauungsakt festzulegen und einer transparenten Ex-post-Prüfung durch eine vom Erbringer der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unabhängigen Einheit zu unterziehen sind.

43.

Effizienzgewinne sollten unbeschadet der zu erbringenden Qualität der Dienstleistungen erreicht werden und sollten die in den EU-Rechtsvorschriften verankerten Normen erfüllen.

Vorschriften für Unternehmen, die auch Tätigkeiten ausüben, bei denen es sich nicht um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt, oder die mehrere Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen

44.

Übt ein Unternehmen auch Tätigkeiten aus, bei denen es sich nicht um die betreffende Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt, müssen in dessen Buchführung die Kosten und Einnahmen in Verbindung mit der Erbringung der betreffenden Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse von allen anderen Tätigkeiten im Einklang mit den in Randnummer 31 dargelegten Grundsätzen getrennt ausgewiesen werden. Ist ein Unternehmen mit der Erbringung mehrerer Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut, weil es sich um unterschiedliche Bewilligungsbehörden oder um unterschiedliche Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt, muss sich für jede Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse anhand der Buchführung einzeln überprüfen lassen, ob eventuell eine Überkompensation vorlag.

45.

Verfügt das betreffende Unternehmen über besondere oder ausschließliche Rechte für andere Tätigkeiten als die Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, für die die Beihilfe gewährt wurde, und werden mit diesen überschüssige Gewinne erwirtschaftet, die über den angemessenen Gewinn hinausgehen, oder wurden dem Unternehmen vom Staat andere Vorteile gewährt, müssen diese unabhängig von ihrer Bewertung nach Maßgabe von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags berücksichtigt und zu den Einnahmen des Unternehmens hinzugerechnet werden. Der angemessene Gewinn für die Tätigkeiten, für die das Unternehmen über besondere oder ausschließliche Rechte verfügt, ist unter Berücksichtigung des Risikos, das das betreffende Unternehmen eingeht, bzw. des Nichtvorhandenseins eines derartigen Risikos, ex ante zu bewerten. Diese Bewertung muss auch den Effizienzanreizen Rechnung tragen, die der Mitgliedstaat für die Erbringung der betreffenden Dienstleistungen eingeführt hat.

46.

Der Mitgliedstaat kann entscheiden, dass Gewinne aus Tätigkeiten, bei denen es sich nicht um die betreffende Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt, — insbesondere aus Tätigkeiten, die von der für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erforderlichen Infrastruktur abhängen — ganz oder teilweise der Finanzierung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zuzuweisen sind.

Überkompensation

47.

Unter Überkompensation sind Ausgleichsleistungen zu verstehen, die das Unternehmen während der gesamten Laufzeit des Vertrags über den in Randnummer 21 definierten Beihilfebetrag hinaus erhält. Wie unter den Randnummern 39 bis 42 ausgeführt, kann ein Überschuss, der sich aus die Erwartungen übersteigenden Effizienzgewinnen ergibt, entsprechend den Bestimmungen im Betrauungsakt vom betreffenden Unternehmen als zusätzlicher angemessener Gewinn einbehalten werden (23).

48.

Da Überkompensationszahlungen für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nicht erforderlich sind, stellen sie mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen dar.

49.

Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die für die Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährten Ausgleichsleistungen den in dieser Mitteilung aufgeführten Anforderungen entsprechen und insbesondere, dass Unternehmen keine Ausgleichszahlungen erhalten, die über den gemäß diesem Abschnitt festgelegten Betrag hinausgehen. Auf Ersuchen der Kommission müssen die Mitgliedstaaten entsprechende Nachweise zur Verfügung stellen. Sie müssen regelmäßig zum Ende der Betrauungsdauer und in jedem Fall in Abständen von höchstens drei Jahren Kontrollen vornehmen oder sicherstellen, dass solche Kontrollen durchgeführt werden. Bei Beihilfen, die nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge mit Veröffentlichung (24) gewährt werden, müssen die Kontrollen mindestens alle zwei Jahre erfolgen.

50.

Hat der Mitgliedstaat auf Grundlage einer korrekten Zuordnung der Kosten und Einnahmen sowie vernünftiger Annahmen (wie in diesem Abschnitt beschrieben) vorab eine pauschale Ausgleichshöhe festgelegt, die die Effizienzgewinne, die der Dienstleistungserbringer während des Betrauungszeitraums erzielen dürfte, antizipiert und berücksichtigt, so beschränkt sich die Überkompensationsprüfung grundsätzlich darauf, zu kontrollieren, ob die Höhe des Gewinns, den der Dienstleistungserbringer nach dem Betrauungsakt erzielen darf, auch nachträglich angemessen erscheint.

2.9   Zusätzliche Voraussetzungen, die erforderlich sein könnten, um sicherzustellen, dass die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt wird, das dem Interesse der Europäischen Union zuwiderläuft

51.

Die Bestimmungen nach Abschnitt 2.1 bis 2.8 sind in der Regel ausreichend, um sicherzustellen, dass Beihilfen den Wettbewerb nicht in einer Weise verfälschen, die den Interessen der Europäischen Union zuwiderläuft.

52.

Es ist jedoch vorstellbar, dass unter bestimmten außergewöhnlichen Umständen schwerwiegende Wettbewerbsverfälschungen auf dem Binnenmarkt möglicherweise nicht angegangen werden und die Beihilfe den Handel in einem Ausmaß beeinträchtigen könnte, das dem Interesse der Union zuwiderläuft.

53.

In einem solchen Fall prüft die Kommission, ob derartige Wettbewerbsverfälschungen durch Auflagen für die Mitgliedstaaten oder durch Aufforderung der Mitgliedstaaten zur Unterbreitung von Verpflichtungsangeboten abgemildert werden können.

54.

Mit schwerwiegenden Wettbewerbsverfälschungen, die den Interessen der Europäischen Union zuwiderlaufen, wird nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände gerechnet. Die Kommission wird ihre Aufmerksamkeit auf Wettbewerbsverfälschungen richten, bei denen die betreffende Beihilfe erhebliche nachteilige Auswirkungen auf andere Mitgliedstaaten und das Funktionieren des Binnenmarkts hat, z. B. weil sie Unternehmen in wichtigen Wirtschaftszweigen die Möglichkeit nimmt, das für eine rentable Geschäftstätigkeit erforderliche Geschäftsvolumen zu erreichen.

55.

Derartige Wettbewerbsverfälschungen können sich zum Beispiel ergeben, wenn sich die Dauer der Betrauung nicht auf objektive Kriterien stützt (wie etwa durch die Notwendigkeit einer Amortisierung nicht übertragbaren festen Sachanlagevermögens), oder wenn bei der Betrauung eine Reihe von Aufgaben gebündelt wird (die üblicherweise Gegenstand separater Betrauungen sind, ohne Einbußen an gesellschaftlichem Nutzen und ohne Zusatzkosten im Hinblick auf die Effizienz und Wirksamkeit der Erbringung der Dienstleistungen). In einem derartigen Fall würde die Kommission prüfen, ob dieselbe öffentliche Dienstleistung ebenso gut in einer weniger wettbewerbsverfälschenden Weise erbracht werden könnte, zum Beispiel durch eine in Dauer oder Umfang beschränktere Betrauung oder durch separate Betrauungen.

56.

Eine eingehendere Prüfung kann auch dann erforderlich sein, wenn ein Mitgliedstaat einen Erbringer einer öffentlichen Dienstleistung ohne Durchführung eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens mit der Aufgabe betraut, eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse auf einem nicht vorbehaltenen Markt zu erbringen, auf dem bereits sehr ähnliche Dienstleistungen erbracht werden oder in naher Zukunft ohne die Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wahrscheinlich erbracht würden. Diese nachteiligen Auswirkungen auf die Entwicklung des Handels könnten noch ausgeprägter sein, wenn die Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu einem Tarif angeboten werden soll, der unterhalb der Kosten eines tatsächlichen oder potenziellen Anbieters liegt, so dass es zu einer Marktabschottung kommt. Daher kann die Kommission — unter voller Beachtung des weiten Ermessensspielraums des Mitgliedstaats bei der Definition der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse — Änderungen verlangen, die sich zum Beispiel auf die Gewährung der Beihilfe beziehen können, wenn sie plausibel aufzeigen kann, dass es möglich wäre, dieselbe Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu vergleichbaren Bedingungen für die Nutzer in einer weniger wettbewerbsverfälschenden Weise und zu geringeren Kosten für den Staat zu erbringen.

57.

Eine engere Überwachung ist auch dann berechtigt, wenn die Betrauung mit der Verpflichtung zur Dienstleistungserbringung mit besonderen oder ausschließlichen Rechten verbunden ist, die den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt in einem Ausmaß beschränken, das dem Interesse der Europäischen Union zuwiderläuft. Während Artikel 106 Absatz 1 des Vertrags weiterhin die wichtigste Grundlage für die Bewertung eines derartigen Falles bleibt, kann die staatliche Beihilfe nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden, wenn das ausschließliche Recht Vorteile mit sich bringt, die nach den in Abschnitt 2.8 beschriebenen Methoden zur Berechnung der Nettokosten der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nicht in angemessener Weise bewertet, quantifiziert oder erfasst werden können.

58.

Die Kommission wird des Weiteren auf Situationen achten, in denen die Beihilfe das Unternehmen in die Lage versetzt, die Einrichtung oder Nutzung einer nicht reproduzierbaren Infrastruktur zu finanzieren, die die Möglichkeit birgt, auf dem Markt, auf dem die Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbracht wird, oder auf verbundenen relevanten Märkten eine Abschottung zu bewirken. Ist dies der Fall, kann die Auflage angemessen sein, den Wettbewerbern zu angemessenen Bedingungen einen fairen und nichtdiskriminierenden Zugang zu der jeweiligen Infrastruktur zu gewähren.

59.

Kommt es infolge einer Betrauung, durch die die wirksame Durchführung und Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften zur Wahrung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts behindert wird, zu Wettbewerbsverfälschungen, so prüft die Kommission, ob die öffentliche Dienstleistung ebenso gut auf eine weniger wettbewerbsschädliche Weise erbracht werden könnte, indem z. B. die sektorspezifischen EU-Rechtsvorschriften in vollem Umfang durchgesetzt werden.

2.10   Transparenz

60.

Für jede in den Geltungsbereich dieser Mitteilung fallende Ausgleichsleistung für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse veröffentlicht der betreffende Mitgliedstaat die folgenden Informationen im Internet oder in sonstiger angemessener Weise:

a)

die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation oder der unter Randnummer 14 genannten sonstigen angemessenen Mittel;

b)

Gegenstand und Dauer der Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen;

c)

das Unternehmen und gegebenenfalls das betreffende Gebiet;

d)

den jährlichen Beihilfebetrag für das betreffende Unternehmen.

2.11   Beihilfen, die die in Artikel 2 Absatz 1 des Beschlusses 2012/21/EU genannten Bedingungen erfüllen

61.

Die in den Randnummern 14, 19, 20, 24, 39, 51 bis 59 und 60 Buchstabe a dargelegten Grundsätze gelten nicht für Beihilfen, die die in Artikel 2 Absatz 1 des Beschlusses 2012/21/EU genannten Bedingungen erfüllen.

3.   BERICHTERSTATTUNG UND BEWERTUNG

62.

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle zwei Jahre einen Bericht über die Einhaltung dieser Mitteilung. Diese Berichte müssen eine Übersicht über die Anwendung dieser Mitteilung auf die verschiedenen Dienstleistersektoren enthalten. Diese Übersicht umfasst

a)

eine Beschreibung der Anwendung der Grundsätze dieser Mitteilung auf die in ihren Geltungsbereich fallenden Dienstleistungen, einschließlich unternehmensinterner Tätigkeiten;

b)

den Gesamtbetrag der den Unternehmen gewährten Beihilfen, die in den Geltungsbereich dieser Mitteilung fallen, aufgeschlüsselt nach Wirtschaftsbranche der Empfänger;

c)

Angaben dazu, ob für eine bestimmte Art von Dienstleistung die Anwendung der Grundsätze dieser Mitteilung Schwierigkeiten verursacht oder zu Beschwerden Dritter geführt hat; und

d)

andere von der Kommission erbetene Angaben zur Anwendung der Grundsätze dieser Mitteilung, die rechtzeitig vor der Abgabefrist für den Bericht näher ausgeführt werden.

Der erste Bericht ist bis zum 30. Juni 2014 zu übermitteln.

63.

Außerdem müssen die Mitgliedstaaten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (25) und der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (26) der Kommission Jahresberichte über die Gewährung von Beihilfen vorlegen, die infolge eines auf dieser Mitteilung beruhenden Kommissionsbeschlusses gewährt wurden.

64.

Die Berichte werden auf der Website der Kommission veröffentlicht.

65.

Die Kommission beabsichtigt, diese Mitteilung bis zum 31. Januar 2017 zu überprüfen.

4.   MIT BESCHLÜSSEN DER KOMMISSION VERBUNDENE BEDINGUNGEN UND AUFLAGEN

66.

Nach Artikel 7 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 kann die Kommission einen Positivbeschluss mit Bedingungen und Auflagen verbinden, die es ihr ermöglichen, die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar zu erklären bzw. die Befolgung ihres Beschlusses zu überwachen. Für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse können Bedingungen und Auflagen erforderlich sein, um insbesondere sicherzustellen, dass die den betreffenden Unternehmen gewährten Beihilfen nicht zu einer Verfälschung des Wettbewerbs und Handels auf dem Binnenmarkt führen. In diesem Zusammenhang könnten in Anbetracht der besonderen Umstände der jeweiligen Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse regelmäßige Berichte oder sonstige Verpflichtungen erforderlich sein.

5.   ANWENDUNG

67.

Die Kommission wendet die Bestimmungen dieser Mitteilung ab dem 31. Januar 2012 an.

68.

Die Kommission wendet die Grundsätze dieser Mitteilung auf alle ihr gemeldeten Beihilfevorhaben an, über die sie im Einklang mit den genannten Grundsätzen entscheidet, selbst wenn die Meldung der Vorhaben vor dem 31. Januar 2012 erfolgte.

69.

Die Kommission wendet die Grundsätze dieser Mitteilung auf alle rechtswidrigen Beihilfen an, über die sie nach dem 31. Januar 2012 entscheidet, selbst wenn die Beihilfe vor dem genannten Datum gewährt wurde. Wurde die Beihilfe vor dem 31. Januar 2012 gewährt, so finden die in den Randnummern 14, 19, 20, 24, 39 und 60 dargelegten Grundsätze jedoch keine Anwendung.

6.   ZWECKDIENLICHE MASSNAHMEN

70.

Für die Zwecke der Anwendung von Artikel 108 Absatz 1 des Vertrags schlägt die Kommission vor, dass die Mitgliedstaaten bis zum 31. Januar 2013 eine Liste ihrer bestehenden Beihilferegelungen über Ausgleichsleistungen für die Verpflichtung zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen veröffentlichen, die mit dieser Mitteilung in Einklang zu bringen sind, und dass sie diese Beihilferegelungen bis zum 31. Januar 2014 mit ihr in Einklang bringen.

71.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, der Kommission bis zum 29. Februar 2012 zu bestätigen, dass sie mit den vorgeschlagenen zweckdienlichen Maßnahmen einverstanden sind. Erhält die Kommission keine Antwort, so geht sie davon aus, dass der Mitgliedstaat nicht zustimmt.


(1)  EuGH, Urteil Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg/Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Rechtssache C-280/00, Slg. 2003, I-7747 („Altmark“), sowie EuGH, Urteil Enirisorse SpA/Ministero delle Finanze, verbundene Rechtssachen C-34/01 bis C-38/01, Slg. 2003, I-14243.

(2)  In seinem Urteil in der Rechtssache Altmark stellte der Gerichtshof fest, dass Ausgleichleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen keine staatliche Beihilfe darstellen, wenn vier Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung von Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein. Zweitens sind die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent festzulegen. Drittens darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten für die Erfüllung der Verpflichtung zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns ganz oder teilweise zu decken. Viertens ist für den konkreten Fall, dass das Unternehmen, das mit der Erfüllung der Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen betraut werden soll, nicht im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung ausgewählt wird, mit der sich derjenige Bewerber ermitteln ließe, der diese Dienstleistungen für die Allgemeinheit zu den geringsten Kosten erbringen kann, die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes und mit den entsprechenden Mitteln angemessen ausgestattetes Unternehmen hätte.

(3)  Siehe Seite 23 dieses Amtsblatts.

(4)  Siehe Seite 4 dieses Amtsblatts.

(5)  ABl. L 7 vom 11.1.2012, S. 3.

(6)  ABl. L 7 vom 11.1.2012.

(7)  ABl. C 297 vom 29.11.2005, S. 4.

(8)  ABl. C 257 vom 27.10.2009, S. 1.

(9)  ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.

(10)  ABl. L 318 vom 17.11.2006, S. 17.

(11)  Richtlinie 2006/111/EG der Kommission über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen

(12)  In diesem Zusammenhang sind unter Nettokosten die Nettokosten im Sinne von Randnummer 25 oder in Fällen, in denen die Net-avoided-cost-Methode nicht angewandt werden kann, die Kosten abzüglich der Einnahme zu verstehen.

(13)  Öffentliche Informationsquellen, Höhe der Kosten, die Erbringern von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in der Vergangenheit entstanden sind, Höhe der Kosten von Wettbewerbern, Geschäftspläne, Branchenberichte usw.

(14)  ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 51.

(15)  ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14.

(16)  In seinem Urteil in der Rechtssache Chronopost (verbundene Rechtssachen C-83/01 P, C-93/01 P und C-94/01 P, Chronopost SA, Slg. 2003, I-6993) zog der Europäische Gerichtshof den Begriff „normale Marktbedingungen“ heran: ’Da es unmöglich ist, die Situation der Post mit der einer privaten Unternehmensgruppe zu vergleichen, die keine Monopolstellung hat, sind die zwangsläufig hypothetischen „normalen Marktbedingungen“ daher anhand der verfügbaren objektiven und nachprüfbaren Faktoren zu ermitteln.‘

(17)  Der angemessene Gewinn wird ex ante (auf der Grundlage der erwarteten Gewinne und nicht auf der Grundlage der erzielten Gewinne) ermittelt, um dem Unternehmen nicht den Anreiz zu nehmen, bei der Durchführung von nicht in den Rahmen der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse fallenden Tätigkeiten Effizienzgewinne zu erzielen.

(18)  Kapitalrendite wird für die Zwecke dieses Beschlusses als der interne Ertragssatz (Internal Rate of Return — IRR) definiert, den das Unternehmen während der Laufzeit des Vorhabens mit seinem investierten Kapital erzielen würden, d. h. der IRR im Verhältnis zu den Zahlungsströmen im Rahmen des Vertrags.

(19)  Für jedes Jahr bezeichnet der Unternehmensindikator „Eigenkapitalrendite“ (ROE) die betrieblichen Gewinne vor Zinsen und Steuern (EBIT) im Verhältnis zum Eigenkapital. Die durchschnittliche Jahresrendite sollte auf die Dauer des Betrauungszeitraums umgerechnet werden; dabei sind als Abzinsungsfaktor je nach Eignung entweder die Kapitalkosten des Unternehmens oder der sich aus der Zinssatzmitteilung der Kommission ergebende Satz heranzuziehen.

(20)  Der Swap-Satz entspricht der Interbank Offered Rate (IBOR), allerdings mit längerer Fälligkeit. Er wird auf den Finanzmärkten als Benchmark für die Festlegung des Finanzierungssatzes verwendet.

(21)  Der Aufschlag von 100 Basispunkten dient unter anderem als Ausgleich für Liquiditätsrisiken, die bestehen, weil ein Erbringer von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, der Kapital in einen Vertrag über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse investiert, dieses Kapital für die Dauer des Betrauungsakts bindet und seinen Anteil nicht so schnell und günstig verkaufen kann, wie es bei allgemeineren und liquiditätsrisikofreien Vermögenswerten der Fall wäre.

(22)  Zum Beispiel ein Vergleich der Rendite mit den gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC) des Unternehmens in Bezug auf die betreffenden Tätigkeiten oder mit der durchschnittlichen Kapitalrendite im Wirtschaftszweig in den vergangenen Jahren, wobei zu berücksichtigen ist, ob historische Daten für Prognosen herangezogen werden können.

(23)  Ähnlich muss ein Unternehmen Defizite aufgrund von Effizienzgewinnen, die geringer als erwartet ausfallen, selbst tragen, wenn dies im Betrauungsakt entsprechend festgehalten ist.

(24)  Zum Beispiel die Beihilfe, die im Rahmen unternehmensinterner Verträge gewährt wurde, nicht im Wettbewerb vergebene Konzessionen oder öffentliche Ausschreibungen ohne vorherige Bekanntmachung.

(25)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(26)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1.