52012SC0274

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG DER ÜBERARBEITUNG DES RECHTSRAHMENS FÜR MEDIZINPRODUKTE Begleitunterlage zu den Vorschlägen für Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates über Medizinprodukte sowie zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 178/2002 und (EG) Nr. 1223/2009 und über In-vitro-Diagnostika /* SWD/2012/0274 final */


ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG DER ÜBERARBEITUNG DES RECHTSRAHMENS FÜR MEDIZINPRODUKTE

Begleitunterlage zu den

Vorschlägen für Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates

über Medizinprodukte sowie zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 178/2002 und (EG) Nr. 1223/2009 und über In-vitro-Diagnostika

1.           Einleitung

Der Rechtsrahmen für Medizinprodukte umfasst im Wesentlichen drei Richtlinien[1], die eine breite Produktpalette abdecken, von Heftpflaster oder Rollstühlen bis hin zu Röntgengeräten, Tomografen, Schrittmachern, mit Medikamenten beschichteten Stents oder Bluttests. Alle drei Richtlinien, die in den 1990er Jahren erlassen wurden, basieren auf dem „Neuen Ansatz“ und zielen darauf ab, das Funktionieren des Binnenmarkts und ein hohes Maß an Schutz für die Gesundheit und Sicherheit der Menschen zu gewährleisten. Medizinprodukte[2] unterliegen vor dem Inverkehrbringen keiner Zulassung durch eine Regulierungsbehörde, sondern einer Konformitätsbewertung, an der bei Produkten mit mittlerem und hohem Risiko eine unabhängige dritte Partei, bezeichnet als „benannte Stelle“, beteiligt ist. Nach der Zertifizierung erhalten die Produkte die CE‑Kennzeichnung, womit sie in den EU/EFTA‑Ländern und der Türkei uneingeschränkt in Verkehr gebracht werden dürfen.

Die Folgenabschätzung besteht aus einem Hauptteil (Teil I), dessen Schwerpunkt auf den systemischen Aspekten liegt, die für den gesamten Rechtsrahmen relevant sind, und zwei separaten Anhängen (Teil II), die sich mit spezifischen Aspekten befassen, die entweder nur für Medizinprodukte unter Ausschluss von In-vitro-Diagnostika oder nur für letztere relevant sind. Belegunterlagen wurden als Anlagen (Teil III) beigefügt.

2.           Problembeschreibung

Der bestehende Rechtsrahmen hat sich als zweckdienlich erwiesen, doch die betreffenden Vorschriften sind seit 20 Jahren in Kraft und bedürfen – wie alle Regelungssysteme, die innovative Produkte betreffen – einer Überarbeitung. Darüber hinaus erhob sich in jüngster Zeit scharfe Kritik in Medien und Politik, insbesondere nachdem die französischen Gesundheitsbehörden festgestellt hatten, dass ein französischer Hersteller (Poly Implant Prothèse, PIP) – entgegen der von der benannten Stelle erteilten Zulassung – anscheinend mehrere Jahre lang Industriesilikon anstatt zugelassenem medizinischen Silikon zur Herstellung von Brustimplantaten verwendet hat, wodurch möglicherweise Tausende von Frauen weltweit geschädigt wurden. Im Rahmen einer von der Kommission im Jahr 2008 durchgeführten öffentlichen Anhörung, gefolgt von einer weiteren öffentlichen Anhörung zum Thema In-vitro-Diagnostika im Jahr 2010, wurde eine Reihe von Mängeln identifiziert, die die Hauptziele der drei Richtlinien über Medizinprodukte – nämlich die Sicherheit von Medizinprodukten und deren freien Verkehr im Binnenmarkt – untergraben. Vor dem Hintergrund der geplanten Überarbeitung des EU-Rechtsrahmens für Medizinprodukte nahmen die Kommissionsdienststellen auch eine Analyse des Falls der PIP-Brustimplantate vor und stellten zusätzlich zu den bereits bekannten Schwächen noch weitere Mängel der geltenden Verordnungen fest. Die Ergebnisse legen jedoch nicht nahe, dass das EU‑Regelungssystem für Medizinprodukte grundlegend ungeeignet wäre. Mit der jetzigen Überarbeitung sollen die Mängel und Lücken beseitigt und zugleich die übergreifenden Ziele des Rechtsrahmens beibehalten werden.

2.1.        Systemische Aspekte

Die wichtigsten Schwächen des derzeitigen Systems finden sich in folgenden Bereichen:

Aufsicht über die benannten Stellen

Die benannten Stellen nehmen Aufgaben in Bereichen von öffentlichem Interesse wahr, unterstehen jedoch nicht den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Derzeit gibt es im Rahmen der drei Richtlinien über Medizinprodukte 78 benannte Stellen. Behörden, Hersteller und die benannten Stellen selbst melden signifikante Unterschiede bei der Benennung und Überwachung der benannten Stellen einerseits sowie bei der Qualität und Intensität der von ihnen durchgeführten Konformitätsbewertung andererseits, inbesondere was die Beurteilung der klinischen Bewertung durch die Hersteller oder die Wahrnehmung ihrer Befugnisse – zum Beispiel unangekündigte Betriebsinspektionen oder Produktkontrollen – anbelangt. Dies führt zu einem ungleichen Schutzniveau für Patienten und Anwender sowie zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen Herstellern ähnlicher Produkte.

Sicherheit nach dem Inverkehrbringen

Ein grundlegender Stützpfeiler des Regelungssystems ist das Recht der Mitgliedstaaten, die Vermarktung eines Produkts einzuschränken oder zu verbieten, wenn es die Gesundheit und die Sicherheit von Patienten, Anwendern oder Dritten gefährden könnte oder rechtswidrig mit der CE‑Kennzeichnung versehen wurde. Allerdings haben die Erfahrungen mit der Anwendung des Beobachtungs- und Meldeverfahrens sowie mit anderen den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Rechtsinstrumenten (z. B. Schutzklauseln) gezeigt, dass die nationalen zuständigen Behörden nicht über alle erforderlichen Informationen verfügen und bei denselben Problemen unterschiedliche Maßnahmen ergreifen, wodurch ein harmonisiertes Schutzniveau für Patienten und Anwender in der EU in Frage gestellt wird und zudem Hindernisse für das Funktionieren des Binnenmarkts entstehen.

Transparenz und Rückverfolgbarkeit

Es stehen keine präzisen Daten über die auf dem europäischen Markt im Verkehr befindlichen Medizinprodukte zur Verfügung. Einige Mitgliedstaaten haben eigene elektronische Registrierungstools eingeführt. Die vielfältigen Registrierungsanforderungen in den einzelnen Mitgliedstaaten verursachen einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand für Hersteller und Bevollmächtigte, wenn sie ein Produkt in verschiedenen Mitgliedstaaten vermarkten möchten. Einige europäische Länder haben außerdem damit begonnen, Anforderungen bezüglich der Rückverfolgbarkeit an die Wirtschaftsteilnehmer (Hersteller, Einführer, Händler, Krankenhäuser) zu stellen, da die Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten zurzeit nicht auf EU-Ebene geregelt ist. Die nationalen Systeme sind jedoch nicht miteinander kompatibel und ermöglichen keine grenzüberschreitende Rückverfolgung, was für ein EU-weit hohes Niveau an Patientensicherheit nötig wäre.

Zugang zu externer Sachkunde

Externe Experten (z. B. Angehörige der Gesundheitsberufe, Wissenschaftler) sind derzeit nicht auf strukturierte Weise an dem Regelungsprozess beteiligt. Regulierungsstellen, Angehörige der Gesundheitsberufe und Hersteller haben die Notwendigkeit geäußert, wissenschaftliche und klinische Experten beim Entscheidungsprozess beratend hinzuzuziehen, damit es möglich wird, mit den Produktinnovationen Schritt zu halten.

Verwaltung des Regelungssystems

Bei der Verwaltung des Regelungssystems auf EU-Ebene sind Mängel zutage getreten, die von verschiedenen Interessenträgern (d. h. von Angehörigen der Gesundheitsberufe, Patienten, Versicherern, Herstellern und den Medien) gemeldet wurden. Das System wird zudem als nicht effizient und wirksam genug erachtet. Die Richtlinien über Medizinprodukte enthalten tatsächlich keine Rechtsgrundlage, die eine Überwachung auf EU-Ebene und eine angemessene Koordination zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellen könnte. Es mangelt an technischer, wissenschaftlicher und logistischer Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, an zuverlässigen IT-Tools für die Verwaltung des Systems sowie an konsolidierter wissenschaftlicher und klinischer Sachkunde. Dies führt dazu, dass die Anwendung der Vorschriften nicht einheitlich erfolgt und auf dem europäischen Markt keine gemeinsamen Maßnahmen ergriffen werden, was wiederum die Patienten- und Anwendersicherheit gefährdet und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigt.

Des Weiteren ist die Abgrenzung zwischen den Richtlinien über Medizinprodukte und anderen Regelungssystemen, die zum Beispiel für Medizinprodukte, Biozide, Lebensmittel oder Kosmetika gelten, nicht immer eindeutig, was die Anwendung unterschiedlicher Rechtsvorschriften auf dieselben Produkte in den verschiedenen Mitgliedstaaten zur Folge hat (so genannte Grenzfälle). Und schließlich sind die Pflichten der Wirtschaftsteilnehmer derzeit nicht klar festgelegt, oder sie sind überhaupt nicht Gegenstand der Richtlinien. Die beiden genannten Punkte können die Patientensicherheit gefährden und zu einer Fragmentierung des Binnenmarkts führen.

2.2.        Spezifische Aspekte

Im Hinblick auf bestimmte Produkte bestehen Regelungslücken bzw. Unklarheiten. So fallen beispielsweise mittels nicht lebensfähiger menschlicher Gewebe oder Zellen hergestellte Produkte, implantierbare oder andere invasive Produkte ohne medizinischen Zweck und die Wiederaufbereitung von Einmalprodukten derzeit nicht unter die EU‑Rechtsvorschriften über Medizinprodukte. Was In-vitro-Diagnostika anbelangt, so sind zurzeit hausinterne Tests vom Geltungsbereich der Richtlinie über In-vitro-Diagnostika ausgenommen, doch die Anwendung der Ausnahmeregelung differiert in den einzelnen Mitgliedstaaten. Außerdem ist die Anwendung der Richtlinie über In-vitro-Diagnostika im Bereich Gentests nicht eindeutig genug und könnte zu unterschiedlichen Auslegungen in der EU führen. Hierdurch entstehen verschiedene Schutzniveaus für Patienten und die öffentliche Gesundheit, und die Schaffung eines Binnenmarkts für diese Produkte wird behindert.

Ein wichtiger Aspekt ist die Klassifizierung von In-vitro-Diagnostika; der derzeitige Ansatz in der Richtlinie über In-vitro-Diagnostika, bestehend aus einer Liste von Hochrisiko-In-vitro-Diagnostika als Anhang der Richtlinie, unterscheidet sich von dem Klassifizierungsansatz für die anderen Medizinprodukte und von den jüngsten Entwicklungen auf internationaler Ebene. Im Jahr 2008 nahm die Global Harmonization Task Force (GHTF) für Medizinprodukte ein Klassifikationssystem für In-vitro-Diagnostika an, bei dem das Risiko im Zusammenhang mit ihrer Verwendung zugrunde gelegt wird; dieses Konzept hält der technologischen Entwicklung besser stand als der aktuelle EU‑Ansatz.

Des Weiteren muss die Richtlinie über In-vitro-Diagnostika, die seit ihrem Erlass im Jahr 1998 unverändert geblieben ist, an die technologischen, wissenschaftlichen und ordnungspolitischen Entwicklungen angepasst werden, zum Beispiel im Hinblick auf den von den Herstellern zu erbringenden klinischen Nachweis, auf die Anforderungen an patientennahe Tests und auf eine Angleichung an die einschlägigen Änderungen, die im Lauf der Zeit für die anderen Medizinprodukte vorgenommen wurden. Auch im Bereich Medizinprodukte werden einige Rechtsvorschriften, wie zum Beispiel die grundlegenden Anforderungen und die Kriterien für die Risikoklassifizierung von Produkten, den technologischen und wissenschaftlichen Entwicklungen nicht in ausreichendem Umfang gerecht, etwa bei Produkten, die vom Patienten aufgenommen werden oder die Nanomaterialien enthalten. Unklarheiten bestehen auch im Hinblick auf die Vorschriften für die klinische Bewertung von Produkten.

Darüber hinaus sehen die EU-Vorschriften derzeit keine Koordination unter den Mitgliedstaaten vor, was die Bewertung von Anträgen auf klinische Prüfungen von Medizinprodukten angeht, die in mehreren Mitgliedstaaten durchgeführt werden sollen. Die Hersteller/Sponsoren müssen ihre Unterlagen in jedem Mitgliedstaat einreichen und erhalten dann zahlreiche Anfragen bezüglich Zusatzinformationen, was den Verwaltungs‑ und Kostenaufwand erhöht. Zudem können die Bewertungen der betroffenen Mitgliedstaaten bei technischen und sicherheitsrelevanten Aspekten desselben Produkts zu verschiedenen Ergebnissen führen. Dies bedeutet auch, dass das Sicherheitsniveau für Patienten, die an derselben länderübergreifenden Untersuchung teilnehmen, unterschiedlich ist. Außerdem eröffnet diese Überarbeitung die Möglichkeit, die Bestimmungen über klinische Prüfungen von Medizinprodukten, soweit erforderlich, an den kürzlich angenommenen Vorschlag für eine Verordnung über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln[3] anzugleichen.

3.           Die Notwendigkeit von EU-Massnahmen und die Subsidiarität

Die geltenden Richtlinien über Medizinprodukte basieren auf den Bestimmungen des Vertrags über die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts (jetzt Artikel 114 AEUV). Durch den Vertrag von Lissabon wurde im Bereich Gesundheitswesen eine Rechtsgrundlage für die Ergreifung von Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Arzneimittel und Medizinprodukte geschaffen (Artikel 168 Absatz 4 Buchstabe c AEUV). Beide Politikbereiche fallen unter die geteilte Zuständigkeit von Union und Mitgliedstaaten.

Gemäß den geltenden Richtlinien über Medizinprodukte dürfen mit der CE-Kennzeichnung versehene Produkte grundsätzlich in der EU uneingeschränkt in Verkehr gebracht werden. Die vorgeschlagene Überarbeitung der geltenden Richtlinien, in welche die Änderung des Vertrags von Lissabon in Bezug auf das Gesundheitswesen einfließen wird, kann nur auf EU‑Ebene erfolgen. Dies ist erforderlich, um den Gesundheitsschutz für alle Anwender und Patienten in Europa zu verbessern und um die Mitgliedstaaten davon abzuhalten, unterschiedliche Produktvorschriften zu erlassen, was eine weitere Fragmentierung des Binnenmarkts zur Folge hätte. Harmonisierte Vorschriften und Verfahren ermöglichen es den Herstellern, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen, die mehr als 80 % der Branche ausmachen (90 % im Bereich In-vitro-Diagnostika), ihre durch unterschiedliche nationale Vorschriften verursachten Kosten zu senken. Zudem gewährleisten sie ein hohes und einheitliches Sicherheitsniveau für alle Patienten und Anwender in Europa.

4.           Ziele der EU-Initiative

Mit dieser Überarbeitung werden drei übergeordnete Ziele verfolgt:

· Übergeordnetes Ziel A: Sicherstellung eines hohen Maßes an Schutz für die Gesundheit und Sicherheit der Menschen

· Übergeordnetes Ziel B: Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts

· Übergeordnetes Ziel C: Schaffung eines Rechtsrahmens, der Innovationen fördert und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Medizinprodukte-Industrie verbessert

Darüber hinaus tragen mehrere spezifische Ziele, die die festgestellten Einzelprobleme betreffen, zur Verwirklichung der übergeordneten Ziele bei:

· Ziel 1: Einheitliche Kontrolle der benannten Stellen

· Ziel 2: Mehr Rechtsklarheit und bessere Koordination im Bereich der Sicherheit nach dem Inverkehrbringen

· Ziel 3: Branchenübergreifende Lösung von Grenzfällen

· Ziel 4: Mehr Transparenz in Bezug auf Medizinprodukte auf dem EU-Markt, einschließlich deren Rückverfolgbarkeit

· Ziel 5: Verstärkte Einbindung externer wissenschaftlicher und klinischer Experten

· Ziel 6: Klare Festlegung der Pflichten und Aufgaben von Wirtschaftsteilnehmern, auch in den Bereichen Diagnosedienstleistungen und Internetabsatz

· Ziel 7: Governance – effiziente und wirksame Verwaltung des Regelungssystems

Im Hinblick auf die spezifischen Aspekte, die entweder für Medizinprodukte mit Ausnahme von In-vitro-Diagnostika oder nur für In-vitro-Diagnostika relevant sind, wird eine Reihe zusätzlicher spezifischer Ziele festgelegt, durch welche die Probleme in den betreffenden Branchen bewältigt werden sollen, wie zum Beispiel

· die Beseitigung von Rechtslücken und Schlupflöchern, die speziell in den Bereichen Medizinprodukte oder In-vitro-Diagnostika bestehen;

· geeignete Rechtsvorschriften, die den technologischen, wissenschaftlichen und ordnungspolitischen Entwicklungen in den Bereichen Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika Rechnung tragen;

· eine geeignete und zuverlässige Klassifizierung und Konformitätsbewertung von In-vitro-Diagnostika;

· mehr Rechtssicherheit und eine bessere Koordination in den Bereichen klinische Bewertung und klinische Prüfungen von Medizinprodukten, insbesondere wenn sie in mehreren Mitgliedstaaten durchgeführt werden.

5.           Optionen

In der Folgenabschätzung werden drei Optionen untersucht:

· Keine Maßnahmen der EU (Ausgangsszenario);

· grundlegende Änderung: Marktzulassung für Medizinprodukte;

· Weiterentwicklung: Verstärkung der derzeitigen Regelungen unter Beibehaltung desselben Rechtsansatzes.

Die dritte Option ist zwischen den beiden konträren Szenarien angesiedelt; sie basiert auf den Stärken des „Neuen Ansatzes“, der die Grundlage der derzeitigen Regelung bildet, und beseitigt gleichzeitig die festgestellten Mängel. Im Rahmen dieser Option, d. h. der Weiterentwicklung des geltenden Regelungssystems, wurden mehrere strategische Optionen erarbeitet, um allen spezifischen Zielen gerecht zu werden und die festgestellten Einzelprobleme anzugehen.

6.           Vergleich der strategischen Optionen und Abschätzung der Folgen

Die Option „Keine Maßnahmen der EU“ war von Anfang an zu verwerfen, da sich die Kommission verpflichtet hat, geltende Rechtsvorschriften, soweit erforderlich, an den Neuen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten[4] anzugleichen. Und wichtiger noch: Keine Maßnahmen zu ergreifen hieße, dass die oben beschriebenen Probleme weiter bestehen oder sich sogar noch verschärfen würden, was eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit und des Schutzes von Anwendern und Patienten nach sich zöge. Zudem sähen sich in diesem Fall wahrscheinlich die Mitgliedstaaten zur Ergreifung von Maßnahmen auf nationaler Ebene veranlasst, wodurch der Binnenmarkt weiter untergraben würde. Der Skandal um die PIP‑Brustimplantate hat gezeigt, dass die Option „Keine Maßnahmen der EU“ politisch nicht vertretbar ist.

Die Option einer grundlegenden Änderung mit der Einführung einer Marktzulassung für Medizinprodukte wurde ebenfalls verworfen. Die Übertragung der Zuständigkeit für die Bewertung der Sicherheit und der Leistung von Medizinprodukten von den benannten Stellen an die Regulierungsbehörden und der Ersatz der CE-Kennzeichnung durch eine Marktzulassung wurden in den öffentlichen Anhörungen und dem anschließenden Dialog mit den zuständigen Behörden, den Herstellern und den meisten anderen Interessenträgern mehrheitlich abgelehnt.

Eine dezentrale (d. h. von den Mitgliedstaaten erteilte) Marktzulassung hätte äußerst negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt für Medizinprodukte, da durch die gegenseitige Anerkennung der einzelstaatlichen Zulassungen kein automatischer Zugang zu den Märkten der anderen Mitgliedstaaten gewährt würde, denn diese könnten die Einfuhr von Produkten aus Gründen des Gesundheitsschutzes verbieten. Dies würde somit einem der Hauptziele der geltenden Richtlinien zuwiderlaufen. Eine zentrale Marktzulassung (auf EU-Ebene) würde die Schaffung einer neuen öffentlichen EU-Einrichtung erfordern, deren Personal zur Bewertung von Produkten in der Lage sein muss, ähnlich der US-amerikanischen FDA. Dies hätte drastische Folgen für den EU‑Haushalt, für die Hersteller im Hinblick auf ihren Kosten‑ und Verwaltungsaufwand sowie auf die Innovationstätigkeit im Hinblick auf die Vorlaufzeit von Produkten bis zur Marktreife.

Wenngleich im Zuge des Skandals um die PIP-Brustimplantate Forderungen laut wurden, auf ein System der Zulassung vor dem Inverkehrbringen umzustellen, kann aus diesem Fall nicht gefolgert werden, dass eine von einer Regierungsbehörde erteilte Marktzulassung vorsätzliche Betrugspraktiken eines Herstellers nach Erteilung dieser Zulassung verhindert hätte. Vielmehr verdeutlicht der PIP-Fall die Notwendigkeit eines verschärften Systems zur Gewährleistung der Sicherheit nach dem Inverkehrbringen, was Gegenstand der strategischen Optionen im Zusammenhang mit Ziel 2 ist. Da keine Fakten vorliegen, die im Hinblick auf die Verwirklichung der Ziele dieser Überarbeitung eine zentrale Bewertung durch eine Regelungsbehörde stützen würden, wäre solch eine radikale Änderung des Regelungssystems unangemessen.

Daher wurde die Option „Weiterentwicklung der derzeitigen Regelungen unter Beibehaltung desselben Rechtsansatzes“ gewählt. Auf diese Weise kann das vorhandene System, das als Modell für die internationale Konvergenz der Rechtsvorschriften über Medizinprodukte gedient hat, weiterentwickelt und besser an die Anforderungen angepasst werden. Es wird von den zuständigen Behörden, den Herstellern und zahlreichen anderen Interessenträgern befürwortet und eignet sich am besten für die Verwirklichung der übergeordneten Ziele der Rechtsetzungsinitiative. Die gewählte Option ist durch strategische Einzeloptionen weiter ausgestaltet, von denen einige Alternativen darstellen, andere wiederum kumulativen Charakter haben können, damit auch die mit der Überarbeitung verfolgten spezifischen Ziele erreicht und die festgestellten Probleme behoben werden. Die nachstehende Tabelle enthält die bevorzugten Optionen für jedes einzelne spezifische Ziel.

Die Folgenabschätzung lässt jedoch die Wahl der bevorzugten Option offen für eine auf politischer Ebene zu treffende Entscheidung, was die folgenden beiden Punkte anbelangt:

· Ziel 1 (einheitliche Kontrolle der benannten Stellen):

– Übertragung der Zuständigkeit für die Benennung und Überwachung der benannten Stellen an eine EU‑Einrichtung oder

– Benennung und Überwachung der benannten Stellen durch die Mitgliedstaaten nach der Einbindung „gemeinsamer Bewertungsteams“, die sich aus Bewertern aus anderen Mitgliedstaaten und aus einer EU‑Einrichtung zusammensetzen.

· Ziel 7 (Governance – effiziente und wirksame Verwaltung des Regelungssystems):

– Ausweitung der Zuständigkeit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) auf Medizinprodukte und Einsetzung einer Expertengruppe für Medizinprodukte innerhalb dieser Agentur oder

– Verwaltung des Regelungssystems für Medizinprodukte durch die Europäische Kommission (unter Beteiligung ihrer Gemeinsamen Forschungsstelle) und Einsetzung einer von dieser Einrichtung unterstützten Expertengruppe für Medizinprodukte.

Spezifische Ziele || Bevorzugte Optionen

Problem 1: Aufsicht über die benannten Stellen

Ziel 1: Einheitliche Kontrolle der benannten Stellen || Neue Mindestanforderungen an benannte Stellen und entweder Benennung und Überwachung der benannten Stellen durch eine EU‑Einrichtung oder Benennung und Überwachung der benannten Stellen durch die Mitgliedstaaten unter Einbindung „gemeinsamer Bewertungsteams“ und Meldepflicht für neue Anträge auf Konformitätsbewertung und Möglichkeit einer Ex-ante-Kontrolle

Problem 2: Sicherheit nach dem Inverkehrbringen (Beobachtungs- und Meldeverfahren sowie Marktüberwachung)

Ziel 2: Mehr Rechtsklarheit und bessere Koordination im Bereich der Sicherheit nach dem Inverkehrbringen || Klärung der Schlüsselbegriffe und der Pflichten der Beteiligten in Bezug auf das Beobachtungs‑ und Meldeverfahren und zentrales Meldeverfahren für Vorkommnisse und koordinierte Analyse bestimmter mit hohem Risiko verbundener Vorkommnisse und Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Marktüberwachungsbehörden

Problem 3: Rechtlicher Status von Produkten

Ziel 3: Branchenübergreifende Lösung von Grenzfällen || Aufbau branchenübergreifender Sachkunde für Grenzfälle und Möglichkeit zur Festlegung des rechlichen Status von Produkten auf EU‑Ebene in bestimmten Branchen

Problem 4: Mangel an Transparenz und harmonisierter Rückverfolgbarkeit

Ziel 4: Mehr Transparenz in Bezug auf Medizinprodukte auf dem EU-Markt, einschließlich deren Rückverfolgbarkeit || Zentrale Registrierung von Wirtschaftsteilnehmern und zentrale Listen der auf dem EU‑Markt in Verkehr gebrachten Medizinprodukte und obligatorische Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten

Problem 5: Zugang zu externer Sachkunde

Ziel 5: Verstärkte Einbindung externer wissenschaftlicher und klinischer Experten || Benennung eines Expertengremiums und von EU‑Referenzlabors

Problem 6: Unklare und unzureichende Festlegung der Pflichten und Aufgaben von Wirtschaftsteilnehmern, auch in den Bereichen Diagnosedienstleistungen und Internetabsatz

Ziel 6: Klare Festlegung der Pflichten und Aufgaben von Wirtschaftsteilnehmern, auch in den Bereichen Diagnosedienstleistungen und Internetabsatz || Angleichung an den Beschluss Nr. 768/2008/EG, zusätzliche Anforderungen an Bevollmächtigte sowie Klärung der Pflichten im Bereich Diagnosedienstleistungen und nicht zwingende Maßnahmen im Bereich Internetabsatz

Problem 7: Verwaltung des Regelungssystems

Ziel 7: Governance – effiziente und wirksame Verwaltung des Regelungssystems || entweder Ausweitung der Zuständigkeit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) auf Medizinprodukte und Einsetzung einer Expertengruppe für Medizinprodukte innerhalb dieser Agentur oder Verwaltung des Regelungssystems für Medizinprodukte durch die Europäische Kommission und Einsetzung einer von dieser unterstützten Expertengruppe für Medizinprodukte

Die beiden nachstehenden Tabellen enthalten die bevorzugten Optionen im Bereich Medizinprodukte mit Ausnahme von In-vitro-Diagnostika bzw. im Bereich In-vitro-Diagnostika im Hinblick auf die zusätzlichen spezifischen Ziele für die betreffenden Branchen:

Relevante Aspekte für Medizinprodukte (MD) mit Ausnahme von In-vitro-Diagnostika

Spezifische Ziele || Bevorzugte Optionen

Problem MD-1: Geltungsbereich – Regelungslücken bzw. Unklarheiten

Ziel MD-1: Beseitigung von Rechtslücken und Schlupflöchern || Regelung für Medizinprodukte, die mittels nicht lebensfähiger menschlicher Gewebe oder Zellen hergestellt werden, und Regelung für bestimmte implantierbare oder andere invasive Produkte ohne medizinischen Verwendungszweck im Rahmen der Richtlinie über Medizinprodukte und harmonisierte Regelung für die Wiederaufbereitung von Einmal-Medizinprodukten

Problem MD-2: Anpassung der Rechtsvorschriften an die technologischen, wissenschaftlichen und ordnungspolitischen Entwicklungen

Ziel MD-2: Geeignete Rechtsvorschriften, die den technologischen, wissenschaftlichen und ordnungspolitischen Entwicklungen Rechnung tragen || Überarbeitung der Klassifizierungsregeln und der wesentlichen Vorschriften zu spezifischen Produkten bzw. Technologien

Problem MD-3: Klinische Bewertung und klinische Prüfungen, insbesondere wenn sie in mehreren Mitgliedstaaten durchgeführt werden

Ziel MD-3: Mehr Rechtssicherheit und eine bessere Koordination in den Bereichen klinische Bewertung und klinische Prüfungen von Medizinprodukten, insbesondere wenn sie in mehreren Mitgliedstaaten durchgeführt werden || Einführung des Begriffs „Sponsor“ für klinische Prüfungen und weitere Klärung zentraler Bestimmungen in den Bereichen klinische Bewertung und klinische Prüfungen und koordinierte Bewertung länderübergreifender Prüfungen durch die Mitgliedstaaten, in denen die Prüfungen erfolgen

Relevante Aspekte für In-vitro-Diagnostika (IVD)

Spezifische Ziele || Bevorzugte Optionen

Problem IVD-1: Geltungsbereich – Regelungslücken bzw. Unklarheiten

Ziel IVD-1: Beseitigung von Rechtslücken und Schlupflöchern || Klärung des Anwendungsbereichs der Ausnahmeregelung für hausinterne Tests, obligatorische Akkreditierung für Hersteller hausinterner Tests und Aufnahme hausinterner Tests mit hohem Risiko (Klasse D) in den Geltungsbereich der Richtlinie über In-vitro-Diagnostika und Änderung der Rechtsdefinition des Begriffs „In-vitro-Diagnostikum“ dahingehend, dass sie auch Tests mit einschließt, die Aufschluss über die Prädisposition für einen Zustand oder eine Krankheit geben und Regelung für Companion-Diagnostika im Rahmen der Verordnungen über In-vitro-Diagnostika und Interaktion mit der Medizinprodukte-Branche

Problem IVD-2: Klassifizierung von In-vitro-Diagnostika und deren geeignete Konformitätsbewertung, einschließlich Überprüfung der Chargenfreigabe

Ziel IVD-2: Geeignete und zuverlässige Klassifizierung und Konformitätsbewertung von In-vitro-Diagnostika || Annahme der Klassifizierungsregeln der GHTF und Anpassung der Konformitätsbewertungsverfahren an die einschlägigen Leitlinien der GHTF und Überprüfung der Chargenfreigabe bei In-vitro-Diagnostika mit hohem Risiko durch den Hersteller unter Aufsicht einer benannten Stelle und eines EU‑Referenzlabors

Problem IVD-3: Unklare Rechtsvorschriften und Notwendigkeit ihrer Anpassung an den technologischen Fortschritt

Ziel IVD-3: Klare und aktualisierte Rechtsvorschriften mit Blick auf eine verbesserte Sicherheit und Leistung von In-vitro-Diagnostika || Klärung der Rechtsvorschriften über den klinischen Nachweis für In-vitro-Diagnostika und Klärung der Rechtsvorschriften über patientennahe Tests von In-vitro-Diagnostika und Angleichung an die Richtlinie über Medizinprodukte, soweit erforderlich

Die bevorzugten Optionen wurden ausgewählt, da sie am besten geeignet sind, um den Schutz der öffentlichen Gesundheit und die Patientensicherheit EU-weit zu erhöhen, das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern und einen Rechtsrahmen zu schaffen, der Innovationen fördert und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Medizinprodukte-Industrie, insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen, steigert.

Bei der Auswahl der Optionen wurden auch die jeweiligen Vorteile und die anfallenden Kosten[5] berücksichtigt. Durch einige der bevorzugten Optionen, zum Beispiel die zentrale Registrierung von Wirtschaftsteilnehmern und Medizinprodukten oder die Vorschriften über die Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten, werden den Wirtschaftsteilnehmern Verwaltungskosten entstehen. Diese Kosten sind jedoch durch die Ziele dieser Überarbeitung zu rechtfertigen und werden durch die Einsparungen bei den Verwaltungskosten derselben Art, die derzeit oder künftig auf nationaler Ebene anfallen, bei weitem kompensiert. So würden beispielsweise die Kosten für die zentrale Registrierung in Höhe von ca. 21,6 Mio. EUR durch Einsparungen in Höhe von ca. 81,6 Mio. bis 157,1 Mio. EUR ausgeglichen, da die vielfältigen Registrierungsanforderungen in den einzelnen Mitgliedstaaten entfielen. Die Wirtschaftsteilnehmer profitieren somit insgesamt von einer Kombination der bevorzugten Optionen, und zugleich werden die Transparenz und der Schutz der öffentlichen Gesundheit erheblich verbessert.

Auch für die nationalen Verwaltungen werden sich gewisse Kosteneinsparungen ergeben: Einige Aufgaben werden künftig auf die EU‑Ebene übertragen, wie etwa die Registrierung von Wirtschaftsteilnehmern und Medizinprodukten; Doppelarbeit bestimmter Mitgliedstaaten wird in Zukunft vermieden, zum Beispiel durch die koordinierte Analyse bestimmter schwerwiegender Vorkommnisse; bestimmte Fertigkeiten, Kenntnisse und Anlagen werden gemeinsam genutzt, etwa im Bereich Marktüberwachung.

Auf EU-Ebene beläuft sich die Schätzung der zur Umsetzung der bevorzugten Optionen erforderlichen Haushaltsmittel auf 8,9 Mio. EUR/Jahr bis 12,5 Mio. EUR/Jahr, je nachdem, welche Auswahl bei den Optionen getroffen wird, über die noch eine politische Entscheidung zu treffen ist. Der Hauptanteil der benötigten Finanzmittel entfällt auf das Personal (35‑50 Vollzeitäquivalente, abhängig von der Wahl der Optionen), das die technischen, wissenschaftlichen und zugehörigen operativen Aufgaben wahrnehmen wird, die zur Gewährleistung einer nachhaltigen, effizienten Verwaltung des Systems auf EU‑Ebene unabdingbar sind. Der zweitgrößte Anteil entfällt auf die Entwicklung und Instandhaltung einer IT‑Infrastruktur, die zur Erreichung der Ziele der Überarbeitung erforderlich ist (durchschnittlich ca. 2 Mio. EUR/Jahr im Zeitraum 2014-2017 und 1,8 Mio. EUR im Jahr 2018 und in den nachfolgenen Jahren).

7.           Schlussfolgerungen, Überwachung und Bewertung

Die bevorzugten Optionen werden zu einem soliden Rechtsrahmen beitragen, der

· an den derzeitigen und künftigen technischen und wissenschaftlichen Fortschritt angepasst ist,

· eindeutigere Vorschriften umfasst, die von den Wirtschaftsteilnehmern leichter zu befolgen und von den nationalen Behörden einfacher durchzuführen sind, und

· die nötigen Instrumente für eine nachhaltige, effiziente und glaubwürde Verwaltung auf EU‑Ebene vorsieht.

Die Vorteile des derzeitigen Systems (Förderung von Innovationen, Ermöglichung eines schnellen Marktzugangs, Kosteneffizienz) bleiben erhalten, wohingegen die Nachteile (unterschiedlicher Schutz der öffentlichen Gesundheit, uneinheitliche Durchführung von Rechtsvorschriften, Mangel an Vertrauen und Transparenz) beseitigt werden. Hierdurch wird die Sicherheit für alle europäischen Patienten und Anwender erhöht und Europas Stellung an der Spitze der Innovation im Bereich der Medizintechnologie gestärkt. Das Vertrauen in die CE-Kennzeichnung für Medizinprodukte wird sowohl in Europa als auch weltweit wachsen, was wiederum zu einem reibungsloseren Funktionieren des Binnenmarkts und des internationalen Handels führen wird. Mit der Überarbeitung des Rechtsrahmens für Medizinprodukte wird somit ein Beitrag zur Binnenmarktakte und zur Innovationsunion geleistet, die beide Teil der Strategie „Europa 2020“ sind.

Die Rechtsetzungsinitiative wird außerdem folgendermaßen zum Vereinfachungsprogramm der Kommission beitragen: Die drei vorhandenen zentralen Richtlinien, deren drei Änderungsrichtlinien und zwei Durchführungsrichtlinien der Kommission werden in zwei Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates überführt, das auf die Standardisierung gestützte Koregulierungskonzept bleibt erhalten, und es ist nur eine einzige Registrierung anstatt vielfältiger nationaler Vorschriften vorgesehen.

Die erfolgreiche Durchsetzung des künftigen Rechtsrahmens für Medizinprodukte wird von mehreren Faktoren abhängen. Zu den in der Folgenabschätzung genannten Überwachungs- und Bewertungsinstrumenten gehören unter anderem:

· Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Angleichung der nationalen Vorschriften an den künftigen EU-Rechtsrahmen und Überwachung dieses Prozesses;

· von der Kommission und den Mitgliedstaaten erstellte Roadmap für die Bewertung und Benennung aller vorhandenen benannten Stellen gemäß den neuen Anforderungen und dem neuen Benennungsverfahren, spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten der neuen Rechtsvorschriften;

· jährliche Statistiken zur Anzahl der an die zentrale Datenbank des Beobachtungs- und Meldesystems gemeldeten Vorkommnisse und zur Anzahl koordinierter Analysen im Hinblick auf Korrekturmaßnahmen;

· zügige Bereitstellung der IT-Infrastruktur in enger Zusammenarbeit zwischen operativen Diensten und IT-Spezialisten;

· umfassende Einführung eines europäischen Systems zur eindeutigen Produktidentifizierung etwa zehn Jahre nach Inkrafttreten der neuen Rechtsvorschriften in enger Zusammenarbeit mit internationalen Partnern, vor allem der US-amerikanischen FDA, um globale Kompatibilität zu gewährleisten und Rückverfolgbarkeit über Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen;

· Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Erfolge des „Medizinproduktepakets“ zehn Jahre nach seiner Verabschiedung, in dem die Auswirkungen der neuen Vorschriften auf die öffentliche Gesundheit/Patientensicherheit, den Binnenmarkt, die Innovationstätigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der Medizinprodukte-Industrie (mit besonderem Augenmerk auf kleinen und mittleren Unternehmen) beleuchtet werden.

[1]               Richtlinie 90/385/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte, Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte und Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über In-vitro-Diagnostika.

[2]               Im vorliegenden Text umfasst der Begriff „Medizinprodukte“ auch In-vitro-Diagnostika.

[3]               COM(2012) 369.

[4]               Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und Beschluss Nr. 768/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten.

[5]               Ein Überblick über die Kosten und Vorteile der bevorzugten Optionen findet sich in Anlage 9 zu Teil III der Folgenabschätzung.