52012SC0370

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG Begleitunterlage zur MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Aktionsplan zur Reduzierung der Beifänge von Seevögeln in Fanggeräten /* SWD/2012/0370 final */


1.           PROBLEMSTELLUNG

Konservativen Schätzungen des ICES zufolge ist die EU-Fischereiflotte für den Tod von jährlich etwa 200 000 Seevögeln in EU- und Nicht-EU-Gewässern verantwortlich[1]; gleich­zeitig wird darauf verwiesen, dass zum Umfang der Beifänge kaum präzise Daten vorliegen. Dies erschwert die Bewertung der Auswirkungen der Fischerei auf Seevögel und macht deutlich, dass eine systematische Überwachung und Meldung von Beifängen fehlt. Dennoch verweisen das ICES-Gutachten und die Ergebnisse einer von der Marine Ressources Assessment Group (MRAG)[2] zur Unterstützung dieser Folgenabschätzung durchgeführten Untersuchung auf eine erhebliche Sterblichkeit von Seevögeln aufgrund von Beifängen in zahlreichen EU- und Nicht-EU-Fischereien bei einer Reihe von Arten, die bedroht oder gefährdet sind. Im Einzelnen:

· Von mindestens 60 der insgesamt 346 Seevogelarten ist bekannt, dass sie in EU- und Nicht-EU-Gewässern als Beifang in Fanggeräten landen. Davon sind wiederum 49 Arten (25 in EU-Gewässern und 24 in Nicht-EU-Gewässern) entweder in ihrer Gesamtheit oder für bestimmte lokale Populationen als bestandsgefährdet eingestuft.

· In EU-Gewässern sind sechs Arten und in Nicht-EU-Gewässern 22 Arten, die von Beifängen in der Fischerei betroffen sind, als ernsthaft bestandsgefährdet eingestuft und von der IUCN als gefährdet oder stark gefährdet geführt.

Die Probleme und Ursachen für den Beifang von Seevögeln stellen sich folgendermaßen dar:

· Häufige Interaktionen zwischen Fischereien und Seevögeln sind unvermeidbar und führen zu Beifängen, da die Seevögel zur Sicherung ihres Überlebens und ihres Bruterfolgs in eine verstärkte Abhängigkeit von der Fischerei geraten sind. Zudem sind Langleinen[3] und Stellnetze[4], auf die ein großer Anteil der Beifänge von Seevögeln entfällt, die effizientesten Methoden für den Fang bestimmter hochwertiger Fischarten, weshalb ihr Einsatz weitverbreitet ist.

· Die derzeitigen Bewirtschaftungsmaßnahmen, die im Rahmen der EU-Fischerei (GFP) sowie der Umweltvorschriften (Vogelschutz- und Habitatrichtlinie sowie MSFD) gelten und die in internationalen Übereinkommen und Vereinbarungen enthalten sind, haben sich als weitgehend ineffizient erwiesen, da sie auf verschiedene Verordnungen und Abkommen verteilt sind und es an der nötigen Kohärenz fehlt.

· Sowohl auf EU- als auch auf internationaler Ebene fehlender Sinn für die Dringlichkeit der Bekämpfung des Beifangs von Seevögeln, uneinheitliche Umsetzung und fehlende Anreize für Fischer, die geltenden Maßnahmen einzuhalten oder freiwillige eigene Maßnahmen zu ergreifen.

· Unzureichendes Wissen um das Ausmaß der Beifänge von Seevögeln und fehlende Daten zu den Populationen, da es nur sporadische Überwachung und keine förmliche Verpflichtung zur Überwachung der Beifänge von Seevögeln in EU-Gewässern gibt. In Nicht-EU-Gewässern erfolgt die Überwachung in einem Großteil der Fischereien sehr uneinheitlich, da sie meist freiwillig ist.

· Für die Langleinenfischerei wurden Abhilfemaßnahmen entwickelt, aber da es an Vorschriften fehlt, werden sie in EU-Gewässern nur in geringem Umfang und bei Fischereien in Nicht-EU-Gewässern lediglich sporadisch umgesetzt. Beifänge von Seevögeln bei anderen Fanggeräten (insbesondere Stellnetzen) standen sehr viel weniger im Vordergrund, so dass es hier nur wenige akzeptable Abhilfemaßnahmen gibt.

· Kaum Verständnis und Akzeptanz bei den Fischern für das Problem der Beifänge von Seevögeln bzw. für die Vorteile von Abhilfemaßnahmen zur Reduzierung der Beifänge. Aus der Warte des einzelnen Fischers gelten die zur Reduzierung des Beifangs empfohlenen Maßnahmen als unverhältnismäßig im Vergleich zu den Auswirkungen auf die Seevogelpopulationen.

· Der Forschungsschwerpunkt lag auf der Langleinenfischerei, da dabei die meisten Beifänge auftraten. Es wurde nur wenig unternommen, um Maßnahmen für andere Fang­geräte (z. B. Stellnetze, Schleppnetze und Ringwaden) zu entwickeln, und offensichtlich gehen solche Lösungen mit größeren technischen Herausforderungen einher.

Besonders betroffen sind der Fischfangsektor, mit der Fischerei verbundene Wirtschafts­zweige, nationale und EU-Behörden, RFO (in Nicht-EU-Gewässern), die Forschung, NRO und die breite Öffentlichkeit. Die Umsetzung jeglicher Maßnahmen wird sich dabei in erster Linie auf die etwa 54 000 mit Langleinen und Stellnetzen fischenden Schiffe in der EU auswirken.

2.           NOTWENDIGKEIT UND SUBSIDIARITÄT

Dieser Vorschlag betrifft einen Bereich, in dem ausschließlich die Europäische Union zuständig ist, so dass das Subsidiaritätsprinzip keine Anwendung findet. Gemäß AEUV liegt es in der ausschließlichen Zuständigkeit der EU, Fischereitätigkeiten zu Erhaltungszwecken zu steuern, wozu auch die Reduzierung der Beifänge biologisch gefährdeter Arten, wie Seevögel und Wale, gehört.

3.           ZIELE

Ziel dieser Initiative ist es, die Beifänge von mindestens 49 Seevogelpopulationen, die durch in EU- und Nicht-EU-Gewässern tätige EU-Schiffe bedroht sind, zu reduzieren und, wenn möglich, vollständig zu verhindern sowie den Beifang bei anderen Seevogelarten zu verringern, bei denen die Populationen zwar stabil, aber die Beifangmengen besorgniserregend hoch sind.

Die operativen Einzelziele zum Erreichen dieses allgemeinen Ziels bestehen darin,

(1) Defizite und Widersprüche bei den derzeitigen Bewirtschaftungsmaßnahmen sowohl in EU- als auch in Nicht-EU-Gewässern festzustellen und zu beheben;

(2) einschlägige Daten zur Feststellung des Ausmaßes und der Bedrohung durch Beifänge von Seevögeln, insbesondere für die gefährdeten Populationen, zu erheben und zu pflegen;

(3) die Beifänge von bedrohten Seevogelarten durch die Umsetzung geeigneter Abhilfemaßnahmen derart zu minimieren, dass diese Populationen dadurch nicht länger gefährdet sind;

Zudem wurden zwei für ein besseres Verständnis des Problems und die Entwicklung praktischer Lösungen entscheidende unterstützende Ziele festgelegt:

(4) Abstellen der mangelnden Einsicht der Fischer in die Problematik der Beifänge von Seevögeln und Schaffung von Anreizen für die Fischer zum Ergreifen von Abhilfemaßnahmen;

(5) Beilegung der ungelösten Probleme bei bestehenden Abhilfemaßnahmen in der Langleinenfischerei und Einführung wirksamer Abhilfemaßnahmen für andere Fanggeräte, insbesondere Stellnetze.

Die Reform der GFP, über die derzeit verhandelt wird, ist für das Erreichen der Ziele dieser Initiative als Teil eines ökosystembasierten Ansatzes in der Fischereiwirtschaft von entscheidender Bedeutung. Unabhängig von den ergriffenen Maßnahmen sind hierfür eine verbesserte Kohärenz zwischen den Regulierungsinstrumenten und ein stärker ganzheitlich orientierter Ansatz in der Fischereiwirtschaft erforderlich, in dem die regionalen Besonderheiten der einzelnen Fischereien berücksichtigt werden. Hinsichtlich des Beifang­problems, einschließlich des Beifangs von Seevögeln, spielen dabei mehrere wichtige Komponenten eine Rolle:

· Ein neues regionales, voraussichtlich ab 2016 eingeführtes Konzept für technische Maßnahmen, damit Abhilfemaßnahmen auf spezifische Fischereien zugeschnitten werden können;

· ein neues Mehrjahresprogramm der EU zur Datenerhebung (DCMAP), das 2014 eingeführt werden soll und in das die Überwachung der Beifänge von Seevögeln aufgenommen werden könnte;

· finanzielle Unterstützung für neue Maßnahmen im Rahmen des derzeitigen Europäischen Fischereifonds (EFF) und des neuen Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF), deren Einführung für 2014 geplant ist;

· eine proaktivere Rolle der Kommission in den RFO, um für eine stärkere Beachtung der Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen der RFO zu sorgen.

4.           POLITISCHE OPTIONEN

Auf diesem Gebiet gibt es nachstehende drei Grundoptionen:

Option 1: Status quo: Eine Beibehaltung des Status quo, d. h. es werden keine weiteren Maßnahmen ergriffen, die über das in der derzeitigen Fischerei- und Umweltpolitik der EU bereits Bestehende hinausgehen.

Option 2: Erstellung eines EU-Aktionsplans: Durch Regulierungsinstrumente im Rahmen der reformierten GFP, des Umweltrechts (Vogelschutz- und Habitatrichtlinie), internationaler Fischereigesetze sowie der Übereinkommen und Vereinbarungen unterstützte freiwillige Maßnahmen. Der Aktionsplan bildete einen übergeordneten Rahmen, der fischereiüber­greifende Überwachungs- und Abhilfemaßnahmen ebenso wie flankierende Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung (aus dem EFF und dem EMFF) enthielte. Mittelfristig würde angestrebt, Abhilfemaßnahmen in das neue Konzept für technische Maßnahmen zu integrieren, wobei auf regionaler Ebene spezifische Maßnahmen erarbeitet werden sollten. Die Überwachung der Beifänge würde in die neue Rahmenregelung für die Erhebung von Fischereidaten (DCF) aufgenommen werden. Der Aktionsplan enthielte auch die Empfehlung, Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für Fischer durchzuführen, um sie für das Problem zu sensibilisieren und die Vorteile der Umsetzung von Abhilfemaßnahmen aufzuzeigen. Des Weiteren würde die Forschung zur Entwicklung und zum Testen von Abhilfemaßnahmen, insbesondere im Bereich der Stellnetzfischerei, gefördert werden.

Option 3: Eigenständige Verordnung: Bei dieser Option wäre der Vorsorgeansatz stärker ausgeprägt als bei Option 2, da im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens verpflichtende Maßnahmen verabschiedet werden sollen. Diese Option würde in erster Linie für EU-Gewässer gelten und auch Bestimmungen für in Nicht-EU-Gewässern tätige EU-Schiffe enthalten, die aber weiterhin unter die von der jeweiligen RFO erlassenen Rahmenvorschriften fielen. Dabei wird davon ausgegangen, dass das regionale Konzept für technische Maßnahmen nicht vor 2016 und die neue DCF frühestens 2014 in Kraft sein werden. Deshalb gilt es angesichts des derzeitigen Erhaltungszustands von mindestens 25 Seevogelarten in EU-Gewässern, Vorschriften zum Schutz dieser Arten zügiger umzusetzen.

Diese Option enthält zwei Unteroptionen:

· Unteroption 3a: Ergreifen von Überwachungs- und Abhilfemaßnahmen;

· Unteroption 3b: lediglich Einbeziehung von Abhilfemaßnahmen, Überwachung gemäß Option 2.

Es ergäbe sich kein impliziter Bedarf an zusätzlichen Forschungs-, Ausbildungs- oder Sensibilisierungsmaßnahmen. Die Möglichkeit der finanziellen Förderung solcher Maßnahmen im Rahmen des EFF/EMFF bestünde auch weiterhin.

5.           Zusammenfassung der Auswirkungen

Die Auswirkungen der einzelnen Optionen wurden soweit wie irgend möglich bewertet. Dennoch war es aufgrund fehlender einschlägiger Daten, insbesondere Wirtschaftsdaten, nicht bei allen Auswirkungen möglich, sie exakt zu beziffern.

Auswirkungen auf die Wirtschaft:

Bei Option 1 gäbe es in der Langleinenfischerei weiterhin negative Auswirkungen in Form von direkten Kosten durch den Verlust von Ködern sowie Beschädigungen der Fänge und der Fanggeräte durch Seevögel. Daneben kommt es auch zu indirekten Kosten, weil Fänge dadurch verlorengehen, dass Seevögel an beköderten Haken hängen, an denen Fische hätten gefangen werden können. Erfahrungsgemäß können diese Kosten insgesamt erheblich sein. Für Stellnetz- und andere Fischereien (Schleppnetze und Ringwaden) wären die Auswirkun­gen deutlich geringer, da diese direkten und indirekten Kosten niedriger ausfielen.

Bei Option 2 und den Unteroptionen 3a und 3b entstünden kurzfristig direkte Kosten für die Umsetzung von Abhilfemaßnahmen, wobei diese in der Langleinenfischerei durch weniger Köderverluste, geringere Beschädigung der Fänge und der Fanggeräte sowie weniger entgangene Fänge infolge der eingesetzten Abhilfemaßnahmen aufgewogen würden. Die Auswirkungen auf die Stellnetzfischerei sind bei beiden Optionen schwieriger vorherzusagen, da die einzigen Abhilfemaßnahmen in der Sperrung von oder dem begrenzten Zugang zu bestimmten Gebieten bestehen. Solche Sperrgebiete könnten je nach ihrer Lage und Größe sowie dem Vorhandensein alternativer Fangmöglichkeiten zu Einkommensverlusten führen. Dies wäre vor allem bei den Unteroptionen 3a und 3b der Fall, bei denen die Maßnahmen verbindlich wären.

In Nicht-EU-Gewässern ist bei Option 2 lediglich von geringfügigen Auswirkungen auszugehen, da der Schwerpunkt auf der Konsolidierung und verbesserten Umsetzung von bestehenden Maßnahmen und weniger auf der Einführung neuer Maßnahmen läge. Bei den Unteroptionen 3a und 3b gäbe es keine zusätzlichen Auswirkungen auf Nicht-EU-Gewässer, da für diese Fischereien weiterhin die bereits von den RFO erlassenen Rahmenvorschriften und keinerlei neue Verordnungen gelten würden. Sowohl Option 2 als auch Option 3 würden sich insofern wohl positiv auswirken, da sie den Fischern helfen, im Rahmen von Zertifizierungssystemen bestehende Erhaltungsvorgaben zu erfüllen. Daneben ergäben sich durch diese Optionen vermutlich auch positive Effekte für den Ökotourismus, da sich aufgrund größerer Seevogelpopulationen neue Möglichkeiten der Vogelbeobachtung böten.

Auswirkungen auf die Umwelt:

Im Falle von Option 1 würden Beifänge von Seevögeln aller Voraussicht nach weiterhin im derzeitigen nicht nachhaltigen Umfang auftreten und den Erhaltungszustand von mindestens 49 Seevogelarten potenziell beeinflussen.

Erfahrungsgemäß ist durch den EU-Aktionsplan kurzfristig eine allmähliche Reduzierung der Beifänge in der Langleinenfischerei um 20 – 30 % erreichbar. Auf längere Sicht können Beifänge vollständig verhindert werden. Reduzierungen der Beifänge in der Stellnetzfischerei sind schwieriger vorherzusagen, da die einzigen Abhilfemaßnahmen in der Sperrung von oder dem begrenzten Zugang zu bestimmten Gebieten bestehen. Es gibt einige Beispiele für saisonale Schließungen, durch die die Beifänge in der Stellnetzfischerei erheblich reduziert werden konnten.

Durch die Aufnahme der Überwachung des Beifangs von Seevögeln in die neue Rahmenregelung für die Erhebung von Fischereidaten (DCF) werden die entsprechenden Fischereien gründlicher erfasst, und es werden auch Schleppnetz- und Ringwadenfischereien einbezogen, in denen mutmaßlich Beifänge auftreten.

In Nicht-EU-Gewässern würde durch den Aktionsplan ein Mechanismus zur verbesserten Einhaltung der bestehenden Maßnahmen eingeführt. Die im Rahmen dieser Option vorgesehene Sensibilisierung, Ausbildung und Forschung würde im Fangsektor für ein besseres Verständnis des Problems und die möglichen Lösungen sorgen.

Die Auswirkungen im Falle der Unteroptionen 3a und 3b sind vergleichbar mit den für Option 2 beschriebenen Auswirkungen, wobei wegen der zwingend vorgeschriebenen Maßnahmen die Beifänge von Seevögeln in den Fischereien, in denen Maßnahmen eingeführt werden, vermutlich schneller reduziert werden könnten. Durch die Überwachung gemäß Unteroption 3a würde das Wissen über die Beifänge von Seevögeln erweitert, allerdings nur in den Fischereien, in denen eine Überwachung gefordert wäre. Hinsichtlich der Überwachung ist Unteroption 3b identisch mit Option 2.

Da bei dieser Option keine spezifischen Maßnahmen in Nicht-EU-Gewässern vorgesehen sind, sind die Auswirkungen auf die Umwelt bei diesen Fischereien wahrscheinlich ähnlich wie bei Option 1.

Soziale Auswirkungen:

Option 1 würde von NRO und der breiten Öffentlichkeit negativ aufgenommen und als Schei­tern der Kommission ausgelegt, Verpflichtungen gemäß internationalen Übereinkommen und Vereinbarungen nachzukommen. Die Optionen 2 und 3 würden von NRO und der breiten Öffentlichkeit begrüßt. Option 2 würde auch vom Fangsektor und nationalen Behörden positiv aufgenommen, da es sich um einen „Bottom-up“-Ansatz handelt und die Maßnahmen regional zugeschnitten sind. Die Optionen 3a und 3b würden vom Fangsektor und den Behörden zurückgewiesen, da sie gemessen am Ausmaß des Problems als unverhältnismäßig empfunden würden. Die bei diesen Unteroptionen vorgesehene verpflichtende Schließung von bzw. Begrenzung des Zugangs zu bestimmten Gebieten könnte sich bei zu restriktiver Handhabung auf die Beschäftigung auswirken.

Auswirkungen auf KMU:

Option 1 hätte keinerlei Auswirkungen auf KMU. Die Optionen 2 und 3 hätten Auswirkun­gen, diese könnten jedoch im Falle von Option 2 gering gehalten werden, da die Maßnahmen weitgehend freiwillig, auf spezifische Fischereien zugeschnitten und in andere Regelungen eingebunden wären und Vorteile brächten, durch die die entstehenden Kosten aufgewogen würden. Bei den Unteroptionen 3a und 3b wären die Auswirkungen ähnlich wie bei Option 2, mit dem Unterschied, dass die Maßnahmen obligatorisch wären und dadurch weniger Spielraum für eine Anpassung an die Besonderheiten der einzelnen Fischereien ließen. Sowohl bei Option 2 als auch bei Option 3 würde eine Befreiung der Kleinstunternehmen von den ergriffenen Maßnahmen die Erhaltungsziele dieser Initiative untergraben, da effektiv mehr als 90 % der kleinen Schiffe von den Maßnahmen ausgenommen wären, so dass dies aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht in Betracht kommt.

Vereinfachung und Verwaltungsaufwand:

Option 1 wird hinsichtlich der Verwaltungskosten als kostenneutral eingeschätzt. Für Option 2 werden die Verwaltungs- und Überwachungskosten auf etwa 5,2 Mio. EUR jährlich geschätzt. Nach 2014 würden diese Kosten durch die Aufnahme der Beifangüberwachung in die DCF zurückgehen. Für Unteroption 3a wurden die voraussichtlichen Verwaltungskosten auf etwa 14,4 Mio. EUR jährlich beziffert. Die höheren Kosten sind durch zusätzliche Überwachung und Kontrolle bedingt. Bei Unteroption 3b wären die Kosten mit denen von Option 2 vergleichbar und lägen bei etwa 5,2 Mio. EUR jährlich. In allen Fällen würden mehr als 90 % der Kosten durch Überwachung und Inspektion entstehen. Am stärksten betroffen sind die nationalen Behörden.

6.           VERGLEICH DER OPTIONEN

Auf der Grundlage der vorgenommenen Analyse wird Option 2 (EU-Aktionsplan) insofern favorisiert, da hierdurch die Beifänge von Seevögeln in zahlreichen Fischereien bei geringeren Kosten für die Fischwirtschaft und die nationalen Behörden als bei den anderen Optionen reduziert werden könnten.

Als zweitbeste Option wird Unteroption 3b (obligatorische Abhilfemaßnahmen) angesehen, die angesichts des voraussichtlichen Zeitplans für die Einführung eines neuen Konzepts für technische Maßnahmen im Vergleich zu Option 2 den Vorteil hat, bei bedrohten Seevogel­arten das Beifangproblem zügiger zu bekämpfen. Allerdings besteht dabei die Gefahr der Einführung ungeeigneter oder unzureichend getesteter Abhilfemaßnahmen, und es mangelt an Flexibilität, um diese Maßnahmen im Laufe der Zeit, wenn mehr Informationen vorliegen, an einzelne Gebiete oder Fischereien anzupassen.

An dritter Stelle kommt Unteroption 3a (obligatorische Überwachungs- und Abhilfemaß­nahmen), bei der gleichermaßen die Gefahr der genannten Defizite hinsichtlich des erforderlichen Einsatzes von Abhilfemaßnahmen in spezifischen Fischereien besteht. Die Aufnahme spezifischer Überwachungsanforderungen verschärft diese Probleme, und es besteht die Gefahr, dass die Überwachung auf die falschen Gebiete oder die falschen Fanggerätearten abzielt.

Die Unteroptionen 3a und 3b enthalten beide keinerlei Sensibilisierungsmaßnahmen oder Forschung.

Option 1 (Status quo) ist die schlechteste aller Optionen. Kurzfristig sind zwar wirtschaftliche Vorteile zu verzeichnen, doch die festgesetzten spezifischen Ziele werden nicht erreicht. Die Beifangmengen von Seevögeln werden weiterhin unannehmbar hoch sein, und es wird keinen Erkenntnisgewinn hinsichtlich des Ausmaßes der Beifänge im Verhältnis zu den Populationen und der von der Fischerei ausgehenden Gefährdung des Erhaltungszustands von Seevögeln geben.

7.           ÜBERWACHUNG UND EVALUIERUNG

Im Rahmen der favorisierten Option, d. h. der Verabschiedung eines Aktionsplans, würden die Mitgliedstaaten der Kommission alle zwei Jahre über das Ausmaß der Beifänge von Seevögeln nach Fischerei und Fanggerät sowie über die Umsetzung und Wirksamkeit von Abhilfemaßnahmen Bericht erstatten. Die Kommission würde in Zusammenarbeit mit dem ICES und dem STECF einen Standardbericht erarbeiten, mit dem die Mitgliedstaaten Informationen an die Kommission übermitteln und der auch dazu genutzt werden könnte, der Öffentlichkeit den Datenzugang zu erleichtern.

Auf der Grundlage dieser Berichte würde die Kommission nach Eingang des zweiten Berichts eine Zwischenbewertung des EU-Aktionsplans vornehmen und danach anhand dieser Informationen dem Europäischen Parlament und dem Rat eine Mitteilung über die Umsetzung des Aktionsplans unterbreiten.

Der ICES, der STECF und andere einschlägige Sachverständigengremien würden um Mitwirkung an dieser Bewertung gebeten. In erster Linie würde der ICES gebeten, für die gefährdeten Arten Schätzungen zu Populationen und Beifängen vorzulegen, um das Ausmaß des Problems zu erfassen.

Die Kommission würde den Aktionsplan nach dem vierten Fortschrittsbericht (d. h. nach acht Jahren) umfassend prüfen und bewerten und dann entsprechend aktualisieren. Diese Überarbeitung würde zeitlich mit der im Rahmen der MSFD eingegangenen Verpflichtung zusammenfallen, bis 2020 einen guten Umweltzustand mariner Ökosysteme zu erreichen.

Parallel dazu müssen die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 12 der Vogelschutzrichtlinie alle drei Jahre über die Umsetzung nationaler, im Einklang mit der Richtlinie erlassener Bestim­mungen berichten, wodurch eventuell zusätzliche Erkenntnisse gewonnen werden können.

[1]               ICES-Gutachten 2008, Buch 1, 1.5.1.3 Interaktionen zwischen Fischfang und Seevögeln in EU-Gewässern.

[2]               MRAG, 2011, Contribution to the preparation of a Plan of Action for Seabirds http://ec.europa.eu/fisheries/documentation/studies/index_en.htm

[3]               Langleinen sind mehrere miteinander verbundene Leinen, entweder am Boden befestigt oder treibend, die eine große Anzahl mit Ködern bestückter Haken tragen.

[4]               Stellnetze sind Netze, bei denen zum Fang keine aktive Bewegung der Netze erforderlich ist. Solche Netze können aus einem oder mehreren getrennten Netzen mit Kopf-, Grund- und Verbindungstauen bestehen, gegebenenfalls mit Anker-, Auftriebs- und Positionsgeschirr.